am wendepunkt

Viele afrikanische Länder hingegen .... on HIV/AIDS) zu Sub-Sahara-Afrika gezählt werden, ... Maßnahmen zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung.
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AM WENDEPUNKT DAS GLOBALE ENGAGEMENT GEGEN AIDS

VORWORT Nach mehr als 30 Jahren Kampf gegen HIV/Aids wurde im Jahr 2013 ein entscheidender Wendepunkt erreicht: Erstmalig seit dem Auftreten dieser Epidemie waren in diesem Jahr mehr Menschen neu in Behandlungsprogramme mit lebensrettenden Aids-Medikamenten aufgenommen worden, als sich neu infiziert hatten – ein Meilenstein, der mit Recht als „Anfang vom Ende von Aids“ gelten darf, als Wendepunkt.1 Seit dem Jahr 2011 analysiert ONE im Jahreszyklus auf der Basis der Vorjahresdaten, welche Fortschritte im Kampf gegen Aids gemacht wurden und wie es um die Einhaltung der diesbezüglichen Verpflichtungen steht. Der erwähnte Meilenstein ist natürlich nicht der einzige Fortschrittsindikator. Dennoch ist das Überschreiten dieser Schwelle entscheidend: Heißt es doch, dass wir im Kampf gegen die Krankheit erstmalig Boden gutmachen, anstatt an Boden zu verlieren. Bisherige Hochrechnungen, die auf den damaligen Fortschrittsraten bei der HIV-Prävention und der damaligen Behandlungsdichte basierten, sagten voraus, dass es noch mindestens zehn Jahre dauern

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VORWORT

würde, bis der Anfang vom Ende von Aids eingeläutet werden könne. Noch im vergangenen Jahr hieß es, dass der Wendepunkt nicht vor dem Jahr 2015 erreicht werde.2 Dank großer Fortschritte im Jahr 2013 geschah dies glücklicherweise früher. Der Anfang vom Ende von Aids ist ein Meilenstein, den wir feiern sollten. Die internationalen Fortschritte sind auch der Aufstockung der Mittel zur Bekämpfung der Krankheit zu verdanken. Außerdem werden die Mittel nun zielgerichteter und wirksamer verwendet. Gleichzeitig sind diese Fortschritte aber sehr fragil. Die positiven Zahlen

auf globaler und regionaler Ebene sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ergebnisse je nach Land und Bevölkerungsgruppe sehr unterschiedlich ausfallen: Versorgungslücken und einen Anstieg der Neuinfektionen gibt es insbesondere bei gesellschaftlichen Randgruppen. Außerdem war im Jahr 2013 die Zahl der afrikanischen Länder, die im Hinblick auf den Wendepunkt an Boden verloren, sogar höher als die Zahl der Länder, die Boden gutmachten.3 Dieser Bericht untersucht drei Hürden, die einem schnelleren und gleichmäßigeren Fortschritt im Kampf gegen HIV/Aids im Weg stehen:

VORWORT 1 Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krankheit Länder den Wendepunkt erreichen sollen, bedarf es konzentrieren sich vorrangig auf die am einfachsten der Zusage erheblicher Mittel aus einer Vielzahl von zu erreichenden Bevölkerungsgruppen. Quellen. Innerhalb der einzelnen Länder ist HIV jedoch zunehmend und am stärksten unter 3 Fragile Gesundheitssysteme bedrohen den Bevölkerungsgruppen mit dem größten den Fortschritt an allen Fronten. Gefährdungspotential verbreitet – Homosexuelle, Die Welt wird Aids nicht unter Kontrolle Prostituierte, intravenös konsumierende bringen, wenn sie sich ungeachtet anderer Herausforderungen ausschließlich auf die Drogensüchtige und heranwachsende Mädchen. In vielen Ländern sind diese Gruppen aufgrund Verhinderung der Krankheit konzentriert. Der der politischen Dynamik und diskriminierender Ebola-Ausbruch in Westafrika in diesem Jahr hat Gesetze immer schwerer zu erreichen. Durch eine gezeigt, dass sich neue Bedrohungen verheerend bloße Aufstockung der Mittel ist dieses Problem auf schwache Gesundheitssysteme auswirken und die Fortschritte im gesamten Gesundheitssektor nicht zu lösen. Geber und führende Akteure auf nationaler Ebene müssen daher die Programme für zunichtemachen können – auch die Fortschritte marginalisierte Gruppen ausweiten und gleichzeitig im Kampf gegen HIV/Aids. Es gibt bereits vereinzelt gegen die Stigmatisierung und den politischen Belege dafür, dass der Ebola-Ausbruch den Zugang Gegenwind ankämpfen.4 zu Aids-Behandlungen und Vorsorgeleistungen verschlechtert hat, weil die Gesundheitssysteme ihre limitierten Ressourcen in Reaktion auf die 2 HIV/Aids genießt gegenwärtig bei zu wenigen Gebern Priorität. neue Gefahr bündeln müssen.6 Generell wird die Aus rein finanzieller Sicht reicht die Hilfe von außen Fähigkeit, auf neue Bedrohungen zu reagieren, für die Aids-Bekämpfung nicht aus, um die Krankheit ohnehin schon durch den allgegenwärtigen Mangel an Personal im Gesundheitswesen erschwert, wie wirksam einzudämmen. Zudem verliert die AidsBekämpfung zunehmend an Nachhaltigkeit und er in allen afrikanischen Ländern südlich der Sahara kommt aus einigen wenigen Ländern mit höherem die Regel ist.7 Entscheidend für die Verstetigung Einkommen. Viele afrikanische Länder hingegen der Erfolge im Kampf gegen Aids ist, ob es scheitern bisher daran, ihre Zusagen im Hinblick auf gelingt, in den betroffenen Ländern für krisenfeste Gesundheitssysteme zu sorgen. die Gesundheitsausgaben einzuhalten.5 Wenn mehr

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VORWORT

Junge Männer erhalten ein HIV Aufklärungstraining bei Hope Worldwide, Nakuru, Kenia. Photo: Jonx Pillemer/(RED)

FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN GLOBALEN WENDEPUNKT Dank schnellerer Fortschritte im vergangenen Jahr konnte der Wendepunkt bereits im Jahr 2013 und damit früher als bisher angenommen erreicht werden. Im Laufe des Jahres 2013 wurden 2,3 Millionen Menschen neu in AidsBehandlungsprogramme aufgenommen – ein drastischer Anstieg im Vergleich zum Jahr 2012, als es 1,6 Millionen Neubehandelte waren. Im selben Zeitraum sank die Gesamtanzahl der HIVNeuinfektionen – wenn auch weniger einschneidend – von 2,2 auf 2,1 Millionen.8

Frauen warten außerhalb der pränatalen Station des Tema General Hosipital, Ghana. Photo: John D. McHugh/(RED)

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In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara waren wesentlich weniger HIV-Neuinfektionen zu verzeichnen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Neubehandelten. Verglichen mit anderen Regionen, ist die Zahl der Neuinfektionen im Zeitraum der Jahre 2005 bis 2013 hier mit der zweithöchsten Rate (31,8 Prozent) gesunken, stärker als der weltweite Durchschnitt (27,6 Prozent). Trotzdem entfielen im Jahr 2013 immer noch 71 Prozent der

FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN GLOBALEN WENDEPUNKT

jährlichen HIV-Neuinfektionen auf diese Region.9 Von den 12,9 Millionen Menschen die lebensrettende Medikamente erhalten, leben mehr als 9 Millionen in Sub-Sahara-Afrika.10 Die Behandlungsdichte in der Region liegt ebenfalls leicht über dem Weltdurchschnitt: 39 Prozent der Bedürftigen erhalten eine Behandlung; weltweit sind es 38 Prozent.11 Die Zahl der Neuinfektionen wächst jedoch immer mehr in gesellschaftlichen Randgruppen. Diese Entwicklung ist weltweit zu beobachten. Verglichen mit dem Rest der erwachsenen Bevölkerung, liegt die HIV-Prävalenz bei intravenös konsumierenden Drogenabhängigen 28 Mal höher, bei Männern mit gleichgeschlechtlichem Sexualverkehr 19 Mal höher und bei Prostituierten 12 Mal höher – das sind besorgniserregende Trends, die von Gebern und betroffenen Ländern gleichermaßen mehr Aufmerksamkeit, Mittel in größerem Umfang und zielgerichtete Programme erfordern.12

FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN GLOBALEN WENDEPUNKT Abbildung 1: Der globale Wendepunkt

4.000.000

Neu infiziert mit HIV Neu in Aids-Behandlung Prognose Neuinfektionen mit HIV

3.500.000

(basierend auf Fortschrittsrate 2012–2013)

Prognose Neubehandlungen (basierend auf Fortschrittsrate 2012–2013)

3.000.000

Anzahl der Menschen

Quellen: UNAIDS Daten und ONE-Berechnungen

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

Jahr

4

FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN GLOBALEN WENDEPUNKT

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

0

FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN WENDEPUNKT IN AFRIKANISCHEN LÄNDERN Global gesehen wurde der Wendepunkt im Jahr 2013 zwar erreicht, doch waren nicht alle Länder gleich erfolgreich. Unter den 36 Ländern in Sub-SaharaAfrika, für die Vergleichsdaten verfügbar waren, hatten 15 den Wendepunkt im Jahr 2013 bereits geschafft, darunter vier (Äthiopien, Togo, Uganda und Mosambik), denen dies erstmalig gelang, und elf, die es bereits im Jahr 2012 geschafft und das Niveau gehalten hatten.13 Innerhalb der restlichen 21 Länder fallen die Ergebnisse jedoch gemischt aus: während 7 Länder sich verbessern konnten, fielen 14 zurück.14 Erwähnenswert ist, dass sich die HIV-Belastung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara auf einige wenige Länder konzentriert. Etwa 38 Prozent der Menschen, die mit HIV leben, und 36 Prozent der Aids-Toten entfallen allein auf Nigeria und Südafrika. Lediglich auf vier Länder (Nigeria, Südafrika, Uganda und Mosambik) konzentriert sich mehr als die

Hälfte der gesamten Neuinfektionen der Region.15 Diese Länder unterbinden in vielen Fällen deutliche Fortschritte auf dem Gesamtkontinent. Wenn wir den Fortschritt verstetigen und beschleunigen wollen, müssen wir vorrangig an dieser Stelle ansetzen, den politischen Willen mobilisieren und die Mittel aufstocken. Auch die Qualität der Daten aus den afrikanischen Ländern bleibt ein Problem. Von den 46 Ländern, die von UNAIDS (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS) zu Sub-Sahara-Afrika gezählt werden, hatten 39 Daten zu Behandlungen und Neuinfektionen für das Jahr 2013. Nur 36 Länder verfügten über Daten, die einen Vergleich zwischen den Jahren 2012 und 2013 zuließen.16 Der Datenmangel erschwert enorm den Vergleich und die Analyse und damit die Nachverfolgung des Gesamtfortschritts der einzelnen Länder im Kampf gegen Aids.

Patience Apenu, eine ghanaische Mutter, mit Emilia, ihrer Tochter. Patience ist HIV-positiv, ihre Tochter dank der Maßnahmen zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung (PMTCT) nicht. Photo: Nana Kofi Acquah/The Global Fund

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FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN WENDEPUNKT IN AFRIKANISCHEN LÄNDERN

FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN WENDEPUNKT IN AFRIKANISCHEN LÄNDERN NIGER2.47

Abbildung 2: Stand des Erreichens des Wendepunktes bei afrikanischen Ländern südlich der Sahara Zur Berechnung des Wertes eines Landes teilten wir die Anzahl der Menschen, die sich 2013 neu mit HIV infizierten, durch die Anzahl derer, die neu in Behandlungsprogramme aufgenommen wurden. Ist das Verhältnis kleiner gleich 1, hat das Land den Wendepunkt erreicht oder überschritten.

