Ökologischer Waldschutz

Druck und Bindung: Graphischer Großbetrieb Friedrich Pustet GmbH,. Regensburg. Printed in ..... DFI S. Martens (Dresden), Dr. Niesar (Gum- mersbach), Dr. H.
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Siegfried Prien Ökologischer Waldschutz



Siegfried Prien (Hrsg.)

Ökologischer Waldschutz Für eine biozidfreie Waldwirtschaft Unter Mitarbeit von Paul Heydeck, F. Kost, Katrin Möller, Michael Müller, L.-F. Otto und Hans-Peter Reike 19 Farbfotos 56 Schwarzweißfotos 34 Zeichnungen 50 Tabellen

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Die in diesem Buch enthaltenen Empfehlungen und Angaben sind vom Autor mit größter Sorgfalt zusammengestellt und geprüft worden. Eine Garantie für die Richtigkeit der Angaben kann aber nicht gegeben werden. Autor und Verlag übernehmen keinerlei Haftung für Schäden und Unfälle.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 2016 Eugen Ulmer KG Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim) E-Mail: [email protected] Internet: www.ulmer-verlag.de Lektorat: Anna Häusler, Heide v. Berlepsch Herstellung: Ulla Stammel Umschlagentwurf: Verlag Eugen Ulmer Satz: r & p digitale medien, Leinfelden-Echterdingen Druck und Bindung: Graphischer Großbetrieb Friedrich Pustet GmbH, Regensburg Printed in Germany ISBN 978-3-8001-0331-7 (Print) ISBN 978-3-8001-0770-4 (PDF)



Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . .

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1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . 11 1.1 1.2 1.3

Gegenstand und Aufgaben des Waldschutzes . . . . . . . . . . 11 Bedeutung des Waldschutzes . . . 13 Waldschutz und forstliche Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . 14

2 Klassischer Forstschutz und Ökologischer Waldschutz . . . . . . 15 2.1

Historische Entwicklung des Forstund Waldschutzes . . . . . . . . 2.2 Definition und inhaltliche Charakteri­sierung . . . . . . . . 2.2.1 Klassischer Forstschutz (KFS) . . . 2.2.2 Ökologischer Waldschutz (ÖWS) . . 2.2.3 Unterschiede „Klassischer“ Forstschutz / Ökologischer Waldschutz . 2.3 Integrierter Waldschutz als rationelle, zukunftsorientierte Strategie . . . . . . . . . . . . 2.4 Ökologischer Waldschutz und Ökolo­gischer Waldbau . . . . . . 2.5 Ökologischer Waldschutz und Naturschutz . . . . . . . . . . 2.6 Anwendungsbereiche für den Ökolo­gischen Waldschutz . . . . . 2.6.1 Entscheidungskriterien . . . . . . 2.6.2 Favorisierte Anwendungsbereiche .

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3 Risiko- und Schadfaktoren für den ­mitteleuropäischen Wald . . . . . . 31 3.1

Globaler Klimawandel und Risiko­ faktoren für den Wald . . . . . . 31 3.1.1 Faktoren der Klimaänderung . . . 31 3.1.2  Mögliche Auswirkungen auf die Waldökosysteme . . . . . . . . . 32 3.1.3 Konsequenzen aus dem Klimawandel für den Waldschutz . . . . 40 3.2 Abiotische Risiko- und Schadfaktoren . . . . . . . . . . . . 49 3.2.1 Schäden durch Witterungsextreme . . . . . . . . . . . . 50 3.2.2 Abriss zu Waldbränden in Mitteleuropa . . . . . . . . . . . . . 63 3.2.3 Schäden durch Immissionen und ­Depositionen . . . . . . . . . . 71 3.3 Biotische Risiko- und Schadfaktoren . . . . . . . . . . . . 77 3.3.1 Waldschädliche Insekten . . . . . 77 3.3.2 Waldschädliche Mäuse . . . . . 132 3.3.3 Jagdbare Wildarten als Risikound Schadfaktoren . . . . . . . 142 3.3.4 Schäden durch Krankheitserreger . . . . . . . . . . . . . 150

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4 Komplexkrankheiten . . . . . . . . 172 24 4.1 25 25 26

Definition und Charakteristik der ­Komplexkrankheit . . . . . 4.2 Komplexerkrankung der WeißTanne . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Vorkommen und Bedeutung . . . 4.2.2 Symptome . . . . . . . . . . 4.2.3 Potenzielle Ursachenfaktoren . . . 4.2.4 Vorbeugungs- und Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . 4.3 Komplexerkrankung an Eichen . .

