9 Lesung: Matthäus 12,22-28 10 Predigt: “Zertritten und

Der Prophet Jeremias sagt: Trügerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Jeremias 19,7. Und Jesus sagt über das ...
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Francesco Mordasini, Reformierte Kirche Dielsdorf, Sonntag, 2. September 2018

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Lesung: Matth¨ aus 12,22-28 22 Ein Besessener, der blind und taub war, wurde zu Jesus gebracht. Jesus heilte ihn, sodass er wieder sehen und sprechen konnte. 23 Die Menschen waren sehr verwundert. “K¨onnte es sein, dass dieser Jesus der Sohn Davids ist?”, fragten sie sich. 24 Als das jedoch den Pharis¨aern zu Ohren kam, sagten sie: “Kein Wunder, dass er b¨ose Geister austreiben kann. Er hat seine Macht von Satan, dem Herrscher u ¨ber die D¨amonen.” 25 Doch Jesus kannte ihre Gedanken und antwortete: “Ein K¨onigreich, das gegen sich selbst k¨ampft, ist dem Untergang geweiht. Eine Stadt oder eine Hausgemeinschaft, in der man sich streitet, ist verloren. 26 Wenn Satan Satan austreiben w¨ urde, w¨ urde er gegen sich selbst k¨ampfen. Sein Reich k¨onnte nicht bestehen. 27 Wenn ich meine Macht vom Herrscher u ¨ber alle D¨amonen habe, was ist dann mit euren eigenen Leuten? Sie treiben doch auch b¨ose Geister aus. Sie werden euch nach euren eigenen Worten richten. 28 Wenn ich aber die D¨amonen mit dem Geist Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes zu euch gekommen.

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Predigt: “Zertritten und monogen oder vereint und vielf¨ altig”

Liebe Gemeinde Erst jetzt sind die Resultate der langfristigen Studien u ¨ber die regelm¨assige Ben¨ utzung ¨ von Handys, Videogames und den sozialen Medien an die O↵entlichkeit gelangt. Es gibt eine ganz neue Reihe von St¨orungen und S¨ uchten, die damit verbuden sind. Und die

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Handys, zum Beispiel, sind echte Gefahren in den H¨anden von fast jedem Mann, jeder Frau und jedem Jugendlichen. Ich sehe auch oft Kinder, die mit ihren Handys spielen. Als Erwachsene sehen wir die grossen Vorteile. Man kann in Kontakt bleiben mit Freunden, die in anderen L¨andern leben, vielleicht sogar auf der anderen Seite der Welt. Man kann eine Wohnung oder eine Arbeitsstelle suchen. Man kann gratis telefonieren, wenn man verbunden ist. Und wenn man telefoniert, kann man sich sehen. Man kann bequem von zu Hause aus einen Flug und die Ferien buchen. Auf der anderen Seite gibt es nicht nur Vorteile. Wir haben in den letzten Jahren ganz klar gesehen, wie sehr die Dienste, die wir ben¨ utzen, weitergeleitet und verkauft werden. Da werden also meine privaten Informationen gesammelt und ohne mich zu fragen an andere f¨ ur ein Profit weitergegeben. Vor kurzem bin ich mit dem Auto zu einem Wald gefahren. Ich habe das Auto parkiert und dann einen Spaziergang gemacht. Ich hatte mein Handy dabei. Allerdings hatte ich alle M¨oglichkeiten ausgeschaltet, die es eraluben, meinen Weg zu verfolgen. Bei der R¨ uckkehr wollte ich nur schnell auf der Karte einen k¨ urzeren Weg finden. So o¨↵nete ich die Karte im Handy. Und siehe da? Was sah ich? Die Karte zeigte mir in blau den Weg, den ich gemacht hatte. Auch war darauf ersichtlich, wie viele Minuten es zu Fuss dauern w¨ urde bis zum Parkplatz, wo ich das Auto gelassen hatte. Das Ding wusste genau, wo ich das Auto parkiert hatte! Wir geben also enorm viel Information preis, ohne dass wir daf¨ ur unsere Einwilligung geben. Wir sind f¨ ur diese Firmen wie ein riesieges, weltweites Informationsfeld, dass jede Sekunde geerntet werden kann, und wird. Sie sehen, liebe Gemeinde, dass diese Medien f¨ ur gewisse konkrete Zwecke gemacht, designed und auch kalibriert sind. Sie sind vergleichbar mit einem Geb¨aude, wo es Architektur und Technik gibt. Wenn wir ein Geb¨aude betreten, werden Gef¨ uhle ausgel¨ost, Eindr¨ ucke. Vor allem haben diese Medien einen enormen Einfluss u ¨ber die Art und Weise, wie wir denken. Wir werden nicht nur durch andere Menschen beeinflusst, die auch die sozialen Medien ben¨ utzen. Es gibt auch die Maschien, die die Menschen verbindet. Die Maschine selbst beeinflusst, wie wir denken und wie wir uns verhalten. Sie erschliesst f¨ ur uns wunderbare M¨oglichkeiten ja, aber auf ihre Art und Weise. Der letzte Skandal betri↵t den Mangel an Neutralit¨at der Information, die auf unser Bildschirm erscheint. Wenn wir auf Google etwas suchen, dann bekommen wir nur die Information auf den Bildschirm,

