16 6. Wahlperiode Enquete ...

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Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Enquete-Kommission 6/1

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„Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“

Protokoll

16. Sitzung (öffentlich) 31.03.2017 Potsdam - Haus des Landtages 10.00 Uhr bis 13.06 Uhr Vorsitz:

Abgeordneter Wolfgang Roick (SPD)

Protokoll:

Bastian Dunkel Frederik Otto

anwesende Kommissionsmitglieder: Wolfgang Roick (SPD) Dr. Ulrike Liedtke (SPD) Udo Folgart (SPD) Simona Koß (SPD) Henryk Wichmann (CDU) Uwe Liebehenschel (CDU) Bettina Fortunato (LINKE) Anke Schwarzenberg (LINKE) Sven Schröder (AFD) Benjamin Raschke (GRÜNE/B90) Prof. Dr. Klaus Friedrich Dr. Michael Thomas Dr. Gerd Lehmann Iris Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) Jens Graf (Städte- und Gemeindebund) Dr. Johannes Wagner (Landkreistag Brandenburg) Vertreter der Landesregierung: Torsten Maciuga (Staatskanzlei)

Datum der Ausgabe: 12.06.2017

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Tagesordnung: 1. Protokollkontrolle 2. Weitere Sitzungsplanung und Verfahrensweise zur Erstellung des Zwischenberichts 3. Aktuelles aus den Berichterstattungsgruppen darunter u.a.: Sachstand zur Beauftragung von Gutachten und der Meinungsumfrage 4. Bevölkerungsprognosen für das Land Brandenburg – Sachstand und weiteres Vorgehen 5. Auswertung der Zugriffs- und Nutzerzahlen der Livestream-Übertragungen und des Dialogportals verbunden mit einer Diskussion über Möglichkeiten zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit der EK 6/1 6. Positionspapier der EK 6/1 zum Entwurf des Landesentwicklungsplanes HR - Beschlussfassung 7. Sonstiges darunter u.a.: Auswertung Beteiligungsverfahren Themen für neue Beteiligungsverfahren Vorbereitung Informationsreise

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Festlegungen: 1.

Die Richtigkeit des Protokolls der 14. Sitzung am 17. Februar 2017 wurde einstimmig (11:0:1) beschlossen (TOP 1).

2.

Der Antrag des Kommissionsmitglieds Folgart zur Durchführung einer Anhörung zum Thema Agrarberatung (Anlage 3) wurde einstimmig (12:0:0) beschlossen (TOP 4).

3.

Die Berichterstattungsgruppen 2 und 5 sollen die 19. Sitzung der EK 6/1 am 14. Juli 2017 zum Thema LEADER / ELER gemeinsam mit ihren jeweiligen Schwerpunkten vorbereiten. (TOP 3).

4.

Die EK 6/1 verständigte sich auf die langfristige Sitzungsplanung (Anlage 2), ergänzt um eine themenfeldübergreifende und auswärtige Sitzung zu den Themen Fachkräftesicherung / Rückkehrer / Raumpioniere / Integration im Jahr 2018 (TOP 3).

5.

Auf Grundlage der Gliederung des Zwischenberichts (Anlage 1) und den bisherigen Beratungsergebnissen beginnt das Sekretariat mit der Erstellung der Textteile „Allgemeines/thematische Einführung“ des Zwischenberichts. Zuerst werden die Themenfelder 1 und 3 bearbeitet. Sobald erste exemplarische Entwürfe vorliegen, werden diese der EK 6/1 zur Kenntnis gegeben. Die Berichterstattungsgruppen sollen parallel an den jeweiligen Unterkapiteln „Zwischenergebnisse / Ergebnisse“ arbeiten. Die inhaltliche Abgrenzung innerhalb einzelner Themenfelder erfolgt grundsätzlich durch die Berichterstattungsgruppen. Grundsätzlich sollen bis zur Sommerpause alle Textentwürfe vorliegen, damit diese über die Sommerpause vom Sekretariat zusammengeführt und ab September 2017 in die EK 6/1 zur Beratung gegeben werden können. Der zeitliche Umfang der Beratungen zum Zwischenbericht in den Sitzungen nach der Sommerpause soll flexibel gestaltet werden (TOP 3).

6.

Die EK 6/1 hat mehrheitlich beschlossen (12:1:0), dass die Handlungsempfehlungen und Zwischenergebnisse des Zwischenberichts nach Veröffentlichung als Drucksache Anfang 2018 auf dem Dialogportal zur Kommentierung eingestellt werden (TOP 3).

7.

Der Vorstand des AfS wird für die 17. Sitzung am 12. Mai 2017 zu einem Gespräch eingeladen. Kommissionsmitglieder können zur Vorbereitung des Gesprächs Fragen einreichen (TOP 5).

8.

Die Erfahrungen zum Livestream von Sitzungen der EK 6/1 sollen dem Hauptausschuss zur Verfügung gestellt werden (TOP 6).

9.

Das von der Berichterstattungsgruppe 1 eingereichte angepasste Positionspapier zum Entwurf des LEP HR (Anlage 10) wurde von der Kommission überarbeitet (Anlage 12). Noch offene Punkte sollen durch die Berichterstattungsgruppe 1 geklärt und redaktionelle Anpassungen vorgenommen wer-

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den. Die Beschlussfassung ist für die 17. Sitzung am 12. Mai 2017 vorgesehen. 10.

Über die weitere Befassung mit dem Projekt „Lausitz an einen Tisch“ (Anlage 13) soll in der Berichterstattungsgruppe 5 beraten werden.

11.

Die EK 6/1 hat die Antworten der Berichterstattungsgruppe 3 auf die Beiträge von Bürgerinnen und Bürgern zum Dialog „Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse. Positionierung und Schlussfolgerungen" zur Kenntnis genommen. Diese werden auf dem Dialogportal eingestellt.

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Aus der Beratung: Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und begrüßt die anwesenden Kommissionsmitglieder, die Vertreter der Landesregierung, die Pressevertreter und alle Gäste hier und zuhause über den Livestream. Die Kommissionsmitglieder Schäfer und Müller seien entschuldigt. Der Vorsitzende schlägt vor, den Tagesordnungspunkt 2 hinter Tagesordnungspunkt 6 als neuen Tagesordnungspunkt 6 zu schieben. Die Tagesordnung wird in geänderter Form einstimmig angenommen.

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Zu TOP 1: Protokollkontrolle Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt. Es läge folgendes Dokument vor: Entwurf des Protokolls der 14. Sitzung vom 17.02.2017, versandt am 29.03.2017. Das Protokoll wird einstimmig beschlossen (11:0:1). Der Vorsitzende weist darauf hin, dass sich das Protokoll der 13. Sitzung noch in der Bearbeitung befinde, da es aufgrund der längeren Bürgersprechstunde mit einem erhöhten Aufwand verbunden sei.

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Zu TOP 2: Weitere Sitzungsplanung und Verfahrensweise zur Erstellung des Zwischenberichts Der Vorsitzende eröffnet Tagesordnungspunkt 2. Es lägen folgende Dokumente vor: 1. Entwurf der Gliederung und Erläuterungen zum Zwischenbericht, versandt am 14.03.2017 (Anlage 1). 2. Langfristige Sitzungsplanung, versandt am 23.03.2017 (Anlage 2). 3. Antrag des Kommissionsmitglieds Folgart für eine Anhörung in der 17. Sitzung, versandt am 29.03.2017 (Anlage 3). 4. Eine Tischvorlage mit einem Zeitstrahl für die Erstellung des Zwischenberichts (Anlage 4). Der Vorsitzende informiert darüber, dass die kommende Sitzung am 12.05.2017 noch geplant werden müsse. Er ruft in Erinnerung, dass sich die EnqueteKommission an den beiden Tagen zuvor auf Informationsreise in MecklenburgVorpommern befände. Ein Teil der Sitzung sei deswegen für die Auswertung der Reise vorgesehen. Darüber hinaus habe die Berichterstattungsgruppe 2 einen Antrag für eine Anhörung gestellt. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) erläutert den Antrag. Die Berichterstattungsgruppe 2 sei kurzfristig gebeten worden, die Vorbereitung der Sitzung zu übernehmen. Die Berichterstattungsgruppe 2 schlage vor, zu dem bereits stattgefundenen Fachgespräch zum Thema Ernährungswirtschaft einige Thesen vorzustellen und eine Anhörung zur Verstetigung von Beratungsangeboten durchzuführen, da die Berichterstattungsgruppe zu der Überzeugung gelangt sei, dass Beratung gerade in diesem Bereich von zentraler Bedeutung sei. Er denke, für diesen Komplex solle man zwei Stunden einplanen. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) ergänzt, dass die Frage, die von Kommissionsmitglied Raschke aufgeworfen worden sei, ob hier auch Beratung im ökologischen Landbaubereich eingeschlossen sei, durch den vorgeschlagenen Anzuhörenden, Herrn Dr. Platen, abgedeckt sei. Es sei geplant, von Herrn Dr. Platen darstellen zu lassen, wie die Rahmenbedingungen für Beratung in den angrenzenden Bundesländern seien und was Brandenburg hieraus lernen könne. Er stimme Kommissionsmitglied Graf zu, dass es sich im Fachgespräch gezeigt habe, dass Beratung ein zentrales Thema sei und die Enquete-Kommission sich in dieses Thema einklinken müsse. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) fragt, ob sich die Anhörung nur auf die reine Beratungsleistung beziehe, oder ob es auch um die Richtung der europäischen Landwirtschaft ab 2020 und deren Mittel gehe. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) antwortet, dass es im weitesten Sinne auch eine Besprechung dessen sei, was europäische Agrarpolitik nach 2020 leisten soll. Der Vorsitzende ergänzt, dass der Ausschuss für Landwirtschaft und Umwelt im Herbst dieses Jahres eine Reise plane und dieses Thema in Brüssel auf der Tagesordnung stehen werde. Der Antrag auf Durchführung einer Anhörung wird einstimmig beschlossen (12:0:0). Der Vorsitzende erläutert, dass den Kommissionsmitgliedern in der letzten Woche die überarbeitete Planung für die weitere Sitzungsplanung übermittelt worden sei. Er

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fragt, ob die Kommissionsmitglieder damit einverstanden seien, in der zweiten Jahreshälfte 2017 ausschließlich in Potsdam zu tagen und ob Fragen zu der grundsätzlichen Zuordnung der Themenfelder zu den Sitzungsterminen vorlägen. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) erläutert, dass sich für die Themen Rückkehrer, Raumpioniere, Integration eine auswärtige Sitzung anbieten würde. Da noch nicht sicher sei, wann diese Themen behandelt werden würden, bitte er darum, die Frage nach dem Sitzungsort für die Berichterstattungsgruppe 5 offen zu halten. Der Vorsitzende fragt, ob diese Themen in der zweiten Jahreshälfte 2017 behandelt werden müssten. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) erklärt, dies sei noch offen und müsse später noch geklärt werden. Der Vorsitzende erläutert, dass in der Sitzung am 14.07.2017 geplant gewesen sei, dass Thema LEADER durch die Berichterstattungsgruppe 2 behandeln zu lassen. Da dieses Thema auch die Berichterstattungsgruppe 5 tangiere, solle diese Berichterstattungsgruppe auch den Tag mitgestalten. Nun frage er, ob die Berichterstattungsgruppe 5 vorschlage, an diesem Tag ein anderes Thema zu behandeln. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) erklärt, dass dies so möglich sei. Lieber sei es der Berichterstattungsgruppe 5 aber, die angesprochenen Themen an einem anderen späteren Termin zu behandeln. Dann könne die Berichterstattungsgruppe 5 am 14.07.2017 einen Beitrag zum Thema LEADER leisten. Der Vorsitzende stellt fest, dass die Themen Rückkehrer, Raumpioniere, Integration dann erst 2018 behandelt werden könnten. Kommissionsmitglied Graf (Städte-und Gemeindebund) sagt, dass das Thema Fachkräftesicherung, dass auch Rückkehrer enthalte, von der Berichterstattungsgruppe 2 erst für 2018 geplant gewesen sei. Er böte an, dies dann gemeinsam 2018 zu bearbeiten. Für die Sitzung am 14.07.2017 erklärt er, dass die Berichterstattungsgruppe 2 plane, sich mit der Antwort des Ministers auf die Fragen der Enquete-Kommission aus der Sitzung in Schönwald im vergangenen Jahr zu befassen. Dafür werde sich die Berichterstattungsgruppe 2 in ihrer nächsten Sitzung mit eben dieser Antwort beschäftigen. Es sei ja versucht worden, Kennzahlen zu erhalten, was aber nicht geschehen sei. Allgemein sei die Antwort des Ministers recht allgemein gehalten. Wie damit umzugehen sei, solle diskutiert werden. Hierzu seien alle Kommissionsmitglieder eingeladen. Die Berichterstattungsgruppe 2 wolle das ganze Thema LEADER in den Blick nehmen. Dies sei bisher nicht geschehen, da das Gutachten zur Wertschöpfung noch nicht vorläge und man erst mit diesen Ergebnissen sagen könne, wo die Wertschöpfung im ländlichen Raum herkomme und ob die Förderinstrumente richtig seien. Man könne hierzu auch jemanden aus Sachsen oder BadenWürttemberg einladen. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) erläutert, dass er es nicht schlecht fände, wenn sich die Berichterstattungsgruppe 2 diesem Thema widme und sich nochmals mit der ministeriellen Ebene in Brandenburg austausche und sehe, wie sie reagiere. Die Idee, über die Landesgrenze hinweg zu schauen, fände er gut. Er meine auch, dass

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die Lernreise nach Mecklenburg-Vorpommern hier einiges aufzeigen werde, wie die Dinge im nördlichen Bundesland funktionieren. Kommissionsmitglied Thomas (Sachverständiger) ergänzt, dass ihm eine Anhörung, die sich nur mit formalen Fragen zur Durchführung von LEADER beschäftige, zu eng sei. Vielmehr solle wirklich der gesamte LEADER-Komplex mit Unterstützung von Fördermöglichkeiten, Partizipation und Engagement miteingebracht werden. Er erklärt, er habe Kommissionsmitglied Graf nicht ganz verstanden, ob die Sitzung nur zu dem ministeriellen Verfahren stattfinden solle oder ob LEADER als Instrumentarium betrachtet werden solle. Kommissionsmitglied Graf (Städte-und Gemeindebund) erklärt, dass er seine Position dargestellt habe. Die Frage sei ja, wo setze die Förderung inhaltlich an, und da sei aus seiner Sicht die Voraussetzung, dass man sich erst einmal die Zahlen vorgelegen lässt, wo seien welche Arbeitsplätze, wo werde welche Wertschöpfung generiert, und dann könne man schauen, ob die Förderung richtig abgestellt sei. Und das wisse die Kommission erst in einem Jahr. Deswegen sei vom ihm nicht vorgeschlagen worden diese inhaltliche Auseinandersetzung durchzuführen. Dies müsse zuerst in der Berichterstattungsgruppe 2 geklärt werden, ob man schon im Vorfeld des Gutachtens etwas sagen könne. Der Vorsitzende schlägt vor, dass die Berichterstattungsgruppe 2 gemeinsam mit der Berichterstattungsgruppe 5 die Sitzung am 14.07.2017 vorbereite. Zu den von Kommissionsmitglied Raschke angesprochenen Themen habe auch die Berichterstattungsgruppe 6 etwas hinzuzufügen. Die Berichterstattungsgruppe 6 habe sich auch einmal mit der Fachkräftesituation im öffentlichen Bereich, was Landesverwaltung und kommunale Verwaltung betreffe, beschäftigt, so dass auch dieses Thema in einer eventuellen auswärtigen Sitzung mit eingefügt werde. Diese Sitzung werde auch wieder von der Berichterstattungsgruppe 2 und Berichterstattungsgruppe 5 vorbereitet. Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) erklärt, dass sich die Berichterstattungsgruppe 4, wenn es um Fachkräftesicherung gehe, mit einbringen wolle. Bei den Themen Pflege und Kitaerzieher stehe das Thema Fachkräftesicherung ganz oben. Auch beim Thema Ärzte im ländlichen Raum spiele es eine Rolle, auch wenn es hier ein Verwaltungsverfahren sei, dass verhindere, dass Ärzte in den ländlichen Raum gehen würden. Der Vorsitzende versichert, dass die genannten Berufsgruppen an diesem Tag nicht vergessen würden. Der Vorsitzende informiert zum Zwischenbericht, dass vorgesehen sei, dass das Sekretariat im April beginne, die Textteile „Allgemeines“ und „Thematische Einführung“ für alle Themenfelder zu erstellen. Zunächst für die Berichterstattungsgruppe 1 und Berichterstattungsgruppe 3, weil diese beiden Berichterstattungsgruppen vor der Sommerpause keine EK-Sitzungen inhaltlich vorzubereiten hätten. Gleichzeitig würden diese Berichterstattungsgruppen als Blaupause für die anderen Berichterstattungsgruppen dienen. Bis Mitte Juli sollten alle Berichterstattungsgruppen den Textteil „Zwischenergebnisse/Ergebnisse“ an das Sekretariat liefern. Dabei hätten die Berichterstattungsgruppe 2 und Berichterstattungsgruppe 5 aufgrund der eben be-

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sprochenen Sitzung am 14.07.2017 mehr Zeit.. In der Zeit bis zur Sommerpause würden fortlaufend Abstimmungen mit dem Sekretariat bezüglich der Textentwürfe stattfinden. Nach der Sommerpause solle in der Sitzung am 15.09.2017 ein erster Entwurf des Zwischenberichts vorliegen. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) fragt, ob das Sekretariat den Einstieg in jede einzelne Berichterstattungsgruppe erarbeite. Bisher sei er davon ausgegangen, dass dies Aufgabe der jeweiligen Berichterstattungsgruppe sei. Der Vorsitzende erläutert, dass es zu jeder Berichterstattungsgruppe thematische Sitzung gegeben habe, zu denen es Protokolle, Präsentationen und Materialien gegeben habe. Das Sekretariat werde darüber einen Überblick geben für alle Berichterstattungsgruppen, beginnenden mit den Berichterstattungsgruppen 1 und 3. In den nächsten Wochen werde dies vorlegen und dann könne daran Kritik geübt werden und Ergänzungen vorgeschlagen werden. Anschließend erarbeite jede Berichterstattungsgruppe selbstständig die fachliche und politische Bewertung. Zur Gliederung des Zwischenberichts erklärt er, dass es eine Abstimmung gegeben habe und den Kommissionsmitgliedern ein überarbeiteter Gliederungsentwurf am 14.03.2017 zugestellt worden sei. Grundsätzlich solle die folgende Struktur Anwendung finden: 1. Allgemeines/Thematische Einführung in das gesamte Themenfeld; 2. Darstellung der Informationsgewinnung; 3. Zwischenergebnisse/Ergebnisse; 4. Ausblick noch zu bearbeitender Themen. Bezüglich der Problematik, dass es eine Diskrepanz zwischen der im Beschluss zur Arbeitsweise der EK festgelegten Gliederung und den aktuellen Arbeitsplänen innerhalb der Berichterstattungsgruppen gäbe, sei eine gewisse Flexibilität angebracht, so dass es zu Anpassungen von Teilüberschriften und Unterthemen kommen könne. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) fragt, an welcher Stelle die Berichterstattungsgruppe nun freie Hand hätte. Der Vorsitzende antwortet, dass sich das Gesamtbild am Ende in Teilen verschieben könne, es aber grundsätzlich so sei, wie er es erläutert habe. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) stellt klar, dass sie Probleme mit der Darstellung hätte, wenn das Sekretariat und die Berichterstattungsgruppen parallel an den Themen arbeiten würden. Die Textteile des Sekretariats seien Grundvoraussetzungen für die Arbeit der Berichterstattungsgruppe, so dass es eine individuelle Abstimmung an manchen Stellen geben müsse. Es könne hier zu Schwierigkeiten kommen beim Zusammenspiel, da das eine das andere bedinge. Der Vorsitzende führt aus, dass nicht unbegrenzt Zeit zur Verfügung stehe und deshalb parallel gearbeitet werden müsse. Er schlage vor, dass nur der Schriftteil der Berichterstattungsgruppe 1 oder der Schriftteil der Berichterstattungsgruppe 3 schnell fertiggestellt werde, so dass ein Beispiel vorhanden sei, das den anderen Berichterstattungsgruppen helfe. Gleichzeitig werde das Sekretariat darauf achten, Doppelungen zu vermeiden und Überschneidungen nur dort seien, wo es sinnvoll sei, da es der Bericht der Enquete-Kommission sei und nicht von sechs einzelnen Berichterstattungsgruppen.

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Der Vorsitzende erläutert, dass es zwei Varianten zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger gäbe. Variante 1 würde die Kommentierung des Entwurfs des Zwischenberichts ab dem 15.09.2017 für circa vier Wochen vorsehen. Anschließend würden die entsprechenden Berichterstattungsgruppen gegebene Kommentare bewerten und in den Entwurf ihres Textteiles des Zwischenberichts einbauen. Erst dann erfolge eine Abstimmung in der gesamten Enquete-Kommission und die Beschlussfassung über den Zwischenbericht im Dezember. Variante 2 sehe vor, den Zwischenbericht nach Beschluss in der Enquete-Kommission und Verabschiedung im Parlament Anfang 2018 zur Kommentierung bereitzustellen. Die Kommentare würden auch hier durch die Berichterstattungsgruppen erfolgen und in den Abschlussbericht einfließen. Bei beiden Varianten sei gleich, dass nicht der gesamte Zwischenbericht zur Kommentierung freigegeben werden sollte, sondern nur die politischen Ergebnisse. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) führt aus, dass er ins Grübeln gekommen sei, dass fast ein dreiviertel Jahr nur für den Zwischenbericht aufgewendet werden solle. Er fände, ein Zwischenbericht sei ein Zwischenbericht ans Parlament, damit alle Parlamentarier wüssten, was ungefähr gemacht worden sei. Dabei sollten die wesentlichen Ergebnisse kurz zusammengefasst werden. Das Hauptaugenmerk solle darauf liegen, substantielle Ergebnisse zu generieren, die im Abschlussbericht dargestellt werden sollten. Er warne alle davor, sich bis zum Ende des Jahres 2017 mit dem Zwischenbericht zu befassen. Er sei bereits in einer Enquete-Kommission gewesen, innerhalb derer es nie einen Abschlussbericht gegeben hätte, hätte man so lange am Zwischenbericht gesessen. Er sei der Meinung, es läge eine einwandfreie Gliederung vor, die nun abgearbeitet werden könne. Unter jedem Punkt könnten kurz die Ergebnisse eingefügt werden, die Kommission überprüfe dies kurz und verabschiede dann den Zwischenbericht. Vor dem vorher vorgeschlagenen Verfahren der Beschäftigung bis Ende 2017 warne er aber ausdrücklich. Der Vorsitzende erläutert, dass es nicht so sei, dass in allen Sitzungen ab dem 15.09.2017 ausschließlich der Zwischenbericht Thema sei, sondern die Hälfte des Tages für zusätzlichen Erkenntnisgewinn vorgesehen sei. Das schließe aber nicht aus, dass wenn es keine Differenzen beim Zwischenbericht gäbe, der Erkenntnisgewinn größer werde. Kommissionsmitglied Schröder (AfD) sagt, dass er es auch nicht so verstanden hätte, dass sich die Kommission den Rest des Jahres ausschließlich mit dem Zwischenbericht beschäftige. Aber es sei wichtig zu wissen, wo man stehe, da der Zwischenbericht auch Teil des Abschlussberichts sei. Es genüge nicht, nur im Groben dem Parlament zu berichten, sondern der Zwischenbericht sei ein wichtiger Baustein, um zu Ergebnissen für den Abschlussbericht zu gelangen. Dies benötige Zeit, die aber notwendig sei. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) stimmt Kommissionsmitglied Wichmann zu. An einigen Stellen sei man noch nicht so weit, Handlungsempfehlungen aufzuschreiben. Die Beschreibung des Sachstandes, was die Berichterstattungsgruppe 3 bisher gemacht habe, sei unproblematisch, da nichts unstrittig sei und man sich nicht damit politisch auseinandersetzen müsse. Ein Zeitstrahl für die Erarbeitung sei wichtig, damit man eine Linie habe, aber es sollte weiterhin Raum vorhanden sein, damit sich die Kommission den wirklichen Themen widmen könne.

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Der Vorsitzende erläutert, dass der Zeitstrahl und die Diskussion dazu dienen, dass die Kommission sich diszipliniere, am 08.12.2017 ein Ergebnis vorzulegen. Er bekräftigt, dass auch weiterhin Ergebnisse generiert werden sollen und entsprechende Anhörungen in Potsdam stattfinden sollen. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) wirft ein, dass er skeptischer sei, was schnelle Abstimmungen angehe. Er erinnert an die Abstimmungen zu den Thesen von Schönwalde und zu den Thesen Jugendbeteiligung. Auch die Regionalplanungsstellungnahme drehe nun schon sehr viele Runden und sei auch heute Morgen in der Vorbesprechung nicht zu einem Ergebnis gelangt. Er plädiere dafür, sich Zeit zu nehmen und flexibel zu reagieren, falls in einer Sitzung doch alles zum Zwischenbericht klar sein sollte, ein weiteres Thema einzuschieben oder die Sitzung zu verkürzen. Er möge nicht in die Situation kommen, festzustellen, dass mehr Zeit benötigt werde für die Abstimmung des Zwischenberichts, so wie es bisher oftmals der Fall gewesen sei. Der Vorsitzende erklärt, dass auch Erfahrungen aus den bisherigen Diskussionen in die Erstellung des Zeitstrahls eingeflossen seien. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) stimmt Kommissionsmitglied Raschke zu, dass man Zeit brauche, strittige Fragen zu klären. Er meine aber, dass diese strittigen Fragen nicht im Zwischenbericht zu klären seien. Es solle vielmehr der unstrittige Sachverhaltsanalysestand zu Papier gebracht werden, damit alle wissen was die Enquete-Kommission bisher analysiert habe. Für die Diskussionen sollte man sich später Zeit nehmen, um sich zu einigen, welche Forderungen aus der Analyse abgeleitet werden können, um das Land so zu verändern, dass es den ländlichen Regionen irgendwann einmal besser gehe als jetzt. Dies solle in der Zeit bis zur Erstellung des Abschlussberichts geschehen. Wenn die Kommission sich bis Ende des Jahres nur mit dem Zwischenbricht und eventuellen Bürgermeinungen beschäftige, befürchte er, dass die Aufmerksamkeit der Kommissionsmitglieder und der Mitarbeiter zu stark auf den Zwischenbericht fokussiert sei und nicht genügend Freiraum im Kopf und im Terminkalender bleibe, um sich mit den eigentlichen wichtigen Fragen zu beschäftigen, was die Enquete-Kommission erreichen wolle. Die Erstellung des Sachstandes könnten die Berichterstattungsgruppen übernehmen. Der Vorsitzende fasst zusammen, dass allen klar sei, dass wenn Klarheit über Abstimmungen und Papiere herrsche, nicht in Sitzungen sinnlos diskutiert werden müsse, sondern man sich dann den wichtigen Dingen widmen könne. Alle hier seien Lobbyisten des ländlichen Raumes, und diese Funktion solle entsprechend ausgeführt werden. Über die Varianten zur Bürgereinbindung müsse nun entschieden werden. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) erklärt, sie sei für die zweite Variante. Weiterhin erklärt sie, dass die Formulierung „fortlaufende Behandlung Zwischenbericht“ hier für Widerspruch sorge. Es sei jedoch die freie Entscheidung des Vorsitzenden, wie er dies in jede Sitzung einordne. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) schließt sich Kommissionsmitglied Schwarzenberg an, dass die Diskussionszeit für den Zwischenbericht in jeder Sitzung flexibel zu

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gestalten sei, je nachdem ob es etwas Neues zu diskutieren gäbe und man so für die entsprechende Geschmeidigkeit sorgen könne. Die Enquete-Kommission beschließt mehrheitlich, den Zwischenbericht nach Verabschiedung durch das Parlament Anfang 2018 zur Kommentierung auf das Dialogportal der Enquete-Kommission 6/1 einzustellen (12:1:0). Der Vorsitzende schließt den Tagesordnungspunkt.

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Aktuelles aus den Berichterstattungsgruppen

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt. Er bitte die Berichterstattungsgruppen kurz zu erklären, ob es bezüglich des im vorhergehenden Tagesordnungspunkt besprochenen Sitzungsplanes Probleme hinsichtlich der Erarbeitung der ersten Ergebnisse für den Zwischenbericht gäbe, oder ob bereits Probleme für den Abschlussbericht erkennbar seien. Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) erklärt für die Berichterstattungsgruppe 1, dass sie bisher darüber nicht gesprochen habe, er aber davon ausgehe, dass die Berichterstattungsgruppe 1 es zeitlich schaffe. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) führt für die Berichterstattungsgruppe 2 aus, dass dies im Rahmen der letzten Sitzung der Berichterstattungsgruppe 2 angesprochen worden sei, aber noch nicht abschließend beantwortet werden konnte. Bisher habe sich keiner gefunden, der die Texte für den Zwischenbericht schreibe. In der nächsten Sitzung der Berichterstattungsgruppe 2 sei dies erneut Thema. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) informiert für die Berichterstattungsgruppe 3, dass sie vereinbart hätten, die einzelnen Sachthemen aufzuteilen, damit parallel gearbeitet werden könne. Auch sei die Berichterstattungsgruppe 3 dabei, die Befragung der Verkehrsunternehmen vorzubereiten. Sie wisse nicht, ob bis zum Zwischenbericht hierzu bereits Ergebnisse vorlägen, hoffentlich aber zum Abschlussbericht. Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) erläutert für die Berichterstattungsgruppe 4, dass sie noch kleine Verständigungsprobleme innerhalb der Berichterstattungsgruppe hätten. Vor allem sei es ein Zusammenkunftsproblem. Es solle ein Antrag für ein Gutachten zum Thema Pflege, medizinischer Versorgung und frühkindliche Bildung vorbereitet werden. Dies bedürfe aber noch gewisser Abstimmungen innerhalb der Berichterstattungsgruppe 4 und auch mit dem Sekretariat. Der Vorsitzende führt aus, dass der Zuschlag zur Erstellung einer Bürgerumfrage in dieser Woche erfolgt sei. Das Sekretariat werde zeitnah in Absprache mit Berichterstattungsgruppe 5 zu einem Auftaktgespräch einladen. Hierbei solle auch die Beteiligung aller anderen Berichterstattungsgruppen geklärt werden. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) erklärt für die Berichterstattungsgruppe 5, dass die Berichterstattungsgruppe 5 sich einen Zeitplan für die Erarbeitung des Zwischenberichts gegeben habe. Außerdem habe sie sich, nach den Erfahrungen der letzten Sitzungen der Enquete-Kommission, zum Thema flexible Lösungen für den ländlichen Raum über das Standarterprobungsgesetz unterhalten. Hier solle die ministerielle Arbeitsgruppe eingeladen werden zu berichten, welche Ideen entwickelt werden, um den Kommunen einfachere Lösungen an die Hand zu geben. Weiterhin plane die Berichterstattungsgruppe 5 die Themen Raumpioniere, Rückkehrer und Integration. Der Vorsitzende erläutert für die Berichterstattungsgruppe 6, dass in der letzten Sitzung das Thema Gewinnung und Erhalt von qualifiziertem Personal für die öffentliche

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Verwaltung, insbesondere im ländlichen Raum, Thema gewesen sei. Ein weiteres Thema sei die Koordinierung von Rückkehrerinitiativen, die durch die Staatskanzlei momentan erfolge. Hier überlege die Berichterstattungsgruppe 6, wie sie das Thema in die Enquete-Kommission holen könne, da es ein wichtiges Thema, auch in Bezug auf Fachkräftegewinnung, sei. Der Vorsitzende informiert darüber, dass der finanzielle Rahmen für weitere Gutachten beinahe aufgebraucht sei. Die in 2017 beauftragen Gutachten übersteigen bereits den zur Verfügung stehenden Betrag. Dieser Mehrbedarf könne aus Rücklagen aus dem vergangenen Jahr bedient werden. Für das kommende Jahr stünden nach aktuellem Stand noch Mittel in Höhe von circa 60.000 Euro zur Verfügung. Er bitte alle Kommissionsmitglieder, dies zu beachten. Der Vorsitzende schließt den Tagesordnungspunkt.