TSCHAD9.13 MALI-158.23 BURKINA FASO-1.68 ERITREA0.54

ÄTHIOPIEN0.73

KAP VERDE0.60 SENEGAL -1.21 GAMBIA1.60

GUINEA-BISSAU 3.90 GUINEA9.42

SÜDSUDAN 7.84

SIERRA LEONE5.19 LIBERIA1.88 ELFENBEINKÜSTE7.29 GHANA1.33 TOGO0.92 BENIN-3.71

UGANDA0.89 KENIA 1.94 BURUNDI0.58

NIGERIA1.47 KAMERUN 5.32

DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO2.15

GABUN 0.22

Erreichter Wendepunkt (Verhältnis von 1,0 oder weniger)

VEREINIGTE REPUBLIK TANSANIA 0.90

SÃO TOMÉ UND PRÍNCIP E0.81 REPUBLIK KONGO1.65

MALAWI0.51

Beschleunigung nötig (Verhältnis von 1,01 oder mehr) Rückschritt im Jahr 2013 (negatives Verhältnis)

MOSAMBIK 0.62

Vergleichsdaten liegen nicht vor MADAGASKAR20.70

ANGOLA1.27

Quellen: UNAIDS Daten und ONE-Berechnungen

SAMBIA0.55 SIMBABWE 0.69

NAMIBIA1.18

SWASILAND0.86 BOTSWANA0.80

LESOTHO2.96 SÜDAFRIKA0.72

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FORTSCHRITT IM HINBLICK AUF DEN WENDEPUNKT IN AFRIKANISCHEN LÄNDERN

FINANZIERUNG Die von der Weltgemeinschaft für den Kampf gegen HIV/Aids aufgebrachten Mittel erreichten im Jahr 2013 einen historischen Höchststand: Nach den im Jahr 2012 zur Verfügung gestellten 18,9 Milliarden US-Dollar waren es im Jahr 2013 19,1 Milliarden US-Dollar. Dennoch liegt dies 3–5 Milliarden US-Dollar unter dem Betrag von 22–24 Milliarden, der nach Schätzungen von UNAIDS pro Jahr für die Eindämmung der Krankheit benötigt wird.17 Von den insgesamt 19,1 Milliarden US-Dollar stammten 8,5 Milliarden US-Dollar (weniger als die Hälfte) aus internationalen Hilfsgeldern;18 auf die Budgets der Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen entfiel also mehr als Hälfte.19 Gebermittel für HIV/Aids-Bekämpfung Die bilateralen und multilateralen Beiträge von G7-Gebern und der Europäischen Kommission stiegen von 7,0 Milliarden US-Dollar im Jahr 2012 auf 7,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2013 und damit um 7,7

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FINANZIERUNG

Prozent.20 Ein großer Teil dieses Zuwachses ist der 12-prozentigen Aufstockung der HIV/Aids-Mittel durch die USA im Jahr 2013 zuzuschreiben. Großbritannien und Frankreich stockten die Gesamtmittel ebenfalls auf, aber das Budget der Europäischen Kommission für die Bekämpfung von HIV/Aids stagnierte mehr oder weniger. Deutschland, Japan, Kanada und Italien fuhren ihre Ausgaben um 1 Prozent (Deutschland) bis zu über 82 Prozent (Italien) zurück.21 Es ist beunruhigend, dass die Aids-Mittel weiterhin nur von einigen wenigen Gebern kommen. Genau wie im Jahr 2012 stammten im Jahr 2013 etwa 88 Prozent der internationalen Mittel von den G7-Ländern und der Europäischen Kommission.22 Und selbst unter diesen Gebern war die Last noch ungleich verteilt. Die USA allein schulterten im Jahr 2013 etwa zwei Drittel der gesamten internationalen Mittel für die Bekämpfung von HIV/Aids; zusammen mit den Aufwendungen der beiden nächstgrößten Geber (GB und Frankreich)

ergibt sich ein Anteil von 80 Prozent. 23 Von der vierten Auffüllungskonferenz des Globalen Fonds für die Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria im Jahr 2013 gingen im Hinblick auf die Ambitionen der Geber gemischte Signale aus. Der Globale Fonds sammelte für den nächsten Dreijahreszeitraum (2014–2016) etwas mehr als 12 Milliarden US-Dollar ein. Das entspricht einem Zuwachs von 30 Prozent gegenüber dem vorherigen Dreijahreszeitraum.24 Dennoch lagen die kollektiven Beiträge unter den erhofften 15 Milliarden US-Dollar. Von den großen traditionellen Gebern war Deutschland der Einzige, der seine Beiträge seit dem Jahr 2008 nicht erhöht hatte. Und andere Geber – wie Japan, Australien, die Ölstaaten im Nahen Osten und Schwellenländer – stockten ihre Beiträge anders als von vielen erwartet nicht massiv auf.25

FINANZIERUNG Abbildung 3: Internationale HIV/Aids-Mittel von G7-Mitgliedern und der Europäischen Kommission, 2011–2013 (Millionen US-Dollar) Jahr