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Inhaltsverzeichnis

4.3.1 Vorkommen und Bedeutung . . . 4.3.2 Befalls-Symptome . . . . . . . 4.3.3 Potenzielle Ursachenfaktoren und ­Ursachenhypothesen . . . . . . 4.3.4 Vorbeugungs- und Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . 4.4 Komplexerkrankung der RotBuche . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Vorkommen und Bedeutung . . . 4.4.2 Krankheitssymptome . . . . . . 4.4.3 Ursachen und Ursachenhypothesen . . . . . . . . . . . . 4.4.4 Waldhygiene und Waldbaumaßnahmen . . . . . . . . . . . 4.5 Komplexerkrankung an Ulme . . . 4.5.1 Verbreitung und Bedeutung . . . 4.5.2 Krankheitsursachen, Prädisposition und Krankheitssymptome . . 4.5.3 Krankheitsverlauf . . . . . . . 4.5.4  Monitoring . . . . . . . . . . 4.5.5 Waldschutzmaßnahmen . . . . .

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6 Spezifische Verfahren zur ökologischen Stabilisierung von Forsten . . . . . 278 6.1

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5 Hauptkomponenten des Ökologischen Waldschutzes . . . . 194 Übersicht der Hauptkomponenten . . . . . . . . . . . . 5.2 Zielorientierte Verringerung der Baum- und Bestandsdisposition . . 5.3 Ökologische Regulation − Kernstück des Ökologischen Waldschutzes . . . . . . . . . . . 5.3.1 Übersicht der Faktorenkomplexe zur Aktivierung der Selbstregulation . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Förderung und Schutz der Waldvögel . . . . . . . . . . . . . 5.3.3 Förderung und Schutz von Fleder­mäusen . . . . . . . . . . . . 5.3.4 Hege und Schutz Hügel bauender Waldameisen (HWA) . . . . . . 5.3.5 Begünstigung und Schutz räuberischer Käfer . . . . . . . 5.3.6 Räuberische Spinnentiere . . . .

5.3.7 Wirkung von Parasitoiden im Öko­system Wald und Möglichkeiten der Förderung . . . . . . . . . 266 5.3.8 Ansiedlung von Parasitoiden und Prädatoren in Waldökosystemen . 272

5.1

Komplexe Herdmethode (KHM) nach Köhler . . . . . . . . . . 6.2  Mortzfeldtsche Löcherhiebe . . . 6.3 Sauener Waldwirtschaft nach Bier . . . . . . . . . . . . . 6.4 Erhöhung der ökologischen Stabilität durch Unterbau . . . . . . 6.4.1 Zum Begriff „Unterbau“ und seiner 290Bedeutung für den Waldschutz 6.4.2 Zur jüngeren Geschichte des Unterbaus . . . . . . . . . . . 6.4.3 Zweckbestimmung des Unterbaus unter Berücksichtigung von Waldschutz­aspekten . . . . . . . . 6.4.4 Der Einfluss des Laubholz-Unterbaus auf die Abundanz von Schädlingen . . . . . . . . . .

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7 Monitoring der Waldschutzsituation unter Verwendung biotechnischer Methoden . . . . . . . . . . . . 295

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7.1. Zunehmende Bedeutung des Waldschutz-Monitorings . . . . . . . 295 7.2 Biologische und biotechnische Methoden der Überwachung von Schaderregern . . . . . . . . . 297

Inhaltsverzeichnis

8 Biologische und biotechnische Bekämpfung von Waldschädlingen . 298

9 Zertifizierung von Waldschutz­­maßnahmen . . . . . . . . . . . 303

8.1 

9.1

8.2

8.3 8.4

Möglichkeiten der biologisch-biotech­nischen Bekämpfung . . . . Einsatz von Parasitoiden zur biolo­gischen Schädlingsbekämpfung . . . . . . . . . Biologische Bekämpfung von pilzlichen Krankheitserregern . . Anwendungsbereiche für biotechnische Mittel in der Schädlingsbekämpfung . . . . . . . . . .

298

298

9.2

Zertifizierungorganisationen und ­Zertifizierungsverfahren in Deutschland . . . . . . . . . . . 303 Waldschutzfachlich relevante Aspekte der Forstzertifizierung . . 304

300

Service . . . . . . . . . . . . . . . 306 301 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . Liste der Autoren . . . . . . . . . . . Bildnachweis . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . .

