E-Science Wissenschaft unter neuen Rahmenbedingungen
Fachkonzept zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Infrastruktur in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg MINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND KUNST
E-SCIENCE
E-Science Wissenschaft unter neuen Rahmenbedingungen
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E-SCIENCE
INHALT
Teil A: Einführung und Zusammenfassungen Vorwort
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1. Was ist „E-Science“?
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2. Zusammenfassung der strategischen Konzepte
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2.1 Lizenzierung
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2.2 Digitalisierung
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2.3 Open Access
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2.4 Forschungsdatenmanagement
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2.5 Virtuelle Forschungsumgebungen
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3. Glossar
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4. Literatur
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Teil B: Strategische Konzepte für die Handlungsfelder AG 1 Lizenzierung
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AG 2 Digitalisierung
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AG 3 Open Access
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AG 4 Forschungsdatenmanagement
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AG 5 Virtuelle Forschungsumgebungen
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Teil C: Mitglieder der E-Science-AG
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VORWORT
Innovation beginnt mit Wissenschaft. Hervorragende Forschung und Lehre an unseren Hochschulen sind wesentlich für die nachhaltige Entwicklung und den Wohlstand unseres Landes und für die Innovationsstärke unserer Unternehmen. Dafür gute Rahmenbedingungen zu schaffen und zu sichern, ist vornehmliche Aufgabe des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen mit den neuesten Methoden und der dafür nötigen Infrastruktur arbeiten können. Digitale Werkzeuge haben die Informationsgewinnung und die Kommunikationsformen revolutioniert und damit die Rahmenbedingungen in Wirtschaft, Alltag und Wissenschaft verändert. Austausch, Vernetzung und Produktivität sind erleichtert und beschleunigt worden. Exponentiell gestiegene Rechenleistung und die Nutzung großer Datenmengen ermöglichen einen qualitativ neuen Umgang mit Komplexität. Durch E-Science erweitern die Wissenschaften ihre Potenziale, stärken interdisziplinäre und interinstitutionelle Kooperationsformen und entwickeln völlig neue methodische Ansätze, Fragestellungen und Lösungsstrategien. Der Zugang zu Datenbanken, E-Journals und weiteren elektronischen Medien sowie die Nachhaltigkeit und Nachnutzung wissenschaftlicher Daten wird daher neben der Geräteausstattung ein immer wichtigerer Faktor für Forschungs- und Innovationsprozesse. Die von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder beauftragte Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur (KII), der Wissenschaftsrat, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Hochschulrektorenkonferenz und andere Wissenschaftsorganisationen haben seit 2011 über diese Entwicklung beraten, sie strukturiert und eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen.
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E-SCIENCE
Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und
Dieses Grundsatzpapier zum Thema E-Science soll Wege hierfür
Kunst Baden-Württemberg hat diese nationale Dis-
aufzeigen. Ich danke allen an der Erstellung Beteiligten für ihr
kussion aufgenommen – mit dem Ziel, Hochschulen
Engagement und ihre Ideen und möchte zur Diskussion hierü-
sowie außeruniversitäre Forschungs- und Informati-
ber einladen.
onsinfrastruktureinrichtungen zu unterstützen, eine gemeinsame E-Science-Infrastruktur aufzubauen und weiterzuentwickeln, die dem Bedarf der Wissenschaft heute und in Zukunft entspricht. Theresia Bauer MdL Gemeinsam sind strategische Konzepte für die kon-
Ministerin für Wissenschaft, Forschung
kreten Bedarfe und Entwicklungschancen in den
und Kunst Baden-Württemberg
folgenden fünf Handlungsfeldern entstanden: 1. L izenzierung elektronischer Informationsmedien 2. Digitalisierung 3. Open Access 4. Forschungsdatenmanagement 5. Virtuelle Forschungsumgebungen Die koordinierte Entwicklung der für diese Handlungsfelder nötigen Infrastruktur bringt in einem Flächenstaat wie Baden-Württemberg mit seiner breiten und differenzierten Hochschul- und Forschungslandschaft die größten Vorteile und bekräftigt das Selbstverständnis Baden-Württembergs als moderner Wissenschaftsstandort. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, für die wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes möglichst gute Voraussetzungen zu schaffen, damit sie sich im nationalen und internationalen Wettbewerb behaupten und ihre Absolventen voll ausgestattet mit den „21st century skills“ in ein erfolgreiches Berufsleben entlassen können. In diesen Fähigkeiten ausgebildete Fachkräfte sind sowohl ein Gewinn für Forschung und Lehre als auch für innovative Unternehmen und den High-Tech-Standort BadenWürttemberg.
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1 · WAS IST „E- SCIENCE“?
Wissenschaftlicher Fortschritt wird daran gemessen, welche
Buchhaltung. Im Laufe der Jahre ist jedoch durch
neuen Ergebnisse erzielt werden, seien dies Theorien, Erklä-
die rasante Weiterentwicklung der Hardware und
rungsmodelle oder neuartige Verfahren, Techniken, Medika-
der Informatik ein Prozess in Gang gekommen,
mente o.ä. Es gibt aber noch eine andere Art von Fortschritt,
der in mehreren Entwicklungssprüngen qualitativ
der die Art betrifft, wie Wissenschaft betrieben wird, d.h. mit
neue Methoden ermöglicht hat.
welchen Methoden und Werkzeugen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten, um zu ihren Ergebnissen zu gelangen.
•W ährend anfangs nur stark idealisierende Glei-
Hier geht es in der Regel um inkrementelle Verbesserungen des
chungen gelöst wurden, können jetzt komple-
jeweils vorhandenen Instrumentariums, es kommt aber auch
xe Zusammenhänge und Abläufe detailgenau
vor, dass qualitativ neue Ansätze einen grundlegenden Wandel
modelliert und auf leistungsfähigen Rechnern
in der Art, Wissenschaft zu betreiben und zu reflektieren, auslö-
(„Computern“) simuliert werden. Der Höchst-
sen. Historische Beispiele dafür sind die Ablösung der verbalen
leistungsrechner an der Universität Stuttgart ge-
„Mathematik“ durch Leonardo da Pisa im 13. Jahrhundert, der
hört zu den leistungsfähigsten der Welt.
aus dem arabischen Raum die symbolische Mathematik (Algeb-
• S eit Jahrzehnten hat sich die bei unverändertem
ra) und das heute noch gebräuchliche Zahlensystem einführte,
Preis verfügbare Speicherkapazität innerhalb
das den römischen Zahlen beim Rechnen weitaus überlegen
von zwei Jahren verdoppelt. Dadurch können
war, z. B. beim Bau der gotischen Kathedralen. Eine ähnlich
extrem umfangreiche Datensammlungen digital
grundlegende Wirkung hatte die Entwicklung der Analysis
verfügbar gemacht werden ohne die Notwen-
durch Leibniz und Newton im 17. Jahrhundert, die die Basis
digkeit, alte (aber nicht veraltete) Daten in pe-
für die moderne Physik von der Mechanik bis zur Relativitäts-
riodischen Abständen zu löschen. Man denke
theorie legte. Weniger Breitenwirkung aber in den jeweiligen
etwa an weiträumig ausgebrachte Sensornetze
Wissenschaftsbereichen ähnlich nachhaltige Effekte hatten die
zur Überwachung von Umweltbedingungen, an
Entwicklung des Teleskops, des Elektronen mikroskops, des
Klimadatenzentren und Satellitendaten, an die
Teilchenbeschleunigers oder der Genomsequenzanalyse. Alle
täglich in Printmedien publizierte Sprache.
diese neuen Techniken hatten die Folge, dass wissenschaftli-
•A ußerdem sind Datennetze eingerichtet wor-
ches Arbeiten mit ihnen fundamental anders vonstattenging als
den, die Kommunikationsdienste und die Über-
vorher.
tragung relativ großer Datenmengen zu einem geringen Preis verfügbar machen. Das Internet
Heute vollzieht sich durch den Einsatz der Informationstech-
ist zu einer bedeutenden Informationsquel-
nik ein weiterer grundlegender Wandel in der Art, wie Wissen-
le geworden. Der Zugriff kann von unterwegs
schaft betrieben wird. Diese Entwicklung hat in den Natur- und
mit einem handlichen Gerät erfolgen, in dem
Ingenieurwissenschaften begonnen, erfasst aber sehr rasch auch
die Leistung früherer Großrechner konzentriert
die Lebens-, Geistes- und Sozialwissenschaften – und wirkt bis
ist. In wissenschaftlichen Netzen wie „BelWue“
in unsere alltäglichen Gewohnheiten hinein.
in Baden-Württemberg können Rechen-, Speicher- und Informationsdienste zentral angebo-
Computer wurden zunächst zur Arbeitserleichterung eingesetzt,
ten und landesweit genutzt werden.
wo schon immer gerechnet werden musste, z. B. in der Physik,
•D ie Methodenentwicklung in der Mathematik
in den verschiedenen Ingenieur-Disziplinen und später in der
und der Informatik legt die Grundlagen für
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E-SCIENCE
die Entwicklung hochkomplexer Modelle von
lösen, sind jetzt gänzlich andere, komplexere und im wissen-
Wirklichkeitsausschnitten auf der Basis großer
schaftlichen Sinne neuartige Berechnungen möglich, die neue
Mengen an Messdaten. Dazu gehören Data-Dri-
Herangehensweisen eröffnen. Ein prominentes Beispiel ist das
ven Science, Artificial Intelligence, maschinelles
„Human Brain Project“, eines der zwei von der EU geförderten
Lernen, Sprachanalyse und vieles mehr. Heute
„Future Emerging Technologies Flagships“. Das Forscherteam
erhobene und archivierte Daten können in Zu-
an der Universität Heidelberg bildet neurobiologische Struktu-
kunft in veränderten Kontexten unter neuen
ren des Nervensystems digital nach. Es entwickelt neuromor-
Fragestellungen und mit heute noch nicht be-
phe Rechensysteme, die die Lernfähigkeit und Fehlertoleranz
kannten Methoden analysiert werden.
des menschlichen Gehirns adaptieren. Ein anderes Beispiel ist die Bioinformatik, die mit bildgebenden Verfahren die Skalen-
In den letzten Jahrzehnten wurden Forschung
sprünge von den chemischen Prozessen innerhalb einer Zelle
und Entwicklung mit großem wirtschaftlichem
über Wachstums- und Zellteilungsprozesse bis hin zur Genese
Erfolg von der Untersuchung und der Erprobung
von Organismen und die Funktionsweise von Organen unter-
physikalischer Modelle in die digitale Welt verla-
sucht, um die Aufgabe von Genom-Abschnitten zu identifizie-
gert. Mit Hilfe von Simulationen mathematischer
ren. Dazu werden große Mengen an Bilddaten in 3D-Modelle
Modelle ist die Flugzeugentwicklung so weit, dass
umgerechnet und Veränderungen automatisch erkannt.2 Für die
bereits der erste Prototyp zuverlässig und sparsam
personalisierte Krebstherapie am DKFZ in Heidelberg werden
fliegt. Automobilentwickler untersuchen Luftwi-
die Genome der Patienten vollständig sequenziert, um die ge-
derstände, Fahr- und Crashverhalten von Fahr-
netischen Ursachen der Erkrankung zu erkennen und Therapi-
zeugen in allen Varianten, die nur auf dem Bild-
en mit passenden Wirkungsmechanismen anzuwenden. Auch
schirm existieren. Effiziente Autoproduktion wird
in der Pharmazieforschung werden Methoden entwickelt, so
vollständig digital simuliert, um Arbeitsschritte zu
dass neue Medikamente nicht mehr an Labortieren oder gar am
optimieren und die globalisierte Lieferkette bis
Menschen erprobt werden müssen, sondern an digitalen Model-
ans Band zu steuern. Über die inverse Modellie-
len auf ihre Wirksamkeit getestet werden können.
rung indirekter Messungen wie der Tomographie werden das Innere von Organen visualisiert oder
In allen Disziplinen werden sämtliche Daten, Fakten, Hypothe-
neue Ölfelder exploriert. Zunehmend komplexe-
sen, Veröffentlichungen usw. in digitaler Form verfügbar und
re Systeme können auf diese Weise untersucht
mit anderen Daten – im Idealfall aus anderen Bereichen – ver-
werden.
knüpfbar sein. Neue Theorien und Arbeitshypothesen werden dann in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr im Labor am realen
So erlauben Klimasimulationen die Bewertung
Objekt überprüft, sondern an digitalen Modellen. Durch die
des Einflusses atmosphärischer Rahmenbedin-
Verknüpfung von Daten, Methoden und Wissen über Disziplin-
gungen wie CO2- oder Partikel-Konzentrationen
grenzen hinweg werden neue Zusammenhänge der komplexen
auf regionale Klimaregime. Diese Entwicklungen
Wirklichkeit sichtbar. Die zeitliche und räumliche Entwicklung
haben durch ihren rasanten Verlauf den Punkt
der Sprache und aktueller Themen lässt sich nachzeichnen,
überschritten, wo Quantität in eine neue Qualität
indem Printmedien, Streams von Hörfunksendern und Social-
umschlägt. Konnte man früher mit Computern
Media-Feeds automatisch auf Muster durchsucht werden. Und
lediglich herkömmliche Berechnungen schneller
neue Theorien können durch die Suche nach statistischen Auffäl-
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ligkeiten in Daten unterschiedlicher Wissenschaftsdomänen ent-
Abbildung 1 zeigt einen vereinfachten Blick auf
stehen, z. B. durch die Verknüpfung des archäologischen Befunds
diese Welt.
zahlreicher Menschenopfer in der letzten Phase der Maya-Hochkultur mit neuen Klimamodellen, die, weil sie das El-Niño-Phänomen
In einigen Teilgebieten der Wissenschaft sind Um-
beherrschen, in dieser Zeit eine anhaltende Dürreperiode erklären.
gebungen dieser Art bereits in Ansätzen vorhanden (z. B. in den Geowissenschaften, der Teilchen-
Bei der Entwicklung effektiver Arbeitsumgebungen schafft sich die
physik, der Astronomie), doch ihrer Erweiterung
Wissenschaft eine integrierte digitale Plattform, in der alle Daten,
über die engen Grenzen des Entstehungsgebietes
alle Literatur, alle Berechnungsmethoden und weitere Ressourcen
hinaus und der Nutzung in interdisziplinären
verfügbar sind. Sie können von den Wissenschaftlerinnen und
Kontexten stehen große Schwierigkeiten entge-
Wissenschaftlern mit größtmöglicher Flexibilität genutzt werden.
gen: „The harder problem for the future is hetero-
Solche Plattformen sind nicht als Monolithen zu verstehen. Sie
geneity, of platforms, data and applications, rather
können weder isoliert noch universell aufgebaut werden, sondern
than simply the scale of the deployed resources.
werden an verschiedenen Orten und in verschiedenen Wissen-
The goal should be to allow scientists to ‘look at’
schaftsbereichen wachsen. Wissenschaftler arbeiten auf diesen
the data easily, wherever it may be, with sufficient
Plattformen, sie verbinden Plattformen und entwickeln diese wei-
processing power for any desired algorithm to pro-
ter. Dafür müssen sie interoperabel angelegt sein und selbst aus
cess it. Current platforms require the scientists to
Modulen mit definierten Schnittstellen bestehen. Darum geht es
overcome computing barriers between them and
bei „E-Science“.
the data.”3 An dieser Diagnose aus dem Jahr 2005,
Abb. 1: Schematische Darstellung einer E-Science-Umgebung
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E-SCIENCE
die eine mangelnde Interoperabilität beschreibt,
ändern sich Publikationsformen und die Geschäftsmodelle der
hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert.
Verlage. Die Sichtbarkeit der Forschung in Baden-Württemberg wird erhöht, die Verbreitung und weitere Nutzung des Wissens
Die Forschung an den Hochschulen in Baden-
werden erleichtert.
Württemberg wird nur dann weiterhin leistungsstark und international wettbewerbsfähig bleiben,
Strategisches Management der Daten, die einer wissenschaft-
wenn die Hochschulen auf diese Veränderungen
lichen Arbeit zugrunde liegen, sichert die Nachvollziehbarkeit
vorbereitet sind und über die notwendige Infra-
und Nachnutzbarkeit der Forschungsergebnisse. Das For-
struktur verfügen, um den Wissenschaftlern die
schungsdatenmanagement erstreckt sich über den gesam-
benötigten Ressourcen bedarfsorientiert bereitzu-
ten Life Cycle der Datengewinnung, Analyse, Publikation und
stellen. Das MWK konzentriert sich zunächst auf
(Langzeit‑)Archivierung. Dabei muss der Schutz des geistigen
folgende fünf Handlungsfelder:
Eigentums des Urhebers gewährleistet sein.
Wissenschaftliche Publikationen, Datenbanken
Virtuelle Forschungsumgebungen unterstützen den For-
und Software stehen als grundlegende Ressour-
schungsprozess durch die Bereitstellung wesentlicher Metho-
cen der Forschung online zur Verfügung, weil nur
den. Daten werden nahtlos von Laborgeräten in Datenbanken
so der Zugriff flexibel, die Recherche effizient
übernommen und stehen über Kollaborationsplattformen, die
und die Verknüpfungen übergreifend realisiert
Schnittstellen zu beliebigen Analysewerkzeugen anbieten, der
werden können. Wenn digitale Medien nur li-
gesamten – auch über Institutionen und Länder verteilten –
zenzpflichtig zur Verfügung gestellt werden kön-
Forschungsgruppe zur Verfügung.
nen, sollen die Beschaffungsmittel zum größten Nutzen möglichst aller Wissenschaftlerinnen und
Eine solche E-Science-Umgebung verlangt eine neue Infra-
Wissenschaftler eingesetzt werden, indem die Li-
struktur. Sie muss aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wis-
zenzen konsortial für alle Hochschulen im Land
senschaftler so einfach und zuverlässig verfügbar sein wie die
verhandelt und beschafft und auf dieser Basis Por-
Strom- oder Datensteckdose in der Wand. Unter der wissen-
tale bereitgestellt werden.
schaftlichen Anwendungsebene liegen viele organisatorische Ebenen – von technischen Voraussetzungen und neuen Aufga-
Analoge Materialien, die die heutige Wissen-
ben der Informationsinfrastruktureinrichtungen im Sinne von
schaft benötigt, müssen in die digitale Welt trans-
E-Science-Service über die Etablierung geeigneter Geschäfts-
formiert werden. Schriftgut, Bilder, Sammlungs-
modelle bis hin zur Integration der E-Science-Methoden in die
objekte, Filme werden digitalisiert und in die
Lehre – mit jeweils eigenen Herausforderungen, die gelöst
Portale integriert, damit sie ohne Medienbruch
werden müssen, wenn die Vision einer durchgängigen E-Sci-
den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
ence-Infrastruktur bis 2020 Realität werden soll:
im Land und weltweit zur Verfügung stehen. Datenintensives Computing: Durch immer leistungsfähigere Wissenschaftliche Publikationen und Daten, die
Geräte werden riesige Datenmengen erzeugt. Der Umgang mit
Ergebnisse öffentlich geförderter Forschung sind,
Datenmengen im mehrstelligen Petabyte-Bereich – und diese
sollen frei zugänglich sein. Durch Open Access
Größenordnung wird weiter steigen – erfordert neue Arbeits-
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weisen und technische Konzepte, weil die Datenübertragungs-
nische und sozialwissenschaftliche Daten bedür-
raten der Netze nicht mithalten können. Es ist zu erwarten,
fen wegen ihres möglichen Personenbezugs eines
dass in Zukunft Datenzentren neben dem Speicher auch Com-
besonderen Schutzes, der aber die Nachnutzung
puting-Ressourcen zur Vorfilterung der Daten anbieten. Für das
der Daten – auch aufgrund neuer wissenschaftli-
Land werden Betriebsmittelhierarchien analog zur aktuellen
cher Fragestellungen – nicht unnötig erschweren
Leistungspyramide des High Performance Computings (HPC)
darf. Die Visualisierung oder weitere Nutzung der
entstehen.
Daten setzt oft eine bestimmte Software voraus, die möglicherweise selbst archiviert werden muss,
Datenmanagement: Die abgelegten Datenmengen müssen
weil ihre längerfristige Nutzbarkeit nicht gewähr-
vorgehalten und so aufbereitet werden, dass sie wiedergefunden
leistet ist.
und erneut genutzt werden können. Nicht nur in der Raumfahrt ist die Nachnutzung von Daten günstiger als die Neuge-
Risikomanagement: Die mit der wachsenden
winnung. Daten, die einen nicht-wiederholbaren Zustand der
Größe von Speichereinheiten einhergehende
Vergangenheit beschreiben, wären ohnehin unwiderruflich ver-
Zentralisierung – auch über nationale Grenzen
loren. Durch Nachnutzung entstehen Verknüpfungen mit an-
hinweg – macht schon das reine Ausüben von
deren Studien, Kontexten, Wissenschaftsbereichen. Auch ganz
Zugriffsrechten unkalkulierbar: Die Rechte kön-
praktisch erspart das Wissen über die Existenz einer digital
nen aufgrund politischer und rechtlicher Vorga-
zugänglichen handschriftlichen Urkunde nicht nur das erneute
ben eingeschränkt werden, die Lizenzgebühren
Digitalisieren oder die Reise in die ggf. entfernt gelegene Bib-
für den Zugriff können sich unkontrollierbar
liothek, sondern auch Verzögerungen bei der eigenen Arbeit.
entwickeln, und die Existenz eines Data Providers (z. B. eines Datenzentrums, eines Wissenschafts-
Workflows für Daten und Publikationen: Daten entste-
verlags) könnte beendet werden. Wissenschaft,
hen nicht notwendig an dem Ort, an dem sie interpretiert oder
die sich auf ein spezielles Szenario verlassen hat,
weiterverarbeitet werden. Dies gilt für Laborgeräte ebenso wie
wäre massiv beeinträchtigt. Daher müssen Ana-
für die Entstehung einer Monografie in den Geisteswissen-
lysen über die Gefährdungssituation permanent
schaften. Dies stellt neue Anforderungen an das systematische
fortgeschrieben werden und Maßnahmen zur Re-
institutionenübergreifende Qualitäts- und Datenmanagement.
duzierung der Gefährdung – wie der Aufbau eines
Die Methodik der E-Science wird sich auf die Publikationsfor-
eigenen Datenzentrums, das Kopien vorhält – er-
men auswirken. Zu den Publikationen in Textform gehören
griffen werden.
Verweise auf die (unveränderten) Basisdaten und ggf. die eingesetzte Software. Sie müssen zumindest für die Begutachter
Finanzierung: Eine dauerhafte E-Science-Infra-
zugänglich sein, können aber auch selbst – unter Beachtung der
struktur setzt geeignete Geschäftsmodelle voraus.
geistigen Eigentumsrechte – veröffentlicht werden.
Es muss geklärt werden, wie die Nutzer an den Kosten für Betrieb, Entwicklung, Re-Investition
Archivierung: Mit dem Datenmanagement kommen neue Fra-
und Beratung beteiligt werden und welche For-
gen zur Archivierung auf, die gelöst werden müssen: Zugriffs-
derungen und Ansprüche sie gegenüber den An-
rechte müssen bei der Datenarchivierung zuverlässig erkannt
bietern haben. Gleichzeitig muss sichergestellt
und über die Laufzeit der Daten durchgesetzt werden: medizi-
sein, dass grundsätzlich alle Wissenschaftlerinnen
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E-SCIENCE
und Wissenschaftler an den Hochschulen in Ba-
Computing-Ressourcen zu erleichtern. Später wurden daraus
den-Württemberg auf die Infrastruktur zugreifen
Plattformen auch für die betriebliche Kooperation und Präsen-
können.
tation, für Marketing und E-Commerce. An dieser Stelle geht es nicht darum, die sozialen und kulturellen Folgen zu bewerten,
Lehre: Der wissenschaftliche Nachwuchs in Leh-
sondern ausgehend von der Pionierarbeit in Wissenschaft und
re und Forschung verfügt größtenteils durchaus
Bildung an den Hochschulen die Medien- und Gestaltungskom-
über die zum Leben in einer E-Science-Welt not-
petenz der Bürgerinnen und Bürger weiterzuentwickeln, da
wendigen 21st century skills. Die gewinnbringen-
neue Mediennutzungen alle Lebensbereiche und Arbeitsweisen
de Nutzung konkreter E-Science-Techniken und
erfassen.
