Anspruchsvoller Umweltschutz in der Fach- und ... - Buch.de

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IKEM – Interdisziplinäre Studien zu Klimaschutz, Energie und Mobilität · Michael Rodi (Hrsg.)

1 Michael Rodi (Hrsg.)

Anspruchsvoller Umweltschutz in der Fach- und Raumplanung

€ 46,– ISBN 978-3-869 65-204-7

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Planungskaskaden bei Großvorhaben Anspruchsvoller Umweltschutz in der Fach- und Raumplanung

Vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen und Entwicklungen im Planungs- und Zulassungsrecht für Großvorhaben veranstalteten das IKEM und das Umweltbundesamt die Tagung „Anspruchsvoller Umweltschutz in der Fach- und Raumplanung – Planungskaskaden bei Großvorhaben“. Die Auseinandersetzungen um „Stuttgart 21“ und um ähnliche Großvorhaben weisen auf einen Handlungsbedarf für das Planungsrecht hin. Dabei gilt es im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, auch die Belange der Umwelt zu wahren und in Planungsverfahren zu berücksichtigen. Schwerpunkte des Tagungsbandes bilden die Beiträge zu den Themen Rechtsschutz und Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungskaskaden. In weiteren Vorträgen nehmen die Referenten das aktuelle Verfahren der Netzplanung nach der EnWG-Novelle und dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) sowie die Bundesverkehrswegeplanung in den Blick. Ein Beitrag über die Handlungsfelder zur Fortentwicklung des Planungsrechts rundet den Tagungsband ab.

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Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität Institute for Climate Protection, Energy and Mobility

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Anspruchsvoller Umweltschutz in der Fach- und Raumplanung

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IKEM – Interdisziplinäre Studien zu Klimaschutz, Energie und Mobilität ·  Michael Rodi (Hrsg.)

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Anspruchsvoller Umweltschutz in der Fach- und Raumplanung Planungskaskaden bei Großvorhaben

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Im Auftrag des Umweltbundesamtes

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben vorbehalten. Verlag und Herausgeber übernehmen keine Haftung für inhaltliche und drucktechnisch bedingte Fehler. ISBN-Print: 978-3-869 65-204-7 ISBN-E-Book: 978-3-869 65-205-4 © 2012 Lexxion Verlagsgesellschaft mbH · Berlin www.lexxion.de Umschlag: Tozman Satz & Grafik, Berlin Satz: typossatz GmbH, Berlin

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung zum Tagungsband Michael Rodi und Simone Rathfelder*

Die Relevanz von Planungs- und Zulassungsverfahren für den Umwelt- und Klimaschutz steigt. Prominentes Beispiel sind die Gesetzesnovellen der Energiewende. Der starke Ausbau Erneuerbarer Energien und der Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2022 erfordern einen schnellen Ausbau der Stromnetze. Mit dem vom Bundestag Ende Juni beschlossenen und vom Bundesrat im Juli verabschiedeten Gesetzespaket wurden Regelungen geschaffen, um Planungs- und Genehmigungsverfahren im Netzausbau zu beschleunigen. Gleichzeitig sollen die neuen Regelungen unterschiedliche Interessen in Einklang bringen und die Akzeptanz von Netzausbaumaßnahmen durch eine umfassende Partizipation der Interessenträger und der Öffentlichkeit verbessern. Interessenkonflikte entstehen aber nicht nur im Rahmen des Netzausbaus, sondern auch in der übrigen Fach- und Raumplanung, wie die Verfahren rund um den Frankfurter Flughafen und „Stuttgart 21“ zeigen. Die Umweltrechtswissenschaft steht somit vor der Frage, unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen und auf welchen Ebenen umweltrelevante Nutzungskonflikte am besten gelöst sowie betroffene Umweltschutzbelange am besten gewahrt werden können. Das Umweltbundesamt und das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität nahmen dies zum Anlass, zu dem Workshop „Anspruchsvoller Umweltschutz in der Fach- und Raumplanung – Planungskaskaden bei Großvorhaben“ einzuladen. Der vorliegende Tagungsband dokumentiert die Ergebnisse des Workshops in Form der Vorträge der Referenten und einer Zusammenfassung der Diskussionsbeiträge der fachkundigen Teilnehmer in anonymisierter Form. Dabei nähern sich die Beiträge des Tagungsbands sozusagen durch die Hintertür dem Thema an, in dem zuerst der Rechtsschutz in den Planungskaskaden thematisiert wird. Die Ausgestaltung des Rechtsschutzes in den Planungskaskaden ist für den Umweltschutz von wesentlicher Bedeutung, denn dort wo die Überprüfung umweltrechtlicher Vorschriften eingeklagt werden kann, werden Behörden gehalten sein, diese Vorschriften umfassend zu berücksichtigen. Effektiver Rechtsschutz setzt die Möglichkeit der Verbände zur Klage aufgrund *