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Bevölkerungsprognosen für das Land Brandenburg – Sachstand und weiteres Vorgehen

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt. Es lägen folgende Dokumente vor: 1. Schreiben des Kommissionsmitglieds Graf zum Umgang mit Bevölkerungsprognosen, versandt am 13.03.2017 (Anlage 5). 2. Schreiben des Kommissionssekretariats im Auftrag des Vorsitzenden hinsichtlich der Teilnahme des AfS, versandt am 28.03.2017 (Anlage 6). 3. Antworten vom AfS, versandt am 30.03.2017 (Anlage 7). Er informiert darüber, dass das Amt für Statistik Berlin Brandenburg heute nicht zur Verfügung stünde, da der Vorstand heute verhindert sei, aber selbst vor der Enquete-Kommission sprechen wolle. Dies fände er gut, da die Spitze des AfS, im Gegensatz zu Referenten, die zwar mehr Einzelheiten bewerten könnten, verantwortlich sei und man sie so beim Wort nehmen und auffordern könne, aktiv zu werden. Anhand der Unterlagen können nun diskutiert werden und das weitere Vorgehen besprochen werden. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) entgegnet, dass es eine wesentliche Frage sei, auf welche Prognose sich die Enquete-Kommission fokussiere. Die Unterschiede zwischen den Prognosen seien enorm. Deswegen müsse es dem Landesamt für Statistik möglich sein, zeitnah zu kommen. Er stimmt dem Vorsitzenden zu, dass es keinen Sinn habe, ohne einen Vertreter des AfS zu diskutieren. Dieser wichtige Punkt sollte in die Sitzung am 12.05.2017 aufgenommen werden. Die auswärtige Sitzung am 16.06.2017 in Lindow sei zu voll, aber am 12.05.2017 sei in Potsdam genügend Zeit um dieses für die Enquete-Kommission sehr wichtige Thema zu behandeln. Der Vorsitzende bestätigt, dass es grundsätzlich möglich sei, diesen Tagesordnungspunkt am 12.05.2017 zu behandeln und ein Vertreter des AfS an diesem Tag anwesend sein könnte. Er gibt aber zu bedenken, dass dann die anvisierte verkürzte Sitzungsdauer nicht mehr einzuhalten sei. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) unterstützt Kommissionsmitglied Wichmann, dass dieses Thema am 12.05.2017 behandelt werden sollte. Er schlägt vor, die Diskussion der Thesen der Berichterstattungsgruppe 2, die an diesem Tag auch vorgesehen sei, ein wenig einzuschränken und einen Schwerpunkt auf die Anhörung mit Herrn Dr. Platen zu legen. So sollte Luft für dieses wichtige Thema sein. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) bekräftigt, dass er vor einem Jahr bereits beantragt habe, sich mit diesem Thema zu befassen. Für ihn sei es wichtig, sich damit vor dem Zwischenbericht zu befassen, um sicherzustellen, dass verwendete Zahlen auch belastbar seien. Auch sollte die Enquete-Kommission wissen, warum die Prognosen überall im Land nicht eingetreten seien. Der Vorsitzende führt aus, dass er selbst auch noch keine Gelegenheit gehabt habe, die Antworten des AfS auszuwerten. Falls es nach Studium der gegebenen Antworten noch weitere Fragen gebe, mögen alle diese an das Sekretariat übermitteln. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) bekräftigt, dass ihm aufgefallen sei, dass es in den Antworten des AfS doch einige Übereinstimmungen gäbe. Zum einen habe das AfS geschrieben, dass es besser wäre, von „Vorausberechnungen“ zu sprechen. Er frage, ob man nicht bereits jetzt eine Empfehlung an die Lan-

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desregierung geben könne, dies so zu handhaben. Auch andere, von ihm angesprochene inhaltliche Dinge, werden geteilt. Er schlage vor, dass die EnqueteKommission auch hier zu einer Beschlussfassung komme. Herr Maciuga (Vertreter der Landesregierung) erklärt, dass die genannten Forderungen prinzipiell bereits erfüllt würden. Er wisse nicht, ob dies extra beschlossen werden müsse. Auch seien noch mehrere Sachen offen zum Thema neue Prognosen, die sicherlich mit dem AfS diskutiert werden müssen. Der Vorsitzende schlägt vor, dass wenn es so sein sollte, dass die Landesregierung nicht auf die zur Verfügung gestellten Zahlen zurückgreife oder nicht die gleiche Berechnungsgrundlage nehme, die Enquete-Kommission der Landesregierung die Antworten des AfS zur Verfügung stellen könnte und um eine Stellungnahme bitte. Kommissionsmitglied Wagner (Landkreistag) meint, dass es vielleicht ein Stück weit missverständliche Formulierungen seien und man noch einmal mit dem AfS sprechen sollte. Er verstehe den dargestellten Satz mit den Vorausberechnungen so, dass es lediglich um Begrifflichkeiten gehe und nicht um unterschiedliche systematische Herangehensweisen. Aufgrund dieser Ungenauigkeit sei es nicht angebracht, einen Beschluss zu fassen. Herr Maciuga (Vertreter der Landesregierung) erklärt, dass die Ausgangsbevölkerung der nun aktuellen und hier auch vorgestellten Prognose aus dem Jahr 2013 stamme. Mit dieser Modellrechnung habe man versucht, sich den Zahlen anzunähern, aber gewisse Themen wie Zuwanderung machen dies schwierig. Eine neue Vorausberechnung solle dann erfolgen, sobald eine neue Basis vorläge. Dies sei im Moment aufgrund von Umstellungen in den statistischen Verfahren noch nicht der Fall. Deswegen könne es im Moment keine neue Vorausberechnung geben. Kommissionsmitglied Thomas (Sachverständiger) stimmt zu, dass man sich auf die genaue Absteckung der Problemstellung verständigen sollte und keine Lösungen erwarten solle. So verstehe er auch die Antworten des AfS. Er wolle dieses Thema gern etwas kleinhängen, da die Enquete-Kommission ja auch ein Gutachten in Auftrag gegeben habe unter dem Stichwort „kleinräumige Differenzierung“. Dieses solle die Antworten liefern, die das AfS nicht liefern könne. Der Vorsitzende stellt Einvernehmen dazu fest, das AfS am 12.05.2017 zu einem Fachgespräch einzuladen und schließt den Tagesordnungspunkt.

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Zu TOP 5:

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Auswertung der Zugriffs- und Nutzerzahlen der LivestreamÜbertragungen und des Dialogportals verbunden mit einer Diskussion über Möglichkeiten zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit der EK 6/1

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt. Es läge folgendes Dokument vor: 1. Nutzerzahlen, Kennziffern und Statistiken, versandt am 29.03.2017 (Anlage 8). Die dort dargestellten Zugangszahlen des Dialogportals gäben ein sehr gemischtes Bild ab. Einerseits seien die Zahlen nicht überragend, andererseits erhielte die Enquete-Kommission in der Anzahl so mehr Informationen von Bürgerinnen und Bürgern als über den klassischen Weg der Zuschrift. Erfreulich sei auch, dass es bis auf eine Ausnahme keine missbräuchliche Nutzung des Dialogportals gegeben habe. Im Rückblick könne man festhalten, dass es niemanden gab, der strafrechtlich relevante Dinge gepostet habe. Die Befürchtungen zu Beginn des Dialogportals seien somit nicht eingetroffen. Die Zugriffszahlen beim Livestream seien sehr gering. Es sei allerdings nicht nachvollziehbar, ob es am Format, der Bewerbung oder der Unregelmäßigkeit der Sitzungen in Potsdam liege. Diese Punkte könnten nur mit einer Befragung ermittelt werden. Dafür fehlen der Enquete-Kommission aber die Kapazitäten. Was aber bereits praktiziert werde, sei eine verstärkte Bewerbung der Sitzungen. Bei den letzten beiden auswärtigen Sitzungen sei ein Hinweis an relevante Wochenzeitungen erfolgt. Man habe es auch gemerkt, dass mehr Bürgerinnen und Bürger gekommen seien. Deswegen sei sein Eindruck, dass die Mund zu Mund Propaganda, online wie offline, in den betroffenen Regionen eine größere Rolle spiele, als das, was im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Enquete-Kommission geleistet werden könne. Er habe wiederholt die Nutzerzahlen des Dialogportals angemahnt, und auch heute seien noch nicht alle Kommissionsmitglieder angemeldet. So könnten natürlich auch keine Antworten an Bürgerinnen und Bürger verfasst werden. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) gibt zu, dass er enttäuscht über das Dialogportal sei und sein Eindruck sei, dass dort eine sehr selektive Wahrnehmung vorhanden sei. Wenn über eine Parteimail ein Hinweis käme, dass etwas auf dem Dialogportal veröffentlicht worden sei, dann werde damit eine interessierte Gruppe bedient, aber nicht die breite Öffentlichkeit. Wenn man dies mit Facebook oder Twitter, er selbst twittere ja privat, vergleiche, sehe man, dass man dort immer sehe, wie viele Leute die Beiträge gesehen haben. Es gäbe Beiträge über die Enquete-Kommission, die bereits von 700-800 Leuten gesehen worden seien. Drei solcher Beiträge würden bereits das ganze Dialogportal wiederspiegeln. Man müsse überlegen, ob solche Instrumente noch zeitgemäß seien und ob die Enquete-Kommission nicht besser Facebook nutzen solle. Sein Eindruck sei, dass die Bürger, wenn sie auf Facebook unterwegs seien, auch als Bürgerinitiative, Partei oder Abgeordneter, ein vielfaches an Feedback geben würden, als über das komplizierte, viele Mitarbeiterstunden einbindende, Dialogportal. Das Dialogportal sei wichtig, da man dort alle Unterlagen für die Kommissionsarbeit habe, es scheine ihm aber nicht geeignet, einen wirklich breiten Dialog zu initiieren. Er habe vielmehr den Eindruck, dass sei ein Ding, in dem einige interessierte Fachkreise ihre Position noch einmal unterbringen könnten.

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Der Vorsitzende zitiert den Beschluss der Enquete-Kommission vom 10.12.2015, dass die Bewerbung der Enquete-Kommission durch die Mitglieder erfolge und dies vor allem in den sozialen Netzwerken. Auch könnten alle Beiträge auf dem Dialogportal in den sozialen Netzwerken geteilt und somit beworben werden. Ad hoc habe er auch keine andere Idee. Vielleicht könne man prüfen, ob Themen auch über Twitter verbreitet werden könnten. Aber auch dies müsste über die Kommissionsmitglieder erfolgen. Die Kommissionsmitglieder Graf und Raschke seien hier ja „Twitterfans“. Er appelliert an alle Kommissionsmitglieder, das Dialogportal zu nutzen. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund)weist darauf hin, dass die brandenburger Mitbürger ganz anders in den sozialen Medien kommunizieren würden. Sie seien mit Facebook unterwegs, und wenn dort jemand einen Beitrag verfasse, dann kommentieren sie diesen. Der Bürger gehe aber nicht auf irgendwelche Websites, um da in einem ganz komplizierten Verfahren Statements abzugeben. Wenn man möchte, dass die Bürger wirklich aktiv in den Diskussionsprozess eingebunden würden, dann musste man sehen, wie man das mache. Bei Facebook habe man sofort 3000 bis 4000 Leute, die sich zu kritischen Themen äußern würden. Beim Dialogportal sei die Schwelle einfach zu hoch. Bei Twitter könne man aber nur Termine teilen und keinen Dialog führen. Der Vorsitzende ergänzt, dass man auf Twitter auch Seiten verlinken könne. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) erklärt, dass das Dialogportal nun angeschafft sei und nun von den Mitgliedern genutzt werden müsse. Die Frage sei aber, ob der Livestream noch sinnvoll sei. Er weiß nicht, ob es sinnvoll sei, wegen zwei Zuschauern zu warten, bis die Kamera auf ein Kommissionsmitglied gerichtet sei. Dafür, dass der Stream für eine Handvoll Mitarbeiter hier im Hause neben der Arbeit laufe, müsste man sich das Prozedere mit der Kamera eigentlich nicht antun. Er fände das albern und es fabriziere ja auch Arbeit für die Mitarbeiter. Die EnqueteKommission sei nicht so wichtig, dass alle live zuschauen würden. Der Vorsitzende führt aus, dass es ja vor kurzem auch im Plenum den Antrag gegeben habe, alle Ausschusssitzungen live zu streamen. Deswegen halte er es für ein komisches Signal, wenn die Enquete-Kommission nun anfange, das wieder einzustellen, auch wenn er es manchmal anstrengend fände auf die Kamera zu warten. Dennoch würde er ungern derjenige sein, der vorangeschritten sei und nun wieder alles rückgängig mache. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) sagt, dass er einen Vorschlag zur Güte machen wolle. Wenn es interessierte Bürgerinnen und Bürger gäbe, die sich am Livestream bedienen wollen, dann sollten sie es tun. Allein durch die vielen auswärtigen Sitzungen werde eine Veränderung angewählt. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) unterstützt Kommissionsmitglied Folgart, dass es ein falsches Signal wäre, wenn jetzt der Livestream beendet werden würde. Gerade sei beschlossen worden 2017 fast nur noch in Potsdam zu tagen. Der Vorsitzende gibt zu bedenken, dass es mittlerweile auch so sei, dass der Hauptausschuss darüber diskutiere. Diese Diskussion sollte man abwarten.

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Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) erklärt, dass er gar nicht wolle, dass der Livestream abgeschafft werde. Er wolle nur anregen, die Erfahrungen der EnqueteKommission mit dem Hauptausschuss zu teilen. Bei manchen herrsche noch die Meinung, dass ein Livestream ein paar tausend Zuschauer hervorrufe, die Wirklichkeit sei aber eine andere. Es ginge hierbei auch um Geld. Der Vorsitzende ergänzt, dass man davon ausgehe, dass wenn die EnqueteKommission hier um zehn Uhr morgens anfange, die Masse der Bevölkerung auf Arbeit sei und nicht dem Livestream folgen könne oder dürfe. Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) schlägt vor, den Stream mit Facebook zu koppeln. Der Vorsitzende erklärt, dass dies die Variante sei, die sich die Kommission bereits gegeben habe, nämlich das jeder seinen eigenen Account nutze, um auf den Livestream hinzuweisen und zu verlinken. Er erklärt, dass die Erkenntnisse der Enquete-Kommission bezüglich des Livestreams an den Hauptausschuss weitergeleitet würden. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) erklärt, dass er überlege einen Antrag zum Änderungsantrag für den kommenden Tagesordnungspunkt zu stellen. Bevor er dies tue, habe er eine Verständnisfrage, ob diese Grundzentrale Ebene, wie sie nun vorgeschlagen werden, ein Zentraler Ort im Sinne des Raumordnungsrechts sei. Der Vorsitzende führt aus, dass in der Vorbesprechung heute Morgen kein Rechtsanwalt oder Jurist zugegen war und die Mitglieder sich nicht mit der Rechtswirkung des Systems Zentraler Orte befasst haben. Es sei sich darauf geeinigt worden, den Begriff nicht mehr zu verwenden, da es ein Begriff aus der Vergangenheit sei. Wichtig sei, dass die Dinge, die hinter diesem Begriff stünden, erhalten blieben, wie die Flexibilität im Sinne von Bauausweisungen, anderen Zumessungen oder andere Möglichkeiten. Auch eine finanzielle Bewertung sei nötig. Wichtig sei auch gewesen, dass die Entscheidung darüber bei den Regionalen Planungsgemeinschaften liege und dass dies schnell passieren solle und nicht erst 2025. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) sagt, dass er stutzig geworden sei, da es seit einigen Tagen die Halbzeitsbilanz aus der Pressestelle der Staatskanzlei gäbe, und man hier lesen könne, dass zur räumlichen Bündelung von Versorgungsfunktionen innerhalb der Grundversorgungsbereiche innergemeindlich räumliche Schwerpunkte festzulegen seien. Das bedeute aber, dass die Regionalplanung den Schwerpunkt mache und daraus lasse sich keine finanzielle Zuweisung aus dem Finanzausgleichsgesetz ableiten. Dies sei der Unterschied zu Zentralen Orten. Der Vorsitzende weist darauf hin, dass die Diskussion hierzu im nächsten Tagesordnungspunkt stattfinde und schließt den Tagesordnungspunkt 5.

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Zu TOP 6:

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Positionspapier der EK 6/1 zum Entwurf des Landesentwicklungsplanes HR – Beschlussfassung

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt. Folgende Dokumente lägen vor: 1. Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR, versandt am 14. März 2017 (Anlage 9). 2. Überarbeiteter Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR als Tischvorlage, Stand: 31.03.2017, 9:30 Uhr (Anlage 10). 3. Änderungsantrag des Kommissionsmitglieds Graf zum überarbeiteten Entwurf als Tischvorlage (Anlage 11). Er weist darauf hin, dass die Beratung über Papiere einer gewissen Zeit bedürfe. Insofern sei die Zeitplanung für den Zwischenbericht angebracht. Der Vorsitzende erläutert, dass der aktuelle Entwurf aus einer Beratung der Berichterstattungsgruppe 1 von heute früh von 8.30 Uhr bis 9.30 Uhr vorgehe. Er schlägt vor, dass die konsensfähigen Punkte heute und die noch zu prüfenden Punkte in der Sitzung am 12.05.2017 beschlossen werden sollten. Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) erläutert den aktuellen Entwurf. Die rot gekennzeichneten Änderungsvorschläge seien diejenigen, die in der heutigen Sitzung der Berichterstattungsgruppe 1 auf Grundlage der eingegangenen Hinweise zum vorherigen Entwurf beraten worden seien. Viele der Punkte seien auch unstrittig und hätten Formulierungen der Berichterstattungsgruppe 1 noch präzisiert. Er gestatte sich noch den Hinweis, dass es ja nicht die Aufgabe der Enquete-Kommission sei, Noten zu vergeben und Kritik zu üben, sondern Handlungserfordernisse für den ländlichen Raum aufzuzeigen. Zu den Erfordernissen, die sich aus dem ersten Entwurf des LEP HR ergeben, solle die Kommission eine klare Position beziehen. (Im Folgenden wird direkt im überarbeiteten Entwurf des Positionspapiers [Stand: 31.03.2017, 9:30 Uhr. Anlage 10] gearbeitet. Die Ergebnisse können dem erneut überarbeiten Entwurf [Stand: 31.03.2017, 13:00 Uhr Anlage 12] entnommen werden.) Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) beginnt seine Erläuterung auf Seite 1 des Entwurfs. Er verweist auf die vorgenommen Änderungen, dass die erhebliche Differenzierung des ländlichen Raumes nicht nur auf den demografischen Wandel zurückzuführen sei und zu plakative Zuschreibungen im Landesentwicklungsplan vermieden werden sollen. Er fährt auf Seite 2 des Entwurfs fort und verweist auf noch widersprüchliche Bezeichnungen hinsichtlich der Ebene unterhalb der Mittelzentren. Diese gelte es noch zu vereinheitlichen. Darüber hinaus sei die vorgenommen Stärkung von Stellenwert und Engagement von regionalen Akteuren unterschiedlicher Ebenen sinnvoll. Die Kulturlandschaften seien herausgefallen. Diese müssten vielleicht an anderer Stelle angeführt werden. Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) verweist auf den ersten strittigen Punkt. Im ursprünglichen Entwurf seien Grundzentren zur Bündelung von Daseinsvorsorge im metropolenfernen ländlichen Raum favorisiert worden. In der vorliegenden Überarbeitung sei, auch durch die Regierungsfraktionen, ein stärkerer Fokus auf die Grundfunktionalen Schwerpunkte gelegt.

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Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) erläutert, dass die Änderung der Überschrift dazu diene, eine Einigung zu ermöglichen. Alle können sich darauf verständigen, dass unterhalb der Mittelzentren eine Handlungsebene etabliert werden müsse. Der Streitpunkt sei die Frage, ob Grundzentren im Rahmen der Landesentwicklungsplanung oder Grundfunktionale Schwerpunkte im Rahmen der Regionalplanung festzusetzen seien. Dies seien verschiedene Planungsebenen. Grundfunktionale Schwerpunkte seien richtig, da im LEP HR nicht nur der metropolenferne Raum, sondern auch der berlinnahe Raum geregelt sei. Die Etablierung von Grundzentren im berlinnahen Raum sei jedoch wahrscheinlich nicht notwendig, hier reiche eine Differenzierung bis zu den Mittelzentren oder Mittelbereichen. Deshalb sollten Grundfunktionale Schwerpunkte gebildet werden, welche auf der Ebene der Regionalplanung durch die unmittelbaren Akteure gebildet und festgelegt werden würden. Es sei ihnen aber bewusst, dass man daran Kriterien binden müsse. Zum einen müsse es Kriterien hinsichtlich der konkreten Funktion geben, zum anderen hinsichtlich der Auswahl, welche auch schnell erfolgen müsse, und schließlich hinsichtlich der finanziellen Ausgestaltung im FAG. Ohne diese Kriterien würde es nicht funktionieren, das habe man versucht im weiteren Text zu erklären. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) stimmt darin überein, dass dieser Punkt des Papiers nochmals intensiv beraten werden sollte, um Verbesserungen und Veränderungen am LEP HR zu erreichen. Im Gespräch mit Herrn Drews seien sich alle einig gewesen, und dieser habe es auch zugegeben, dass es noch erhebliche Änderungen geben werde. Über die habe er noch nicht sprechen könne, weil im ganzen Land der Aufschrei so groß gewesen sei. Es gehe um die Frage, welche Privilegien und Entwicklungsmöglichkeiten die kleinen Orte im Planungsrecht und welche finanzielle Ausstattung sie für die Aufgaben hätten, die sie für die Bürgerinnen und Bürger ihrer Gemeinde und im Umfeld wahrnehmen. Die Enquete-Kommission dieses Landtages, welche explizit für den ländlichen Raum eingerichtet wurde, und die auf jeder Vor-Ort-Sitzung im Land mitbekommen habe, wo den kleinen Orten der Schuh drücke, müsse klarmachen, dass dem im alten LEP und im neuen Entwurf nicht genügend Rechnung getragen werde. Er führt weiter aus, dass er Verständnis dafür habe, der Landesregierung eine gesichtswahrende Brücke zu bauen. Letztlich sei es auch egal, welche Bezeichnung gewählt werde. Wichtig sei, dass die Enquete-Kommission ein klares Signal an das Ministerium, die Landesregierung und die Kollegen im Parlament sende, was in diesen Entwurf noch aufgenommen werden müsste. Er müsse jedoch dringend davor warnen, den Regionalen Planungsgemeinschaften die Entscheidung darüber zu geben, ob den kleinen Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern, die dort nicht Mitglied seien, zusätzliche Kompetenzen und Finanzmittel zugewiesen werden sollten. Dies würde nicht passieren. Das Land müsse klären, was die kleinen Orte wert seien. Er verweist auf Seite 3, welche zu viele weiche Formulierungen enthielte. Es müsse klargestellt werden, dass diese kleinen Orte in Zukunft wieder Zentrale Orte werden würden und durch das FAG für die damit verbundene Aufgabenwahrnehmung Geld erhalten. Die Enquete-Kommission befände sich in einer entscheidenden Phase ihrer Arbeit. Die Kommission müsse die Interessen des ländlichen Raumes gegenüber

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dem Speckgürtel, der Landesregierung und dem Ministerium wahrnehmen. Wenn die Kommission bereits jetzt mit abgeschwächten Formulierungen in die weiteren Beratungen zum Landesentwicklungsplan ginge, würde für die kleinen Orte wenig oder sogar weniger als bisher herauskommen. Dann könne man sich die Arbeit in der Kommission, mit dem Dialogportal, dem Live-Stream und den Vor-Ort-Terminen sparen und es würde ein ganz schwacher Zwischen- und Abschlussbericht entstehen. Vielmehr müsse die Enquete-Kommission hier ein starkes Signal setzen und die Positionen standhafter und mutiger vertreten. Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) unterstreicht, dass die fehlende Mitgliedschaft der kleinen Gemeinden in den Regionalkonferenzen problematisch sei. Gleichzeitig können die größeren Gemeinden aufgrund der hohen Soziallasten kein Geld abgeben. Eine Reduzierung der Landesentwicklung auf die Sicherung der Daseinsvorsorge sei nicht angebracht, vielmehr gehe es um die Sicherung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum. In Schlieben habe es um 1991 herum 4.000 Arbeitsplätze gegeben, wovon mit großem Aufwand 1.200 erhalten werden konnten. In anderen ehemaligen Grundzentren sehe es noch viel schlechter aus. Gleichzeitig schränke man mit dem LEP HR sogar Gebäude für die Landwirtschaft im Außenbereich ein, was die für die Schaffung von Arbeitsplätzen benötigten Handlungsspielräume, auch die von Kommissionsmitglied Raschke immer eingebrachte Biolandwirtschaft, weiter einschränke. Kommissionsmitglied Roick (SPD) fügt ergänzend hinzu, dass die Landesregierung die Problematik der fehlenden Mitgliedschaft von kleinen Gemeinden in der Regionalplanungsgemeinschaft anerkenne und es bei der geplanten Änderung des Regionalplanungsgesetzes so geregelt werden solle, dass alle hauptamtlichen Bürgermeister in der Regionalversammlung Stimme und Sitz haben. Kommissionsmitglied Liedtke (SPD) bedankt sich für die Arbeit am Positionspapier. Die Überarbeitung habe das Papier verbessert. Sie verweist auf die Streichung der Kulturlandschaften auf Seite 2, da diese dort nicht gut gepasst hätten. Man sei sich darüber einig, dass es unterhalb der Mittelzentren eine mit FAG-Mitteln ausgestattete Ebene geben müsse. Insofern stimme sie Kommissionsmitglied Wichmann zu, dass die Enquete-Kommission nicht die Meinung der Ministerien wiederspiegeln müsse, sondern weiterdenken solle. Daher habe man sich viele Gedanken über die Benennung gemacht, könne aber dem Formulierungsvorschlag von Herrn Graf, diese als Zentrale Orte im Sinne des Raumordnungsrechts zu bezeichnen, zustimmen. Kommissionsmitglied Lehmann (Sachverständiger) kritisiert die kurzfristig eingegangenen umfangreichen Änderungsvorschläge, da das Papier bereits viele der Hinweise und Wünsche aus den öffentlichen Beratungen und Anhörung enthalten habe. Jetzt werde wieder über Grundzentrum gesprochen. Die von Herrn Graf angeführten juristischen Probleme seien richtig und sollten übernommen werden. Offen seien noch die Zuweisung von Funktionen sowie die Finanzausstattung und die Rechtsgrundlage für das Vorhalten von bestimmten Leistungen der Daseinsvorsorge. Außerdem müsse noch über den Aspekt des Freiraumverbundes gesprochen werden, der einerseits mehr Fläche als die eigentlichen Schutzgebiete betrifft, andererseits aber auf der Ebene des LEP zu grobmaschig und trotzdem zu restriktiv sei. Schließlich müssen die Frage der personellen Ausstattung der Geschäftsstellen der Regio-

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nalen Planungsgemeinschaften sowie die Mitgliedschaft von kleinen Gemeinden noch geklärt werden. Deshalb sei das Papier heute noch nicht beschlussfähig. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) unterstützt den Änderungsantrag von Herrn Graf. Der bisher gewählte Begriff einer leistungsfähigen Handlungsebene unterhalb der Mittelzentren, die ja alle unterstützen, sei bisher weder juristisch definiert noch in der Praxis etabliert. Mit einer klaren Begrifflichkeit können alle besser arbeiten und es mache deutlich, dass damit für diese Orte planungsrechtliche Befugnisse und Finanzzuweisungen verbunden seien. Sofern der Änderungsantrag von Herrn Graf so beschlossen werde, sei eine Beschlussfassung über das Papier auch heute schon möglich. Kommissionsmitglied Roick (SPD) regt eine Änderung des Änderungsantrags dahingehend an, dass es sich nicht um Zentrale Orte im Sinne des Raumordnungsrechtes handeln „soll“, sondern handeln „muss“. Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) verweist darauf, dass sich auch andere Vorhaben der Landesregierung verzögerten. Eine Verzögerung beim Regionalplanungsgesetz sei aber nicht gut für die zukünftige Entwicklung im ländlichen Raum. Kommissionsmitglied Thomas (Sachverständiger) spricht sich für die Nichterwähnung der Kulturräume aus, da im LEP HR das bürgerschaftliche Engagement auf diesen Raum beschränkt sei. Zur Begrifflichkeit sei anzumerken, dass es sich bei Zentralen Orte um einen Terminus technicus handele und daher mit Konsequenzen verbunden sei. Er könne sich diesbezüglich vorstellen, in dem Positionspapier ein bis zwei Varianten mit Bedingungen und Konditionen darzustellen, um das ernste Anliegen der Enquete-Kommission zu verdeutlichen. Der Vorsitzende stellt Einigkeit hinsichtlich der ersten beiden Abschnitte des Positionspapiers fest. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) erläutert seinen Änderungsantrag und verweist darauf, dass die Gemeinden ein Verfahren, bei denen Grundfunktionale Schwerpunkte in ihrem Gemeindegebiet durch die Regionale Planungsgemeinschaft festgelegt werden, ablehnten. Es gehe den Gemeinden um die Anerkennung der übergemeindlich wirkenden Funktionen und eine Dotierung dieser Funktionen im FAG. Damit sich nicht alles auf die Mittelzentren konzentriere, müssten die Zentralen Orte ausgewiesen werden, damit die soziale Infrastruktur im Sinne des Raumordnungsrechts zu bündeln sei. Die bisherige Planung sei ein Rückzug aus dem ländlichen Raum, was von der Kommission nicht gewollt sei. Konsequent sei daher die Forderung, dass die Zentralörtliche Ebene benötigt werde, bei allen vorhandenen Problemen im Umland oder bei großflächigen Gemeinden. Die konkrete Bezeichnung sei letztlich nicht wichtig, sondern die Wirkung. Er unterstütze die Vorschläge vom Kommissionsmitglied Roick, aus dem „Soll“ ein „Muss“ zu machen sowie hinsichtlich des Ziels der Änderung des Regionalplanungsgesetzes. Der Vorsitzende stellt dazu Einvernehmen fest.

