Audiovisuelle Diversität? - Institut für Medienforschung - Uni Rostock

12.07.2017 - TV- und Kinoproduktionen liegt nun vor. Ziel der Studie ... Als Grundlage für die Studie dient eine detaillierte Analyse von über 3.000 Stunden TV- .... 60 plus. TV Gesamt: Altersgruppen nach Geschlecht (nur Dt. Produktionen). Frauen (n= 3477). Männer (n=7166) n=59 n=43 n=325 n=277 n=895 n=1080.
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Audiovisuelle Diversität? Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen in Deutschland Prof. Dr. Elizabeth Prommer, Dr. Christine Linke Kurzbericht

Philosophische Fakultät | Institut für Medienforschung

Impressum Audiovisuelle Diversität? Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen in Deutschland Autorinnen: Prof. Dr. Elizabeth Prommer, Dr. Christine Linke Unterstützt durch Jessica Donzowa, Sarah Anne Eisenbeis, Merle-Marlena Nitz, Julia Stüwe Codierung durch: Svenja Pauline Adamek, Anja Christen, Jan Delph, Sarah Anne Eisenbeis, Sophie Radziwill, Jennifer Schlüter, Julia Stüwe Satz und Layout: Ulrike Heeder Rostock, 12. Juli 2017 Institut für Medienforschung, Philosophische Fakultät, Universität Rostock August-Bebel-Str. 28, 18055 Rostock

Wie steht es um die audiovisuelle Diversität in Deutschland? Studie der Universität Rostock untersucht Geschlechterdarstellungen in Fernsehen und Film Die bislang umfassendste Studie zur Ermittlung von Geschlechterdarstellungen in deutschen TV- und Kinoproduktionen liegt nun vor. Ziel der Studie war die Ermittlung von weiblichen und männlichen Geschlechterdarstellungen im deutschen Fernsehen und Kino. Als Grundlage für die Studie dient eine detaillierte Analyse von über 3.000 Stunden TVProgramm aus dem Jahr 2016 und über 800 deutschsprachigen Kinofilmen aus den letzten sechs Jahren. Dabei wird die Rolle von Frauen und Männern sowohl in fiktionalen Produktionen und Unterhaltungsformaten als auch deren Platzierung und Darstellung als Experten bzw. Expertinnen bei journalistischen und dokumentarischen Beiträgen untersucht. Ziel ist es, die charakteristische Darstellung weiblicher und männlicher Rollen in audiovisuellen Medien zu ermitteln. Die letzte repräsentative Untersuchung in Deutschland liegt über 20 Jahre, in Bezug auf Kinderfernsehen über zehn Jahre zurück. Initiiert hat die Untersuchung Dr. Maria Furtwängler: „Es ist wichtig zu verstehen, welches Geschlechterbild mit der enormen Wirkungsmacht des Fernsehens und Kinos transportiert wird. In anderen Ländern wird schon viel getan, um die Darstellung von Frauen und Männern auf Bildschirm und Leinwand wissenschaftlich aufzuarbeiten. Hierzulande liegen uns kaum valide Zahlen vor“, begründet Maria Furtwängler den Ausgangspunkt für die Untersuchung. „Ich freue mich sehr, dass Elizabeth Prommer mit ihrem Team der Universität Rostock hier wichtige Grundlagenforschung betreibt und bedanke mich darüber hinaus herzlich bei allen Partnern und Förderern, die diese Studie ermöglicht haben.“ Die Studie „Audiovisuelle Diversität? Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen in Deutschland“ der Universität Rostock wurde gefördert durch die ARD Degeto für die ARD, das ZDF, die Film und Medien Stiftung NRW, ProSiebenSat.1, den FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern), die Filmförderungsanstalt (FFA), die Mediengruppe RTL Deutschland und die MaLisa Stiftung und wurde durchgeführt vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock unter Leitung von Prof. Dr. Elizabeth Prommer. 1

Ziel: • Die Ermittlung von weiblichen und männlichen Geschlechterdarstellungen im deutschen Fernsehen und Kino.