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die durch die Maschine gefiltert wurde. Das Ironische am ganzen ist, dass diese ganze Industrie wegen der Information geboren wurde. Informatik heisst es. Aber heute lebt Informationsindustrie nicht nur von der Information, sondern vor allem auch von der Desinformation ihrer Kunden, und dadurch geniesst sie einen enormen Erfolg. Dass unser Denken und unser Leben von dieser Industrie viel mehr beeinflusst wird, als wir uns vorstellen, muss uns zu denken geben. Vielleicht sollten wir eine Pause einzuschalten, um ein wenig Abstand zu gewinnen. Vielleicht sollten wir wieder eine mechanische Uhr ohne Batterie kaufen anstelle einer Smart-Uhr. Aber k¨onnen wir wirklich Abstand nehmen von dieser Welt der Information, und der sozialen Medien? Ich bin u ¨berzeugt, dass trotz dem technischen Gewand, diese digitale Welt ein Spiegelbild der Menschen ist und dem, was sie wirklich sind. Schlussendlich ist die digitale Welt ein Raum, wo Menschen ihr Bestes und ihr Schlimmstes nebeneinander hervorbringen. Auch dieser in theorie reiner digitaler Raum wurde von den Menschen zu einem Ebenbild gemacht. Das Gute, aber auch die B¨osartigkeit kommt nicht von der Technik selbst, sondern von den Menschen. Wir k¨onnen zwar Abstand nehmen von dieser st¨andigen Verbindung mit dem Internet. Aber wir k¨onnen keinen Abstand nehmen von uns selbst. Der Prophet Jeremias sagt: Tr¨ ugerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Jeremias 19,7 Und Jesus sagt u ¨ber das menschliche Herz: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. 21 Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen, kommen die b¨osen Gedanken und mit ihnen alle Arten von sexueller Unmoral, Diebstahl, Mord, 22 Ehebruch, Habgier ¨ und Bosheit. Dazu Betrug, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Uberheblichkeit und Unvernunft. 23 All dieses B¨ose kommt von innen heraus und macht den Menschen vor Gott unrein. Markus 7,20-23 Die Zertrittenheit, die B¨osartigkeit, die Gewalt, den Betrug oder die L¨ ugen, usw. die wir in unserer Welt heute beobachten k¨onnen, kommen direkt aus dem Herzen der Menschen. Die Menschen sind dank der revolution¨aren Transportm¨oglichkeiten n¨aher an

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einander ger¨ uckt, und auf eine gewisse Weise auch dank dem Internet und den sozialen Medien. Wir sollten deshalb die Vielfalt der verschiedenen Kulturen und die Andersartigkeit von anderen Menschen feiern. Stattdessen erleben wir heute etwas v¨ollig anderes. Die sozialen Medien haben nicht zur Wertsch¨atzung der Vielfalt gef¨ uhrt, sondern sie haben zur Monogenit¨at gef¨ uhrt, zu den Monokulturen. Eine Monokultur ist eine Gruppe, in der alle Mitglieder sehr a¨hnlich denken. Andere Meinungen und die Vielfalt sind nicht erw¨ unscht, sondern sie werden bek¨ampft. Dies geschieht bis hin zu den Universit¨aten, wo h¨aufig andere Meinungen abgelehnt und die freien Debatten zwischen konkurrierenden Ansichten verhindert werden. Es ist schwer, eine andere Meinung in der Tagesschau zu h¨oren, egal auf welchem Fernsehkanal man ist: Tessin, Deutschweiz, Deutschland, Frankreich, England usw. So zerteilt sich die Welt in verschiedene Monokulturgruppen, die sich gegenseitig ausschliessen und im besten Fall verachten. Das alles wiederspiegelt das, was wir in unserem Herzen verbergen. Wir k¨onnen uns nicht wirklich verstecken. Was wir drinnen sind, ist auch draussen f¨ ur alle zu sehen, die sehen wollen. Wir aber wissen genau, wie unser Herz ist. Ab und zu haben wir sogar Angst vor unserem Herzen. Was alles es sich ersinnen kann. Es ist schwierig, ja unm¨oglich es zu kontrollieren und erfassen. Tr¨ ugerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Jeremias 19,7 Nur jemand von aussen kann unser Herz heilen. Wir sind drinnen. Jesus Christus kommt nicht aus dem System in dem wir uns befinden. So wurde einmal ein Mann zu Jesus gebracht. Er war blind und stumm. Das erinnert uns an unser Gef¨ uhl von Ohnm¨achtigkeit vor der B¨osartigkeit und der Ungerechtigkeit in dieser Welt. Ab und zu bleiben wir blind, oder besser gesagt, wir schliessen unsere Augen vor Situationen, in denen wir entscheidend reagieren sollten. Ab und zu bleiben wir stumm, obwohl wir etwas sagen sollten. Dieser Mann, der zu Jesus gebracht wurde, war von einem b¨osen Geist kontrolliert. Sein Herz war zutiefst geteilt, und er f¨ uhlte sich wie gefangen. Vielleicht f¨ uhlen wir uns von Gef¨ uhlen oder von Situationen gefangen. Wir sp¨ uren wieder dieses Ohnmachtsgef¨ uhl, dass wir die Kontrolle nicht haben. So war dieser Mann. Etwas B¨oses beherrschte ihn.

