Apple, Coca-Cola, Porsche – wie Sie eine Marke für Ihre Praxis ...

Erweiterung der Praxis durch weitere. Apple, Coca-Cola, Porsche – wie Sie eine Marke für Ihre Praxis schaffen. Patienten können die medizinische Kompetenz ...
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Praxismanagement

Apple, Coca-Cola, Porsche – wie Sie eine Marke für Ihre Praxis schaffen Patienten können die medizinische Kompetenz eines ­Arztes im Regelfall nicht ­beurteilen. Gleichzeitig können sich ­Ärzte meist nicht über die Leistung ­differenzieren, denn das ­Leistungsangebot ist weitgehend reguliert. Im Wettbewerb um P ­ atienten professionalisieren Ärzte ­daher zunehmend die Außenwirkung. Um eine Marke zu schaffen, lassen sich viele Mediziner für teilweise ­erhebliche ­Budgets ein Praxis­logo erstellen. Ein gut gemeinter Ansatz, doch fast immer wird vergessen, dass eine Marke keinesfalls mit einem Logo ­geschaffen wird. Der Marken­bildungsprozess ist Ausdruck ­einer ganzheitlichen Unternehmensführung. von Jochen Schwenk

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ber alle Branchenhinweg kann in einer globalisierten und vernetzten Welt nahe­ zu jede Dienstleistung oder jedes Pro­ dukt kopiert und zu einem niedrigeren Preis in den Verkehr gebracht wer­ den. Wenn Kunden jedoch vom Wert einer Marke überzeugt sind, wird auch die Wahrscheinlichkeit für ihre „Treue“ steigen. Bei niedergelassenen Ärzten herrscht eine durchaus vergleich­ bare Situation. Der Wettbewerb be­ steht zwar eher lokal oder regional in Form von anderen niedergelassenen Kollegen, medizinischen Versorgungs­ zentren oder Kliniken, aber die me­ dizinische Dienstleistung an sich ist grundsätzlich vergleich- und aus­ tauschbar. Tendenziell ist die Wech­ selfreudigkeit von Patienten in den letzten Jahren gestiegen. Das Patien­ tenverhalten hat sich verändert, man spricht von hybridem Patienten­ verhalten. Ein Beispiel: Zum Haus­ arzt geht der Patient über Jahre für die medizinische Standardversorgung, für eine IGeL-Leistung geht er aber „heimlich“ zu einem anderen Arzt. Der Aufbau einer Marke mit gelebten Wer­ ten kann diesen Trend verhindern und

darüber hinaus wichtige Vorausset­ zungen für aktives Empfehlungsmar­ keting schaffen – für neue Patienten und zuweisende Ärzte.

Ziel der Markenbildungist die Schaf­ fung eines unverwechselbaren Cha­ rakters mit glaubwürdigen Allein­ stellungsmerkmalen. Die ­Marke spielt hierbei eine entscheidende ­Rolle, gewährleistet sie doch Konsis­ tenz im Auftreten auf dem Markt und ­einen Zugriff auf das, was die ande­ ren Marktteilnehmer damit verbinden sollen. Der einzelne Arzt grenzt sich so deutlich von den Kollegen ab, die ­Marke soll Stärke durch Leistungsfä­ higkeit und Beständigkeit vermitteln. Das nach außen transportierte Bild soll eine Praxis dauerhaft wiedererkennbar machen: Was im Außenverhältnis ver­

sprochen wird, muss nach innen abge­ sichert sein. Die Organisation „Arzt­ praxis“ muss daher sicherstellen, dass alle nach außen kommunizierte Inhal­ te dauerhaft den tatsächlichen Gege­ benheiten entspricht. Sollte dies nicht gegeben sein, wird nicht nur das Mar­ kenversprechen gebrochen, sondern es liegt der eingangs erwähnte Fall vor, ein „leeres“ Logo als Marke zu sehen. Vor allen anderen Maßnahmen muss die Entscheidung getroffen werden, ob der Markenbildungsprozess für ein­ zelne Personen (den gründenden Arzt, Chefarzt) oder die Praxis als Organisa­ tion umgesetzt werden soll. Bei einer Einzelpraxis könnte theoretisch die Person des Arztes „gebrandet“ werden, genau so, wie auch anhand der Per­ son des Chefarztes in einer Klinik eine Marke aufgebaut werden kann. Wenn die Person des Arztes im Mittelpunkt steht, weil er sehr bekannt ist, kann sich folgende Vorgehensweise anbie­ ten: Fachkompetenz und ehrenamt­ liches Engagement können über die lokalen Medien kommuniziert wer­ den. Anlässe lassen sich immer finden. Nachteil dieser Vorgehensweise ist je­ doch, dass die Markenbildung ein­ zig und allein von der Person des Arz­ tes abhängig wird. Bei einer möglichen Erweiterung der Praxis durch ­weitere