Prof. Dr. Michael Rodi ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht an der ErnstMoritz-Arndt-Universität Greifswald. Simone Rathfelder ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des IKEM.

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Einleitung zum Tagungsband

der Verletzung umweltrechtlicher Regelungen voraus. Ein Grund für Prof. Dr. Alexander Schmidt, Hochschule Anhalt, in seinem Vortrag die Klagerechte der Umweltverbände und deren Erweiterungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen. Aus der Perspektive der Rechtsprechung beantwortet Dr. Stefan Paetow, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsrecht a.D., in seinem Koreferat die Fragen, ob das bestehende Rechtsschutzsystem für eine ausreichende Kontrolle der Einhaltung und Wahrung der gesetzlich geschützten Umweltbelange sorgen kann und wie effektiv die Verbandsklage für den Umweltschutz in der Praxis ist. Dabei geht er auch darauf ein, ob unangemessene Hürden z. B. formeller Art für Umweltverbände in einem Verwaltungsrechtsstreit bestehen. Der zweite Themenkomplex des Tagungsbandes widmet sich der umweltbezogenen Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungskaskaden. Das Thema der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Berücksichtigung der Umweltinteressen und zur Findung eines ausgewogenen Planungsergebnisses ist in der Rechtswissenschaft nicht neu. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse rund um das Großvorhaben „Stuttgart 21“ ist die Diskussion aber erneut entfacht, wie ein „Mehr“ an Öffentlichkeitsbeteiligung umgesetzt werden kann. Unter der Fragestellung, ob eine erweiterte Öffentlichkeitsbeteiligung für den Umweltschutz nutzbar gemacht werden kann und welche Rahmenbedingungen insoweit bereit gestellt werden müssten, stellt Prof. Dr. Ekkehard Hofmann, Universität Würzburg, die derzeitige Rechtslage vor und zeigt Möglichkeiten zur Verbesserung der Partizipation auf. Zu einem Perspektivwechsel lädt Rechtsanwalt Peter Kremer ein, der in seiner beruflichen Tätigkeit überwiegend Umweltverbände vertritt und die Schwierigkeiten der Vereinigungen bei der Einbringung der Umweltinteressen in Verfahren der Fach- und Raumplanung aufzeigt. Um die Berücksichtigung von Umweltbelangen und um Öffentlichkeitsbeteiligung geht es auch in dem dritten Abschnitt des Tagungsbandes „Die aktuelle Netzplanung nach der EnWG-Novelle und der Einführung des NABEG“. Wie der Gesetzgeber die Verfahren ausgestaltet und in welcher Weise er die Öffentlichkeit in den einzelnen Planungsstufen Bundesbedarfsplanung, Bundesfachplanung und Planfeststellung einbezogen hat, ist Gegenstand des Beitrags von Dr. Ursula Heimann von der Bundesnetzagentur. Ihr Beitrag bietet Anlass zu einer Untersuchung, ob diese Verfahrensänderungen in der Lage sind, umweltrechtliche Nutzungskonflikte in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Prof. Dr. Sabine Schlacke, Universität Bremen, untersucht einen möglichen Verbesserungsbedarf in Hinblick auf eine optimale Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen in der Bundesbedarfsplanung und spricht Empfehlungen für die Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf der Bedarfsplanungsebene aus. VI