306 309 332 332 333

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Vorwort Der Herausgeber wurde im Jahre 1970 an die Sektion Forstwirtschaft Tharandt der Technischen Universität Dresden auf den Lehrstuhl für Forstschutz berufen. Zu dieser Zeit befand sich die „Chemisierung“ in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auch in der Forstwirtschaft auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung und brachte mit einer sachgemäßen Bekämpfung der Nonne (Lymantria monacha) von 1979 bis 1986 auf einer Gesamtfläche von 654,3 Tsd. ha einen durchschlagenden Erfolg. Gleichwohl bildete sich schrittweise eine Lehrmeinung heraus, die durch Erhöhung der Eigenstabilität des Waldes, Förderung der Selbstregulation und starke Betonung vorbeugender Waldschutzmaßnahmen gekennzeichnet war. Der „Integrierte Forstschutz“ war und blieb dabei die „tragende“ Strategie und das Hauptanliegen des Herausgebers. Chemieeinsatz und chemische Bekämpfung, wie in den Kiefernwäldern der mittleren und östlichen Regionen der DDR gegen Großschädlinge oft als ultima ratio zwingend notwendig und zum damaligen Zeitpunkt allein effektiv, wurden selbstverständlich entsprechend ihrer Bedeutung im Lehrplan berücksichtigt und ausgewogen dargestellt, ohne jedoch Nebenwirkungen (Schädigung von Nicht-Zielorganismen), Nachwirkungen (Akkumulation persistenter Wirkstoffe und ihrer Metaboliten in der Umwelt) und Rückwirkungen (Resistenzbildung bei Schädlingen) zu verschweigen. Als im Jahre 1992 an der Universität Rostock ein viersemestriges „Weiterbildendes Fernstudium Umweltschutz“ eingerichtet wurde, erhielt der Herausgeber einen Lehrauftrag für das Fachgebiet „Ökologischer Waldschutz“, den er bis zum Jahre 2005 wahrnahm. Bereichernd und der weiteren Profilierung des Lehrinhalts dienlich, waren die inhaltsreichen Diskussionen mit den Fernstudenten unterschiedlichster Fachgebiete,

die jährlichen Exkursionen in die Rostocker Heide und vor allem die Betreuung der Diplomanden. Insgesamt wurden zum „Ökologischen Waldschutz“ bis 2007 über zehn Diplomarbeiten betreut, die mit guten und sehr guten Ergebnissen erfolgreich abgeschlossen wurden. Unter Federführung von Dr. Werner Pfalz, langjähriger Oberassistent am Walbaulehrstuhl in Tharandt, der zeitparallel an der Universität Rostock „Ökologische Waldwirtschaft“ lehrte, entstanden für dieses Studium die Lehrmaterialien „Waldökologie“ (2002), „Ökologische Waldwirtschaft“ (1998, 2006) und „Ökologischer Waldschutz“ (1998, 2006). Im Rahmen eines Aufbaustudiums „Umweltschutz und Raumordnung“, das zu Beginn der 90er-Jahre an der Fakultät für Umweltwissenschaften der TU Dresden eingerichtet wurde, haben wir die genannten Lehrgebiete ebenfalls einige Jahre vertreten. Welche Besonderheiten kennzeichnen den Inhalt des vorgelegten „Ökologischen Waldschutzes“ ? Es sind vor allem folgende sechs: 1. Zu Beginn wird im Kap. 3.1 „Globaler Klimawandel und Risikofaktoren für den Wald“ auf der Grundlage aktueller Aussagen zur CO2-Senkungspolitik und zu Klimaprojektionen der Versuch gewagt, mögliche Auswirkungen der Klimaänderung auf abiotische Risikofaktoren und potenzielle Waldschädlinge zumindest in der Tendenz abzuleiten. 2. Unter dem Aspekt der Praxisanwendung werden eindeutige Prioritäten bei der Auswahl der Risiko- und Schadfaktoren gesetzt. 3. Wo neue Erkenntnisse und relevante Erfahrungen zu den Dispositions- und Prädispositionsfaktoren für abiotische und biotische Schadfaktoren vorliegen, werden diese explizit benannt, eine weitgehende Einschrän-

