Wolfgang Ratzek, Carola Schreiber

strategische Verankerung der Bibliotheken als Teil unserer. Bildungsinfrastruktur. ... Unternehmensberatung McKinsey initiierte den Wettbewerb. Alle Talente ...
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Wolfgang Ratzek Elisabeth Simon Wirtschaftsförderung und Standortentwicklung durch Informationsdienstleistungen. Das unterschätzte Potenzial von Bibliotheken

Berlin 2008 Simon Verlag für Bibliothekswissen

ISBN 978-3-940862-05-1 Bibliografische Informationen der deutschen Bibliothek. Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie Copyright © 2008 Simon Verlag für Bibliothekswissen, Berlin Alle deutsche Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Maria Baranova Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. No part of this book may be used or reproduced in any manner whatsoever without written permission except in the case of brief quotations embodied in critical articles or reviews. Gesamtherstellung: Simon Verlag für Bibliothekswissen Riehlstrasse 13 10057 Berlin Deutschland www.simon-bibliothekswissen.de Druck und buchbinderische Verarbeitung Buchbinderei Art-Druk, Szczecin

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ..............................................................................................................7 Wolfgang Ratzek, Carola Schreiber Bibliotheksdienstleistungen als Beitrag zur regionalen Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung........................................11 Uwe Rosemann Die TIB (Technische Informations Bibliothek) als Standortfaktor für die Wirtschaft............................................................40 Margit Wolf Vernetzte Kreativwirtschaft in der Region Stuttgart���������������������������������47 Ge Yimin & Chen Shun Zhong From Municipal Shanghai Library: How an Enterprise can get the most for its competitive Intelligence and Project Development���������������������������������������������������������������������������������������������������58 Young Man Ko Basic Information for Research and Development (R&D – BIRD) Korea Research Foundation��������������������������������������������������������������������������76 Gary Lucas Johnson Paul Collaborative Business Model is the next Level of Development...........90 Carsten Deckert Wie Sie die Intelligenz Ihres Unternehmens optimal nutzen....................99 Elisabeth Simon Die Kommunikation von Informationsdienstleistungen zu Bibliotheksfernen Nutzern��������������������������������������������������������������������������113 5

Ronald Kaiser Standortfaktor Information - Wie das Internet-Zeitalter Stakeholder verändert.................................................................................. 128 Angela Ludwig Was vom Bibliothekar übrig blieb oder Wie ich selbstständig wurde....................................................................................... 138 Lars Egeland Kunnskapsbyen Drammen – Drammen: die Stadt des Wissens........... 148 Craig Green Verschiedene Bibliothekstypen - gemeinsame Bibliotheksdienstleistungen . ...................................................................... 157 Nachwort........................................................................................................172 Anhang............................................................................................................174 Zu den Autoren.............................................................................................177

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Vorwort In der Wochenzeitung Die Zeit, Nr. 25 wird am 12. Juni 2008 unter der Rubrik Wissen, S. 23 von Sonja Jagesic berichtet, die als Flüchtling nach Deutschland kam, und hier nicht bleiben durfte. In den USA wird die Bosnierin heute als Ausnahmetalent gefeiert. Dieses ist keine neue Geschichte, die ehemalige Außenministerin der USA Madeleine Albright konnte auf einen ähnlichen Bildungshintergrund verweisen, in einem Land, in dem aus politischen wie ökonomischen Gründen schon Elite Unis gezielt nach Begabungen suchen, unterstützt von Lehrern und lebendigen Gemeinden. Dies mag ein anderer Weg sein als der deutsche, in dem fast gebetsmühlenartig auf Bildungsdefizite bei Migranten hingewiesen wird, mit generellen Anforderungen an Staat und staatliche Institutionen, aktiv zu werden. Die Familie Jagesic erhielt keine besondere Förderung, aber Sonja besaß und besitzt einen Ort als Mittelpunkt ihres Lebens. Sonjas liebster Ort im berühmtesten Frauencollege im Wellesley, in dem schon Hillary Clinton und Madeleine Albright studiert haben, ist die Bibliothek. Aber nicht nur dort, als Flüchtlingskind, auf einem Containerdampfer im Hamburger Hafen war ihr Lieblingsplatz die Stadtteilbiliothek von Hamburg Altona. Noch heute gehören die viertelstündigen Wanderungen zu dieser Bibliothek mit Bücher zum Wegträumen, Pippi Langsgtrumpf. das doppelte Lottchen, Michel aus Lönneberga zu ihren schönsten Erinnerungen an Deutschland. Auch die Hollywood Librarian, die auf dem Bibliothekartag in Mannheim 2008 gezeigt wurde, zeigt die Gemeindebibliothek als besten und nachhaltigen Ort der Integration, Lesen als Tor zur Bildung, Ansprache der Bibliothekare, erlebte Integration! Kulturelle Strukturen von langer Dauer können sehr wirksam sein, ohne dass man sich dessen bewusst ist. Bibliotheken als ein Aktivposten für die Entwicklung einer Gemeinde, einer Universität oder einer Stadt geraten nur selten in den Blickfeld der Entscheidungsträger, leider besonders selten in Deutschland. Die Situation unterscheidet sich in dieser Hinsicht auch grundlegend von der in den Vereinigten Staaten. Der US amerikanische Bibliotheksverband American Library Association veröffentlichte Erfolgsgeschichten von Unternehmer(innen) die ihr meist kleines Geschäft mit Hilfe der Bibliothek gegründet und zum Erfolg geführt 7

haben. Ein weithin leuchtendes Beispiel für die entscheidende Rolle einer Bibliothek im sozialen und wirtschaftlichen Leben einer Großstadt ist die Science Industry and Business Library (SIBL) der New York Public Library. Die Theorie, dass die frühe Informatisierung von Kind an, schon in der Grundschule mit projektbezogenem Lernen, in Zusammenarbeit mit den amerikanischen Bibliotheken zum wirtschaftlichen Erfolg dieses Landes beigetragen hat, ist einleuchtend, kann aber leider heute noch nicht bewiesen werden. Ob als Buch zum Lesen und Lernen für Deutsche und Migranten oder als Informationsdienstleistung bei komplizierten Recherchen, ob als Ort in einer Gemeinde, als Aktivposten einer Universität oder zur Unterstützung des Informationsbedarfes kleinerer und mittlerer Unternehmen, das Potential der Bibliotheken wird unterschätzt und viel zu selten dargestellt. Wir haben uns mit diesem Buch das Ziel gesetzt, Beispiele für erfolgreiche Bibliotheksarbeit aus dem In- und Ausland zusammenzutragen. Wir wollten damit Beispiele aufführen, die die weittragende These, dass Bibliotheken – mehr oder weniger bewusst – einen Beitrag zur Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung leisten, untermauern. Die folgenden 12 Beiträge aus dem In- und Ausland dokumentieren, welche Rollen Bibliotheken mit ihren Informationsdienstleistungen spielen können und welchen Stellenwert sie damit in der kulturellen und sozialen Entwicklung ihres Umfeldes einnehmen. Wolfgang Ratzek und Carola Schreiber spannen den für das Thema notwendigen Orientierungsrahmen, indem sie sowohl die theoretischen Aspekte aufgreifen als auch zahlreiche internationale Praxisbeispiele vorstellen. Uwe Rosemann zeigt, welche Dienstleistungen die über 2000 Kunden der Technischen Informationsbibliothek (TIB) erwarten können. Am Beispiel der Region Stuttgart zeigt Margit Wolf, welche Rolle Netzwerke in der Kreativwirtschaft spielen. Neben China ist auch Südkorea und Singapur vertreten. Ge Yimin und Chen Shun Zhong beschreiben am Beispiel des Institute of Scientific and Technological Information of Shanghai (ISTIS) an der Shanghai City Library, in welchem Ausmaß Unternehmen von dieser Fusion profitieren. 8

