2019 02 17 Predigt


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Predigt Thema:

Gottesdienst Gemeinsam auf Kurs bleiben – Glaube und Freude, Christsein und Fest, Teil 4

Bibeltext:

Johannes 12,1-8

Datum:

17.02.2019

Verfasser:

Pastor Lars Linder

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde, Glaube und Freude, Christsein und Fest. Das ist die thematische Überschrift über unsere Aktion Gemeinsam auf Kurs bleiben. In der letzten Woche hat uns ein Gotteswort aus dem Johannesevangelium begleitet, das auch Grundlage der Predigt ist heute Morgen. Johannes 12, die Verse 1-8: 1 Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. 2 Dort machten sie ihm ein Mahl und Marta diente ihm; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen. 3 Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls. 4 Da sprach einer seiner Jünger, Judas

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Johannes 12, 1-8

Iskariot, der ihn hernach verriet: 5 Warum ist dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft worden und den Armen gegeben? 6 Das sagte er aber nicht, weil er nach den Armen fragte, sondern er war ein Dieb, denn er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben war. 7 Da sprach Jesus: Lass sie in Frieden! Es soll gelten für den Tag meines Begräbnisses. 8 Denn Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.

Ein Fest wird gefeiert. Wo genau, wissen wir nicht. Wenn man hier Johannes 12 zuhört, dann denkt man, man ist im Hause der Geschwister Martha, Maria und Lazarus – aber wirklich genannt wird es nicht. Wenn wir uns den Paralleltext im Markusevangelium und bei Matthäus ansehen, dann heißt es, dass dieses Fest bei Simon in dessen Haus, und zwar bei Simon, dem Aussätzigen stattfindet. Bei jemandem also, der einmal Lepra hatte und den Jesus von dieser Hautkrankheit befreit hatte. Auf jeden Fall aber wird ein Freudenfest gefeiert. Das neu geschenkte Leben wird gefeiert. Das neu geschenkte Leben wird gefeiert. Simon, der hier bei Johannes nicht erwähnt wird, der kann wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Als Leprakranker war er davon ausgeschlossen, aber – Jesus sei Dank, war er jetzt wieder mitten drin dabei. Und Lazarus, um den es hier im Johannesevangelium hauptsächlich geht, hatte das Leben von Jesus wiederbekommen. Kapitel 11 hat erzählt, wie er im Grabe liegt und Jesus ihn ins Leben zurückholt. Also ein Freudenfest. Neu geschenktes Leben wird gefeiert. Sie bereiteten Jesus ein Mahl, heißt es hier. Im Orient heißt das immer: es ist richtig überbordend. Richtig lecker, richtig viel; ein richtiges Fest. Das Leben wird gefeiert. Und zwar das Leben vor dem Tod wird gefeiert. Und zwar in der Haltung, die wir gerade in der Lesung aus dem Predigerbuch gehört haben (Prediger 9, 7-10): Das Leben ist jetzt und hier wahrzunehmen und zu gestalten; und eben auch zu feiern. Biblisch gesehen würde nie jemand auf die Idee kommen, zu sagen: Das Leben hier ist ein Jammertal und das Eigentliche kommt erst noch.... Nein, Leben ist jetzt und hier. Jetzt und hier.

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Johannes 12, 1-8

Jesus würdigt das Leben jetzt und hier, indem er eben Lazarus ins Leben zurückholt und indem er Simon das Leben in Gemeinschaft schenkt - und das muss gefeiert werden. Freudenfest… Bei diesem Freudenfest sind vier Personen im Blickpunkt. Vier Hauptrollen, die vom Johannesevangelium verteilt werden. Lazarus, Maria, Judas und Jesus.

Lazarus. Erste Hauptperson. Lazarus sitzt am Tisch, ist als Ehrengast – so muss man wohl sagen – mit dabei. Der, der vor einigen Tagen noch im Grabe lag, sitzt jetzt da, lebendig und fröhlich; er sitzt mit am Tisch als Ehrengast - und sagt kein Wort. Ja, Lazarus sagt überhaupt kein Wort. Lazarus kommt in Johannes 11 vor, da sagt er nichts. In Lukas 10 kommt er vor, da spricht er nicht und hier spricht er auch nicht. Er ist eher so ein Unauffälliger, so ein Stiller. Vielleicht würden wir auch sagen: so eine graue Maus. Unscheinbar, blass, eher am Rand. Er läuft bei allen Texten im Neuen Testament immer mit als „der Bruder von Maria und Martha“. Maria und Martha, die sind kernig, die kommen zu Wort, die sind sehr profiliert, die sind sehr laut, sind sehr energisch,… ja, und Lazarus ist eben der Bruder von den beiden Schwestern. Mehr nicht. In Anführungszeichen mehr nicht. "Nur" der Bruder. Lazarus ist aber jemand, den Jesus lieb hat. Jesus steht vor seinem Grab und weint um diesen seinen Freund. Und den er gerne ins Leben zurückruft, weil er ihn liebt. Deutlich wird bei Lazarus: Jesus liebt einen Menschen nicht deshalb, weil er etwas Besonderes darstellt, sondern Jesus liebt den Lazarus, weil er Lazarus ist. Jesus liebt Sie und dich und mich, weil Sie Sie sind und weil du du bist. Und nicht, weil irgendwer etwas Besonderes macht oder tut. Weil wir irgendetwas Herausragendes geleistet haben, weil wir irgendwie auffällig wären, besonders oder wichtig oder schön oder uns irgendwie groß machen,… sondern Jesus liebt einfach so. Aus Gnade. Diese Liebe macht groß und diese Liebe macht besonders. Macht Sie besonders und dich besonders. Diese Liebe Jesu bringt Leben. Bringt auch dem Lazarus das Leben. Deshalb sitzt er da. Auch, wenn er nichts sagt.