Kanada

Europäische Kommission

Frankreich

Deutschland

Italien

Japan

Großbritannien

USA

2011 2012 2013 2011–13 gesamt

48,5 54,1 42,1 144,7

39,9 30,3 19,2 89,4

81,3 55,9 50,5 187,7

150,8 145,8 134,1 430,7

5,1 13,9 2,4 21,4

20,9 20,5 31,9 73,3

680,5 643,4 680,7 2004,6

3974,8 4359,2 4,82,7 13.116,7

2011 2012 2013

176,5 182,4 174,1

148,8 127,9 142,2

457,4 447,6 496,7

273,1 259,4 265,2

0,0 0,0 0,0

114,2 342,9 122,3

439,7 203,9 205,0

949,7 1205,7 1470,4

2011 2012 2013 2011–13 gesamt

98,8 100,3 99,2 298,3

83,3 70,4 81,1 234,8

256,2 246,2 283,1 785,5

152,9 142,7 151,2 446,8

0,0 0,0 0,0 0,0

64,0 188,6 69,7 322,3

246,2 112,2 116,9 475,3

531,8 663,1 838,1 2033,0

2011 2012 2013

0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0

144,3 143,4 149,5

0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0

85.1 87.2 87.2

0,0 0,0 0,0

HIV/Aids-Ausgaben / UNITAID

2011 2012 2013 2011–13 gesamt

0,0 0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0 0,0

75,3 74,9 76,2 226,4

0,0 0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0 0,0

44,4 45,5 44,5 134,4

0,0 0,0 0,0 0,0

HIV/Aids-Gesamt ausgaben

2011 2012 2013 2011–13 gesamt

147,3 154,4 141,4 443,1

123,2 100,7 100,6 324,5

412,7 376,9 409,8 1,199,4

303,7 288,5 285,3 877,5

5,1 13,9 2,4 21,4

84,9 209,1 101,6 395,6

971,2 801,1 842,1 2614,4

4506,6 5022,3 5620,8 15.149,7

Bilaterale HIV/Aids-Ausgaben

Globaler Fonds

HIV/Aids-Ausgaben / Globaler Fonds

UNITAID

Quellen: Kaiser Family Foundation Reports, “Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments”, 2012-14 editions.

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FINANZIERUNG

FINANZIERUNG Staatliche Mittel bleiben die wichtigste Finanzierungsquelle für Aids-Programme, aber auch der private Sektor spielt eine wichtige – wenn auch kleinere – Rolle. Konzerne und andere privatwirtschaftliche Unternehmen haben den Kampf gegen HIV/Aids bereits in der Vergangenheit mit Geld, Waren und Dienstleistungen, Arbeitskräften und Nachlässen für Medikamente unterstützt.26 Viele privatwirtschaftliche Akteure haben dem Globalen Fonds Geld gespendet. Gelder von so unterschiedlichen Gebern wie der Bill & Melinda Gates Stiftung, vom Energiekonzern Chevron sowie von Firmen, die über (RED) organisiert sind, haben einen beträchtlichen Umfang. Dennoch ist für die vergangenen Jahre ein Rückgang der Beiträge der Stiftungen und der Partner im privaten Sektor für den Globalen Fonds zu verzeichnen. Im Jahr 2011 spendete der private Sektor dem Globalen Fonds noch 209,2 Millionen US-Dollar – von den mehr als 3,0 Milliarden US-Dollar, die von allen Gebern aufgebracht wurden. In den Jahren 2012 und 2013 sank diese Zahl auf 200,1 Millionen US-Dollar von 3,6 Milliarden USDollar bzw. 188,9 Millionen US-Dollar von 3,5 Milliarden US-Dollar.27 Angesichts der immensen Liquidität vieler Unternehmen – und ihrer vielen Mitarbeiter, die davon profitieren – wäre der private Sektor durchaus in der Lage, mehr Mittel für den Kampf gegen Aids beizusteuern.

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FINANZIERUNG

Viele Länder nutzten zudem innovative Finanzierungsinstrumente, um Mittel für Aids-Programme zu mobilisieren. Zu diesen Programmen gehören Debt2Health, welches es ermöglicht, dass Entwicklungsländer ihre Schulden in Form von Beiträgen für den Globalen Fonds begleichen, sowie verschiedene Steuern wie beispielsweise die Aids-Abgabe in Simbabwe, mit der landeseigene Aids-Programme finanziert werden.28 Eigenmittel der Entwicklungsländer für HIV/Aids-Bekämpfung Mittlerweile das dritte Jahr in Folge steuern Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen mehr als die Hälfte der weltweiten Mittel für die Aids-Bekämpfung bei – eine Entwicklung, die Mut macht.29 Dennoch stellen die meisten afrikanischen Länder nicht genug Mittel für den Gesundheitssektor bereit und brechen damit die eigenen Zusagen. Im Jahr 2012 erfüllten lediglich sechs von 43 Ländern in Sub-Sahara-Afrika ihre Abuja-Verpflichtung aus dem Jahr 2001, jährlich mindestens 15 Prozent ihres Landeshaushalts für Gesundheitsprogramme zu reservieren: Liberia (19,15 Prozent), Malawi (17,77 Prozent), Ruanda (22,12 Prozent), Swasiland (18,08 Prozent), Togo (15,38 Prozent) und Sambia (16,44 Prozent).30 In 35 dieser 43 Länder änderte sich der Anteil des Haushalts für den Gesundheitssektor in den Jahren 2011 und 2012 um weniger als 1 Prozent.31

Allein im Jahr 2012 betrug die Lücke zwischen den tatsächlichen Ausgaben der afrikanischen Länder südlich der Sahara und den bei Einhaltung der Abuja-Verpflichtung eigentlich möglichen Ausgaben nahezu 20 Milliarden US-Dollar.32 Natürlich wären diese Mittel nicht automatisch und in vollem Umfang in HIV/ Aids-Programme geflossen, und nicht alle Länder haben die gleiche Aids-Last und müssen daher gleich viel investieren. Zur besseren Veranschaulichung sei jedoch angemerkt: Schon mit der Hälfte dieser Gesamtsumme ließe sich jeder HIV-Infizierte – ob Mann, Frau oder Kind – auf dem gesamten Kontinent ein ganzes Jahr lang mit lebensrettenden AidsMedikamenten versorgen.33 Es werden Möglichkeiten verpasst, die Bekämpfung der Aids-Krise im eigenen Land stärker in die eigene Hand zu nehmen und in dem Zuge auch die eigenen Gesundheitssysteme zu stärken und wichtige Programme auszuweiten. Speziell diesen Gesundheitssystemen fehlt es häufig an medizinischen Fachkräften, Einrichtungen und Ausrüstung, wie sie für eine wirksame tagtägliche Gesundheitsfürsorge für die Bevölkerung benötigt werden.34

FINANZIERUNG Wichtig ist: Das Bemühen der Länder, ihre Abuja-Verpflichtung von 15 Prozent zu realisieren, darf nicht als einzige Kennziffer für die Definition des Erfolgs im Gesundheitsbereich gesehen werden. In einem Land wie Liberia, wo die Regierung das AbujaZiel stets erfüllte oder sogar übertraf, spielen Mittel von außen weiterhin eine entscheidende Rolle: Die vom Land selbst aufgebrachten und ausgegebenen Mittel (in absoluten Zahlen) reichen nicht aus, um ein Gesundheitssystem wieder aufzubauen, das nach zehn Jahren Bürgerkrieg am Boden liegt. Für viele Länder gilt zudem: Das Erreichen des 15-Prozent-Ziels bedeutet nicht automatisch, dass diese Mittel zielgerichtet für die Umsetzung der kostengünstigsten und wirksamsten Maßnahmen in den Bevölkerungsteilen mit der höchsten Belastung durch HIV/Aids und andere Krankheiten eingesetzt werden.