‑Methoden bedarf aber auch der gezielten Integration in die Lehre und zwingt teilweise zum Um-
Die Verfügbarmachung digitaler Information ist eine infra-
bau existierender Forschungsstrukturen, um Ana-
strukturelle Grundversorgungsaufgabe geworden. Digitale
chronismen zu vermeiden. Beispielsweise erlaubt
Medienformate ergänzen papiergebundene Wissens-, Kultur-
ein elektronisches Laborbuch als Bestandteil ei-
und Unterhaltungsmedien. Dadurch werden wissenschaftlich
nes konsequent IT-gestützten Labor-Workflows
hochwertige Informationen (Artikel, Bilder, Daten usw.) als
die schnellere Einarbeitung von Doktoranden,
Open Access oder über Bezahlmodelle überall und für jeden
da sie auf vorhandenes Wissen aufsetzen und
Bürger zugänglich, sei es zur berufsorientierten Weiterbildung
bestehende Arbeitsabläufe nutzen können, die
oder aus persönlichem Interesse. Digitale Medien bieten darü-
das Forschen auf einem hohen Niveau der Wis-
ber hinaus substanzielle dynamische Mehrwerte wie animier-
senschaftlichkeit unterstützen. Die Ausbildung
te Darstellungen, Recherchemöglichkeiten, schriftliche oder
in den klassischen Disziplinen wird angereichert
audiovisuelle Interaktion (Web 2.0 bzw. Web-Conferencing,
durch die Kompetenzen des interdisziplinär ver-
„skypen“). Derzeit entstehen durch die Einbindung komplexer
netzt denkenden E-Scientists. Daneben entsteht
Simulationen und Visualisierungen neue Anwendungen: Me-
ein Bedarf für Spezialisten der E-Science, die
dizinische Diagnosen und Therapien können fernbegutachtet
Big Data Management u.a. für die Wissenschaft
oder die Auswirkungen geplanter Speicherseen oder Stromtras-
beherrschen. Da E-Science auch die außeruni-
sen auf das Landschaftsbild dargestellt werden. Auf dieser Ba-
versitäre Forschung erreicht hat, sind E-Science-
sis können Handlungsalternativen anschaulicher diskutiert und
Kompetenzen auch in Unternehmen gefragt. Sie
abgewogen werden. Hier ergeben sich Anknüpfungspunkte für
haben bereits jetzt einen Bedarf entsprechender
offene Prozesse der Bürgerbeteiligung.
wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote. Die Entwicklung vernetzter Informationsstrukturen wurde durch die Forschung entscheidend geprägt. Heute alltäglich genutzte Techniken wie E-Mail, Hypertext (http), Internet und Suchmaschinen entstanden an Forschungsinstituten, um die Kommunikation unter den Wissenschaftlern und die gleichmäßige Auslastung teurer
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2 · ZUSAMMENFASSUNG DER STRATEGISCHEN KONZEPTE
Die strategischen Konzepte zu den fünf Handlungsfeldern finden
spezifischen Empfehlungen für Baden-Württemberg
sich in Teil B. Im Folgenden werden die Handlungsfelder und die
zusammenfassend dargestellt.
2 . 1 L IZENZIERUNG
In Baden-Württemberg wird 2020 eine Informationsinfrastruk-
Seit 1999 organisiert und koordiniert das Konsor-
tur für Forschung und Lehre und über weitere Wissenschaft-
tium Baden-Württemberg, ein Zusammenschluss
seinrichtungen wie die Landesbibliotheken auch für weitere
von derzeit 51 wissenschaftlichen Bibliotheken im
Bevölkerungsschichten zur Verfügung stehen, die bundesweit
Geschäftsbereich des MWK, den gemeinschaft-
als vorbildlich anerkannt ist. Sie wird sich durch ebenso hervor-
lichen Erwerb von Lizenzen für elektronische
ragende wie einfach zu bedienende Zugangs- und Recherche-
Informationsmedien im Land. Das Konsortium
möglichkeiten auszeichnen, die kommerziellen Suchmaschinen
wird gegenüber den Verlagen und Anbietern von
in nichts nachstehen, sowie durch eine ausgezeichnete Versor
der Universitätsbibliothek Freiburg vertreten. Sie
gung mit Volltexten. Zum Studieren, Lehren und Forschen in
übernimmt die Geschäftsführung, koordiniert die
Baden-Württemberg werden die benötigte Literatur bzw. andere
Arbeit des Konsortiums und bewirtschaftet die
Informationsmedien unmittelbar zur Verfügung stehen, sei es
zur Verfügung gestellten Mittel. Die Ressourcen-
Open Access, mit vorhandener Lizenz oder als elektronischer
ausstattung ist allerdings auf Grund des sich gra-
Sofortlieferdienst. Software für die wissenschaftliche Arbeit
vierend verändernden Marktes trotz der bisherigen
kann standortübergreifend genutzt werden („private cloud“), der
Förderung durch das MWK und erheblicher Eigen-
technisch komfortable und sichere Zugang zu elektronischen In-
leistungen der Hochschulen und Landesbibliothe-
formationsquellen ist für alle Mitglieder der Hochschulen und
ken unzureichend.
an den Landesbibliotheken Baden-Württembergs gewährleistet. Um dieses Ziel einer umfassenden Grundversorgung in Baden-
Auf Basis der turnusmäßig vom Konsortium
Württemberg zu erreichen, bedarf es sowohl von Seiten der Lan-
durchgeführten Bedarfsanalyse muss das Ange-
desregierung als auch der Hochschulen und Landesbibliotheken
botsportfolio künftig deutlich ausgeweitet und
erheblicher Anstrengungen.
um neue Gattungen (z. B. E-Book-Pakete, Open Access Komponenten, Literaturverwaltungstools,
Die Informationsversorgung mit elektronischen Fachinforma-
Resource Discovery Systems (Indexdienste)) er-
tionsangeboten für Forschung und Lehre wird auf drei Ebenen
gänzt werden. Hierfür bedarf es eines deutlichen
organisiert: Über lokal beschaffte und vorgehaltene Lizenzen,
und nachhaltigen Mittelaufwuchses. Die Finan-
konsortial erworbene Lizenzen und durch die DFG geförderte
zierung erfolgt dabei hälftig aus zentralen Mitteln
National- bzw. Allianz-Lizenzen. Ziel der konsortialen Erwerbung
des MWK und lokalen Mitteln der Einrichtungen.
ist es, über eine gesteigerte Marktmacht günstigere Konditionen
Durch die zentralen Mittel wird eine Verbesse-
in Form von Kostenersparnissen über Rabatte oder in Form einer
rung der Informationsversorgung in der Breite
größeren Anzahl zur Verfügung stehender Inhalte zu erzielen so-
gewährleistet. Durch die Beteiligung der Einrich-
wie den Arbeits- und Verwaltungsaufwand zu reduzieren und das
tungen ist die unumgängliche Rückkoppelung der
Know-how im Umgang mit elektronischen Informationsressour-
Angebote mit den jeweiligen lokalen Bedürfnis-
cen zu bündeln.
sen sichergestellt.
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E-SCIENCE
Das Konsortium Baden-Württemberg soll alle benötig-
nierung des Konsortialgeschehens aus. Dabei können und sollen
ten und auf konsortialer Ebene verfügbaren Angebote
sich auch regionale Konsortialstrukturen zukünftig verstärkt ein-
koordinieren und vertraglich absichern. Hierzu gehört
bringen.
u.a. die logistische und juristische Unterstützung der Verhandler, z. B. bei Fragen der Vertragsausgestaltung
Vor diesem Hintergrund soll sich das Konsortium Baden-Württem-
oder hinsichtlich der (Nach‑)Nutzungsmöglichkeiten
berg zu einer noch leistungsfähigeren Organisation entwickeln, die
im Kontext von Virtuellen Forschungsumgebungen.
Interessen des Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg auf na-
Zudem sollte es künftig auch verstärkt als Koordi-
tionaler Ebene durch ein verstärktes Engagement in den sich neu
nierungs- bzw. Beratungsinstanz für Open Access-
herausbildenden kooperativen Erwerbungsstrukturen wahren und
Geschäftsmodelle fungieren.
einen der Bedeutung des Landes angemessenen Beitrag leisten.
In der laufenden Diskussion um die Weiterentwick-
Um die Ausweitung des Konsortialportfolios professionell unter-
lung der Informationsinfrastruktur in Deutschland
stützen und sich im nationalen Versorgungskontext strategisch po-
haben sowohl der Wissenschaftsrat als auch die
sitionieren zu können, sollte für das Konsortium Baden-Württem-
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz des Bundes
berg eine zentrale Geschäftsstelle mit ausreichender personeller
und der Länder die Ansätze der DFG bzw. der Alli-
Ausstattung eingerichtet werden.
anz der deutschen Wissenschaftsorganisationen für eine nationale Lizenzierungsstrategie aufgegriffen
Die konsortiale Beschaffung von Softwarelizenzen soll ebenfalls ausge-
und weiterentwickelt. In infrastrukturpolitischer
baut und organisatorisch gegliedert werden. Eine engere Verzahnung
Hinsicht gehen von den genannten Organisationen
mit dem Konsortium für E-Medien wird dabei angestrebt, um mögliche
starke Impulse in Richtung einer stärkeren Koordi-
Synergieeffekte im Beschaffungsprozess zu erreichen und zu nutzen.
2 .2 DIGITA LISIERUNG
Digitalisate als Teil einer E-Science-Umgebung er-
Geschäftsbereich des MWK sowie aus urheberrechtlichen Gründen
möglichen es Wissenschaft und Forschung, zeit- und
soll sich die Digitalisierungsstrategie des Landes vorerst auf das kul-
ortsunabhängig mit dem kulturellen historischen Erbe
turelle historische Erbe im urheberrechtsfreien Raum beschränken.
zu arbeiten und dank der internationalen Vernetzung dieses Erbe immer wieder neu zu kontextualisieren.
Baden-Württemberg verfügt im Bereich der Digitalisierung bereits
Sie sind ein wesentlicher Beitrag zur Beschleunigung
über beträchtliches Know-how und kann bei der Entwicklung eines
der Forschung, zur Setzung neuer Forschungsimpulse
Digitalisierungsprogramms auf ein großes Wissenspotenzial zurück-
und zur Erschließung des Materials. Bislang unbekann-
greifen. Langjährige praktische Erfahrungen haben insbesondere das
tes oder nur schwer zugängliches Material kann der
Landesarchiv Baden-Württemberg und die Universitätsbibliothek
Forschung sichtbar und zugänglich gemacht werden.
Heidelberg.
Angesichts der Fülle forschungsrelevanter, nach-
Aus der Ist-Analyse des Status quo bei der Retrodigitalisierung und
gefragter Dokumente und Objekte in den baden-
aus den veränderten Informationsanforderungen der Forschung re-
württembergischen Archiven, Bibliotheken, Museen,
sultiert das Konzept einer spartenübergreifenden Digitalisierungs-
universitären Sammlungen und Filmeinrichtungen im
strategie für die genannten Infrastruktureinrichtungen:
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Durch Digitalisierungskompetenzzentren kann das Land von den
Zugriffszahlen auf Images in Höhe von 3,75 Mio.,
bislang kleinteiligen Digitalisierungsprojekten zu einer großflächi-
die Universitäts- und Landesbibliotheken in Höhe
gen Struktur mit koordinierten Digitalisierungsvorhaben kommen.
von 7,6 Mio.
Die Digitalisierungskompetenzzentren sollen spartenweise, in Teilen auch spartenübergreifend, Scan- und Beratungsdienstleistungen
Digitalisierung im größeren Stil ist erst möglich, wenn
anbieten sowie neue forschungsrelevante Digitalisierungsprojekte
die richtigen finanziellen, organisatorischen und tech-
sowohl innerhalb des Landes als auch mit überregionalen Aktivitä-
nischen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
ten abstimmen.
Der größte Teil der Kosten entsteht nicht bei der eigentlichen Image-Digitalisierung, sondern bei der
Zur Digitalisierungsstrategie gehören auch einheitliche Kriterien für
Aufbereitung der Digitalisate für die Präsentation
die Mittelvergabe, Aussagen zur Nutzung und Verwertung der Digita-
und bei der Qualitätssicherung.
lisate sowie die regelmäßige Evaluierung der Digitalisierungsstrategie. Erst die notwendige Erschließung und StrukturieDa die im Land vorhandenen zentralen Digitalisierungsmittel weder
rung, die Aufbereitung und Verwaltung sowie die
ausreichen, um den vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der
Langzeitarchivierung der Digitalisate machen diese
Deutschen Digitalen Bibliothek nachzukommen, noch, um gezielt
zu einem zentralen Bestandteil der Informationsinf-
und nachfrageorientiert die forschungsrelevanten Objekte der For-
rastruktur.
schungsinfrastruktureinrichtungen zu digitalisieren, sollen zusätzliche zentrale Digitalisierungsmittel zur Verfügung gestellt werden.
Der finanzielle Bedarf für ein mehrjähriges Förder-
Den derzeit im Netz verfügbaren rund 8 Mio. Images steht ein der-
programm wurde spartenweise errechnet. Sie um-
zeit bekannter Bedarf von rund 206 Mio. Images gegenüber.
fassen die Investition in die notwendige zusätzliche technische Ausstattung, Personal für die Beratungs-
Die Relevanz des digitalisierten kulturellen Erbes für die For-
und Scandienste sowie volumenabhängige Aufwen-
schung lässt sich an den steigenden Zugriffszahlen ablesen: Das
dungen für die Produktion des E-Contents und den
Landesarchiv Baden-Württemberg verzeichnete zuletzt jährliche
Speicherplatz.
2 . 3 OPEN ACCESS
Informationstechnik und Internet ermöglichen es, Forschungser-
sellschaft erzielen,
gebnisse (Forschungsdaten und wissenschaftliche Publikationen)
• die Sichtbarkeit der wissenschaftlichen For-
weltweit zugänglich und nachnutzbar zu machen. Die traditio-
schung in Baden-Württemberg weltweit erhöht
nellen Geschäftsmodelle stehen der Nutzung dieser neuen Mög-
und damit
lichkeiten zum Nachteil von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zum Teil entgegen. Wissenschaftspolitisch erscheint es
• die Wettbewerbsfähigkeit des Landes nachhaltig gesichert und gesteigert wird.
geboten, das wissenschaftliche Publikationsregime im Wege des Open Access so zu gestalten, dass
Baden-Württemberg ist damit das erste deutsche
• d ie für Bildung und Wissenschaft aufgewendeten Steuermittel
Bundesland, das solche Zielvorgaben entwickelt, und
größtmöglichen Nutzen für Wissenschaft, Wirtschaft und Ge-
14
übernimmt damit eine bundesweite Vorreiterrolle.
E-SCIENCE
Die Open Access Politik des Landes Baden-Württem-
der Informationsinfrastrukturen an den Hochschulen des Landes
berg ist darauf angelegt, im Land die Voraussetzungen
und der entsprechenden Umgestaltung des internationalen wis-
zu schaffen, den notwendigen internationalen Umge-
senschaftlichen Publikationswesens geleistet werden. Im Fokus
staltungsprozess als herausgehobener Akteur zu er-
steht das Ziel, dass Wissen und Innovation, die in gemeinnüt-
möglichen, zu fördern und aktiv mitzugestalten, um
zig organisierten Wissenschaftsorganisationen erarbeitet werden,
so auch die Wahrnehmung der Forschungsergebnisse
auch „barrierefrei“ zur Nachnutzung durch Wissenschaft, Wirt-
aus Baden-Württemberg international zu erhöhen.
schaft und Gesellschaft zur Verfügung stehen.
Die unter den Stichworten „grüner/goldener Weg“ definierten Ansätze für die Implementierung von Open
Für die beschleunigte und nachhaltige Implementierung des
Access an Hochschulen und Forschungseinrichtun-
Open Access-Paradigmas an den Hochschulen in Baden-Würt-
gen werden im Sinne weitgehender Komplementari-
temberg kommt es schließlich auf eine intelligente Verknüpfung
tät verstanden. Welche Wege die Hochschulen präfe-
„weicher“ und „harter“ Förderfaktoren an. In der Summe wird ein
rieren, ist auch eine Frage der hochschulautonomen
kooperativ mit den verschiedenen Akteuren ausgerichtetes An-
Profilbildung und Schwerpunktsetzung.
reizsystem vorgeschlagen, das zielführend und in mittelfristiger Perspektive den Anteil Open Access-publizierter Forschungser-
Mit dem BW-Open Access-Förderprogramm soll
gebnisse in allen Wissenschaftsdisziplinen signifikant zu erhöhen
ein markanter Beitrag zur nachhaltigen Sicherung
verspricht.
15
TEI L A
E I N F Ü H R U N G UND Z USAMME NFASSUNGE N
2 . 4 F O RSCHUNGSD ATENMANAGEMENT
Forschungsdaten sind digitale Daten, die durch wissenschaftliche
Daten-Repositorien durchführen können, die entspre-
Quellenforschungen, Experimente, Messungen, Simulationen, Er-
chend standardisiert und vernetzt sein müssen.
hebungen oder Befragungen entstehen. Sie umfassen strukturierte Massendaten sowie unstrukturierte Daten unterschiedlichsten For-
Eine neue Publikationsform entsteht durch die Ver-
mats und Inhalts, so auch Prozessdaten wie Bearbeitungsschritte,
knüpfung von herkömmlichen textorientierten Pub-
in einem Forschungsvorhaben entwickelte Algorithmen und Pro-
likationen mit den für ihre Erstellung verwendeten
gramme oder digitalisierte Schriften, Bilder oder Filme.
primären Forschungsdaten. Die Publikation von Forschungsdaten bedeutet einen Kulturwandel in
Häufig sind Forschungsdaten einmalig und unwiederbringlich in
der Wissenschaft, der sich in den Geowissenschaf-
dem Sinne, dass sie zeitbedingte Zustände der Umwelt, der Ge-
ten und der Astronomie bereits abzeichnet. Dies
sellschaft oder eines Individuums repräsentieren, die im Nachhi-
gilt insbesondere für die Publikation von Text und
nein nicht mehr neu erhoben werden können, oder dass ihre er-
Daten als Open Access.
neute Gewinnung unangemessen aufwendig ist. Wissenschaft, die Phänomene beschreibt, ihre Bedingungen analysiert und kausale
Das MWK beabsichtigt, gemeinsam mit den Uni-
Zusammenhänge erforscht, ist auf solche Daten angewiesen, nicht
versitäten, weiteren Forschungseinrichtungen und
nur im Rahmen der Fragestellungen, für die sie erhoben wurden,
Forschungsverbänden eine Forschungsdaten-Strate-
sondern auch im Sinne der Nachnutzung: Analyse mit neuen Me-
gie zu entwickeln, so dass alle Wissenschaftlerinnen
thoden, Deutung in neuen, auch transdisziplinären Kontexten.
und Wissenschaftler im Geschäftsbereich des MWK Zugriff auf die notwendigen Prozesse und die dar-
Forschungsdaten unterliegen einem Lebenszyklus, der viele Schritte
unter liegende technische Infrastruktur haben. Da-
des Anreicherns und Aussortierens enthält: von Rohdaten über ge-
durch soll die strategische Wettbewerbsfähigkeit der
prüfte Mess- und Erhebungsergebnisse, verschiedene Stufen der Auf-
Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der
bereitung und Analyse bis hin zu Datensätzen in archivierungsfähiger
Einwerbung von Forschungsmitteln nachhaltig wei-
und nachnutzbarer Form. Die Herausforderung einer Forschungs-
terentwickelt und der Wissenschaftsstandort Baden-
daten-Strategie besteht in der ausreichenden Berücksichtigung dis-
Württemberg gestärkt werden.
ziplinspezifischer Anforderungen einerseits und dem Setzen allgemeingültiger Regeln andererseits, gerade auch im Hinblick auf die
Als Voraussetzung für die Einführung eines For-
gewünschte und zunehmende Interdisziplinarität zwischen Natur-,
schungsdatenmanagements muss die bestehende
Geistes- und Lebenswissenschaften. Neben bibliographischen und
technische Infrastruktur bzgl. Datenspeicher, Da-
technischen müssen auch disziplinspezifische Attribute von zuverläs-
tennetze und HPC-Ressourcen weiterhin nach dem
sig hoher Qualität für die Beschreibung von Inhalt, Kontext und Pro-
Bedarf der Wissenschaft ausgebaut werden. Zu die-
venienz der Daten abgelegt werden. Daher muss der Übergang von
ser Infrastruktur gehören auch die Authentifizierung
Forschungsdaten aus der persönlichen in die institutionelle oder die
und die Berechtigungssteuerung auf Basis föderati-
öffentliche Domäne durch einen Workflow unterstützt werden. Der
ver Strukturen der Universitäten. Die Hochschulen,
Zugriff der Wissenschaftler auf die Forschungsdaten muss technisch
insbesondere die Universitäten, haben die Aufgabe,
und organisatorisch so konzipiert sein, dass die Nutzenden über be-
Kompetenzen des professionellen und nachhaltigen
nutzerfreundliche Portale eine Meta-Suche in mehreren Fach- und
Umgangs mit Forschungsdaten in der Lehre zu ver-
16
E-SCIENCE
mitteln. Dabei sollten sie sowohl eine breite Ziel-
4. Open Access für Forschungsdaten
gruppe in allen Disziplinen ansprechen als auch spe-
5. Archivierung
zielle Kurse in der Weiterbildung und im Bereich
6. Entwicklung von Geschäftsmodellen
Data Scientist / Data Librarian anbieten. Dabei können Data Life Cycle Labs entstehen, die für spezifische Zum Aufbau der notwendigen Infrastruktur und ihrer
Wissenschafts-Communities im Land Methoden und Workflows
Governance-Strukturen wird ein Förderprogramm
für Forschungsdatenmanagement vorantreiben und in internatio-
vorgeschlagen, um ein landesweites Forschungsda-
nale Initiativen eingebunden sind. In Kooperation mit geeigneten
ten-Repositorium aufzubauen. Hierfür müssen Inf-
Vereinigungen auf der nationalen Ebene wird ein Zertifikat für die
rastruktureinrichtungen und wissenschaftliche Com-
Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit von Forschungsdaten
munities zusammenarbeiten und das Repositorium
angeregt.
in übergreifende Strukturen integrieren. Folgende Aspekte sind dabei zu berücksichtigen:
Die Aktivitäten zum Forschungsdatenmanagement müssen landesweit koordiniert werden, um eine Wissensplattform aufzubauen,
1. Metadatenschema und Erschließung
Methoden und Best Practices zu verbreiten, rechtliche Fragen zent-
2. Persistente Adressierung
ral zu klären sowie Policies, Methoden und Verrechnungsmodelle für
3. Qualitätssicherung und Datenschutz
die Langzeitarchivierung landesweit abzustimmen und umzusetzen.
2 .5 VIRTUE LLE FORSCHUNGSUMGEB U N G EN
Die Wissenschaft entwickelt sich in kooperativen,
Eine systematische Erschließung von Quellen und eine einheitliche
interdisziplinären, internationalen und ortsunab-
umfassende Dokumentation der Ergebnisse leisten darüber hinaus
hängigen Strukturen. Die Nutzung digitaler Res-
einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung.
sourcen und Werkzeuge und die Verschmelzung digitaler und physischer Ressourcen werden zuneh-
Da die Wissenschaftsbereiche unterschiedliche Datenarten erzeu-
men und die Methodik der Wissenschaften verän-
gen und unterschiedliche Methoden anwenden, sind die Bedarfe
dern. Daher werden die Communities verstärkt das
an unterstützenden Werkzeugen – abgesehen von einigen grundle-
Potenzial digitaler Methoden und Virtueller For-
genden Diensten – disziplinspezifisch. Dies bedeutet, dass Virtuelle
schungsumgebungen nutzen.
Forschungsumgebungen von den Fach-Communities aufgebaut und von Infrastruktureinrichtungen unterstützt werden müssen. Für die
Virtuelle Forschungsumgebungen sind eine integra-
zuverlässig planbare dauerhafte Bereitstellung müssen Governance-
tive Plattform, in der digital(isiert)e Literatur (ins-
Strukturen entwickelt und Betriebs- und Geschäftsmodelle ausge-
besondere Open Access), Forschungsdaten, Ana-
handelt werden, und zwar auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.
lysemethoden und andere Forschungsressourcen
Zugriffe und Zugänge weltweiter Nutzer sind zu regeln, aber auch
zusammengeführt werden. Sie haben das Ziel, alle
darüber hinausgehende rechtliche Rahmenbedingungen.
Schritte des Forschungsprozesses von der Projektidee über die Datensammlung und Auswertung bis zur
Die neuen Methoden und Arbeitsweisen müssen über die an den
Veröffentlichung und Nachnutzung zu unterstützen.
Hochschulen gelebte Verzahnung von Forschung und Lehre in die
17
TEI L A
E I N F Ü H R U N G UND Z USAMME NFASSUNGE N
Ausbildung der Studierenden einfließen, um eine Verstetigung in
Veränderung der Wissenschaften und die Integrati-
der Praxis und eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu errei-
on in die Lehre am Beispiel erfolgreicher Anwen-
chen. Virtuelle Forschungsumgebungen nehmen einige Aspekte
dungen Virtueller Forschungsumgebungen. Drei
der Lernmanagementsysteme und anderer verbreiteter Kommuni-
Säulen der Förderung sollen in die Ausschreibung
kationsplattformen auf, werden aber darüber hinaus Forschungs-
aufgenommen werden:
methoden und ‑infrastrukturen integrieren und daher weit über die E-Learning-Werkzeuge hinausgehen.
1. Identifizierung bestehender Infrastruktur und Bedarfe der Communities mit dem Ziel, dass Infra-
Baden-Württemberg will – zur Umsetzung von Maßnahmen, wie
struktureinrichtungen die Communities proaktiv
sie auch im Gesamtkonzept der Kommission Zukunft der Infor-
beraten.
mationsinfrastruktur (KII) und den folgenden Empfehlungen des
2. Anschub- und Kofinanzierung von Initiativen, die
Wissenschaftsrates empfohlen wurden – eine führende Rolle bei
in nationale oder europäische Projekte münden.
der Entwicklung und Nutzung Virtueller Forschungsumgebungen
Ziel ist die Beteiligung an nationalen und inter-
einnehmen. Daraus folgt die Notwendigkeit, sich verstärkt mit an-
nationalen Initiativen und die Profilbildung der
deren Ländern, dem Bund sowie der DFG abzustimmen.
Hochschulen. 3. Schaffung von Voraussetzungen für die Weiter-
Außerdem wird ein Förderprogramm zur Unterstützung der Eta-
führung von Elementen Virtueller Forschungs-
blierung Virtueller Forschungsumgebungen an den Hochschulen
umgebungen
vorgeschlagen. Das primäre Ziel des Programms ist die Entwick-
Entwicklung von Governance-Strukturen und
lung, Anpassung, Verbreitung, Nutzung und der Betrieb Virtueller
Geschäftsmodellen, Überführung in den Dau-
Forschungsumgebungen sowie ggf. die Einrichtung eines Kompe-
erbetrieb, Strukturwandel als Voraussetzung für
tenzzentrums. Weitere Ziele sind die Reflexion der methodischen
Nachhaltigkeit.