Young Man Ko informiert darüber, wie die Korean Research Foundation die Forschung und Entwicklung unterstützt. Das Bibliothekssystem von Singapur gilt als vorbildlich. Dabei spielt der National Library Board eine entscheidende Rolle. Johnson Paul informiert über die neueste Entwicklung der Bibliotheken in diesem Stadtstaat, die zunehmend auch international wahrgenommen wird. Alle diese Artikel aus Ostasien werden in Englisch veröffentlicht. Carsten Decker zeigt, wie ein Unternehmen die Intelligenz seiner Mitarbeiter nutzt und wie man das vorhandene Wissen möglichst kreativ in der Innovationsprozess einsetzt. Für Elisabeth Simon könnten Informationsdienstleistungen für bibliotheksferne Benutzer bei den tief greifenden Veränderungen der Sozialstruktur eine große Rolle spielen. Frauen bauen zunehmend ihre eigenen – meist kleinen- Unternehmen auf. Dabei könnten Bibliotheksdienstleistungen ihnen Beratung und Unterstützung geben und gleichzeitig auch bei der Bildung der Kinder helfen, wenn diese meiste klugen und starken Frauen die Bibliotheken nutzen (könnten). Wie verändert das Internet Anspruchsgruppen (Stakeholder)?  Die Antwort darauf gibt Ronald Kaiser in seinem Beitrag. Standort Information. Wie das Internet Zeitalter Stakeholder verändert. Unter der Überschrift „Was vom Bibliothekar übrig blieb oder wie ich selbständig wurde“ gibt uns Angela Ludwig einen Einblick, was einer Absolventin eines bibliothekarischen Studiengange beschäftig und welche Optionen offen stehen. Lars Egeland berichtet von einem hoch interessanten Projekt aus Norwegen. Beim Prozess einer Neuausrichtung und Umstrukturierung von Drammen einer Industriestadt zu einer Stadt des Wissens spielte die Bibliothek eine zentrale Rolle. Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich auch in Glasgow, Schottland. Craig Greens Erfahrungsbericht beschreibt einen „kulturellen Campus“, ein Zusammenschluss des öffentlichen Bibliothekssystems mit der Bibliothek eines College: Risiken – Verfahren und den Prozess des Zusammenwachsens. Während der letzten Jahre wurden in vielen Ländern, auch in ärmeren als Deutschland Bibliotheken gebaut und renoviert, von der Nationalbibliothek Lettlands in Riga bis zur Universitätsbibliothek von Maiduguri 9

in Nordnigeria, Afrika. Die Bibliothek als Öffentlicher Ort als Ort der Information, des Wissens und Lernens gewinnt an Interesse und oft glücklicherweise an Bedeutung. Das Angebot der Bibliotheken, ihre Struktur müssen sich diesen neuen Anforderungen und Möglichkeiten öffnen und sie nachhaltig umsetzen. Dann kann sie die Rolle in einer Lern- Wissensund Bildungsgesellschaft spielen, die sie spielen könnte und damit zur Entwicklung des Standortes, wo immer sich dieser befindet, beitragen. Stuttgart, Berlin im August 2008 Wolfgang Ratzek, Elisabeth Simon (Hrsg.)

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Bibliotheksdienstleistungen als Beitrag zur regionalen Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung1. Wolfgang Ratzek, Carola Schreiber Es geht voran. Bibliotheken im Aufwind? Ein Jahr (es geht Voran) hieß ein Hit der Düsseldorfer Rockband Fehlfarben aus dem Jahr 1982. Darin heißt es unter anderem Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran! Gilt dies auch für die Bibliothekswelt? Es sieht jedenfalls so aus! Neue, beeindruckende Bibliotheksbauten wie die Zentralbibliothek Ulm („gläserne Pyramide“) setzen attraktive Akzente, die bibliothekarischen Verbände zeigen sich selbstbewusst mit beispielsweise den BID (Bibliothek & Information Deutschland)-Wahlprüfsteinen (genauer: „4 x Bibliothek“) für die Bundestagswahl 2005, dem Projekt „Bibliothek 2007“ (Bertelsmann Stiftung/BID) oder dem Strategiepapier des BID „Bibliotheken 2012“ und – last but not least – für die Zeit von 2007 bis 2009 stellt Deutschland auch noch mit Claudia Lux die amtierende Präsidentin der IFLA (International Federation of Library Associations and Institutions). Der Höhepunkt dieser Entwicklung: Am 16. Februar 2007 waren dreizehn Bibliotheksvertreter zum „Kulturfrühstück“ beim Bundespräsidenten Horst Köhler eingeladen und so erfolgreich schien auch das Jahr 2007 zu enden! In seiner Festrede Ein Freudentag für die Kulturnation2 anlässlich des Festaktes zur Wiedereröffnung der AnnaAmalia-Bibliothek im Oktober 2007 löste Bundespräsident Horst Köhler mit seinen bibliothekspolitischen Statements große Begeisterung in der 1

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Überarbeitete und stark ergänzte Fassung des gleichnamigen Vortrages, gehalten auf dem 3. Leipziger Kongress für Information und Bibliothek 2007. Die folgenden Ausführungen basieren auf Gesprächen, die die Autoren im Zeitraum 20042007 vor Ort geführt haben und auf entsprechenden Nachrecherchen. S. http://www.bundespraesident.de/Reden-und-Interviews-,11057.641428/EinFreudentag-fuer-die-Kultur.htm?global.back=/-%2c11057%2c0/Reden-und-Interviews.htm%3flink%3dbpr_liste (Stand: 28.10.2007).

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Fachwelt aus. Hier nur ein paar Beispiele aus der Festrede: •

„Zuerst die gute Nachricht: Es gibt noch Bibliotheken in Deutschland. Und dann die noch bessere Nachricht: Es gibt fantastische Bibliothekare in Deutschland. Ich hatte vor einigen Monaten ein ausführliches Gespräch mit vierzehn Bibliothekarinnen und Bibliothekaren aus ganz Deutschland und aus sehr unterschiedlichen Einrichtungen, von der großen Zentral- und Landesbibliothek Berlin über die Universitätsbibliothek Bielefeld bis zur Stadtbücherei Chemnitz. Selten habe ich eine Gruppe von so engagierten Menschen erlebt, die mit Leib und Seele für ihre Sache arbeiten. Das hat mich sehr beeindruckt - und mich auch optimistisch gestimmt!“



„Trotz des wichtigen Beitrags der Bibliotheken für die Bildung und das selbstständige Lernen, fehlt in Deutschland - im Gegensatz zu den erfolgreichen PISA-Ländern - die strategische Verankerung der Bibliotheken als Teil unserer Bildungsinfrastruktur. Durchgängige bildungspolitische Zielsetzungen gemeinsam mit dem Bibliothekswesen sind heute weder auf Länderebene noch in der Politik des Bundes in ausreichendem Maße anzutreffen. Meine Meinung ist: Bibliotheken gehören deshalb in Deutschland auf die politische Tagesordnung.