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FINANZIERUNG

Zur besseren Kanalisierung dieser begrenzten Mittel werden insbesondere mehr und bessere Daten für den Kampf gegen Aids benötigt. Die Geber müssen die Transparenz ihrer Daten verbessern – nach Möglichkeit aufgeschlüsselt bis hinunter auf Projektebene – und dafür sorgen, dass bei Kooperation mehrerer Akteure in einem Land die Ergebnisse nicht doppelt angerechnet werden. Parallel dazu müssen die betroffenen Länder ihre eigenen Haushalte transparenter machen und die landeseigenen statistischen Kapazitäten aufund ausbauen – gegebenenfalls mit Geberhilfe. So wird es ihnen gelingen, die eigene Aids-Epidemie besser zu verstehen, die eigenen Ausgaben besser in die richtigen Maßnahmen für die richtigen Menschen fließen zu lassen und diese Bemühungen mit der Zeit stärker in Eigenregie zu koordinieren. Besonders die Verfügbarkeit und Qualität der Daten für die am stärksten gefährdeten Gruppen ist nach

wie vor schlecht. Zur mangelnden Finanzierung der Programme, die speziell auf diese Gruppen ausgerichtet sind, kommen noch die allgegenwärtige Stigmatisierung, hemmende Gesetze und die drohende Gewalt, die eine sichere Erfassung der Daten und die Sicherheit der Datensammler extrem behindern.35 Im Jahr 2013 berichtete beispielsweise die Forschungsstiftung amfAR aus ihrer Arbeit in Simbabwe, dass Menschen, die mutmaßlich mit oder für homosexuelle Frauen und Männer arbeiten, häufig von der Polizei verfolgt werden und Gefahr laufen, verhaftet zu werden.36 Ein solches feindliches Umfeld herrscht in vielen Teilen des Kontinents. Das erschwert die systematische Erfassung von Daten zu den am stärksten gefährdeten Gruppen zunehmend und bildet ein großes Hindernis für die Entwicklung besserer, zielgerichteter Programme, mit denen sich die Präventions- und Behandlungsergebnisse für diese Gruppen verbessern lassen.

Länderanalysen Um zu verdeutlichen, welche Unterschiede es beim Kampf gegen Aids in den einzelnen afrikanischen Ländern südlich der Sahara gibt, haben wir mit Ghana und Togo zwei der 9 Länder, die ONE in seinem letztjährigen AIDS Bericht 2013 analysiert hat, exemplarisch ausgewählt und untersucht. Jener Bericht wies Ghana als führend in Sachen Aids-Bekämpfung aus, während Togo als Land mit großem Fortschrittsbedarf eingestuft war. Innerhalb von 12 Monaten kann sich jedoch viel ändern. Schnellerer Fortschritt ist möglich – auch bei den Nachzüglern vom Vorjahr. Das Erreichte ist jedoch fragil. Ohne dauerhafte und intelligente Investitionen können selbst einstige Vorbilder wieder an Boden verlieren.

GHANA In den vergangenen zehn Jahren erzielte Ghana relativ kontinuierlich Fortschritte im Hinblick auf die Eindämmung der Aids-Epidemie. Der Wendepunkt wurde bereits im Jahr 2011 erreicht. Mit deutlichen Verbesserungen bei Behandlungs- und Präventionsindikatoren galt das Land noch im letzten Jahr als führend im Kampf gegen Aids. In den Jahren 2012 und 2013 musste Ghana jedoch einen Rückschlag einstecken: Das Land rutschte wieder hinter den Wendepunkt zurück – in erster Linie deshalb, weil die Zahl der Neubehandelten erheblich sank.37 Ghana finanziert seinen Kampf gegen HIV/Aids vorrangig mit Auslandsmitteln. Deren Umfang wuchs in den Jahren 2012 und 2013; speziell vom Globalen Fonds erhielt das Land im Jahr 2013 immerhin 38,4 Millionen US-Dollar – nach 21,9 Millionen US-Dollar

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GHANA | LÄNDERANALYSEN

im Jahr 2012.38 Gleichzeitig sanken die Mittel aus der US-amerikanischen PEPFAR-Initiative (President’s Emergency Plan for AIDS Relief) von 15 Millionen US-Dollar im Jahr 2012 auf 12,5 Millionen US-Dollar im Jahr 2013.39 Während der gesamten ersten zehn Jahre des neuen Jahrtausends investierte Ghana umfassend in den Gesundheitssektor. Die Ausgabenhöhe bewegte sich stets im Bereich der Abuja-Verpflichtung von 15 Prozent des Gesamthaushalts für Gesundheitsprogramme. In den letzten Jahren wurden diese Ausgaben jedoch zurückgefahren – zum Teil geschuldet den Ausgabenstopps, die das Finanzministerium im Bemühen um einen ausgeglichenen Haushalt verfügt hatte.40 Im Jahr 2012 gab Ghana weniger als 10 Prozent seines Gesamthaushalts für Gesundheit aus (Daten für das Jahr 2013 sind noch nicht verfügbar).41