über
Förderperioden
hinaus:
3 · GLOSSAR
Die Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen (engl.: Berlin Declaration on ➞ Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities) wurde am 22. Oktober 2003 von den 19 Initiativmitgliedern von deutschen und internationalen Forschungsorganisationen beschlossen und bis zum Februar 2012 von 363 Institutionen unterzeichnet. Sie gilt als wichtiger Meilenstein der Open Access-Bewegung. Von früheren Open Access-Erklärungen, die sich auf die Forderung nach freier Zugänglichkeit der wissenschaftlichen Zeitschriftenliteratur im Internet beschränkten, unterscheidet sich die Berliner Erklärung durch die Einbeziehung des kulturellen Erbes, also des in Archiven, Bibliotheken und Museen verwahrten Kulturguts. http://oa.mpg.de/lang/de/berlin-prozess/berliner-erklarung/
Big Data: Große Datenmengen bzw. Algorithmen u. a. Methoden zur Analyse großer Datenmengen wDATA, bwLSDF: Aktuelle Konzepte und Projekte des MWK für Methoden der Datenspeicherung wissenschaftlib cher Einrichtungen (➞ LSDF)
18
E-SCIENCE
bwFLA: Projekt des MWK zur funktionalen ➞ Langzeitarchivierung komplexer digitaler Objekte bwHPC, bwForCluster, bwUniCluster: Aktuelle Projekte des MWK zum Aufbau einer Infrastruktur für High Performance Computing (HPC) in Baden-Württemberg. Aufgebaut wird eine dreistufige Architektur mit dem Höchstleistungsrechenzentrum an der Universität Stuttgart (HLRS), dem Forschungshochleistungsrechner am KIT (ForHLR) und auf der Ebene 3 den bwUniCluster als Grundversorgungssystem und bwForCluster für ausgewiesene Fachwissenschaften.
bwIDM: Projekt des MWK zum föderativen Identity Management aller Universitäten in Baden-Württemberg. Ziel ist die vereinfachte Nutzung IT-Ressourcen, die den Universitäten landesweit zur Verfügung gestellt werden.
cc-by: cc-… sind verschiedene Creative Commons-Lizenzen zur freien Nutzung von Objekten geistigen Eigentums. Die Lizenz cc-by erlaubt die freie Nutzung, wenn der Urheber namentlich genannt wird, und zwar auch zur kommerziellen Nutzung und zur Überarbeitung.
Data Life Cycle Labs: Organisierte Gruppen von Wissenschaftlern und Entwicklern, die Methoden für den Data Life Cycle einer Wissenschaftsdisziplin bereitstellen. Der wissenschaftliche Data Life Cycle umfasst die Generierung, Analyse, Verknüpfung, Publikation und Archivierung der ➞ Forschungsdaten
Datenformat: die Definition der Art, wie Daten gespeichert werden und wie ggf. ihre innere Logik interpretiert werden muss. Man unterscheidet proprietäre Formate, die von Software-Herstellern definiert werden und die vollständigen Regeln zur Interpretation der inneren Logik nicht offenlegen, und offene Formate, die vollständig dokumentiert sind.
Deutsche Digitale Bibliothek (DDB): Nationales Online-Portal für digitalisierte Bücher, Archivalien, Bilder, Skulpturen, Musikstücke und andere Tondokumente, Filme und Noten
Digitalisierung: Umwandlung von Informationen wie Ton, Bild oder Text in Zahlenwerte zum Zwecke ihrer elektronischen Bearbeitung, Speicherung oder Übertragung
E-Content: Digitale Inhalte ERIC: European Research Infrastructure Consortium ESFRI: European Strategy Forum on Research Infrastructures Europeana: Europäisches Online-Portal für Bild-, Text-, Ton- und Video-Dateien.
19
TEI L A
E I N F Ü H R U N G UND Z USAMME NFASSUNGE N
Forschungsdaten: (digitale) Daten, die in einem wissenschaftlichen Vorhabens z. B. durch Quellenforschungen, Experimente, Messungen, Erhebungen, Befragungen o. ä. entstehen oder dem Vorhaben zugrunde liegen
Goldener/Grüner Weg von Open Access: Unter dem goldenen Weg wird ➞ Open Access vor allem über Erstveröffentlichungen durch Open Access-Journals verstanden, die von Verlagen oder Wissenschaftseinrichtungen verlegt werden. Der grüne Weg bezieht sich dagegen in erster Linie auf → Zweitveröffentlichungen vornehmlich in institutionellen Repositorien von Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
HPC: High Performance Computing Identity Management: Verwaltung der Identitäten und Zugriffsrechte von Mitgliedern, Angehörigen und Gästen einer Organisation (➞ bwIDM)
Image: Digitales Abbild Interoperabilität: Die Möglichkeit, verschiedene Systeme über (offene) Schnittstellen so zu verknüpfen, dass sie Elemente eines umfassenderen Systems sind
KII-Papier: Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland – Empfehlungen der „Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur“ (KII) im Auftrag der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder (GWK), http://www.leibniz-gemeinschaft.de/infrastrukturen/kii/, April 2011
Kollaboratives Arbeiten (oder E-Collaboration): Arbeitsweisen (z. B. schreiben, dokumentieren, Wissensmanagement), bei denen mehrere Autoren als gemeinschaftliche Urheber zusammenarbeiten, z. B. in einem Wiki
Konsortium Baden-Württemberg: Zusammenschluss von derzeit 51 wissenschaftlichen Bibliotheken zum gemeinschaftlichen Erwerb der Lizenzen für elektronische Medien. Das Konsortium Baden-Württemberg besteht seit 1999. Die Geschäftsführung wird von der Universitätsbibliothek Freiburg geleistet. Die technische Umsetzung des Zugangs zu lizenzierten Medien wird über das Portalsystem ReDI (Regionale Datenbank-Information) bereitgestellt.
Langzeitarchivierung: Erfassung, langfristige Aufbewahrung und Erhaltung der dauerhaften Verfügbarkeit und Interpretierbarkeit von digital vorliegenden Informationen (➞ bwFLA)
LEO-BW: Vernetztes landeskundliches Online-Informationssystem für Baden-Württemberg Lizenzierung: hier: Erwerb der Nutzungsrechte für elektronische Medien (digitale Publikationen, E-Journals, Datenbanken) oder Software
20
E-SCIENCE
LSDF: Large-scale data facility: Großer Datenspeicher für die wissenschaftlichen Einrichtungen in Baden-Württemberg (➞ bwLSDF)
Metadaten: Strukturierte, maschinell lesbare Daten, die Informationen zu den Datenobjekten (z. B. Publikationen, Digitalisate, Forschungsdaten) enthalten. Sie sind zur Beschreibung, Identifizierung, Klassifizierung und Interpretation der Datenobjekte notwendig, z. B. Autoren, Titel, Stichwort, Lizenzinformation, Datenformat. Als Open Access (engl.: offener Zugang) wird der freie Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und anderen Materialien im Internet bezeichnet. Ein wissenschaftliches Dokument unter Open Access-Bedingungen zu publizieren, gibt jedermann die Erlaubnis, dieses Dokument zu lesen, herunterzuladen, zu speichern, es zu verlinken, zu drucken und damit entgeltfrei zu nutzen. Darüber hinaus können über Freie Lizenzen den Nutzern weitere Nutzungsrechte eingeräumt werden, welche die freie Nach- und Weiternutzung, Vervielfältigung, Verbreitung oder auch Veränderung der Dokumente ermöglichen können.
Opt-in/Opt-out: Lizenzverhandlungen werden grundsätzlich für das ganze Konsortium oder für ein Teilkonsortium (z. B. Universitätsbibliotheken) geführt. Nach Möglichkeit werden sie so offen gehalten, dass sich einzelne Bibliotheken von der Konsortiallizenz ausschließen (Opt-out) oder sich einem Teilkonsortium anschließen (Opt-in) können. (S. 33)
Persistent Identifier (PID): Eindeutige, dauerhafte Adresse digitaler Inhalte, z. B. URN®, DOI®) Repositorium: Speicher zur Ablage digitaler Inhalte und ihrer ➞ Metadaten Resource Discovery System (RDS): Portal zur Recherche in elektronischen Medien, insbesondere in digitalen Publikationen. Durch die Nutzung von Indexdiensten, die eigens lizenziert werden, können z. B. Autoren, Titel, Stichwörter gesucht oder auch Abstracts oder Volltexte durchsucht werden.
Retrodigitalisierung (oder retrospektive Digitalisierung): Digitalisierung analoger Publikationen (z. B. Handschriften, Printmedien, Filme, Tonbänder).
Scanner: Gerät zur ➞ Digitalisierung von physischen Objekten mit optischen Methoden. Für die unterschiedlichen historischen Dokumentenarten werden unterschiedliche Scanner benötigt, um qualitativ hochwertige Digitalisate bei schonendster Behandlung der Objekte erstellen zu können. Unterschieden werden Buchscanner bzw. Aufsichtsscanner, Mikrofilm-Scanner, Dokumenten-Scanner und Flachbett-Scanner.
Virtuelle Forschungsumgebung (VFU): Arbeitsplattform, die eine kooperative Forschungstätigkeit durch mehrere Wissenschaftler an unterschiedlichen Orten zu gleicher Zeit ohne Einschränkungen ermöglicht
ZVDD: Portal für in Deutschland erstellte Digitalisate von Druckwerken vom 15. Jahrhundert bis heute
21
TEI L A
E I N F Ü H R U N G UND Z USAMME NFASSUNGE N
Zweitveröffentlichungsrecht: Darunter ist das Recht des Autors (persönliches Mandat) zu verstehen, bei öffentlich geförderten Forschungsergebnissen nach Ablauf einer Frist von in der Regel 6 bis 12 Monaten seine Publikation unbeschadet von Rechten Dritter anderweitig nichtkommerziell öffentlich zugänglich zu machen. Für eine entsprechende urheberrechtsvertragliche Regelung im Urheberrechtsgesetz setzen sich die Allianz der Wissenschaftsorganisationen und die Kultusministerkonferenz, aber auch die EU-Kommission im Rahmen von Horizont 2020 ein. Mitunter wird hierfür synonym der Begriff „Zweitverwertungsrecht“ verwendet; dies ist jedoch missverständlich, da darunter das Recht der Institution, bei der der Autor als Wissenschaftler beschäftigt ist, verstanden wird, dessen Publikation anderweitig nichtkommerziell zu veröffentlichen (sog. institutionelles Mandat).
4 · LITERATUR
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): · Positionspapier „Die digitale Transformation weiter gestalten – der Beitrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu einer innovativen Informationsinfrastruktur für die Forschung“, http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/positionspapier_digitale_transformation.pdf, Juni 2012 · Übergreifende Empfehlungen zu Informationsinfrastrukturen, http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/ 10466-11.pdf, Januar 2011.
Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft: · Handlungsempfehlungen der Projektgruppe „Bildung und Forschung“, Ausschussdrucksache 17(24)052, http:// www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzungen/20120625/A-Drs_17_24_052_-_PG_Bildung_und_Forschung_Handlungsempfehlungen.pdf, Juni 2012.
EU-Kommission: · Empfehlung der Kommission vom 17. Juli 2012 über den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und deren Bewahrung (2012/417/EU), http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:194:0039:0043:DE:PDF, Juli 2012. · Riding the wave – How Europe can gain from the rising tide of scientific data. Final report of the High Level Expert Group on Scientific Data. A submission to the European Commission, http://cordis.europa.eu/fp7/ict/e-infrastructure/docs/hlg-sdi-report.pdf, Oktober 2010.
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder (GWK): · Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland – Empfehlungen der Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur im Auftrag der GWK, http://www.leibniz-gemeinschaft.de/infrastrukturen/kii/, April 2011.
Hochschulrektorenkonferenz (HRK): · Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Entschließung der 13. Mitgliederversammlung vom 20.11.2012, http://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/Entschl._Informationskompetenz_final_20_11.pdf, November 2012.
22
E-SCIENCE
Wissenschaftsrat (WR): · Empfehlungen zu einem Kerndatensatz Forschung, http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2855-13.pdf, Januar 2013. · Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020, http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2359-12.pdf, Juli 2012. · Übergreifende
Stellungnahme
zu
Informationsinfrastrukturen,
http://www.wissenschaftsrat.de/download/ar-
chiv/10466-11.pdf, Januar 2011.
er Computer-Pionier Konrad Zuse, ein Bauingenieur, begann die Entwicklung der Computer-Technik, um sich selbst von den ermüdenden D baustatischen Routineberechnungen zu befreien. 2 Eugene Myers, Direktor des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden, bei einem Vortrag am 16.10.2012 am HITS, Heidelberg: „Combined with new modalities of light microscopy, this allows us to observe molecular mechanisms within the cell, observe the developmental trajectory of growing organs, and to map the cellular anatomy of organisms and organs such as the brain, the heart, or the stem of a plant. All this increasingly requires computation to either extract information or to quantitatively measure an effect in the vast sea of images produced by such explorations. This is creating the growing sub-field of bioimage informatics.” 3 „Towards 2020 Science“, http://research.microsoft.com/en-us/um/cambridge/projects/towards2020science/downloads.htm, Microsoft Corporation, 2006. 1
23
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER
AG 1 · Lizenzierung Innovationspotenzial und Perspektiven für die Lizenzierung von E-Medien und Software in Baden-Württemberg
24
E-SCIENCE
IN H A LT
1. Einleitung
27
2. System Lizenzen
27
3. Nutzeranforderungen
27
3.1 Erwartungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
27
3.2 Erwartungen der Studierenden
28
3.3 Nachfrageorientierte Bedarfserhebung
29
4. Status Quo in Baden-Württemberg
29
4.1 E-Literatur und Datenbanken
29
4.2 Software
31
5. Nationaler und internationaler Kontext
32
6. Innovationspotenzial und Perspektiven für die Lizenzierung von E-Medien und Software in Baden-Württemberg
32
6.1 Konsortium Baden-Württemberg zur Versorgung mit E-Medien
32
6.2 Neues Konsortialmodell Softwarelizenzen
34
7. Konkreter Handlungsbedarf (2013-2017) und Empfehlungen an ...
35
7.1 … die Universitäten, Hochschulen (LRKs) und Landesbibliotheken
35
7.2 … die Landesregierung
36
Anhang 1: Die Versorgungsstruktur für elektronische Medien
37
Anhang 2: Am Konsortium BW teilnehmende Einrichtungen
38
Anhang 3: Alternative Konsortialstrukturen
38
Anhang 4: Technische Infrastruktur des Konsortiums
39
Anhang 5: Etatentwicklung des Konsortiums Baden-Württemberg
40
Anhang 6: Ausgaben der wissenschaftlichen Bibliotheken für digitale Inhalte
41
Anhang 7: Übersicht Landes-Softwarelizenzen
42
Anhang 8: Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Vergabe zentraler Mittel
43
Anhang 9: Schnittstelle zu Virtuellen Forschungsumgebungen
43
Anhang 10: Transformationsprozess von Subskriptions- zu Open Access-Modellen
44
25
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
MITGLIEDER DER ARBEITSGRUPPE
PROF. DR. OLAF GEFELLER
Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Universität Erlangen-Nürnberg KARL-WILHELM HORSTMANN
Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum, Universität Hohenheim
DR. JOCHEN JOHANNSEN
Badische Landesbibliothek Karlsruhe DR. ANTJE KELLERSOHN
Bibliothek, Universität Freiburg PER KNUDSEN
Bibliothek, Universität Mannheim ATO RUPPERT
Bibliothek, Universität Freiburg ASTRID SCHÖNSTEIN
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (Vorsitz) DR. CHRISTIANE SPARY
Bibliothek, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg PROF. DR. THOMAS WALTER
Zentrum für Datenverarbeitung, Universität Tübingen
26
E-SCIENCE
1 · EINLEITUNG „Der Zugang zu Datenbanken und E- J o u rna l s s o w i e d i e N a c h h a l t i gk e i t und N a c h n u t z u n g wissenschaftlicher Daten wird neb e n d e r G e rä t e a u s s t a t t ung e i n i m m e r w i c h t i g e re r F a k t o r für Forschungs- und Innovations p roz e s s e . W i r w e rd e n de s ha l b v e rs t ä rk t i n d i e I nf o r m a t ionsversorgung investieren.”
Koalitionsvertrag „Der Wechsel beginnt“, S. 14, 2011
Als Teil der Landesstrategie Informationsinfra-
der nationalen und internationalen Entwicklungen in diesem
struktur in Baden-Württemberg beschreibt das
Bereich Strategien zur Professionalisierung der Konsortialtä-
vorliegende Papier den Versorgungsstand der
tigkeit. Außerdem werden Bedarfe genannt, die die Grund-
Universitäten und Hochschulen des Landes sowie
versorgung der baden-württembergischen Universitäts- und
der Landesbibliotheken mit elektronischen Infor-
Hochschulangehörigen sowie der Nutzerinnen und Nutzer der
mationsmedien. Es analysiert die sich wandeln-
Landesbibliotheken mit elektronischen Informationsquellen
den Nutzererwartungen an die Bibliotheken als
nachhaltig sicherstellen. Das Strategiepapier skizziert zudem
Anbieter bzw. Vermittler der digital verfügbaren
ein innovatives Konsortialmodell für Softwarelizenzen und be-
Inhalte und formuliert unter Berücksichtigung
schreibt die hierfür notwendigen Strukturen.
2 · SYSTEM LIZENZEN
Bei der Erwerbung von Lizenzen für elektroni-
Form von Kostenersparnissen über Rabatte oder in Form einer
sche Informationsmedien bzw. Software gibt es
größeren Anzahl zur Verfügung stehender Inhalte zu erzielen.
ausgeprägte gemeinschaftliche Erwerbungsstruk-
Zwischen nationalen und regionalen Konsortien gibt es in die-
turen sowohl auf regionaler als auch auf natio-
ser Hinsicht keine Unterschiede; diese bestehen letztlich nur
naler Ebene. Kompetenzen und Ressourcen ver-
im Hinblick auf eine mögliche Förderung durch die DFG und
schiedener Institutionen werden gebündelt. Ziel
in dem größeren Kreis an potenziellen Teilnehmern, inklusive
der konsortialen Erwerbung ist es, über eine ge-
beispielsweise der außeruniversitären Forschungseinrichtun-
steigerte Marktmacht günstigere Konditionen in
gen (zur Versorgungsstruktur vgl. Anhang 1).
3 · NUTZERANFORDERUNGEN 3.1 ERWARTUNGEN DER WISSENSCH A F T L E R I N N EN U N D W I S S E N SCH A F TL ER
Nutzungsintensität und Bedeutung von elektroni-
nenwechsel innerhalb der aktiv tätigen Wissenschaftlerinnen und
schen Medien für die wissenschaftliche Forschung
Wissenschaftler noch verstärken und sich vermutlich auch auf
unterscheiden sich zwischen den einzelnen Fä-
den geisteswissenschaftlichen Bereich ausdehnen wird, hat di-
chern gravierend. Außerhalb des geisteswissen-
rekte Auswirkungen auf die Erwartung der Wissenschaftlerinnen
schaftlichen Bereichs ist jedoch zunehmend die
und Wissenschaftler an die Bibliotheken als Anbieter bzw. Ver-
nahezu ausschließliche Verwendung elektronisch
mittler der digital verfügbaren Inhalte. Klassische Bibliotheksauf-
verfügbarer Inhalte festzustellen. Diese Entwick-
gaben wie Bestandsaufbau und –archivierung von Buch- und
lung, die sich durch den anstehenden Generatio-
Zeitschriftenbeständen sowie die Pflege von bibliothekarischen
27
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
Dokumentations- und Klassifikationssystemen zur Erschließung
Nachweis- und Portalsysteme von besonderer
dieser Bestände treten in den Hintergrund und machen dem Ver-
Bedeutung für die Steigerung der Akzeptanz
ständnis einer Bibliothek als breit aufgestellter Informationsinfra-
und praktischen Nutzung innerhalb der Wissen-
strukturanbieter, der auch die Welt digital verfügbarer Informati-
schafts-Community.
on zugänglich macht, in fortschreitendem Maße Platz. Alle kontinuierlich voranschreitenden EntwickEinheitliche Nutzeranforderungen, wie dies konkret in optima-
lungen auf diesem Gebiet, durch das Angebot von
ler Weise zu geschehen hat, lassen sich nicht ohne einen Bezug
Informationsinfrastrukturanbietern einen komfor-
zu einzelnen Fächern formulieren. Allen Fächern gemeinsam ist
tablen Zugang zu digital verfügbarer Information
allerdings der Nutzerwunsch nach einem technisch komfortab-
mittels einfach zu bedienender elektronischer
len elektronischen Zugang zu digital verfügbarer Information,
Werkzeuge zu ermöglichen, sind stets daraufhin
der ohne komplizierte Authentifizierungsverfahren möglich
zu überprüfen, ob sie von der Zielgruppe, den
sein muss (umfassende Nutzbarkeit, zeitlich und mengenmä-
forschenden Wissenschaftlerinnen und Wissen-
ßig unbegrenztes Abspeichern, unbeschränkte Ausdruck- und
schaftlern unterschiedlicher Fächer, breit genutzt
Kommentierungsfunktionen, Verfügbarkeit in Standardforma-
werden. Eine parallel zur technischen Weiterent-
ten wie PDF oder EPUB). Auch eine direkte Einbindung in
wicklung stattfindende Information und Fortbil-
Virtuelle Forschungsumgebungen und andere Systeme der For-
dung der Wissenschaftler über die sich bietenden
schungskollaboration muss möglich sein.
Möglichkeiten muss daher unverzichtbarer Bestandteil der Aktivitäten sein.
Zudem ist die Integration der elektronischen Bibliotheksangebote in bereits bestehende fachspezifische elektronische
3 . 2 E RWARTUNGEN DER STUDIERENDEN
Studentische Nutzeranforderungen decken sich in weiten
eine digitale Nutzung zur Verfügung stehen, er-
Teilen mit den unter 3.1 beschriebenen Erwartungen der
freut sich bei Studierenden einer immer stärke-
Wissenschaftler, insbesondere hinsichtlich eines technisch
ren Nachfrage und bedarf daher des besonderen
komfortablen elektronischen Zugriffs auf digital verfügba-
Augenmerks beim Ausbau digitaler Angebote
re Information im Sinne einer Plug & Play-Lösung. Die Ak-
für Studierende. Dabei ist zu beachten, dass es
zeptanzfrage stellt sich bei Studierenden in noch geringerem
sich hierbei um durchaus hochpreisige Ange-
Maße als im Wissenschaftlersegment, da hier keine tradierten
bote handelt, da sich die Anbieter den Wegfall
Nutzungsgewohnheiten verändert werden müssen. Studen-
von Mehrfachexemplaren mit einem deutlich
tische Nutzung digitaler Angebote unterscheidet sich nicht
höheren E-Book-Preis refinanzieren lassen. Mit
in der Frage, wie die Angebote genutzt werden, sondern nur
fortschreitendem Stadium des Studiums und
– insbesondere bei Studierenden in einem frühen Studienab-
fachlicher Spezialisierung gleichen sich die stu-
schnitt – in der Frage, was inhaltlich im Fokus der Nutzung
dentischen Anforderungen auch in inhaltlichen
steht. Insbesondere das E-Book-Segment, in dem auch einfüh-
Aspekten immer stärker an wissenschaftliche
rende Lehrbücher und Standardwerke eines Fachgebiets für
Nutzeranforderungen an.
28
E-SCIENCE
3 .3 NACHFRAGEORIENTIERTE BEDAR F S E R H EBU N G
Bibliotheken und Informationszentren in den
dabei auch mit den Universitäts- und Hochschulbibliotheken
Hochschulen des Landes steuern Lizenzierung
vor Ort ab.
und Bereitstellung gedruckter und digitaler Medien nachfrageorientiert in enger Abstimmung
Die Nutzung bereitgestellter digitaler Medien wird routine-
mit den Wissenschaftlern und Studierenden. Die
mäßig über Nutzungsstatistiken (Suchanfragen, Downloads)
Bedarfsermittlung erfolgt z. B. anhand von Be-
erfasst und dient ebenfalls als wesentliche Grundlage bei den
darfslisten aus Instituten, Fakultäten und/oder
Beschaffungs- bzw. Lizenzierungsentscheidungen. Der auf die-
Lehrstühlen, durch Beschaffungsvorschläge von
se Weise lokal erhobene Bedarf an digitalen Medien wird über
Studierenden, durch Gespräche von Fachrefe-
die Bibliotheken und Informationszentren in das baden-würt-
renten mit den jeweiligen Universitätseinrich-
tembergische Erwerbungskonsortium oder in bundesweite
tungen, durch Senatsausschüsse für Bibliotheken
Konsortien zur gemeinsamen Lizenzierung überführt.
bzw. Informationseinrichtungen oder weitere Gremien zur Abstimmung des Medienbedarfs
Der Bedarf der Wissenschaftler/innen und Studierenden
in Forschung, Lehre und Studium. Eine weitere
wird somit systematisch und lokal erhoben und soweit bei
Quelle zur Identifizierung des Medienbedarfs
beschränkten Ressourcen möglich, lokal oder über konsorti-
sind zudem Berufungsverhandlungen. Auch die
ale Beschaffung und Bereitstellung befriedigt. Die Auswahl
Landesbibliotheken gehen in ihrer Erwerbungs-
der zu lizensierenden Inhalte erfolgt also bottom up und nicht
politik nutzerorientiert vor und stimmen sich
top down.