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Johannes 12, 1-8

Er ist die erste Hauptfigur, an der deutlich wird, dass Jesus Gnade schenkt, obwohl nichts Besonderes vorhanden ist.

2. Figur: Maria. Maria sagt an dieser Stelle auch kein Wort, aber ihr Verhalten spricht Bände; sagt mehr als 1000 Worte. Maria ist ganz bei sich und zugleich ganz bei Jesus. In ihrer Hingabe, im Dank, in der Liebe, die sie verströmt. Das, was Maria tut, ist ungeheuerlich. Klar, es war üblich: In einem großen Haushalt, wenn Gäste kommen, wäscht der Hausdiener den Gästen die Füße; nachdem sie durch die staubigen Straßen Palästinas gelaufen waren. Ja, das war normal. Aber dass eine Frau – unverheiratet – einem Mann – unverheiratet – die Füße nicht nur wäscht, sondern auch noch mit kostbarem teuren Öl salbt und dann noch mit offenem Haar diese Füße trocknet: das ist mehr als mutig und fast ein Skandal. Aber diese Liebe, die Maria bewegt, dieser Dank, der muss raus. Wo kommt das her? Warum ist Maria so außer sich vor Glück und vor Dank und vor Liebe? Lukas 10 erzählt, wie Maria dasitzt und Jesus zuhört. Sie empfängt beim Hören von ihm das Evangelium, die befreiende gute Nachricht der Liebe Gottes. Sie wird beschenkt mit dem Kostbaren, das Jesus zu sagen hat. Johannes 11 erzählt dann, dass sie das Kostbarste zurückbekommt, das sie hat - nämlich ihren Bruder. Und jetzt kann sie vor lauter Dank und Freude Jesus nur das Kostbarste geben, was sie selber hat: indem sie ihm diese kostbare Salbe, dieses kostbare Öl schenkt. Ihm dankt. Ihn ehrt und so ihre Liebe Jesus gegenüber ausdrückt. Maria feiert von Herzen dieses Fest des Lebens mit, das da in diesem Haus stattfindet. Und sie drückt ihren Dank überbordend aus. Überfließend. Warum? Liebe rechnet nicht. Liebe verströmt sich. Liebe sorgt für einen herrlichen Duft, für eine wunderbare Atmosphäre. Da fühlt man sich richtig wohl, in der Gegenwart der Liebe.

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Johannes 12, 1-8

Das wiederum stört die dritte Hauptperson, den Judas. Der rechnet. Judas rechnet. Dreihundert Dinare – ungefähr der Jahreslohn eines einfachen Arbeiters! Dreihundert Dinare! Was hätte man nicht alles Gutes damit machen können. Aber einfach so auf den Kopf hauen? Bzw. auf die Füße hauen? Dreihundert Dinare einfach so? Stellen Sie sich vor, letzte Woche am Valentinstag: 25 rote Rosen nach Hause mitgebracht, oder den Ehepartner zu Nelson Müller eingeladen – und dann würde ein kleiner Judas mitlaufen und sagen: Was? So viel? Für das Geld kannst du bei der Caritas oder Diakonie aber viel Gutes tun… Oder die letzte Hochzeit, bei der Sie eingeladen waren: 120 Gäste, ein geniales Buffet, eine kleine Band, die wunderbare Musik gemacht hat...was das alles kostet? Mensch, damit hättest du aber auch viel Gutes tun können...

Ich hoffe, Sie spüren: Das Rechnen erstickt die Liebe. Das Rechen erstickt die Freude. Das Rechnen erstickt den Dank. Das Rechnen erstickt das Leben. Judas steht hier für die Leute, die das Leben verraten. Die die Freude stehlen. Judas ist jemand, der der Liebe ins Herz sticht. Der Maria ins Herz sticht. Maria, die sich öffnet; Maria, die ihr Herz sehen lässt, die zärtlich bewegt ihren Dank ausdrückt, ihre Freude; ihr Glück darüber, was Jesus gesagt und getan hat; die das alles von Herzen zum Ausdruck bringt. Da hinein mit dieser giftigen Bemerkung sticht Judas. Dementsprechend deutlich stellt sich die vierte Hauptfigur schützend vor Maria – Jesus selbst. „Lass sie in Frieden! Halt die Klappe! Hör auf!“ Jesus schützt Maria und damit schützt er die Liebe und die Freude und das Leben. Weil Jesus nicht rechnet. Sondern Leben feiert und Leben gestaltet. Jesus gibt hier Judas zwei Dinge mit, die bis heute wichtig sind.