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Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) wirft die Frage auf, wer über die Ausweisung eines Zentralen Ortes, eines Grundzentrums entscheide. Er glaube auch nicht, dass eine Ausweisung durch die Regionalen Planungsgemeinschaften funktioniere. Er bittet die Berichterstattungsgruppe 1 zu prüfen, welche Erfahrungen es dazu in Sachsen und Sachsen-Anhalt gebe. Der Vorsitzende stimmt dem Vorschlag zu und ergänzt, dass diese Frage auch im Rahmen der Anhörung im AIL zum Entwurf des LEP HR am 4. Mai durch die dort vertretenen Kommissionsmitglieder diskutiert werden könne. Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) stimmt einer vergleichenden Betrachtung mit Sachsen und Sachsen-Anhalt durch die Berichterstattungsgruppe 1 zu. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) argumentiert, dass eine Ausweisung durch die Regionalen Planungsgemeinschaften, wie sie im jetzigen Entwurf zum LEP HR vorgesehen sei, nur dann Sinn machen, wenn auch die kleinen Orte Sitz und Stimme in den Regionalversammlungen hätten. Dies sollte in der Stellungnahme der Enquete-Kommission als Kondition festgehalten werden. Der Vorsitzende wird dazu einen Formulierungsvorschlag erarbeiten. Kommissionsmitglied Lehmann (Sachverständiger) präferiert die ursprüngliche Bezeichnung in der Überschrift, Zentralörtliche Ebene, um den Ansatz der Kommission zu verdeutlichen. Kommissionsmitglied Wagner (Landkreistag) ergänzt, dass das Positionspapier noch einmal überarbeitet werden solle, um durch die Überarbeitung entstandenen Unstimmigkeiten zu beheben und einen einheitlichen Sprachgebrauch zu wählen. Bei der Mitgliedschaft der kleinen Orte in den Regionalversammlungen sei jedoch auch die Frage der Handlungsfähigkeit der Regionalen Planungsgemeinschaften zu betrachten. Kommissionsmitglied Schröder (AfD) plädiert für die Bezeichnung Zentralörtliche Ebene in der Überschrift. Er wirft die Frage auf, ob aufgrund der komplizierten Verfahren die Ausweisung nicht besser vom Land ausgehen solle. Dies sei zu diskutieren. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) schlägt vor, die Frage, ob eine Ausweisung auf Ebene der Regional- oder der Landesplanung erfolgen sollte, durch die Berichterstattungsgruppe 1 klären zu lassen. Die Kommission benötige für eine Entscheidung eine Gegenüberstellung der entsprechenden Vor- und Nachteile sowie die Kriterien für die Ausweisung. Wenn dies geklärt sei, könne man sich auch leichter über die Bezeichnung verständigen. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) verweist auf die frühere zentralörtliche Gliederung, bei der die Grund- oder Kleinzentren aufgrund von Vorgaben der Landesgesetzgebung durch die Regionalen Planungsgemeinschaften ausgewählt worden seien. Es habe damals klare Kriterien gegeben, beispielsweise hinsichtlich der Ausstattung, die erfüllt werden sollten. Natürlich habe es auch darüber

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politische Diskussionen und Zwischenwege gegeben, aber es seien konkrete Vorgaben gemacht worden. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) regt an, den Änderungsantrag von Herrn Graf zur Abstimmung zu stellen und damit über den ersten Teil des Positionspapiers heute zu entscheiden. Zu den anderen Punkten könne dann wie von Kommissionsmitglied Schwarzenberg vorgeschlagen verfahren werden und dann eine Beschlussfassung in der Sitzung am 12. Mai erfolgen. Der Vorsitzende plädiert dafür, die heute noch vorhandene Zeit für die weitere Beratung am Positionspapier zu nutzen. Er ruft den so geänderten Änderungsantrag von Kommissionsmitglied Graf zur Abstimmung auf. Dieser wird einstimmig angenommen. Der Vorsitzende führt zum Abschnitt „regionale Entwicklungsperspektiven eröffnen“ über. Er berichtet einleitend über eine Diskussionsveranstaltung mit der Gärtnerinnung im Bundestag, bei der er den Eindruck gewonnen haben, dass aus Sicht der großen Städte der ländliche Raum ein großes Naturschutzgebiet mit einem Biogarten sei. Dies sei natürlich eine überspitze Darstellung, mache aber deutlich, dass dies gerade nicht passieren dürfe sondern es auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum geben müsse. Darüber hinaus sei festzustellen, dass die Entwicklung vor Ort immer von Menschen abhängig sei. Oftmals seien die Bedingungen ähnlich, jedoch machten die handelnden Personen den Unterschied. Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) erläutert, dass es einen Diskussionsbedarf zum Thema Freiraumverbund gegeben habe. Die Anpassbarkeit des Freiraumverbundes sei zum Teil nicht als Option wahrgenommen worden. Der Kompromiss sehe vor, dass eine gewisse örtliche Flexibilität erreicht werden solle. Er verweist auf die entsprechende Formulierung im Positionspapier. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) stellt klar, dass er nicht davon ausgegangen sei, über den gesamten Änderungsantrag abgestimmt zu haben. Den Freiraumverbund auf der Ebene der Landesentwicklungsplanung zu konkretisieren, sei für seine Fraktion nicht zustimmungsfähig. Sie plädiere dafür, dies auf der Ebene der Regionalplanung zu konkretisieren. Der Vorsitzende erwidert, dass über den gesamten Antrag abgestimmt worden sei. So habe er diesen aufgerufen. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) erläutert, dass die Landesplanung dies nicht konkretisieren müsse, weil der Maßstab sehr groß sei und dann auf der regionalplanerische Ebene ohnehin konkretisiert werden müsse. Es sei jedoch so, dass der Freiraumverbund ganze Hafenanlagen umschließe und dies müsse auf Ebene des Landesentwicklungsplanes korrigiert werden. Die Regionalplanung könne da nichts machen. Wenn man bestimmte Dinge auf der Landesebene unverändert lasse, dann könne die Regionalplanung nur noch ganz fein nachsteuern. Diese Nachsteuerung solle aber nicht ausgeschlossen werden, sondern müsse den Freiraumverbund aufgrund der großen Maßstäbe weiter konkretisieren. Dies müsse im Positionspapier vielleicht noch weiter konkretisiert werden.

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Der Vorsitzende ergänzt, dass diese Diskussion bereits in der Berichterstattungsgruppe 1 geführt worden sei. Es gebe wohl nicht nur bei Hafenanlage Fehler im Plan, sondern auch bei Schutzgebieten, welche nicht im Freiraumverbund enthalten seien. Eine entsprechende textliche Änderung wird direkt im Positionspapier vorgenommen. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) ist mit der Änderung einverstanden, weist jedoch drauf hin, dass es dadurch erforderlich werde zu betonen, dass auch bei einer Konkretisierung des Freiraumverbundes auf Landesebene dies unter Beachtung der Nachhaltigkeitsziele erfolgen müsse. Dies sei ein Kernanliegen seiner Fraktion. Im ursprünglichen Entwurf habe man auf eine doppelte Erwähnung dieses Anliegens verzichtet. Da der Entwurf jetzt aber länger geworden sei, mache dies eine explizite Erwähnung für die Landesebene erforderlich. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) schließt sich der Forderung von Kommissionsmitglied Raschke an, das Nachhaltigkeitsprinzip auch für die Landesebene vorzusehen. Sie sei jedoch auch davon ausgegangen, dass nur über den ersten Punkt des Änderungsantrages von Kommissionsmitglied Graf abgestimmt worden sei. Über die anderen Punkte habe man noch nicht diskutiert. Der Vorsitzende weist erneut darauf hin, dass bereits über alle Punkte des Änderungsantrags abgestimmt worden sei. Trotzdem könne man natürlich über diese Punkte nochmals diskutieren. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) verweist darauf, dass die Frage der Nachhaltigkeit an dieser Stelle nicht richtig platziert sei. Die Ausweisung sei keine Abwägungsentscheidung gewesen, sondern wurde anhand eines Algorithmus mit allen möglichen Schutzkategorien vorgenommen. Bei der Frage der Nachhaltigkeit geht es aber um eine Abwägung. Die Frage, ob eine Planung nachhaltig ist, müsse auf der lokalen oder regionalen Ebene entschieden werden. Deshalb passe dies in diesem Absatz nicht rein. Kommissionsmitglied Roick (SPD) ergänzt, dass bei einer Entwicklung eines Unternehmens im Freiraumverbund die Nachhaltigkeit nicht immer gefährdet sei. Die Festlegung des Freiraumverbundes sei oftmals nicht nach Nachhaltigkeitskriterien erfolgt. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) spricht sich ebenfalls für möglichst einheitliche Formulierungen im Positionspapier aus. Darüber hinaus habe er kein Problem, den Nachhaltigkeitsaspekt noch mit unterzubringen. Es ginge ja eigentlich darum, dass im Freiraumverbund das Dorf und die ausgefransten Ortslagen in ihren Aktivitäten nicht eingeschränkt werden sollen. Kommissionsmitglied Thomas (Sachverständiger) stimmt darin überein, Kommissionsmitglied Friedrich und der Berichterstattungsgruppe 1 die konkrete Formulierung zu überlassen. Wichtig sei, dass die Nachhaltigkeit nicht nur irgendwo angefügt sei, sondern dass eine Entwicklung die Kriterien der Nachhaltigkeit in der Kommunalentwicklung und der Unternehmensentwicklung gewährleistet werden müssen und dann könne das Problem des Freiraums gestellt werden. Das eine dürfe das andere nicht ausschließen.

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

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S. 28 31.03.2017 dun-otto-sto

Der Vorsitzende nimmt entsprechend des Diskussionsverlaufs eine direkte Änderung im Positionspapier vor. Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) plädiert dafür, dass sich im Positionspapier auf den Begriff der Nachhaltigkeit gemäß der Nachhaltigkeitsstrategie bezogen werden solle, damit ein einheitliches Verständnis über eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden könne. Der Vorsitzende sagt zu, eine entsprechende Formulierung zu finden und leitet zum nächsten Abschnitt „Stellenwert und Engagement regionaler Akteure stärken“ über. Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) weist darauf hin, dass über die Änderungen zu diesem Teil in der Berichterstattungsgruppe 1 noch nicht diskutiert werden konnte. Die erste Änderung könne er mittragen, bei der zweiten Änderung bedarf es zumindest noch einer sprachlichen Überarbeitung. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) merkt an, dass die in diesem Abschnitt getroffene Aussage, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften die Grundfunktionalen Schwerpunkte ausweisen, weiterhin strittig sei und daher auch entsprechend behandelt werden müsse. Darüber hinaus fehlten in dem Abschnitt eine Aussage zur integrierten Regionalplanung sowie die Ausweisung monofunktionaler Räume. Zum Beispiel gebe es wertvolle landwirtschaftliche Fläche, die gesondert ausgewiesen werden sollte. Diese seien bisher auch nicht strittig gewesen. Kommissionmitglied Lehmann (Sachverständiger) fragt nach, warum man dann nicht direkt von Vorranggebieten für Ackerland spreche, sondern es monofunktionale Räume hieße. Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) erwidert, dass es beim Acker zwar am plastischsten sei, es aber auch andere monofunktionale Räume wie für die Forstwirtschaft oder den Naturschutz gebe. Man könne jedoch die Ackerflächen als Beispiel anführen. Kommissionsmitglied Folgart (SPD) erklärt sich mit dieser Formulierung einverstanden. Kommissionsmitglied Graf (Städte- und Gemeindebund) fügt an, dass diese Aussage nicht in diesen Abschnitt passe, sondern beim Freiraumverbund aufgeführt werden sollte. Er habe die Kritik an den multifunktionalen Freiräumen so verstanden, dass speziell die monofunktionalen Freiräume zu sehr eingeschränkte werden würden. Der Vorsitzende erwidert, dass er dieses Problem nicht sehe und daher die Aussage auch dort belassen würde. Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) verweist auf die Situation in Mühlberg, wo es 500 Hektar guten Acker gebe, die Wiederherstellung jedoch nicht erfolge. Daher müssten die Ackerflächen hier genannt werden. Der Vorsitzende bestätigt dies und verweist auf den Verlust von Ackerflächen durch den Kiesabbau und durch die Kennzeichnung von Windeignungsgebieten. Die Regi-

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

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onalen Planungsgemeinschaften müssten bei der integrierten Regionalplanung unterstützt werden, auch personell und finanziell, bisher gebe es nur Teilregionalpläne. Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) fordert, dass der entsprechende Satz klarer formuliert werde. Der Vorsitzende nimmt entsprechend des Diskussionsverlaufs eine direkte Änderung im Positionspapier vor und stellt zu dem Abschnitt Einvernehmen fest. Er leitet über zum Abschnitt „Dörfer als Heimat und Identifikationsräume stabilisieren“. Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) erläutert kurz, dass die vorgeschlagenen Änderungen Kürzungen darstellten, die er mittragen könne. Kommissionsmitglied Lehmann (Sachverständiger) stimmt diesem zu, sofern die gestrichenen Beispiele von den anderen Berichterstattungsgruppen im Zwischenbericht bearbeitet werden. Der Vorsitzende erläutert, dass bei der Arbeit am Zwischenbericht natürlich darauf geachtet werde, dass keine Themen vergessen werden und es zu keinen Doppelungen komme. Kommissionsmitglied Schröder (AfD) schlägt vor, im letzten Satz des vorletzten Absatzes aus dem „sollten“ ein „müssen“ zu machen. Es gehe um die Ausweisung von Flächen zur Bebauung. Die Kommission habe in den Gesprächen in den einzelnen Gemeinden festgestellt, dass es in Bezug zu den Flächennutzungsplänen ein großes Problem gebe. Daher sei an dieser Stelle eine klare Formulierung notwendig. Der Vorsitzende nimmt entsprechend des Diskussionsverlaufs eine direkte Änderung im Positionspapier vor. Er verweist auf das besprochene Vorgehen, dass die Berichterstattungsgruppe 1 zu den noch offenen Punkten einen Vorschlag zur nächsten Sitzung vorlegen sowie die Begrifflichkeiten und Formulierungen vereinheitlichen solle. Die Beschlussfassung für das Papier solle dann am 12. Mai 2017 erfolgen. Er schließt den Tagesordnungspunkt.

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Zu TOP 7:

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S. 30 31.03.2017 dun-otto-sto

Sonstiges

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt. Es lägen folgende Dokumente vor: 1. Die Projektvorstellung Lausitz an einen Tisch, versandt am 29.03.2017 (Anlage 13). 2. Das vorläufige Programm der Informationsreise nach MecklenburgVorpommern, versandt am 30.03.2017 (Anlage 14). 3. Auswertung der Beteiligung der BEG 3 zum Thesenpapier zur Daseinsvorsorge und gleichwertigen Lebensverhältnissen, versandt am 30.03.2017 (Anlage 15). Der Vorsitzende stellt das Projekt Lausitz an einem Tisch vor. Hierfür seien verschiedene Protagonisten aus Dörfern an einen Tisch geholt worden. Jeder durfte reden wie er dachte und niemand bewertete das Gesagte. Am Ende sei ein Buch daraus entstanden mit vielen Lausitzer Geschichten. Dies habe zu einer Identitätsstiftung beigetragen, da dort auch Menschen gesprochen hätten, die das sonst nie gemacht hätten. Dies sei auch sehr emotional gewesen und auch für andere Regionen interessant. Er empfehle, dass sich die BEG 5 dieses Themas annehme und ein Fachgespräch dazu durchführe oder die Verantwortlichen in einer der nächsten Sitzungen hier angehört würden. Kommissionsmitglied Thomas (Sachverständiger) erklärt, dass er das Projekt und alle daran beteiligten Personen gut kenne und die BEG 5 das bereits auf ihrem Schirm habe. Der Vorsitzende informiert darüber, dass die BEG 3 eine sehr gute Auswertung der auf dem Dialogportal eingegangen Beiträge zum Thesenpapier zur Daseinsvorsorge vorgenommen habe. Diese werde durch das Sekretariat zeitnah auf das Dialogportal eingestellt. Kommissionsmitglied Wagner (Landkreistag) führt aus, dass sich die BEG 3 mit den Stellungnahmen intensiv auseinandergesetzt habe und gemeinsam diese Antwort erarbeitet habe. Er denke, die BEG habe einen sehr guten Ton getroffen, so dass alle Bürger eine entsprechende Antwort erhalten. Der Vorsitzende erklärt, dass keine neuen Themen für Beteiligungsverfahren anstehen. Das laufende Verfahren zum Thema Jugendbeteiligung sei noch nicht auf größere Resonanz gestoßen. Hier bitte er die Kommissionsmitglieder Werbung zu machen. Der Vorsitzende informiert zur Lernreise, dass ein aktualisiertes Programm erarbeitet worden sei und allen Kommissionsmitglieder zugegangen sei. Der Vorsitzende schließt den Tagesordnungspunkt und die Sitzung. Ende der Sitzung 13:06

(Dieses Protokoll wurde durch Beschluss der Enquete-Kommission gemäß § 83 Absatz 2 Satz 2 GOLT in der 18. Sitzung am 16.06.2017 bestätigt.)

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

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Anlagen Anlage 1:

Entwurf der Gliederung und Erläuterungen zum Zwischenbericht (TOP 2)

Anlage 2:

Langfristige Sitzungsplanung (TOP 2)

Anlage 3:

Antrag des Kommissionsmitglieds Folgart zur Durchführung einer Anhörung (TOP 2)

Anlage 4:

Zeitstrahl für die Erstellung des Zwischenberichts (TOP 2)

Anlage 5:

Schreiben des Kommissionsmitglieds Graf zum Umgang mit Bevölkerungsprognosen (TOP 4)

Anlage 6:

Schreiben des Kommissionssekretariats im Auftrag des Vorsitzenden hinsichtlich der Teilnahme des AfS (TOP 4)

Anlage 7:

Antworten des AfS (TOP 4)

Anlage 8:

Nutzerzahlen, Kennziffern und Statistiken (TOP 5)

Anlage 9:

Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR (TOP 6)

Anlage 10:

Überarbeiteter Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR, Stand: 31.03.2017, 9:30 Uhr (TOP 6)

Anlage 11:

Änderungsantrag des Kommissionsmitglieds Graf (TOP 6)

Anlage 12:

Überarbeiteter Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR, Stand: 31.03.2017, 13.00 Uhr (TOP 6)

Anlage 13:

Projektvorstellung Lausitz an einen Tisch (TOP 7)

Anlage 14:

Programm (vorläufig) Vorpommern (TOP 7)

Anlage 15:

Auswertung der Beteiligung der BEG 3 zum Thesenpapier zur Daseinsvorsorge und gleichwertigen Lebensverhältnissen (TOP 7)

der

Informationsreise

nach

Mecklenburg-

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Anlage 1:

P-EK 1- 6/16

Anlage 01 31.03.2017 dun-otto-sto

Entwurf der Gliederung und Erläuterungen zum Zwischenbericht (TOP 2)

Landtag Brandenburg ____________________________________________________________________ Enquete-Kommission 09.03.2017 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels FO

Entwurf Gliederung Zwischenbericht EK 6/1 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Anlagenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Vorwort A Einsetzung der Enquete-Kommission 6/1 •

Ausgangslage



Handlungsauftrag der EK 6/1



Zusammensetzung der EK 6/1



Arbeitsweise der EK 6/1



Themenfelder der EK 6/1



Bürgerbeteiligung (Vor-Ort-Sitzungen, Bürgersprechstunden, Dialogportal)

B Bearbeitung der Themenfelder / Zwischenergebnisse

Bearbeitung der Themenfelder 1-6 (analoge Anwendung aller Themenfelder) Allgemeines/thematische Einführung in das gesamte Themenfeld Darstellung der Informationsgewinnung (Zusammenfassung bisheriger EK-Sitzungen und Fachgespräche zum Thema, inhaltlicher Kurzüberblick der Anhörungen, zusammenfassende und komprimierte Darstellung der Inhalte der Anhörungen, Lernreisen) Zwischenergebnisse /Ergebnisse (sofern Konsens in EK: Thesen, Schlussfolgerungen) Ausblick/Noch zu bearbeitende Themen

C Zusammenfassung und Ausblick •

Zusammenfassung der bisherigen Arbeit der EK 6/1



Ausblick

Landtag Brandenburg ____________________________________________________________________ Enquete-Kommission 09.03.2017 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels FO

Themenfelder der EK 6/1 B 1 Themenfeld 1 - Planungsrecht und Siedlungsstrukturentwicklung Unterthemen: B 1.1. Die Landes-, Regional-, Siedlungs- und Wohnraumentwicklung B 1.2. Ländliche Entwicklung und Stadt-Umland-Beziehung B 1.3. Grundversorgung B 1.4. Die Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgern und Kommunen an den Strukturentwicklungsprozessen werden geprüft. B 2 Themenfeld 2 - Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung Unterthemen: B 2.1. Landwirtschaft und nachhaltige Landnutzung B 2.2. Energie und Umwelt B 2.3. Wirtschaft, kleine und mittlere Unternehmen, Handwerk, Tourismus, Energie und der Strukturwandel in der Lausitz B 2.4. Arbeitsmarkt, Fachkräftesicherung und die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen B 3 Themenfeld 3 - Daseinsvorsorge Teil 1: Digitale und technische Infrastruktur und Dienstleistungen, Mobilität Unterthemen: B 3.1. ÖPNV / Nahversorgung B 3.2. Straßen- und Schienennetz B 3.3. Wasser und Abwasser, Abfallentsorgung B 3.4. Breitbandausbau und Kommunikation

Landtag Brandenburg ____________________________________________________________________ Enquete-Kommission 09.03.2017 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels FO

B 4 Themenfeld 4 - Daseinsvorsorge Teil 2: Soziale Infrastruktur und Dienstleistungen B 4.1. Ältere Menschen in der Gesellschaft, Gesundheitsvorsorge, medizinische Versorgung und Pflege B 4.2. Familie, Kinder und junge Menschen B 4.3. Kinderbetreuung und Schulversorgung B 4.4. Bildung und Wissenschaft

B 5 Themenfeld 5 - Gesellschaftliche und politische Teilhabe B 5.1. Partizipation und lokale Demokratie B 5.2. Generationen- und geschlechterübergreifende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben B 5.3. Förderung und Stärkung von bürgerschaftlichen Engagement und Ehrenamt B 5.4. Förderung regionaler Identität B 5.5. Freizeit, Sport und Kultur B 5.6. Brand- und Katastrophenschutz B 5.7. Zuwanderung und Integration B 6 Themenfeld 6 - Querschnittsthemen / Schlussfolgerungen / Zwischen- und Abschlussbericht B 6.1. Querschnittsthemen (demografische Entwicklung bis zum Jahr 2050, die Entwicklung von ländlichen Regionen insgesamt, die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg, Demografie, Finanzen etc.) B 6.2. Meinungsumfragen B 6.3. Vernetzung der Themenfelder und Ideen B 6.4. Zwischenbericht B 6.5. Abschlussbericht auch: übergreifende Würdigung der Lernreisen + Bürgerbeteiligung (Dialogportal, Bürgersprachstunden)

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 2:

P-EK 1- 6/16

Langfristige Sitzungsplanung (TOP 2)

Anlage 02 31.03.2017 dun-otto-sto

Langfristige Sitzungsplanung der EK 6/1 Stand: 23.03.2017 Vorbemerkung: Die folgende Übersicht ist ein grober Entwurf zur besseren Planung der Arbeit der EK 6/1 bis zur Abgabe des Abschlussberichts Ende 2018. Bei der Erstellung / Aktualisierung wurde u.a. von folgenden Grundannahmen ausgegangen: 1. 2017 sind zwölf und 2018 elf Sitzungstermine geplant. Als zusätzlicher Sitzungstermin wurde der 20.10.2017 festgelegt. 2. Sollte grundsätzlich absehbar sein, dass der Arbeitsauftrag der EK 6/1 in den vorgesehenen Sitzungen nicht abgearbeitet werden kann, sind zusätzliche Sitzungen vorzusehen. 3. Spätestens in der Sitzung am 8.12.2017 muss der Zwischenbericht verabschiedet werden. Für eine ausreichende erste Behandlung des Entwurfs ist die Sitzung nach der Sommerpause (September) vorgesehen. In den weiteren Sitzungen (Oktober und November 2017) ist, in Abhängigkeit vom Beratungsverlauf zum Entwurf, ausreichend Zeit für eine fortlaufende Beratung des Zwischenberichts einzuplanen. Um dies zu gewährleisten, sollte im zweiten Halbjahr 2017 in Potsdam getagt werden. Am 15.09.2017 soll sich vorwiegend mit dem Zwischenbericht und - sofern abgeschlossen - mit den Ergebnissen der Bürgerumfrage befasst werden. 4. Redaktionsschluss des Zwischenberichts ist der 14.07.2017 (letzte Sitzung vor der Sommerpause). Sämtliche Zuarbeiten einzelner BEGn sollten daher bis zur Sommerpause 2017 vorliegen. Sofern Ergebnisse der Gutachten/Meinungsumfrage rechtzeitig vorliegen, sollten diese im Zwischenbericht möglichst berücksichtigt werden. 5. Für das Beteiligungsverfahren zum Zwischenbericht gibt es grundsätzlich zwei Varianten, zu dem eine Positionierung der EK 6/1 erforderlich ist: A: Die Zulieferungen der Ergebnisse/Zwischenergebnisse jeder BEG werden nach erster Beratung in der EK am 15. September 2017 im Dialogportal eingestellt (2 bis 4 Wochen Beteiligungsfrist), bevor die gesamte EK 6/1 dazu ein Votum abgegeben hat. Im Dialogportal gemachte Anmerkungen werden von den jeweils zuständigen BEGn anschließend bewertet und in eine überarbeitete Fassung überführt (Oktober). Anschließend erfolgen die Abstimmung innerhalb der gesamten EK 6/1 und die Beschlussfassung (November / Dezember 2017). B: Der Zwischenbericht wird nach Beschluss und Veröffentlichung als Drucksache in das Dialogportal Anfang Januar 2018 eingestellt. Anmerkungen sollen dann in den Abschlussbericht einfließen. Die Bewertung der Anmerkungen erfolgt durch die zuständigen BEGn.  Bei beiden Varianten sollte nicht der gesamte Bericht zur Kommentierung im Dialogportal eingestellt werden, sondern die politischen Ergebnisse/Zwischenergebnisse / Handlungsempfehlungen. Zu klären ist die Verfahrensweise mit bereits im Dialogportal kommentierten Inhalten. 6. Der Sitzungsplan wird kontinuierlich fortzuschreiben sein. Hinweis: Die Zuordnung der Themenfelder zu Sitzungsterminen ab 2018 ist noch zu klären und daher vorläufig. Die Verschiebung bzw. der Tausch sowie die Zusammenlegung von Themenfeldern sind möglich.

Langfristige Sitzungsplanung der EK 6/1 Stand: 23.03.2017

#

Datum

Tagungsort

Themenfeld

16

31.03.2017

Landtag

Verschiedenes

10.-11.05 2017

Beratungsphase / Anhörung / Vorträge

Meilensteine / Notwendige Festlegungen und Beschlüsse

Sonstiges

Lernreise nach M-V

17

12.05.2017

Landtag

18

16.06.2017

Lindow (Mark)

19

14.07.2017

Landtag

2: Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung (halbtags) Auswertung Lernreise 4: Daseinsvorsorge Teil 2: Soziale Infrastruktur 5: Gesellschaftliche und politische Teilhabe

Zu Themenfeld 2: Thema Regionalvermarktung (erster Arbeitstitel) Zu Themenfeld 4: Phase 2 – Informationsgewinnung Zu Themenfeld 5 und 2: Phase 2 – Informationsgewinnung

Thema: LEADER, weitere Verfahrensweise innerhalb der EK

2: Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung Inhalte, die nach der letzten Sitzung am 14.07.2017 behandelt werden, werden grundsätzlich nicht mehr Gegenstand des Zwischenberichts, sondern im Abschlussbericht behandelt. 20

15.09.2017

Präsentation Bürgerumfrage 6: Querschnittsthemen / Zusammenfassung / Schlussfolgerungen

Zu Themenfeld 6: Zwischenbericht

Erste Behandlung Zwischenbericht Beteiligung Variante A: Start Beteiligungsverfahren für mögliche Berücksichtigung der Rückläufe vor Beschluss Zwischenbricht

2

Langfristige Sitzungsplanung der EK 6/1 Stand: 23.03.2017 21

06.10.2017

3: Daseinsvorsorge Teil 1: Digitale und technische Infrastruktur, Mobilität (halbtags)

Zu Themenfeld 3: Phase 2 – Informationsgewinnung

Beteiligung Variante A: Erste Auswertung Beteiligungsverfahren – Überweisung Anmerkungen an BEGn

Zu Themenfeld 1: Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung

Beteiligung Variante A: Votum BEGn zu Beteiligung Zwischenbericht

Ggf. zweite Präsentation Bürgerumfrage

Op tion al

22

23

20.10.2017

Weitere Behandlung Zwischenbericht 2: Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung (halbtags)

10.11.2017

Weitere Behandlung Zwischenbericht 1: Planungsrecht und Siedlungsstrukturentwicklung (halbtags)

08.12.2017

Weitere Behandlung Zwischenbericht 6: Querschnittsthemen / Zusammenfassung / Schlussfolgerungen

Verabschiedung Zwischenbericht – Zuleitung an den Landtag Beteiligung Variante B: Einleitung Beteiligungsverfahren – Rückläufe für Abschlussbericht nutzen

3

Langfristige Sitzungsplanung der EK 6/1 Stand: 23.03.2017

Zuordnung der Themenfelder zu den Sitzungsterminen ab 2018 noch offen. Daher im Folgenden nur vorläufige Auflistung.

24

01/2018* 4: Daseinsvorsorge Teil 2: Soziale Infrastruktur 5: Gesellschaftliche und politische Teilhabe

25

02/2018*

26

03/2018*

27

04/0218*

3: Daseinsvorsorge Teil 1: Digitale und technische Infrastruktur, Mobilität

28

05/2018*

4: Daseinsvorsorge Teil 2: Soziale Infrastruktur

29

06/2018*

5: Gesellschaftliche und politische Teilhabe

30

08/2018*

6: Querschnittsthemen / Zusammenfassung / Schlussfolgerungen

LK Prignitz (Wittenberge)

2: Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung

2018 Zu Themenfeld 4: Phase 2 – Informationsgewinnung Zu Themenfeld 5: Phase 2 – Informationsgewinnung Zu Themenfeld 2: Phase 2 – Informationsgewinnung / Übergang zu Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung Zu Themenfeld 3: Phase 2 – Informationsgewinnung / Übergang zu Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung Zu Themenfeld 4: Phase 2 – Informationsgewinnung / Übergang zu Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung Zu Themenfeld 5: Phase 2 – Informationsgewinnung / Übergang zu Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung

Allgemein: Auswahl und Beschluss der Sitzungsorte für die Sitzungen der EK im zweiten Halbjahr 2018

Vorstellung Gutachten zur Regionalen Wertschöpfung

Zu Themenfeld 6: Festlegung über Grundsätze zum Abschlussbericht (Verfahren, Struktur, Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger) 4

Langfristige Sitzungsplanung der EK 6/1 Stand: 23.03.2017 31

32

09/2018*

10/2018*

3: Daseinsvorsorge Teil 1: Digitale und technische Infrastruktur, Mobilität 4: Daseinsvorsorge Teil 2: Soziale Infrastruktur 2: Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung

5: Gesellschaftliche und politische Teilhabe 33

11/2018*

1: Planungsrecht und Siedlungsstrukturentwicklung

6: Querschnittsthemen / Zusammenfassung / Schlussfolgerungen 34 12/2018* 6: Querschnittsthemen / Zusammenfassung / Schlussfolgerungen 35 Spätestens 6: Querschnittsthemen / 12/2018 Zusammenfassung / Schlussfolgerungen * Sitzungsmonat abhängig von konkreter Terminplanung.

Zu Themenfeld 3: Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung

Zu Themenfeld 3: Ergebnisse für Abschlussbericht

Zu Themenfeld 4: Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung Zu Themenfeld 2: Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung

Zu Themenfeld 4: Ergebnisse für Abschlussbericht

Zu Themenfeld 5: Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung Zu Themenfeld 1: Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung

Zu Themenfeld 5: Ergebnisse für Abschlussbericht

Zu Themenfeld 6: Phase 3 – Bewertung und abschließende Beratung

Zu Themenfeld 6: Ergebnisse für Abschlussbericht

Zu Themenfeld 2: Ergebnisse für Abschlussbericht

Zu Themenfeld 1: Ggf. notwendige Rückkopplung der Ergebnisse des Zwischenberichts an die Ergebnisse der anderen Themenfelder

Zu Themenfeld 6: Beratung 1. Entwurf Abschlussbericht Zu Themenfeld 6: Beratung und Beschluss 2. Entwurf Abschlussbericht

5

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 3:

P-EK 1- 6/16

Anlage 03 31.03.2017 dun-otto-sto

Antrag des Kommissionsmitglieds Folgart zur Durchführung einer Anhörung (TOP 2)

Landtag Brandenburg

29.03.2017

BEG 2

Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen

EG AN 6!4 42 a MZ. 2917

9 - kA

Antrag zur Durchführung einer Anhörung zum Thema Agrarberatung

J

'(

N O

Sehr geehrte Mitglieder der EK,

Erlad. ................ ............ hiermit beantrage ich, Herrn Dr. Matthias Platen (Geschäftsführer der LAB Sitzung der EK 6/1 am 12.05.2017 als Anzuhörenden zum Thema Agrarberatung einzuladen. Die Anhörung soll inhaltlich durch die BEG 2 vorbereitet werden. Begründung: Das Fachgespräch der BEG 2 am 3.11.2016 zum Thema „Produktion, Verarbeitung und Vermarktung regionaler Produkte" hat ergeben, dass es bezüglich der Agrarberatung im Land Brandenburg noch Verbesserungspotenziale gibt. Herr Dr. Platen soll kurz über das Für und Wider geförderter Agrarberatung zur Steigerung von Wertschöpfung referieren. Dabei soll er die aktuelle Situation in Brandenburg im Vergleich zu den uns umgebenden Flächen-Bundesländern darstellen. Auch der Wettbewerb im Beratungsgeschäft kann damit beleuchtet werden.

Udo Folgart Mitglied der BEG 2

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 4:

P-EK 1- 6/16

Zeitstrahl für die Erstellung des Zwischenberichts (TOP 2)

Anlage 04 31.03.2017 dun-otto-sto

Zeitplanung Zwischenbericht

Fortlaufende Behandlung Zwischenbericht in jeder Sitzung Zu klären: Bürgerbeteiligung Dialogportal

Texterstellung „Zwischenergebnisse/Ergebnisse“ durch Berichterstattungsgruppen Mar 1 - May 15

Beschlussfassung Zwischenbericht: 8.12.2017 Zusammenführung Sek.