4 · STATUS QUO IN BADEN-WÜRTTEMBERG 4 .1 E-LITERATUR UND DATENBANKEN
Das Konsortium Baden-Württemberg, ein Zusam-
Das Konsortium wird gegenüber den Verlagen und Anbietern
menschluss der wissenschaftlichen Bibliotheken
von der UB Freiburg vertreten. Sie übernimmt die Geschäfts-
im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissen-
führung, koordiniert die Arbeit des Konsortiums und bewirt-
schaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg,
schaftet die zur Verfügung gestellten Mittel. Die Entscheidung
besteht seit 1999. Derzeit nehmen 51 Bibliotheken
über die konsortiale Beschaffung eines Produktes fällt stets das
am Konsortium teil (vgl. Anhang 2). Es organi-
Konsortium. Die Verhandlungen mit den Anbietern werden
siert und koordiniert den gemeinschaftlichen Er-
von den Konsortialteilnehmern arbeitsteilig geführt4 (zu alter-
werb von Lizenzen für Datenbanken, E-Books und
nativen Konsortialstrukturen vgl. Anhang 3).
elektronischen Zeitschriften und erzielt dabei z. T. beträchtliche Rabatte bzw. einen Zugewinn an zur
Seit 1999 stellt das Wissenschaftsministerium jährlich eine
Verfügung stehenden Inhalten. Darüber hinaus
feste Summe zur Beschaffung von elektronischen Fachin-
konnten durch die Konsortialbeschaffung der Ar-
formationsangeboten und für den technischen Betrieb von
beits- und Verwaltungsaufwand reduziert und das
ReDI (Regionale Datenbankinformation) zur Verfügung (zu
Know-how im Umgang mit elektronischen Infor-
ReDI vgl. Anhang 4). Die Mittelzuteilung ist aus historischen
mationsressourcen gebündelt werden.
Gründen in die folgenden Titel aufgeteilt:
29
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
Zuweisungen für das Konsortium Baden-Württemberg (2011) K A PITEL / TITEL
ZUWEISUNGSBETRAG
B E M E R K U N G EN
IN EURO
1407 428 01
2 Personalstellen E13TVL (Stuttgart, Freiburg) für ReDI
1407 534 02
119.100
1407 74*
1.056.500
Summe 1407 abzüglich 70.000 Euro GMA
* Die Ausgabeermächtigung erhöht oder vermindert sich um die Mehr- oder Wenigereinnahmen bei Titelgruppe 74 i.H.v. 103.500 Euro
Die zur Beschaffung von Lizenzen verfügbaren Mittel sind seit
16 Mio. Euro angestiegen und werden bald die
1999 nicht erhöht worden. Dem gegenüber stehen aber Preis-
20 Mio.-Marke überschreiten (vgl. Anhang 6).
steigerungen im Bereich der elektronischen Angebote, die deut-
Der Transformationsprozess bei den Zeitschriften
lich über dem allgemeinen Preissteigerungsniveau liegen (z. T.
– weg von der gedruckten Ausgabe, hin zu den
mehr als 8 % p.a.5). Die Zahl der teilnehmenden Einrichtungen
E-Journals – ist bereits weit gediehen und insbe-
steigt, so dass sich auch die anfallenden Lizenzkosten für die
sondere durch den Kauf großer Pakete in den STM-
lizenzierten Angebote kontinuierlich erhöhen. Das Angebot an
Bereichen6 stark befördert worden. Die drastisch
elektronischen Fachinformationen muss parallel mit dem Auf-
steigenden Ausgaben für E-Journals gehen aber
kommen neuer Informationsprodukte und dem entsprechen-
immer mehr zu Lasten der Etats für Printmedien,
den Bedarf der Hochschulen stetig ausgeweitet werden. Die
insbesondere für den Monografienkauf (vgl. An-
hieraus entstehende Finanzierungslücke muss das Konsortium
hang 6). Dieser Trend wird in besonderem Maße
seit 2006 durch eine Umlage auf die nutzenden Einrichtungen
die Geistes- und Kulturwissenschaften treffen, die
decken. Die Umlagebeträge sind von anfangs 14 % auf inzwi-
im Vergleich zu den STM-Fächern wenig Bedarf an
schen 39 % dramatisch angestiegen (vgl. Anhang 5, Tabelle
Zeitschriften haben, aber besonders abhängig von
1). Das MWK hat seit 2006 immer wieder Sondermittel bereit-
einer guten Ausstattung an – in der Regel noch
gestellt, um einzelne Bibliothekssparten bei der Beschaffung
gedruckten – Monografien sind. Auch im Bereich
von elektronischen Zeitschriften zu unterstützen (vgl. An-
der Zeitschriften und Datenbanken mussten auf-
hang 5, Tabelle 2). Dennoch wird die Diskrepanz zwischen
grund fehlender Ressourcen bereits substanzielle
den zentral durch das MWK finanzierten Ausgaben und den
Abbestellungen durchgeführt werden. Als beson-
lokal von den baden-württembergischen wissenschaftlichen Bi-
ders drastisches Beispiel ist hier die Datenbank
bliotheken für digitale Inhalte insgesamt aufgewendeten Mit-
REAXYS zu nennen, die auch an Hochschulen
teln immer größer. So sind allein zwischen 2005 und 2010 die
mit forschungsstarken Chemie-Fakultäten nicht
Ausgaben für digitale Angebote von knapp 4 Mio. auf knapp
mehr flächendeckend zur Verfügung steht.
30
E-SCIENCE
4 .2 SOFTWARE
Die Rechen- und Informationszentren der Univer-
Die Umsetzung von Landeslizenzen im Bereich Software ist
sitäten des Landes haben die Vorteile des konsor-
grundsätzlich vergleichbar mit der der E-Medien und erfolgt in
tialen Lizenz- und Software-Managements beim
einem mehrstufigen Verfahren:
Einsatz kommerzieller Softwareprodukte früh
(1) Bedarfsermittlung:
erkannt und seit mehreren Jahren konsequent
Im Kreise der Leiter der Informations- oder Rechenzentren
ausgebaut . Die Vorteile sind primär wirtschaftli-
werden regelmäßig die in Frage kommenden Produktberei-
cher Art, darüber hinaus ergeben sich durch ein
che bewertet und wird ggf. ein Teilnehmer mit der genaue-
abgestimmtes Vorgehen eine wesentlich verein-
ren Analyse betraut.
7
fachte Verwaltung, eine Vereinheitlichung des lo-
(2) Entwicklung einer Umrechnungspauschale:
kalen Angebotes sowie eine wesentlich stärkere
Komplex gestaltet sich die Ermittlung einer Kostenverrech-
Verhandlungsposition gegenüber dem Lizenzge-
nung, so dass möglichst viele Teilnehmer eine potenzielle
ber. Als sinnvoll hat sich dieses Vorgehen in al-
Konsortiallizenz im Bereich Software nutzen und anderer-
len Fällen des Volumengeschäfts erwiesen, wenn
seits geringe Kosten für die Teilnehmer anfallen. Hier liegt
also eine große Anzahl an Lizenzen abgenommen
ein umfassender, hochschultypübergreifender Prozess zu
wird. Je nach Lizenzgeber kommen verschiedene
Grunde, der auch Vorverhandlungen mit dem potenziellen
Modelle zum Einsatz: Beitrittsmodelle (nochmal
Lizenzgeber beinhaltet.
unterschieden zwischen ganzen Einrichtungen
(3) Im Falle der temporären Mitfinanzierung durch das Land
und Teileinrichtungen), Abgabe von Lizenzbün-
nach Art. 143c GG ist eine Begutachtung im Programm
deln oder nur Angebot einheitlicher Vergabe-
“Großgeräte der Länder” der DFG durchzuführen.
konditionen. Der Kreis der Teilnehmer geht z. T.
(4) Wenn ein akzeptiertes Verteilmodell gefunden ist und die
über den der staatlich getragenen Hochschulen
belastbaren Beitrittserklärungen der Teilnehmer vorlie-
hinaus (private Hochschulen).
gen, sind die eigentlichen Vertragsverhandlungen mit dem Lizenzgeber durch die federführende Einrichtung zu führen
Im Jahr 2012 bestehen konsortiale Lizenzverträ-
und ist der Vertrag abzuschließen.
ge für alle Microsoft Desktop-Produkte, für das
(5) Häufig verkauft der Lizenzgeber nicht direkt an die feder-
integrierte Bibliothekssystem aDIS/BMS, für GIS-
führende Einrichtung, sondern bietet seine Dienste nur
Software (ESRI arcGIS), für Statistik (IBM SPSS),
über Reseller an; dann ist eine Ausschreibung, bei den Kos-
für Viren-Software (McAfee) und Backup-Soft-
tenvolumina meistens EU-weit, notwendig.
ware (IBM Tivoli TSM) (vgl. Anhang 7). Wei-
(6) Nach Erwerb der Lizenzen sind diese abzurechnen.
tere werden verhandelt (Matlab, VMWare). Das
(7) Parallel zur Abrechnung sind die Lizenzen technisch zu ver-
Gesamtvolumen dieser Lizenzverträge liegt jähr-
teilen. Hierzu kann auch der Betrieb von Portalen zur Soft-
lich im Bereich von 3 Mio. Euro. Softwarelizenzen
wareverteilung, wichtiger aber noch der Betrieb von Servern
erwerben die Hochschulen mit eigenen Mitteln.
für die Verwaltung von Lizenzkeys (wie KMS von Microsoft)
In einzelnen Fällen gibt es für die Anfangsphase
gehören. Hier und bei Schritt (5) wird in manchen Fällen
(maximal 3 Jahre) einen Zuschuss des Landes, um
auch auf bestehende Strukturen industrieller Partner für den
leichter genügend Teilnehmer für ein wirtschaft-
Softwarevertrieb zurückgegriffen, wobei dann die Umsatz-
lich tragfähiges Modell zu finden.
steuerverrechnung besonders zu beachten ist.
31
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
5 · NATIONALER UND INTERNATIONALER KONTEXT
Sowohl der Wissenschaftsrat als auch die Gemeinsame Wissen-
schehens aus. Dabei können und sollen sich auch
schaftskonferenz des Bundes und der Länder haben in der lau-
regionale Konsortialstrukturen zukünftig verstärkt
fenden Diskussion um die Weiterentwicklung der Informationsin-
einbringen.
frastruktur in Deutschland die Ansätze der DFG bzw. der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen für eine nationale
Im Rahmen des neuen Förderprogramms der DFG
Lizenzierungsstrategie aufgegriffen und in Richtung des Aufbaus
„Fachinformationsdienste für die Wissenschaft“ sol-
eines “stabile[n] strukturelle[n] Rahmen[s]” für die gemeinschaft-
len mittelfristig Kompetenzzentren zur Lizenzie-
liche Bedarfserhebung und zentralisierte Verhandlungsführung für
rung elektronischer Medien aufgebaut werden. Die-
wissenschaftliche Literatur und Informationen in digitaler Form
se Einrichtungen sollen für alle Bibliotheken, die
weiterentwickelt.8 Bis auf weiteres sollen die AG Lizenzen der Al-
Verantwortung für ein oder mehrere Fachinformati-
lianzinitiative und die DFG hier eine koordinierende Rolle auf der
onsdienste tragen, einen Vollservice zur Beschaffung
nationalen Versorgungsebene übernehmen. Die Lizenzkosten wie
kostenpflichtiger digitaler Ressourcen und bei der
auch die Overheadkosten sollen von den lizenznehmenden Ein-
Abwicklung technischer Prozesse aus einer Hand
richtungen (Bibliotheken) selbst bzw. als zentrale Mittel von deren
anbieten9. Es wird derzeit geprüft, inwieweit das
Unterhaltsträgern aufgebracht werden. In infrastrukturpolitischer
Konsortium Baden-Württemberg sich als ein sol-
Hinsicht gehen von den genannten Organisationen starke Impul-
ches Kompetenzzentrum in die Versorgungsstruktur
se in Richtung einer stärkeren Koordinierung des Konsortialge-
der Fachinformationsdienste einbringen kann.
6 · INNOVATIONSPOTENZIAL UND PERSPEKTIVEN FÜR DIE LIZENZIERUNG VON E-MEDIEN UND SOFTWARE IN BADEN-WÜRTTEMBERG 6 . 1 K O NSORTIUM BADEN-WÜRTTEMBERG ZU R V E R S O RG U N G M I T E - M ED I EN
Vision 2020 – Vollversorgung für Forschung und Lehre
ning-Umgebungen, die bei einem Hochschulwechsel
In Baden-Württemberg steht 2020 eine Informationsinfrastruktur
weiterverwendet werden können. Der Zugang zu
für Wissenschaft, Forschung und Lehre und über weitere Wissen-
elektronischen Informationsquellen ist innerhalb Ba-
schaftseinrichtungen wie die Landesbibliotheken auch für weitere
den-Württembergs auf Grund der existierenden Voll-
Bevölkerungsschichten zur Verfügung, die bundesweit als vorbild-
versorgung gewährleistet, so dass Universitäten und
lich anerkannt ist. Sie zeichnet sich durch ebenso hervorragende
Hochschulen in diesem Bereich innerhalb des Landes
wie einfach zu bedienende Zugangs- und Recherchemöglichkeiten
nicht konkurrieren, während exzellente Forschende,
aus, die kommerziellen Suchmaschinen in nichts nachstehen, sowie
Lehrende und Studierende deshalb in Baden-Würt-
durch eine ausgezeichnete Versorgung mit Volltexten. Studieren,
temberg bleiben bzw. nach Baden-Württemberg
Lehren und Forschen in Baden-Württemberg bedeutet, dass die be-
kommen wollen.
nötigte Literatur bzw. andere Informationsmedien unmittelbar zur Verfügung stehen, sei es Open Access, mit vorhandener Lizenz oder
Das Finanzkonzept als Beteiligungsmodell
als elektronischer Sofortlieferdienst. Diese Informationsquellen sind
Um eine derartige ausreichende Versorgung mit
bruchlos integriert in Virtuelle Forschungs-, Arbeits- und E-Lear-
elektronischen Fachinformationsangeboten durch
32
E-SCIENCE
das Konsortium Baden-Württemberg sicherstellen
gerechte Verteilung der zentralen Mittel erfolgt (zu Qualitätssiche-
zu können, st ein schrittweiser Mittelaufwuchs für
rungsmaßnahmen bei Vergabe zentraler Mittel vgl. Anhang 8).
die Grundversorgung auf insgesamt 10 Mio. Euro notwendig.
Professionalisierung der Geschäftsstelle Um die Ausweitung des Konsortialportfolios unterstützen zu kön-
Die Lizenzierung von Produkten über das Konsor-
nen, muss eine zentrale Geschäftsstelle personell neu aufgebaut
tium Baden-Württemberg setzt grundsätzlich eine
werden. Sie koordiniert die Verhandlungen und pflegt Kontakte
50 % Eigenbeteiligung der lizenznehmenden Ein-
zu den Anbietern. Sie unterstützt die Verhandler logistisch und
richtungen voraus. Die Lizenzierung erfolgt – ana-
juristisch, z. B. bei Fragen der Vertragsausgestaltung oder hin-
log zur nationalen Versorgungsebene – über Opt-
sichtlich der Nutzungsmöglichkeiten im Kontext von Virtuellen
in/Opt-out-Verfahren. Im Rahmen des eigenen aber
Forschungsumgebungen. Die Geschäftsstelle sollte künftig auch
auch des Konsortialbudgets können die Einrichtun-
verstärkt als Koordinierungs- bzw. Beratungsinstanz für Open Ac-
gen einzelne Produkte bedarfsgerecht lizenzieren.
cess-Geschäftsmodelle fungieren. Sie ist für die ordnungsgemäße Finanzabwicklung aller Vorgänge verantwortlich.
Nach Verfügbarkeit eines Rahmenangebotes eines Anbieters/Verlages, in dem die Lizenzbedingun-
Hierzu ist zum einen eine Stelle des höheren Dienstes erforder-
gen abschließend beschrieben sind, werden die
lich, vorteilhaft ist eine Ausbildung zum wissenschaftlichen Bib-
tatsächlich interessierten Einrichtungen informiert
liothekar mit juristischem Hintergrund. Zum anderen sollte zur
und aufgefordert, ihr Votum abzugeben. Der end-
Abwicklung administrativer Aufgaben (Abrechnung, Rechnungs-
gültige Lizenzvertrag wird dann vom Konsortium,
bearbeitung, u.a.) die Geschäftsführung durch eine/n Verwaltungs-
vertreten durch die Geschäftsstelle bzw. ihre Trä-
mitarbeiter/in (gehobener Dienst) unterstützt werden.
gerorganisation, im Namen und Auftrag der beteiligten Einrichtungen abgeschlossen. Der Nutzungs-
Nach wie vor sind die Verhandler in den einzelnen Einrichtun-
und Lizenzzeitraum beträgt jeweils mindestens
gen angesiedelt. Nur dort ist die notwendige, fachspezifische Ex-
ein Jahr. Die Kostenabrechnung gegenüber den
pertise zu finden, die zur Steuerung des tatsächlichen Bedarfs
Anbietern/Verlagen erfolgt über die Geschäftsstelle.
erforderlich ist. Die unter Kap. 3.3 beschriebenen Verfahren zur nachfrageorientierten Bedarfserhebung haben sich bewährt und
Durch dieses Konzept entsteht eine Angebotsplatt-
sollen weiter genutzt werden.
form, die zentral organisiert, aber dezentral entschieden wird. Mit diesem Geschäftsmodell bleibt
Das Konsortium als Entscheidergremium
die Entscheidung zur Lizenzierung eines Produktes
Das Konsortium ist die Gruppe aller teilnehmenden Einrichtun-
grundsätzlich in der einzelnen Einrichtung.
gen und seiner Verhandler. Im Konsortium soll jeder Hochschultyp durch mindestens eine Vertretung repräsentiert sein – auch
Sofern die zentral zur Verfügung gestellten Mittel
wenn diese Person nicht als Verhandler auftritt. Diese Organi-
nicht ausreichen, um den gesamten Bedarf an digita-
sationsform soll zweierlei sicherstellen: Zum einen müssen alle
len Angeboten zu decken, wird derzeit im Konsorti-
Hochschultypen angemessen vertreten werden und zum anderen
um schrittweise ein umlagebasiertes Finanzierungs-
brauchen die engagierten Personen und Einrichtungen ein Fo-
modell eingeführt, damit eine möglichst faire und
rum zum Erfahrungsaustausch.
33
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
Das Konsortium entscheidet über das Produktportfolio. Dieses
sondern hat auch zum Ziel, die Rolle des Konsor-
wird von den Verhandlern im Konsortium jährlich neu zusam-
tiums im Hinblick auf die nationale Versorgungs-
mengestellt und mit den Anbietern/Verlagen ausgehandelt. Wel-
ebene weiter zu verstärken. Baden-Württemberg
che Produkte dabei in die zentrale Förderung aufgenommen wer-
ist eine der bedeutendsten Hochschulregionen in
den, entscheidet das Konsortium auch unter Zugrundelegung
Deutschland und verfügt über zahlreiche innova-
der Grundsätze der DFG, beschrieben in „Grundsätze für den
tive Bibliotheken und über ein leistungsfähiges
Erwerb DFG-geförderter überregionaler Lizenzen” .
Konsortium, das im Zuge der bundesweiten Ar-
10
beitsteilung der GASCO-Konsortien auch überreDie Verhandlungsführer sind die erfahrenen Einkäufer in den Bi-
gionale Aufgaben übernimmt.
bliotheken. Ein Rahmenangebot schreibt die Konditionen fest. Die Konditionen werden den interessierten Einrichtungen trans-
Dennoch ist das Land in den DFG-geförderten
parent gemacht.
Beschaffungsstrukturen bisher weitgehend unterrepräsentiert: Zwar entsendet z. B. die Univer-
Verstärkte Positionierung im nationalen Versorgungs-
sitätsbibliothek Heidelberg seit 2012 eine Ver-
kontext
treterin in die AG Nationale Lizenzierung der
Das Konsortium Baden-Württemberg soll sich künftig zu einer
Schwerpunktinitiative „Digitale Information” der
noch leistungsfähigeren Organisation zur Unterstützung der wis-
Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisatio-
senschaftlichen Bibliotheken des Landes Baden-Württemberg
nen, aber hinsichtlich der Verhandlungsführung
entwickeln und möglichst alle benötigten und auf konsortialer
bei den Allianzlizenzen sollte das Konsortium
Ebene verfügbaren Angebote koordinieren und vertraglich absi-
Baden-Württemberg zukünftig eine deutlich akti-
chern. Die Vertragsverhandlungen werden künftig verstärkt auch
vere Rolle spielen. Ein schlagkräftiges Konsortium
(Nach-)Nutzungsmöglichkeiten in Virtuellen Forschungsumge-
mit einer professionellen Geschäftsstelle sollte
bungen und Open Access-Komponenten beinhalten (vgl. An-
das Ziel haben, die Interessen der Wissenschafts-
hänge 9 und 10).
region Baden-Württemberg in Deutschland durch ein verstärktes Engagement in den sich neu her-
Die Stärkung und Professionalisierung der baden-württember-
ausbildenden kooperativen Erwerbungsstrukturen
gischen Konsortialstrukturen dient nicht nur der Verbesserung
zu wahren und einen der Bedeutung des Landes
der wissenschaftlichen Informationsversorgung im Bundesland,
angemessenen Beitrag zu leisten.
6 . 2 NEUES KONSORTIALMODELL SOFTWARELI Z E N ZEN
Die wirtschaftlichen und organisatorischen Vorteile der konsorti-
Die unter Software beschriebenen Schritte (1) und
alen Softwarebeschaffung wurden in Kap. Software erläutert. Es
(2) sind individuell und unabhängig vom vergleich-
ist aus den dort beschriebenen Gründen sinnvoll und angestrebt,
baren Prozess bei den E-Medien zu sehen, welche ja
die konsortiale Erwerbung von Softwarelizenzen weiter auszubau-
ebenfalls die Verhandlungsphase dezentral struktu-
en und organisatorisch zu gliedern. Hierbei ist eine Bündelung
rieren; dies gilt noch stärker für eine Begutachtung
mit dem bestehenden Konsortium für E-Medien naheliegend und
durch die DFG in Schritt (3). Zu (4) gehört als wich-
sinnvoll.
tiger Bestandteil die juristische Prüfung der teilwei-
34
E-SCIENCE
se sehr umfangreichen und international verfassten
on ist in Schritt (5) gefordert: der – häufig EU-weiten – Ausschrei-
Vertragsentwürfe; hier soll eine Koordination mit
bung. Seitens des bestehenden Konsortiums für E-Medien besteht
der bestehenden Infrastruktur für E-Medien ange-
hierfür keine Notwendigkeit, weshalb auch keine Infrastruktur
strebt werden, primär unter Nutzung der dort vor-
vorgehalten wird. Bisher erfolgte diese Arbeit durch diejenige
handenen Kompetenz, unter besonderen Bedingun-
Universitätsverwaltung, deren Rechen- oder Informationszentrum
gen (erhöhte Auslastung, spezielle Fragestellungen)
die Verhandlungen geführt hat. Künftig sollte die Aufgabe dauer-
ist eine externe juristische Beratung zu erwägen.
haft an einer Stelle – an einer Beschaffungsabteilung einer Lan-
Die Abrechnung der Lizenzen in Schritt (6) erfolgt
desuniversität – gebündelt werden, um dort spezielle Kompetenz
durch die federführende Einrichtung, eine weitere
zu vertiefen und nicht einzelne Universitäten zu stark zu belasten.
Konzentration ist zu prüfen. Der Schritt (7) erfolgt
Die Zahl der Ausschreibungen ist nicht sehr hoch, so dass hierfür
sehr produktspezifisch und ist unabhängig vom Vor-
eine anteilmäßige Entlastung im Umfang von 25 % einer Stelle E11
gehen bei den E-Medien. Eine verstärkte Kooperati-
veranschlagt wird.
7 · K O N KRETER HANDLUNGSBEDARF ( 2 01 3-2 01 7) UND EMPFEHL UNGEN AN… 7 .1 ... DIE UNIVERSITÄTEN, HOCHSCH U L EN ( L R K S ) U N D L A N D E S B I BL I O TH E K E N
Die vorgenannten Ziele sind nur erreichbar, wenn sie
Die neue Konstruktion des Konsortiums basiert auf einer Arbeits-
auch von den Universitäts- und Hochschulleitungen
teilung in den teilnehmenden Einrichtungen und erfordert das En-
konsequent mitgetragen werden. Die Einrichtungen
gagement der dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
müssen im Rahmen ihrer Autonomie einen entspre-
bei der Verhandlungsführung mit den Verlagen und Anbietern.
chenden Schwerpunkt setzen und die erforderlichen
Diese Verhandlungsaufgabe erfolgt im Rahmen des jeweiligen lo-
Mittel für die E-Literatur bereitstellen. So muss vor
kalen Dienstvertrages und wird gegenüber dem Konsortium nicht
allem die 50 % Kofinanzierung sichergestellt sein, wo-
abgerechnet.
bei eine direkte Belastung der Etats der Hochschulbibliotheken zu vermeiden ist. Hierzu kann und sollte
Um eine nachhaltige Zusammenarbeit auf dem Sektor der Be-
auch eine konsequente Konsolidierung der bisher
schaffung von elektronischen Publikationen sicherzustellen, wird
noch zweischichtigen Bibliothekssysteme der Uni-
empfohlen, diese verstärkte Kooperation und auch die damit zu-
versitäten hin zu einem zentral an der zentralen Uni-
sammenhängende Kofinanzierung in den Struktur- und Entwick-
versitätsbibliothek angesiedelten Budget für digitale
lungsplänen sowie den Medienentwicklungsplänen der Einrich-
Inhalte beitragen.
tungen festzuschreiben.