Fragen: 1. Wie präsent sind Frauen und Männer auf deutschen Fernsehbildschirmen und Kinoleinwänden? 2. Wie alt sind Frauen und Männer im Fernsehen und im Kino? 3. In welchen Funktionen sind Frauen und Männer sichtbar? 4. Wie sieht es im Kinderfernsehen aus?

2

Methoden Fernsehen-Vollprogramme

Fernsehen Kinder

Kino

Repräsentative Stichprobe 2016

Repräsentative Stichprobe 2016

Vollerhebung 2011-2016

2 künstliche Wochen 17 Sender von 14-24 Uhr

2 künstliche Wochen 4 Sender von 6-20 Uhr

Alle dt. Filme und Filme mit dt. Beteiligung

2945 Einzelprogramme deutsche Produktionen bzw. dt. Beteiligung mit insgesamt 11.144 ProtagonistInnen und HauptakteurInnen.

2692 Einzelprogramme (alle Länder) mit 6205 ProtagonistInnen und HauptakteurInnen 87% fiktionale Programme.

883 Filme mit 1318 ProtagonistInnen 100 Filme in der Detailanalyse jeweils Arthaus und Mainstream Top 10.

Standardisierte Inhaltsanalyse

Standardisierte Inhaltsanalyse

Standardisierte Inhaltsanalyse

Definitionen Fiktional – ProtagonistIn: jene Figur, die sichtbar im Zentrum der Handlung steht und handlungstreibende Funktion einnimmt Information – HauptakteurIn: jene Person, deren Name genannt wird und die hörbar spricht und die zentral sichtbar ist Nonfiktionale Unterhaltung/Reality - HauptakteurIn: jene Person, die (als Konstante) durch das Programm führt

Programmsparten Fiktionale Unterhaltung

Nonfiktionale Unterhaltung

Information / Fernsehpublizistik

TV Vollprogramm (17 Sender) Kinospielfilme im TV Fernsehfilme Fernsehserien Daily Soap / Telenovela

TV Kinderfernsehen (4 Sender) Kinospielfilme im TV Fernsehfilme Fernsehserien Daily Soap

Fiktionalisiert: Gescriptete Doku-Soaps Gescriptete Gerichtsund Personal-Help-Shows Quiz-/ Unterhaltungsshows Late-Night-, Comedy-, Satireshows Kochshows, Musiksendungen Tiersendung Nachrichtensendungen Magazine Reportagen Dokumentationen Interview-, Talkformate Sportsendungen

Performativ: Castingformate, Coachingformate Improvementformate Personensuchformate etc.

Doku-Soaps Daily Talks

3

Hybrid Unterhaltung: Kinderfernsehen Mischformen

Quiz-/ Unterhaltungsshows Comedyshows Kochshows Musiksendungen Nachrichtensendungen Magazine Reportagen Dokumentationen Interview-, Talkformate Sportsendungen

Performativ: Castingformate, Coachingformate

Definition Fiktional • ProtagonistIn: jene Figur, die sichtbar im Zentrum der Handlung steht und handlungstreibende Funktion einnimmt

• Nebenfiguren: alle weiteren namentlich genannten Figuren Nonfiktional • Unterhaltung/Reality - HauptakteurIn: jene Person, die (als Konstante) durch das Programm führt

• Unterhaltung/Reality - NebenakteurInnen: jene Personen, deren Name genannt wird und/oder die hörbar sprechen und/oder die zentral sichtbar sind (2 von 3 Kriterien müssen erfüllt sein)

4

Information / Publizistik • HauptakteurIn: jene Person, deren Name genannt wird und die hörbar spricht und die zentral sichtbar ist

• NebenakteurInnen: jene Personen, die 2 von diesen 3 Kriterien erfüllen

5

Wie präsent sind Frauen und Männer auf deutschen Fernsehbildschirmen und Kinoleinwänden?