Fortlaufende Abstimmung

Sep 15 -Texte Dec 29 durch der

Texterstellung „Ausgangslage/Einführung“ durch das Sekretariat Lernreise 10.-11.5

12.5

16.6

Sommerpause 15.9

14.7

6.10

20.10

10.11

8.12

13

Major Milestone

Major Milestone

Major Milestone

16. Sitzung Enquete-Kommission 6/1

Erstellt am: 31.03.2017

Seite 5

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 5:

P-EK 1- 6/16

Schreiben des Kommissionsmitglieds Bevölkerungsprognosen (TOP 4)

Anlage 05 31.03.2017 dun-otto-sto

Graf

zum

Umgang

mit

STÄDTE- UND GEMEINDEBUND BRANDENBURG

Städte- und Gemeindebund Brandenburg, Stephensoustr. 4, 14482 Potsdam

L

1

Per E-Mail Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Herrn Vorsitzenden Wolfang Roick, MdL Alter Markt 1 14467 Potsdam

Der Geschäftsführer Stephensonstraße 4 14482 Potsdam Telefon: 0331/74351-0 Telefax: 0331/74351-33 E-Mail: mailstgb-brandenburg.de Internet: lsttp://www.stgb-bmndenburg.de Datum: 2017-03-08 Aktenzeichen: 606-05 EK ZLR Auskunft erteilt: Jens Graf

fEING EG A N GEN] 1

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09. IIRZ. 2017

Bevölkerungsvorausberecimungen

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, unter Bezugnahme auf die Sitzung in Müncheberg übermittele ich Ihnen den in Aussicht gestellten Vorschlag zum weiteren Umgang mit Bevölkerungsprognosen bzw. Bevölkerungsvorausschätzungen: Die Enquete-Kommission sollte die Landesregierung bitten, künftig an Stelle von „Bevölkerungsprognosen" oder „Bevölkerungsvorausschätzungen" von „Bevölkerungsvorausberechnungen" zu sprechen. Zudem sollen die in Abhängigkeit von unterschiedlichen Annahmen berechneten Ergebnisse in Form von Korridoren oder Bandbreiten kommuniziert werden.

Begründung:

Die der Kommission bereits übermittelte Gegenüberstellung der Bevölkerungsprognosen 2007 bis 2030 bzw. 2009 bis 2030 mit den später tatsächlich festgestellten Zahlen für Gesamtbevölkerung, Lebendgeborene und dem Wanderungssaldo zeigt zum Teil erhebliche Abweichungen der Prognosen von den später eingetretenen Entwicklungen. Beispielsweise wurden in der Bevölkerungsprognose 2007 bis 2030 für das Jahr 2013 16,67 Tausend bzw. 2014 16,37 Tausend Lebendgeborene prognostiziert. Tatsächlich wurden erfreulicherweise 18.355 bzw. 19.339 Kinder geboren. Die Daten der Bevölkerungsprognosen liefern Landesbehörden und Kommunen Anhaltspunkte für ihre zukünftige Planung. Dabei wird deutlich, dass Abweichungen von diesen Vorhersagen erhebliche Konsequenzen für die Sicherung örtlicher Infrastruktur haben. Geht man beispielsweise von einer durchschnittlichen Zahl von 23 Schülern pro Grundschulklasse aus, entsprechen die Abweichungen

Mittelbrandenburgische Sparkasse, Potsdam, IBAN: DE40 1605 0000 3502 2215 01, BIC: WELADEDI PMB; S 7 (Haltestelle Babelsberg), Tram 94,99 (Haltestelle Wattstraße)

-2bei den Lebendgeburten in den Jahren 2013 und 2014 etwa 75 bzw. 130 von den Schulträgem zusätzlich einzuplanender Grundschulklassen. Auch beim Wanderungssaldo sind Unterschiede feststellbar: Im Jahr 2012 wurde ein positiver Wanderungssaldo von ca. 5.700, statt in der Prognose 2009 bis 2030 vorhergesagten minus 1.500 festgestellt. 2013 betrug der positive Wanderungssaldo rund 18.000 Personen. In der Prognose 2009 bis 2030 war hingegen für 2013 ein negativer Saldo von 1.000 Personen ausgewiesen. Die Ursache der Abweichungen dürfte darin zu sehen sein, dass die mitjeder Prognose verbundenen Unsicherheiten durch die in der öffentlichen Kommunikation verwendete einwohnerscharfe Darstellung überdeckt werden. Das Statistische Bundesamt verwendet demgegenüber den Begriff „Bevölkerungsvorausberechnung", auch in Abgrenzung zu dem Begriff der Prognose. Diese Bevölkerungsvorausberechnungen werden „mithilfe einer Makrosimulation, der sogenannten Kohorten-Komponenten-Methode", realisiert. Diese arbeitete mit der Gesamtbevölkerung, unterteilt nach Geburtsjahren und Geschlecht (Kohorten). Zu den Komponenten zählen die demografischen Einflussfaktoren, wie Fertilität, Mortalität und Wanderungen. Richtigerweise werden für diese Faktoren unterschiedliche Annahmen in die Betrachtung mit einbezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf den beigefügten Beitrag verwiesen. Im Ergebnis wären von unterschiedlichen Annahmen abhängige berechnete Korridore für die Gebietskörperschaften aussagekräftiger und belastbarer als einwohnerscharfe „Prognosen", die, wie der Abgleich belegt, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eintreffen werden.

Mit freundlichen Grüßen im Auftrag

n1ae i

Städte‐ und Gemeindebund Brandenburg Referat IV 

Jahr

Gegenüberstellung verschiedener Bevölkerungsprognosen  und tatsächlich eingetretener Entwicklungen

606‐05 EK ZLR  2016‐02‐04

Überschuss der  Lebend‐ Bevölkerung  Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Bevölkerungs‐ Zu‐ (+) bzw.  geborene lt.  insgesamt lt.  prognose  prognose  prognose  prognose  prognose prognose 2014  prognose  prognose 2009  prognose  Fortzüge (‐) lt. AfS  AfS Bln‐Bbg,  AfS Bln‐Bbg,  2007‐2009  2009‐2030  2014‐2040  2007 bis 2030   2009 bis 2030  bis 2040  2007 bis 2030  bis 2030  2014 bis 2040  Bln‐Bbg, Lange  Statistisches  Lange Reihe  Überschuss der  Überschuss der  Überschuss der  Lebend‐ Lebend‐ Lebend‐ Bevölkerung  Bevölkerung  Bevölkerung  Reihe  Jahrbuch Bbg  Bevölkerung,  Zu‐ (+) bzw.  Zu‐ (+) bzw. Zu‐ (+) bzw. insgesamt insgesamt insgesamt geborene geborene geborene Bevölkerung,  2015 natürlich Fortzüge (‐)  Fortzüge (–) Fortzüge (–) Wanderungen

2005

2.559.483

17.910

– 136

2006

2.547.772

17.883

– 3.293

2007

2.535,46

2.535.737

18,10

2008

2.522,86

2.522.493

17,89

2009

2.510,16

2.508,93

2.511.525

17,71

18,54

2010

2.497,66

2.495,76

2.503.273

17,48

2011

2.485,78

2.483,20

2.455.780

17,23

2012

2.473,55

2.470,75

2.449.511

2013

2.462,52

2.457,99

2014

2.452,93

2.444,51

2.457,90

2015

2.442,38

2.431,25

18.589

‐3,70

– 3.968

18.808

‐3,30

18.537

‐2,60

18,16

18.954

‐1,50

‐4,00

624

17,75

18.279



‐2,50

1.847

16,97

17,34

18.482

0,50

‐1,50

5.729

2.449.193

16,67

16,89

18.355

2,60

‐1,00

2.457.872

16,37

16,41

19,30

19.339

5,00

‐1,00

18,0

2.460,30

16,08

15,92

18,10

5,00



17,0

– 5.280 ‐5,00

– 2.305

10.636

2016

2.430,84

2.419,66

2.463,70

15,69

15,40

17,90

5,00

2,50

16,6

2017

2.418,36

2.408,70

2.465,20

15,26

14,84

17,70

5,00

4,00

15,7

2018

2.405,86

2.398,79

2.464,60

14,78

14,23

17,30

6,00

6,00

14,4

2019

2.392,29

2.387,90

2.460,30

14,29

13,63

16,80

6,00

6,00

11,8

2020

2.377,70

2.376,49

2.453,60

13,77

13,02

16,30

6,00

6,50

10,3

2021

2.362,18

2.364,55

2.443,10

13,24

12,35

15,60

6,00

7,00

7,6

2022

2.345,83

2.351,66

2.430,60

12,70

11,71

15,00

6,00

7,00

6,5

2023

2.328,77

2.337,96

2.417,40

12,20

11,14

14,40

6,00

7,00

6,5

2024

2.310,98

2.323,49

2.403,50

11,74

10,64

13,90

6,00

7,00

6,5

2025

2.292,59

2.308,34

2.389,20

11,35

10,24

13,50

6,00

7,00

6,5

2026

2.273,75

2.292,66

2.374,40

11,04

9,94

13,20

6,00

7,00

6,5

2027

2.254,49

2.276,62

2.359,40

10,81

9,75

13,00

6,00

7,00

6,5

2028

2.234,73

2.260,33

2.344,20

10,66

9,65

12,80

6,00

7,00

6,5

2029

2.214,50

2.243,88

2.329,00

10,58

9,62

12,80

6,00

7,00

6,5

2030

2.193,89

2.227,33

2.313,80

10,54

9,67

12,80

6,00

7,00

6,5

18.014

Städte‐ und Gemeindebund Brandenburg Referat IV 

Gegenüberstellung verschiedener Bevölkerungsprognosen  und tatsächlich eingetretener Entwicklungen

606‐05 EK ZLR  2016‐02‐04

2035

k.A.

k.A.

2.239,90

k.A.

k.A.

13,30

k.A.

k.A.

6,5

2040

k.A.

k.A.

2.167,30

k.A.

k.A.

13,60

k.A.

k.A.

6,5

Quellen:  Amt für Statistik Berlin‐Brandenburg (Hrsg.), Statistischer Bericht A I 8 – 07, Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg 2007 bis 2030, April 2008,  http://www.statistik‐berlin‐brandenburg.de/Publikationen/Stat_Berichte/2012/SB_A01‐08‐00_2011u00_BB.pdf Amt für Statistik Berlin‐Brandenburg (Hrsg.), Statistischer Bericht A I 8 ‐ 09, Bevölkerungsprognose für das Land Brandenburg 2009 bis 2030, Mai 2010,  https://www.statistik‐berlin‐brandenburg.de/.../SB_a1‐8_j02‐09_BB.pdf Amt für Statistik Berlin‐Brandenburg  (Hrsg.) Statistischer Bericht A I 8 ‐ 15, Bevölkerungsprognose Land Brandenburg 2014 bis 2040, Hinweis: für 2014 wurden in der Prognose bereits die endgültigen Ergebnisse  eingesetzt (S. 22),  https://www.statistik‐berlin‐brandenburg.de/publikationen/stat_berichte/2015/SB_A01‐08‐00_2015u00_BB.pdf  Amt für Statistik Berlin‐Brandenburg, Statistisches Jahrbuch 2015, Kapitel 01 Gebiet und Bevölkerung Amt für Statistik Berlin‐Brandenburg, Lange Reihe Bevölkerung ‐ Natürliche Bevölkerungsbewegung, 2015,  https://www.statistik‐berlin‐brandenburg.de/statistiken/langereihen/dateien/Bevoelkerungsbewegung_natuerlich.xlsx Amt für Statistik Berlin‐Brandenburg, Lange Reihe Bevölkerung ‐ Wanderungen, 2015,  https://www.statistik‐berlin‐brandenburg.de/statistiken/langereihen/dateien/Bevoelkerungsbewegung_raeumlich.xlsx

(UN-)SICHERHEITEN DER BEVÖLKERUNGSVORAUSBERECHNUNGEN Olga Pötzsch ist studierte Ökonomin und hat in unterschiedlichen Bereichen des Statistischen Bundesamtes gearbeitet. Bevölkerungs- und Haushaltsvorausberechnungen sowie Analysen der Fertilität sind seit 2003 Kernbereiche ihrer Arbeit im Referat „Natürliche Bevölkerungsbewegungen, demografische Analysen, Vorausberechnungen“.

Rückblick auf die koordinierten Bevölkerungsvoraus­ berechnungen für Deutschland zwischen 1998 und 2015 Olga Pötzsch

 Schlüsselwörter: demografischer Wandel – Bevölkerungsvorausberechnung – Bevölkerungsprognose – Fertilität – Mortalität – Wanderungen

ZUSAMMENFASSUNG Die koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen der deutschen amtlichen Statistik veranschaulichen die Auswirkungen heute bereits angelegter Strukturen und erkennbarer Veränderungen auf die künftige Bevölkerung. Ihre Ergebnisse liefern wesentliche Basisinformationen für zukunftsgerichtete politische und wirtschaftliche Entscheidungen sowie für weiterführende Analysen. Dieser Beitrag geht auf das Wesen und den Zweck der amtlichen Bevölkerungsvorausberechnungen ein und setzt sich mit der jüngsten medialen Kritik auseinander. Er vergleicht die Annahmen und Ergebnisse der 9. bis 13. koordinierten Vorausberechnungen untereinander und mit der realen Bevölkerungsentwicklung und zeigt somit Möglichkeiten und Grenzen der Bevölkerungsvorausberechnungen auf.

 Keywords: demographic change – population projection – population forecast – fertility – mortality – migration

ABSTRACT Coordinated population projections carried out by the German official statistics agencies reveal the effects that currently existing structures and identifiable changes will have on a future population. Their results provide relevant basic information for forward-looking political and economic decisions as well as for advanced analyses. This article deals with the nature and the purpose of official population projections as well as with recent criticism in the media. The main part of the article compares the assumptions and results of the 9th to 13th coordinated population projections with one another and with the real population developments. In doing so, the article reveals the possibilities and constraints of population projections.

36

Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

(Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen

1 Einleitung Die sogenannten koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen werden durch das Statistische Bundesamt in Kooperation mit den Statistischen Ämtern der Länder konzipiert und durchgeführt. Die erste Rechnung dieser Reihe erstreckte sich über den Zeithorizont von 1966 bis 2000. Die bislang letzte, im April 2015 veröffentlichte 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung bezieht sich auf den Zeitraum von 2013 bis 2060. Ihren Beinamen „koordinierte“ verdankt die amtliche Bevölkerungsvorausberechnung einem Abstimmungsverfahren bei der Erstellung der Berechnungen auf Länderebene. Es ist ein Hinweis darauf, dass die Ergebnisse solcher Berechnungen für Bund und Länder sowie für die Länder untereinander vergleichbar sind, da diese auf koordinierten Annahmen und gleichen Methoden beruhen. Mit der Zeit wurden die Methodik der Vorausberechnungen verfeinert und der Abstimmungsgrad erhöht. Den Kern der koordinierten Vorausberechnungen bilden die Binnenwanderungen zwischen den Bundesländern. Sie werden bei den aktuellen Vorausberechnungen in ihrer Höhe und Struktur nach Alter und Geschlecht auf­ einander abgestimmt und für alle Bundesländer simultan berechnet. Die bis 1998 realisierten Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes, darunter die ersten acht koordinierten Berechnungen, wurden bereits in früheren Publikationen von Manfred Bretz ausführlich beschrieben und analysiert (Bretz, 1986; Bretz, 2001). Dieser Beitrag widmet sich den koordinierten Vorausberechnungen 9 bis 13 für Deutschland, die zwischen 1998 und 2015 erstellt wurden. Ihre Annahmen werden verglichen und Ergebnisse auf ihre Treffsicherheit beziehungsweise ihre Unsicherheiten analysiert. Zuvor wird aber angesichts der kontroversen medialen Diskussion über die Aussagekraft der Vorausberechnungen – insbesondere während der Zuwanderungswelle 2015 – auf Wesen, Möglichkeiten und Grenzen der Bevölkerungs­­ vorausberechnungen eingegangen. Theoretische und methodische Grundlagen der Bevölkerungsvorausberechnungen werden hier nicht behandelt; dafür sei auf umfangreiche Literatur zu diesem Thema hingewiesen (Keyfitz, 1972; Birg, 1998; Bretz, 2000; Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

O’Neill und andere, 2001; Booth, 2006; Bohk, 2012).  Übersicht 1 | 1 Übersicht 1 Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnungen für Deutschland Nummer der AusgangsBevölkerungs- jahr voraus­­­be­rechnung

Zeithorizont | 1

Design

9.

1997

2050

3 Varianten

10.

2001

2050

9 Varianten

11.

2005

2050

12 Varianten und 3 Modell­ rechnungen

12.

2008

2060

12 Varianten und 3 Modell­ rechnungen

13.

2013

2060

8 Varianten und 3 Modell­ rechnungen

1 Jeweils 31. Dezember.

2 „Vorausberechnungen“ oder „Prognosen“: nur Wortklauberei? Die demografischen Vorausberechnungen nehmen mit ihren Aussagen über die Zukunft eine Sonderstellung im vielfältigen Aufgabenspektrum der amtlichen Statistik ein. Die Grenze zwischen Empirie und Zukunftshypothese scheint hier überschritten, was für Unsicherheiten und eine teilweise turbulente Diskussion sorgt. Während unter Demografen weitgehend Konsens über die Möglichkeiten und – vor allem – Grenzen der Bevölkerungsvorausberechnungen (im Weiteren auch als Bevölkerungsprojektionen bezeichnet) herrscht, gehen Meinungen in der medialen Debatte oft weit auseinander. Forderungen reichen von hoher Treffsicherheit für die einzelnen Jahre bis hin zu visionären Szenarien in der Hoffnung, dass diese zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Dabei wird oft übersehen, dass amtliche Bevölkerungsprojektionen keine Vorhersagen oder Zukunftsvisionen liefern, sondern statistisch fundiert demografische Strukturen fortschreiben. Es ist ein alter Konflikt, der den Modellentwicklern bewusst ist. Schon 1972 schrieb der bekannte ameri  1 Für die Übersichten, Tabellen und Grafiken dieses Beitrags hat Adrian Monninger während eines studentischen Praktikums beim Statistischen Bundesamt umfangreiche Datenauswertungen vorgenommen.

37

Olga Pötzsch

kanische Demograf Nathan Keyfitz: “… a demographer makes a projection, and his reader uses it as a forecast” (Keyfitz, 1972, hier: Seite 353). Übersteigerte Erwartungen an die prophetische Kraft der Vorausberechnungen werden verstärkt in den Zeiten geäußert, in denen sich neue demografische Tendenzen oder Ausschläge abzeichnen, die von den angenommenen Entwicklungen abweichen. So wurde zum Beispiel im Zuge der rapide angestiegenen Zuwanderung von Schutzsuchenden im Jahr 2015 in einigen Zeitungskommentaren der Vorwurf geäußert, die 13. koordinierte Bevölkerungs­ vorausberechnung würde durch ihre Annahmen Stillstand suggerieren und damit den gesellschaftlichen Wandel verhindern. Lessenich und Messerschmidt ge­­ hen in ihrem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung sogar so weit, hinter den auf langfristigen Trends basierenden Annahmen ein interessengeleitetes Kalkül zu vermuten: „… Wird hier bereits die Festung Europa der nächsten Jahrzehnte eingepreist? Oder soll am Ende die altersstrukturelle Zukunft Deutschlands nicht in helleren Farben erscheinen, um den eingeübten demografiepolitischen Dramatisierungen und den ertragreichen versicherungswirtschaftlichen Geschäftsmodellen nicht das Wasser abzugraben? Soll also suggeriert werden, dass wirklich einfach alles beim Alten bleibt?“ (Lessenich/ Messerschmidt, 2015). Bei diesen Fehlinterpretationen verkennen die Autoren die eigentliche Aufgabe und die tatsächlichen Ergebnisse der Bevölkerungsvorausberechnungen völlig und führen die öffentliche Diskussion in die Irre. Natürlich ist es sinnvoll, „… die gemeinsame gesellschaftliche Zukunft integrativ und konstruktiv zu gestalten, anstatt diese als eine bloße Verlängerung der Vergangenheit zu imaginieren.“ Das ist aber nicht die Aufgabe der Vorausberechnungen. Diese müssen aufzeigen, was passieren würde, wenn keine „integrativen und konstruktiven“ Anstrengungen unternommen werden. Die Politik kann auf dieser Grundlage gestalterisch auf die tatsächliche Entwicklung Einfluss nehmen, sofern die aufgezeigten Trends politisch und gesellschaftlich unerwünscht sind | 2. Es wird zudem oft ignoriert, dass es zu jeder Bevölkerungsvorausberechnung mehrere Varianten mit unterschiedlichen Zukunftsszenarien gibt. Diese Annahmen werden von einer Vorausberechnung in die nächste nicht einfach übernommen, sondern wei  2 Franz Müntefering hat es in einem kürzlich veröffentlichen Interview auf den Punkt gebracht: „… Prognosen sind immer nur Wenn-dannAussagen: Unter bestimmten Voraussetzungen werden diese oder jene Folgen eintreten. Es ist Aufgabe der Politik, diese Voraussetzungen zu verändern.“ (Münterfering, 2016, hier: Seite 27).

38

terentwickelt, um neue zukunftsprägende Tendenzen bei der regelmäßigen Aktualisierung der Bevölkerungsvorausberechnungen zu berücksichtigen | 3. Das Statistische Bundesamt verwendet für seine Modelle den Begriff „Bevölkerungsvorausberechnungen“ (in Englisch population projections). Die Bezeichnung „Prognose“ wird bewusst gemieden und lediglich in seltenen Fällen als ein weitgefasster Oberbegriff verwendet. Das ist keine Wortklauberei, sondern ein inhaltlicher Hinweis auf das Wesen und die Aussagekraft der Berechnungen. Mit einer Prognose werden gemeinhin Wettervorhersagen oder Wirtschaftsprognosen assoziiert. Von solchen kurzfristigen Schätzungen wird erwartet, dass sie so eintreffen, wie vorhergesagt. Eine langfristige Bevölkerungsprojektion kann und muss diesen Anspruch nicht erfüllen. Ihre Aufgabe ist es aufzuzeigen, wie sich heute bereits angelegte Strukturen und erkennbare Veränderungen auf die künftige Bevölkerungsentwicklung auswirken. Da sich demografische Prozesse nur sehr allmählich vollziehen und das volle Ausmaß ihres Einflusses erst nach vielen Jahrzehnten sichtbar wird (Bretz, 2000, hier: Seite 645), kann eine Bevölkerungsvorausberechnung nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie entsprechend lange Zeiträume umfasst. Mit zunehmender Entfernung vom Ausgangsjahr verstärkt sich zwar ihr hypothetischer Charakter. Sie ermöglicht es aber, mittel- und langfristige Auswirkungen von beobachteten Entwicklungen offenzulegen und zu quantifizieren, damit die Gesellschaft eventuelle problematische Veränderungen rechtzeitig erkennen und gegebenenfalls gegensteuern kann. Wenn die absehbaren Auswirkungen durch neue Trends oder gerade aufgrund von Gegensteuerung abgemildert oder gar nivelliert werden, muss die Realität von der Bevölkerungsvorausberechnung zwangsläufig abweichen. Die Bevölkerungsvorausberechnungen sind deshalb vor allem dann sinnvoll und nützlich, wenn sie richtige Signale senden, und nicht unbedingt dann, wenn sie bei einer Ex-post-Betrachtung die Zukunft mit hoher Genauigkeit vorhergesagt haben. Politische Entscheidungen der letzten 15 Jahre, wie zum Beispiel die Anhebung des Renteneinstiegsalters, das Elterngeld und der Ausbau der Kinderbetreuung sowie der öffentliche Diskurs über die Geburtenentwicklung, wären ohne die Erkenntnisse aus den Bevölkerungs­ vorausberechnungen kaum denkbar.   3 Zur Auseinandersetzung mit Kritik siehe auch den Beitrag des Statistischen Bundesamtes bei der Joint Eurostat/UNECE Work Session on Demographic Projections (zur Nieden und andere, 2016).

Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

(Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen

Ihrer Aufgabe, richtige Signale im Hinblick auf die künftige demografische Entwicklung zu senden, können Bevölkerungsvorausberechnungen allerdings nur dann gerecht werden, wenn sie auf möglichst treffenden Analysen der Gegenwart beruhen. Ein besonderes Augenmerk wird deshalb auf die Ableitung und Begründung der Annahmen zu einzelnen demografischen Komponenten gelegt. Diese sind die eigentliche Herausforderung bei der Weiterentwicklung der Bevölkerungsvorausberechnungen.

3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen 9 bis 13 Die Bevölkerungsvorausberechnungen der deutschen amtlichen Statistik werden mithilfe einer Makro­ simulation, der sogenannten Kohorten-KomponentenMethode, realisiert (Bretz, 2000). Sie operiert mit der Gesamtbevölkerung, unterteilt nach Geburtsjahren und Geschlecht (Kohorten). Zu den Komponenten zählen die demografischen Einflussfaktoren wie Geburtenhäufigkeit (Fertilität), Sterblichkeit (Mortalität) und Wanderungen. In den koordinierten Vorausberechnungen 9 bis 13 wurden deterministische Annahmen für jede einzelne Kohorte und jedes Jahr der Vorausberechnung getroffen. In der Regel wurden zwei oder mehr alternative Szenarien je Komponente entwickelt. Damit sollten einerseits unterschiedliche Tendenzen berücksichtigt und andererseits Unsicherheiten der Zukunftsannahmen verdeutlicht werden. Lediglich in der 9. und in der 10. Vorausberechnung wurde jeweils nur eine Fertilitätsannahme getroffen. Die Annahmen beruhen auf der Analyse der lang- und mittelfristigen Trends und decken das Spektrum der aus aktueller Sicht realistischen Entwicklungen ab. Ihre Kombinationen ergeben die Varianten einer Bevölkerungsvorausberechnung. Bei der Festlegung der Annahmen und Varianten wurde bei den letzten drei Projektionen bewusst vom international weit verbreiteten dreigliedrigen Schema „hoch-mittel-niedrig“ abgewichen. Ein solches Design verleitet die Nutzer dazu, nur eine einzige mittlere Variante zu verwenden, da sie diese als die Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

Wahrscheinlichere ansehen. Ab der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wurde deshalb eine gerade Anzahl der Varianten berechnet und die Ergebnisse wurden vorzugsweise anhand eines Korridors präsentiert. Dieser Korridor konnte zum Beispiel von zwei Varianten flankiert werden, die eine kontinuierliche Entwicklung der Fertilität und Mortalität in Kombination mit unterschiedlich hohem Wanderungssaldo aufgezeigt haben. Das künftige Ausmaß der Alterung konnte dagegen veranschaulicht werden, indem die Varianten mit einer relativ jungen und mit einer relativ alten Bevölkerungsstruktur als Grenzen des Korridors herangezogen wurden. Über die Hauptannahmen hinaus wurden zusätzliche Szenarien für analytische Zwecke entwickelt. Diese Annahmen (dazu gehören zum Beispiel ein ausgeglichener Wanderungssaldo oder eine Geburtenrate auf dem Bestandserhaltungsniveau) stehen für weniger realistische Entwicklungen, die jedoch für bestimmte Fragestellungen informativ sein können. Sie gingen nur in ausgewählten Kombinationen in die sogenannten Modellrechnungen ein. Bis einschließlich der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wurden zuerst Ergebnisse auf Länderebene erzeugt und diese anschließend zu einem Gesamtergebnis für Deutschland addiert. Dieser Bottom-up-Ansatz bedeutete, dass die Annahmen nur für die Länder beziehungsweise Ländergruppen explizit formuliert wurden. Für Deutschland lagen aber nur aggregierte Ergebnisse vor. Ab der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wurde die Methode geändert. Die Annahmen wurden für Deutschland insgesamt sowie für die Länder mithilfe der gleichen Verfahren abgeleitet, aufeinander abgestimmt und explizit formuliert. Die Berechnungen für Deutschland einerseits und für die 16 Bundesländer andererseits erfolgten parallel. Dieses Verfahren hat den Nachteil, dass die Summe der Länderergebnisse vom Gesamtergebnis für Deutschland leicht abweichen kann. Priorität wurde jedoch der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Annahmen auf Bundesebene und der Flexibilität der Berechnungen für Deutschland eingeräumt, zumal die Abweichungen in den Ergebnissen durch methodische Weiterentwicklungen reduziert werden konnten. Mit der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wurde eine weitere methodische Änderung im Hin39

Olga Pötzsch

blick auf die Wanderungen zwischen den Bundesländern, die sogenannten Binnenwanderungen, eingeführt. Diese wurden zum einen feiner als in früheren Berechnungen nach Altersgruppen und Geschlecht abgestimmt. Zum anderen wurden die Binnenwanderungssalden eines Landes für jedes Vorausberechnungsjahr ausgehend von alters- und geschlechtsspezifischen Zuzugs- und Fortzugsraten im Rahmen einer simultanen Rechnung für alle 16 Länder ermittelt. Dadurch wurde verhindert, dass es durch eine dauerhafte Nettoabwanderung zu einer unplausiblen „Ausdünnung“ in bestimmten Bevölkerungskohorten in einzelnen Bundesländern kommt. Zugleich wurde dadurch die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen den Bundesländern verbessert. Bei der Festlegung der Annahmen wurde bei allen hier betrachteten Vorausberechnungen zwischen kurzfristigen Entwicklungen einerseits und mittel- bis langfristigen Trends andererseits unterschieden. Bei den kurzfristigen deutlichen Abweichungen von langfristigen Trends im Ausgangszeitraum muss abgewogen werden, welche Auswirkungen diese auf die künftige Entwicklung haben könnten. Wenn diese „Ausreißer“ einen eher „einmaligen“ Charakter haben, wie zum Beispiel der negative Wanderungssaldo im Jahr 2008 (Basisjahr der 11. koordinierten Vorausberechnung), sollen sie die langfristigen Annahmen so wenig wie möglich beeinflussen. Inwieweit sich die Ausgangssituation auf die Vorausberechnungen ausgewirkt hat, variierte allerdings von Berechnung zu Berechnung und zwischen den demografischen Komponenten. Im Folgenden werden die Annahmen der koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen 9 bis 13 miteinander verglichen.