„In den vergangenen Jahren mussten auch die Bibliotheken, Archive und Museen Sparbeiträge leisten. Die Finanzausstattung vieler Institute liegt heute unter dem Notwendigen, die Personaldecke ist dünn geworden. Viele können ihre Aufgaben der Bewahrung und Erschließung nicht mehr in erforderlichem Umfang erfüllen. Hier hoffe ich auf eine Kurskorrektur.“

In diesem bibliothekspolitischem erfolgreichem Jahr erschien schließlich der Schlussbericht der Enquête-Kommission `Kultur in Deutschland`, mit 12

Empfehlungen an dem Deutschen Bundestag (Drucksache 16/7000, 11.12.2007). In diesem über 500 Seiten starken Schlussbericht beschäftigt sich das Kapitel 3.1.2.3 mit den Öffentlichen Bibliotheken. Die EnquêteKommission empfiehlt u.a. „Öffentliche Bibliotheken sollen keine freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden.“ (S. 132) „Alternativ zu Bibliotheksgesetzen der Länder kann die rechtliche Sicherung von öffentlichen Bibliotheken auch durch einen länderübergreifenden Staatsvertrag angestrebt werden.“ (ebd) „Die Enquête-Kommission empfiehlt dem Bund und den Ländern die Einrichtung einer Bibliotheksentwicklungsagentur zu prüfen.“ (ebd.) Die andere Seite der Medaille Bei so vielen Erfolgsmeldungen, schwebt die Bibliothekswelt im Siebten Himmel. Aber man fragt: Ist wirklich alles in Ordnung? Entgegen der Pressemeldung des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv) vom 26.10.2007,2, 3 handelt es sich hier nur um eine Meinung des Bundespräsidenten und es bleibt abzuwarten, ob die Rede und die Empfehlungen der Enquête-Kommission auch Wirkung zeigen werden. Das Umfeld ist günstig: Das Programm von Claudia Lux Libraries on the Agenda (Ratzek 2006a) hat sich Bundespräsident Horst Köhler unüberhörbar zu Eigen gemacht, wenn er in seiner Festrede die Meinung vertritt: „Bibliotheken gehören deshalb in Deutschland auf die politische Tagesordnung.“ Es stellt sich nun die Frage: Wie soll das geschehen? Wer unterstützt den Bundespräsidenten? Zu beachten wäre die Formulierung des Bundespräsidenten, der, wie oben zitiert, sagte Zuerst die gute Nachricht: Es gibt noch Bibliotheken in Deutschland, wobei das noch nicht wegdiskutiert werden darf. Wer die Augen und Ohren offen hält, bekommt auch andere Tendenzen mit. Ein gelegentlicher Abstecher auf www.bibliothekssterben. de4 verdeutlicht, dass die Situation gar nicht so positiv ist, wie es scheint. So empfahl beispielsweise der Berliner Rechnungshof im Frühjahr 2007, http://www.bibliotheksverband.de/presse/pm. html (Stand 28.10.2007). Diese Dokumentation spiegelt nur eine gewisse Tendenz wider und ist nicht repräsentativ. Die offizielle Zahl dürfte viel höher liegen.

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42 der 82 Berliner Stadtteilbibliotheken zu schließen5. Eine dramatische Situation scheint sich auch für die Thüringer Öffentlichen Bibliotheken abzuzeichnen: Im Entwurf für den Landeshaushalt 2008/2009 ist keine unmittelbare Förderung für Öffentliche Bibliotheken vorgesehen (SimonRitz 2007, S. 772f.) Ein Blick auf die Deutsche Bibliotheksstatistik (www. hbz-nrw.de) zeigt, dass vom Jahr 2004 – 2006 die Anzahl öffentlicher Bibliotheken kontinuierlich reduziert wurde. Gab es 2004 noch insgesamt 12162 Bibliotheken (ÖB/WB), so waren es 2005 11169 und 2006 11347 Bibliotheksstandorte, immerhin entstanden aber in den Jahren von 2005 bis 2006 insgesamt 178 neue Bibliotheksstandorte. Diese positive Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass 2004 bis 2006 sich die Anzahl der Bibliotheksstandort um 815 verringerte, am stärksten die Anzahl der öffentlichen Bibliotheken6. Woran könnte das liegen? Das Produkt muss stimmen. Bevor wir jedoch auf die positiven Entwicklungen eingehen, die in diesem Buch im Mittelpunkt stehen, wollen wir anhand einiger Beispiele mögliche Schwachstellen im deutschen Bibliothekswesen aufzeigen. •

Haarsträubend ist in diesem Zusammenhang das Beispiel der Berliner Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg. Die Unternehmensberatung McKinsey initiierte den Wettbewerb Alle Talente fördern. Unter den 330 eingereichten Projekten zog McKinsey das Projekt Wortstark der Bibliothek in die engere Wahl.7 Der Pressespiegel der Bibliothek dokumentierte das Ereignis. Doch die Leitung der Bibliothek versteckte die Urkunde. Als wir die Bibliothek im Herbst 2006 besuchten, befand sie sich in einem abgelegenen Raum hinter einer

Rechnungshof: 42 Bibliotheken sind überflüssig. Berliner Morgenpost v. 15.05.2007. ÖB: 2004 = 11324, 2006=10339. Das bedeutet ein Minus von 985 Bibliotheksstandorten. Wissenschaftlichen Bibliotheken! 2004=838, 2006=1008. Das bedeutet ein Anstieg von 208 Standorten. 7 (http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/20.10.2005/2126555.asp; Stand: 6.2.2007; http://www.mckinsey-bildet.de/html/05_kongress/projekt_wortstark.php; Stand: 6.2.2007). 5 6

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Mantelablage. Als wir die Bibliothekarin auf den Wert dieser Auszeichnung aufmerksam machten, lautete die Antwort: Wir wollen mit McKinsey nichts zu tun haben. •

Etwas anders gelagert ist auch das Beispiel der Stuttgarter Stadtteilbücherei Bad Cannstatt. Hier orientiert sich die Leitung an der Zielgruppe Intellektuelle, die oft Belletristik und entsprechende Lesungen schätzen. In der Realität leben in Bad Cannstatt rund 30 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund.8 Dementsprechend kann sich kaum eine produktive Zusammenarbeit mit dem Lokalpolitikern im Bezirksrathaus ergeben. Gerade der Fall Stadtbücherei Bad Cannstatt wirft die Frage auf, ob die Bibliothek für den Stadtteil existiert oder die Bibliothek nur als eine steuerfinanzierte beschäftigungstherapeutische Einrichtung fungiert.



Raffinierter, aber trotzdem nicht ausreichend, präsentiert sich die (virtuelle) Job-Karriere-Bibliothek, die nur auf den Bestand verweist und Links anbietet. Raffiniert deshalb, weil der Name mehr suggeriert, als tatsächlich geleistet werde kann (http://www.job-karriere-bibliothek.de/).



Auch im Bereich der Wissenschaftlichen Biblitheken schlummern ungenutzte und pr-wirksame Potenziale, die sozusagen frei Haus geliefert werden: So erfuhren wir vom Direktor der Bibliothek im Forschungszentrum Jülich, dass der PhysikNobelpreisträger (2007) Peter Grünberg ein eifriger Nutzer der Bibliothek sei. Unsere Anregung, dieses Highlight entsprechend zu vermarkten, wurde wohlwollend aufgenommen. Inzwischen darf sich schon fast der nächste Nobelpreisträger auf seine Ehrung freuen. Vom Bibliotheksnutzer Grünberg haben wir nichts mehr gehört bzw. gelesen.

Vergleiche dazu Wolfgang Kaiser: Diversity Management. Eine neue Managementkultur der Vielfalt für ein neues Image der Bibliotheken. Berlin 2007. 135 S.