Die Universitäten, Hochschulen und Landesbiblio-
Eine exzellente Informations- und IT-Infrastruktur für Forschung,
theken sollten darüber hinaus in ihrer Beschaffungs-
Lehre und Studium muss den Forschenden, Lehrenden und Stu-
politik den konsequenten Umstieg auf „e-only“, wo
dierenden auf einfachem Wege und kostengünstig die erforderliche
immer entsprechende Produkte ohne qualitative Ein-
Software für die wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung stellen.
schränkungen nachhaltig angeboten werden, voran-
Dabei ist darauf zu achten, dass Software standortübergreifend ge-
treiben und Doppelbeschaffungen in gedruckter und
nutzt werden kann („private cloud“), wie z. B. auf den Rechenclus-
elektronischer Form vermeiden.
tern der HPC-Landesstrategie (z. B. bwUniCluster, bwForCluster).
35
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
Grundlegende Software, die von sehr vielen Anwendern im Land
Solch klare Rahmenbedingungen verbessern die
genutzt wird, sollte über Landeslizenzen bereitgestellt werden, da
Möglichkeiten konsortialer Verhandlungen zur Er-
sich hier sowohl wirtschaftliche als auch organisatorische Vortei-
zielung kostengünstiger Lizenzverträge und damit
le ergeben. In diesen Fällen ist eine Finanzierung aus zentralen
zur Bereitstellung der erforderlichen Software für
Mitteln der Hochschulen notwendig. Software, die nur von einem
Forschung, Lehre und Studium.
kleineren Teil der Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern und Studierenden genutzt wird, sollte weiterhin fallweise aus den Mitteln der Hochschulen beschafft werden.
7 . 2 . . . DIE LANDESREGIERUNG
Eine ausreichende Versorgung mit elektronischen Fachinformati-
scheidergremium des Konsortiums innehatte, sie
onsangeboten ist durch das Konsortium Baden-Württemberg auf
das Konsortium im Außenverhältnis vertreten hat
der Basis der gegebenen Ressourcenausstattung trotz der bisheri-
und so die bisher gewonnenen Erfahrungen wie auch
gen Förderung zuzüglich der bereitgestellten Sondermittel des Mi-
die Nähe zur technischen Betriebseinrichtung ReDI
nisteriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst nicht möglich.
optimal genutzt werden können. Darüber hinaus ist
Allein um die Preissteigerungen auf dem Fachinformationsmarkt
die Ansiedlung der Geschäftsstelle an einer Univer-
und die steigenden Betriebskosten auffangen zu können, ist eine
sitätsbibliothek wegen ihrer Nähe zur Wissenschaft
dynamische Erhöhung des Konsortialbudgets von 10 % pro Jahr
und zu den Fakultäten, Rektoraten und über sie zur
unbedingt notwendig. In dieser Steigerungsrate ist der Bedarf der
LRK, die in einem hohen Maße die wissenschafts-
Wissenschaft an weiteren, bisher noch nicht lizenzierten Informa-
strategischen und finanziellen Entscheidungen ver-
tionen noch nicht enthalten.
antworten, geboten (vgl. auch Anhang 3).
Auf Basis der turnusmäßig vom Konsortium durchgeführten Be-
Schließlich ist eine Konsolidierung der derzeitigen
darfsanalyse muss das Angebotsportfolio künftig in erheblichem
Finanzkapitel wünschenswert. Das Zustandekom-
Maße ausgeweitet und um neue Gattungen (z. B. E-Book-Pakete,
men neuer Software-Landeslizenzen bedarf in der
Open Access Komponenten, Literaturverwaltungstools, Resource
Regel einer Anschubfinanzierung durch das MWK
Discovery Systems (Indexdienste)) ergänzt werden. Daher soll-
für maximal 3 Jahre. Hierfür sind entsprechende
te ein schrittweiser Mittelaufwuchs für die Grundversorgung auf
jährliche Fördermittel vorzusehen.
insgesamt 10 Mio. Euro angestrebt und nachhaltig sichergestellt werden (davon 50 % zentrale und 50 % lokale Mittel). Um eine solche Finanzierungsform künftig haushaltsrechtlich korrekt und organisatorisch effektiv verwalten zu können, muss die Arbeit des Konsortiums professionalisiert werden. Hierzu ist der Aufbau einer Geschäftsstelle mit geeigneter Personalausstattung notwendig (s. Kap. 6.1 Konsortium Baden-Württemberg zur Versorgung mit E-Medien). Als Standort für die Geschäftsstelle bietet sich die Universitätsbibliothek Freiburg an, da sie bisher den Vorsitz im Ent-
36
E-SCIENCE
ANHANG 1: DIE VERSORGUNGSSTRUKTUR FÜR ELEKTRONISCHE MEDIEN 1 . NATION AL-/ALLIANZLIZENZEN
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finan-
Der Beitritt zu den Allianz-Lizenzen setzt eine finanzielle Eigenbe-
ziert seit 2004 den Erwerb von nationalen Lizenzen
teiligung der Bibliotheken von ca. 75 % voraus. Die Lizenzen werden
für elektronische Medien, um die Versorgung an deut-
im Rahmen einer mehrjährigen Vertragslaufzeit als nationale Opt-
schen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und
in-Konsortien angeboten. Während der Zugang zu den aktuellen
wissenschaftlichen Bibliotheken mit elektronischer
Jahrgängen nur den jeweiligen Konsortialteilnehmern vorbehalten
Fachinformation nachhaltig zu verbessern. Wissen-
ist, werden die lizenzierten Inhalte mit einem zeitlichen Verzug
schaftler, Studierende und wissenschaftlich interes-
(Moving Wall) von in der Regel einem Jahr deutschlandweit und
sierte Privatpersonen können durch diese Lizenzen
dauerhaft im Sinne einer klassischen Nationallizenz bereitgestellt.
auf Datenbanken, digitalen Textsammlungen, elekt-
Die verhandlungsführenden Einrichtungen reichen Anträge für
ronischen Zeitschriften und E-Books zugreifen. Die
Allianzlizenzen bei der DFG ein. Die Begutachtung der eingereich-
DFG hat bereits mehr als 100 Mio. Euro aufgewendet,
ten Anträge erfolgt durch Fachwissenschaftlerinnen und Bibliothe-
um abgeschlossene digitale Publikationen, d.h. digitale
kare. Die Begutachtung orientiert sich an schriftlich festgelegten
Text- und Werkausgaben, von wissenschaftlichen Ver-
Kriterien (AL-Grundsätze, 2010)11.
lagen angebotene Digitalisierungen zurückliegender Zeitschriftenjahrgänge (sog. Backfile-Archive) sowie
Für National- und Allianzlizenzen gelten Open Access-Regelun-
spezielle Fachdatenbanken dauerhaft zu lizenzieren.
gen. Autoren aus autorisierten Einrichtungen sind ohne Mehrkosten berechtigt, ihre in den lizenzierten Zeitschriften erschienenen
Im Jahr 2008 wurde die Schwerpunktinitiative „Digi-
Artikel in der Regel in der durch den Verlag publizierten Form
tale Information“ der Allianz der deutschen Wissen-
(z. B. PDF) zeitnah in ein Open Access-Repositorium ihrer Wahl
schaftsorganisationen gegründet. Aus dieser Initiative
einzupflegen.
heraus wurden ab 2011 die Nationallizenzen zu „Allianz-Lizenzen“ weiterentwickelt. Der Fokus dieser
(Quellen: DFG-Publikationen und Webseite
Allianz-Lizenzen liegt auf dem Erwerb dynamischer
www.nationallizenzen.de
Produkte (laufende Zeitschriften, Datenbanken und E-Books) für den wissenschaftlichen Grundbedarf.
2 . REGIONALE KONSORTIALLIZENZEN
a) E-Literatur und Datenbanken
und seit 2010 auch Luxemburger Konsortien seit 2000 in der Ar-
Seit Ende der 1990er Jahre haben sich in fast al-
beitsgemeinschaft GASCO – German, Austrian and Swiss Concor-
len deutschen Bundesländern Konsortialstrukturen
tia Organisation zusammengeschlossen. In diesem Kreis gehört
für den Erwerb von E-Medien herausgebildet. Die-
das Konsortium Baden Württemberg zu den besonders aktiven
se Konsortien haben sich mit den institutionellen
und – ebenso wie die Konsortien in Bayern, Berlin-Brandenburg,
Konsortien aus den außeruniversitären Forschungs-
Hessen und Nordrhein-Westfalen – zu den auch überregional
verbünden (Max Planck, Fraunhofer, Helmholtz,
tätigen Konsortien. Über die GASCO werden mit den anderen
Leibniz) und mit den österreichischen, Schweizer
Konsortien gemeinsame Strategien für die Verhandlungen mit
37
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
den Verlagen koordiniert oder – soweit dies praktikabel ist – auch
teilweise nehmen nur die Landesuniversitäten teil,
gemeinsame Verhandlungen geführt.
teilweise alle staatlich anerkannten Hochschulen.
b) Software
Im Jahr 2012 bestehen konsortiale Lizenzverträge
Die Rechen- und Informationszentren des Landes haben die Vor-
für alle Microsoft Desktop-Produkte, Anti-Viren-
teile konsortialer Softwarebeschaffungen seit längerem erkannt.
Software, die gängigen Pakete für Statistik und
Bedarfsgerecht wird jeweils geprüft, ob für die relevanten Produk-
Geoinformationsdaten, Literaturverwaltung, das
te eine Konsortiallizenz sinnvoll ist. Je nach Produkt sind die Fi-
Bibliotheks-System aStec|aDIS BMS und Backup-
nanzierungs- und Beteiligungsmodelle dabei stark unterschiedlich;
Software, weitere sind in Verhandlung.
ANHANG 2: AM KONSORTIUM BW TEILNEHMENDE EINRICHTUNGEN (STAND: 09/2012)
Universitäten:
Weingarten), Reutlingen, Rottenburg, Schwäbisch-
Freiburg, Heidelberg, Hohenheim, Karlsruher Institut für Techno-
Gmünd, Stuttgart (HfT), Stuttgart (HdM), Ulm,
logie (KIT), Konstanz, Mannheim, Stuttgart, Tübingen, Ulm
Villingen-Schwenningen (HfPol),
Landesbibliotheken:
Duale Hochschule Baden-Württemberg mit den
Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Württembergische Landes-
Standorten:
bibliothek Stuttgart
Heidenheim, Karlsruhe, Lörrach, Mannheim, Mosbach, Ravensburg, Stuttgart, Villingen-Schwenningen
Pädagogische Hochschulen: Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Ludwigsburg, Weingarten (mit HS Ravensburg), Schwäbisch Gmünd
Kunst- und Musikhochschulen: Hochschule für Musik Freiburg, Staatliche Hoch-
Hochschulen für Angewandte Wissenschaften:
schule für Gestaltung Karlsruhe, Hochschule für
Aalen, Albstadt-Sigmaringen, Biberach, Esslingen, Furtwangen,
Musik Karlsruhe, Hochschule für Musik und Dar-
Heilbronn, Karlsruhe, Kehl, Konstanz, Ludwigsburg, Mannheim,
stellende Kunst Mannheim, Staatliche Hochschule
Nürtingen-Geislingen, Offenburg, Pforzheim, Ravensburg (mit PH
für Musik Trossingen
ANHANG 3: ALTERNATIVE KONSORTIALSTRUKTUREN
Das Konsortium Baden Württemberg sticht im Vergleich mit den
bei den an der Bayerischen Staatsbibliothek, der
weiteren führenden deutschen Konsortien durch seine besonders
hessischen Verbundzentrale oder dem Hochschul-
kooperativ angelegte Arbeitsweise mit verteilter Verhandlungsfüh-
bibliothekszentrum NRW organisierten Konsorti-
rung hervor, die zu einem in der Region besonders weit verbreite-
alstellen der Fall ist. Eher mit Baden-Württemberg
ten konsortialen Know-how führt. Damit unterscheidet es sich von
vergleichbar ist unter den großen Konsortien noch
Konsortien mit zentralisierter Verhandlungsführung, wie es etwa
das als eingetragener Verein organisierte Friedrich-
38
E-SCIENCE
Althoff-Konsortium für Berlin-Brandenburg, das
(d.h. nicht an einer Hochschule oder einer Bibliothek mit eigenem
zwar über ein am Konrad-Zuse-Zentrum angesie-
Bestand und eigenen Nutzern angesiedelt) oder die b) an einer
deltes hauptamtliches Back Office verfügt, aber
übermächtigen Zentralinstanz angesiedelt sind, regionale Gremi-
ebenfalls eine unter den beteiligten Bibliotheken
en und kooperative Arbeitsstrukturen zur Seite gestellt werden
verteilte Verhandlungsführung praktiziert.
sollten, um eine strikte Ausrichtung an den Nutzererwartungen, eine konsequente Qualitätssicherung und die Integration in das
Geschäftsstellen mit eigenem Personal sind für eine
regionale Gesamtsystem zu gewährleisten. Dies gilt besonders für
schlagkräftige Organisation des Konsortiums unver-
Konsortien, die über Zentralmittel für den Erwerb von Lizenzen
zichtbar: Sie ermöglichen schnelles Reagieren und
verfügen. Auch wird dadurch eine Überlastung der jeweiligen
den Aufbau von Spezialwissen. Wichtig ist jedoch
Konsortialstelle vermieden, die ohnehin nicht in der Lage ist, die
die feste Verankerung im Gefüge der Konsortialteil-
informationelle Bedürfnislage an einzelnen Institutionen detail-
nehmer und ein Selbstverständnis als Dienstleister:
liert zu analysieren – dies ist und bleibt Aufgabe der dafür vorgese-
Dies garantiert, dass die Geschäftsstelle sich weder
henen lokalen Informationseinheiten (Bibliotheken, Medien- und
zu stark von dem alltäglichen Informationsbedarf
Rechenzentren) als Dienstleister für die Endnutzer. Hauptaufgabe
vor Ort entfernt, noch ein zu starkes Eigenleben
der Konsortialstelle ist deshalb in den genannten Beispielen stets
mit eigenen Interessen entwickelt. Diese Gefahren
die transparente, möglichst softwaregestützte Erhebung des regi-
bestehen insbesondere, wenn die Geschäftsstelle
onalen Bedarfs, das Management des gesamten konsortialen life
selbst für den Zuschnitt und die Verhandlung der
cycles, sowie die Schnittstellenfunktion zu anderen überregionalen
einzelnen Angebote zuständig ist. Erfahrungen aus
oder nationalen Strukturen. Beispiel für letzteres wäre etwa die
anderen Bundesländern zeigen, dass Geschäftsstel-
Aggregatorenfunktion der regionalen Geschäftsstellen für die Be-
len, die a) institutionell weitgehend entkoppelt sind
darfserhebung im Hinblick auf Allianzlizenzen.
ANHANG 4: TECHNISCHE INFRASTRUKTUR DES KONSORTIUMS
Die technische Infrastruktur des Konsortiums
Die Aufgaben von ReDI umfassen:
wird über das Portalsystem ReDI (Regionale Da-
• Vermittlung externer Angebote von Verlagsservern
tenbankinformation) bereitgestellt, das an den
• Bereitstellung CD-basierter Angebote auf eigenen Server-
beiden Standorten UB Freiburg und UB Stuttgart
systemen
angesiedelt ist. An diesen Standorten ist das Know-
• Verwaltung aller DB-Lizenzen in Baden-Württemberg
how zum Betrieb komplexer Angebotsformen von
• Projektarbeit mit anderen bibliothekarischen Einrichtungen
elektronischer Information gebündelt. ReDI ist der
in und außerhalb Baden-Württembergs
Dienst, der im Auftrag des Konsortiums Baden-
Die Zusammenfassung der technischen Koordination zum Ange-
Württemberg die Lösung der technischen Fragen
bot der lizenzierten Fachinformationen in einer zentralen Stelle
zum Angebot von heute fast 1000 Informationsquel-
bei ReDI bedeutet erhebliche Synergien und eine höhere Transpa-
len übernimmt. Die Arbeitsgruppe ReDI setzt sich
renz bei den Lizenzen und der Nutzung. Bis 1999 hat jede einzelne
aus Mitarbeitern der UB Freiburg und UB Stuttgart
Einrichtung mit eigenen Ressourcen (Personal, Serversysteme) die
zusammen. Die Leitung der Arbeitsgruppe liegt bei
Angebote organisiert. Heute wird dies zentral von ReDI für über
der UB Freiburg.
50 Einrichtungen des Landes Baden-Württemberg mit zwei Stel-
39
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
len durchgeführt. Das seit 1999 aufgebaute zentrale Management-
Die ReDI-Gruppe betreut das System zur Verwal-
system für elektronische Lizenzen (ERM) stellt allen Bibliotheken
tung der Lizenzen12 (ERM) und organisiert die sta-
des Landes Informationen zur Lizenzierung und ggf. Kosten zur
tistische Auswertung13 der Nutzung. Die Zusam-
Verfügung. Ergänzt wird diese zentrale Dienstleistung von ReDI
menfassung der technischen Kompetenz für das
noch durch die zentral zur Verfügung gestellten Statistikdaten, die
Angebot inkl. Lizenzkontrolle, Authentifizierung
es den teilnehmenden Einrichtungen ermöglichen, Nutzungsana-
und Link-Resolving hat sich in der Vergangenheit
lysen und damit bedarfsgesteuerte Erwerbung durchzuführen.
bewährt und soll fortgeführt werden.
Die Arbeitsgruppe ReDI bleibt unverändert erhalten und garantiert die lizenzgerechte technische Bereitstellung der Produkte.
ANHANG 5: ETATENTWICKLUNG DES KONSORTIUMS BADEN-WÜRTTEMBERG
Tabelle 1: Etatentwicklung des Konsortiums von 2006 - 2012 (nur Kap. 1407) JAHR
JÄHRLICHE V&B-
D ECKU N G S
E I G E N A N TEI L
ZUWEISUNG KOSTEN 14 AUS CD-SERV I CE M I TTEL
L Ü CKE
IN %
(NETTO*):
E U RO
EURO
EURO
EINNAHMEN VERTRÄGEN
V ERF Ü G BA R E E U RO
EURO
2012
1.072.100
121.550
37.520
988.070
623.448
39
2011
1.002.100
111.929
40.180
930.351
267.728
22
2010
1.002.100
125.031
32.040
909.109
410.093
31
2009
1.002.100
93.854
21.700
929.946
342.035
27
2008
1.002.100
73.865
18.900
947.135
220.857
19
2007
1.002.100
94.818
3.360
910.642
237.411
21
2006
1.002.100
66.738
0
935.362
148.170
14
* ab 2009 unter Berücksichtigung des Einnahmesolls in Höhe von 103.500 Euro Ergänzend dazu hat das MWK seit 2006 immer wieder Sondermit-
Tabelle 2 zeigt die Entwicklung dieser Förderung
tel bereitgestellt, die aber nur einzelne Bibliothekssparten bei der
seit 2006:
Beschaffung von elektronischen Zeitschriften unterstützt haben.
40
E-SCIENCE
Tabelle 2: Sondermittel des Konsortiums von 2006 - 2012 (nur Kap. 1499) J AHR
V ERWENDBAR FÜR
MWK-
EIGEN
VERFÜGBARE
E URO
Z U W EI S U N G EN
BETEILIGUNG
SU M M E
E U RO
E U RO
EU R O
UB
HAW DHBW PH
LB
2012
X
X
440.000
440.000
880.000
2011
X
X
440.000
649.000
1.089.000
2010
X
X
440.000
649.000
1.089.000
2009
X
0
0
0
2008
X
X
X
592.000
0
592.000
2007
X
X
X
588.500
0
588.500
2006
X
X
536.000
0
536.000
ANHANG 6: AUSGABEN DER WISSENSCHAFTLICHEN BIBLIOTHEKEN FÜR DIGITALE INHALTE
94 %
18 Mio. Euro 16 Mio. Euro 14 Mio. Euro 12 Mio. Euro 10 Mio. Euro 8 Mio. Euro 6 Mio. Euro
73 %
4 Mio. Euro 2 Mio. Euro - Euro 2005 Ges.
2006
2007
UB/LB´s
2008
2009
2010
Zuweisung MWK
Abb. 2: Verhältnis von zentraler Förderung und dezentraler Finanzierung elektronischer Lizenzen in Baden-Württemberg: Die Zuweisung aus zentralen Haushaltsmitteln des MWK an das Konsortium Baden-Württemberg ist in Relation zu den gesamten Erwerbungsmitteln des Konsortiums von 27 % im Jahr 2005 auf 6 % im Jahr 2010 gesunken. (Diagramm: Antje Kellersohn)
41
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
4,5 Mio. 4 Mio. 3,5 Mio.
Studiengebühren
3 Mio. 2,5 Mio. 2 Mio.
Zeitschriftenkrise
1,5 Mio. 1 Mio.
„big deals“ big deals
0,5 Mio. 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Anzahl laufend gehaltene gedruckte Zeitschriften Anzahl laufend gehaltene elektronische Zeitschriften Zugang Bücher
Abb. 3: Zeitschriften und Monografien-Zugang der Universitätsbibliotheken in Deutschland. (Quelle: Deutsche Bibliotheksstatistik. Diagramm: Antje Kellersohn)
ANHANG 7: ÜBERSICHT LANDES-SOFTWARELIZENZEN
P R ODUKTE
T E I L N E H M ER
Microsoft Desktop core
alle staatl. anerkannten Hochschulen
Microsoft additional products
alle staatl. anerkannten Hochschulen
ESRI
einzelne Hochschulen
aStec aDIS/BMS
5 Universitäten, alle Pädagogischen Hochschulen, alle HAWen, Duale Hochschule Baden-Württemberg, beide Landesbibliotheken
IBM Tivoli
Universitäten
IBM SPSS
ausgewählte Hochschulen
McAfee Antivirus
ausgewählte Hochschulen
Eine Mitfinanzierung des Landes besteht für ESRI und IBM Tivoli im Umfang von 33 % für die ersten drei Jahre der Vertragslaufzeit.
42
E-SCIENCE
ANHANG 8: QUALITÄTSSICHERUNGSMASSNAHMEN BEI VERGABE ZENTRALER MITTEL
Nutzungsstatistiken sind ein unverzichtbares Ins-
de Vergleichbarkeit von digitalen Angeboten, die dem Konsortium
trument zur Kontrolle, ob die Lizenzierung eines
auch eine vertiefte Marktanalyse ermöglicht.
Produktes ziel- und bedarfsgerecht war. Die Auswertung von Nutzungszahlen trägt daher sehr stark
Während die infrastrukturellen Grundlagen für eine verstärkte In-
zum bedarfsgerechten Einsatz von Haushaltsmitteln
tegration von statistischen Analysen in die Qualitätssicherung bei
bei. Daher hat ReDI in den Jahren 2011/2012 ge-
der Konsortialarbeit durch die Entwicklung des REDI-Statistikpor-
meinsam mit dem Hessischen Verbund (HeBIS) ei-
tals gemeinsam mit HeBIS aktuell bereits gelegt sind, so ist noch
nen Statistikserver entwickelt, der automatisch die
sicherzustellen, dass dem Konsortium ein Beirat als beratendes
Nutzungsdaten elektronischer Angebote in einem
Gremium zur Verfügung steht, der die strategische Ausrichtung
standardisierten Verfahren von den Verlagsservern
des Konsortiums überprüft. Dabei soll es nicht um einzelne Li-
abruft, aufbereitet und den Einrichtungen zur Ver-
zenzierungsentscheidungen gehen, sondern um eine Überprüfung
fügung stellt. Diese können dann produktgenau
der Aktivitäten des Konsortiums darauf hin, inwieweit diese den
ihre lokalen Nutzungszahlen analysieren und cost
in der E-Science-Initiative des Landes formulierten übergeordne-
per download Berechnungen anstellen. Innerhalb
ten Zielen entsprechen und ob sie geeignet sind, das Standing des
des Konsortiums kann dann eine Auswertung vor-
Konsortiums innerhalb des größeren Zusammenhanges der neu
genommen werden, die gegebenenfalls Auswirkung
entstehenden bundesweiten Informationsinfrastruktur zu stärken.
auf die künftige Kostenverteilung haben oder dazu
Ein entsprechender Beirat müsste neben dem MWK sowohl Per-
führen kann, dass ein bestimmtes Produkt stärker,
sonen umfassen, die Expertise im Bereich der praktischen Konsor-
weniger stark oder gar nicht mehr zentral gefördert
tialarbeit im deutschsprachigen Raum mitbringen, als auch solche,
wird. Durch die Orientierung an internationalen
die einen guten Überblick über die wissenschaftliche Informati-
Standards wie COUNTER besteht eine annähern-
onsversorgung in Baden-Württemberg und in Deutschland haben.
15
ANHANG 9: SCHNITTSTELLE ZU VIRTUELLEN FORSCHUNGSUMGEBUNGEN
Digital vorliegende Publikationen sind prädestiniert,
bzw. bekannt gemacht werden und als Basis des wissenschaftlichen
im Rahmen Virtueller Forschungsumgebungen von
Austauschs im Sinne des Web 2.0 dienen. Maßnahmen, die zum
einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur führen können, sind
lern, Projektteams oder der Fach-Community über
Gegenstand der AG Virtuelle Forschungsumgebungen.
die reine Lese- und Ausdruckfunktion hinaus für die wissenschaftliche (Zusammen-)Arbeit genutzt
Das Konsortium BW wird in der Zukunft verstärkt in seinen Li-
zu werden. Solche Nutzungsszenarien umfassen
zenzverträgen mit den Anbietern für E-Medien darauf hinarbeiten,
die Setzung von Lesezeichen und Farbmarkierung,
dass möglichst weitreichende (Nach‑)Nutzungsmöglichkeiten für
Annotierung und Kommentierung, die privat, pro-
die lizenzierten Inhalte in Virtuellen Forschungsumgebungen –
jektintern oder Community-weit wiederverwendet
und auch Lehr- und Lernplattformen – vereinbart werden.