TV Vollprogramm - Alle Sendungen HauptakteurInnen und ProtagonistInnen Geschlechterverteilung nur Dt./ dt. Beteiligung (n= 11144)

3659 33% 7485 67%

Frau

6

Mann

Geschlechterverteilung HauptakteurInnen und ProtagonistInnen Kino und Fernsehgenres (nur Dt./ dt. Beteiligung)

44%

Kino (2011-2016)

Kinderfernsehen

Information

Protagonistin oder Hauptakteurin Frau

n=136

n=108

n=1109

n=501

Nonfiktionale Unterhaltung

48%

38%

31%

n=5755

n=2684

n=4448

n=765

0%

n=553

20%

n=1757

28%

30%

10%

32%

52%

Fernsehfilme

n=197

42%

40%

62%

56%

Fernsehserie

n=136

58%

60% 50%

69%

68%

n=148

72%

70%

n=322

80%

Soaps/Telenovela

Protagonist oder Hauptakteur Mann

Wenn Frauen gezeigt werden, kommen sie häufiger im Kontext von Beziehung und Partnerschaft vor. Das zeigt der Bechdel-Test und der Furtwängler-Test (umgekehrter Bechdel-Test): Fast alle Filme bestehen den Furtwängler-Test (87%), während 43% den Bechdel-Test nicht bestehen. Bechdel-Test: 4 Fragen mit „Ja“ beantworten: = 57% der Filme • • • •

Furtwängler-Test: 4 Fragen mit „Ja“ beantworten: = 87% der Filme

Gibt es zwei Frauen? Haben diese erkennbare Namen? Sprechen diese miteinander? Über etwas anderes als Männer/Beziehung?

• • • •

7

Gibt es zwei Männer? Haben diese erkennbare Namen? Sprechen diese miteinander? Über etwas anderes als Frauen/Beziehung?

Frauen sind deutlich unterrepräsentiert. • Frauen kommen in deutschen audiovisuellen Medien seltener vor. Über alle Fernsehprogramme hinweg kommen auf eine Frau zwei Männer. • Es gibt eine Ausnahme! Nur Telenovelas und Daily Soaps sind repräsentativ für die tatsächliche Geschlechterverteilung in Deutschland. • Bei den Fernsehvollprogrammen kommt ein Drittel der Programme ganz ohne weibliche Protagonistinnen aus (im Vergleich nur 15% ohne männliche Protagonisten). • Wenn Frauen gezeigt werden, kommen sie häufiger im Kontext von Beziehung und Partnerschaft vor.

8

Wie alt sind Frauen und Männer im Fernsehen und im Kino? TV Gesamt: Altersgruppen nach Geschlecht (nur Dt. Produktionen) 90%

66%

70%

58%

50%

55%

54% 46%

42%

45%

40%

34% 24%

10 bis 19 Jahre

20 bis 29 Jahre

30 bis 39 Jahre

40 bis 49 Jahre

Frauen (n= 3477)

Männer (n=7166)

20%

50 bis 59 Jahre

n=1279

n=745

n=2166

n=1129

n=1080

n=895

n=277

n=325

0%

n=43

10%

n=59

20%

n=324

30%

n=2321

60%

80%

76%

80%

60 plus

Kino: Alter ProtagonistInnen* nach Geschlecht für alle Filme (N=883) 90%

80%

80%

68%

70%

52%

50%

48%

49%

51%

54% 46%

40%

33%

32%

30%

10-19 Jahre

20-29 Jahre

30-39 Jahre

40-49 jahre

Protagonistin Frau (N=510)

Protagonist Mann (N=709)

*Alter ermittelbar und ab 10 Jahre

9

50-59 Jahre

n=64

n=31

n=155

n=73

n=190

n=163

n=140

n=137

n=80

0%

n=86

10%

n=80

20%

20%

n=20

60%

67%

60plus Jahre

Altersgap: wenn Frauen vorkommen, dann als junge Frauen • Bis zu einem Alter von Mitte 30 Jahren kommen Frauen und Männer in etwa gleich oft vor. • Ab Mitte 30 verändert sich dies: hier kommen auf eine Frau zwei Männer. • Ab 50 Jahren kommen auf eine Frau drei Männer. • Dieser Schwund findet in allen Sendern über alle Formate und Genres statt. • Dies gilt auch für den Kinofilm.