3.1 Annahmen zur Geburtenhäufigkeit Die Annahmen zur Geburtenhäufigkeit beziehen sich in der Regel auf die sogenannte zusammengefasste Geburtenziffer (Period Total Fertility Rate, PTRF). Diese Geburtenziffer beschreibt die relative Geburtenhäufigkeit der Frauen in einem Kalenderjahr und ist in Bezug auf die Altersstruktur standardisiert (Luy, 2016). Die Annahmen zur künftigen zusammengefassten Geburtenziffer ergeben sich allerdings nicht allein aus ihrer eigenen Entwicklung, etwa nach dem Motto: „40 Jahre, 1,4 Kinder je Frau, bedeutet auch in der Zukunft 1,4 Kinder je Frau“. Die zusammengefasste Geburtenziffer steht erst am Ende eines iterativen Annahmenfindungsprozesses und 40

beeinflusst indirekt – über die altersspezifischen Geburtenziffern – die Stärke der neuen Geburtsjahrgänge und somit die künftige Bevölkerungsgröße und -struktur. Die eigentlichen Annahmen werden zur Entwicklung der altersspezifischen Geburtenziffern getroffen. Sie beruhen einerseits auf einer linearen Extrapolation der altersspezifischen Trends und andererseits auf den Hypothesen zur Weiterentwicklung der Kohortenfertilität. Die Parametrisierung der Zielverteilung erfolgt schließlich mithilfe eines Quadratic-Spline-Modells von Carl Schmertmann (2003). Die zusammengefasste Geburtenziffer ergibt sich anschließend aus der Summation der extrapolierten altersspezifischen Werte. Infolgedessen können der gleichen zusammengefassten Geburtenziffer von 1,4 Kindern je Frau im Jahr 2005 und im Jahr 2020 unterschiedliche altersspezifische Verteilungen zugrunde liegen. Ihr lang anhaltendes annähernd kon­ stantes Niveau kommt dadurch zustande, dass der Rückgang der Geburtenhäufigkeit im jüngeren gebärfähigen Alter durch den Geburtenanstieg im höheren Alter kompensiert wird. Bei der Formulierung der Annahmen wird deshalb oft neben dem Wert für die zusammengefasste Geburtenziffer auch das durchschnittliche Gebäralter als Verteilungsmaß genannt. Für die Ableitung der Annahmen wurden bis zur 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung vor allem Ergebnisse der Geburtenstatistik zur Entwicklung der perioden- und kohortenbezogenen Geburtenziffern verwendet. Ab der 12. koordinierten Bevölkerungs­ vorausberechnung hat sich die Datengrundlage für die Fertilitätsannahmen verbessert. Zum einen standen ab 2008 Ergebnisse zur Verteilung der Frauenjahrgänge nach der Parität zur Verfügung, das heißt nach der Zahl der geborenen Kinder. Daraus wurden Trends in der Kinderlosigkeit und in der Verteilung der Mütter nach der Zahl der geborenen Kinder ermittelt. Zum anderen wurde die Geburtenstatistik seit 2009 um die Geburtenfolge aller Kinder einer Frau erweitert – unabhängig von ihrem Familienstand. Auf dieser Grundlage konnten die Abstände zwischen den Geburten einer Frau und die zusammengefasste Geburtenziffer nach der Geburtenfolge berechnet und analysiert werden. Bei den koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen 9 und 10 wurde nur eine Fertilitätsannahme zur annähernden Konstanz der zusammengefassten Geburtenziffer getroffen. Für alternative Annahmen lagen keine empirischen Hinweise vor. Zum EntstehungsStatistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

(Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen

zeitpunkt dieser Berechnungen war zudem vor allem relevant, wie schnell sich die stark gesunkene Geburtenhäufigkeit in den neuen Ländern erholen und an das westdeutsche Niveau anpassen wird (Statistisches Bundesamt, 2000, 2003). Es wurde eine Annäherung zwischen 2005 und 2010 angenommen. Tatsächlich hat sich die zusammengefasste Geburtenziffer im Jahr 2007 in beiden Teilen Deutschlands beim Wert von 1,37 Kindern je Frau angeglichen. In den neuen Ländern stieg sie anschließend weiter und überholte das westdeutsche Niveau deutlich. In der 11. und 12. koordinierten Bevölkerungsvoraus­ berechnung wurde die Annahme zur annähernden Konstanz durch die Annahmen zu einem mittelfristigen leichten Anstieg und einem langfristigen Rückgang der zusammengefassten Geburtenziffer ergänzt. Alle drei Annahmen beruhten auf den beobachteten Geburtentrends, betonten aber im Hinblick auf die künftige Entwicklung unterschiedliche Aspekte (Statistisches Bundesamt, 2006, 2009; Pötzsch, 2010). Die Fertilitätsannahmen in der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung beruhten auf der neuen Datengrundlage unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Zensus 2011. Die zusammengefasste Geburtenziffer 2011 ist infolge der durch den Zensus 2011 nach unten korrigierten Bevölkerungszahl um 2 % gestiegen. In den Folgejahren 2012 und 2013 stieg die Geburtenhäufigkeit weiter leicht an. Der Trend zu späterer Familiengründung und höherer Kinderlosigkeit setzte sich zugleich fort. Aus der Perspektive des Jahres 2013 war der leichte Anstieg der Periodenfertilität der Ausdruck des sich intensivierenden „Nachholens“ der im jüngeren Alter nicht realisierten Geburten durch die Frauenkohorten zwischen 30 und 40 Jahren. Unter Berücksichtigung der altersspezifischen Geburtentrends und der Entwicklungen in der Kohortenfertilität wurden zwei Annahmen getroffen. Bei der Annahme G1 „annähernde Konstanz“ setzen sich die Trends der letzten Jahrzehnte fort (Statistisches Bundesamt, 2015). Die Annahme G2 „leichter Anstieg“ ging von theoretisch realisierbaren Veränderungen im Geburtenverhalten aus, auf welche allerdings nur wenige noch nicht verfestigte Tendenzen hinwiesen. Neben den Hauptannahmen wurde seit der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung ein Modell für analytische Zwecke mit der Geburtenrate auf dem Bestanderhaltungsniveau von 2,1 Kindern je Frau berechnet.  Übersicht 2­ Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

Übersicht 2 Ausgangswerte und Annahmen zur zusammengefassten Geburtenziffer Ausgangsjahr/Annahme Nummer der Bevölkerungsvoraus­ berechnung

Zusammengefasste Geburtenziffer (Kinderzahl je Frau)

9.

1997

1,37

G (annähernd konstant)

1,40

2001

1,35

G (annähernd konstant)

1,40

2005

1,34

G1 (annähernd konstant)

ab 2025: 1,37

G2 (leicht steigend)

ab 2025: 1,60

G3 (langfristig fallend)

bis 2050: 1,20

10.

11.

G (2,1) ab 2010: 2,10 Modellrechnung Bestandserhaltungsniveau 12.

2008

1,37

G1 (annähernd konstant)

ab 2020: 1,40

G2 (leicht steigend)

ab 2025: 1,60

G3 (langfristig fallend)

bis 2060: 1,20

G (2,1) ab 2015: 2,10 Modellrechnung Bestandserhaltungsniveau 13.

2013

1,42

G1 (annähernd konstant)

1,43

G2 (leicht steigend)

ab 2028: 1,62

G (2,1) ab 2015: 2,10 Modellrechnung Bestandserhaltungsniveau

3.2 Annahmen zur Lebenserwartung Die Lebenserwartung ist – wie die zusammengefasste Geburtenziffer – ein additiver Indikator. Seine Berechnung basiert auf dem Modell der sogenannten Sterbetafel, deren Ausgangspunkt die Sterbewahrscheinlichkeiten nach Geschlecht und Altersjahren bilden (Luy, 2016). Für die Ableitung der Annahmen werden alle für das deutsche Gebiet verfügbaren Sterbetafeln seit 1871/1881 herangezogen. Da diese einen systematischen Rückgang der Sterblichkeit zeigen, beruhen die Annahmen zur Lebenserwartung seit der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung auf einer Extra­ polation der altersspezifischen Trends (Sommer, 2001; Bomsdorf/Trimborn, 1992). Für jede einzelne Altersstufe wurden separat für Männer und Frauen ein langfristiger Trend seit 1871 und ein 41

Olga Pötzsch

deutlich kürzerer Trend seit 1970 gebildet (Statistisches Bundesamt, 2006, 2009, 2015). Der relativ kurze Trend führt zu einem stärkeren Anstieg der Lebenserwartung. Er spiegelt wider, dass sich das Sterberisiko seit 1970 in den Altersstufen ab ungefähr 60 Jahren infolge des medizinischen Fortschritts deutlich vermindert hat. Die Fortsetzung dieses Trends impliziert deshalb die Annahme, dass der medizinische Fortschritt künftig so stark wie bisher verläuft und mögliche neue lebensverkürzende Einflüsse kompensieren wird. Einiges spricht allerdings auch dafür, dass der Anstieg der Lebenserwartung in der Zukunft eher moderater ausfallen wird. So sind die Verbesserungspotenziale bei der Bekämpfung der Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit, die maßgeblich zur Steigerung der Lebenserwartung in der Vergangenheit beigetragen haben, fast ausgeschöpft. Die hier vielleicht noch vorhandenen Reserven werden sich nicht mehr spürbar auf die Lebenserwartung auswirken. Wäre beispielsweise heute das Sterberisiko bis zum Alter von 30 Jahren gleich null,

so würde sich die Lebenserwartung nur noch um weniger als ein Jahr erhöhen. Künftig werden verstärkt die höheren Altersstufen den Anstieg der Lebenserwartung beeinflussen. Offen bleibt jedoch, ob die in der Vergangenheit wirksamen Faktoren in Zukunft die Sterblichkeit so stark wie bisher vermindern oder sich in ihrer Wirkung abschwächen. Deshalb wurde eine weitere Lebens­ erwartungsannahme getroffen, die als „Basisannahme“ oder „moderater Anstieg“ bezeichnet wurde und sich aus einer Kombination des steileren Trends seit 1970 mit dem langfristigen Trend seit 1871 ergab. Eine weitere Besonderheit der letzten Jahrzehnte ist die Verringerung der Differenz in der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen, während die Lebenserwartung für beide Geschlechter steigt. Dieser Annäherungstrend wurde in den Annahmen seit der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung berücksichtigt.

Übersicht 3 Ausgangswerte und Annahmen zur Lebenserwartung Nummer der Bevölkerungs­vorausberechnung

Ausgangssterbetafel/ Annahme

Lebenserwartung: Ausgangs- und Zielwerte für das Jahr 2050 bei Geburt männlich

9.

10.

11.

12.

13.

im Alter 60 Jahre weiblich

männlich

weiblich

1996/98

74,04

80,27

18,73

23,06

L1

78,08

84,55

21,57

26,74

L2a

80,10

86,40

23,11

28,35

1998/2000

74,78

80,82

19,25

23,50

L1

78,89

85,73

22,01

27,73

L2

81,10

86,65

23,70

28,18

L3

82,65

88,09

24,90

29,39

2002/04

75,89

81,55

20,05

24,08

L1 „Basisannahme“

83,45

87,98

25,26

29,06

L2 „starker Anstieg“

85,38

89,82

27,17

30,88

2006/2008

77,17

82,40

20,93

24,71

L1 „Basisannahme“

83,72

88,14

25,58

29,21

L2 „starker Anstieg“

86,06

89,80

27,74

30,85

L „langsamer Anstieg“ Modellrechnung

81,26

86,41

23,32

27,51

2010/12

77,72

82,80

21,28

25,03

L1 „moderater Anstieg“

83,46

87,75

25,25

28,78

L2 „starker Anstieg“

85,05

89,02

26,68

29,99

Zur besseren Vergleichbarkeit sind hier die Zielwerte für das Jahr 2050 aufgeführt, obwohl die 12. wie auch die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2060 reichen und entsprechend eine höhere Lebenserwartung im Zieljahr 2060 aufweisen (Statistisches Bundesamt, 2009, 2015).

42

Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

(Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen

In den Vorausberechnungen 9 sowie 11 bis 13 wurden jeweils zwei Hauptannahmen mit einem moderaten Anstieg (auch als Basisannahme bezeichnet) und mit einem stärkeren Anstieg der Lebenserwartung getroffen. In der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung entsprachen dieser Systematik jeweils die Annahmen L2 und L3. Die Annahme L1 beinhaltete dagegen die Werte der sogenannten „Minimalsterbetafel“. Diese hypothetische Sterbetafel enthielt die international bereits zum Zeitpunkt der Vorausberechnung (1998/2000) erreichten niedrigsten Sterbewahrscheinlichkeiten als Ziel für Deutschland im Jahr 2035. Dieses hypothetische Szenario zeigte, welche Auswirkungen ein deutlich langsamerer Rückgang der Sterblichkeit haben würde. In der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wurden die Hauptannahmen durch eine Modellrechnung „langsamer Anstieg“ ergänzt. Nach dem Zensus 2011 musste auch für die Lebens­ erwartung eine kleine Zäsur vorgenommen werden, die sich auf die Lebenserwartungsannahmen der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung ausgewirkt hat. Die Lebenserwartung ist in der Basissterbetafel 2010/2012 etwas niedriger ausgefallen, als dies ohne Zensus 2011 gewesen wäre (Statistisches Bundesamt, 2015a). Hinzu kommt, dass die Lebenserwartung seit der vergangenen Vorausberechnung nicht so stark angestiegen ist wie in den Jahren zuvor. Daraus ergaben sich bei der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung geringfügig niedrigere Zielwerte als bei der vorherigen 12. Vorausberechnung.  Übersicht 3

3.3 Annahmen zu den Wanderungen Die Wanderungsbewegungen über die Außengrenzen werden im Wesentlichen von Deutschlands Attraktivität als Zielland, von politischen Entscheidungen im Inland, bilateralen und supranationalen Abkommen, wirtschaftlichen und demografischen Disparitäten sowie mit zunehmender Globalisierung vom Welt­geschehen in Form von Kriegen, Krisen und Umweltkatastrophen beeinflusst. Es gibt im Vergleich zu Fertilität und Mortalität nur wenige empirisch ableitbare Befunde zu demografischen Aspekten der Wanderung, die als Grundlage für die Annahme zum künftigen Wanderungssaldo verwendet werden können (Pötzsch, 2016). Für die Wanderungsannahmen zu den hier betrachteten Vorausberechnungen waren ausschlaggebend: Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

> Art und Ursachen der Zuwanderung nach und der Abwanderung aus Deutschland, > typische Herkunftsregionen der Zuwanderer und ihre Wandlung beziehungsweise Verfestigung im Laufe der Zeit, > mögliche künftige Veränderungen im Wanderungsdruck und Wanderungssog, die sich aus demografischen, wirtschaftlichen oder politischen Entwicklungen ableiten lassen, > Verhältnis zwischen den Zu- und Fortzügen der deutschen und ausländischen Personen, > durchschnittliche Höhe der Zuzüge, Fortzüge und des Wanderungssaldos in unterschiedlichen Zeiträumen, > Geschlechts- und Altersstruktur der Zu- und Fortzüge und ihre Entwicklung im Laufe der Zeit. | 4 Die Ausgangsniveaus für den Wanderungssaldo waren sehr unterschiedlich: von – 56 000 Personen im Jahr 2008 bis + 429 000 Personen im Jahr 2013. Bei der Diskussion und Festlegung der Annahmen galt die Prämisse, sich nicht von den Ereignissen am aktuellen Rand leiten zu lassen, weil diese meistens von kurzer Dauer sind und nicht als Blaupause für langfristige Wanderungsgeschehen dienen können. Ausgehend vom vergleichsweise niedrigen beziehungsweise ungewohnt hohen Niveau wurde deshalb ein allmählicher Übergang zu den jeweiligen langfristigen Annahmen modelliert. Dabei wurden jeweils zwei bis drei Annahmen getroffen. Die angenommenen Werte sind als langjährige Durchschnitte zu verstehen, da die tatsächlichen Wanderungssalden, wie die vergangene Entwicklung zeigt, immer starken Schwankungen unterliegen.  Übersicht 4

  4 Zur jeweiligen Begründung der Wanderungsannahmen siehe Statistisches Bundesamt 2003, 2006, 2009 und 2015.

43

Olga Pötzsch

Übersicht 4 Ausgangswerte und Annahmen zum Wanderungssaldo Nummer der Bevölkerungs­ vorausberechnung 9.

Ausgangsjahr/ Annahme

1998 W0-Modellrechnung

10.

11.

12.

13.

Wanderungssaldo (Personen je Jahr) insgesamt (im Durchschnitt)

Deutsche

81 000

Ausländer/-innen

47 000

33 000

Ausgeglichener Wanderungssaldo +/– 0

W1

100 000

abnehmender Wanderungssaldo

100 000

W2

200 000

abnehmender Wanderungssaldo

200 000

2001

273 000

W1

116 000

schrittweiser Abbau auf Nullniveau

100 000

W2

213 000

schrittweiser Abbau auf Nullniveau

200 000

W3

295 000

schrittweiser Abbau von 80 000 auf Nullniveau

300 000

2005

84 000

79 000

– 17 000

W0-Modellrechnung

Ausgeglichener Wanderungssaldo +/– 0

W1

Anstieg auf 100 000 bis 2008, danach konstant; zwischen 2006 und 2050 durchschnittlich 98 000.

W2

Anstieg auf 200 000 bis 2010, danach konstant; zwischen 2006 und 2050 durchschnittlich 190 000.

W3-Modellrechnung

Anstieg auf 300 000 bis 2012, danach konstant; zwischen 2006 und 2050 durchschnittlich 277 000.

2008

– 55 743

– 66 428

W0-Modellrechnung

Ausgeglichener Wanderungssaldo +/– 0

W1

Anstieg auf 100 000 bis 2014, danach konstant; zwischen 2009 und 2060 durchschnittlich 93 000.

W2

Anstieg auf 200 000 bis 2020, danach konstant; zwischen 2009 und 2060 durchschnittlich 180 000.

2013

428 607

– 21 857

188 000

96 000

10 685

450 464

W0-Modellrechnung

Ausgeglichener Wanderungssaldo +/– 0

W1

2014 und 2015 jeweils 500 000, 2016 bis 2021 schrittweiser Abbau auf 100 000, danach konstant. Zwischen 2014 und 2060 durchschnittlich 130 000.

W2

2014 und 2015 jeweils 500 000, 2016 bis 2021 schrittweiser Abbau auf 200 000, danach konstant. Zwischen 2014 und 2060 durchschnittlich 230 000.

W3-Modellrechnung

2014 und 2015 jeweils 500 000, ab 2016 bis 2021 konstant 300 000. Zwischen 2014 und 2060 durchschnittlich 309 000.

4 Ergebnisse Die Kombination der beschriebenen Annahmen ergibt mehrere Varianten (und Modellrechnungen) einer koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, die als ein 44

System betrachtet werden sollte. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist es wichtig, alle Varianten zu berücksichtigen.  Übersicht 5 Wie die Beschreibung der Annahmen zeigte, implizieren diese Varianten sowohl die Optionen zur Fortsetzung der aktuellen Trends als auch mögliche Abweichungen von Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

(Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen

Übersicht 5 Varianten der koordinierten Bevölkerungs­vorausberechnungen 9 bis 13 Nummer der Bevölkerungsvorausberechnung

Variante (Annahmen­ kombination | 1)

9.

Variante 1 (G-L1-W1)

Beschreibung

Nummer der Bevölkerungsvorausberechnung

Variante (Annahmen­ kombination | 1)

Beschreibung

12.

Variante 1-W1 (G1-L1-W1)

Untergrenze der „mittleren“ Bevölkerung

Variante 1-W2 (G1-L1-W2)

Obergrenze der „mittleren“ Bevölkerung

Variante 2 (G-L1-W2) Variante 2a (G-L2-W2) 10.

Variante 1 (G-L1-W1)

Variante 2-W1 (G1-L2-W1)

Variante 2 (G-L1-W2)

Variante 2-W2 (G1-L2-W2)

Variante 3 (G-L1-W3)

Variante 3-W1 (G2-L1-W1)

Variante 4 (G-L2-W1)

Variante 3-W2 (G2-L1-W2)

Variante 5 (G-L2-W2) Variante 6 (G-L2-W3)

Variante 4-W2 (G2-L2-W2)

Variante 7 (G-L3-W1)

Variante 5-W1 (G3-L1-W1)

Variante 8 (G-L3-W2)

Variante 5-W2 (G3-L1-W2)

Variante 9 (G-L3-W3) 11.

Variante 6-W1 (G3-L2-W1)

Variante 1-W1 (G1-L1-W1)

Untergrenze der „mittleren“ Bevölkerung

Variante 1-W2 (G1-L1-W2)

Obergrenze der „mittleren“ Bevölkerung

Variante 2-W2 (G1-L2-W2)

Modellrechnung (G1-L0-W1)

Lebenserwartung „langsamer Anstieg“

Modellrechnung (G1-L1-W0)

Ausgeglichener Wanderungssaldo

Modellrechnung (G 2,1 -L1-W1)

Geburtenrate auf dem Bestandserhaltungsniveau

Variante 1 (G1-L1-W1)

Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung

Variante 2 (G1-L1-W2)

Kontinuität bei stärkerer Zuwanderung

Variante 3 (G1-L2-W1)

Relativ alte Bevölkerung

Variante 3-W1 (G2-L1-W1) Relativ junge Bevölkerung

13.

Variante 4-W1 (G2-L2-W1) Variante 4-W2 (G2-L2-W2) Variante 5-W1 (G3-L1-W1) Variante 5-W2 (G3-L1-W2) Variante 6-W1 (G3-L2-W1)

Relativ alte Bevölkerung

Variante 6-W2 (G3-L2-W2)

Variante 2-W1 (G1-L2-W1)

Variante 3-W2 (G2-L1-W2)

Relativ junge Bevölkerung

Variante 4-W1 (G2-L2-W1)

Variante 4 (G1-L2-W2) Relativ alte Bevölkerung

Variante 6-W2 (G3-L2-W2)

Variante 5 (G2-L1-W1) Variante 6 (G2-L1-W2)

Relativ junge Bevölkerung

Modellrechnung (G1-L1-W3)

Wanderungssaldo 300 000

Variante 7 (G2-L2-W1)

Modellrechnung (G1-L1-W0)

Ausgeglichener Wanderungssaldo

Variante 8 (G2-L2-W2)

Modellrechnung (G 2,1 -L1-W1)

Geburtenrate auf dem Bestandserhaltungsniveau

Modellrechnung (G1-L1-W3)

Wanderungssaldo 300 000

Modellrechnung (G1-L1-W0)

Ausgeglichener Wanderungssaldo

Modellrechnung (G 2,1 -L1-W1)

Geburtenrate auf dem Bestandserhaltungsniveau

1 Annahmen entsprechend den Übersichten 2, 3 und 4.

diesen. Auch wenn bei der Präsentation der Ergebnisse, zum Beispiel anlässlich von Pressekonferenzen oder in Veröffentlichungen, zur besseren Übersichtlichkeit zumeist eine Beschränkung auf ausgewählte Varianten erforderlich ist, bedeutet das nicht, dass diese Varianten von den Modellrechnern als „wahrscheinlichere“ Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

gegenüber den nicht dargestellten Varianten bevorzugt werden. Sinnvollerweise sollten die Nutzer je nach Fragestellung, Zeithorizont und unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen zwischen den Varianten aus dem gesamten Rechnungssystem wählen. Das Statistische Bundesamt bietet dazu Beratung an. 45

Olga Pötzsch

Die Ergebnisdarstellung erfolgt hier nach den folgenden zwei Ansätzen: Die 9. und die 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung mit der Laufzeit vom Ausgangsjahr bis zum aktuellen Rand von mehr als zehn Jahren werden mit den derzeit letzten verfügbaren Ergebnissen der Bevölkerungsfortschreibung für das Jahr 2014 verglichen. Die jüngeren Berechnungen 11 bis 13 werden dagegen auf ihre Variabilität bezüglich der Altersstruktureffekte in der Zukunft untersucht.

vorausberechneten Bevölkerungszahl vom Ergebnis der Fortschreibung des Bevölkerungsbestands gering.

 Tabelle 1 zeigt die Spanne zwischen den Ergebnissen der Varianten mit jeweils maximaler und minimaler Abweichung. Bei der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung weist die Variante 1 (langsamerer Tabelle 1 Bevölkerungszahl 2014 nach den Ergebnissen der Bevölkerungsfortschreibung sowie der 9. und 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen | 1

4.1 Vorausberechnete und nachgewiesene Bevölkerung 2014

Bevölkerung Differenz zum am 31. Dezem- Fortschreibungsergebnis ber 2014 1 000 Personen

Zwischen dem Ausgangsjahr der 9. beziehungsweise der 10. Bevölkerungsvorausberechnung und dem Jahr 2014 liegen 17 beziehungsweise 13 Jahre. In diesem Zeitraum haben die Wanderungen stark geschwankt, teilweise mit einer Amplitude von rund 600 000 Personen. Infolge des Zensus 2011 musste die Bevölkerungszahl für 2011 um 1,5 Millionen nach unten korrigiert werden (Kaus/Mundil-Schwarz, 2015). Die Lebenserwartung ist rückblickend stärker angestiegen, als in den beiden betrachteten Vorausberechnungen angenommen wurde. Angesichts dieser auf den ersten Blick gravierenden Veränderungen erscheinen die Abweichungen in der

Ergebnis der Fortschreibung

%

81 198





Maximale Abweichung – Variante 1 (G-L1-W1)

80 066

– 1 132

– 1,4

Minimale Abweichung – Variante 2a (G-L2-W2)

81 223

+ 26

± 0,0

Maximale Abweichung – Variante 3 (G-L1-W3)

83 161

+ 1 963

+ 2,4

Minimale Abweichung – Variante 7 (G-L3-W1)

81 742

+ 545

+ 0,7

9. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

1 Varianten mit jeweils maximaler und minimaler Abweichung vom Fortschreibungs­ ergebnis.

Grafik 1 Bevölkerung nach dem Alter 2014 nach den Ergebnissen der Bevölkerungsfortschreibung sowie der 9. und 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen|1 1 000 Personen

1 500

1 000

500

0

5

10

Variante 1/9te

15

20

25

Variante 2a/9te

30

35

40

45

Variante 3/10te

50

55

60

65

Variante 7/10te

70

75

80

85

90

95

0

Ergebnis der Fortschreibung

1 Varianten mit jeweils maximaler und minimaler Abweichung vom Fortschreibungsergebnis. 2016 - 01 - 0611

46

Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

(Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen

Anstieg der Lebenserwartung und Wanderungssaldo von 100 000 Personen) die größte Abweichung vom Ergebnis der Fortschreibung mit – 1,1 Millionen Personen oder – 1,4 % auf. Die Variante 2a (stärkerer Anstieg der Lebenserwartung und Wanderungssaldo von 200 000 Personen) weicht dagegen um lediglich 26 000 Personen ab. Bei der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung beträgt die maximale Abweichung rund 2 Millionen Personen oder 2,4 % in der Variante 3 (mit niedriger Annahme zur Lebenserwartung und dem Wanderungssaldo von 300 000 Personen). Die Variante 7 (hohe Lebenserwartungsannahme und Wanderungssaldo von 100 000 Personen) trifft dagegen das Fortschreibungsergebnis mit einer Abweichung von 545 000 Personen oder 0,7 % verhältnismäßig gut. Der Vergleich der Ergebnisse nach Altersjahren zeigt eine gute Übereinstimmung zwischen den vorausberechneten und statistisch nachgewiesenen Ergebnissen. Im kritischen Bereich zwischen 25 und 45 Jahren, der dem wanderungsaktiven Alter entspricht, treffen die Varianten 2a/9te und 7/10te sehr gut die Fortschreibungswerte. Die maximalen Abweichungen (Varianten 1/9te und 3/10te) bilden dagegen einen Korridor, in dessen Mitte sich die Fortschreibungswerte bewegen. Ab dem Alter von 50 Jahren weisen alle Varianten eine hohe Treffsicherheit auf.  Grafik 1

Anhand der relativen Abweichungen der vorausberechneten Ergebnisse von der Fortschreibung nach Einzel­ altersjahren wird dieses Bild im Wesentlichen bestätigt: Der relative Fehler in den einzelnen Altersjahren liegt weitgehend innerhalb der Spanne von – 5 % bis + 5 %. Eine besonders gute Übereinstimmung zeigt sich im Alter zwischen 3 und 25 Jahren sowie zwischen 45 und 75 Jahren. Die maximale Abweichung beträgt + 13,6 % im Alter 95 Jahre (Variante 7/10te). In sehr hohem Alter sind die relativen Abweichungen allerdings auch deshalb größer, weil die Besetzungszahlen deutlich geringer sind als in den übrigen Altersjahrgängen. Die durchschnittliche relative Abweichung je Alterskohorte ist im Altersbereich von 81 bis 95 Jahren mit 6,0 % in der 9. beziehungsweise mit 4,3 % in der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung deutlich geringer als dieser Maximalwert. Die zweitgrößte Abweichung mit – 9,9 % zeigt sich bei den Nulljährigen in der Variante 1/9te. Innerhalb des Altersbereichs von 0 bis 20 Jahren fällt die durchschnittliche Abweichung je Alterskohorte allerdings mit 2,8 % in der 9. beziehungsweise mit 2,1 % in der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung moderat aus.  Grafik 2, Tabelle 2 Diese insgesamt gute Übereinstimmung zwischen vorausberechneten und nachgewiesenen Ergebnissen ist

Grafik 2 Abweichungen vom Fortschreibungsergebnis der Bevölkerung nach dem Alter 2014 Ergebnisse der 9. und 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen|1 in %

15

10

5

0

-5

0

5

10

Variante 1/9te

15

20

25

Variante 2a/9te

30

35

40

45

Variante 3/10te

50

55

60

65

70

75

80

85

90

95

-10

Variante 7/10te

1 Varianten mit jeweils maximaler und minimaler Abweichung vom Fortschreibungsergebnis. 2016 - 01 - 0612

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Vorausberechnungsergebnisse nicht stark ausgewirkt. Da es anhand demografischer Indikatoren zu erkennen war, dass die Bevölkerungszahlen im Alter ab 90 Jahre in der Bevölkerungsfortschreibung vor dem Zensus 2011 tendenziell überhöht waren, wurden diese in der jeweiligen Ausgangsbasis der koordinierten Bevölkerungs­ vorausberechnungen korrigiert. Die Ausgangsbevölkerung und die Sterbewahrscheinlichkeiten der Hochaltrigen wurden dabei anhand von Schätzverfahren ermittelt (Eisenmenger, 2003).

Tabelle 2 Abweichungen vom Fortschreibungsergebnis nach Einzelaltersjahren 2014 Ergebnisse der 9. und 10. koordinierten Bevölkerungs­ vorausberechnung | 1 Innerhalb des Altersbereichs von . . . bis . . . Jahren

Abweichung je Alterskohorte kleinste

größte

im Durchschnitt

% 9. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

0 bis 20

± 0,0

– 9,9

2,8

21 bis 40

+ 0,3

– 4,9

2,5

41 bis 60

+ 0,1

+ 5,9

2,4

61 bis 80

± 0,0

– 6,8

2,4

+ 0,7

+ 12,2

6,0

81 bis 95

4.2 Ergebnisse der koordinierten Vorausberechnungen 11 bis 13 im Vergleich

10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 0 bis 20

± 0,0

– 5,9

2,1

21 bis 40

+ 0,3

+ 7,2

3,6

41 bis 60

+ 1,1

+ 4,7

2,4

61 bis 80

± 0,3

– 4,7

2,0

81 bis 95

+ 0,4

+ 13,6

4,3

Für einen Vergleich der Ergebnisse zwischen den Bevölkerungsvorausberechnungen 11 bis 13 wird das Jahr 2040 gewählt. Für diesen Zeithorizont sprechen folgende Gründe: Zum Ersten unterscheiden sich die Vorausberechnungszeiträume zwischen den betrachteten Vorausberechnungen, sodass von einem maximalen Zeit­horizont abgesehen werden muss. Zum Zweiten markiert das Jahr 2040 den Übergang zwischen der Phase einer besonders schnellen Alterung, in der die stark besetzten Jahrgänge der Baby-Boom-Generation aus dem aktiven Erwerbsalter ausscheiden, und einer darauf folgenden voraussichtlich stetigeren Entwicklung. Zum Dritten können anhand der Ergebnisse für 2040 langfristige Bevölkerungseffekte präsentiert werden, da der Abstand zur jüngsten Rechnung 27 Jahre beträgt.

1 Varianten mit jeweils maximalen und minimalen Abweichung vom Fortschreibungs­ ergebnis.

allerdings nicht nur den getroffenen Annahmen geschuldet, sondern auch der Trägheit der demografischen Prozesse und der Tatsache, dass sich zahlreiche Einzeleffekte gegenseitig nivellieren. Zudem ergaben sich infolge des Zensus 2011 keine starken Verschiebungen in der Altersstruktur, sodass sich zwar die Besetzung der einzelnen Altersklassen, jedoch nicht ihr Verhältnis zueinander verändert hat. Auch relativ gravierende Korrekturen der Bevölkerungszahl im höheren Alter haben sich auf die Vergleichbarkeit der Fortschreibungs- und

 Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse für die Bevölkerungszahl und den Altenquotient, der hier die Relation zwi-

Tabelle 3 Vergleich der Ergebnisse der koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen 11 bis 13 | 1 Im Ausgangsjahr (zum Zeitpunkt der Rechnung)

Im Jahr 2040 Minimum

Trendfortsetzung Untergrenze

Maximum Obergrenze

Bevölkerungszahl in 1 000 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

82 391

72 255

73 422

77 288

81 040

12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

81 947

72 520

73 829

76 757

80 161

13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

80 767

75 963

75 963

78 906

81 445

Altenquotient | 2 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

26

51

54

51

58

12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

29

52

55

52

58

13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

30

49

51

49

53

1 In den Vergleich sind alle Hauptvarianten (ohne Modellrechnungen) einbezogen. 2 Anzahl der 67-Jährigen und Älteren je 100 20- bis 66-Jährige.