43
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 1 LIZENZIERUNG
ANHANG 10: TRANSFORMATIONSPROZESS VON SUBSKRIPTIONS- ZU OPEN ACCESSMODELLEN
Der Transformationsprozess zu OA-Modellen ist vor einigen Jah-
zu Abbestellungen von Zeitschriften führen können
ren angelaufen. Mit speziellen Förderprogrammen fördert z. B. die
und so anfangs Doppelfinanzierungen für die wis-
DFG (z. B. „Open Access Publizieren“) gezielt diese Entwicklung.
senschaftlichen Bibliotheken unumgänglich sind.
Dennoch liegt der Anteil von OA-Publikation heute noch im einstelligen %-Bereich aller Publikationen. Einzelne Fachrichtungen
Daher sieht der beantragte Mittelaufwuchs für E-
– insbesondere die Geisteswissenschaften – agieren noch sehr zu-
Medien auch einen Betrag für die Finanzierung von
rückhaltend, andere – vor allem die naturwissenschaftlichen Fä-
Kosten für Open Access im Grünen und Goldenen
cher und die Medizin – setzen in zunehmendem Maße auf OA-Pu-
Weg (Publikationsfonds, Mitgliedschaften, ggf. auch
blikationen. Langfristig ist die Wirkung auf die Kostenentwicklung
Freikauf von kommerziellen Publikationen) zur
zur Beschaffung elektronischer Informationen nach jetziger Ein-
komplementären Finanzierung zu den Förderungen
schätzung durchaus positiv zu bewerten.
anderer Organisationen, wie z. B. der DFG, vor.
Allerdings ist das Einsparpotenzial, wenn es denn tatsächlich so
Die Mittelbewirtschaftung für Projekte des Landes
ausfällt, nur schrittweise und mit Verzögerung zu erreichen. Viel-
zur Förderung des Umstiegs auf Open Access könn-
mehr führt der Umstieg zum Open Access zunächst über Mehr-
te – analog zur Vorgehensweise der DFG – beim
kosten, da die OA-Publikationen in den ersten Jahren nicht direkt
Konsortium BW angesiedelt werden.
z ur Übersicht Ansprechpartner des Konsortiums http://www.konsortium-bw.de/a020/start (abgerufen am 01.03.2013) Besonders extreme Beispiele der Preissteigerung sind (dargestellt am Preis der Universität Freiburg): · Beck-Online (Jura): von 6.336 Euro im Jahr 2005 auf 16.660 Euro im Jahr 2012 (160 % in 7 Jahren) · REAXYS (Chemie): von 20.210 Euro im Jahr 2005 auf 42.138 Euro iim Jahr 2012 (100 % in 7 Jahren) 6 Science, Technology, Medicine, also Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Medizin) 7 Arbeitskreis der Leiter der wissenschaftlichen Rechenzentren von Baden-Württemberg (ALWR-BW), Strategiepapier „IT an den Universitäten Baden-Württembergs“, August 2010, S.7 8 Vgl. Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur: Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland, Seite B19 9 http://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/archiv/2012/info_wissenschaft_12_55/index.html (abgerufen am 01.09.2013), http://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/info_wissenschaft_13_49/ (abgerufen am 01.09.2013) 10 http://www.dfg.de/formulare/12_18/12_18.pdf (abgerufen am 01.03.2013) 11 http://www.dfg.de/formulare/12_18/12_18.pdf (abgerufen am 01.03.2013) 12 Die Arbeitsgruppe ReDI beteiligt sich an der Ausschreibung der DFG zur Entwicklung und des dauerhaften Betriebs zum Themenfeld 3 – Electronic Resource Management – das Management digitaler Publikationen (ERM) gemeinsam mit dem Hessischen Verbund (HeBIS), und den Verbundzentralen von Nordrhein-Westfalen (HBZ) und Niedersachsen (VZG). 13 ReDI hat in den Jahren 2011 und 2012 gemeinsam mit dem Hessischen Verbund (HeBIS) ein Statistikserversystem entwickelt, das die Nutzungsdaten nach standardisierten Verfahren von den Anbietern/Verlagen abruft und zur Auswertung aufbereitet. 14 Verwaltungs- und Betriebskosten ergeben sich aus den Personalkosten der Universität Freiburg für den Serverbetrieb, den Sachkosten für den Serverbetrieb und den Projektkosten (ab 2010). 15 COUNTER steht für Counting Online Usage of NeTworked Electronic Resources und ist ein internationales, von Bibliotheken, Konsortien, Händlern und Verlagen gemeinsam getragenes Projekt (www.projectcounter.org), das mittlerweile den Goldstandard für die Nutzungsmessungvon digitalen Inhalten darstellt. 4 5
44
E-SCIENCE
45
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER
AG 2 · Digitalisierung
46
E-SCIENCE
IN H A LT
1. Nutzen der Digitalisierung für die Forschung
49
2. Inhaltliche Eingrenzung
49
3. Spartenübergreifende Digitalisierung
50
4. Bestehende Verpflichtungen des Landes im Bereich Retrodigitalisierung
50
5. Status quo der Retrodigitalisierung in den Archiven, Bibliotheken, Museen,
universitären Sammlungen und Filmeinrichtungen im Geschäftsbereich des Wissenschaftsministeriums
50
6. Zukünftige Digitalisierungsstrategie
52
6.1 Spartenspezifische Digitalisierungszentren
52
6.2 Scan-Dienstleistungen
52
6.3 Beratungsdienstleistungen
53
6.4 Kriterien bei der Mittelvergabe
54
6.5 Regionale und überregionale Koordinierung von Digitalisierungsprojekten
54
7. Derzeit vorhandene Mittel für die Digitalisierung
54
8. Mittelbedarf
55
9. Public-Private-Partnership-Projekte
55
10. Nutzung und Verwertung
56
11. Evaluierung der Digitalisierungsstrategie
56
Anhang
56
47
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 2 D IGITA LISIERUNG
MITGLIEDER DER ARBEITSGRUPPE
DR. URSULA BERNHARDT
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (Vorsitz) PETER CASTELLAZ
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg DR. JUTTA DRESCH
Badisches Landesmuseum DR. HANNSJÖRG KOWARK
Württembergische Landesbibliothek DR. GERALD MAIER
Landesarchiv Baden-Württemberg DR. VEIT PROBST
Bibliothek, Universität Heidelberg PROF. DR. DIETER SPECK
Universitätsarchiv/Uniseum, Universität Freiburg STEFAN WOLF
Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg, Konstanz DR. REINER ZIEGLER
Haus des Dokumentarfilms Stuttgart
48
E-SCIENCE
1 · NUTZEN DER DIGITALISIERUNG FÜR DIE FORSCHUNG
Die digitale Transformation bzw. Retrodigitali-
ler Disziplinen zunehmend an Bedeutung: Digitalisate als Teil
sierung für die Forschung relevanter analoger
Virtueller Forschungsumgebungen ermöglichen es Wissenschaft
Bestände der wissenschaftlichen und kulturellen
und Forschung, zeit- und ortsunabhängig mit dem kulturellen
Überlieferung gewinnt seit Jahren insbesondere
historischen Erbe zu arbeiten und dank der internationalen Ver-
für die historisch arbeitenden Wissenschaftler al-
netzung dieses Erbe immer wieder neu zu kontextualisieren.
„Die Qualität der Forschungserge b n i s s e w ü rde s i c h d a d u rc h [ i . e . A u s w e i t ung de r D i g it a lisierung von Archivgut] weiter ver b e s s e rn l a s s e n. D i e N ut z u n g v on d i gi t a l i s i e rt e m A rc h iv g u t wäre i m Interesse der Qualitätss i c he ru n g u n d w e i t e re n P rof i l i e ru n g d e r uni v e rs i t ä re n F o rschung und Lehre nicht nur am Wi s s e n s c h a f t s s t a ndort B a d e n - W ürt t e m b e rg, s onde rn i n s g e samt in der globalisierten Wissens l a n d s c h a f t w ü n s c h e n s w e rt , j a l e t z t l i c h unv e rz i c ht b a r.“ Angela Borgstedt (Universität Mannheim) in einer gutachterlichen Stellungnahme für die AG Digitalisierung der AG E-Science vom 29.8.2012.
Digitalisate sind ein wesentlicher Beitrag zur Be-
gängliches Material kann der Forschung sichtbar und zugänglich
schleunigung der Forschung, zur Setzung neuer
gemacht werden. Die Ersparnis von Reise- und Kopierkosten ist
Forschungsimpulse und zur Erschließung des Ma-
ein ebenso zu begrüßender Nebeneffekt wie die Schonung der
terials. Bislang unbekanntes oder nur schwer zu-
Originalbestände.
Dies ermöglicht die Einsichtnahm e v on Q u e l l e n , di e i n f rühe re n Z e i t e n v i e l l e i c ht n i c h t b e rücksichtigt worden wären oder v on d e re n E x i s t e n z m a n n u r d u rc h Z u f a l l e rf a h re n h ä t t e .“ Christine Siegert: Wissenschaftliches Arbeiten im Zeitalter digitaler Quellen, in ZfBB 59 (2012), S.158-165, 158
Förderlich für die starke Zunahme der Digitali-
möglich ist. Eine Aktualisierung der DFG-Praxisregeln ist 2013
sierungsprojekte der letzten Jahre war die Schaf-
erfolgt. Die Bedeutung der Retrodigitalisierung für eine inno
fung der DFG-Praxisregeln aus dem Jahr 2009 ,
vative Informationsinfrastruktur wurde von der Deutschen
die für einheitliche technische Standards sorgen,
Forschungsgemeinschaft, dem Wissenschaftsrat und der Kom-
so dass Austausch, Weitergabe und Nachweis
mission Zukunft der Informationsinfrastruktur wiederholt her-
der digitalisierten Dokumente und Objekte über
vorgehoben17 und mit Empfehlungen zur finanziellen Förde-
definierte technische Schnittstellen problemlos
rung verbunden.
16
2 · INHALTLICHE EINGRENZUNG
Angesichts
der
Fülle
forschungsrelevanter,
schaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg sowie aus
nachgefragter Dokumente und Objekte in den
urheberrechtlichen Gründen konzentrieren sich die sparten-
Archiven, Bibliotheken, Museen, universitä-
übergreifende Digitalisierungsstrategie und das Digitalisie-
ren Sammlungen und Filmeinrichtungen
rungsprogramm des Landes vorerst auf das kulturelle histori-
18
im
Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissen-
sche Erbe im urheberrechtsfreien Raum.
49
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 2 D IGITA LISIERUNG
3 · SPARTENÜBERGREIFENDE DIGITALISIERUNG
Der spartenübergreifende Ansatz der Digitalisierungsstrategie
derungen der Forschung.
des Landes ergibt sich aus den veränderten Informationsanfor„Mittelfristig werden aber alle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erwarten – seien es Geistes-, Sozial- oder Naturwissenschaftler, dass sie Unterstützung beim digitalen Zugang zu Publikationen, bei der fachlichen Erschließung von Informationsräumen sowie der Verwaltung und Vernetzung von Forschungsdaten und elektronischen Lehrmodulen erhalten. Voraussetzung dafür werden überregional integrierte digitale Informationsumgebungen sein, die standortübergreifend den Zugriff auf ein breites Spektrum aktueller Forschungsliteratur, digitalisierter Forschungsprimärdaten (z. B. historische Bibliotheksbestände, Archivalien, Objekte etc.), E-Learning Materialien und virtuelle Forschungsverbünde ermöglichen. Daher müssen sich die heute noch weitgehend getrennt operierenden Bibliotheken, Archive und Fachinformationseinrichtungen mit überregionaler Ausstrahlung zu einem kohärenten Gesamtsystem der digitalen Informationsversorgung für die Wissenschaft vernetzen. … Bibliotheken, Archive und Museen werden zu Trägern des E-Science Gedankens.“ Hans-Jochen Schiewer (Universität Freiburg) in einer gutachterlichen Stellungnahme für die AG Digitalisierung der AG E-Science am 10.9.2012
4 · B E S T E H E N D E V E R P F L I C H T U N G E N D E S L A N D E S I M B E R E I C H R E T R O D I G I TA L I SIERUNG
Da derzeit noch zu wenig Zeugnisse des kulturellen historischen
gen zu schaffen, die die Produktion von E-Content
Erbes digital im Netz zur Verfügung stehen, haben sich Bund und
und dessen Speicherung ermöglichen.19
Länder entschlossen, mit der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) eine spartenübergreifende Internetplattform für Digita-
Die Digitalisate, welche Archive, Bibliotheken, Museen
lisate von Werken aller Art (Bücher, Bilder, Archivalien, Noten,
und universitäre Sammlungen im Geschäftsbereich des
Musikstücke, Filme, 3D-Aufnahmen von Skulpturen und Kultur-
Wissenschaftsministeriums sowie das Haus des Doku-
denkmalen) aus unterschiedlichen Sparten einzurichten, die in die
mentarfilms produzieren und auf ihren Webseiten bzw.
Europäische Digitale Bibliothek (Europeana) eingebunden werden
in regionalen Portalen wie z. B. dem landeskundlichen
soll. Als Vertragspartner der DDB hat sich das Land Baden-Würt-
Informationssystem LEO-BW (www.leo-bw.de) anbie-
temberg vertraglich verpflichtet, für die in seiner Trägerschaft be-
ten, können dank einheitlicher Schnittstellen mehr-
findlichen Einrichtungen die entsprechenden Rahmenbedingun-
heitlich auch der DDB zur Verfügung gestellt werden.
5 · S TAT U S Q U O D E R R E T R O D I G I TA L I S I E R U N G I N D E N A R C H I V E N , B I B L I O T H E K E N , MUSEEN, UNIVERSITÄREN SAMMLUNGEN UND FILMEINRICHTUNGEN IM GESCHÄFTSBEREICH DES WISSENSCHAFTSMINISTERIUMS
Baden-Württemberg verfügt im Bereich der Digitalisierung be-
lung eines Digitalisierungsprogramms auf ein gro-
reits über beträchtliches Know-how und kann bei der Entwick-
ßes Wissenspotenzial zurückgreifen. Langjährige
50
E-SCIENCE
praktische Erfahrungen haben insbesondere das
In den Universitätsarchiven und den universitären Sammlun-
Landesarchiv Baden-Württemberg und die Uni-
gen spielte das Thema Digitalisierung insbesondere wegen der
versitätsbibliothek Heidelberg. Die beiden Lan-
fehlenden technischen Ausstattung bislang eine untergeordnete
desbibliotheken und die Universitätsbibliotheken
Rolle, so dass hier erheblicher Nachholbedarf besteht. Die 4.200
Freiburg und Tübingen sowie die staatlichen Mu-
digitalisierten Filme der Landesfilmsammlung werden in abseh-
seen sind in diesem Bereich ebenfalls seit Jahren
barer Zeit im Netz zur Verfügung stehen.
aktiv. Diese Einrichtungen verfügen mehrheitlich über Digitalisierungswerkstätten, deren Ausstat-
Im Oktober 2012 konnten die genannten Einrichtungen im Netz
tung jedoch noch nicht überall hinreichend ist.
7,7 Mio. Images anbieten, die sich spartenweise wie folgt verteilen:
EINRICH TUNGEN
I M A GE S
5 Altbestandsbibliotheken (Württembergische Landesbibliothek, Badische
5.100.000
Landesbibliothek, Universitätsbibliotheken Heidelberg, Freiburg, Tübingen) Landesarchiv Baden-Württemberg
1.975.123
Universitäre Sammlungen
600.000
Staatliche Museen
32.500 ____
Universitätsarchive
Summe
7.707.623
Die Analyse des Ist-Zustands im Land belegt aber
fragten Beständen des kulturellen historischen Erbes in den ge-
auch, welch großer Handlungsbedarf insgesamt
nannten Einrichtungen noch rd. 205 Mio. Images zu produzieren,
noch besteht: Aktuell sind von den stark nachge-
die sich spartenweise wie folgt verteilen:
EINRICHTUNGEN
I M A G ES
Landesarchiv Baden-Württemberg
88.000.000
Universitäts- und Landesbibliotheken
42.303.000
Staatliche Museen*
65.200.000
Universitäre Sammlungen
6.300.000
Universitätsarchive
4.000.000
Landesfilmsammlung
2.800 Filme
Summe
205.803.000 Images + 2.800 Filme
* Die hohe Imagezahl bei den Staatlichen Museen ist bedingt durch die Vielzahl an dreidimensionalen Objekten, die 3D-Digitalisierungen erforderlich machen. Wie verhältnismäßig gering die Zahl des noch zu
samtbestand der Einrichtungen ist, illustrieren exemplarisch die Zah-
produzierenden E-Contents im Verhältnis zum Ge-
len des Landesarchivs: 88 Mio. Images entsprechen nur 7,43 % des
51
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 2 D IGITA LISIERUNG
Gesamtbestands, der sich derzeit auf 144 lfd. Kilometer Archivgut
und Wissenschaftsinformationen. Das Landesarchiv
beläuft. Die ständig steigenden Zugriffszahlen auf die bereits jetzt
Baden-Württemberg verzeichnete zuletzt jährliche
im Netz angebotenen Digitalisate der genannten Einrichtungen
Zugriffszahlen auf Images i. H. von 3,75 Mio., die Uni-
sind deutlicher Beleg für den weltweiten Bedarf an digitalen Kultur-
versitäts- und Landesbibliotheken i. H. von 7,6 Mio.
6 · ZUKÜNFTIGE DIGITALISIERUNGSSTRATEGIE 6 . 1 S PARTENSPEZIFISCHE DIGITALISIERUNGS ZEN T R E N
Um von den kleinteiligen Digitalisierungsprojekten im Land zu einer
bzw. ausgebaut werden, ausreichende Speicherkapa-
großflächigen Struktur mit koordinierten Digitalisierungsvorhaben
zitäten bereitgestellt und Mittel für die Bildung des
zu kommen, sollen Digitalisierungskompetenzzentren geschaffen
E-Contents zur Verfügung gestellt werden.
„Wenn nun über Heidelberg hinaus ein Digitalisierungsschwerpunkt in Baden-Württemberg eingerichtet würde, gäbe das ohne Zweifel vielfältige neue Impulse für die Mittelalterforschung. Angesichts der reichen einschlägigen Bestände in unseren Bibliotheken (vor allem natürlich in Karlsruhe und Stuttgart sowie in den Universitätsbibliotheken, aber durchaus auch in kleineren Bibliotheken und Archiven wie z. B. dem Zentralarchiv Neuenstein Hohenlohe) würde ein solches Engagement in hohem Maße und mit langer Wirkung gewinnbringend sein für die Forschungslandschaft, die Bibliotheken und Archive sowie für das kulturelle Erbe Baden-Württembergs.“ Ludger Lieb (Universität Heidelberg) in einer gutachterlichen Stellungnahme für die AG Digitalisierung der AG E-Science vom 9.7.2012.
Die Digitalisierungsstrategie des Landes sieht aus Gründen der
tren sollen gleichzeitig als Dienstleister fungieren.
Praktikabilität, der Wirtschaftlichkeit und mit Rücksicht auf die
Spartenübergreifend können jedoch Synergieeffekte
unterschiedlichen Materialien sowie den Transport wertvoller
bei der Digitalisierung von Objekten erzielt werden,
Kulturgüter eine dezentrale spartenspezifische Struktur an Digita-
für die vor Ort Scanner gemeinsam genutzt werden
lisierungszentren vor. Diese Digitalisierungs- und Kompetenzzen-
könnten und deren Transport nicht aufwendig ist.
6 . 2 S C AN-DIENSTLEISTUNGEN
Nach Aufrüstung der vorhandenen Digitalisierungswerkstätten im
Freiburg, Tübingen, Badische Landesbibliothek, Würt-
Landesarchiv BW, in den fünf Altbestandsbibliotheken, in den staat-
tembergische Landesbibliothek) sollen insbesondere
lichen Museen und in der Landesfilmsammlung sollen diese als Di-
für andere Bibliotheken Scanaufträge erledigen. Die
gitalisierungszentren Scan-Dienstleistungen gegen Entgelt anbieten:
universitären Sammlungen sollen den Digitalisierungszentren materialspezifisch zugeordnet werden. Im Hin-
Das Landesarchiv BW, das auf ein verteiltes Digitalisierungszentrum
blick auf die zahlreichen dreidimensionalen Objekte
an den Standorten Ludwigsburg, Karlsruhe und Stuttgart mit einer
in den Museen und universitären Sammlungen ergibt
zentralen Koordinierungsstelle setzt, soll diese Dienstleistung bei spe-
sich ein besonderer Digitalisierungsaufwand sowohl in
ziellen Projekten oder Sonderformaten für Universitätsarchive, Lan-
Bezug auf die Technik als auch auf den Zeitaufwand.
des- und Universitätsbibliotheken und Landesmuseen erbringen. Die
Da dreidimensionale Museumsobjekte aus konservato-
fünf Altbestandsbibliotheken (Universitätsbibliotheken Heidelberg,
rischen Gründen und aus Sicherheitsgründen nicht be-
52
E-SCIENCE
liebig durch das Land transportiert werden können, soll
eine Kooperation mit den Bibliotheken und dem Landesarchiv BW
eine mobile 3D-Werkstatt aufgebaut werden. Für die
denkbar. Die Landesfilmsammlung im Haus des Dokumentarfilms soll
Digitalisierung von Spezialformaten ist in Ergänzung zu
Dienstleistungen beim Überspielen und Digitalisieren von Filmkasset-
einer entsprechenden technischen Grundausstattung
ten übernehmen.
6.3 BERATUNGSDIENSTLEISTUNGEN
Die Kompetenzzentren sollen bei entsprechender personeller Ausstattung Beratungsdienstleistungen erbringen.
Beratungsdienstleistungen des Landesarchivs BW für Universitätsarchive, Kommunalarchive (Kreis-, Stadt- und Gemeindearchive) und sonstige nichtstaatliche Archive: • Beratung bei der Antragstellung für Fördermittel • Beratung bei Ausschreibungen und der Auftragsvergabe an externe Dienstleister, Beratung bei der technischen Ausstattung und in Fragen der Geschäftsprozesse • Abstimmung und Beratung bei Metadatenstandards für die Online-Präsentation im Kontext der Erschließung • Unterstützung bei der Anbindung an regionale, nationale und internationale Nachweis- und Präsentationssysteme (LEO-BW, DDB, „Archivportal-D“, Europeana).
Beratungsdienstleistungen der fünf Altbestandsbibliotheken für andere Bibliotheken: • Inhaltliche Beratung zum Digitalisierungsbedarf, Unterstützung bei der Bestandsanalyse, Vermeidung von Doppeldigitalisierungen • Technische Beratung bei der Geräteauswahl • Aufsetzen und Optimieren der Geschäftsprozesse • Abstimmung von Standards für technische Verfahren. Standardisierung der Datenformate • Unterstützung bei Anbindung an regionale, nationale und internationale Nachweis- und Präsentationssysteme (LEO-BW, DDB, ZVDD, Europeana) • Unterstützung und Beratung bei Beantragung von Projektgeldern und Fördermitteln • Beratung bei der Auswahl von Dienstleistern Im Zentrum soll die Beratung und Unterstützung bei der Durchführung eigener Projekte sowie bei der Vergabe von Projekten an externe Firmen stehen. Das Angebot richtet sich ausdrücklich auch an Bibliotheken in kommunaler, kirchlicher und privater Trägerschaft, die über bedeutende historische Sammlungen verfügen.
Beratungsdienstleistungen des Bibliotheksservice-Zentrums Baden-Württemberg: • Datentechnische Unterstützung bei der Auswahl und Erschließung geeigneter Sammlungen • Vorgaben für Werkstätten und Dienstleister, besonders im Museumsbereich • Verarbeiten von Digitalisaten in automatisierten Workflows, besonders im Museumsbereich • Langzeitarchivierung der Digitalisate • Präsentationswerkzeuge und Lieferung in überregionale Portale
53
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 2 D IGITA LISIERUNG
Für Archive wird das BSZ bei speziellen Projekten in Absprache mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg technisch unterstützend tätig.
Beratungsdienstleistungen der Landesfilmsammlung: • Beratung zu allen Fragen der Filmdigitalisierung
6 . 4 KRITERIEN BEI DER MITTELVERGABE
Zu einer Digitalisierungsstrategie gehören einheitliche Kriterien bei der Mittelvergabe. Diese sind: • Nachweis der Forschungsrelevanz • Nachweis der Metadaten der zu digitalisierenden Objekte • Nachweis, dass die fraglichen Objekte nicht an anderer Stelle digitalisiert worden sind • Freigabe der Digitalisate im Sinne des Open Access • Anwendung der einschlägigen technischen Standards (Maßgebend sind derzeit die DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“ in ihrer jeweils aktuellen Fassung) • Die Rechte Dritter dürfen nicht verletzt werden. • Nachweis über die Nachhaltigkeit bzw. Persistenz der Online-Präsentation und die Sicherung der zu erstellenden Digitalisate
6 . 5 R EGIONALE UND ÜBERREGIONALE KOOR D I N I ERU N G V O N D I G I TA L I S I ERU N G S P R O J EKTEN
Die landeseigene Digitalisierungsstrategie muss überregionale
telalterliche Handschriften, dreidimensionale Ob-
Digitalisierungsstrategien und -projekte berücksichtigen. Die
jekte) verschieben.21 Für die Deutsche Digitale
Strategie der DFG zielt mit deren Förderprogramm „Erschlie-
Bibliothek gibt es bislang noch keine zwischen
ßung und Digitalisierung“ auf die digitale Transformation und
Bund und Ländern abgestimmte Strategie für die
Bereitstellung herausragender und für die Forschung überregi-
Koordinierung des E-Contents. Die Abstimmung
onal bedeutender Bestände der wissenschaftlichen und kultu-
neuer forschungsrelevanter Digitalisierungsprojek-
rellen Überlieferung ab. Dabei wird sich der Schwerpunkt der
te innerhalb des Landes und mit überregionalen
Förderaktivitäten nach und nach von den Drucken hin zu his-
Aktivitäten wird Aufgabe der Digitalisierungs- und
torischen Zeitungen und unikalem Material (Archivgut, mit-
Kompetenzzentren sein.