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Mit der gr¨ossten Selbstverst¨andlichkeit, so haben wir gelesen, heilte Jesus ihn. Drei einfache Worte. Keine Komplikation, keine Schattenseiten, keine Zwiespalt. Drei einfach Worte. Und der Mann wurde geheilt, sein Herz war nicht mehr zerteilt. Er hatte keinen Krieg mehr in seinem Herzen. Er war wieder ganz! Geheilt. Die Macht, die ihn Jahre lang im Geiste gefesselt hielt, wurde gebrochen und vertrieben. Eine viel gr¨ossere Macht ist da, Jesus Christus. Er hat die Macht, geteilte und zerrissene Herzen wieder ganz zu machen. Diese Heilung l¨oste selbstverst¨andlich Wellen aus. Es war unerh¨ort. In der Welt geschehen diese Dinge nicht. Deshalb riefen die Leute aufgeregt: “Ist dieser Jesus vielleicht doch der versprochene Retter, der Sohn Davids?” Aber es gab auch andere Leute. Im geistlichen Bereich waren sie die Experten. Und hier kam Jesus, ein Aussenseiter, der sie v¨ollig im Staub liess. Sie waren sauer, eifers¨ uchtig und emp¨ort. Und als Antwort heckten sie eine b¨osartige L¨ uge aus. Nota bene eine sehr sinnvolle und rationale Erkl¨arung: Jesus soll mit dem Teufel selbst unter einem Dach sein, deshalb h¨atte er die Macht b¨ose Geister auszutreiben. Jesus aber durchschaut die L¨ uge hinter der cleveren Erkl¨arung. 25 Jedes Reich, das mit sich selbst entzweit ist, wird verw¨ ustet; und jede Stadt oder jedes Haus, die mit sich selbst entzweit sind, werden nicht bestehen. 26 Und wenn der Satan den Satan austreibt, so ist er mit sich selbst entzweit. Wie wird denn sein Reich bestehen? (Matt 12,25-26) Sie merken, was Jesus hier tut. Es ist eine grunds¨atzliche Frage der Macht. Satan ist nicht geteilt. Wir haben am Anfang gesehen, dass die Welt sich insgesamt in keiner guten Lage befindet. Sie widerspiegelt das, was in unserem Herz stattfindet. Und es ist u ¨berall so. Es ist wie ein Reich, dessen Macht sich u ¨berall verteilt hat. Nur jemand, der nicht zu diesem Reich, also nicht zu dieser Welt geh¨ort, sondern von Gott kommt, hat die Macht, Frieden zu bringen, dort wo man sich gestritten hat, und br¨ uderliche Liebe zu bringen, wo man sich gehasst hat, und Vergebung zu bringen, dort, wo man sich verletzt hat, und Ganzheit wieder zu erstellen, dort wo das Herz in Br¨ uche gegangen ist. Wenn ich aber durch den Geist Gottes die D¨amonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen. (Matt 12,28)

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Liebe Gemeinde Ab und zu denke ich, dass wir von Ablenkung zu Ablenkung wandern, sodass wir das Bild nicht sehen k¨onnen, dass der Spiegel unseren Augen zeigt, sodass wir die Wahrheit u ¨ber uns selbst nicht erkennen k¨onnen. Tr¨ ugerisch ist das Herz, mehr als alles, und unheilbar ist es. Wer kennt sich mit ihm aus? Jeremias 19,7 Nur einer kann unser Herz heilen, es wieder ganz machen, uns befreien von der Macht des B¨osen und uns mit Gott und mit seinem Reich vers¨ohnen: Jesus Christus. In seinem Reich herrscht im Gegensatz zur Welt Einheit und wahre Vielfalt. Auch der blinde und stumme Mann wurde von Jesus angenommen und geheilt. Ich bitte dich nicht darum, sie aus der Welt wegzunehmen, aber ich bitte dich, sie vor dem B¨osen zu bewahren. 16 Sie geh¨oren nicht zur Welt, genauso wie ich nicht zu ihr geh¨ore. Johannes 17,15-16 Ich bete, dass sie alle eins sind, und zwar so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen sie in uns eins sein. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast. 22 Ich habe ihnen die Herrlichkeit geschenkt, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, so wie wir eins sind – 23 ich in ihnen und du in mir, damit sie die vollkommene Einheit gewinnen Liebe Gemeinde Der Herr Jesus Christus will, dass wir innerlich geheilt und ganz sind und, dass wir eins sind untereindaner und mit ihm. Er l¨adt uns alle ein. Und er hat die Macht, in uns das vollzubringen, was er im Leben jenes blinden und stummen Menschen vollbrachte. Amen!