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schen der Anzahl der ab 67-Jährigen und der Anzahl der 20- bis 66-Jährigen abbildet. Gegenübergestellt werden die jeweils maximalen und minimalen Werte, ausgehend von allen Varianten, sowie die sogenannte Ober- und Untergrenze des Korridors, welcher sich bei der Fortsetzung der langfristigen Trends ergibt (jeweils Varianten G1-L1-W1 und G1-L1-W2). Beim Vergleich sollte beachtet werden, dass zwischen den Vorausberechnungen 11 und 12 einerseits und 13 andererseits in der Ausgangsbasis und im Design der Varianten Unterschiede bestehen. Da die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung keine niedrige Fertilitätsannahme enthält, ergibt sich die minimale Bevölkerungszahl aus der Untergrenze bei der Trendfortsetzung (Variante 1: Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung). Deshalb weist die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung mit 5,5 Millionen Personen auch eine geringere Gesamtspanne in der Bevölkerungszahl auf als die 11. und die 12. Bevölkerungsvorausberechnungen (8,7 Millionen Personen beziehungsweise 7,6 Millionen Personen). Aufgrund von höheren Annahmen zum Wanderungssaldo und etwas höheren Werten bei den beiden Fertilitätsannahmen G1 und G2 ergibt sich zudem bei der 13. Bevölkerungsvorausberechnung im Jahr 2040 eine tendenziell höhere Bevölkerungszahl. Die Variante 8 mit der maximalen Bevölkerungszahl im Jahr 2040 von 81,4 Millionen Personen zeigt sogar ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum bis 2028. Trotzdem sind die Differenzen zwischen den Berechnungsergebnissen für 2040 von 0,4 Millionen Personen (bei den jeweiligen Varianten mit maximaler Bevölkerungszahl) bis 2,5 Millionen Personen (bei den Varianten „Untergrenze bei Trendfortsetzung“) für einen Zeithorizont von 27 bis 35 Jahren und unterschiedliche Ausgangsverhältnisse relativ gering. In die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung sind die Ergebnisse des Zensus 2011 mit eingegangen. Diese hatten die Reduktion der Bevölkerungszahl insgesamt und insbesondere im Alter zwischen 40 und 50 Jahren zur Folge (Kaus/Mundil, 2015, hier: Seite 30). Die potenziellen Seniorenkohorten von 2040 enthielten dadurch bei der 13. Vorausberechnung weniger Personen als in den vorherigen Rechnungen. Zudem sorgten die steigende Nettozuwanderung von 2011 bis 2013 und deutlich höhere Wanderungsannahmen von 2014 bis 2020 für ein Bevölkerungswachstum insbesondere im wanderungsaktiven Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

Aufgrund dieser Effekte fiel in der 13. Vorausberechnung der Anstieg des Altenquotienten bis 2040 etwas geringer aus. Trotz aufgezeigter Unterschiede in der Basis und in den Annahmen liegen die Ergebnisse der Bevölkerungs­ vorausberechnungen 11 bis 13 relativ nah beieinander. Insbesondere zeigen sie, dass die demografischen Wellen des letzten Jahrhunderts die Bevölkerungsentwicklung in der Zukunft noch lange beeinflussen werden. Die verfestigten demografischen Trends in der Geburten- und Sterblichkeitsentwicklung geben bisher wenig Spielraum für stark abweichende Annahmen, die einem Seriositätsanspruch standhalten würden. Aus dieser Konstellation ergibt sich unweigerlich ein Überschuss der Sterbefälle über die Geburten, der nur bei einem stabil sehr hohen Wanderungssaldo etwa auf dem Niveau des Jahres 2014 einen Bevölkerungsrückgang verhindern könnte. Die Alterung würde sich allerdings auch in diesem Fall bis 2040 fortsetzen, da gravierende Disparitäten zwischen den Altersstufen bereits heute im Altersaufbau angelegt sind und keine Zuwanderung das Aufsteigen der stark besetzten Jahrgänge ins höhere Alter bei einer stetigen Entwicklung verhindern kann. Sie kann die Disparitäten zwischen den Altersgruppen lediglich abmildern, sodass zum Beispiel der Altenquotient nicht so schnell und stark steigt. Diese Effekte veranschaulicht die Bevölkerungsverteilung nach Einzel­ alter nach den Ergebnissen unterschiedlicher Rechnungen in  Grafik 3. Aus Grafik 3 wird deutlich, dass unterschiedliche Annahmen je nach Altersbereich zu einer mehr oder weniger starken Variation in der Größe einzelner Kohorten im Jahr 2040 führen. Für die Jüngeren bis unter 20 Jahren ergibt sich daraus eine größere Spannweite bis zu 200 000 Personen je Jahrgang. Die Obergrenze markiert dabei die Variante der 13. Bevölkerungsvorausberechnung mit steigender Geburtenhäufigkeit und stärkerer Zuwanderung (G2-L1-W2). Die Untergrenze bildet die Variante der 12. Bevölkerungsvorausberechnung mit den Annahmen zur sinkenden Geburtenrate und zur niedrigen Nettozuwanderung (G3-L2-W1). Aus Sicht des Jahres 2016 scheinen diese Annahmen zwar überholt, ihre Bedeutung im System der Bevölkerungsvorausberechnungen haben sie jedoch nicht verloren. Sie veranschaulichen eine hypothetische Entwicklung bei einem relativ niedrigen Wanderungssaldo und ohne familien­ politischen Maßnahmen und die gesellschaftliche Dis49

Olga Pötzsch

Grafik 3 Bevölkerung nach dem Alter 2040 nach ausgewählten Ergebnissen der koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen 11 bis 13|1 1 000 Personen

1 500

Die Ergebnisse aus den 3 Bevölkerungsvorausberechnungen zeigen ab dem Alter 67 Jahre fast gleichen Verlauf Modellrechnung 300 000/13te 1 000

Variante G2-L1-W2/13te Modellrechnung 0/13te

0

5

10

15

500

67 Jahre

Variante G3-L2-W2/12te

20

25

30

35

40

45

50

55

60

65

70

75

80

85

90

95

99

0

1 Einschließlich Modellrechnungen der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit Wanderungssaldo 0 und 300 000. 2016 - 01 - 0613

kussion der 2000er-Jahre, welche die Geburtenentwicklung zumindest teilweise begünstigt haben (Bonin und andere, 2013). Im mittleren Altersbereich liegen die Hauptvarianten relativ nah beieinander. Die äußeren Grenzen bilden hier die zwei Modellrechnungen der 13. Vorausberechnung mit jeweils ausgeglichenem und dauerhaft hohem Wanderungssaldo von 300 000 Personen. Im Altersbereich ab 67 Jahre sind die Unterschiede in den Ergebnissen marginal. Damit wird deutlich, dass die Auswirkung der demografischen Komponenten auf die Alterung innerhalb der nächsten Jahrzehnte sehr eingeschränkt ist. Die Frage nach der Relation zwischen der Bevölkerung im erwerbsfähigen und im Seniorenalter könnte somit relativ zuverlässig ausgehend von den letzten verfügbaren Ergebnissen aus der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung beantwortet werden. Wie bereits in der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 20. Januar 2016 (Statistisches Bundesamt, 2016) gemeldet, würde die Anzahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter von 51 Millionen Personen im Jahr 2013 auf 42 bis 44 Millionen Personen im Jahr 2040 sinken. Die Zahl der ab 67-Jährigen wird im gleichen Zeitraum von 15 Millionen Personen auf mindestens 21 Millionen Personen steigen. Sogar wenn der Wanderungssaldo infolge der Zuwanderung von Flüchtlingen dauerhaft 300 000 Personen je Jahr betragen würde, werden sich die Verhältnisse nur leicht verbessern: 46 Millionen 50

20- bis 66-Jährigen werden 22 Millionen 67-Jährige und Ältere gegenüberstehen.

5 Zusammenfassung und Ausblick Die hier betrachteten koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen 9 bis 13 zeigen sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen von langfristigen Projektionen. Das System der deterministischen Rechnungen liefert in sich schlüssige und nachvollziehbare Ergebnisse. Die weiter zurückliegenden Vorausberechnungen 9 und 10 zeigen für das Jahr 2014 jeweils bei einer der Varianten eine sehr gute Übereinstimmung mit dem Ergebnis der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011. Die jüngeren Berechnungen 11 bis 13 grenzen das Spektrum ein, in dem sich die Entwicklung in der Zukunft vollziehen könnte. Sie verdeutlichen, dass sich zwar je nach Geburten- und Wanderungsentwicklung unterschied­ liche Optionen für den künftigen Altersaufbau der Bevölkerung ergeben. Alle diese Optionen weisen jedoch auf einen mehr oder weniger starken Rückgang in den jüngeren Kohorten hin. Mit zunehmendem Alter reduzieren sich Unterschiede zwischen den Projektionsergebnissen und zeigen ab dem Alter von etwa 60 Jahren einen sehr ähnlichen Verlauf. Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

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Andererseits erscheinen einige im Zeitraum von 1998 bis 2015 getroffene Annahmen aus heutiger Sicht überholt. Dazu zählt die Verwendung der Minimalsterbetafel für die Ableitung der Mortalitätsannahmen. Die Annahme eines kontinuierlichen Rückgangs der zusammen­ gefassten Geburtenziffer entspricht zumindest nicht der Entwicklung der letzten Jahre. Die auf langfristige Trends angelegten Wanderungsannahmen haben, wie erwartet, oft die kurzfristigen Veränderungen verfehlt. Es ist jedoch bemerkenswert, dass der durchschnittliche jährliche Wanderungssaldo im Zeitraum von 1997 bis 2013 rund 148 000 Personen betrug und damit genau in der Mitte des angenommenen Korridors zwischen 100 000 und 200 000 Personen lag. Im Hinblick auf die Weiterentwicklung stellen zunehmende Anforderungen an eine höhere Treffsicherheit für kurzfristige Entwicklungen eine besondere Herausforderung dar. Dafür müssten neue Wege bestritten werden, da die bisher schwerpunktmäßig verwendeten langfristigen Trends die Entwicklung am aktuellen Rand nicht immer ausreichend gut abbilden. Möglichkeiten, kurzfristige Prognosen mit langfristigen Projektionen zu verknüpfen, werden derzeit auch auf europäischer Ebene diskutiert. Die Suche nach Lösungsansätzen für solch eine hybride Bevölkerungsvorausberechnung gestaltet sich jedoch schwierig. Auf die Ausarbeitung von kurzfristigen Annahmen wird künftig jedenfalls ein größeres Augenmerk gerichtet werden müssen. Auch die Datengrundlage und die Ableitung der langfristigen Annahmen werden laufend weiter verbessert. Auf die immer wieder geäußerten Forderungen nach Anwendung von probabilistischen Methoden fällt die Antwort differenziert aus. Für Analysen zur Ableitung der Annahmen können stochastische Ansätze hilfreich sein und werden daraufhin weiter untersucht. Als Modell für die Bevölkerungsvorausberechnungen in der amtlichen Statistik weisen sie jedoch nach wie vor mehr Nachteile als Vorteile auf. Dies betrifft nicht nur die schwierigere Interpretation und Vermittlung der Ergebnisse, die mathematische Kenntnisse in sehr breiten Nutzerkreisen voraussetzen. Es geht auch um die „Kernkompetenzen“, die den probabilistischen Projektionen zugeschrieben werden: mathematische Objektivität und Vermittlung der Unsicherheit. Mathematische Objektivität wird zwar suggeriert, ist aber tatsächlich eingeschränkt. Ergebnisse der bekannten stochastischen Ansätze hängen immer von der subjektiven Wahl des Stützbereichs, der Statistisches Bundesamt | WISTA | 4 | 2016

Modellparameter oder der Experten ab, die für Nutzer nicht nachvollziehbar sind. Zudem liefern unterschiedliche stochastische Ansätze abweichende Konfidenz­ intervalle und konkurrieren untereinander. „Somit ist nicht nur die Prognose selbst, sondern auch deren statistische Wahrscheinlichkeit mit Unsicherheit behaftet. Für Nutzer bedeutet dies, dass Bevölkerungsprognosen nicht ohne Diskussion der zugrunde liegenden Annahmen zu Fertilität, Mortalität und Migration verwendet werden sollten.“ (Steinberg/Doblhammer-Reiter, 2010, hier: Seite 402). Die im Zeitverlauf zunehmende Unsicherheit der künftigen Entwicklung wird zwar veranschaulicht, indem ein Konfidenzbereich angegeben wird. Praktisch genutzt wird jedoch oft nur der Median. Dies engt das Spektrum der möglichen Entwicklungen noch stärker ein als bei der Szenarientechnik. Die Vorausberechnungen auf Basis deterministischer Annahmen liefern dagegen Szenarien, die unterschiedliche Optionen der künftigen Entwicklung repräsentieren. Da Nutzer nachvollziehen können, auf welche Annahmen eine Entwicklung zurückgeht, können sie, je nach aktueller demografischer Situation, zwischen den Varianten wählen. Für alle Ansätze – deterministische und stochastische – gilt jedoch, dass sie Strukturbrüche durch unvorhersehbare Ereignisse nicht berücksichtigen könnten. So bewegte sich der starke Anstieg der Zuwanderung im Jahr 2015 auch außerhalb der Konfidenzintervalle der probabilistischen Projektionen für Deutschland von Bohk, 2012, und der Vereinten Nationen, 2015 (zur Nieden und andere, 2016). Die Vorausberechnungen sind wie ein Blick durch das Fernglas: Heute erscheint uns ein weit entferntes Ziel anders als 30 Jahre später oder 30 Jahre zuvor.

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.

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Anlage 6:

P-EK 1- 6/16

Anlage 06 31.03.2017 dun-otto-sto

Schreiben des Kommissionssekretariats im Auftrag des Vorsitzenden hinsichtlich der Teilnahme des AfS (TOP 4)

Schäfer Carolin Von: Gesendet: An: Betreff: Anlagen:

Enquetekommission 6/1 Landtag Brandenburg Dienstag, 28. März 2017 15:53 Enquetekommission 6/1 Landtag Brandenburg [EK 6/1] Neudruck Einladung 16. Sitzung 31.03.2017 Einladung 16.Sitzung NEUDRUCK.pdf

Sehr geehrte Damen und Herren, im Auftrag des Vorsitzenden erhalten Sie anbei einen Neudruck der Einladung mit einem geänderten Entwurf der Tagesordnung zur 16. Sitzung der Enquete-Kommission 6/1 am 31 .03.2017 im Landtag Brandenburg. Das unter TOR 6 vorgesehene Gespräch mit Vertretern des AfS muss entfallen. Als Gesprächspartner war die zuständige Fachebene des AfS vorgesehen. Aufgrund der Bedeutung des Themas möchte jedoch der Vorstand des AfS diesen Termin selbst wahrnehmen. Eine Teilnahme am 31. März ist aber leider terminlich nicht möglich. Über einen möglichen Ersatztermin wird der Vorsitzende Roick in der Sitzung erichten. Zur inhaltlichen Vorbereitung des TORs wurde dem AfS informelle Leitfragen übermittelt, die von der zuständigen BEG 6 in ihrer letzten Sitzung erarbeitet wurden: • Kurze Einschätzung zur Verlässlichkeit von Bevölkerungsprognosen (vgl. Schreiben des Kommissionsmitglieds Graf vom Städte- und Gemeindebund Brandenburg) • Welche methodischen Gestaltungsmöglichkeiten existieren bei der Erstellung von Prognosen? o Nutzen das Statistische Bundesamt oder die Statistikbehörden anderer Bundesländer unterschiedliche Methoden? o Wenn ja, welche Gründe hat dies? Wie wirken sich diese auf die Prognose aus? • Wie valide sind Bevölkerungsvorausschätzungen für die gemeindliche Ebene (Ämter und amtsfreie Gemeinden)? • Können unterschiedliche Szenarien der Geburtenrate dargestellt werden, bzw. liegen diese bereits vor (ähnlich der Darstellung der unterschiedlichen Modellrechnungen der Auslandszuwanderung in der 3. Sitzung der EK 6/1 vom 11. Dezember 2015)? o Welche mittel- bis langfristigen Konsequenzen auf die Bevölkerungszahl und Altersstruktur hätten kurzfristig eintretende Zu- bzw. Abnahmen der Geburtenrate (aktuelle Diskussion über „Geburtenhoch")? Das AfS hat zugesichert, die Antworten bis zum 30. März, 12 Uhr, schriftlich zu übermitteln. Bitte beachten Sie, dass die Sitzung bereits um 9.30 Uhr beginnt. Bei Fragen stehen wir ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen LA. Bastian Dunkel

Bastian Dunkel Landtag Brandenburg, Verwaltung Referent EK 6/1 „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels" [email protected] [email protected]

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Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 7:

P-EK 1- 6/16

Antworten des AfS (TOP 4)

Anlage 07 31.03.2017 dun-otto-sto

EI3GANGLN f -f Ek(/ 30. MRZ, 2017

Amt für Statis ii: Berlin-Brandenburg

Erled Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Behlertstralfe3a 14467 Potsdam

Standort Potsdam Beh(ertstraße 3a

14467 Potsdam Landtag Brandenburg EK 6/1 ‚Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Herrn Bastian Dunkel Verwaltung, Referat P2 Alter Markt 1 14467 Potsdam

Fidorra, Jörg GeschZ: ZS, 80B Telefon: 0331 8173-1700 Joerg.Fidorra statistik-bbb.de

Per E-Mail Bevölkerungsprognosen für das Land Brandenburg Zur 16. Sitzung der Enquete-Kommission "Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels' 31 März 2017 Potsdam, 30.03.2017 Seite 1 von 1 Sehr geehrter Herr Dunkel, vielen Dank für die Einräumung der Möglichkeit, die Gesprächsleitlinien der 16. Sitzung der Enquete-Kommission schriftlich zu beantworten.

von der lahl zur Information

Im Anhang erhalten Sie unsere Ausarbeitung.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg\/- ldc\rr7 Vert/eter es Vorstandes Leiter Abteilung Zentraler Service

Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Anstalt des öffentlichen Rechts Behlertstruße 3a 14,167 Potsdam info@statistik-hbbde wswrstatistik-berlin-brandenburg.de Telefon: 03318173-1777 Telefax: 0309028-4091 Vorstand: Rudolf Frees (komm.) Gerichtsstand Potsdam

Amt für Statistik Berlin-Brandenburg

Referat 41 Bevölkerung, Kommunalstatistik

30. März 2017 Ausarbeitung zur Sitzung der Enquete-Kommission "Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels" (EK 6/1 am 31. März 2017) Bevölkerungsprognosen für das Land Brandenburg Seit Anfang der 90er Jahre werden Bevölkerungsprognosen für das Land Brandenburg gerechnet und turnusmäßig etwa alle zwei bis drei Jahre aktualisiert (s. Abbildung 1). Die derzeit verfügbare Bevölkerungsprognose 2014 bis 2040 für das Land Brandenburg (P13) beruht auf Daten der Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2013. Fertiggestellt und veröffentlicht wurde diese Prognose Ende 2015. Eine Aktualisierung der vorliegenden Prognose P13 stünde jetzt regulär an. Dies insbesondere deswegen, weil die massive Zuwanderung von Schutzsuchenden in den Jahren 2014 und vor allem 2015 seitdem die Bevölkerung in ihrer Größe und Struktur verändert hat. Wie und ob diese Zuwanderung auch die demografischen Entwicklungen beeinflussen wird (z. B. Fertilität, Alterung), kann derzeit noch nicht zuverlässig bewertet werden. Für eine Neubewertung von Trends ist ein längerer Zeitraum erforderlich. Eine neue Bevölkerungsprognose ist deshalb gegenwärtig noch nicht sinnvoll. Zudem liegen die Daten der Bevölkerungsstatistiken für das Jahr 2016 noch nicht vor. Abbildunci 1 Bevölkerungsentwicklung im Land Brandenburg- Prognosen und Realitä t 2800

2700

2600

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--2004

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-2013 (013)

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RIität

2100

2000 1992 1995

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Verlässlichkeit von Bevölkerungsprognosen Eine Bevölkerungsprognose treffender wäre der Begriff Bevölkerungsvorausberechnung wird auf Basis einer Ausgangsbevölkerung und einer Vielzahl von Annahmen über die zukünftige Entwicklung der demografischen Parameter (Fertilität, Mortalität und Migration) gerechnet. Die Annahmen über zukünftige demografische Parameter werden aus vergangenen Entwicklungen abgeleitet. Mit großer Wahrscheinlichkeit eintreffende zukünftige Ereignisse werden bei der Formulierung der Annahmen berücksichtigt. Die Beschreibung der der Rechnung zugrunde liegenden Annahmen ist auch Bestandteil der jeweiligen Veröffentlichung von Prognoseergebnissen. Prognosen sind „Wenn-Dann"Aussagen: Wenn die Entwicklung der Prognoseparameter also der Fruchtbarkeit, der Sterblichkeit und der Wanderungen (Migration) so verläuft wie angenommen, dann treten die prognostizierten Tendenzen ein. Prognoseergebnisse sind also vor dem Hintergrund der zugrunde liegenden Annahmen und Hypothesen zu bewerten. -

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Abweichungen der P13 von den realen Werten Große Abweichungen der durch die Bevölkerungsstatistik real ermittelten Werte von den Annahmen der P 13 hat es bei den Wanderungen gegeben. Nachfolgend der Saldo (Differenz zwischen Zu- und Fortzügen) für die Jahre 2014 und 2015 Wanderungen — Annahmen P13 und Realwerte für 2014 und2015 Jahr Realwerte P 13 Diff. in % 2014 18.014 18.100 —0,5 2015 37.667 17.000 121,6 Während die Annahmen der P13 für das Jahr 2014 fast getroffen wurden, liegen die realen Werte 2015 erheblich über den Annahmen. Grund hierfür ist die massive Zuwanderung von Schutzsuchenden. Dies konnte zum Zeitpunkt der Rechnung nicht in den Annahmen berücksichtigt werden. Außerdem war die Zuwanderung aus Berlin 2015 leicht höher als angenommen, Geburten —Annahmen P13 und Realwerte für 2014 und 2015 Jahr Realwerte P 13 Diff. in % 2014 19.339 18.100 6,8 2015 19.112 18.000 6,2 Die Differenzen hängen damit zusammen, dass die Geburtenrate überraschend von 1,44 im Jahr 2013 auf 1,55 im Jahr 2014 angestiegen ist. Eine Steigerung der Geburtenrate um 0,11 ist ungewöhnlich hoch. Das Phänomen trat bundesweit auf. Sterbefälle—Annahmen P13 und Realwerte für 2014 und 2015 Jahr Realwerte P13 Diff in % 2014 28.990 31.000 -6,5 2015 30.750 31.000 -0,8 Es gibt Abweichungen im Jahr 2014. Für das Jahr 2015 deckt sich der errechnete Wert mit dem Realwert nahezu. Es kann vermutet werden, dass die angenommene Sterbefallzahl sich ab hier mit der Realentwicklung in etwa decken wird.

Welche methodischen Gestaltungsmöglichkeiten existieren bei der Erstellung von Prognosen? Die Veränderung der Bevölkerungszahl und ihrer Struktur wird durch folgende Ereignisse bestimmt. Dabei ergeben sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten: Geburten (berechnet durch altersspezifische Geburtenraten) Gestaltungsmöglichkeit: Annahme von höheren oder niedrigeren Geburtenraten Sterbefälle (berechnet durch altersspezifische Sterbewahrscheinlichkeiten, Veränderung der Lebenserwartung) Gestaltungsmöglichkeit: Annahme von höheren oder niedrigeren Sterbewahrscheinlichkeiten, höherer oder niedrigerer Lebenserwartung Wanderungen (altersspezifische Zu- und Fortzüge) Gestaltungsmöglichkeit: höheres oder niedrigeres Zu- bzw. Fortzugsvolumen, Veränderung der Altersstruktur der zu- bzw. fortziehenden Personen Neben den demografischen Grundannahmen können für bestimmte Regionen auch Zielwerte gesetzt werden, so z. B. eine maximale Bevölkerungszahl bei Beschränkungen des

Wohnungspotenzials. Solche Zielwerte können bei fest geplanten Bau- oder Rückbauvorhaben in einem Gebiet vorteilhaft sein. Weitere methodische Variationen können sich durch kürzere oder längere Stützzeiträume der Vergangenheit oder angewendete Glättungsverfahren ergeben.

Nutzen das Statistische Bundesamt oder die Statistikbehörden anderer Bundesländer unterschiedliche Methoden? In der Fachliteratur werden grundsätzlich zwei Berechnungsmodelle unterschieden: Das deterministische und das probabilistische Modell. Deterministische Modelle erzeugen Ergebnisse durch Berechnung einer Ergebnisverteilung (Verteilung von durch Annahmen festgelegte Gesamtvolumina auf die Bevölkerungsgruppen). Bei probabilistischen Modellen geht es um die Berechnung eines Ergebnisverlaufs (rein rechnerische Extrapolation des wahrscheinlichsten Trends). In der amtlichen Statistik werden Bevölkerungsvorausberechnungen generell nach dem deterministischen Modell bearbeitet. Diese Methode ist seit den 1930er Jahren international anerkannt. Das Vorgehen ist analog zur statistischen Fortschreibung des Bevölkerungsbestandes und basiert auf separaten Annahmen zu Fertilität, Mortalität und Migration innerhalb der einzelnen Bevölkerungsgruppen. Hinsichtlich der Geburten und Sterbefälle nutzen alle Rechnungen der Bundesstatistik nahezu die gleichen Methoden. Bei den Wanderungen werden die zu erwartenden Volumina zumeist unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten festgelegt. Für das Land Brandenburg sind die Expertinnen und Experten des Landesamtes für Bauen und Verkehr beteiligt. Bei den Prognoserechnungen der Wanderungen gibt es wiederum methodische Varianten. So können einerseits die Wanderungsvolumina in ihrer absoluten Größe geschätzt und auf Bevölkerungsgruppen verteilt werden (wird für das Land Brandenburg und vom Statistischen Bundesamt angewendet). Eine alternative Methode arbeitet mit empirisch ermittelten bevölkerungsgruppenspezifischen Wanderungswahrscheinlichkeiten, die über den Zeitverlauf veränderbar sind (wird in Berlin verwendet). Welche Gründe sprechen eher für die deterministische als für die probabilistische Methode? Die deterministische Methode hat sich in der Vergangenheit bewährt und wird deshalb in der amtlichen Statistik in Deutschland angewendet. Es ist eine umfangreiche Differenzierung in regionale Untereinheiten möglich. Ein weiterer Vorteil des deterministischen Modells ist die hohe Flexibilität des Verfahrens. So lässt sich das Verfahren z. B. für eine große Zahl an kleineren regionalen Einheiten durchführen. Zudem können die demografischen Parameter einzeln und für einzelne prognostizierte Jahre modifiziert werden. Gleiches gilt für die Setzung von Zielwerten (z. B. bei fest geplanten Bau- oder Rückbauvorhaben s. o.) für bestimmte regionale Einheiten. Für Prognoserechnungen nach der deterministischen Methode liegen zudem umfangreiche Erfahrungen vor, da es seit Jahrzehnten in der amtlichen Statistik zur Anwendung kommt. Ebenfalls für die Anwendung dieses Modells spricht, dass bereits umfangreiche lT-Lösungen für die Umsetzung der Rechnung bestehen. Die oben beschriebene probabilstische Methode erzeugt ein rein rechnerisches Ergebnis. Dieses Ergebnis ist zwar höchst objektiv, aber nicht veränderbar. Absehbare Ereignisse in der Zukunft können nicht berücksichtigt werden. Die deterministische Methode steht und fällt mit den getroffenen Annahmen. Das Erreichen oder das Abweichen von den Realwerten ist abhängig vom tatsächlichen Eintreffen dieser Annahmen. Dies gilt für alle Varianten dieser Methode.

Wie valide sind Bevölkerungsvorausschätzungen für die gemeindliche Ebene (Ämter und amtsfreie Gemeinden)? Je kleiner die Regionaleinheit, desto unsicherer ist das berechnete Ergebnis. In einer kleinen Regionaleinheit treten naturgemäß weniger Ereignisse auf als in größeren. Jedes einzelne Ereignis hat in kleineren regionalen Einheiten jedoch ein größeres Gewicht und deshalb einen größeren Einfluss auf die Verteilungen der demografischen Größen Fertilität, Mortalität und Migration. D. h., in kleineren regionalen Einheiten können stark vom Durchschnitt abweichende Ereignisse („Ausreißer') sich stärker auswirken als in größeren. Um bei kleineren Regionaleinheiten die Einflüsse durch „Ausreißer" zu minimieren und um große Schwankungen in den Verteilungen der demografischen Parameter zu vermeiden, werden oftmals kleinere Regionaleinheiten für die Parameterberechnung bzw. um Annahmen festzulegen, zusammengefasst (z. B. mittels des mathematisch-statistischen Verfahrens der Clusterbildung). D. h., dass Prognoserechnungen in statistisch ähnlichen Regionaleinheiten mit identischen Annahmen zur Fertilität, Mortalität und Migration durchgeführt werden. Mit diesem Vorgehen werden sozusagen überregionale Durchschnittswerte gebildet, die von den individuellen Parametern abweichen und somit die Ergebnisse „verwässern" können. Grundsätzlich hängt die Validität einer Prognoserechnung auch auf gemeindlicher Ebene von den für die jeweilige Regionaleinheit getroffenen zukünftigen Parametern (Annahmen) ab. Stimmen die Annahmen für eine regionale Einheit mit den zukünftigen Entwicklungen überein, ist auch von einer vollständig validen Prognoserechnung auszugehen und umgekehrt.

Können unterschiedliche Szenarien der Geburtenrate dargestellt werden, bzw. liegen diese bereits vor (ähnlich der Darstellung der unterschiedlichen Modellrechnungen der Auslandszuwanderung in der 3. Sitzung der EK 6/1 vom 11. Dezember 2015)? Unterschiedliche Szenarien der Geburtenrate liegen für das Land Brandenburg bislang nicht vor. Rechnungen mit der Annahme von unterschiedlichen Geburtenraten lassen sich aber ohne Weiteres durchführen. Nur gilt es zu beachten, dass die Entwicklung der Bevölkerungszahl nicht maßgeblich von den natürlichen Bevölkerungsvorgängen (natürlicher Saldo = Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen) bestimmt wird, wie die Abbildung 2 zeigt: EI01011re Mr§in e

Vielmehr sind die Wanderungsbewegungen prägend (Wanderungssaldo = Differenz zwischen Zu- und Fortzügen). Zu- oder Fortzüge von Frauen im gebärfähigen Alter beeinflussen zusätzlich die Geburtenrate. Würde man unterschiedliche Szenarien der Geburtenrate darstellen, müsste man gleichzeitig unterschiedliche Szenarien von Wanderungsbewegungen ins Kalkül ziehen. Aus

verschiedenen Annahmen-Sets ergeben sich bei der Rechnung verschiedene Varianten. So lassen sich bspw. Modelle mit reduzierter und erhöhter Zuwanderung parallel berechnen. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere die zukünftigen Zu- und Fortzüge nur mit großer Unsicherheit abzuschätzen sind. Eine Rechnung mit bspw. zwei Szenarien für Geburtenraten und drei Wanderungsszenarien ergibt am Ende ein Ergebnis mit sechs Varianten. Das Statistische Bundesamt errechnete in seiner letzten Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland acht Varianten.

Welche mittel- bis langfristigen Konsequenzen auf die Bevölkerungszahl und Altersstruktur hätten kurzfristig eintretende Zu- bzw. Abnahmen der Geburtenrate (aktuelle Diskussion über „Geburtenhoch")? Hätte die Geburtenrate im Jahr 2013 schon so hoch wie im Jahr 2014 (1,55) gelegen, dann hätte es statt 18.355 Geburten rund 19.700 Geburten also über 1.200 Geburten mehr gegeben. Wäre im Jahr 2014 die Geburtenrate so niedrig wie die im Jahr 2013 gewesen (1,44), dann wären 18.100 Kinder statt 19.239 Kinder zur Welt gekommen. Innerhalb von sechs Jahren (2014 bis 2019) würde sich mit der durchweg höheren Geburtenrate (1,55) eine Summe von 112.000 Geburten statt 106.000 Geburten bei der niedrigeren Rate (1,44) ergeben. Langfristig (2014 bis 2030) würde sich mit einer durchweg höheren Geburtenrate (1,55) eine Summe von 274.000 Geburten statt 258.000 Geburten bei der niedrigeren Rate (1,44) ergeben. Für genauere Aussagen über Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur wäre eine aufwändige Rechnung erforderlich, die in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht durchführbar ist.