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Simone Rathfelder

Eine umweltorientierte Verkehrswegeplanung ist angesichts eines steigenden Verkehrsaufkommens und den daraus resultierenden Umweltbeeinträchtigungen von großer Bedeutung. Für die Umweltrechtswissenschaft stellt sich die Frage, wie auch in der Verkehrswegeplanung Umweltbelange stärker berücksichtigt werden können. Aufbauend auf der Darstellung der Planungskaskade in der Fernstraßenplanung erläutert Dr. Michael Sauthoff, Vizepräsident des OVG Mecklenburg-Vorpommern, die Bindungswirkung einzelner Verfahrensschritte für die weiteren Planungsstufen und die Gewinnung von Umweltinformationen auf den einzelnen Stufen. Er greift die These „mehr Umweltschutz durch höheren Rechtsschutz“ auf und untersucht Möglichkeiten für eine Steigerung des Rechtsschutzes in der Verkehrswegeplanung. Aus der Praxis berichtet Christine von Knebel aus dem Dezernat Straßen und Schienenverkehr des Regierungspräsidiums Darmstadt. Sie beantwortet die Frage nach dem Beitrag der Öffentlichkeits- und Verbandsbeteiligung für die Wahrung der Umweltbelange in Planungsverfahren. Im Weiteren geht sie auf Hindernisse ein, die einer Partizipation in der Verkehrswegeplanung entgegenstehen. Prof. Dr. Wolfgang Köck, Umweltforschungszentrum Leipzig, und Dr. Nadja Salzborn vom Umweltbundesamt fassen in dem Beitrag „Handlungsfelder zur Fortentwicklung des Planungsrechts – Würdigung und Ausblick“ die Ergebnisse des Workshops zusammen und zeigen Handlungsmöglichkeiten auf, die zu einer umfassenderen Öffentlichkeitsbeteiligung und einer besseren Berücksichtigung der Umweltbelange in Planungskaskaden führen können.

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Inhaltsübersicht Einleitung zum Tagungsband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Simone Rathfelder

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dr. Kora Kristof unter Mitarbeit von Monika Ollig und Tina Mutert

Rechtsschutz in Planungskaskaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Prof. Dr. Alexander Schmidt

Kommentar zum Vortrag „Rechtsschutz in Planungskaskaden“ von Prof. Dr. Alexander Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dr. Stefan Paetow

Umweltbezogene Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungskaskaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Prof. Dr. Ekkehard Hofmann

Kommentar zum Vortrag „Umweltbezogene Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungskaskaden“ von Prof. Dr. Ekkehard Hofmann . . . . . . . . . . . . . . 69 RA Peter Kremer

Zusammenfassung der Diskussion im Anschluss an die Vorträge und Kommentare zu den Themen Rechtsschutz und Öffentlichkeitsbeteiligung (Prof. Dr. Alexander Schmidt, Dr. Stefan Paetow, Prof. Dr. Ekkehard Hofmann, RA Peter Kremer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Tina Mutert

Die aktuelle Stromnetzplanung nach EnWG-Novelle und Einführung des NABEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Dr. Ursula Heimann, LL.M.

Kommentar zum Vortrag „Die aktuelle Netzplanung nach EnWGNovelle und Einführung des NABEG“ von Dr. Ursula Heimann . . . . . . . . 109 Prof. Dr. Sabine Schlacke

Umweltbelange in der Verkehrswegeplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Dr. Michael Sauthoff IX

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Inhaltsübersicht

Kommentar zum Vortrag „Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Vereinigungen in der Praxis der straßenrechtlichen Planfeststellung“ von VPrOVG Dr. Michael Sauthoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Christine von Knebel

Zusammenfassung der Diskussion zum neuen Verfahren der Netzausbauplanung und zur Verkehrswegeplanung. . . . . . . . . . . . . . . 177 Monika Ollig und Tina Mutert