Trotz der steigenden internationalen HIV/AidsGelder reichten die Mittel Ghanas nicht aus, um die Krankheit kontinuierlich gut zu bekämpfen. Experten zufolge hatte sich die Regierung in der Vergangenheit besonders auf eine Beihilfe für die Bereitstellung von HIV-Test-Sets gestützt. Diese war ein zentraler Baustein ihrer Strategie. Als sie auslief, fehlten die Mittel für diese Maßnahme. Folglich sank die Zahl der Tests und damit die Zahl der eingeleiteten Behandlungen.42 Ein weiteres Problem liegt laut Experten darin, dass die Zahl der Menschen, die in Behandlungsprogramme aufgenommen wurden, zwar ständig stieg, diese Ausweitung aber irgendwann die zur Verfügung stehenden Budgets sprengte. Daher wurden die Aids-Programme angewiesen, die Zahl der Neubehandelten im Jahr 2013 drastisch zu reduzieren. 43

GHANA

In den vergangenen zehn Jahren hat Ghana gezeigt, dass es über die Strukturen und den politischen Willen verfügt, im Kampf gegen Aids eine Spitzenposition zu belegen. Im vergangenen Jahr haben wir jedoch gesehen, wie zerbrechlich ein solcher Fortschritt ist und wie gefährlich es ist, in seinen Bemühungen nachzulassen, bevor das Ziel erreicht ist. Ghana kann und muss den negativen Trend des letzten Jahres mit neuerlichem Schwung in den kommenden Monaten wieder umkehren.

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GHANA | LÄNDERANALYSEN

Abbildung 4: Fortschritt im Hinblick auf den Wendepunkt in Ghana 2.500.000

2.000.000

Anzahl der Menschen

Im nächsten Jahr muss Ghana die Behandlungs- und Präventionsprogramme nachhaltig ausweiten. Die Bemühungen zur Verhinderung von MutterKind-Übertragungen müssen unbedingt verstärkt werden. In dem Land, das einst als Vorreiter bei der Reduzierung der Infektionen von Kindern galt, gab es im Jahr 2013 wieder mehr solcher Ansteckungen als im Jahr 2012.44 Zudem muss Ghana seine Prioritäten bei der Verteilung der Haushaltsmittel prüfen und die Gesundheitsausgaben insgesamt erhöhen. Gegenwärtig fließen 90 Prozent der Gesundheitsausgaben des Landes in die Gehälter des Personals. Und noch im Jahr 2010 kamen in Ghana nur zehn medizinische Fachkräfte auf 10.000 Menschen. Das liegt weit unter der WHO-Empfehlung von 23 auf 10.000.45 Ghana muss seine Ausgabenverteilung so umgestalten, dass eine angemessene Zahl und Verteilung von Fachkräften und damit die Versorgung der Bevölkerung bei gleichzeitiger Ausweitung wichtiger Leistungen gewährleistet ist.

1.500.000

1.000.000

500.000

0 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

Jahr Neuinfektionen mit HIV Neu in Aids-Behandlung

Quellen: UNAIDS Daten und ONE-Berechnungen

2012

2013

TOGO In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends gelangen Togo nur geringe Fortschritte im Kampf gegen Aids. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wurde der HIV/Aids-Bekämpfung mehr Aufmerksamkeit gezollt, und 2010 wurde der Wendepunkt erreicht. In den Jahren 2011 und 2012 erfolgten jedoch Rückschläge, da die Zahl der Menschen die neu in Behandlung genommen wurden zurückgegangen ist. Dieser Rückgang kann zum Teil dadurch erklärt werden, dass Vereinbarungen mit dem Global Fund verzögert unterzeichnet wurden und sich die Implementierung von Programmen dadurch verzögert hat.46 In den vergangenen 12 Monaten gelang es Togo erfreulicherweise, diesen Trend wieder umzukehren und große Schritte nach vorn zu machen. Die HIV-Neuinfektionen unter Erwachsenen und Kindern gingen zurück, und dank einer erheblichen Ausweitung der Behandlungsprogramme wurden im Jahr 2013 circa 4100 Menschen neu in Behandlung genommen – dem stehen 3800 Neuinfektionen gegenüber. Durch diese positive Entwicklung der Behandlungszahlen und das Sinken der Neuinfektionsrate erreichte Togo erneut den Wendepunkt.47 Togo erhält den Großteil seiner Fremdmittel für die Bekämpfung von HIV/Aids vom Globalen Fonds. Der

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Umfang der für HIV/Aids reservierten Mittel vom Globalen Fonds stieg vom Jahr 2012 auf das Jahr 2013 auf mehr als das Doppelte: von 4,75 Millionen US-Dollar im Jahr 2012 auf 10,57 Millionen US-Dollar im Jahr 2013.48 Auch die togolesische Regierung engagierte sich in den vergangenen Jahren stärker für den Gesundheitssektor. Anfang und Mitte der 2000er Jahre lag der Anteil der Gesundheitsausgaben am Haushalt noch unter 10 Prozent. Seit dem Jahr 2009 erfüllt das Land jedoch seine Abuja-Verpflichtung von 15 Prozent.49 Togo hat einen wichtigen Punkt im Kampf gegen Aids erreicht, aber die ungleichmäßige Entwicklung der bisherigen Fortschritte verdeutlicht, dass Togo seine Bemühungen verdoppeln muss, um seine bisherigen Erfolge beizubehalten oder zu beschleunigen. Togo muss den Zugang zu Behandlungen noch weiter verbessern, sich aber angesichts einer anhaltend hohen Zahl von Neuinfektionen schwerpunktmäßig auf bessere Präventionsprogramme konzentrieren, denn obwohl die Zahl der Neuinfektionen weiterhin sinkt hat sich der Trend in den letzten Jahren merklich verlangsamt. Im Mittelpunkt der Präventions- und Behandlungsprogramme müssen besonders die am stärksten gefährdeten und gesellschaftlich marginalisierten Gruppen stehen. Interviews