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Ärzte oder einem Verkauf entstehen dadurch künstliche Barrieren. Durch eine erfolgreiche Markenbildung steigt der Wert der Praxis, der jedoch im Nachfolgefall nicht monetär darge­ stellt werden kann, wenn die Marken­ bildung allein anhand des Praxisin­ habers aufgebaut wurde. Ein Nachfol­ ger wird nicht für eine so strukturier­ te Marke nicht bezahlen. Bei der Aus­ weitung zu einer Gemeinschaftspraxis entsteht Konfliktpotential, da sich die anderen Ärzte nie gleichwertig fühlen werden. Von seltenen Ausnahmefäl­ len abgesehen, sollte immer eine Mar­ ke unabhängig von Personen geschaf­ fen werden. Durch Markenbildung für eine Praxis können alle Vorteile ge­ nutzt werden, d. h. im Erweiterungs­ fall profitieren auch die weiteren ­Ärzte von der Marke, im Verkaufsfall kann der höhere Wert der Praxis an den oder die Nachfolger übergehen.

Die Basisfür eine Marken­bildung ist die Positionierung der Praxis. Bei der Positionierung stellt sich die ­Frage „was können wir besser als a­ ndere“ oder „was ist unser Alleinstellungs­ merkmal“. Auf den ersten Blick ­wirken diese Fragen inflationär und realitätsfremd, zumal Therapien in Richtlinien und Leit­linien weitgehend festgelegt sind und alle ­Ärzte ­Zugang

Basis für die Markenbildung ist die Positionierung: Was können wir besser als andere? zu den gleichen Thera­pien, Verfah­ ren und medizinischen Apparaturen ­haben. Ein hoher Qualitätsanspruch an die medizinische Kompetenz wird von den Patienten ohnehin voraus­ gesetzt und ist auch standesrecht­ lich a­ ngestrebt. In diesem Fall soll­ te weni­ger die medizinische Dimen­ sion betrachtet werden, entscheidend ist die Kundendimension. Dabei glei­ chen Patienten die nicht-medizini­ schen Attribute mit Erwartungen ab, die aus Erfah­rungen mit anderen Ärz­ ten, Zahnärzten und vor allem Dienst­

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leistern aller Branchen resultiert. Was eine Praxis „besser“ macht als ­andere Praxen, entscheidet sich daher in der Schnitt­menge mit den g ­ esammelten Erfahrungswerten. Einfach ausge­ drückt, wenn die Erwartungen in möglichst vielen Bereichen erfüllt oder besser übererfüllt werden, steigt die Zufriedenheit. Genau an ­dieser ­Stelle setzen die Merkmale an: effiziente Prozesse in der Praxis, Verbindlichkeit in der Kommunikation, konsequen­ te Entscheidungsvorbereitung, unbü­ rokratische Terminver­gabe, fundier­ te Informationen und möglichst viele positive Emotionen. Auch Alleinstel­ lungsmerkmale sind sehr einfach zu finden, primär in den kommunikati­ ven Aspekten. Zur Identifizierung der Allein­ stellungsmerkmale und Attribute, die „anders“ oder „besser“ gemacht ­werden, stehen verschiedene Werk­ zeuge zur Verfügung, die sehr leicht anzuwenden sind. Sehr einfach an­ zufertigen sind Stärken-SchwächenProfile für die Praxis in der Makround Mikrosicht und der Persönlichkei­ ten aller Teammitglieder und die ge­ lebten Werte. Zur Markenbildung ge­ hören auch Visionen und Leitbilder. Zu empfehlen ist deren Formulierung eigentlich nur mit externer Hilfe eines professionellen Dienstleisters, ansons­ ten enden diese Bemühungen fast im­ mer in inhaltslosen Worthülsen. „Der Patient steht bei uns im Mittelpunkt“ oder „Wir behandeln unsere Patienten, wie wir selbst behandelt ­werden wol­ len“ sind klassische Beispiele. Wenn kein Budget oder das erforderliche Know-how zur Formulierung dieser Leitbilder vorhanden ist, sollte lieber darauf verzichtet werden. Auch ein mit der Praxis verknüpfter Slogan ist „nice to have“, muss aber wohlüberlegt eingesetzt werden. Wichtig ist: Wenn Visionen und Leitbilder bestehen, müssen sie auch konsequent von allen Teammitgliedern gelebt werden. Die Ergebnisse der Positio­nierung, ggf. auch Visionen und Leitbilder, müssen zuerst nach innen zu allen Mitarbeitern transportiert und verfes­

tigt werden. Das Wort „Marke“ ist ge­ rade bei nicht-ärztlichen Mitarbeitern nicht durchweg positiv besetzt, Sie können eventuell besser mit dem Be­ griff „Profil“ arbeiten. Gemeinsam mit Ihren ärztlichen und nicht-ärztlichen Mitarbeitern schaffen und schärfen Sie Ihr „Profil“. Gerade die nicht-ärztli­ chen Mitarbeiter stehen in engem Pa­ tientenkontakt und haben großen Ein­