20
7 · DERZEIT VORHANDENE MITTEL FÜR DIE DIGITALISIERUNG
Das Wissenschaftsministerium stellt den Bibliotheken und Ar-
Euro bereitstellen kann, zum anderen über ein
chiven seit 2011 zentrale Digitalisierungsmittel zur Verfügung:
Projekt für die fünf Altbestandsbibliotheken
Zum einen über die neue Förderlinie der Stiftung Kulturgut
(„Tresor - Schätze der baden-württembergischen
Baden-Württemberg, die jährlich durchschnittlich 250.000
Bibliotheken“), in dessen erster Projektphase
54
E-SCIENCE
(1/2011-12/2012) 500.000 Euro bewilligt wurden.
stockung dieser Mittel wird aufgrund der Haushaltskonsolidie-
Mittel in gleicher Höhe wurden für den Dop-
rungszwänge voraussichtlich nicht realisiert werden können.
pelhaushalt 2013/2014 angemeldet. Für die In-
Zu den Ist-Ausgaben vgl. den Anhang. Diese Landesmittel und
ventarisierung und Digitalisierung wurden den
die Förderprogramme der DFG reichen nicht aus, um in einem
staatlichen Museen seit einigen Jahren jährlich
überschaubaren Zeitraum den beschriebenen Digitalisierungs-
rd. 350.000 Euro bereitgestellt. Die geplante Auf-
bedarf bei den genannten Einrichtungen zu decken.
8 · MITTELBEDARF
Digitalisierung im größeren Stil ist erst möglich,
Erst die notwendige Erschließung und Strukturierung, die Auf-
wenn die richtigen finanziellen, organisatorischen
bereitung und Verwaltung sowie die Langzeitarchivierung der
und technischen Rahmenbedingungen geschaf-
Digitalisate machen diese zu einem zentralen Bestandteil der
fen werden. Der größte Teil der Kosten entsteht
Informationsinfrastruktur. Der zusätzliche Mittelbedarf für die
nicht bei der eigentlichen Image-Digitalisierung,
Archive, Bibliotheken, Museen, universitären Sammlungen im
sondern bei der Aufbereitung der Digitalisate für
Geschäftsbereich des Wissenschaftsministeriums sowie die Lan-
die Präsentation und bei der Qualitätssicherung.
desfilmsammlung teilt sich in drei Kategorien:
KATEGORIE
K O STEN EU R O
Zusätzliche technische Ausstattung
1.274.550
Personalkosten für Beratungsdienste der
ANMERKUNG
Einmalige Kosten
458.450
Jährliche Kosten
2.000.000
Jährliche Kosten:
Digitalisierungszentren und die mobile 3D-Werkstatt E-Content-Produktion und Speicherplatz für 2 Mio. Images Jahresproduktion
variabel22
9 · PUBLIC-PRIVATE-PARTNERSHIP-PROJEKTE
PPP-Projekte sollten nur dann ins Auge gefasst
die Qualität der Digitalisate den Anforderungen der Forschung
werden, wenn eine vollständige Transparenz bezüg-
genügt. Alle entsprechend geförderten Digitalisate müssen im
lich der Auswahlkriterien der zu digitalisierenden
Sinne des Open Access dauerhaft zur Verfügung stehen.
Objekte und der Nachnutzungsrechte besteht und
55
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 2 D IGITA LISIERUNG
10 · NUTZUNG UND VERWERTUNG
Im Gegensatz zur kommerziellen Nutzung muss der lesende Zugriff
private Nutzung kostenlos und rechtssicher sein. Für
auf den von der öffentlichen Hand geförderten E-Content und dessen
die kommerzielle Verwertung von Digitalisaten gelten
Nachnutzung im Sinne des Open Access für die Forschung bzw. für die
die Gebühren der jeweiligen Gebührenordnungen.
11 · EVALUIERUNG DER DIGITALISIERUNGSSTRATEGIE
Die spartenübergreifende Digitalisierungsstrategie des Landes
angepasst werden. Über die Verteilung zentraler
sollte im Hinblick auf das Nutzerverhalten und die Forschungs-
Digitalisierungsmittel sollte ein Beirat mit Vertre-
bedürfnisse in regelmäßigen Abständen evaluiert und bei Bedarf
tern der einzelnen Sparten entscheiden.
ANHANG
Ist-Ausgaben des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg für Digitalisierungsmaßnahmen 2011-2012: J A HR
A U SG A BEN I N E U RO
2011 920.633 2012 422.922 Summe
1.343.555
Zusätzlicher Ausstattungsbedarf für die Digitalisierungszentren: E I NRICHTUNGEN
KO S T E N I N EU R O
Landesarchiv Baden-Württemberg 5 Altbestandsbibliotheken
585.000 42.000
Staatliche Museen
482.850
Landesfilmsammlung im Haus des Dokumentarfilms
164.700
Summe 1.274.550 Der Bedarf wurde im Detail erhoben, wird hier jedoch nur summarisch wiedergegeben.
56
E-SCIENCE
Bedarf zusätzlicher Stellen für Beratungsdienste der Digitalisierungs- und Kompetenzzentren und die mobile 3D-Werkstatt: EINRICH TUNGEN
STEL L EN
K O STEN ( T V- L G E M Ä SS R I CH T W E RT 2 0 1 3 / 1 4 ) I N EU R O
Landesarchiv BW
1 hD E 13, 1 gD E 9
115.400
5 Altbestandsbibliotheken
5 x ½ gD E 9
137.250
Bibliotheksservice-Zentrum
1 hD E 13, ½ gD E 12
96.800
Staatliche Museen
2 gD E 9
109.000
Summe
458.450
Kosten für jährliche E-Content-Produktion mit Speicherplatz: EINRICH TUNGEN
IMAGEZAHL
I M A G E K O STEN I N E U RO
TB
TB- K O STEN I N E U RO
KO S T E N IN S G. I N E U RO
Landesarchiv BW
1.000.000
1.000.000
40
14.400
Universitäts- und LB
1.000.000 780.000 40 14.400 794.400
1.014.400
Universitätsarchive 50.000 50.000 2
720
50.720
Staatliche Museen
20.000
40.000
1
360
40.360
Univ. Sammlungen
2.000
2.000
0,1
36
2.036
30
10.800
210.800
113,1
40.716
2.112.716
Landesfilmsammlung
800 Objekte
Summe
2.072.000 +
800 Objekte
200.000 2.072.000
Bei den Speicherplatzkosten ist zu beachten, dass die Zahl der TB Jahr für Jahr kumuliert. http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/praxisregeln_digitalisierung.pdf. Zuletzt: DFG-Positionspapier „Die digitale Transformation weiter gestalten – der Beitrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu einer innovativen Informationsinfrastruktur für die Forschung“, Bonn 2012; Wissenschaftsrat: „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020“ (Drs. 2359-12), Köln 2012; Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur im Auftrag der GWK des Bundes und der Länder: „Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland“, Berlin 2011. In diesem Sinne auch die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags ‚Internet und digitale Gesellschaft‘/ Projektgruppe „Bildung und Forschung“ vom 23.10.2012 (Drs. 17(18)321). 18 Rüdiger Steinmetz (Universität Leipzig): „Zum einen werden durch die digitale Bereitstellung von historischen und kulturell wichtigen filmischen Dokumenten fiktionaler und vor allem non fiktionaler Art im Internet sicher Forschungen angeregt und intensiviert werden…Und zum anderen wird die Schul- und Hochschul-Lehre intensiv befruchtet“ in einer gutachterlichen Stellungnahme für die AG Digitalisierung der AG E-Science vom 31.8.2012. 19 Das Verwaltungs- und Finanzierungsabkommen über die DDB wurde nach der Ermächtigung durch das Bundeskabinett und die Ministerpräsidentenkonferenz von Baden-Württemberg am 4.1.2010 unterzeichnet. 20 Edgar Wolfrum (Universität Heidelberg): „Im internationalen Vergleich wurden regionale und lokale Zeitungen bislang in Deutschland nicht ausreichend in digitalisierter Form zugänglich gemacht. Die in einzelnen Fällen vorliegenden Sammlungen auf mikroformen sind ein wichtiger Bestandteil zur Sicherung des Quellenbestands. Ihre Nutzung ist jedoch mit Einschränkungen verbunden.“ Auszug aus seiner gutachterlichen Stellungnahme für die AG Digitalisierung der AG E-Science vom 3.7.2012. 21 DFG-Positionspapier „Die digitale Transformation weiter gestalten“, a.a.O., S. 10 22 Materialspezifische Durchschnittspreise: 0,78 Euro pro Image für Bibliotheksgut, 1 Euro pro Image für Achivgut, 2 Euro pro Image für Museumsgut. 16 17
57
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER
AG 3 · Open Access Neue Rahmenbedingungen für wissenschaftliches Publizieren in Open Access an den Hochschulen in Baden-Württemberg
58
E-SCIENCE
IN H A LT
1. Programmkonzeption
61
1.1 Ausgangslage
61
1.2 Handlungsfelder
62
2. BW-Open Access Förderprogramm
63
2.1 Ebene Hochschule
64
2.2 Ebene MWK
64
Zu 1: Programmkonzeption Anhang 1: Beschaffungsetats der Hochschulbibliotheken
65
Anhang 2: Abbestellungen
65
Anhang 3: Nutzerperspektiven
67
Anhang 4: Füllstand von Repositorien in Baden-Württemberg
69
Anhang 5: Technische Infrastrukturen
70
Anhang 6: Rechtsrahmen von Open Access
71
Zu 2: BW-Open Access Förderprogramm Anhang 7: Pilotprojekt zu hybriden Open Access Zeitschriften
73
Anhang 8: Meilensteine
74
Anhang 9: Literaturverzeichnis
75
59
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 3 OPEN A CC ES S
MITGLIEDER DER ARBEITSGRUPPE
DR. CHRISTOPH BRUCH
Helmholtz Open Access Koordinationsbüro,
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, Bremerhaven PROF. DR. THOMAS DREIER
Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft am KIT PETRA HÄTSCHER
Bibliothek, Universität Konstanz DR. MARION MALLMANN-BIEHLER
Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg, Konstanz
PROF. DR. HERBERT MÜTHER
Prorektor, Institut für Theoretische Physik, Universität Tübingen
DR. THOMAS PFLÜGER
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (Vorsitz)
PROF. DR. HANS-JOCHEN SCHIEWER
Rektor, Universität Freiburg DR. CHRISTIANE SPARY
Bibliothek, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg PROF. DR. HEINER STUCKENSCHMIDT
CIO, Institut für Informatik, Universität Mannheim
60
E-SCIENCE
1 · PROGRAMMKONZEPTION 1 .1 AUSGANGSLAGE
Die Informationstechnik einschließlich des Internet
sich die von Baden-Württemberg angestrebte Politik in eine breite
ermöglicht es, Forschungsergebnisse (Forschungsda-
Bewegung in der Wissenschaft ein. Dies wird beispielsweise durch
ten und wissenschaftliche Publikationen) weltweit
die Liste der Unterzeichner der Berliner Erklärung über offenen
zugänglich und nachnutzbar zu machen. Die mit
Zugang zu wissenschaftlichem Wissen24 deutlich. Diese erhellt
dem wissenschaftlichen Publikationswesen, dem Fo-
im Übrigen, dass es sich bei dem Open Access-Paradigma in ers-
kus der Open Access AG, verknüpften traditionellen
ter Linie um ein aus der scientific Community – durch die sog.
Geschäftsmodelle stehen der Nutzung dieser neu-
„Zeitschriftenkrise“ lediglich beschleunigtes – kommendes alter-
en Möglichkeiten zum Nachteil von Wissenschaft,
natives Publikationskonzept handelt, dessen Ziel in erster Linie
Wirtschaft und Gesellschaft zum Teil entgegen.
darin besteht, die möglichst breite Verfügbarkeit und Nachnutzbarkeit von Forschungsergebnissen25 zu gewährleisten. Dort wurde
Die Wissenschaftspolitik des Landes Baden-Würt-
als Herausforderung für das gesamte Wissenschaftssystem erkannt,
temberg hält es für geboten, das wissenschaftliche
dass wissenschaftlicher Fortschritt überwiegend aus Steuermitteln
Publikationsregime so zu gestalten, dass
finanziert wird, seine Verbreitung über Publikationen aber kom-
• die für Bildung und Wissenschaft aufgewende-
merzialisiert ist und – bei hoher Marktmacht der Anbieter – sich
ten Steuermittel größtmöglichen Nutzen für
der Erwerb zu angemessenen Bedingungen immer schwieriger ge-
Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft er-
staltet.
zielen, • die Sichtbarkeit der wissenschaftlichen For-
Auf transnationaler Ebene sind innerhalb Europas die Europäische
schung in Baden-Württemberg weltweit erhöht
Kommission26 und die Regierung von Großbritannien bei der Ent-
wird und damit
wicklung und Implementation Open Access-Politik27 in der Wis-
• die Wettbewerbsfähigkeit des Landes nachhaltig gesichert und gesteigert wird.
senschaft, aber auch Science Europe28 und die LERU29 als wichtige Treiber zu nennen. Die für eine optimale Nutzung von Forschungsergebnissen notwendige Umgestaltung des wissenschaftlichen
Dafür sollen jedenfalls diejenigen wissenschaft-
Publikationswesens bedarf internationaler Zusammenarbeit. Die
lichen Publikationen, die aus vom Land Baden-
Entscheidung der Landesregierung von Baden-Württemberg hat
Württemberg (ko-)finanzierter Forschung stammen,
deshalb über das Land hinaus Bedeutung, da sie einen wesentli-
entsprechend dem Open Access Prinzip23 ab dem
chen Beitrag dazu leisten würde, das Postulat der „fünften Grund-
Zeitpunkt ihrer Erstveröffentlichung (goldener
freiheit“ der EU – der Förderung des freien Verkehrs von Wissen
Weg) oder nach einer Embargofrist von in aller Re-
– mit Leben zu erfüllen30.
gel 6 Monaten ab der Erstveröffentlichung (grüner Weg) in elektronischer Form weltweit kostenfrei
Die Landesregierung wird sich weiter dafür einsetzen, im Urhe-
zugänglich sein.
berrechtsgesetz ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht für öffentlich geförderte wissenschaftliche Autoren einzufügen.
Das Land Baden-Württemberg wäre damit das erste
Sie orientiert sich damit an der von Abgeordneten aller im Bun-
deutsche Bundesland, das solche Zielvorgaben ent-
destag vertretenen Parteien in der Projektgruppe Bildung und
wickelt und würde damit eine bundesweite Vorrei-
Forschung der Enquete Kommission Internet und digitale Ge-
terrolle einnehmen. International betrachtet ordnet
sellschaft des Deutschen Bundestages einstimmig beschlossenen
61
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 3 OPEN A CC ES S
Empfehlung31, Open Access und Zweitveröffentlichungsrecht um-
zusätzlichen Kosten für die Umsteuerung verbunden
zusetzen, sowie an den entsprechenden Forderungen der Kultus-
sein. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Hoch-
32
ministerkonferenz und der Allianz der deutschen Wissenschafts-
schulbudgets für die Literaturversorgung im Rahmen
organisationen33.
der Zuwachsraten der letzten Jahre weiter in gewissem Umfang wachsen werden34. Insgesamt zeigt sich
Die Open Access Politik des Landes Baden-Württemberg ist darauf
bereits, dass gerade auch national und international
fokussiert, im Land die Voraussetzungen zu schaffen, den notwen-
agierende Verlagshäuser zunehmend Open Access als
digen internationalen Umgestaltungsprozess in herausgehobener
Publikationsform akzeptieren und integrieren. Somit
Stellung zu ermöglichen, zu fördern und aktiv mitzugestalten, um
bleiben – unbeschadet eines auch über Open Access
so auch die Wahrnehmung der Forschungsergebnisse aus Baden-
zunehmenden Wettbewerbs auf Seite der Anbieter
Württemberg international zu erhöhen. Die unter den Stichworten
– wirtschaftliche Belange nationaler und internatio-
„grüner/goldener Weg“ definierten Ansätze für die Implementie-
naler Wissenschaftsverlage grundsätzlich unberührt.
rung von Open Access an Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden vorliegend im Sinne weitgehender Komplementarität
Mit einem BW-Open Access-Förderprogramm soll
verstanden, ohne dass damit weitere Ansätze ausgeschlossen sind.
ein markanter Beitrag zur nachhaltigen Sicherung
Welche Wege die Hochschulen präferieren, ist auch eine Frage der
der Informationsinfrastrukturen an den Hochschu-
hochschulautonomen Profilbildung und Schwerpunktsetzung.
len des Landes und der entsprechenden Umgestaltung des internationalen wissenschaftlichen Publi-
Das vom Land Baden-Württemberg entwickelte Open Access För-
kationswesens geleistet werden. Im Fokus steht das
derprogramm kann dabei auf vielfältige, teilweise auch von den
Ziel, dass Wissen und Innovation, die in gemeinnüt-
großen Drittmittelgebern geförderte Aktivitäten an Hochschulen,
zig organisierten Wissenschaftsorganisationen erar-
außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie einiger Verlage
beitet werden, auch „barrierefrei“ zur Nachnutzung
im Lande aufbauen. Eine stärkere Akzentuierung der Informations-
durch Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zur
versorgung an Hochschulen über Open Access wird allerdings mit
Verfügung stehen.
1 . 2 HANDLUNGSFELDER
Im Förderprogramm sind Aktivitäten auf den folgenden drei Handlungsfeldern vorgesehen:
1) Auf- und Ausbau einer Infrastruktur für die elektronische wissenschaftliche Kommunikation (grüner Weg) Die technischen Infrastrukturen an den Hochschulen für elektronisches Publizieren müssen weiter ausgebaut werden. Im Bereich des wissenschaftlichen Publikationswesens kommt dem „grünen Weg“ kurz- und mittelfristig eine besondere Bedeutung zu, da in vielen Bereichen neue Open Access Zeitschriften noch nicht das Renommee der traditionellen Zeitschriften erreicht haben und Angebote zur Open Access Stellung einzelner Artikel in ansonsten traditionell subskriptionsbasierten Zeitschriften (hybride Open Access Zeitschriften) in ihrer bisherigen Ausprägung in der Wissenschaft noch zu wenig Akzeptanz finden. Für die internationale wissenschaftliche Informationsversorgung sowohl mit Publikationen als auch mit Forschungsdaten haben inzwischen einzelne Repositorien eine
62
E-SCIENCE
herausragende Bedeutung erlangt35. Daher sollte das Land Baden-Württemberg Infrastrukturen mit dem Potenzial, eine herausragende Bedeutung für die internationale wissenschaftliche Informationsversorgung in einem besonders kompetitiven Forschungsfeld zu erlangen, gesondert als „Open Access Leuchtturm“ fördern.
2) Aufbau von Fonds für die Finanzierung von Open Access Publikationen (goldener Weg) Komplementär hierzu soll die Transformation von Subskription zu Open Access weiterentwickelt werden. Konkret werden die folgenden Aktivitäten gefördert: a) Entwicklung von Kriterien für die Übernahme von Publikationsgebühren für Zeitschriftenaufsätze und Buchveröffentlichungen in Open Access, b) stufenweiser Aufbau von Fonds für die Finanzierung von Publikationsgebühren, c) Erhöhung der Steuerungsfähigkeit des Landes und der Hochschulen bei den Ausgaben für die wissenschaftliche Kommunikation, speziell für die Informationsversorgung, durch die valide und zeitnahe Erfassung einschlägiger Daten.
3) Zukunftsfähige Geschäftsmodelle im Land Baden-Württemberg Open Access („grün“ und „gold“) eröffnet ferner Möglichkeiten, mit Wissenschaftsverlagen und den Trägern verlagsungebundener Publikationsformen zukunftsfähige Geschäftsmodelle wie folgt zu entwickeln: a) Unterstützung von Open Access kompatiblen Geschäftsmodellen und des Umstiegs auf solche durch Verhandlungen mit den am wissenschaftlichen Publikationswesen beteiligten Akteuren, b) Förderung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie wissenschaftlichen Gesellschaften beim Aufbau qualitativ hochwertiger Open Access Zeitschriften sowie bei der Umstellung bestehender Zeitschriften auf Open Access, c) Pilotprojekte über den Aufbau von Open Access Geschäftsmodellen für Monografien. Die beschriebenen Handlungsfelder weisen Schnittstellen zu den in den Arbeitsgruppen „Virtuelle Forschungsumgebung“, „Forschungsdatenmanagement“ sowie „Lizenzierung“ auf, die in der Projektsteuerung auch unter Nutzer aspekten operationalisiert werden müssen. Auf die grundsätzliche Relevanz für das „E-Learning“ wird verwiesen36.
2 · BW-OPEN ACCESS FÖRDERPROGRAMM 37
Zur beschleunigten und nachhaltigen Implemen-
Auf- und Ausbaus der erforderlichen technischen Infrastrukturen
tierung des Open Access-Paradigmas an den Hoch-
auf eine intelligente Verknüpfung „weicher“ und „harter“ Förder-
schulen in Baden-Württemberg kann ein zielführen-
faktoren an. Zu ersteren zählen – auf Ebene der Hochschulen – die
des Förderprogramm bereits auf bestehende Ansätze
Verankerung von Open Access auf Ebene der jeweiligen Rektorats-
in den Hochschulen aufbauen; dieser Prozess muss
policy und – auf Ebene des Landes – das beharrliche Eintreten für
jedoch durch gezielte Fördermaßnahmen des Lan-
eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Open
des ergänzt werden. Dabei kommt es auf Basis des
Access. Als Beispiele für den zweiten Bereich sind einschlägige Re-
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S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 3 OPEN A CC ES S
gelungen in den Berufungsvereinbarungen mit dem wissenschaft-
senschaftlich Publizierenden gleichermaßen ansetzen
lichen Personal sowie entsprechende Anpassungen der Förderbe-
und ist ohne konditioniert und temporär zur Verfü-
dingungen des Landes in der Projektforschung zu nennen. Diese
gung gestellte zusätzliche Mittel im System nicht zu
Maßnahmen erfordern keine zusätzlichen finanziellen Aufwendun-
haben. Ferner kommt es darauf an, das Anreizsystem
gen und können rasch umgesetzt werden.
so auszugestalten, dass die Schnittstellen zu den Virtuellen Forschungsumgebungen und des Forschungs-
Herausfordernd und in besonderem Maße erfolgskritisch dürfte es
datenmanagements reibungslos gestaltet werden.
sein, ein Anreizsystem zu entwickeln, das zielführend und in mittelfristiger Perspektive den Anteil Open Access-publizierter For-
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe schlägt die
schungsergebnisse in allen Wissenschaftsdisziplinen signifikant
AG der Landesregierung folgendes Förderprogramm
erhöht. Dieses Anreizsystem muss bei Hochschulen und den wis-
Open Access-BW vor:
2 . 1 EBENE HOCHSCHULE
• Open Access ist als wichtiger Teil der Informationsinfrastruktur (IIS) Thema der Rektoratspolitik und wird auf Rektoratsebene entsprechend vertreten. • Open Access wird in Berufungsverhandlungen wie folgt gestärkt: Berufene werden grundsätzlich verpflichtet,
- sich das Recht der Zweitveröffentlichung bei allen Publikationen in Periodika vorzubehalten,
- ihre Publikationen in der jeweiligen Hochschulbibliographie nachzuweisen und
- einen Teil der Budgetzusagen für Open Access-Publikationen zu verwenden.
• Einführung von Publikationsfonds (Übergang von Subskription zu Open Access „gold“). • Verknüpfung Open Access-Repositorien mit Forschungsdaten/Virtueller Forschungsumgebung (Schnittstellen, Kompatibilität eal.). • Implementierung von Qualitätssicherungsmaßnahmen (z. B. DINI-Zertifika, Data Seal of Approval38, DIN31644 / ISO-1636339) und Monitoring bei Repositorien (grüner Weg).
2 . 2 EBENE MWK
•O pen Access wird im Landeshochschulgesetz als Leitbild wissenschaftlichen Publizierens abgesichert. • In allen Förderprogrammen des MWK wird Open Access für die Publikation der Projekt- bzw. Forschungsergebnisse verpflichtend (Open Access-Auflage in der Förderzusage). • Finanzierung des Personalaufwandes für eine Beratungsstelle für Open Access und Lizenzierung40. • Zur Förderung des Übergangs von Subskription zu Open Access „gold“ wird für den Zeitraum von 5 Jahren vom MWK ein zentraler Publikationsfonds aufgelegt. • Monitoring des neuen Publikationsmanagements (Aktivitäten, Kosten, Umsetzung) • Pilotprojekte von Hochschulen mit Wissenschaftsverlagen/Fachgesellschaften
· Open Access-Journals (auch hybrid) – vgl. Anhang 7
· Publikationen von Monografien in Open Access
• Förderung von standortübergreifender Infrastrukturprojekten an Hochschulen zur Vernetzung von Publikati-
64
E-SCIENCE
onen, Forschungsdaten und Virtuellen Forschungsumgebungen in Open Access-Repositorien (Open Access Leuchtturmprojekte), einschließlich Web 2.0-Technologien und Linked Data. • Überregional: Das Land setzt sich für bessere rechtliche Rahmenbedingungen für Open Access sowie für ein wissenschafts- und bildungsfreundlicheres Urheberrecht ein.