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Die hier erwähnten Beispiele umreißen nur kurz das Problem. Zum einen passen Dienstleistungen nicht optimal in das soziale Umfeld am Standort. Die Marketingstrategien weisen erhebliche Defizite auf, begründet in der ideologischen Haltung des Managements.9 In letzterem Fall führt das soweit, dass der Auftrag und das Potenzial, wider besseren Wissens, nicht erfüllt, beziehungsweise nicht genutzt wird, um einen Beitrag für die Region zu leisten. In allen Fällen besteht die Gefahr, dass solche Einrichtungen von der Landkarte der Bibliotheken verschwinden und nur als Traueranzeige unter www.bibliothekssterben.de der Nachwelt erhalten bleiben. Nach diesen Ausführungen wollen wir auch positive Beispiele vorstellen, Informationsdienstleistungen, die einen Beitrag zur Wirtschaftsförderung und/oder Standortentwicklung erkennen lassen. Diesen Ansatz wollen wir kurz beleuchten. Es geht auch anders: Wirtschaftsförderung und Standortentwicklung Bibliotheken werden in erster Linie mit Leistungen und Angeboten auf den Gebieten Kultur und Bildung verbunden, während ihre Leistungen und Potentiale auf den Gebieten der Wirtschaftsförderung im Allgemeinen und der Standortentwicklung im Besonderen von Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft unterschätzt werden. Selbst BibliothekarInnen haben häufig die Wirkung ihrer Dienstleistungen für die regionale Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung nicht im Blick - dementsprechend ist auch die Kommunikationspolitik (im Sinne eines MarketingMix) gar nicht oder nur unzureichend ausgelegt. Für die positive Entwicklung einer Region spielen harte und weiche Standortfaktoren eine herausragende Rolle. Dabei sollen Unternehmen und BürgerInnen nicht nur motiviert werden, in die Region zu kommen (Ansiedlungspolitik), sondern sollen auch bleiben – eine Frage der Lebensqualität. Ausgewählte internationale Beispiele aus Deutschland, Skandinavien und dem asiatisch-pazifischen Raum zeigen, wie Bibliotheken mit ihren spezifischen Dienstleistungen einen wertvollen Beitrag Dazu Wolfgang Kaiser, a.a.O.

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zur Standortentwicklung und zur Wirtschaftsförderung leisten. Mit allgemeinen und speziellen Dienstleistungen nehmen freizugängliche Bibliotheken an der regionalen Standortentwicklung, insbesondere der Wirtschaftsförderung, teil. Einige Bibliotheken in Deutschland leisten heute schon Beiträge zur Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung. Überraschenderweise erkennt selbst das Management häufig nicht, welchen wertvollen Beitrag ihre MitarbeiterInnen erbringen, wenn sie beispielsweise Recherchen für Unternehmen, Arbeitssuchende oder für Autoren durchführen. Bibliotheken sind meistens in der Lage, ihre Dienstleistungen und deren Nutzen an sich zu beschreiben, aber das Hauptproblem besteht wohl darin, Erfolgsgeschichten zu veröffentlichen, die belegen, wie eine Dienstleistung bei einem Kunden zum Erfolg führte. Daraus ergibt sich, dass der entstehende Nutzen gegenüber dem Unterhaltsträger nicht plausibel kommuniziert werden kann. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Debatte um Kosten-Nutzen-Nachweis, Budgetkürzungen oder gar Schließungen von Bibliotheken ist diese eine unverzeihliche Nachlässigkeit. Stattdessen konzentrieren sich die Bibliotheken auf Kultur und Bildung, mit negativen Folgen: Im Kulturbereich regiert der Rotstift, im Bildungsbereich fehlt die Akzeptanz der Bibliotheksarbeit durch die Entscheidungsträger. Bevor wir jedoch einige nationale und internationale Beispiele vorstellen, sei erst einmal geklärt, was Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung bedeutet. Wie attraktiv, eine Region nach innen und außen wirkt, hängt im Wesentlichen von drei Standortfaktoren ab: Image, Standortvorteile, Lebensbedingungen. Um den Zusammenhang zu verdeutlichen, lassen sich nach Ratzek (2006b) mit den Makro-, Meso- und Mikrofaktoren drei Attraktoren, also Konzentrationspunkte, bilden, auf die wir hier kurz eingehen wollen: •

Makro-Attraktoren beeinflussen das „Standortimage“. Sie spielen, aus der Sicht von ansiedlungswilligen und etablierten Unternehmen, eine wichtige Rolle. Im Wesentlichen stehen hier verwaltungspolitische Maßnahmen im Mittelpunkt, wie die Dauer von Genehmigungsverfahren und Investitionen in die Standortentwicklung. 17



Meso-Attraktoren lassen sich in harte und weiche Standortfaktoren unterteilen. Während erstere primär einen betriebwirtschaftlichen Bezug haben, wie beispielsweise Gewerbemieten, Infrastruktur oder das Angebot von qualifiziertem Personal, spielen die weichen Standortfaktoren eine bedeutendere Rolle, als das von Rotstiftpolitikern im Allgemeinen eingeschätzt wird. Hier steht die „Lebensqualität“ im Mittelpunkt. Das bedeutet das Angebot bezahlbarer Wohnungen, Schulen mit geringem oder keinem Konfliktpotenzial, ausreichend Ausbildungsplätze oder ein attraktives Freizeit- und Kulturangebot (Stichwort „Staatsziel Kultur“)10. Spätestens hier kommen die Bibliotheken mit ihren Dienstleistungen ins Spiel, beispielsweise die Stadtbibliothek Duisburg mit ihrer „Türkischen Bibliothek“ und ihrer Russischen Kinderbibliothek in der Stadtteilbibliothek Neumühl11. Auf den ersten Blick mag das keine Innovation darstellen. Bei näherer Betrachtung leistet diese Bibliothek einen wertvollen Beitrag zur Sozialen Teilhabe (Social Inclusion).12 So bietet die Türkische Bibliothek „Literatur- und Medienangebot für Migranten, die verstärkt seit den 60er Jahren als Arbeiter in diese Stadt kamen“13. Der Zielgruppe entsprechend steht auch mit Tayfun Demir ein sprachkundiger Bibliothekar zur Verfügung.



Mikro-Attraktoren stehen für die „Lebensbedingungen“, das heißt die Vernetzung der Makro- und Meso-Attraktoren zu einer

Am 29.01.2007 fand im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags eine öffentliche Anhörung zur Verankerung des Staatsziels Kultur sowie des Staatsziels Sport im Grundgesetz statt. Näheres in „Staatsziel Kultur – nach 25 Jahren jetzt endlich entscheiden!“ (http://www.kulturrat.de/detail.php?detail=941&rubrik=47; Stand: 15.02.2007). 11 http://www.presse-service.de/data.cfm/static/680327.html (Stand: 12.12.2007). 12 Für eine sehr lesenswerte Darstellung der Thematik siehe Kaden, Ben; Kindling, Maxi (Hrsg.): Zugang für alle - Soziale Bibliotheksarbeit in Deutschland. Berlin 2007. 13 http://www.duisburg.de/micro/stadtbibliothek/medienangebote/tuerkische_bibliothek.php (Stand: 12.12.2007). 10