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Johannes 12, 1-8

Er sagt zum ersten: Ich bin durch diese Handlung der Maria persönlich getroffen. Betroffen. Jesus hat diese Salbung durch Maria wie eine prophetische Zeichenhandlung erlebt: Sie hat mich gesalbt angesichts meines bevorstehenden Todes. Eine Ehrung nicht posthum – so sagen wir ja schon mal: Da wird jemand posthum geehrt nach seinem Tod... Sondern, so könnte man hier sagen: eine Ehrung prähum geschieht; Jesus wird vor seinem Tod von Maria geehrt. Eben nicht erst nach dem Tod. Diese Salbung macht deutlich: derjenige, der da in den nächsten Tagen den Verbrechertod am Kreuz sterben wird, der ist der Gesalbte. Das Wort "der Gesalbte" heißt hebräisch Messias und griechisch Christus. Der, der da den Verbrechertod am Kreuz sterben wird, ist der Gesalbte. Ist der Messias. Ist der Christus. Und diese Ehrung, sagt Jesus, diesen Zuspruch, lasse ich mir von dir, Judas, nicht nehmen. Halt deine Klappe!

Die andere Begründung, die Jesus gibt: Wir könnten etwas flapsig sie übersetzen mit: Carpe diem! - nutze den Tag!. Verpass nicht die Gelegenheit, die sich dir bietet, sondern nutze sie! Man soll eben auch Feste feiern, wie sie fallen. Jesus sagt: Ich bin nicht mehr lange bei euch. Das ist die letzte Gelegenheit zu feiern; die letzte Gelegenheit, mit mir zusammen dieses großartige Fest zu erleben. Denn ich bin bald nicht mehr da. Für die Armenfürsorge habt Ihr ein Leben lang Zeit. Arme wird es immer geben – leider. Aber dieses Fest, das wird nicht wiederkehren. Darum jetzt: Jetzt feiern wir. Genieße das Leben, solange du es hast, sagt der Prediger in der Lesung. Genau das meint Jesus. Meine Frau und ich waren vor einiger Zeit bei Freunden zu Besuch, die in einer sehr schwierigen gesundheitlichen Situation sind. Da sagte unser Freund: Weißt du was? Heute wird gefeiert, weil es mir so geht, wie es mir geht! – und holte einen sehr teuren Champagner aus dem Keller, der schon seit Ewigkeiten dort lagerte. Den haben wir geköpft. Weil es der Situation entsprach. Auch wenn er sehr teuer war... Jetzt oder nie! Jetzt oder nie feiern. Freude ausdrücken.

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Johannes 12, 1-8

Jesus schafft Freiraum für den kostbaren Augenblick. Er schafft Freiraum dafür, dass man kostbare Beziehungen gestalten kann. Dass man kostbaren Beziehungen auch den Wert gibt, der dieser Beziehungen entspricht. Dass man die Kostbarkeit des Lebens feiert. Jesus steht ein für die Liebe und gegen das Rechnen. Jesus steht ein für die Liebe und gegen das Rechnen. Für die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten und für die Liebe zu mir selbst. Und gegen das Rechnen. Zur Zeit Jesu waren viele Leute damit beschäftigt: Wie viele Schritte darf ich am Sabbat gehen? Wie muss ich noch einmal dies und jenes angemessen versteuern, wenn ich einkaufen gehe? Wie ist das noch einmal mit dem Zehnten? - und die Leute rechneten sich zu Tode... Heute wird hier und da auch gerechnet: Lang genug gebetet? Genug in der Bibel gelesen? Oft genug im Gottesdienst gewesen? Stimmt die Summe? Jesus steht für die Liebe. Für eine Liebe, die aus Dank gibt, ohne zu rechnen. Die aus Freude gerne teilt, ohne genau zu zählen; die darum gerne. Er steht für eine Liebe, die sich anderen zuwendet, ohne genau auf die Uhr zu sehen oder genau zu überlegen: Reicht das? Jesus steht für die Liebe und damit für das Leben und damit für das Fest. "Das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls." Liebe Gemeinde, da, wo die Liebe sich verströmt, wo der Dank das Leben bestimmt, da riecht es nach Leben. Da duftet es nach Fest, da ist eine Atmosphäre, die kann man riechen und die erfüllt das ganze Haus. Gott gebe es, dass unsere Gemeinde schon von weitem zu erkennen ist, weil es hier gut riecht. Amen.

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