Handlungsfelder zur Fortentwicklung des Planungsrechts – Würdigung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Prof. Dr. Wolfgang Köck und Dr. Nadja Salzborn

Zusammenfassung der Abschlussdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Tina Mutert

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Einleitung Dr. Kora Kristof unter Mitarbeit von Monika Ollig und Tina Mutert*

Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich im Namen des Umweltbundesamtes zu dieser Veranstaltung. Aus der Perspektive einer Ökonomin und als Leiterin der Grundsatzabteilung des Umweltbundesamtes möchte ich Sie auf die heutige Veranstaltung einstimmen, indem ich den großen Bogen zum Thema Planungsrecht aus einer allgemeineren, nicht juristischen Sicht aufspanne: Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: „Städte sind geplante und gebaute Gedanken“. Diese Aussage benennt die zwei Seiten des Städtebaus: Eine Seite sieht man – z. B. die Gebäude; und die andere Seite sieht man nicht – die Planung. Wir nehmen z. B. Freiflächen und Bebauung visuell wahr; die ihnen zugrundeliegenden Planungsideen können wir nur indirekt erschließen, die Planung. Auch wenn man die Planung nicht sieht, hat sie großen Einfluss auf die Gestaltung und das Aussehen unserer Welt. Mithilfe der Planung können wir die Welt letztlich nach unseren Vorstellungen gestalten. Über diesen Aspekt hinaus verspricht sich die Gesellschaft von der Planung Hilfe bei der Bewältigung großer Herausforderungen. Dies betrifft z. B. die Aufgaben, die wir im Zuge der Energiewende zu lösen haben. Die anstehenden Veränderungen des Energiesystems und die damit für unsere Wirtschaft einhergehenden großen Veränderungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden von vielfältigen Planungsprozessen begleitet werden müssen. Der Ausbau erneuerbarer Energien bedarf einer guten Planung der erforderlichen Anlagen zur Herstellung, Speicherung und Verteilung dieser Energien, also z. B. von Windenergieanlagen in der Fläche, von Speichern im Untergrund und Energienetzen in der Landschaft. In diese Planung sind die Belange der Befürworter und Gegner und auch die Umweltbelange und Ressourcenfragen mit einzubeziehen.

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Dr. Kora Kristof ist Leiterin der Abteilung I 1 „Nachhaltigkeitsstrategien, Ressourcenschonung und Instrumente“ im Umweltbundesamt. Monika Ollig und Tina Mutert sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Umweltbundesamtes, Fachgebiet I 1.3 – Rechtswissenschaftliche Umweltfragen.