Vorwort

kung ihrer Wirkung eingefordert und realistische Wege dazu gewiesen. 4. Die nachhaltige Erhöhung der mechanischen und ökologischen Stabilität von Einzelbäumen und Beständen sowie der langfristige Erhalt des Waldökosystems werden als wesentliche Voraussetzungen zur nachhaltigen Aktivierung der Selbstregulation gesehen und dargestellt. 5. Mit der Auswahl und ausführlichen Abhandlung der wesentlichen Regulatoren-Gruppen Waldvögel, Waldfledermäuse, Hügel bauende Waldameisen, räuberische Coleopteren, Spinnen und Parasitoide wird der Focus auf ein Antagonistenpotenzial gelenkt, das im intensiv genutzten, oft artenarmen Wirtschaftswald vielerorts jahrzehntelang benachteiligt wurde, in seiner Gesamtheit für den ökologischen Waldschutz aber von fundamentaler Bedeutung ist. 6. Da sich unter den im Buch gegebenen Empfehlungen zur Förderung von Regulatoren eine Vielzahl von Arten befindet, die einen Schutzstatus haben oder deren Habitate gefährdet sind, wird durch den schrittweisen Verzicht auf den Einsatz chemischer Biozide und die gezielte Ausstattung der Biotope mit ökologischen Requisiten (z. B. Biotopbäumen, Altholzgruppen, strukturreichen Waldrändern) durch die Waldschutzpraxis nachhaltig ein zunehmend größerer Beitrag zum Natur- und Artenschutz im Wirtschaftswald geleistet. Beim vorgelegten Titel „Ökologischer Waldschutz“ handelt es sich aufgrund der Prioritätensetzung und des inhaltlichen Profils um kein Fachbuch des Waldschutzes im klassischen Sinne. Ein solches hat der Ulmer Verlag mit dem Standardwerk „Waldschutz- auf ökologischer Grundlage“ von Altenkirch, Majunke, Ohnesorge (1. Aufl. 2002), an dem der Bearbeiter ebenfalls mitarbeiten durfte, herausgegeben. Die jetzt vorgelegte Publikation „Ökologischer Waldschutz“ ergänzt das Standardwerk um ak-

tuelle Entwicklungstrends, die sich insbesondere aus dem Klimawandel, neuen ökologischen Erkenntnissen zu bestimmten Schädlingen und der rigorosen Einschränkung bei der Anwendung synthetischer Biozide ergeben. Dieses Werk ist aber in enger Beziehung zum oben genannten Standardwerk zu sehen, und ist hinsichtlich Befallssymptomen durch Schädlinge und Diagnose von Baumkrankheiten auf den ebenfalls im Ulmer Verlag erschienen „Farbatlas Waldschäden“ (3. Aufl. 2007) von Hartmann, Nienhaus und Butin abgestimmt. Die vorliegende Veröffentlichung „Ökologischer Waldschutz“ kann besonders folgendem Personenkreis („Zielgruppen“) empfohlen werden: Studierenden der Forstwissenschaft an Universitäten und Hochschulen mit BachelorAbschluss, Studierenden der Fachrichtung ForstManagement (wegen der Stoffbegrenzung und der gesetzten Prioritäten besonders geeignet !); Studierenden der Agrarwissenschaft (sofern dort auch fakultativ Waldbau und Waldschutz angeboten werden); Studierenden der Biologie/ Ökologie sowie von Umweltwissenschaften inkl. Landschaftgestaltung und-pflege sowie Naturschutz; Teilnehmern an mehrsemestrigem Fernstudium auf den genannten Fachgebieten; Lehramt-Studenten (Fach Biologie/Ökologie). Für die Forstpraxis bietet dieses Fachbuch den Forstamts- und Revierleitern gleichermaßen Anregungen und Lösungsansätze, insbesondere hinsichtlich der Zusammenarbeit mit ehren- und hauptamtlichen Kräften des Natur- und Umweltschutzes sowie der entsprechenden Verbände bzw. Organisationen. Leiter von Nationalparks und anderen Großschutzgebieten sowie ihre Ranger sollten wesentliche Positionen des Buches zur Kenntnis nehmen − besonders jene, die mit ihren nicht übereinstimmen. Politischen Entscheidungsträgern aller Verwaltungsebenen (Kreis, Land, Bund) kann die Publikation „Ökologischer Waldschutz“ zum Zwecke der Hintergrundinformation und Fundierung ihrer Entscheidungen in Wald- und besonders Waldschutzfragen sowie den sich aus