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Region mit positiver Ausstrahlung.14 Auch auf dieser Ebene können Bibliotheken wertvolle Dienstleistungen anbieten. Nach diesen Ausführungen sollen einige Dienstleistungen vorgestellt werden, die den hier aufgeführten Kriterien entsprechen. Beginnen wir mit Deutschland. Best-Practice Beispiele aus Deutschland Unter dieser Überschrift wollen wir vier exzellente Beispiele präsentieren, die durch ihre spezielle Ausrichtung hervorragend in den hier aufgespannten Rahmen passen: In die engeren Wahl kamen die auf internationalem Niveau agierende Technische Informationsbibliothek Hannover (TIB) und die auf regionalem Niveau agierenden Einrichtungen: Stadtbücherei Stuttgart, Stadtbücherei Gerlingen und Stadt- und Landesbibliothek Dortmund.15 TIB Hannover16 Als eine deutsche Einrichtung mit internationaler Reputation erweist sich die Technische Information Bibliothek (TIB) Hannover. Sie trägt entscheidend zur Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bei, indem sie Unternehmen gezielt Dienstleistungen anbietet, die Vermittlung von Informationen, die die Grundlage jeder Innovation bilden. Aufgrund ihres umfangreichen technisch-naturwissenschaftlichen Bestandsübernimmt die Bibliothek umfangreiche Dokumentelieferung für Wirtschaftsbetriebe. Die Akzeptanz des Angebots zeigt sich an der Der Aspekt: Familienpolitik in einer Region wird inzwischen in den Medien als wichtiger/harter Standortfaktor betrachtet. Wie familienfreundlich eine Region wirkt, entscheidet häufig darüber, ob sich Highpotentials ansiedeln. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat in jüngster Zeit diesen Aspekt stärker in den Mittelpunkt gerückt. 15 Die Job-Karriere-Bibliothek Bochum haben wir wegen der fehlenden aktiven Komponente nicht in die engere Wahl genommen. 16 s.a. den Beitrag des Direktors der TIB, Uwe Rosemann, in diesem Band. 14

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Menge der Aufträge, 65%, d.h. etwa 1300 der täglichen Bestellungen, werden von der Wirtschaft gestellt. In ihrem One-stop-shop verpflichtet sich die TIB zur Beschaffung sämtlicher gewünschter Literatur. Dies schließt auch Dokumente ein, die die Bibliothek nicht selbst besitzt. Dabei erweist sich die Kooperation mit den beiden anderen Zentralen Fachbibliotheken für Medizin in Köln und für Wirtschaftswissenschaften in Kiel, sowie weiteren Fachinformationszentren als hilfreich. Mit vermehrtem Zugriff auf digitale Volltexte wird sich diese Aufgabe jedoch im Lauf der nächsten Jahre reduzieren. Daher hat die Bibliothek ihre Dienstleistungen auch jetzt schon deutlich erweitert. Es gibt Unternehmen, die ihren Mitarbeitern aus Kostenund Datenschutzgründen die Recherche im Internet untersagen. Diese bedienen sich gern der Unterstützung der TIB bei der Literaturrecherche. Die Fachbibliothek verzeichnet steigende Anfragen von Firmen, die ihre Informations- und Bibliotheksdienste vollständig der TIB übertragen möchten. Die Bibliothek zeigt sich durch die Integration ihrer Dienste und Daten in die Inhouse-Systeme der Firmen äußerst kunden- und serviceorientiert. Auch wenn die Technische Informationsbibliothek nach eigenen Angaben von lokalen Unternehmern weniger intensiv genutzt wird, lässt sich der Imagegewinn für den Standort Hannover nicht bestreiten. Mit ihren für die Wirtschaft wertvollen Angeboten wurde diese Bibliothek im Rahmen der Image- und Standortinitiative Deutschland – Land der Ideen als ein Ort mit einer herausragenden Bedeutung für Deutschland im gesellschaftlichen oder technologischen Sinne zu einem von 365 ausgezeichneten Orten gewählt. Eine weitere Auszeichnung dieser Bibliothek ist das Total E-QualityPrädikat. Es wird verliehen an Organisationen, die sich für die Chancengleichheit von Männern und Frauen einsetzen. Die TIB, in der mehr als die Hälfte der Spitzenpositionen mit Frauen besetzt ist, hat sich deshalb diese Ehrung in besonderem Maße verdient. Zudem setzt sie sich stark für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein. So gibt es einen Still- und Schwangerschaftsruheraum, der auch für Benutzer geöffnet ist. Indem die Technische Informationsbibliothek mit derartig positiven, übergreifenden Auszeichnungen auffällt, wirft sie natürlich auch ein gutes Licht auf ihren Standort Hannover und leistet auf diese Weise einen ganz 20

besonderen Beitrag zur lokalen Standortentwicklung. So kommt es, dass die Universitäts- und Technische Informationsbibliothek auch in der Broschüre Hannover – Region mit Perspektive unter der Rubrik Wissenschaftstransfer Erwähnung findet. (vgl. Arndt/Schmalstieg 2007, S. 19) Allerdings wird sie nur in einem Satz im Zusammenhang mit der Universität als eine der umfangreichsten Spezialbibliotheken der Welt genannt. Obwohl diese Bezeichnung eine Auszeichnung darstellt, wäre es für die Bibliothek nützlicher, wenn ihre Dienstleistungen als Faktor der Standortentwicklung und damit ihr Beitrag für die Wirtschaft aufgeführt würden. Potential für den Ausbau eines zielgerichteten Marketings ist also vorhanden. Stadtbücherei Stuttgart Ausgehend vom Atelier Beruf – Karriere – Wirtschaft entwickelten die BibliothekarInnen der Stadtbücherei Stuttgart den Mehrwertdienst Recherche à la Carte. Nach dem Motto Sagen Sie uns, was Sie suchen - wir finden es für Sie! werden hier umfangreiche personalisierte Dienstleistungen für verschiedene Zielgruppen und Fragestellungen angeboten. Recherche à la Carte umfasst drei Themen, die hier kurz beschrieben werden sollen. •

Wirtschaftsrecherchen

Im Mittelpunkt steht das Bewerbungs-Paket last minute, als Vorbereitung für ein Vorstellungsgespräch. Zum Bewerbungspaket gehören ein aktuelles Bewerbungshandbuch, eine CD-ROM über Verhaltensweisen und Körpersprache, aktuelle Presseartikel über das Unternehmen und das Profil des Unternehmens. Kunden mit Bibliotheksausweis zahlen für diese Informationsdienstleistung 10 Euro und ohne Bibliotheksausweis 15 Euro. Es ist leicht nachzuvollziehen, daß hier keine realistische Kundenbindung aufgebaut werden kann. Konsequenterweise überlegten die BibliothekarInnen, wie die erworbenen Kompetenzen auch auf andere Zielgruppen ausgeweitet werden könnten, was zum Dienst „Firmeninfos“ führte.