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Einleitung

Damit sind wir bei einem weiteren wichtigen umweltpolitischen Thema, das große Ansprüche an die Planung stellt: Ressourcenschutz. Die Relevanz dieses Themas können Sie Tag für Tag den Wirtschaftsteilen der Zeitungen entnehmen, wenn diese über Ressourcenknappheit und die Probleme von Unternehmen mit den daraus resultierenden steigenden und fluktuierenden Ressourcenpreisen berichten. Auch dieses Thema wird uns in den nächsten Jahren – auch bei der Planung – beschäftigen. Es gilt zum einen die Gewinnung von Rohstoffen planerisch zu steuern. Denn sogar in Deutschland werden neue Aufschlüsse gefordert. Dabei wird es eine große Herausforderung sein, die Belange der Ressourcenförderung mit den Belangen der Umwelt und den Bedürfnissen der nachfolgenden Generationen in Einklang zu bringen. Für ein ressourcenarmes Land wie Deutschland eine noch viel wichtigere, aber oft noch nicht ausreichend bewusste Aufgabe ist es, die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Ein wichtiger Ansatzpunkt dafür ist die Planung von ressourcenleichten, an Stelle von ressourcenschweren Infrastrukturen. Infrastrukturen binden über Jahrzehnte sowohl direkt als auch indirekt viele Ressourcen, die für ihre Aufrechterhaltung und Nutzung erforderlich sind. Ressourcenleichte Infrastrukturen würden daher einen großen Beitrag zum Ressourcenschutz leisten. In den Planungen von Infrastrukturen möchte ich besonders auf die Bedeutung der Planung der Verkehrswegeinfrastruktur hinweisen. Bei dieser Planung ist, neben den soeben genannten und vielen weiteren Umweltaspekten, der Lärm und damit auch die Einbindung einer Vielzahl Betroffener zu beachten. Wie wichtig dieser Aspekt ist, wird derzeit erneut am Beispiel des Flughafens Berlin Brandenburg deutlich. Nicht auf der ersten Stelle der politischen Tagesordnung zu finden, aber dennoch wichtig, ist mir der Hinweis auf die Planung der Abwasserentsorgung. In diesem Bereich haben wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten maßgeblichen Erneuerungsbedarf. Dies ist ein großes Problem in Zeiten knapper öffentlicher Finanzen. Deshalb und um zu nachhaltigen Lösungen zu kommen, sind Systemfragen zu beantworten, wie die Frage, welche Art von Infrastrukturen wir schaffen wollen (z. B. Alternativen zur derzeitigen Schwemmkanalisation) und welche Art von Planung dafür erforderlich ist. Und dies vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Welt. Zum einen wird der demographische Wandel zu einer grundsätzlichen Veränderung in unserer Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur führen und möglicherweise eine Dezentralisierung oder einen Rückbau der Infrastruktur erforderlich machen. Zum anderen müssen die Abwassersysteme auch an den zu erwartenden Klimawandel angepasst werden. So wird in der Planung

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der Abwassersysteme z. B. das erhöhte Hochwasserrisiko zu berücksichtigen sein. Diese Beispiele machen deutlich, dass die Planung als Instrument in Zukunft sehr stark gefordert ist. Dem entspricht auch, dass die Planung in der gesellschaftlichen und politischen Debatte wieder wichtiger geworden ist und sich daher eine „Renaissance der Planung“ abzeichnet. Vor diesem Hintergrund stellen sich die folgenden Ziele für unsere heutige Diskussion: Erstens soll die Planung dazu beitragen, die großen Ziele, die sich aus der Nachhaltigkeitsdebatte ergeben, zu erreichen: Die Planung soll emissionsneutrale, ressourcenleichte und gerechte Lösungen unterstützen. Wichtige Beiträge leisten dazu – über eine sachgerechte Berücksichtigung und gerechte Abwägung aller relevanten Belange hinaus – Phantasie, Kreativität und Gestaltungswille. Zweitens bedarf es einer gelungenen, frühzeitigen und transparenten Öffentlichkeitbeteiligung. Sie kann Planungsprozesse im Hinblick auf die genannten Ziele deutlich verbessern. Die Beteiligung sollte dabei nicht der Abwehr von Einwendungen dienen, sondern dem Erreichen besserer Lösungen. Dies ist eine große Aufgabe für die gesamte Planung und betrifft alle Stufen des Planungsprozesses. Die Öffentlichkeitsbeteiligung soll aber auch eine weitere sehr wichtige Funktion erfüllen: Sie soll die Menschen in die Prozesse einbeziehen. Dafür müssen wir die Beteiligung so ausgestalten, dass Menschen zu Mitgestaltern werden, anstatt sich aus der Politik zu verabschieden und zu sogenannten „Wutbürgern“ zu werden. Denn der „Wutbürger“ ist ein Phänomen, mit dem sich die politische Debatte – auch, aber nicht nur vor dem Hintergrund von „Stuttgart 21“ – auseinandersetzen muss. Vor diesem Hintergrund freue ich mich sehr auf die folgenden Vorträge und die Diskussion mit Ihnen. Für die Zusammenstellung des interessanten und vielfältigen Programms und die gesamte Organisation danke ich Herrn Professor Rodi und dem IKEM sehr. Mein herzlicher Dank gilt auch schon jetzt den Vortragenden, Kommentierenden und Teilnehmenden für ihre Beiträge. Ich wünsche uns allen einen ertragreichen und interessanten Tag.

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