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Vorwort

dem Klimawandel für die Waldwirtschaft ergebenden Konsequenzen sehr empfohlen werden. Allen im Inhaltsverzeichnis ausgewiesenen Fachkolleginnen und Fachkollegen danke ich für íhre konstruktive Mitarbeit, das verständnisvolle Eingehen auf inhaltliche Wünsche sowie die Unterstützung bei der Beschaffung aktueller Informationen und Fotos. Da alle sechs Mitstreiter auf dem Gebiet des ökologischen Waldschutzes „gestandene“ Fachexperten sind, ein eigenes ausgeprägtes Fachprofil haben und in Forschung, Lehre und Praxis langjährige Erfahrungen sammeln konnten, habe ich deren Beiträge selbstverständlich unverändert in das Gesamtmanuskript übernommen. Für evtl. Rückfragen bitte ich, das zu beachten. Der Herausgeber erhielt für die Manuskriptgestaltung auch durch ehemalige Diplomanden und Doktoranden sowie weitere Fachkolleginnen und Fachkollegen eine Vielzahl von Informationen, Fotos, Sachhinweisen und Kritiken für die er sich herzlich bedankt. Ein besonderer Dank gilt: FD W. Ahrenhövel (Gotha), Dr.

Frischbier (Gotha), FD D. Fritzlar (Mühlhausen), DFI M. Hartig (Tharandt), Dr. A. Mann (Tharandt), Prof. Dr. C. Majunke (Eberswalde), DFI S. Martens (Dresden), Dr. Niesar (Gummersbach), Dr. H. Polley (Eberswalde), DFI T. Roch (Radeburg), DFI F. Schuffenhauer (Halle), DFI S. Stiefel (Erfurt), DFW Thiele (Gotha) und DFW A. Wenzel (Gotha). Den Mitarbeitern der SLUB Dresden, Zweigstelle Forstwese, dankt der Herausgeber herzlich für die beratende Unterstützung bei der Beschaffung aktueller Fachbeiträge und für die oft gewährte „Suchhilfe“ in den langen Regalen des imposanten und sehr nutzerfreundlichen forstlichen Wissensspeichers Tharandt. Herrn Matthias Ulmer danken wir für die Aufnahme des Buches in das Verlagsprogramm des Hauses. Der Herausgeber bedankt sich besonders bei den Lektoren, Frau Anna Häusler und Herrn Werner Baumeister, für die stets konstruktive, hilfreiche Zusammenarbeit bei der Manuskriptgestaltung.

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1 Einleitung Im Vordergrund des ökologischen Waldschutzes stehen Maßnahmen zum Schutz gegen Forstschädlinge oder Umwelteinflüsse.

1.1 Gegenstand und Aufgaben des Waldschutzes Den Gegenstand des Waldschutzes bilden die auf das Ökosystem Wald, den Bestand und den Einzelbaum einwirkenden Belastungs- und Risikofaktoren sowie geeignete Maßnahmen zur Vorbeugung, zum Monitoring und zur Prognose sowie zur Therapie von Waldkrankheiten im weitesten Sinne. Hauptanliegen ist es dabei, im Wirtschaftswald die wichtigsten, meist multifunktionalen Wirtschaftsziele und gesellschaftlichen Anliegen abzusichern und Waldschäden zu verhindern oder zumindest zu minimieren. Es liegt im Trend, dass künftig auch die zumindest stichprobenartige periodische Erfassung (Inventur) relevanter Regulatorengruppen, z. B. der Kleinvögel, der Waldfledermäuse, der Hügel bauenden Waldameisen, relevanter räuberischer Coleopteren sowie ausgewählter Parasitoide von Großschädlingen, und die Beurteilung ihrer Lebensbedingungen im Wirtschaftswald als „Daueraufgabe“ des Waldschutzes in Ausbildung und Praxis anzusehen sind. In den Forschungs- und Kompetenzzentren einiger Bundesländer sollten dafür schrittweise die apparativ-experimentellen und personellen Voraussetzungen ergänzt bzw. geschaffen werden. Eine Vielzahl abiotischer, anthropogen und biotisch bedingter potenzieller Risikofaktoren kann den Wald überdurchschnittlich belasten, gefährden und partiell oder großflächig schädigen und im Extremfall zerstören. Dem Waldeigentümer kann so ein ökologisch und ökonomisch mehr oder weniger schwerer Schaden