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Firmeninfos – deutsche und europäische Firmenprofile

Dieser Dienst bietet Informationen über Unternehmen an und ist für breite Zielgruppen nützlich. In erster Linie kommen hier Menschen in der Phase der beruflichen Neuorientierung17 in Frage, oder kleine und mittlere Unternehmen (KMU), mit dem Wunsch nach Hintergrundinformationen über einen neuen Kunden. Erwartet werden können z.B. Umsatzzahlen, Kapital, Anzahl der Beschäftigten, Entscheidungsträger, Partnerunternehmen, Hauptabnehmer. Die Recherchen erfolgen sowohl im eigenen Bestand als auch in kostenfreien und kostenpflichtigen elektronischen Datenbanken (z.B. Genios – German Business Information). Wer einen Bibliotheksausweis besitzt, zahlt für diesen Dienst 5 Euro plus Kosten für das Dokument, ohne Bibliotheksausweis 10 Euro plus Kosten pro Dokument. Wer das Prinzip der Diversifizierung verstanden hat, wird bald weitere Potenziale erkennen. Was zum nächsten Dienst „Artikelrecherchen“ führt. •

Artikelrecherchen, der in zwei Richtungen angeboten werden:

• Artikelrecherchen nach Quellenangaben Dieser Dienst spricht Personen an, die beispielsweise eine Literaturliste abzuarbeiten haben (z.B. Studierende) oder in einem Buch einen Literaturhinweis gefunden haben (z.B. Existenzgründer). Wer einen Bibliotheksausweis besitzt, zahlt 5 Euro pro Artikel, ohne Bibliotheksausweis 6 Euro pro Artikel zu. Der Dokumentelieferdienst subito liefert das Dokument nach seinen Konditionen. • Artikelrecherchen nach Themen Zur Zielgruppe gehören Personen, die ein Thema oder ein Stichwort bearbeiten wollen. Wer einen Bibliotheksausweis besitzt, zahlt 6 Euro pro Artikel, ohne Bibliotheksausweis 7 Euro. Hier liefert ebenfalls subito nach seinen Konditionen. Bei diesem Service wird deutlich, dass eine weitere Diversifizierung auch Darunter sind nicht nur Erwerbslose zusammengefasst, sondern auch Menschen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und eine neue berufliche Herausforderung suchen (so genannte abkehrwillige MitarbeiterInnen).

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das eine oder andere Problem nach sich zieht. Abgesehen von personellen und finanziellen Ressourcen oder Content (inhaltlichen) Aspekten wird hier beispielsweise das Urheberrecht virulent. Deshalb der Hinweis an die potenziellen Zielgruppen: Wir weisen Sie als Empfänger darauf hin, dass Sie nach geltendem Urheberrecht die von uns übersandten Vervielfältigungsstücke ausschließlich zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch verwenden dürfen und weder entgeltlich noch unentgeltlich in Papierform oder als elektronische Kopie verbreiten dürfen. Wie wir im Herbst 2007 erfuhren, hat das Team mit dem Service Informationspaket individuell einen neuen Service integriert. Bei diesem Dienst stellt das Team zu einem Thema, ausgenommen bei medizini-schen und juristischen Fragestellungen, ein spezielles Informationspaket mit Medien aus dem Bestand der Stadtbücherei Stuttgart, Hinweisen auf die Angebote anderer Bibliotheken, Informationen aus dem Internet und Volltexten aus Fach- und Pressedatenbanken, zusammen. Um den Auf-wand zu begrenzen, beträgt die maximale Recherchedauer 2 Stunden. Stadtbücherei Gerlingen – „Ein Erfolgsmodell“ In dem vorliegenden Buch stehen eher die Dienstleistungen größerer Institutionen im Mittelpunkt. Das Beispiel Stadtbücherei Gerlingen zeigt, dass auch kleinere Informationseinrichtungen mit hervorragenden Dienstleistungen zur Steigerung der Lebensqualität und zur Standortentwicklungen beitragen können. Die baden-württembergische Kleinstadt Gerlingen mit rund 16000 Einwohnern grenzt direkt an Stuttgart. Die Stadtbücherei Gerlingen bietet ein sehr gutes Beispiel dafür, dass hervorragende bibliothekarische Informationsdienstleistungen nicht an Masse und hohe Budgets gebunden sind, sondern vielmehr an die Motivation der Bibliothekarinnen, wie die folgenden drei Beispiele zeigen werden. Der Bürgermeister der Stadt Georg Brenner bezeichnete - in einem Interview - die Stadtbücherei Gerlingen als ein Erfolgsmodell. 1. Beispiel: Bürgerbüro Gerlingen Jeden Samstag ist das Bürgerbüro der Stadt Gerlingen zu Gast in der 23

Stadtbücherei, wo die BügerInnen zum Beispiel Anmeldungen, Antrag auf Pässe usw. erledigen können. Das Bürgerbüro ist im Prinzip mit der gesamten Dienstleistungspalette vertreten. Ein Service, der gerne angenommen wird. 2. Beispiel: Was wollen Sie von uns? Mobilität gehört zu den wichtigsten Eigenschaften von Menschen, insbesondere innerhalb der arbeitnehmenden Bevölkerung. Da die Stadt Gerlingen über eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Arbeitsplätzen verfügt (ca. 8000) und im August 2007 eine Erwerbslosenquote von 3,6 Prozent aufwies,18 zieht die Kleinstadt auch arbeitswillige Neubürger an. Vor einiger Zeit, so berichtet Ulrike Born, Leiterin der Stadtbücherei Gerlingen, kam eine Frau in die Bibliothek und äußerte einen Wunsch in einer für die Mitarbeiterinnen unverständlichen Sprache. Da die Person weder Deutsch noch Englisch konnte, entstand eine etwas heikle Situation. Mit Händen und Füßen, so Ulrike Born, konnte nach einiger Zeit geklärt werden, was die Frau wollte: Die Neubürgerin wollte schlicht und einfach Deutsch lernen. Die Neu-Gerlingerin fand in der Stadtbücherei den richtigen Ansprechpartner. Inzwischen, so Ulrike Born, spricht Sie ganz gut Deutsch und zählt zu den Stammkunden der Stadtbücherei. Übrigens: Es war Portugiesisch. 3. Beispiel: Perspektiventwicklung Wie ein bibliothekarisches Kundencoaching aussehen kann, zeigt das dritte Beispiel. Vor Jahren beobachteten wir, erinnert sich Ulrike Born, einen Schüler mit Migrationshintergrund, der sich besonders für unsere Schulbücher interessierte. Wir hatten den Eindruck, ergänzt sie, dass er von zu Hause für seine schulischen Belange wenig Unterstützung erhielt. Deshalb nahmen sich die Mitarbeiterinnen der Bibliothek besonders viel Zeit für die Beantwortung seiner Fragen und gaben auch weiterführende Tipps. Gegen Ende seiner Schulzeit verlagerte sich das Interesse auf Themen wie Bewerbungsliteratur, darunter 18

http://www.gerlingen.de/servlet/PB/menu/1107806_l1/index.html, letzter Zugriff: 20.1.2008.

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auch Einstellungstests. Eines Tages berichtet der Jugendliche, dass er nun einen Job gefunden habe und sich für die sehr gute Beratung bedanke, die für seine Vorbereitungen sehr nützlich gewesen sei. Leider haben wir von diesem jungen Mann nichts mehr gehört. Wir vermuten, dass er möglicherweise in einer anderen Stadt arbeitet, antwortet Ulrike Born auf die Frage nach dem Verbleib des Nutzers. Gerade das Beispiel der Neubürgerin und des Schülers aus Gerlingen zeigen, welches Potenzial in den Dienstleistungen von Bibliotheken steckt. Es macht aber auch deutlich - und es ist bei weitem nicht so trivial, wie es klingt - dass das Engagement und die Motivation der MitarbeiterInnen einen entscheidenden Einfluss auf das Erscheinungsbild der Bibliothek nehmen. Der Beitrag für die Lebensqualität und für die Wirtschaftsförderung ist offensichtlich: Die Neubürgerin fand in der Stadtbücherei Unterstützung beim Spracherwerb und knüpfte gleichzeitig erste zwischenmenschliche Kontakte. Dieses Beispiel zeigt auch, wie wichtig Kenntnisse der interkulturellen Kommunikation in der Bibliotheksarbeit für die heutige Zeit sind, und das gilt auch für kleinere Informationseinrichtungen 19. Das Beispiel des Schülers zeigt neben der kulturellen und bildungspolitischen Komponente noch einen weiteren Aspekt: Bei etwa 3,5 Millionen Erwerbslosen (Stand: Oktober 2007) ist es eine höchst erwähnenswerte Leistung, wenn eine Bibliothek mit ihren Dienstleistungen bei der Arbeitssuche behilfreich ist. Dieses Beispiel zeigt auch deutlich, wie Informations-, Kommunikationsund Medienkompetenz im Rahmen eines Langzeitcoachings zum Erfolg führen kann. Abschließend weisen wir daraufhin, dass derartige Erfolgsgeschichten noch nicht zum Bibliotheksalltag gehören. Viele Informationseinrichtungen haben keine Informationen darüber, was mit ihren Dienstleistungen geschieht, aber genau das sichert die Existenzberechtigung. Slogans wie Leseförderung, Informations- und Medienkompetenz sind leere Floskeln, wenn es keine Erfolgsgeschichten gibt, die zeigen, dass diese Dienstleistungen nicht nur Beschäftigungstherapie für Bibliothekare sind, sondern nützliche Beiträge zur Entwicklung einer Region. Wir weisen hier wiederholt auf das Buch von Wolfgang Kaiser. Siehe Fußnote 9.