Bearbeiter: Dipl. Demograph Jörn Ehlert Dipl. Volkswirt Jürgen Paff hausen

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 8:

P-EK 1- 6/16

Nutzerzahlen, Kennziffern und Statistiken (TOP 5)

Anlage 08 31.03.2017 dun-otto-sto

Gesperrte Nutzer Gesperrte Beiträge wegen Regelverstoß Beiträge von Kommissionsmitgliedern Bewertungen Anregungen Bewertungen Vorschläge Fragen und Anregungen an die Kommission Beiträge von registrierten Teilnehmern (inkl.… Beiträge von unregistrierten Teilnehmern Beiträge zu Vorschlägen der Kommission 0

10

20

30

40

50

Anzahl der Beiträge

60

70

80

Angehörte Bürgerinnen auf Bürgerinnensprechstunden

Zuschriften (9/2015-3/2017) 0

5

10

15

20

25

Anzahl der Beiträge

30

35

40

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 9:

P-EK 1- 6/16

Anlage 09 31.03.2017 dun-otto-sto

Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR (TOP 6)

Landtag Brandenburg BEG 1 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

1403.2017

Positionspapier der BEG 1 zum vorläufigen Entwurf des LEP HR Die nachfolgende Stellungnahme zum vorläufigen Entwurf des LEP HR fokussiert – gemäß der thematischen Zielsetzung der BEG 1 „Planungsrecht und Siedlungsstrukturentwicklung“ primär dessen Aussagen zu den zentralörtlichen und siedlungsstrukturellen Erfordernissen sowie planerischen Strategien und Instrumenten im metropolenfernen ländlichen Raum in Brandenburg. Nach Ergänzung und Präzisierung durch die anderen BEGs werden weitere Schlussfolgerungen integriert. Im einführenden analytischen Teil (der Bestandsaufnahme) befasst sich der Entwurf des LEP HR inhaltlich recht fundiert und zielführend mit der demographischen Entwicklung und siedlungsstrukturellen Differenzierung in Brandenburg sowie in den Strukturräumen des Berliner Umlands und des metropolenfernen Raumes. Zu Recht wird betont, dass die Unterschiedlichkeit der einzelnen Strukturräume unterschiedliche raumordnerische Handlungs- und Steuerungsansätze erfordern (S. 26). Im Planentwurf – der bereits im Titel die allzu starke Exponierung Berlins betont und im Weiteren primär die nationale und europäische Wettbewerbsfähigkeit der Hauptstadtregion anstelle des regionalen Ausgleichs im Planungsgebiet anstrebt – wird dies für den ländlichen Raum allerdings nicht konsequent weiterverfolgt. Daraus leiten sich unsere nachfolgenden Forderungen und Vorschläge für den metropolenfernen Raum ab:

Spezifische planerische Konzepte aufgrund des besonderen strukturellen Handlungsbedarfs entwickeln Der metropolenferne Raum Brandenburgs ist vom demographischen Wandel und dessen Konsequenzen am stärksten betroffen, wie aus der einführenden Bestandsaufnahme im vorläufigen Entwurf des LEP HR hervorgeht. Daraus resultieren komplexe Problemlagen und Herausforderungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalenebenen und führen dazu, dass der ländliche Raum Brandenburgs nicht einheitlich strukturiert sondern in sich inhomogen ist. Um diese Herausforderungen planerisch effizient gestalten zu können, bedarf es differenzierter regionaler und ortsspezifischer Lösungsansätze und Instrumente. Aus Sicht der BEG können sich diese durchaus von denen des Strukturraumes Berliner Umland unterscheiden, da dieses mit anderen Herausforderungen konfrontiert ist. Wie zuvor ausgeführt wurde, geht der Entwurf des LEP HR jedoch nicht weiter differenziert auf die planerischen Erfordernisse im ländlichen Raum ein. Neben der Notwendigkeit, generell die Finanzausstattung der ländlichen Gemeinden zu verbessern sollten Landesgrenzen überschreitende Verflechtungen mit Nachbarregionen außerhalb Brandenburgs (z.B. Hamburg, Leipzig, Dresden, Stettin) stärker hervorgehoben und planerisch berücksichtigt werden. Weiteren Nachbesserungsbedarf sehen wir insbesondere in folgenden Bereichen, auf die nachfolgend näher eingegangen wird: • • • •

Etablierung einer leistungsfähigen zentralörtlichen Ebene unterhalb der Ober- und Mittelzentren Eröffnung von regionalen Entwicklungsperspektiven Stärkung von Stellenwert und Engagement regionaler Akteure Stabilisierung der Dörfer

Landtag Brandenburg BEG 1 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

1403.2017

Leistungsfähige zentralörtliche Ebene unterhalb der Ober- und Mittelzentren etablieren Die Sicherung der Daseinsvorsorge ist nach Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 GG eine verfassungsrechtlich geschützte gemeindliche Angelegenheit. Sie soll im Bereich der Grundversorgung nach dem Entwurf des LEP HR flächendeckend gewährleistet werden. Dies erfolgt jedoch für die Siedlungen zwischen den Infrastruktur- und Hauptentwicklungsachsen nur unzureichend. Die gemeinsame Landesplanung BerlinBrandenburg verzichtete bislang als einzige Landesplanung aller deutschen Flächenländer auf die Ausweisung Zentraler Orte der grundzentralen Ebene. Nach intensiver Diskussion und Abwägung kommen wir zu der Überzeugung, dass die Wiedereinführung von Grundzentren für den metropolenfernen ländlichen Raum in Brandenburg den Erfordernissen zur Sicherung der Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund der Konsequenzen des demographischen Wandels am besten gerecht wird. Dies erfolgt in Übereinstimmung mit der Verabschiedung der „Leitbilder und Handlungsstrategien der Raumentwicklung in Deutschland“ der Ministerkonferenz für Raumordnung vom März 2016. Darin wird das dreistufige System der Zentralen-Orte zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilräumen durch Sicherung der Daseinsvorsorge präferiert. Dabei soll die „Grundversorgung mit Gütern und Leistungen des täglichen Bedarfs in Grundzentren erhalten werden“ (S. 10). Zudem ist aktuell das bewährte dreistufige zentralörtliche System von Ober-Mittel- und Unterzentren in den LEP zahlreicher Bundesländer verankert. Nachrangig denkbar sind aus Sicht der BEG zwei mögliche Alternativen: a. Grundsätzlich wird begrüßt, dass nach den Vorstellungen des Planentwurfs nunmehr Grundfunktionale Schwerpunkte sowie Grundversorgungsbereiche (seitens der Regionalplanung, S. 52) ausgewiesen werden sollen. Für diese werden auch konkrete Standortvorgaben (in Z 3.7) festgelegt und Entwicklungsoptionen für die Wohnsiedlungsflächenentwicklung zugestanden. Jedoch bedarf die bisherige Unschärfe im Entwurf des LEP HR bezüglich der Ausstattung der grundfunktionalen Schwerpunkte einer Präzisierung. So fehlen aus Sicht der BEG 1 flankierende Maßnahmen, um die räumliche Ordnung der Daseinsvorsorge sowie die Leistungsfähigkeit der Zentren zu gewährleisten: Angaben zu den Ausweisungskriterien, zur räumlichen Gültigkeit (für Brandenburg oder den metropolenfernen Raum), ihrer Rechtswirkung sowie zum Mehrbelastungsausgleich. Denkbar wäre, diese Kriterien ähnlich wie in Sachsen-Anhalt oder Sachsen den RPGn bzw. Regionalen Planungsverbänden (welchen die Verantwortung der konkreten Ausweisung von Grundzentren obliegt; vgl. Ziel 39 LEP Sachsen-Anhalt; LEP Sachsen 2013 Z 1.3.8) als verpflichtende Vorgaben im LEP HR zu formulieren, um Zeitverluste zu vermeiden und Planungssicherheit zu schaffen. b. Modellvorhaben des BMVI zur langfristigen Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen mit dem Projektansatz Kooperationsräume mit Versorgungszentren und angepassten Mobilitätsangeboten. Es geht dabei um eine Neuausrichtung der Raumordnungspolitik, nämlich der Rückkehr zur Einheit von Siedlungsentwicklung und Verkehr in Anlehnung an das Zentrale-Orte-Konzept, aber deutlich flexibler ausgestaltet. Der strategische Ansatz: freiwillige Kooperation von Gemeinden sowie Akteuren der Zivilgesellschaft und Anbietern von Daseinsvorsorgeangeboten durch Ausweisung von Versorgungszentren an zentralen Standorten sowie ein darauf abgestimmtes innovatives Mobilitätskonzept damit

Landtag Brandenburg BEG 1 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

1403.2017

Infrastruktur für alle Bürger in angemessener Zeit erreichbar ist. Das Vorhaben wird u.a. in den beiden Brandenburger Modellregionen Ostprignitz-Ruppin und SpreeNeiße/Oberspreewald-Lausitz erprobt:

Regionale Entwicklungsperspektiven eröffnen Der metropolenferne ländliche Raum ist innerhalb der Hauptstadtregion nicht lediglich „Residualraum“ sondern Lebens-, Erwerbs- und Handlungsraum für nahezu zwei Drittel der Bevölkerung Brandenburgs. Er hat nicht nur Funktionen als Naturschutzraum/Freiraum und Erholungsgebiet für die Stadtbevölkerung. Er hat deutlich mehr Funktionen zu erfüllen, für seine Einwohner und die Berliner Bevölkerung. Insgesamt geht es darum, endogene Entwicklungspotenziale zu stärken. Die Funktionen der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft als wirtschaftliche Grundlagen im ländlichen Raum müssen angemessen herausgestellt und mit nachhaltigen integrierten Entwicklungsoptionen versehen werden. Ebenso wird die im LEP HR betonte besondere Rolle der Kulturlandschaften als gestaltende Kraft regionaler Identität und wirtschaftlicher Handlungserfordernisse begrüßt. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen erhalten und schaffen Arbeitsplätze und sind mit ihren Steuerabgaben eine Grundlage der Gemeindefinanzierung im ländlichen Raum. Diese kleinteilige Wirtschaft bedarf der weiteren Unterstützung durch die Landesregierung. Die Entwicklung von Gewerbeflächen sollte weniger restriktiv geregelt werden. Insbesondere muss auch den in nicht zentralen Orten ansässigen Unternehmen weiteres Wachstum durch erweiterte Spielräume der kommunalen Ebene bei der Ausweisung von Gewerbe und Einzelhandel ermöglicht werden. Der dargestellte Freiraumverbund weist wegen des zugrunde liegenden Maßstabs 1:250000 eine gewisse Unschärfe auf und ist nicht immer kongruent mit den Schutzgebieten. Aufgrund des großen Maßstabs der Flächenkulisse ist der Freiraumverbund nicht gefährdet, wenn in den örtlichen Planungen Entwicklungen zugelassen werden. Zu vermeiden ist, dass durch einen zu restriktiv festgelegten Freiraumverbund Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen und ansässiger Unternehmen behindert werden.

Stellenwert und Engagement regionaler Akteure stärken Die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort hängen auch entscheidend von den Akteuren der Kommunal- und Regionalentwicklung ab. Dies spricht für eine stärkere Betonung und Respektierung ihrer Eigenverantwortung. Aus Expertensicht stellt die Bewältigung der anstehenden demographischen Herausforderungen die bisherigen sektoralen Steuerungsinstrumente infrage. Es bedarf insbesondere für den ländlichen Raum einer verstärkten Einbindung der zivilgesellschaftlichen Akteure in den Partizipationsprozess sowie teilweise neue Governance- Strukturen in Form kooperativer Steuerung durch Politik, Verwaltung und Gesellschaft (vom “fürsorgenden zum aktivierenden” Staat). Hierfür bieten sich z.B. die folgenden Maßnahmenkonzepte an: Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, Aufwertung regionaler Initiativen und Kooperationen, Einbeziehung bürgerschaftlicher und kollektiver Akteure (Vereine, Unternehmen und Verbände). Insgesamt spricht viel dafür, die in den metropolenfernen Regionen stark vernetzte Akteurskulisse ebenso wie die kleineren Gemeinden einzubinden, um tragfähige Lösungsansätze zu erarbeiten. Des Weiteren vgl. hierzu die Schlussfolgerungen der BEG 5.

Landtag Brandenburg BEG 1 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

1403.2017

In diesem Zusammenhang halten wir es als unabdingbar, die Rolle der Regionalplanung als Instrument der Entwicklungsplanung für den strukturschwachen ländlichen Raum und die Position der Regionalen Planungsgemeinschaften zu sichern, zu stärken und weiter zu entwickeln. Regionale Planungsgemeinschaften sollen nach den Vorstellungen des LEP HR die Ausweisung der Grundfunktionalen Schwerpunkte vornehmen. Hierdurch würden diese gestärkt und ihre bedeutsamen Funktionen kämen deutlicher zum Ausdruck. In diesem Zusammenhang sollte es den RPGn künftig besser möglich sein, im Einklang mit den Vorgaben des LEP gestaltend im ländlichen Raum wirken zu können. Dafür ist das Verhältnis zwischen Regionalplanung und der Gemeinsamen Landesplanung neu zu regeln.

Dörfer als Heimat und Identifikationsräume stabilisieren Im Entwurf LEP HR findet sich der Begriff „Dorf“ an keiner Stelle wieder. Dies wird aus Sicht der BEG 1 bemängelt, da insbesondere die Bezeichnung „Dorf“ identitätsstiftenden Charakter aufweist und seitens der Landesplanung darauf stärker Bezug genommen werden sollte. Gleiches gilt auch für historische Dorfkerne, die ebenso keine Erwähnung im vorliegenden Entwurf des LEP HR finden. Aus Expertensicht ist regionale Identität eine kostbare Ressource für das Zusammenleben der Menschen, da sie soziokulturelle Stabilität und Integration vor Ort zu sichern vermag. Aus der kleinräumigen Zeitreihenbetrachtung der Bevölkerungsdaten im metropolenfernen Raum Brandenburgs lassen sich in jüngerer Zeit gewisse demographische Konsolidierungsansätze ablesen. Diese beziehen sich nicht nur auf die Zentralen Orte, sondern gelten teilweise auch für periphere Siedlungsstandorte. Neben der häufig wahrgenommenen Schrumpfung sind demnach ebenfalls Wachstumstendenzen erkennbar. Um diese positiven demographischen Ansätze zu verstetigen, muss aus Sicht der BEG für die Dörfer und Kleinstädte eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung aus dem eigenen Potenzial sowie aus realisierten Zuwanderungsgewinnen bedarfsgerecht ermöglicht werden. Dies kann durch Umbau, Umnutzung und Anpassung ebenso wie durch Neubau auf umgewidmeten Flächen zur Stärkung der Ortskerne erfolgen. Die Begrenzung der Siedlungsentwicklung auf 5% bzw, 7,5% des Wohnungsbestandes entspricht oftmals nicht den tatsächlichen Wachstumsbedarfen einzelner Städte und Gemeinden im ländlichen Raum. Hier sollten entsprechende flexible und differenzierte Steuerungsansätze ermöglicht werden. Ebenso sollten Konzepte zur Förderung regionaler Identität und endogener Potenziale seitens der Planungsverantwortlichen offensiv unterstützt werden. Solche Maßnahmen verringern die latente Gefahr der weiteren demographischen und sozialen „Erosion“ der Dörfer. Sie sind ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der demographische Situation und Lebensqualität vor Ort, indem sie beispielsweise der verbreiteten „Abwanderungskultur“ der Jugend nach ihrem Schulabschluss sowie von Frauen aus ländlichen Regionen entgegenwirken.

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 10:

P-EK 1- 6/16

Anlage 10 31.03.2017 dun-otto-sto

Überarbeiteter Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR, Stand: 31.03.2017, 9:30 Uhr (TOP 6)

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Zusammenfassung Änderungsvorschläge Positionspapier, Stand: 3031.03., 9:30 Uhr

Positionspapier der BEG 1 zum vorläufigen Entwurf des LEP HR Die nachfolgende Stellungnahme zum vorläufigen Entwurf des LEP HR fokussiert – gemäß der thematischen Zielsetzung der BEG 1 „Planungsrecht und Siedlungsstrukturentwicklung“ primär dessen Aussagen zu den zentralörtlichen und siedlungsstrukturellen Erfordernissen sowie planerischen Strategien und Instrumenten im metropolenfernen ländlichen Raum in Brandenburg. Nach Ergänzung und Präzisierung durch die anderen BEGs werden weitere Schlussfolgerungen integriert. Im einführenden analytischen Teil (der Bestandsaufnahme) befasst sich der Entwurf des LEP HR inhaltlich recht fundiert und zielführend mit der demographischen Entwicklung und siedlungsstrukturellen Differenzierung in Brandenburg sowie in den Strukturräumen des Berliner Umlands und des metropolenfernen Raumes. Zu Recht wird betont, dass die Unterschiedlichkeit der einzelnen Strukturräume unterschiedliche raumordnerische Handlungs- und Steuerungsansätze erfordern (S. 26). Im Planentwurf – der bereits im Titel die allzu starke Exponierung Berlins betont und im Weiteren primär die nationale und europäische Wettbewerbsfähigkeit der Hauptstadtregion anstelle des regionalen Ausgleichs im Planungsgebiet anstrebt – wird dies für den ländlichen Raum allerdings nicht konsequent weiterverfolgt. Daraus leiten sich unsere nachfolgenden Forderungen und Vorschläge für den metropolenfernen Raum ab:

Spezifische planerische Konzepte aufgrund des besonderen strukturellen Handlungsbedarfs entwickeln Der metropolenferne Raum Brandenburgs ist nicht nur durch andere, zum Metropolenraum z.T. gegenläufige Entwicklungen charakterisiert; er ist gekennzeichnet durch erhebliche Differenzierungen und strukturelle Unterschiede. Der demografische Wandel, von dem dieser Raum besonders betroffen ist, verstärkt solche gegenläufige Entwicklungen, Differenzierungen und Unterschiede noch und führt zu komplexen Problemlagen und Herausforderungen auf den verschiedenen räumlichen Skalenebenen. Der metropolenferne Raum Brandenburgs ist vom demographischen Wandel und dessen Konsequenzen am stärksten betroffen, wie aus der einführenden Bestandsaufnahme im vorläufigen Entwurf des LEP HR hervorgeht. Daraus resultieren komplexe Problemlagen und Herausforderungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalenebenen und führen dazu, dass der ländliche Raum Brandenburgs nicht einheitlich strukturiert sondern in sich inhomogen ist. Um diese Herausforderungen planerisch effizient gestalten zu können, bedarf es differenzierter regionaler und ortsspezifischer Lösungsansätze und Instrumente. Aus Sicht der BEG können sich diese durchaus von denen des Strukturraumes Berliner Umland unterscheiden, da dieses mit anderen Herausforderungen konfrontiert ist. Insofern sollten zu plakative Zuschreibungen vermieden werden. Statt einer Überschrift wie „Wachsender Kern – schrumpfender Rand“ könnte formuliert werden: „Eine Region – unterschiedliche Entwicklungen und Differenzierungen“. Wie zuvor ausgeführt wurde, geht der Entwurf des LEP HR jedoch nicht weiter differenziert auf die planerischen Erfordernisse im ländlichen Raum ein. Neben der Notwendigkeit, generell die Finanzausstattung der ländlichen Gemeinden zu verbessern sollten Landesgrenzen überschreitende Verflechtungen mit Nachbarregionen außerhalb

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Brandenburgs (z.B. Hamburg, Leipzig, Dresden, Stettin) stärker hervorgehoben und planerisch berücksichtigt werden. Weiteren Nachbesserungsbedarf sehen wir insbesondere in folgenden Bereichen, auf die nachfolgend näher eingegangen wird: • • • •

Etablierung einer leistungsfähigen zentralörtlichen Ebene unterhalb der Ober- und Mittelzentren Weitere Eröffnung von regionalen Entwicklungsperspektiven Stärkung von Stellenwert und Engagement regionaler Akteure unterschiedlicher Ebenen, insbesondere in Verbindung zu den Kulturlandschaften Stabilisierung der Dörfer

Leistungsfähige Handlungsebene zentralörtliche Ebene unterhalb der Ober- und Mittelzentren etablieren Die Sicherung der Daseinsvorsorge ist nach Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 GG eine verfassungsrechtlich geschützte gemeindliche Angelegenheit. Sie soll im Bereich der Grundversorgung nach dem Entwurf des LEP HR flächendeckend gewährleistet werden. Dies erfolgt jedoch für die Siedlungen zwischen den Infrastruktur- und Hauptentwicklungsachsen nur unzureichend. Die gemeinsame Landesplanung BerlinBrandenburg verzichtete bislang als einzige Landesplanung aller deutschen Flächenländer auf die Ausweisung Zentraler Orte der grundzentralen Ebene. Nach intensiver Diskussion und Abwägung kommen wir zu der Überzeugung, dass unterhalb der Mittelzentren weitere Grundfunktionale Schwerpunkte/Zentren Ankerpunkte die Wiedereinführung von Grundzentren für den metropolenfernen ländlichen Raum in Brandenburg , für die den Erfordernissen zur Sicherung der Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund der Konsequenzen des demographischen Wandels am besten notwendig sind.gerecht wird. Dies erfolgt in Übereinstimmung mit der Verabschiedung der „Leitbilder und Handlungsstrategien der Raumentwicklung in Deutschland“ der Ministerkonferenz für Raumordnung vom März 2016. Darin wird das dreistufige System der Zentralen-Orte zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilräumen durch Sicherung der Daseinsvorsorge präferiert. Dabei soll die „Grundversorgung mit Gütern und Leistungen des täglichen Bedarfs in Grundzentren erhalten werden“ (S. 10). Zudem ist aktuell das bewährte dreistufige zentralörtliche System von Ober-Mittel- und Unterzentren in den LEP zahlreicher Bundesländer verankert. ANachrangig denkbar sind aus Aus Sicht der BEG gibt es folgende zwei mögliche Alternativen:sollte der LEP HR um zwei Punkte ergänzt werden: a,1. Grundsätzlich wird begrüßt, dass nach den Vorstellungen des Planentwurfs nunmehr Grundfunktionale Schwerpunkte sowie Grundversorgungsbereiche (seitens der Regionalplanung, S. 52) ausgewiesen werden sollen. Für diese werden auch konkrete Standortvorgaben (in Z 3.7) festgelegt und Entwicklungsoptionen für die Wohnsiedlungsflächenentwicklung zugestanden. Jedoch bedarf die bisherige Unschärfe im Entwurf des LEP HR bezüglich der Ausstattung der grundfunktionalen Schwerpunkte einer Präzisierung. So fehlen aus Sicht der BEG 1 flankierende Maßnahmen, um die räumliche Ordnung der Daseinsvorsorge sowie die Leistungsfähigkeit der Zentren zu gewährleisten: Angaben zu den Ausweisungskriterien, zur räumlichen Gültigkeit (für Brandenburg oder den metropolenfernen Raum), ihrer Rechtswirkung sowie zum Mehrbelastungsausgleich.

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Denkbar wäre, diese Kriterien ähnlich wie in Sachsen-Anhalt oder Sachsen den RPGn bzw. Regionalen Planungsverbänden (welchen die Verantwortung der konkreten Ausweisung von Grundzentren obliegt; vgl. Ziel 39 LEP Sachsen-Anhalt; LEP Sachsen 2013 Z 1.3.8) als verpflichtende Vorgaben im LEP HR zu formulieren, um Zeitverluste zu vermeiden und Planungssicherheit zu schaffen. Die Planung, Erörterung und Festlegung soll erfolgt unmittelbarer mit den kommunalen Akteuren, über die Regionalen Planungsgemeinschaften erfolgen. Unabdingbare und notwendige Voraussetzungen muß sollen sein, dass die Erfüllung der Aufgaben der Grundfundfunktionalen Schwerpunkte/Zentren eine finanzielle Untersetzung im Finanzausgleichgesetz des Landes erfährt. b)2. Modellvorhaben des BMVI zur langfristigen Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen mit dem Projektansatz Kooperationsräume mit Versorgungszentren und angepassten Mobilitätsangeboten. Es geht dabei um eine Neuausrichtung der Raumordnungspolitik, nämlich der Rückkehr zur Einheit von Siedlungsentwicklung und Verkehr im Rahmen der Landesentwicklungsplanung und der Regionalplanung in Anlehnung an das Zentrale-Orte-Konzept, aber deutlich flexibler ausgestaltet. Der strategische Ansatz: freiwillige Kooperation von Gemeinden sowie Akteuren der Zivilgesellschaft und Anbietern von Daseinsvorsorgeangeboten durch Ausweisung von Versorgungszentren an zentralen Standorten sowie ein darauf abgestimmtes innovatives Mobilitätskonzept damit Infrastruktur für alle Bürger in angemessener Zeit erreichbar ist. Das Vorhaben wird u.a. in den beiden Brandenburger Modellregionen Ostprignitz-Ruppin und Spree-Neiße/Oberspreewald-Lausitz erprobt:

Regionale Entwicklungsperspektiven eröffnen Der metropolenferne ländliche Raum ist innerhalb der Hauptstadtregion nicht lediglich „Residualraum“ sondern Lebens-, Erwerbs- und Handlungsraum für nahezu zwei Drittel der Bevölkerung Brandenburgs. Es gibt nicht „den“ Ländlichen Raum. Die ländlichen Räume sind heterogen und daher auch in ihrer Inhomogenität im LEP HR zu beschreiben. Wachstumspotenziale, z.B. auch in den sog. peripheren Räumen müssen beachtet und Entwicklungen zugelassen werden. Für solche Situationen sind Experimentier- und Öffnungsklauseln zu verankern. Die ländlichen Räume habenEr hat nicht nur Funktionen als Naturschutzraum/Freiraum und Erholungsgebiet für die Stadtbevölkerung, sondern. Er hat deutlich mehr Funktionen zu erfüllen., für seine Einwohner und die Berliner Bevölkerung. Insgesamt geht es darum, die sich aus den unterschiedlichen Entwicklungen und Funktionen des ländlichen Raumes ergebenden vielfältigen endogenen Potenziale – von naturräumlichen, sozialen und kulturellen bis zu den wichtigen wirtschaftlichen – die endogenen Entwicklungspotenziale zu stärken. Die Funktionen der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft als wirtschaftliche Grundlagen im ländlichen Raum müssen angemessen herausgestellt und mit nachhaltigen integrierten Entwicklungsoptionen versehen werden. Ebenso wird die im LEP HR betonte besondere Rolle der Kulturlandschaften als gestaltende Kraft regionaler Identität und wirtschaftlicher Handlungserfordernisse begrüßt. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen erhalten und schaffen Arbeitsplätze und sind mit ihren Steuerabgaben eine Grundlage der Gemeindefinanzierung im ländlichen Raum. Diese kleinteilige Wirtschaft bedarf der weiteren Unterstützung durch die Landesregierung. Die Entwicklung von Gewerbeflächen sollte weniger restriktiv geregelt

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels werden. Insbesondere muss auch den in nicht zentralen Orten ansässigen Unternehmen weiteres Wachstum durch erweiterte Spielräume der kommunalen Ebene bei der Ausweisung von Gewerbe und Einzelhandel ermöglicht nach bestimmten Kriterien und in Übereinstimmung mit den unter Beachtung der Nachhaltigkeitszielen ermöglicht werden. Der dargestellte Freiraumverbund weist wegen des zugrunde liegenden Maßstabs 1:250000 eine gewisse Unschärfe auf und ist nicht immer kongruent mit den Schutzgebieten. Aufgrund des großen Maßstabs der Flächenkulisse ist derdes Freiraumverbundes ist es erforderlich, den Freiraumverbund auf regionalplanerischer Ebene im Maßstab 1:100 000 nach örtlichen Gegebenheiten zu konkretisieren. So kann gewährleistet werden, dass ein Ausgleich von Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen und ansässigen Unternehmen gefunden wird, ohne dass der Freiraumverbund in Mitleidenschaft gezogen wird. nicht gefährdet, wenn in den örtlichen Planungen Entwicklungen zugelassen werden. Zu vermeiden ist, dass durch einen zu restriktiv festgelegten Freiraumverbund Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen und ansässiger Unternehmen behindert werden.

Stellenwert und Engagement regionaler Akteure stärken Die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort hängen auch entscheidend von den Akteuren der Kommunal- und Regionalentwicklung ab. Dies spricht für eine stärkere Betonung und Respektierung ihrer Eigenverantwortung. Aus Expertensicht stellt die Bewältigung der anstehenden demographischen Herausforderungen die bisherigen sektoralen Steuerungsinstrumente infrage. Im Sinne einer weiteren Ausgestaltung demokratischer Mitwirkung sollten folgende Entwicklungrichtungen beachtet werden. Es bedarf insbesondere für den ländlichen Raum einer verstärkten Einbindung der zivilgesellschaftlichen Akteure in den Partizipationsprozess sowie teilweise neue Governance- Strukturen in Form kooperativer Steuerung durch Politik, Verwaltung und Gesellschaft (vom “fürsorgenden zum aktivierenden” Staat). Hierfür bieten sich z.B. die folgenden Maßnahmenkonzepte an: Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, Aufwertung regionaler Initiativen und Kooperationen, Einbeziehung bürgerschaftlicher und kollektiver Akteure (Vereine, Unternehmen und Verbände). Insgesamt spricht viel dafür, die in den metropolenfernen Regionen stark vernetzte Akteurskulisse ebenso wie die kleineren Gemeinden einzubinden, um tragfähige Lösungsansätze zu erarbeiten. Diese Akteurskulisse, kleine Gemeinden wie bürgerschaftliches Engagement sollten in der Planung insoweit berücksichtigt werden (ohne direkt Gegenstand von Planung zu sein), so dass Planungen deren Möglichkeiten nicht beschneiden, sondern für Mitwirkung die Rahmenbedingungen stärken sollte. Des Weiteren vgl. hierzu die Schlussfolgerungen der BEG 5. In diesem Zusammenhang halten wir es als unabdingbar, die Rolle der Regionalplanung als Instrument der Entwicklungsplanung für den strukturschwachen ländlichen Raum und die Position der Regionalen Planungsgemeinschaften zu sichern, zu stärken und weiter zu entwickeln. Regionale Planungsgemeinschaften sollen nach den Vorstellungen des LEP HR die Ausweisung der Grundfunktionalen Schwerpunkte vornehmen. Hierdurch würden diese gestärkt und ihre bedeutsamen Funktionen kämen deutlicher zum Ausdruck. In diesem Zusammenhang sollte es den RPGn künftig besser möglich sein, im Einklang mit den Vorgaben des LEP gestaltend im ländlichen Raum wirken zu können. Dafür ist das Verhältnis zwischen Regionalplanung und der Gemeinsamen Landesplanung neu zu regeln.

Kommentar [A1]: Raschke (richtige Stelle?): Stärkung der Regionalplanung (Erarbeitung integrierter Regionalplänen, Ausweisung monofunktionaler Räume)

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Dörfer als Heimat und Identifikationsräume stabilisieren Im Entwurf LEP HR findet sich der Begriff „Dorf“ an keiner Stelle wieder. Dies wird aus Sicht der BEG 1 bemängelt, da insbesondere die Bezeichnung „Dorf“ identitätsstiftenden Charakter aufweist und seitens der Landesplanung darauf stärker Bezug genommen werden sollte. Gleiches gilt auch für historische Dorfkerne, die ebenso keine Erwähnung im vorliegenden Entwurf des LEP HR finden. Aus Expertensicht ist regionale Identität eine kostbare Ressource für das Zusammenleben der Menschen, da sie soziokulturelle Stabilität und Integration vor Ort zu sichern vermag. Aus der kleinräumigen Zeitreihenbetrachtung der Bevölkerungsdaten im metropolenfernen Raum Brandenburgs lassen sich in jüngerer Zeit gewisse demographische Konsolidierungsansätze ablesen. Diese beziehen sich nicht nur auf die Zentralen Orte, sondern gelten teilweise auch für periphere Siedlungsstandorte. Neben der häufig wahrgenommenen Schrumpfung sind demnach ebenfalls Wachstumstendenzen erkennbar. Um diese positiven demographischen Ansätze zu verstetigen, muss aus Sicht der BEG für die Dörfer und Kleinstädte eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung aus dem eigenen Potenzial sowie aus realisierten Zuwanderungsgewinnen bedarfsgerecht ermöglicht werden. Dies kann durch Umbau, Umnutzung und Anpassung ebenso wie durch Neubau auf umgewidmeten Flächen zur Stärkung der Ortskerne erfolgen. Die Begrenzung der Siedlungsentwicklung auf 5% bzw, 7,5% des Wohnungsbestandes entspricht oftmals nicht den tatsächlichen Wachstumsbedarfen einzelner Städte und Gemeinden im ländlichen Raum. Hier sollten entsprechende flexible und differenzierte Steuerungsansätze ermöglicht werden. Ebenso sollten Konzepte zur Förderung regionaler Identität und endogener Potenziale seitens der Planungsverantwortlichen offensiv unterstützt werden. Solche Maßnahmen –wie z.B. die Verbesserung von Mobilität- verringern die latente Gefahr der weiteren demographischen und sozialen „Erosion“ der Dörfer. Sie sind ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der demographische Situation und Lebensqualität vor Ort, . Mit ihnen verbinden sich heute bereits auszumachende Trends einer partiellen Rückwanderung in ländliche Räume. Dies sollte ebenso unterstützt werden wie die Möglichkeiten für Jugendliche, auch nach einer für Bildung und Ausbildung erforderlichen und sinnvollen Abwanderung aus der Region wieder im ländlichen Raum Fuß zu fassen. indem sie beispielsweise der verbreiteten „Abwanderungskultur“ der Jugend nach ihrem Schulabschluss sowie von Frauen aus ländlichen Regionen entgegenwirken.