Nur wenn alle Mitarbeiter involviert werden, kann eine Markenbildung erfolgreich umgesetzt und gelebt werden. fluss auf die Patientenzufriedenheit und dadurch auf Patientenbindung und Weiterempfehlungsabsicht. Neben den Qualitäten als Führungs­ kraft liegt es am Praxisbesitzer, die Mitarbeiter zu involvieren und im De­ tail über die Erwartungen zu informie­ ren. Ganz wichtig sind Fortbildungen für die Mitarbeiter, sowohl fachlich als auch über den Tellerrand hinaus mit Fortbildungsinhalten, die eher die Persönlichkeit betreffen und über die Pflicht als Arbeitgeber hinausgehen. Ein guter Start ist mindestens wö­ chentlich ein Team-jour-fix, bei dem unter anderem auch ein kleiner Fort­ bildungsblock über ein Therapiever­ fahren, Behandlungsabläufe oder neue Therapiestandards enthalten sind. Nur wenn die Mitarbeiter involviert wer­ den, kann eine Markenbildung erfolg­ reich umgesetzt und gelebt werden. Dadurch ergeben sich zudem wei­ tere positive Folgen für Mitarbeiter, Patien­ten und Praxisinhaber.

Alle bisherigen Erkenntnisse­müssen nun grafisch umgesetzt werden. Wenn der Praxisinhaber nicht zufällig sein Medizinstudium als Grafikdesigner finan­ziert hat, sollte unbedingt ein professioneller Dienstleister mit der grafischen Erarbeitung einer Marke beauftragt werden. Staatlich geprüfte Grafikdesigner oder Diplom-Designer können die Erkenntnisse in Kombina­ tion mit der Farbwelt in Ihrer Praxis

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umsetzen und Ihnen einige Vorschläge zur Auswahl unterbreiten. Zur Wahl steht eine reine Wort­ marke, eine reine Bildmarke oder eine kombinierte Wort-Bild-Marke. ­Keine der drei Möglichkeiten ist besser oder schlechter, letztlich handelt es sich um eine reine Geschmacksfrage. In der Konsumgüterindustrie sind alle ­Arten vertreten, für eine Arztpraxis hat eine kombinierte Wort-Bild-­Marke zwei­ fellos große Vorteile. Da Marken­ namen eine dauerhafte Entscheidung sind, sollte die Namensentwicklung ein gut bedachter Schritt sein. Zu be­ achten sind dabei auch Assoziationen, die ein Name hervorrufen kann – dazu gibt es in der Konsumgüterindustrie sehr viele (Negativ-)Beispiele: die Spi­ rituose Martini hat im Chinesischen Sprachraum die Bedeutung „Dich hat ein Pferd geschlagen“, das Schlafmit­ tel Phanodorm auf italienisch bedeutet „lässt Dich nicht schlafen“, der Toyota „Pajero“ hatte in Lateinamerika nach­ vollziehbare Absatzschwierigkeiten, das Spülmittel „Prick“ könnte in eng­ lischsprachigen Ländern als durchaus unanständiger Begriff verstanden wer­ den. Derart drastisch werden Assozi­ ationen bei Markennamen von Arzt­ praxen sicherlich nicht ausfallen, den­ noch besteht auch hier die Gefahr, dass beispielsweise die Aussprache be­ stimmter griechischer oder lateini­ scher Worte nicht der gesamten Ziel­ gruppe gelingt oder schlicht kein Be­ zug zu einer Arztpraxis oder überhaupt der Medizin hergestellt werden kann. In vielen Bildmarken von Ärzten sind typischerweise blaue und wei­ ße Farbtöne, der Äskulapstab oder ein Kreuz enthalten – Zahnärzte haben oft einen Apfel, eine Zahnbürste oder ­einen Zahn im Logo. So ist es natür­ lich sehr schwierig, unverwechselbare Charaktere zu schaffen. Deshalb muss es nicht nachteilig sein, wenn der Gra­ fiker in seinem Kundenstamm nur we­ nige andere Ärzte hat. So erhöhen Sie Ihre Chance auf ein einzigartiges Logo. Die Preise für die Erstellung ­einer Bildmarke variieren sehr stark, die Grenzen nach oben sind offen. Ver­