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Business Information Service (BIS)20 Die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund bietet mit dem Business Information Service eine reichhaltige Palette mit entsprechenden Dienstleistungen an. Besonders erwähnt sollte der Passus der Homepage:   Wir finden Antworten auf Ihre Fragen: Speziell ausgebildete Bibliothekare - Informationsspezialisten mit jahrelanger Erfahrung der Daten und Faktenrecherche - liefern Material zu konkreten Fragestellungen aus fast allen Themen und Wissensgebieten.“ Es heißt dann weiter: „Für unsere Recherche stehen internationale Online-Datenbanken bekannter Anbieter bereit. Außerdem sind elektronische Pressearchive, Firmendatenbanken, wie auch die zahlreichen Fachdatenbanken der Digitalen Bibliothek verfügbar. Unter dem Motto Wir finden, was Sie suchen bietet das BIS-Team eine breite Palette an Wirtschaftsinformationen: -Handelsregisterauszüge: Zugriff auf die im Handelsregister veröffentlichten Daten seit 1986. -Firmenprofile: Mit Gesellschaftern, Geschäftsführern, Umsatz, Mitarbeiterzahl und weiteren Kerndaten eines Unternehmens auf einen Blick. -Bonitätsauskünfte: Neben dem Firmenprofil kann auch die Bonität des Unternehmens geprüft werden -Insolvenzrecherchen: Insolvenzprüfung in den aktuellen Datenbanken des Bundesanzeigers Presse & Artikel: • • • • • •

Internationale Presseberichte zu jedem Thema Unternehmensmeldungen Branchennachrichten Marktdaten Statistiken Fachartikel

Den Hinweis auf diesen Service verdanken wir Kerstin Ochudlo-Höbing.

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Wie es sich für eine kundennahe Dienstleistung gehört, stehen hinter diesem Service qualifizierte Informationsspezialisten, die auch einen Namen haben: Markus Terlisten und Barbara Runtsch-Peitzberg.21 Internationale Best-Practice-Beispiele International gesehen, gibt es eine Vielzahl von herausragenden Beispielen, die in diesem Rahmen präsentiert werden. Wir wollen uns aber beschränken: auf die Shanghai Citylibrary/ISTIS, die Russisch Staatliche Nationalbibliothek Moskau, Glendal Public Library (Woman Business Builder), San Antonio Public Library (Small Business), New York Public Library (NYPL), Ex Manager als Berater und SIBL (Science, Industry, Business Lib in der NYPL) und Herning Infogate (DK)22: Zentrum für Business Information in der Russischen Staatlichen Bibliothek (RGB) (Ratzek 2005a) Die zahlreichen Abteilungen und Lesesäle der Russischen Staatlichen können nicht leicht überblickt werden. Uns interessiert das Zentrum für Business Information. Der von Olga Voronova vorgestellte Bereich umfasst zwei weit voneinander entfernte „fraktale Abteilungen“. Im ersten Bereich geht es um Amtsdruckschriften, Patente, Normen und damit verbundene Fachliteratur. Neben einem physischen Bestand steht die CD-ROM MIMOSA zur Verfügung – eine Patent-Volltextdatenbank. Das Copyright erlaubt das Ziehen einer Kopie von einem bestimmten Patent, zu Kosten von 3,50 Rubel (ca. 0,10 Euro). Der zweite Bereich umfasst insbesondere juristische Schriften, russische und ausländische Gesetze, aktuelle russische Zeitschriften, ein Zeitschriften-Archiv und einen speziellen Bereich für die Geschichte der http://www.bibliothek.dortmund.de/project/assets/template5.jsp?aid=5298 &atitle=Ansprechpartner&bibcontent=bibser&smi=4.5&tid=68796 (Stand: 26.11.2007). 22 Gerne hätten wir auch die GPNTB (Gosudarstvennaja publinaja naunotechnieskaja biblioteka Rossii = Staatliche öffentliche wissenschaftlich-technische Bibliothek Russlands (Moskau) vorgestellt. Leider erhielten wir auf mehrmalige Anfrage keine Antwort. 21

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russischen Oktoberrevolution23. In diesem Bereich stehen den Benutzern mit Garant und Consultant zwei vom Staat kostenlos und laufend aktualisierte Volltextdatenbanken zur Verfügung. Ein spezieller Service dieser Abteilung, der auch in Deutschland Schule machen könnte, zwar nicht im juristischen Bereich („Juristen-Monopol“)24, aber in anderen Bereichen25 wird von Studierenden der juristischen Fakultät der Universität für Völkerfreundschaft angeboten, nämlich ein juristischer Beratungsservice. Wie bei einem Besuch im Januar 2007 in Moskau zu erfahren war, wurde dieser Dienst aus Kostengründen und der Konzentration der RGB auf die eigenen Kompetenzen eingestellt. San Antonio Public Library Wie viele US amerikanische Stadtbibliotheken richtet auch die San Antonio Public Library ihr Augenmerk auf Kleinunternehmer in der Region. Das Programm Small Business @ Cortez Library läuft zwar noch nicht sehr lange, aber erfolgreich. Die Zusammenarbeit seit Oktober 2005 mit kleinen Non-Profit- sowie staatlichen Unternehmensberatungen, hat es sich zur Aufgabe gemacht, kleine Unternehmen zu unterstützen. Mit diesen Partnern organisiert die Bibliothek „Round Table Disscussions“, die sehr beliebt sind. Während informeller Treffen der San Antonio Public Library teilen erfolgreiche Unternehmer aus der Gegend ihre Erfahrungen mit aufstrebenden Betriebsleitern. Diese dienen nicht der Werbung, sondern stehen unter dem Motto Von den Besten lernen. Zu den Themen, die bisher Auf den ersten Blick hat die Präsentation historischer Ereignisse weniger mit dem eigentlichen Gegenstand zu tun. Es handelt sich in der Regel um Kampagnen, für die hohe Fördermittel zur Verfügung stehen. Ein Teil der Fördermittel wird auch für andere Zwecke abgezweigt. 24 Hier gibt es bereits Signale aus der EU, dass das so genannte Juristen-Monopol aufgeweicht werden könnte. Im Prinzip bewegen sich Unternehmens- und Existenzgründungsberater (ohne juristische Ausbildung) bei Banken zumindest in einer Grauzone, wenn sie Empfehlungen zum Beispiel zu einer bestimmten Rechtsform für die Unternehmensgründung abgeben. 25 Vielleicht im Rahmen des großen Pflichtpraktikums, das in den bibliothekarischen Studiengänge absolviert werden muss. Worum geht es nun? 23