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In welchen Funktionen sind Frauen und Männer sichtbar? TV-Information Funktionen der HauptakteurInnen nach Geschlecht nur Dt./ dt. Beteiligung (n= 8439)

80%

64%

28%

JournalistIn

ModeratorIn

25%

SprecherIn

ExpertIn

Hauptakteurin Frau (n=2684)

Gast

n=135

n=540

n=3001

n=814

n=241

21%

n=95

n=887

n=402

n=231

0%

n=1006

30% 20%

43%

42%

36%

57%

n=403

47%

50%

58%

53%

n=119

60%

10%

75%

n=164

70%

40%

79%

72%

Alltagsperson

n=401

90%

Sonstige

Hauptakteur Mann (n= 5755)

Nonfiktionale Unterhaltung Funktionen der HauptakteurInnen nach Geschlecht nur Dt./ dt. Beteiligung (n= 1610) 96%

100% 90%

80%

80% 70%

73%

69%

62%

60%

31%

0%

SchauspielerIn

ModeratorIn

SprecherIn

Hauptakteurin Frau (n= 501)

11

ExpertIn

Hauptakteur Mann (n=1109)

n=119

n=64

n=29

4%

n=86

n=580

10%

20% n=350

20%

27%

n=4

30%

n=44

38%

n=260

40%

n=64

50%

Sonstige

Männer erklären die Welt. • Insgesamt ist in der TV-Information nur jede dritte HauptakteurIn weiblich. • ModeratorInnen und JournalistInnen sind häufiger männlich (Besonders deutlich bei den Moderatoren nonfiktionaler Unterhaltung mit 80%). • ExpertInnen sind überwiegend männlich (zu 79% in der TV-Information und zu 69% in den nonfiktionalen Unterhaltungsprogrammen). • Männer überwiegen deutlich bei den SprecherInnen (72% in der TV-Information und 96% in der nonfiktionalen Unterhaltung).

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Wie sieht es im Kinderfernsehen aus? The Future is equal? Nicht, wenn es nach dem Kinderfernsehen geht. • Ob Lizenzprogramm oder Eigenproduktion – die absolute Zahl der männlichen Figuren ist deutlich höher. • Insgesamt gilt: nur eine von vier Figuren ist weiblich.

• Auch hier erklären Männer die Welt: außerhalb der fiktionalen Erzählungen für Kinder kommen Frauen deutlich seltener vor. Die ModeratorInnen sind zu zwei Drittel männlich. • Geht es um imaginäre Figuren und Fantasie, so ist dieser Möglichkeitsraum fast ausschließlich durch Jungen/Männer besetzt. Auf eine weibliche Tierfigur kommen neun männliche.

Kinderfernsehen ProtagonistIn: Typ (Fiktional) (n=5742) 88%

87%

80%

0%

Tier

Mensch*

Monster/Kreatur

Protagonistin Frau (n=1613)

*Mensch = gezeichnet oder Animation und/oder SchauspielerIn

13

12%

16%

Pflanze/Objekt

Protagonist Mann (n=4129)

n=143

10%

31% n=1909

13%

n=1183

20%

38%

n=1649

30%

n=250

40%

n=18

50%

n=149

60%

84%

69%

62%

n=13

70%

n=331

90%

n=97

100%

Roboter/Maschine

Key Findings: 1. Frauen sind deutlich unterrepräsentiert. 2. Altersgap: wenn Frauen vorkommen, dann als junge Frauen. Ab 30 Jahren kommen Frauen sukzessive seltener vor. 3. Männer erklären die Welt: sie sind die Experten, Gameshow-Moderatoren, Journalisten und Sprecher. 4. The Future is equal? Nicht, wenn es nach dem Kinderfernsehen geht.

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Universität Rostock PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT Institut für Medienforschung Prof. Dr. Elizabeth Prommer August-Bebel-Str. 28 D 18055 Rostock Fon + 49 (0)381 498-2718 [email protected] www.imf.uni-rostock.de