z­ ugefügt werden, weil die vielfältigen Waldfunktionen erheblich gestört und die Nachhaltigkeit gefährdet werden. In Wäldern, in denen die maximale Holzproduktion und das Erzielen von Einkommen nicht das Hauptziel waldwirtschaftlicher Tätigkeit ist, z. B. in Erholungs-und Schutzwäldern verschiedenster Kategorie, sind die Waldschutzmaßnahmen vorrangig auf die Gewährleistung dieser funktionsbedingten Ziele und den Erhalt des Ökosystems Wald als wesentliches Landschaftselement zu richten. Darüber hinaus haben die Manager dieser Gebiete die Aufgabe, initiale Massenvermehrungen forstlicher Groß- und Hauptschädlinge (z. B. blatt- und nadelfressende Insekten, Borkenkäfer) in den Kernzonen des Schutzgebietes kontinuierlich zu überwachen und in deren engerer Umgebung zeitgerecht gezielte Waldschutzmaßnahmen zur Verhinderung der Migration dieser Schädlinge in benachbarte Wirtschaftswälder zu veranlassen. Synonyme: Forstschutz, Forstpathologie, Forstlicher Pflanzenschutz Die den Wald bedrohenden und gefährdenden Risiko- und Schadfaktoren können folgenden Haupt-Ursachengruppen zugeordnet werden: • Abiotische Risikofaktoren (z. B. Schnee- und Sturmkatastrophen, Überschwemmungen); • Anthropogen bedingte Schadfaktoren (z. B. Waldbrände, Immissionsschäden); • Tierische Schädlinge (z. B. Insekten, forstschädliche Mäuse); • Schäden durch Wild (z. B. Verbiss-, Fege- und Schälschäden durch wiederkäuendes Schalenwild); • Krankheitserreger (z. B. Mykosen, Bakteriosen,Virosen); • Komplexkrankheiten (z. B. Tannensterben, Eichensterben, Buchensterben).

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1 Einleitung

Hoheits-Aufgabe Sauberkeit Ordnung Sicherheit

Aufgaben des ÖWS

Prognose Schaderregerprognose Wetterprognose Schadensprognose

Waldhygiene Prädisposition verringern fäng. Material minimieren Vitalität der Bäume erhöhen

Selbtregulation ­„optimieren“ Regulatoren fördern Artenvielfalt sichern

Therapie biologisch-biotechn. Bekämpfung Erfolgskontrolle Umweltschutz (Zertifikat!)

Abb. 1 Aufgaben des Waldschutzes bzw. Ökologischen Waldschutzes (ÖWS) in Lehre, Forschung und Praxis Dem Waldschutz obliegen vorrangig folgende Aufgaben (Abb. 1): • Das Erkennen anormaler („abweichender“) bzw. krankhafter Veränderungen an Einzelbäumen, am Bestand und am Ökosystem Wald sowie das möglichst exakte Beschreiben und Klassifizieren der Schädigungssymptome (Symptomatik) und schließlich die Diagnostik des Schädlings bzw. Schaderregers; • das Aufklären der Ursachen (Ätiologie); • Analyse der die Instabilität und das Schadensrisiko begünstigenden Einflüsse und Umstände (Dispositions- und Prädispositionsfaktoren); • Komplexes, kontinuierliches Monitoring aller wesentlichen abiotischen Risikofaktoren, Schädlinge und Krankheitserreger (Forstschutz – Meldewesen); • bei Gefahr des Überschreitens einer kritischen Belastungsgrenze bzw. einer wirtschaftlichen Schadensschwelle rechtzeitige Erarbeitung einer wissenschaftlichen Prognose der Entwicklung potenzieller Schaderreger (Schaderregerprognose), der Witterung (Wettervorhersage) und des zu erwartenden Schadens (Schadensprognose); • periodische Beurteilung der waldhygienischen Situation und Einleitung geeigneter waldhygienischer Maßnahmen (ökologische Regulierung);