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 11:

P-EK 1- 6/16

Änderungsantrag des Kommissionsmitglieds Graf (TOP 6)

Anlage 11 31.03.2017 dun-otto-sto

Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Jens Graf

Positionspapier der EK 6/1 zum Entwurf des Landesentwicklungsplanes HR (Stand 31.03.2017)

Änderungsantrag: 1. Auf Seite 2 wird im Abschnitt „Leistungsfähige Handlungsebene unterhalb der Mittelzentren etablieren“ an den zweiten Absatz der Satz „Dabei soll es sich um Zentrale Orte im Sinne des Raumordnungsrechts handeln“ angefügt. 2. Auf Seite 3 werden im Abschnitt „Regionale Entwicklungsperspektiven“ im ersten Absatz die Worte „Für solche Situationen“ durch „Darüber hinaus“ ersetzt. 3. Im letzten Absatz wird der zweite Satz wie folgt formuliert: „ Es ist erforderlich, diesen weiter zu konkretisieren. Es ist zu vermeiden, dass durch einen zu restriktiv festgelegten Freiraumverbund Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen und ansässiger Unternehmen behindert wird.

Begründung: Die Begründung erfolgt mündlich.

Jens Graf

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 12:

P-EK 1- 6/16

Anlage 12 31.03.2017 dun-otto-sto

Überarbeiteter Entwurf für ein Positionspapier zum Entwurf des LEP HR, Stand: 31.03.2017, 13.00 Uhr (TOP 6)

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Zusammenfassung Änderungsvorschläge Positionspapier, Stand: 3031.03., 913:3000 Uhr

Positionspapier der BEG 1 zum vorläufigen Entwurf des LEP HR Die nachfolgende Stellungnahme zum vorläufigen Entwurf des LEP HR fokussiert – gemäß der thematischen Zielsetzung der BEG 1 „Planungsrecht und Siedlungsstrukturentwicklung“ - primär dessen Aussagen zu den zentralörtlichen und siedlungsstrukturellen Erfordernissen sowie planerischen Strategien und Instrumenten im metropolenfernen ländlichen Raum in Brandenburg. Nach Ergänzung und Präzisierung durch die anderen BEGs werden weitere Schlussfolgerungen integriert. Im einführenden analytischen Teil (der Bestandsaufnahme) befasst sich der Entwurf des LEP HR inhaltlich recht fundiert und zielführend mit der demographischen Entwicklung und siedlungsstrukturellen Differenzierung in Brandenburg sowie in den Strukturräumen des Berliner Umlands und des metropolenfernen Raumes. Zu Recht wird betont, dass die Unterschiedlichkeit der einzelnen Strukturräume unterschiedliche raumordnerische Handlungs- und Steuerungsansätze erfordern (S. 26). Im Planentwurf – der bereits im Titel die allzu starke Exponierung Berlins betont und im Weiteren primär die nationale und europäische Wettbewerbsfähigkeit der Hauptstadtregion anstelle des regionalen Ausgleichs im Planungsgebiet anstrebt – wird dies für den ländlichen Raum allerdings nicht konsequent weiterverfolgt. Daraus leiten sich unsere nachfolgenden Forderungen und Vorschläge für den metropolenfernen Raum ab:

Spezifische planerische Konzepte aufgrund des besonderen strukturellen Handlungsbedarfs entwickeln Der metropolenferne Raum Brandenburgs ist nicht nur durch andere, zum Metropolenraum z.T. gegenläufige Entwicklungen charakterisiert; er ist gekennzeichnet durch erhebliche Differenzierungen und strukturelle Unterschiede. Der demografische Wandel, von dem dieser Raum besonders betroffen ist, verstärkt solche gegenläufige Entwicklungen, Differenzierungen und Unterschiede noch und führt zu komplexen Problemlagen und Herausforderungen auf den verschiedenen räumlichen Skalenebenen. Um diese Herausforderungen planerisch effizient gestalten zu können, bedarf es differenzierter regionaler und ortsspezifischer Lösungsansätze und Instrumente. Aus Sicht der BEG können sich diese durchaus von denen des Strukturraumes Berliner Umland unterscheiden, da dieses mit anderen Herausforderungen konfrontiert ist. Insofern sollten zu plakative Zuschreibungen vermieden werden. Statt einer Überschrift wie „Wachsender Kern – schrumpfender Rand“ könnte formuliert werden: „Eine Region – unterschiedliche Entwicklungen und Differenzierungen“. Wie zuvor ausgeführt wurde, geht der Entwurf des LEP HR jedoch nicht weiter differenziert auf die planerischen Erfordernisse im ländlichen Raum ein. Neben der Notwendigkeit, generell die Finanzausstattung der ländlichen Gemeinden zu verbessern sollten Landesgrenzen überschreitende Verflechtungen mit Nachbarregionen außerhalb Brandenburgs (z.B. Hamburg, Leipzig, Dresden, Stettin) stärker hervorgehoben und planerisch berücksichtigt werden. Weiteren Nachbesserungsbedarf sehen wir insbesondere in folgenden Bereichen, auf die nachfolgend näher eingegangen wird:

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels • • • •

Etablierung einer leistungsfähigen zentralörtlichen Ebene unterhalb der Ober- und Mittelzentren Weitere Eröffnung von regionalen Entwicklungsperspektiven Stärkung von Stellenwert und Engagement regionaler Akteure unterschiedlicher Ebenen Stabilisierung der Dörfer

Leistungsfähige Handlungsebene zentralörtliche Ebene unterhalb der Oberund Mittelzentren etablieren Die Sicherung der Daseinsvorsorge ist nach Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 GG eine verfassungsrechtlich geschützte gemeindliche Angelegenheit. Sie soll im Bereich der Grundversorgung nach dem Entwurf des LEP HR flächendeckend gewährleistet werden. Dies erfolgt jedoch für die Siedlungen zwischen den Infrastruktur- und Hauptentwicklungsachsen nur unzureichend. Die gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg verzichtete bislang als einzige Landesplanung aller deutschen Flächenländer auf die Ausweisung Zentraler Orte der grundzentralen Ebene. Nach intensiver Diskussion und Abwägung kommen wir zu der Überzeugung, dass unterhalb der Mittelzentren weitere Grundfunktionale Schwerpunkte/Zentren Ankerpunkte die Wiedereinführung von Grundzentren für den metropolenfernen ländlichen Raum in Brandenburg , für die den Erfordernissen zur Sicherung der Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund der Konsequenzen des demographischen Wandels am besten notwendig sind.gerecht wird. Dabei muss es sich um Zentrale Orte im Sinne des Raumordnungsrechts handeln. Dies erfolgt in Übereinstimmung mit der Verabschiedung der „Leitbilder und Handlungsstrategien der Raumentwicklung in Deutschland“ der Ministerkonferenz für Raumordnung vom März 2016. Darin wird das dreistufige System der Zentralen-Orte zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilräumen durch Sicherung der Daseinsvorsorge präferiert. Dabei soll die „Grundversorgung mit Gütern und Leistungen des täglichen Bedarfs in Grundzentren erhalten werden“ (S. 10). Zudem ist aktuell das bewährte dreistufige zentralörtliche System von Ober-Mittelund Unterzentren in den LEP zahlreicher Bundesländer verankert. ANachrangig denkbar sind aus Aus Sicht der BEG gibt es folgende zwei mögliche Alternativen:sollte der LEP HR um zwei Punkte ergänzt werden: a,1. Grundsätzlich wird begrüßt, dass nach den Vorstellungen des Planentwurfs nunmehr Grundfunktionale Schwerpunkte sowie Grundversorgungsbereiche (seitens der Regionalplanung, S. 52) ausgewiesen werden sollen [Hinweis auf Mitgliedschaft in den Regionalversammlungen prüfen?]. Für diese werden auch konkrete Standortvorgaben (in Z 3.7) festgelegt und Entwicklungsoptionen für die Wohnsiedlungsflächenentwicklung zugestanden. Jedoch bedarf die bisherige Unschärfe im Entwurf des LEP HR bezüglich der Ausstattung der grundfunktionalen Schwerpunkte einer Präzisierung. So fehlen aus Sicht der BEG 1 flankierende Maßnahmen, um die räumliche Ordnung der Daseinsvorsorge sowie die Leistungsfähigkeit der Zentren zu gewährleisten: Angaben zu den Ausweisungskriterien, zur räumlichen Gültigkeit (für Brandenburg oder den metropolenfernen Raum), ihrer Rechtswirkung sowie zum Mehrbelastungsausgleich. Denkbar wäre, diese Kriterien ähnlich wie in Sachsen-Anhalt oder Sachsen den RPGn bzw. Regionalen Planungsverbänden (welchen die Verantwortung der konkreten Ausweisung von Grundzentren obliegt; vgl. Ziel 39 LEP SachsenAnhalt; LEP Sachsen 2013 Z 1.3.8) als verpflichtende Vorgaben im LEP HR zu formulieren, um Zeitverluste zu vermeiden und Planungssicherheit zu schaffen. Die Planung, Erörterung und

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Festlegung soll erfolgt unmittelbarer mit den kommunalen Akteuren, über die Regionalen Planungsgemeinschaften erfolgen. Unabdingbare und notwendige Voraussetzungen muß sollen sein, dass die Erfüllung der Aufgaben der Grundfundfunktionalen Schwerpunkte/Zentren eine finanzielle Untersetzung im Finanzausgleichgesetz des Landes erfährt. b)2. Modellvorhaben des BMVI zur langfristigen Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen mit dem Projektansatz Kooperationsräume mit Versorgungszentren und angepassten Mobilitätsangeboten. Es geht dabei um eine Neuausrichtung der Raumordnungspolitik, nämlich der Rückkehr zur Einheit von Siedlungsentwicklung und Verkehr im Rahmen der Landesentwicklungsplanung und der Regionalplanung in Anlehnung an das Zentrale-Orte-Konzept, aber deutlich flexibler ausgestaltet. Der strategische Ansatz: freiwillige Kooperation von Gemeinden sowie Akteuren der Zivilgesellschaft und Anbietern von Daseinsvorsorgeangeboten durch Ausweisung von Versorgungszentren an zentralen Standorten sowie ein darauf abgestimmtes innovatives Mobilitätskonzept damit Infrastruktur für alle Bürger in angemessener Zeit erreichbar ist. Das Vorhaben wird u.a. in den beiden Brandenburger Modellregionen Ostprignitz-Ruppin und SpreeNeiße/Oberspreewald-Lausitz erprobt:

Regionale Entwicklungsperspektiven eröffnen Der metropolenferne ländliche Raum ist innerhalb der Hauptstadtregion nicht lediglich „Residualraum“ sondern Lebens-, Erwerbs- und Handlungsraum für nahezu zwei Drittel der Bevölkerung Brandenburgs. Es gibt nicht „den“ Ländlichen Raum. Die ländlichen Räume sind heterogen und daher auch in ihrer Inhomogenität im LEP HR zu beschreiben. Wachstumspotenziale, z.B. auch in den sog. peripheren Räumen müssen beachtet und Entwicklungen zugelassen werden. Für solcheDarüber hinaus Situationen sind Experimentier- und Öffnungsklauseln zu verankern. Die ländlichen Räume habenEr hat nicht nur Funktionen als Naturschutzraum/Freiraum und Erholungsgebiet für die Stadtbevölkerung, sondern. Er hat deutlich mehr Funktionen zu erfüllen., für seine Einwohner und die Berliner Bevölkerung. Insgesamt geht es darum, die sich aus den unterschiedlichen Entwicklungen und Funktionen des ländlichen Raumes ergebenden vielfältigen endogenen Potenziale – von naturräumlichen, sozialen und kulturellen bis zu den wichtigen wirtschaftlichen – die endogenen Entwicklungspotenziale zu stärken. Die Funktionen der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft als wirtschaftliche Grundlagen im ländlichen Raum müssen angemessen herausgestellt und mit nachhaltigen integrierten Entwicklungsoptionen versehen werden. Ebenso wird die im LEP HR betonte besondere Rolle der Kulturlandschaften als gestaltende Kraft regionaler Identität und wirtschaftlicher Handlungserfordernisse begrüßt. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen erhalten und schaffen Arbeitsplätze und sind mit ihren Steuerabgaben eine Grundlage der Gemeindefinanzierung im ländlichen Raum. Diese kleinteilige Wirtschaft bedarf der weiteren Unterstützung durch die Landesregierung. Die Entwicklung von Gewerbeflächen sollte weniger restriktiv geregelt werden. Insbesondere muss auch den in nicht zentralen Orten ansässigen Unternehmen weiteres Wachstum durch erweiterte Spielräume der kommunalen Ebene bei der Ausweisung von Gewerbe und Einzelhandel ermöglicht nach bestimmten Kriterien und in Übereinstimmung mit den unter Beachtung der Nachhaltigkeitszielen ermöglicht werden.

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Der dargestellte Freiraumverbund weist wegen des zugrunde liegenden Maßstabs 1:250000 eine gewisse Unschärfe auf und ist nicht immer kongruent mit den Schutzgebieten. [Hier Formulierungsvorschlag der BEG 1 gemäß Diskussionsverlauf: Es ist erforderlich, diesen weiter zu konkretisieren. Es ist zu vermeiden, dass durch einen zu restriktiv festgelegten Freiraumverbund die nachhaltigen Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen und ansässiger Unternehmen behindert werden. Aufgrund des großen Maßstabs der Flächenkulisse ist derdes Freiraumverbundes ist es erforderlich, den Freiraumverbund auf regionalplanerischer Ebene im Maßstab 1:100 000 nach örtlichen Gegebenheiten, auch unter Nachhaltigkeitszielen, zu konkretisieren darzustellen.]

[Hier Antrag Graf Nr. 3]So kann gewährleistet werden, dass ein Ausgleich von Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen und ansässigen Unternehmen gefunden wird, ohne dass der Freiraumverbund in Mitleidenschaft gezogen wird. nicht gefährdet, wenn in den örtlichen Planungen Entwicklungen zugelassen werden. Zu vermeiden ist, dass durch einen zu restriktiv festgelegten Freiraumverbund Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen und ansässiger Unternehmen behindert werden.

Stellenwert und Engagement regionaler Akteure stärken Die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort hängen auch entscheidend von den Akteuren der Kommunal- und Regionalentwicklung ab. Dies spricht für eine stärkere Betonung und Respektierung ihrer Eigenverantwortung. Aus Expertensicht stellt die Bewältigung der anstehenden demographischen Herausforderungen die bisherigen sektoralen Steuerungsinstrumente infrage. Im Sinne einer weiteren Ausgestaltung demokratischer Mitwirkung sollten folgende Entwicklungrichtungen beachtet werden. Es bedarf insbesondere für den ländlichen Raum einer verstärkten Einbindung der zivilgesellschaftlichen Akteure in den Partizipationsprozess sowie teilweise neue Governance- Strukturen in Form kooperativer Steuerung durch Politik, Verwaltung und Gesellschaft (vom “fürsorgenden zum aktivierenden” Staat). Hierfür bieten sich z.B. die folgenden Maßnahmenkonzepte an: Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, Aufwertung regionaler Initiativen und Kooperationen, Einbeziehung bürgerschaftlicher und kollektiver Akteure (Vereine, Unternehmen und Verbände). Insgesamt spricht viel dafür, die in den metropolenfernen Regionen stark vernetzte Akteurskulisse ebenso wie die kleineren Gemeinden einzubinden, um tragfähige Lösungsansätze zu erarbeiten. . Diese Akteurskulisse, kleine Gemeinden wie bürgerschaftliches Engagement sollten in der Planung insoweit berücksichtigt werden (ohne direkt Gegenstand von Planung zu sein), so dass Planungen sollten deren Möglichkeiten nicht beschneiden, sondern für Mitwirkung die Rahmenbedingungen stärken sollte. Des Weiteren vgl. hierzu die Schlussfolgerungen der BEG 5. In diesem Zusammenhang halten wir es als unabdingbar, die Rolle der Regionalplanung als Instrument der Entwicklungsplanung für den strukturschwachen ländlichen Raum und die Position der Regionalen Planungsgemeinschaften zu sichern, zu stärken und weiter zu entwickeln. Regionale Planungsgemeinschaften sollen nach den Vorstellungen des LEP HR die Ausweisung der Grundfunktionalen Schwerpunkte vornehmen. Aus Sicht der Enquete-Kommission ist es notwendig, integrierter Regionalpläne zu erarbeiten und dabei auch monofunktionale Räume auszuweisen, z.B. auch ein Vorranggebiet Ackerland. Hierdurch würden diese gestärkt und ihre bedeutsamen

Landtag Brandenburg BEG 1 140331.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Funktionen kämen deutlicher zum Ausdruck. In diesem Zusammenhang sollte es den RPGn künftig besser möglich sein, im Einklang mit den Vorgaben des LEP gestaltend im ländlichen Raum wirken zu können. Dafür ist das Verhältnis zwischen Regionalplanung und der Gemeinsamen Landesplanung neu zu regeln.

Dörfer als Heimat und Identifikationsräume stabilisieren Im Entwurf LEP HR findet sich der Begriff „Dorf“ an keiner Stelle wieder. Dies wird aus Sicht der BEG 1 bemängelt, da insbesondere die Bezeichnung „Dorf“ identitätsstiftenden Charakter aufweist und seitens der Landesplanung darauf stärker Bezug genommen werden sollte. Gleiches gilt auch für historische Dorfkerne, die ebenso keine Erwähnung im vorliegenden Entwurf des LEP HR finden. Aus Expertensicht ist regionale Identität eine kostbare Ressource für das Zusammenleben der Menschen, da sie soziokulturelle Stabilität und Integration vor Ort zu sichern vermag. Aus der kleinräumigen Zeitreihenbetrachtung der Bevölkerungsdaten im metropolenfernen Raum Brandenburgs lassen sich in jüngerer Zeit gewisse demographische Konsolidierungsansätze ablesen. Diese beziehen sich nicht nur auf die Zentralen Orte, sondern gelten teilweise auch für periphere Siedlungsstandorte. Neben der häufig wahrgenommenen Schrumpfung sind demnach ebenfalls Wachstumstendenzen erkennbar. Um diese positiven demographischen Ansätze zu verstetigen, muss aus Sicht der BEG für die Dörfer und Kleinstädte eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung aus dem eigenen Potenzial sowie aus realisierten Zuwanderungsgewinnen bedarfsgerecht ermöglicht werden. Dies kann durch Umbau, Umnutzung und Anpassung ebenso wie durch Neubau auf umgewidmeten Flächen zur Stärkung der Ortskerne erfolgen. Die Begrenzung der Siedlungsentwicklung auf 5% bzw, 7,5% des Wohnungsbestandes entspricht oftmals nicht den tatsächlichen Wachstumsbedarfen einzelner Städte und Gemeinden im ländlichen Raum. Hier sollten müssen entsprechende flexible und differenzierte Steuerungsansätze ermöglicht werden. Ebenso sollten Konzepte zur Förderung regionaler Identität und endogener Potenziale seitens der Planungsverantwortlichen offensiv unterstützt werden. Sie sind ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der demographische Situation und Lebensqualität vor Ort.

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 13:

P-EK 1- 6/16

Projektvorstellung Lausitz an einen Tisch (TOP 7)

Anlage 13 31.03.2017 dun-otto-sto

Katrin Rohnstock, den 28.03.2017

Exposè zur Vorstellung von »Lausitz an einen Tisch« bei der Sitzung der Enquete-Kommission »Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels«

»Lausitz an einen Tisch – ein Projekt zur Initiierung zivilgesellschaftlichen Engagements und zur Selbstermächtigung der Bürger« unterstützt von der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke; durchgeführt von Juni 2015 bis September 2016 an 6 Orten der Lausitz – in 43 Erzählsalons erzählten mehr als 300 Menschen ihre Geschichten In strukturschwachen Gebieten fehlt es oft an Zusammenhalt und einer Gruppe von Akteuren, die gemeinsam etwas für ihren Ort tun. Dieses Defizit kann durch Erzählsalons gelöst werden. Der Erzählsalon ist – im Unterschied zum Erzählcafé – ein festes Veranstaltungsformat, das vom jüdischen Sabbat adaptiert wurde. Er wird von einer von Rohnstock Biografien ausgebildeten Salonnière geleitet und schafft einen Erzählraum für 10 bis 20 Menschen. Hier erzählt jeder in zwei Stunden seine Geschichte und hört die Geschichten der anderen – zu einem vorab festgelegten Thema. Ein zutiefst demokratisches Erlebnis, denn die Reihenfolge, in der jeder nacheinander zu Wort kommt, orientiert sich nicht an Status und Rang. Jeder bekommt die gleiche Redezeit und die gleiche Aufmerksamkeit. Hier kommen auch die zu Wort, die sonst nie gehört werden. (Je alters- und milieugemischter die Gruppen sind, um so interessanter werden die Erzählsalons.)

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Den Anfang der Lausitzer Erzählsalons machten Themen aus der Vergangenheit, z.B. „Wie ich in das Dorf kam“, „Wie wir Dorffeste feierten“, „Mein schönstes Erlebnis im Dorf“. Mit dem Wachrufen der Erinnerungen an vormals bessere Zeiten wurden zugleich auch Potenziale, Methoden, Organisationsprinzipien gemeinschaftlicher Aktionen wachgerufen. Im Erzählsalon lernten sich die Menschen auf neue Weise kennen. Sie wurden ernst genommen, auch weil die erzählten Geschichten nicht nur mitgeschnitten, sondern aufgeschrieben und in

Broschüren, später in einem Sammelband, veröffentlicht wurden – auf dieser Grundlage wurden sie in der gesamten Dorfgemeinschaft diskutiert. Wenn die Vergangenheit des Ortes nach 3 bis 4 Salons erschöpfend erzählt war (die Themen schlugen die Dorfmitglieder vor), wurde in den Erzählsalons nach der Gegenwart gefragt: „Wie ich meine Freizeit verbringe“, „Mein schönstes Vereinserlebnis“, und anschließend nach Wünschen für die Zukunft. Durch die Themensetzung regt der Erzählsalon die Teilnehmer zum Erzählen an – immer unterstützt von der Salonnière. Denn: Erzählen kann jeder. Es ist die älteste Kommunikationsform; mit dem Erzählen seiner eigenen Geschichte schafft der Mensch seine Identität und fühlt sich vom Zuhörer ernst genommen. So knüpft das von Rohnstock Biografien entwickelte Format Erzählsalon konsequent an die Selbstheilungskräfte der Menschen an. Durch das kollektive Erzählen im Erzählsalon bilden die teilnehmenden Dorfbewohner allmählich ein Gemeinschaftsgefühl, das stark macht, das ermutigt, gemeinsam das Schicksal des Ortes in die Hand zu nehmen. Parallel zu den Erzählsalons wurden 8 Männer und 4 Frauen im Alter zwischen 25 und 70 Jahren in einem zweimal stattfindenden Wochenendseminar zu Salonnièren ausgebildet, die die Salons nach Ende des Projektes weiterführen. Beispiele für Resultate der Erzählsalons in der Lausitz:

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Gründung eines Bürgervereins, um ein Bürgerhaus zu erstreiten und es kollektiv zu bewirtschaften; Überwindung eines jahrzehntealten Konfliktes und Entstehung der Idee einer Bürgergenossenschaft, in der die Alten mithelfen, ein Industriekulturdenkmal zu bewirtschaften, wodurch Arbeitsplätze entstehen; Entwicklung einer Bürgeroper mit allen musizierfreudigen Bürgern der Stadt, in der die eigene Geschichte gespielt wird. Mehr Informationen zum Projekt sowie Zugang zu den Broschüren und dem Buch erhalten Sie unter www.lausitz-an-einen-Tisch.de.

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Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 14:

Programm (vorläufig) Vorpommern (TOP 7)

P-EK 1- 6/16

der

Informationsreise

Anlage 14 31.03.2017 dun-otto-sto

nach

Mecklenburg-

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 16. öffentliche Sitzung

Anlage 15:

P-EK 1- 6/16

Anlage 15 31.03.2017 dun-otto-sto

Auswertung der Beteiligung der BEG 3 zum Thesenpapier zur Daseinsvorsorge und gleichwertigen Lebensverhältnissen (TOP 7)

Landtag Brandenburg BEG 3 30.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Vorschlag zur Antwort auf Kommentare des Dialogs der Berichterstattungsgruppe 3 Dargestellt sind begründete Antworten auf eingegangene Kommentare zum Dialog „Daseinsvorsorge und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Positionierung und Schlussfolgerungen.“ Die Kommentare sind weiter unten dargestellt. Anmerkungen Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse , Text 20.1.17, Elemente der Daseinsvorsorge, Gesundheitsdienste Vielen Dank für Ihre Anmerkung zur gesundheitlichen Versorgung in den berlinfernen Regionen. Natürlich können wir etwas tun, um die Ansiedelung von Ärzten in den ländlichen Regionen zu stimulieren, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Wir können beispielsweise finanzielle Hilfe bei der Einrichtung von Arztpraxen geben, wir können angestellte Ärzte in den ländlichen Regionen konzentrieren, wir können sie auch entlasten, durch die Agnes-Fachkraft beispielsweise, sie von bürokratischem Ballast befreien oder mit telemedizinischen Routineanwendungen Zeit für Patienten freimachen. All das ist wichtig. Hierfür wollen wir gern Weichen stellen, um schnell zu helfen. Der Diskurs über die von Ihnen angesprochene Zusammenführung der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung ist äußerst kontrovers. Ohne Frage hat eine solche Versicherung Charme: Jeder würde hier aufgenommen werden – unabhängig vom Erwerbsstatus, Alter, Geschlecht oder dem Gesundheitsrisiko. Nur ist diese Art der Versicherung auch mit erheblichen Mehrkosten verbunden, insbesondere für Arbeitgeber. Aus diesem Grund gibt es nach wie vor Gegenpositionen, die eine einheitliche Krankenversicherung ablehnen. Daher müssen Für und Wider dieser Versicherung und deren Auswirkungen auf die medizinische Versorgung auch in der Enquete Kommission diskutiert und anschließend selbstverständlich auch entsprechende Empfehlungen ausgesprochen werden. Dieser Prozess wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen – hierfür bitten wir um Ihr Verständnis. Anmerkungen Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse , Text 20.1.17, Elemente der Daseinsvorsorge, Schulausbildung Ebenso Text 20.1.17, Gestaltungsinstrumente, Brandenburgisches Schulgesetz Wohnortnahe Versorgung im Grundschulbereich ist uns besonders wichtig. Wir sehen Schulen nicht allein als Bildungseinrichtungen sondern auch als Anlaufpunkte für soziale Aktivitäten außerhalb des Schulbetriebes. Das muss bei den Schulentwicklungsplanungen der Landkreise immer berücksichtigt werden. Gesamtschulen und oftmals auch Oberschulen differenzieren schon jetzt innerhalb einer Schulform – sie leisten gute Arbeit. Dennoch ist es wichtig, auch im ländlichen Raum die Vielfalt im Bildungssystem zu erhalten. Wir wollen die „kleine Grundschule“ in den ländlichen Regionen, um alle Schulstandorte zu erhalten. Mit dem Vorschlag der Schulverbundbzw. Filiallösung hat die Demografie-Kommission des Bildungsministeriums Alternativen zu Schulschließungen entwickelt, die gangbar sind.

Landtag Brandenburg BEG 3 30.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Neue Ideen muss es jetzt auch für die weiterführenden Schulen geben. Dabei ist zu prüfen, welches Modell hier das geeignete ist. Da nicht jeder Ort eine Schule haben wird, sollte vorbehaltlich einer gerechten Finanzierung der Schülerverkehr in Brandenburg grundsätzlich kostenfrei sein. Genauso sollten wir es auch mit dem Schulmittagessen halten. Ein hungriger Magen studiert nicht gern. Wir werden nach Lösungen suchen, um diese Forderungen zu erfüllen. Anmerkungen Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse , Text 20.1.17, Elemente der Daseinsvorsorge, Öffentlicher Nah- und Fernverkehr Der Öffentliche Personennahverkehr muss sich stärker an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Er ist in einem Flächenland wie Brandenburg eine wichtige Voraussetzung für regionale Chancengerechtigkeit. Wir benötigen einen leistungsfähigen und bedarfsgerechten Regionalverkehr in den dünn besiedelten Regionen, um alle Leistungen der Daseinsvorsorge wie Krankenhäuser und Arztpraxen, Schulen, Versorgungseinrichtungen und Dienstleistungen zu erreichen. Das geht nur mit flexiblen, regional differenzierten Lösungen. Wir dürfen nicht nur die Verkehrsverbindungen zwischen Berlin und dem Land im Blick haben. Wenn die Städte im ländlichen Raum ihrer Ankerfunktion gerecht werden sollen, müssen auch sie besser an das Umland angebunden werden. Dafür müssen wir Geld in die Hand nehmen. Manchmal werden sich Verknüpfungen auch durch Plus-Bus, Kombi-Bus-Lösungen oder noch kleinere Mobilitätslösungen erreichen lassen. Anmerkungen Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse , Text 20.1.17, Gestaltungsinstrumente, Landesentwicklungs- und Regionalplanung Der in der Diskussion befindliche Landesentwicklungsplan sieht die Einrichtung von grundfunktionalen Schwerpunkten vor. Unabhängig von der Frage ob Grundzentren oder grundfunktionale Schwerpunkte eingerichtet werden, ist aus unserer Sicht eine umfassende Ausfinanzierung unerlässlich. Wir werden darauf achten, dass durch die Landesentwicklungsplanung demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten auf dem Lande nicht geschwächt sondern gestärkt werden. Die Menschen sollen bis in die kleinsten Ortsteile mitentscheiden, wo die Schwerpunkte der lokalen und regionalen Entwicklung liegen sollen und was für sie verzichtbar ist. Dies bedeutet, das Mitspracherecht der kleineren Kommunen in den Regionalversammlungen zu sichern, die Rechte der Ortsbeiräte zu stärken und Ortsteilbudgets verpflichtend zu machen.

Landtag Brandenburg Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

23.01.2017

Anmerkungen Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse. Positionierung und Schlussfolgerungen Erstellungsdatum

zugehöriger Absatz

Text, auf den sich meine Anmerkung bezieht Es erfordert vielfach neue Herangehensweisen. Diese können auch gesetzliche Vorschriften bzw. Regelungen betreffen.

06.01.2017 15:22

1. Rechtlicher Rahmen

20.01.2017 14:41

2. Elemente der Daseinsvorsorge

Gesundheitsdiensten

20.01.2017 14:40

2. Elemente der Daseinsvorsorge

Schulausbildung

20.01.2017 14:39

2. Elemente der Daseinsvorsorge

öffentlichem Nah- und Fernverkehr

20.01.2017 14:46 20.01.2017 14:46 20.01.2017 14:45

3. Gestaltungsinstrumente 3. Gestaltungsinstrumente 3. Gestaltungsinstrumente

Landesentwicklungs- und Regionalplanung, Landesentwicklungs- und Regionalplanung, Brandenburgische Schulgesetz

Beitragstext Der ländliche Raum ist vielfältig. Er lässt sich nicht in fertige Schablonen, Regelungen und allgemeingültige Bewertungskriterien pressen. Das hemmt Innovation im ländlichen Raum. Gut begründete Ausnahmeregelungen sollten zulässig sein, wenn es dem Wohl der dort angesiedelten Bevölkerung dient. Diese Vorgehensweise ist jedoch nur im Rahmen eines bottom-up-Ansatz erfolgreich und nachhaltig. Das Zweiklassen-Gesundheitssystem ist ein Hindernis für den ländlichen Raum, da privat-Versicherte mehr in den urbanen Räumen wohnen. Das macht Ärzteansiedlung so schwer. Hier ist das mehrgliedriges Schulsystem ein Hindernis für wohnortnahe Versorgung! Lieber innerhalb einer Schulform differenzieren, als äußerlich zwischen Schulformen. Gerade beim ÖPNV ist das Land deutlich mehr gefordert, als Dienst nach Vorschrift durchzuführen. Landesbedeutsame Buslinien, als Tangentialverbindungen zwischen den Radialen des SPNV wären sehr hilfreich. Es müsste auch wieder über Grundzentren nachgedacht werden. Dörfer brauchen Planungssicherheit, ob neue Tagebaue kommen oder nicht. Besser wären Keine Neuen Tagebaue. Das mehrgliedrige Schulsystem verhindert kurze Wege im ländlichen Raum.

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