mit männlichen Homosexuellen und weiblichen Prostituierten in den togolesischen Städten Lomé und Kara haben gezeigt, dass sie es besonders schwer haben von Maßnahmen zur Prävention oder Behandlung von HIV zu profitieren. Viele äußerten sich besorgt über mangelnde Geheimhaltung und mögliche Belästigung.50 Zur Verstetigung dieser Bemühungen muss Togo zudem sein Gesundheitssystem ausbauen. Es fehlt insbesondere an medizinischen Fachkräften: Im Jahr 2010 kamen nur vier Fachkräfte auf 10.000 Menschen – nur ein Bruchteil der WHOEmpfehlung von 23.51 Mit nur einem Sechstel der als Mindeststandard empfohlenen personellen Ausstattung wird es das Gesundheitssystem Togos auch weiterhin schwer haben, den Bürgern eine angemessene Grundversorgung zu bieten. Zudem dürfte das Land angesichts dessen nur schwerlich in der Lage sein, die Krankheitsbekämpfung nachhaltig auszuweiten bzw. auf unvorhergesehene Notsituationen zu reagieren – wie sie andere Länder mit dem Ebola-Ausbruch im Jahr 2014 erlebten –, die das Erreichte zunichtemachen könnten. Die bisher erzielten Fortschritte sind bemerkenswert und müssen verstetigt werden. Ohne einen Ausbau des Gesundheitssystems bleibt das Erreichte in Togo fragil.

TOGO Abbildung 5: Fortschritt im Hinblick auf den Wendepunkt in Togo Neuinfektionen mit HIV

14.000

Neu in Aids-Behandlung Quellen: UNAIDS Daten und ONE-Berechnungen

12.000

Anzahl der Menschen

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0 2005

2006

2007

2008

2009 Jahr

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2010

2011

2012

2013

SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

Junge Mädchen an der Ebenezer Mittelschule erhalten Unterricht zu HIV und reproduktiver Gesundheit, Accra, Ghana. Photo: John D. McHugh/(RED)

Genau wie das Erreichen des Wendepunktes nicht automatisch passiert ist, gibt es keine Garantie für schnelleren Fortschritt, nachdem dieser Punkt erreicht wurde. Vielmehr belegen Entwicklungen auf Landesebene, dass die erzielten Erfolge in vielen Ländern trotz jüngster positiver Entwicklungen fragil sind. HIV unter Randgruppen nimmt zu, die verfügbaren Mittel reichen immer noch nicht für den angemessenen Umgang mit der Epidemie aus, und die Nachhaltigkeit des Fortschritts wird durch schwache Gesundheitssysteme gefährdet. Um die Erfolge der vergangenen Jahre zu verstetigen und einen gleichmäßiger verteilten und raschen Fortschritt zu gewährleisten – mit dem Ziel, Aids letztlich zu besiegen –, müssen drei wichtige Maßnahmen ergriffen werden:

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SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN 1 Die Krankheit muss dort bekämpft werden, wo sie ist – nicht dort, wo sie am einfachsten zu bekämpfen ist

2 Bereitstellung umfangreicher neuer Mittel aus mehr Quellen als bisher

In den vergangenen Jahren war man in Bevölkerungsteilen und Gruppen erfolgreich, die sich aus geografischen, politischen oder demografischen Gründen einfacher erreichen ließen. Infolgedessen treten HIV-Neuinfektionen zunehmend bei Randgruppen und an weniger, dafür aber schwerer erreichbaren Orten auf.52 Um zu gewährleisten, dass sich die Erfolge gleichmäßiger verteilen und Programme ihre größtmögliche Wirkung entfalten, müssen Geber- und Empfängerländer gleichermaßen maßgeschneiderte Strategien entwickeln und zusätzliche Mittel bewilligen, um die am stärksten gefährdeten Gruppen zu erreichen – darunter männliche Homosexuelle, intravenös konsumierende Drogensüchtige, Prostituierte und junge Frauen. Parallel dazu muss die Welt eine kleinere Anzahl von Ländern in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und der Zuwendungen stellen, auf die ein wachsender Anteil der weltweiten HIV-Neuinfektionen entfällt, sowie bestimmte Gruppen, Provinzen und Gegenden innerhalb von Ländern, die größere Fortschritte verhindern.

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3 Aufbau krisenfester Gesundheitssysteme, die neben anderen Bedrohungen auch für die Aids-Bekämpfung gewappnet sind

Trotz der Zunahme der weltweiten Mittel für den Kampf gegen HIV/Aids im Jahr 2013 fehlen immer noch Milliarden von Dollar, die benötigt werden, um die Grundlagen für die Eindämmung der Epidemie noch zu unseren Lebzeiten zu legen.53 Zum Schließen dieser Finanzierungslücke müssen die Geber auf Kurs bleiben und größeren Ehrgeiz entwickeln. Sich darauf zu verlassen, dass die USA und einige wenige andere Geber den Großteil dieser Mittel aufbringen werden, ist kein nachhaltiger Ansatz. Neue Geber aus Europa, die Schwellenländer und der private Sektor müssen ihr Engagement verstärken und einen spürbar größeren Beitrag leisten – auch über neue oder bestehende innovative Finanzierungsinstrumente. Entscheidend dafür, dass mehr Ehrgeiz geweckt wird und die Bemühungen um den Kampf gegen Aids erfolgreich sind, dürfte letztlich jedoch sein, dass die afrikanischen Länder mehr Eigenmittel mobilisieren. Auch hier sind Kreativität und das Kopieren erfolgreicher Modelle gefragt: zum Beispiel die Einführung von Steuern, Abgaben oder speziellen Gesundheitsfonds – wo dies sinnvoll ist.

SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

Seit vielen Jahren profitiert der Kampf gegen Aids von geberfinanzierten, „vertikalen“ Gesundheitsfonds. Diese Programme lieferten beeindruckende Ergebnisse – darunter auch die Behandlungs- und Präventionsergebnisse, die dazu beitrugen, den Wendepunkt zu erreichen. Derartige Programme müssen weiterhin und stärker unterstützt werden. Wie die Ebola-Krise in diesem Jahr gezeigt hat, dürfen Investitionen und der Einsatz für den Kampf gegen Aids jedoch nicht zu Lasten wichtiger „horizontaler“ Programme gehen, die es zum Ziel haben, Gesundheitssysteme zu stärken und Länder zu befähigen, ihren Bürgern wirksamer ein breites Spektrum an Leistungen zu bieten. Geber und Empfänger müssen Wege finden, die sicherstellen, dass die Mittel für den Gesundheitsbereich insgesamt steigen, damit es nicht zu Kannibalisierungseffekten zwischen gleichberechtigten Programmen kommt. Wenn Länder über stabilere Systeme verfügen und größere Eigenkontrolle über diese haben, ist nicht nur ein nachhaltigerer Fortschritt bei der HIV/AidsBekämpfung möglich, sondern es wird dann auch sichergestellt, dass Erfolge im Kampf gegen Aids oder andere Krankheiten nicht so schnell von neuen Bedrohungen gefährdet werden.