• Abwehr und aktive, gezielte Bekämpfung von Schadfaktoren, Schädlingen und Krankheitserregern mit den modernsten physikalischen, chemischen und biologisch-biotechnischen Verfahren (Zu beachten: der ökologische Waldschutz verzichtet auf Biozide !); • die Wahrnehmung der hoheitlich-polizeilichen Aufgaben im Walde (Gewährleistung von Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit) Das Wahrnehmen dieser Aufgaben in der Praxis erfordert eine vorausschauende, strategisch richtige Einordnung der Waldschutzaufgaben in die Führungstätigkeit der verschiedenen Leitungsebenen und vor allem in den laufenden Betriebsvollzug. Dazu stehen den Waldeigentümern, Revierleitern, Forstämtern und den Landesforstdirektionen in nahezu allen Bundesländern in den jeweiligen Forstlichen Versuchsund Forschungsanstalten bzw. Kompetenzzentren leistungsstarke Abteilungen Waldschutz zur Verfügung. Wie dieses Aufgabenspektrum auf dem Gebiet des Waldschutzes den jeweiligen Funktionsträgern in der Praxis zuzuordnen ist, und auf welche Anleitungen sich die Waldbesitzer, Revierund Forstamtsleiter dabei stützen können, ist in den einzelnen Bundesländern in Dienstanweisungen, speziellen Merkblättern bzw. in einem „Waldschutzordner“ etwas unterschiedlich geregelt (Abb. 2).

1.2 Bedeutung des Waldschutzes

Abb. 2 Waldschutzordner –Anleitung für die Forstpraxis in Brandenburg

1.2 Bedeutung des Waldschutzes Durch Waldschäden werden der Landschaft, dem Ökosystem Wald und letztlich dem Waldeigen­tümer sowohl durch chronische, wenig spektakuläre Schadeinflüsse als auch durch Katastrophenereignisse (z. B. Sturmkatastrophen, Großwaldbrände) und Insektenkalamitäten (z. B. Nonnen- und Borkenkäferkalamitäten) Verluste zugefügt, die möglichst minimiert werden sollten. Im langjährigen Mittel können die in den deutschen Wäldern entstehenden Schäden auf mindestens 400 bis 600 Mio. EUR pro Jahr geschätzt werden, obwohl umfangreiche, zielgerichtete prophylaktische und therapeutische Waldschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Sowohl das Bundeswaldgesetz (BWaldG) vom 02. 05. 1975 (BGBl. I S. 1037) als auch die Waldgesetze der Länder messen wegen der landschaftsökologischen, waldbaulichen und ökonomischen Auswirkungen von Schädigungen dem Waldschutz einen hohen Stellenwert bei. Diese hohe Bedeutung des Waldschutzes besteht u. a. im Folgenden: • Erhaltung und Schutz von Waldökosystemen, • Wald als Landschaftselement, • Erhaltung der Multifunktionalität, • ökologische Stabilisierung, Erhaltung und Erhöhung der Artenvielfalt,

• Reduzierung substanzieller und ökonomischer Verluste im Wirtschaftswald (indirekt: Erhöhung des Holzertrags), • Minderung der negativen Auswirkungen von Urbanisierung und Industrialisierung (Waldbrände, Immissionen, Grundwasserabsenkungen etc.), • Minderung der voraussichtlichen Folgen einer Klimaänderung, • verstärkte Maßnahmen zur Erhaltung und Erhöhung der Vitalität der Bäume und Bestände auf ausgewählten Standorten, • zielorientierte Durchführung waldbaulicher Anpassungsmaßnahmen, • Erweiterung des Spektrums der zu überwachenden Schadfaktoren und Schädlinge (z. B. Trockenstress, Waldschädlinge), • Gewährleistung einer weitgehend kontinuierlichen forstlichen Produktion (stabile Versorgung des regionalen Holzmarktes, Mechanisierung der Waldarbeit/Effektivität), • Einschränkung bzw. Vermeidung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel, • Trinkwasserschutzgebiete, • stadtnahe Erholungsgebiete, • Naturparke, • Waldgebiete, die nach den Grundsätzen der naturgemäßen Waldwirtschaft bewirtschaftet werden und / oder zertifiziert werden sollen. Obwohl durch gesetzliche Regelungen (Waldgesetze, Naturschutzgesetze, Pflanzenschutzgesetz etc.) und langfristig vorbeugende waldbauliche Maßnahmen (z. B. ökologischen Waldumbau) Beachtliches zur Erhaltung der Vitalität und Erhöhung der Stabilität des Waldes geleistet wird, nimmt die Bedeutung des Waldschutzes europaweit und global zu und wird auch langfristig einen hohen Stellenwert behalten. Dabei gewinnen gleichzeitig sachorientierte und koordinierende Aspekte des Natur- und Umweltschutzes, die bei der Waldhygiene und im praktischen Forstschutz zu berücksichtigen sind, an Bedeutung.

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