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behandelt wurden, gehören unter anderem Mach Deine Website funktionsfähig, Die 7 am häufigsten begangenen Fehler, für die Kleinunternehmen verklagt werden, 5 Geheimnisse für den Erfolg von Kleinunternehmen.26 Neben der gezielten Unterstützung der wichtigen Zielgruppe KMU durch externe Beteiligte will die Bibliothek die hauseigene Angebote bekannt zu machen und sich selbst einzubringen. Daher beginnt jede Veranstaltung mit einer zehnminütigen Vorstellung der Medien in der Bibliothek einschließlich der Wirtschaftsdatenbanken. Zusätzlich erarbeitet die verantwortliche Bibliothekarin der San Antonio Public Library ein Schulungsprogramm zum Gebrauch der bibliothekarischen Angebote für die Recherche nach Wirtschaftsinformationen. Allerdings lässt sich die Ankündigung zumindest auf der Homepage etwas schwer finden. So ein Programm verdient und benötigt Werbung. Gute Ideen und ihre lautlose Umsetzung genügen nicht in der heutigen Zeit mit ihren vielen Angeboten. Glendale Public Library Die Glendale Public Library in Arizona hat sich für die Unterstützung der regionalen Wirtschaft eine etwas differenziertere Zielgruppe ausgesucht. Seit dem Herbst 1995 bietet das Programm Women Business Builders, eine Hilfe explizit für Frauen aus der Gegend an, die ein kleines bis mittelständisches Unternehmen führen oder die Gründung eines solchen planen. Bei den 90-minütigen Treffen, an jedem zweiten Samstag im Monat informieren sich Frauen sowohl über Unternehmensgründung und -entwicklung als auch die Bildung von Netzwerken. An jeder Veranstaltung nimmt eine Referentin aus der Praxis teil und gibt unentgeltlich Tipps zu einer bestimmten wirtschaftlichen Fragestellung. So informiert bspw. Jean Jolkovski, ehemalige Beraterin für Staatsverträge, darüber, wie man am besten mit der Regierung ins Geschäft kommt. Das ist nicht alles! 2004 hatte die Bibliothekarin Kathy Hamel eine Idee zum Ausbau dieser Frauen fördernden Organisation. Die Arizona State Library, Archives and Public Records Agency stellte ihr dafür $ 44.000 zur Verfügung. Die Bibliothek erwarb davon neue Bücher sowie andere 26

Originaltitel der Themen: „Make your website work“, Top 7 things small businesses do to get sued“, „5 secrets to small business success“.

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für den Bereich KMU relevante Medien, und erstellte eine Website, die informieren und Interesse an einer Mitgliedschaft wecken soll. Dort findet sich eine in wirtschaftliche Themen, darunter Electronic Marketing, Leadership/ Management, Sales & Selling, gegliederte Bibliographie, deren Bestand mehr als zur Hälfte rezensiert ist. Zudem kann jeder von der Homepage auf die sogenannten Biz Tips zugreifen. Diese leisten Hilfestellung bei der Erstellung eines Geschäftsplans, Fragen zum Marketing und zu rechtlichen Aspekten. Damit sind die Angebote der Glendale Public Library nicht erschöpft. Mit regionalen sowie nationalen Kooperationspartnern richtete sie ein Mentoringprogramm ein und hilft Frauen bei der Kontaktaufnahme mit anderen Kleinunternehmern. Durch diese Zusammenarbeit kann die Bibliothek kostenlos Seminare und Workshops anbieten. Im Gegensatz zum KMU-Angebot der San Antonio Public Library hat sich das Women Business Builders - Programm der Glendale Public Library sichtbar etabliert und macht einen sehr professionellen Eindruck. Dieses Beispiel belegt auch die Relevanz der Zusammenarbeit mit guten und nach Möglichkeit einflussreichen Partnern. Zu bemängeln ist allerdings, dass auf der Bibliothekshomepage die Webseite der WBB unter „Link zu Partnern“ geführt wird und nicht unter den Bibliotheksangeboten zu finden ist. Da die Idee zu diesem Programm von einer der Bibliothekarinnen stammt, die Treffen in Bibliotheksräumen stattfinden und auf der Homepage der WBB Medien der Bibliothek nachgewiesen werden, verkauft sich die Bibliothek mit dieser Ausgrenzung unter Wert. New York Public Library (NYPL) Die New York Public Library gehört mit ihrem großen Bestand von über 50 Millionen und ihren 89 Standorten zu den bedeutendsten Bibliotheken der Welt. Zu den vier Forschungsbibliotheken, Bibliotheken mit einem umfangreichen fachspezifischden Bestand zu Referenzzwecken, gehört auch die Science, Industry and Business Library (SIBL). Sie bietet ein breites Spektrum an Programmen zur Förderung von KMU sowohl in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen an als auch eigenständig entwickelte Dienstleistungen. Eines ihrer bemerkenswertesten Angebote ist die Business Owner’s Manual. 30

Hierbei handelt es sich um eine Anleitung, wie man in New York City ein Kleinunternehmen gründet. Diese deckt in zwölf Kapiteln von der Unternehmensstruktur über Angestellte, Finanzierung, Steuern, Marketing bis hin zu Patenten und internationalem Handel jedes naheliegende Thema ab. Jeder Teil enthält Links zu Quellen, die in New York City und im Internet verfügbar sind. Außerdem bietet die SIBL einen kostenlosen Onlinekurs an, um die Recherchekompetenz für Wirtschaftsinformationen zu verbessern. In fünf Modulen lernt der Benutzer, welche Fragen zu den richtigen Antworten führen und welche Quellen sich für welche Fragestellungen eignen. Die Bearbeitung eines jeden Moduls dauert etwa 30 Minuten. In Kooperation mit den Service Corps of Retired Executives (SCORE) – eine Non-Profit-Organisation bestehend aus ehemaligen Unternehmern – bietet die Bibliothek in ihren Räumen unentgeltlich individuelle Beratung an, sowie Schulungen für Kleinunternehmer oder solche, die den Aufbau ihres eigenen Geschäfts planen. Ein weiterer Partner ist das New York City Department of Small Business Services. Sie bietet schnell kostenlose und vertrauenswürdige Informationen zu kritischen wirtschaftlichen Fragestellungen an, wie z.B. Vertragsklauseln. Außergewöhnlich sind zudem die „How-to“-Videoseminare: Erfolgreiche Manager namhafter Unternehmen und Institutionen geben Kleinunternehmern in Videos, die aus dem Internet heruntergeladen werden können, Tipps zu allgemeinen Themen wie Buchhaltung, Recht und Festlegung des Preises für ein Produkt oder eine Dienstleistung. Ebenso gibt es aber auch Videos für spezielle Branchen, so z. B. Export, Mode und Gastronomie. Neben den Videos können auch häufig die zum jeweiligen Vortrag gehörenden Powerpoint-Folien oder ausschließlich das Audioformat als Mp3 heruntergeladen werden. Neben dem offensichtlichen Gewinn durch Kooperation mit anderen Institutionen profitiert die New York Public Library von ihrer Bedeutung für das Land und die damit einhergehenden Mittel. Allerdings gilt es, diese Rahmenbedingungen auch sinnvoll zu nutzen. Die Bibliothek präsentiert sich kundenorientiert und die Angebote für KMU sind auf der Homepage leicht zu finden.27 Für eine ausführliche Beschreibung der Dienstleistung siehe: Kristin McDonaugh:

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