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ONE-Berechnungen basierend auf Daten von UNAIDS, 2014, The Gap Report, http://www.unaids.org/en/media/unaids/contentassets/documents/ unaidspublication/2014/UNAIDS_Gap_report_en.pdf. ONE, 2013, Der Anfang vom Ende von Aids? Zum Stand der globalen Verpflichtungen im Kampf gegen HIV/Aids, http://www.one.org/us/2013/11/26/ 2013-aids-report-tracking-global-progress-toward-the-beginning-of-the-end-of-aids/. ONE-Berechnungen basierend auf Daten von UNAIDS, 2014, AIDS Info Online Database, http://aidsinfoonline.org/. amfAR und Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, 2013, Achieving an AIDS-Free Generation for Gay Men and Other MSM. ONE-Analyse basierend auf Daten der WHO, 2014, Global Health Expenditure Database: National Health Accounts. Key Correspondents, 2014, Ebola outbreak puts access to HIV treatment under threat, http://www.keycorrespondents.org/2014/10/08/ ebola-outbreak-puts-access-to-hiv-treatment-under-threat/. WHO, Health Workforce, http://www.who.int/hrh/workforce_mdgs/en/. ONE-Berechnungen basierend auf Daten von UNAIDS, 2014, The Gap Report. UNAIDS, 2014, The Gap Report. Ebenda. Ebenda. Ebenda. ONE-Berechnungen basierend auf Daten von UNAIDS, 2014, AIDS Info Online Database. Ebenda. Ebenda. UNAIDS, 2014, AIDS Info Online Database. UNAIDS, 2014, The Gap Report. Kaiser Family Foundation, 2014, Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments in 2013. UNAIDS, 2014, The Gap Report. Kaiser Family Foundation, 2014, Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments in 2013. Ebenda. ONE-Berechnungen basierend auf Daten der Kaiser Family Foundation, 2014, Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments in 2013; und Kaiser Family Foundation, 2013, Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments in 2012. ONE-Berechnungen basierend auf Daten der Kaiser Family Foundation, 2014, Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments in 2013. Daten vom Globalen Fonds, 2013, Fourth Replenishment, http://theglobalfund.org/en/replenishment/fourth/. Ebenda.

ENDNOTES

ENDNOTEN 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

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Kaiser Family Foundation, 2014, Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments in 2013. Daten vom Globalen Fonds, 2014, Government Donors, http://theglobalfund.org/en/partners/governments/. Integrated Implementation Framework, 2007, Debt2Health, http://iif.un.org/content/debt2health; Friends of the Global Fight, 2014, Measuring Progress: Zimbabwe’s Innovative Financing for HIV/AIDS, http://theglobalfight.org/measuring-progress-zimbabwes-innovative-financing-for-hivaids/. UNAIDS, 2014, The Gap Report. ONE-Berechnungen basierend auf Daten der WHO, 2014, Global Health Expenditure Database: National Health Accounts. WHO, 2014, Global Health Expenditure Database: National Health Accounts. ONE-Berechnungen basierend auf Daten der WHO, 2014, Global Health Expenditure Database: National Health Accounts; IMF, 2014, World Economic Outlook Database. ONE-Berechnungen basierend auf Daten der WHO, 2014, Global Health Expenditure Database: National Health Accounts; IMF, 2014, World Economic Outlook Database; und Kosten für ARV-Medikamente von PEPFAR, 2014, 2014 Report on Costs of Treatment in the President’s Emergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR). McKinsey, 2010, Strengthening sub-Saharan Africa’s health systems: A practical approach, http://www.mckinsey.com/insights/health_systems_and_services/strengthening_ sub-saharan_africas_health_systems_a_practical_approach. amfAR und Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, 2013, Achieving an AIDS-Free Generation for Gay Men and Other MSM. Ebenda. UNAIDS, 2014, AIDS Info Online Database. The Global Fund, 2014, Grant Portfolio, http://portfolio.theglobalfund.org/en/Home/Index. PEPFAR, 2014, PEPFAR Planned Funding by Country/Region, http://dashboard.pepfarii.net/planned-budgets/country-region/default.aspx. Gespräch mit der Landesleitung des Globalen Fonds in Ghana, 31. Oktober 2014. WHO, National Health Accounts, Ghana. Gespräch mit dem ghanaischen Vertreter von UNAIDS, 30. Oktober 2014. Gespräch mit der Landesleitung des Globalen Fonds in Ghana, 31. Oktober 2014. UNAIDS, 2014, AIDS Info Online Database. Daten der Weltbank, 2014, Health Nutrition and Population Statistics; Gespräch mit der Landesleitung des Globalen Fonds in Ghana, 31. Oktober 2014. Daten, die ONE vom Global Fund-Landesvertreter in Togo erhielt, 2014. UNAIDS, 2014, AIDS Info Online Database. The Global Fund, 2014, Grant Portfolio, http://portfolio.theglobalfund.org/en/Home/Index. WHO, National Health Accounts, Togo. USAID, 2014, “Examining Risk Factors for HIV and Access to Services among Female Sex Workers (FSW) and Men Who Have Sex with Men (MSM) in Burkina Faso, Togo and Cameroon.” Daten der Weltbank, 2014, Health Nutrition and Population Statistics. UNAIDS, 2014, The Gap Report. Kaiser Family Foundation, 2014, Financing the Response to HIV in Low- and Middle-Income Countries: International Assistance from Donor Governments in 2013.

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