REGELN DER MARKENFÜHRUNG 1. Auf den Punkt kommen Marke mit ausgewählten Schlüsselreize, ­Bildern und Aussagen definieren. 2. Emotionalisieren Ziel sind positive Emotionen. 3. Positionierung erarbeiten Profil mit Stärken ausarbeiten (nicht nur me­ dizinisch-fachlich, primär Persönlichkeiten). 4. Regelmäßig Positionierung überprüfen Immer wieder Stärken ausarbeiten und ­profilieren. 5. Multisensorik nutzen Alle Sinne ansprechen. 6. Ziele setzen Absatzorientierte Ziele und Marketingziele schriftlich fixieren. 7. Langfristigkeit Keine kurzfristigen Einzelaktionen. 8. Professionelle Dienstleister Beauftragen Sie für ausgewählte L­ eistungen Profis. 9. Auf Vielfalt setzen Mix aus verschiedenen Marketingmitteln ­einsetzen. 10. Empfehlungen generieren Bestandspatienten von positiven E­ motionen in der Praxis an Nicht-Patienten berichten lassen. 11. Patienten kennen Wünsche und Probleme der Patienten und potentiellen Patienten kennen. 12. Erfolg messen Geeignete Kennzahlen definieren.

nünftig ist aber ein Preis zwischen 200 und 600 Euro für die grafische Erstel­ lung. Vertraglich sollte darauf geach­ tet werden, dass mit dem Kaufpreis auch alle Rechte übergehen, bei seriö­ sen Designern ist dies ohnehin der Fall. Die Datei muss Ihnen in den gängigen Formaten übergeben werden, ganz be­ sonders wichtig ist eine Vektorgrafik mit der Dateiendung „.eps“. Mit die­ sem Format können Sie Grafiken ohne jeglichen Qualitätsverlust endlos ver­ größern oder verkleinern, bei der Be­ auftragung von Drucksachen wer­ den Sie dieses Dateiformat zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin benöti­ gen. Weiterhin empfiehlt sich im Vor­ feld eine Recherche, um keine ­Rechte bestehender Marken zu verletzen. Im Idealfall verletzen Sie ­keine ­Rechte, dann können Sie für vergleichs­weise geringe Gebühren die Anmeldung der Marke beim „Harmonisierungs­ amt für den Binnenmarkt“ vornehmen, ­aktuell ist

dies ab 900 Euro möglich. Im Zwei­ fel sollten Sie sich fachjuristisch bera­ ten lassen, denn ein Verstoß gegen die Rechte einer bestehenden Marke sind sehr kostspielig.

Während konstantan der Positionie­ rung gearbeitet und das Profil der Pra­ xis geschärft wird, müssen diese Werte nach innen und außen gelebt werden. Der Transport nach außen erfolgt mit einem einheitlichen Auftritt, spätes­ tens hier kommt die neu geschaffene Marke zum Tragen. Auf der Internet­ seite, allen Schriftstücken, Korrespon­ denz, E-Mails, Zeitungsanzeigen usw. muss die Marke enthalten sein. ­Neben einer guten Internetstrategie ­sollte die Markenbildung auch auf konven­ tionellem Weg umgesetzt werden. Im besten Fall sollte in der lokalen Presse für mindestens sechs Monate 14-tägig samstags eine Anzeige geschaltet wer­ den. In dieser Anzeige muss zwingend das Corporate Design umgesetzt sein. Inhaltlich sollte primär die Positionie­ rung, das „Profil“ der Praxis enthal­ ten sein, weniger konkrete Leistungen oder Therapien. In keinem Fall ­sollten im 14-tägigen Wechsel alle medizini­ schen Leistungen der Praxis vorgestellt werden. Ziel der Anzeigen ist es, ­eine Marke aufzubauen, nicht Thera­pien oder Behandlungen auf dem harten Weg an den Markt zu bringen. Der Ef­ fekt einer nachhaltigen Markenbildung ist im Regelfall wirtschaftlich deutlich überlegen und nachhaltiger als die Be­ werbung einzelner IGeL-Leistungen oder Therapieverfahren. ­Generell soll­ ten nur die übergeordneten Proble­ me thematisiert werden (z. B. Rücken­ schmerzen, Kopfschmerz, Bewe­ gungseinschränkungen), keinesfalls Aufzählungen von Therapieverfahren. Grundlage für diese Maßnahme sollte ein Finanzplan sein, denn Gelegenhei­ ten zur Darstellung der Marke gibt es nahezu endlos. w Jochen Schwenk ist Unternehmensberater und entwickelt Marketing­ strategien für Ärzte, Zahnärzte und Kliniken.  www.aerztepost.net/autoren

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