ZU 1: PROGRAMMKONZEPTION ANHANG 1: BESCHAFFUNGSETATS DER HOCHSCHULBIBLIOTHEKEN
Die Ausgaben für die Erwerbung in den wissen-
auf 298 Mio. Euro in 2008 und haben sich seither auf diesem Level einge-
schaftlichen Bibliotheken (Universitätsbibliothe-
pendelt42. Die Steigerungsrate von 2003 bis 2010 liegt also bei insgesamt
ken, Hochschulbibliotheken, Fachbibliotheken und
36 %. Im Zuge des weiteren Ausbaus der Kapazitäten an den Hochschu-
Regionalbibliotheken) in Deutschland lagen zuletzt
len kann auch in den nächsten Jahren mit vergleichbaren Steigerungsra-
bei knapp 300 Mio. Euro jährlich. Davon entfielen
ten gerechnet werden, da in den zusätzlich von Bund und Ländern für die
mit knapp 100 Mio. Euro etwa 1/3 auf Ausgaben
Finanzierung neuer Studienplätze zur Verfügung gestellten Budgets auch
für digitale bzw. elektronische Medien . Von den
Infrastrukturmittel enthalten sind. Hinzu kommen noch die Vergütungen
Erwerbungsmitteln allein der Universitätsbibliothe-
der Länder nach den einschlägigen Tantiemetatbeständen des UrhG, die
ken in Baden-Württemberg in Höhe von ca. 26 Mio.
für den gesamten Bereich der öffentlichen und wissenschaftlichen Bib-
Euro entfallen sogar 10 Mio. Euro, also ca. 40 %, auf
liotheken bei über 20 Mio. Euro p.a. liegen. Davon entfallen allein über
digitale bzw. elektronische Medien. Aufschlussreich
17 Mio. Euro für die Verleih- und Vermiettantieme des § 27 UrhG. Im
ist der Blick auf die Entwicklung der Erwerbungs-
Ergebnis ist daher festzuhalten, dass in Deutschland allein die Länder als
ausgaben der wissenschaftlichen Bibliotheken von
Träger der wissenschaftlichen Bibliotheken den Verlagen eine jährliche
2003 bis 2010. Lagen sie in den Jahren von 2003 bis
garantierte Nachfrage in Höhe von ca. 300 Mio. Euro eröffnen43. Hinzu
2005 zwischen 220 bis 232 Mio. Euro, stiegen sie
kommen noch die von den großen öffentlichen Drittmittelgebern für den
von 245 Mio. Euro (2006) und 276 Mio. Euro (2007)
Bereich der Literaturversorgung zur Verfügung stehenden Mittel.
41
ANHANG 2: ABBESTELLUNGEN
250 Mio. Euro 200 Mio. Euro 150 Mio. Euro
45 %
100 Mio. Euro 50 Mio. Euro
7%
0 2000
2002
2004
Ausgaben für Erwerbung insges.
2006
2008
2010
2012
Ausgaben für elektronische Angebote
Abb. 4: Ausgaben für Literaturerwerbung bzw. für elektronische Angebote an den Universitätsbibliotheken in Deutschland 2000-2012 (Quelle: Deutsche Bibliotheksstatistik. Diagramm: Antje Kellersohn)
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4,5 Mio. 4 Mio. 3,5 Mio.
Studiengebühren
3 Mio. 2,5 Mio. 2 Mio.
„big deals“ big deals
Zeitschriftenkrise
1,5 Mio. 1 Mio. 0,5 Mio.
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Anzahl laufend gehaltene gedruckte Zeitschriften Anzahl laufend gehaltene elektronische Zeitschriften Zugang Bücher
Abb. 5: Medienversorgung an den Universitätsbibliotheken in Deutschland: Zeitschriften und Monografien-Zugang der Universitätsbibliotheken in Deutschland. (Quelle: Deutsche Bibliotheksstatistik. Diagramm: Antje Kellersohn)
500 %
1986
1988
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002 2004
2006
2008 2010
400 % 300 % 200 % 100 % 0% -100 % Serials Exp.
Monograph Exp.
Consumer Price Index
Abb. 6: Ausgabenentwicklung für Fachinformation der Bibliotheken in der Association of Research Libraries (ARL) 1986 bis 2011 für Monographien und Zeitschriften im Vergleich zur allgemeinen Preisentwicklung (US CPI) (Quelle: Kyrillidou/Shaneka (2011): ARL Statistics 2008-2009, Washington, DC, Association of Research Libraries. Diagramm: Antje Kellersohn)
66
E-SCIENCE
In der ersten Folie ist die Verschiebung der Erwer-
dass die steigenden Ausgaben für die Zeitschriften immer mehr
bungsetats hin zu elektronischen Angeboten insge-
die verfügbaren Mittel für den Monografienkauf „auffressen“. Das
samt dargestellt.
Polster, das ganz offensichtlich durch die Studiengebühren generiert wurde, ist inzwischen aufgebraucht. Es handelt sich um jeweils
In der zweiten Folie geht es darum, wie sich die Zeit-
aufsummierte Werte für alle deutschen Universitätsbibliotheken.
schriftenangebote durch den Kauf der großen Pakete
Dieser Trend wird immer stärker die Geisteswissenschaften treffen,
insgesamt entwickelt haben. Die Titelzahlen für die
die im Vergleich zu den STM-Fächern wenig Bedarf an Zeitschriften
elektronischen Ausgaben insgesamt steigen exponen-
haben, aber besonders abhängig von einer guten Ausstattung an – in
tiell an, während die der gedruckten Zeitschriften
der Regel noch gedruckten – Monografien haben.
kontinuierlich sinken. Besonders beachtenswert ist die Entwicklung der Zugangszahlen für die Bücher
Die dritte Folie zeigt eine Übersicht aus den USA, die die über-
mit einer Extrapolation bis 2015. Hier wird deutlich,
proportionale Preissteigerung bei den Zeitschriften verdeutlicht.
ANHANG 3: NUTZERPERSPEKTIVEN
Open Access konnte sich inzwischen als neues
Access die Erwartung der erhöhten Wahrnehmbarkeit ihrer Wer-
Paradigma im Bereich des wissenschaftlichen Pu-
ke durch Wegfall von Lizenzschranken bzw. den schrankenlosen
blizierens aufgrund des einhelligen inhaltlichen
und möglichst umfassenden Zugriff auf qualitätsgesicherte (peer-
Commitments etablieren. Die Allianz der Wissen-
reviewed) Forschungsergebnisse.
schaftsorganisationen sowie die Universitäten tra-
• Den Hochschulleitungen wird es neben der Erwartung lokaler
gen die Idee und befördern die Etablierung. Doch
Kostenoptimierung insbesondere um die bessere Informations-
sind weitere konkrete Schritte erforderlich, um eine
versorgung an ihrer Hochschule sowie um deren bessere Sicht-
nachhaltige Struktur zu erreichen. Um diesen Prozess
barkeit als Institution im weltweiten Wettbewerb gehen; dabei
in der operativen Umsetzung durch Fördermaßnah-
kann Open Access ein wichtiger Faktor des Umstiegs von der
men signifikant beschleunigen zu können, kommt
quantitativen zur qualitativen internen Mittelsteuerung sein.
es darauf an, die spezifischen Interessen der unter-
• Fakultäten, Institute und Lehrstühle, die zum Teil zur Fi-
schiedlichsten Nutzer in den Blick zu nehmen. Dabei
nanzierung der Informationsversorgung herangezogen werden
handelt es sich um so unterschiedliche Nutzergrup-
bzw. auf deren finanzielle Ausstattung sich Kostensteigerungen
pen wie die wissenschaftlichen Autoren und Rezipi-
und Verlagerungen auf der Ebene der Infrastruktureinrichtungen
enten an den Hochschulen, die Hochschulleitungen,
gegebenenfalls auswirken können, sind an Transparenz der Ent-
die einschlägigen Infrastruktureinrichtungen, sowie
scheidungen und einem Höchstmaß an einer kompetitiven Infor-
die interessierte Öffentlichkeit, Gesellschaft und Po-
mationsversorgung interessiert.
litik, aber auch innovierende Unternehmen.
• Den Infrastruktureinrichtungen – Hochschulbibliothek, Rechen- und Medienzentrum – kommt es auf die Ver-
Die mit Open Access jeweils verbundenen Erwar-
besserung der Dienstleistung durch umfassende Versorgung
tungen lassen sich wie folgt beschreiben:
sowie um eine transparentere Gestaltung der Kosten an.
• Die wissenschaftlichen Autoren und Rezipi-
• Der interessierten Öffentlichkeit und Gesellschaft liegen
enten an den Hochschulen verbinden mit Open
insbesondere bessere Möglichkeiten der Partizipation an For-
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schungsergebnissen und die Transparenz von Forschung und
schaft in Baden-Württemberg freigeschaltet
Studium am Herzen.
ist (Pilotprojekt hybride Publikation).
• I nsbesondere für innovierende KMU leistet eine rasche Diffusion öffentlich finanzierter Forschungsergebnisse einen wich-
4. Weitere Desiderate
tigen Beitrag für den Wissens- und Technologietransfer.
· Repositorien werden inzwischen fast flächen-
• Regierung und Parlament geht es um den optimalen Ein-
deckend vorgehalten, jedoch sind die Breite
satz von Steuergeldern mit größtmöglichem Wirkungsgrad
des fachlichen Inhalts und der Füllstand der
sowie die bestmögliche Platzierung des Wissenschafts- und
Sammlungen noch „unterkritisch“. Zu selten
Forschungsstandortes in einem föderal organisierten aber
stellen Wissenschaftler Preprints, Projektbe-
weltweit agierenden Hochschulsystem.
richte oder Aufsätze in die Repositorien ein. · Die Hochschulrepositorien müssen in einem
Aus diesen Erwartungen lassen sich etwa folgende Anforderungen
strukturell neu gedachten zentral (Metada-
ableiten:
ten) / dezentral (Inhalte) angelegten Konzept
1. Qualitätssicherung für Open Access-Publikationen:
unter Einbeziehung nicht-textueller Materia-
Open Access Zeitschriften und Publikationen müssen die glei-
lien (vgl. AG 2 Forschungsdaten) organisiert
chen Standards erfüllen wie subskriptionsbasierte elektronische
werden, das die Materialfülle in allen Erschei-
oder gedruckte Zeitschriften und Publikationen. Sie erscheinen
nungsformen umfasst und die Langzeitarchi-
auf den gleichen Wegen wie Verlagspublikationen, Publikati-
vierung der Inhalte sicherstellt.
onen von Fachgesellschaften oder von Wissenschaftlerinitia-
· Ferner stellt sich die Frage des Mehrwerts aggre-
tiven. Die Qualitätssicherung erfolgt über Peer Review, Gut-
gierter Repositorien. Im Sinne der Auffindbar-
achtergremien und Editorial Bords. Bei Qualifikationsschriften
keit im Retrievalprozess der Nutzergruppen sind
erfolgt die Qualitätssicherung im jeweiligen Verfahren.
fachlich oder sachlich-thematisch gebündelte
2. Wissenschaftsadäquate Such- und Mehrwertdienste:
Angebote lokalen Angeboten vorzuziehen. Für
Wie bei subskriptionsbasierten Publikationen ist die Ein-
die kleineren Hochschulen ist dies besonders
bindung in bibliographische Datenbanken und Recher-
wichtig, da ihnen dadurch gewährleistet werden
cheumgebungen des jeweiligen Wissenschaftsfaches zu
kann, in der elektronischen Informationswelt
gewährleisten; dasselbe gilt für Nutzungsstatistiken und bi-
mit ihren Potenzialen gesehen und beachtet zu
bliometrische Analysen.
werden.
3. Open Access über author fees und Subskriptionszahlungen:
· Zunehmend ist festzustellen, dass nationale
Mit author fees kann die Erstveröffentlichung ohne Em-
und internationale Fördergeber in ihren Aus-
bargofrist erfolgen. Im Rahmen von Subskriptionsmodellen
schreibungen zwingend ausgearbeitete Open
sind unterschiedliche Varianten etwa wie folgt denkbar:
Access-Strategien als Förderungsbedingungen
· Alle Publikationen von Wissenschaftlern aus Baden-Würt-
voraussetzen. Im Rahmen der den Hochschu-
temberg werden bei entsprechenden Lizenzverträgen sofort
len in Baden-Württemberg nach § 7 LHG ob-
Open Access gestellt.
liegenden Struktur- und Entwicklungsplanung
· Im Rahmen konventioneller Journals werden Publikationen
müssen daher auch Aussagen zur Open Access-
von BW-Wissenschaftlern Open Access gestellt (author fees)
Strategie der jeweiligen Hochschule eingefor-
mit der Folge, dass die gesamte Zeitschrift für die Wissen-
dert werden.
68
E-SCIENCE
· Schließlich erscheint es aus Nutzersicht erfor-
der Beratung in rechtlichen Fragen auch um die Erarbeitung
derlich, eine rechtliche Beratung zu allen Fra-
und Überarbeitung von Empfehlungen und Richtlinien, in
gen im Open Access-Publikationsprozess zu
enger Kooperation mit der Schwerpunktinitiative „Digitale
etablieren. Hier könnte eine Beratungsstel-
Information“ der Allianz der deutschen Wissenschaftsorga-
le für Open Access und Lizenzierung einen
nisationen und den Hochschulen, und deren Einbettung
wichtigen Beitrag zur Nachhaltigstellung von
in die Gesamtstrategie der Open Access-Policy des Landes.
Open Access leisten. Die wissenschaftlichen
Die Einrichtung einer zentralen Beratungsstelle zur Siche-
Bibliotheken haben immer wieder Beratungs-
rung von Synergien und Wissenstransfer, angesiedelt etwa
bedarf zu rechtlichen und organisatorischen
bei einer einschlägig ausgewiesenen Bibliothek, könnte
Fragen im Kontext von Open Access geltend
diese Lücke schließen und Open Access im Land Baden-
gemacht, die durch die bestehenden Ange-
Württemberg weiter befördern.
bote (Informationsplattform open-access.net, IUWIS, einschlägige Literatur u.a.m.) nicht abgedeckt werden. Inhaltlich geht es neben
ANHANG 4: FÜLLSTAND VON REPOSITORIEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Im Einsatz ist an den meisten Hochschulen das Sys-
werden in einem Outsourcing-Modell nicht auf hochschuleigenen
tem „OPUS“, gehostet vom Bibliotheksservicezent-
Servern gespeichert.
rum Baden-Württemberg, Konstanz. Zumeist liegen
Die folgende Tabelle zeigt den Stand vom 21.05.2012 (Quelle:
die Dokumente auch auf den Servern des BSZ und
Auskunft BSZ)44:
1
Hochschule Ludwigsburg
278
2
Hochschule Nürtingen-Geislingen
3
Hochschule Aalen
4
Hochschule der Medien, Stuttgart
5
PH Weingarten und Hochschule Ravensburg-Weingarten
56
6
Hochschule Esslingen
54
7
Hochschule Offenburg
108
8
Hochschule Reutlingen
104
9
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung, Konstanz
107
10
PH Freiburg
248
11
PH Heidelberg
35
12
PH Karlsruhe
5
13
PH Ludwigsburg
14
PH Schwäbisch-Gmünd
1.286 24 643
33 7
Summe 2.988
69
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S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 3 OPEN A CC ES S
1
Universität Freiburg
7.619
2
Universität Heidelberg
12.426
3
Universität Hohenheim
685
4
Universität Konstanz
5
KIT Karlsruhe
17.399
KAROLA (KIT Campus Nord)
5.795
EVA STAR (KIT Campus Süd)
7.310
6
Universität Mannheim
24.523
7 Universität-Stuttgart
7.042
8
Universität Tübingen
5.552
9
Universität Ulm
2.609
Summe 91.010 Daraus ergibt sich ein Gesamtfüllstand in BW in Höhe von ca. 95.000 Medien.
ANHANG 5: TECHNISCHE INFRASTRUKTUREN
Open Access zielt primär auf Veränderungen in der Wissenschafts-
Publikation in ein fachliches oder institutionelles
kultur und etablierter Prozesse der Informationsgewinnung und
Repositorium einstellt. In beiden Fällen soll der
-beschaffung ab. Um die neu einzurichtenden Prozesse effizient
Nutzer in jedem Repositorium entsprechend des-
unterstützen zu können und hierdurch deren Akzeptanz bei Wis-
sen inhaltlichen Zwecks einen möglichst vollstän-
senschaftlern zu steigern, sind – zusätzlich zu entsprechenden
digen Bestand vorfinden. Zur Integration der Re-
Reputationsmechanismen – geeignete technische Infrastrukturen
positorien in die von den Nutzern bei ihrer Arbeit
unerlässlich. Es sollten daher Vorhaben unterstützt werden, die
verwendeten Infrastrukturen stellen die Repositori-
darauf abzielen, Open Access Lösungen als gleichberechtigten
en geeignete abstrakte Schnittstellen bereit, sodass
Bestandteil der wissenschaftlichen Informationsversorgung zu eta-
z. B. aus dem Repositorium generierte Literatur-
blieren und in bestehende Infrastrukturen und Prozesse zu inte-
listen dynamisch auf persönlichen Webseiten der
grieren (Schnittstellen zu AG 4 und 5)45. Die gegebenen, unter-
Forscher eingebunden werden können. Solche
schiedlichen Zielsetzungen der Repositorien nach fachlichen bzw.
Technologien sowie die Verwendung der Reposi-
institutionellen Kriterien verhindern, dass eine mögliche Vollstän-
toriendaten als Linked Open Data erfordern aller-
digkeit im Bestand jedes einzelnen Repositoriums erreicht wird,
dings die Verwendung standardisierter Metadaten
und zeichnen daher für Wissenschaftler ein sehr unübersichtliches
und normierten Vokabulars. Technische Voraus-
Bild der Repositorienlandschaft.
setzungen und organisatorische Abläufe müssten ggf. angepasst werden. Insbesondere die Autore-
Auf der Ebene der technischen Infrastruktur sollte die Förderung
nidentifikation und ihre datenschutzgerechte Aus-
daher auf die Integration unterschiedlicher, vorhandener Open
gestaltung sind hier zentrale Aspekte. Die Zusam-
Access Angebote durch den Austausch von Erschließungsdaten
menführung von Informationen über Open Access
abzielen, so dass es unerheblich ist, ob der Wissenschaftler seine
Angebote bedingt stets die Zusammenarbeit un-
70
E-SCIENCE
terschiedlicher Akteure. Es sollten daher vor allem
„arXiv“, das seit 1991 betrieben wird und sich inzwischen welt-
Kooperationen von Informationsanbietern bzw.
weit zu dem zentralen Open Access Angebot des gesamten Faches
von Informationsanbietern mit den Wissenschaft-
entwickelt hat. Nachdem die Finanzierung über viele Jahre von
lern gefördert werden, um zu verhindern, dass In-
einzelnen Institutionen (Los Alamos, aktuell die Bibliothek der
sellösungen geschaffen bzw. am Bedarf der Nutzer
Cornell University) getragen wurde, sucht man jetzt nach einer
vorbei geplant werden. Neben dem freien Zugriff
internationalen Basis der Finanzierung. An diesem Beispiel wird
auf Publikationen, welcher das Hauptinteresse des
deutlich, dass die Entwicklung von fachspezifischen Open Access
Open Access Konzeptes darstellt, entwickelt sich
Repositorien besonders effektiv gestaltet werden kann. Dennoch
auch der freie Zugriff auf Forschungsdaten sowie
muss auch für eine nachhaltige Entwicklung dieser Plattformen
deren Verknüpfung mit den zugehörigen Publika-
eine Grundfinanzierung gesichert sein47. Ähnliche Lösungen
tionen zunehmend zu einem Thema (Schnittstelle
existieren auch in anderen Bereichen. Zusätzlich besteht bereits
zu AG 4)46. Daher sollte die Zusammenarbeit von
eine Vielzahl institutioneller Repositorien, die Publikationen ei-
Open Access Anbietern mit Betreibern von For-
ner bestimmten Forschungseinrichtung frei zugänglich anbieten.
schungsdaten-Repositorien sowie die Koordination
Die Universität Mannheim betreibt zum Beispiel den Mannheim
von Standardisierungsbemühungen auf Publika-
Electronic Document Server (MADOC), der technische Berichte
tions- und Datenseite gefördert werden. In einer
und Arbeitspapiere von Forschern der Universität frei zugänglich
gemischt zentral-dezentral ausgerichteten Organisa-
macht.
tionsstruktur wären die Digitalisate dezentral und die Metadaten zentral zu verorten.
Aktuell besteht weniger ein Bedarf, die Einrichtung neuer Open Access Repositorien zu fördern, zumal noch bestehende Lücken
In den vergangenen Jahren sind in etlichen Fach-
z. B. bei institutionellen Repositorien durch das Hostingangebot
Communities überregionale fachliche Open Access
des BSZ geschlossen werden können. Vielmehr besteht derzeit das
Repositorien eingerichtet worden, die als Dienst-
Problem der Fragmentierung der Informationsangebote im Open
leistungen für Wissenschaftler angeboten werden.
Access Umfeld, da grundsätzlich für jede Publikation sowohl, u. U.
Ein Beispiel ist das Social Science Open Access Re-
verschiedene, fachliche Repositorien als auch ein institutionelles
pository SSOPEN ACCESSR, welches in den Jahren
Repositorium in Frage kommen und sich die Vorhaltung insofern
2007 und 2008 im Rahmen eines von der DFG ge-
unübersichtlich verteilt. Soweit die standardisierten Schnittstellen
förderten Projektes eingerichtet und seit 2008 vom
XMetaDissPlus der DNB sowie OAI bedient werden, ist immerhin
Leibniz Institut für Sozialwissenschaften betrieben
eine einheitliche Auffind- und Zugreifbarkeit der Publikationen in
und weiterentwickelt wird. Ein Beispiel für ein in-
Verbund- und Bibliothekskatalogen, überregionalen Diensten wie
ternationales Preprint Repository im Fach Physik ist
BASE, OAIster oder Google Scholar gewährleistet.
ANHANG 6: RECHTSRAHMEN VON OPEN ACCESS 48
Open Access-Strategien werfen in ihrem Kern eine
Teil identisch, zum Teil jedoch auch abweichend. Weiterhin ist
Reihe urheberrechtlicher Fragestellungen auf. Je
beim „goldenen Weg“ zu unterscheiden, ob die Open Access-Veröf-
nachdem, ob der „goldene Weg“ oder der „grüne
fentlichung durch einen Verlag erfolgt oder von den Wissenschafts-
Weg“ gewählt wird, sind diese Fragestellungen zum
einrichtungen selbst in Eigenregie übernommen wird.
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TEI L B
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1 . „ GOLDENER WEG“
samtkosten Einfluss nehmen, die der Wissenschaftsbe-
„Golden“ Open Access erscheint aus urheberrechtlicher Sicht ver-
trieb für die Veröffentlichung von Forschungsergebnis-
gleichsweise unproblematisch. Bei diesem Geschäftsmodell lassen
sen aufbringen müsste.
sich die Verlage von den Autoren der Beiträge – wie schon bisher beim klassischen Subskriptionsmodell – diejenigen Rechte einräu-
2 . „ G R Ü N E R W EG “
men, die sie benötigen, um die Artikel im Rahmen ihres digitalen
Urheberrechtlich komplexer ist die Situation, wenn
Verlagsangebots online stellen zu können.
der Autor die entsprechenden Beiträge selbst archiviert (auf einer individuellen Seite oder aber
Allerdings ist dafür zu sorgen, dass die Autoren, die ihre Beiträge
in einem institutionellen Repository). Hier ist im
den Verlagen zur Veröffentlichung im Wege des „Golden Open Ac-
Wesentlichen zu unterscheiden zwischen Preprint-
cess“ überlassen und ihnen die dazu erforderlichen Rechte übertra-
und Postprint-Veröffentlichungen.
gen, diejenigen Rechte zurückbehalten, die zur Nachnutzung durch den Autor bzw. seine Institution erforderlich sind. Hier wäre zuvor
Preprint Veröffentlichungen sind aus urheberrecht-
zu definieren, welche Nachnutzungen in Betracht kommen und wel-
licher Sicht zunächst unproblematisch, da und so-
che der in Betracht kommenden Nachnutzungen unverzichtbar sind.
lange der Autor noch alle seine Urheberrechte hat.
Eine solche Freiheit der Nachnutzung ließe sich ebenfalls durch
So stellt sich allein die Frage, ob die Verlage bereit
eine gesetzliche Lösung absichern. Allerdings wäre eine gesetzli-
sind, Artikel zur Veröffentlichung in ihren subskrip-
che Lösung nur auf Bundesebene durch entsprechende Änderung
tionspflichtigen Journals anzubieten, die bereits an-
des UrhG möglich. Ohne eine solche Regelung müsste ein Katalog
dernorts in einer Vorversion veröffentlicht worden
derjenigen Nachnutzungsrechte erstellt werden, die der einzelne
sind. Wo dies für einen Verlag gleichwohl attraktiv
Autor in seinem Vertrag mit dem Open Access-Verlag zurückbehal-
erscheint, wird/muss er sich mit der nicht-exklusi-
ten soll/muss. Soweit „Golden Open Access“ nicht durch Verlage,
ven Rechteeinräumung zufrieden geben (was nicht
sondern von den Bildungseinrichtungen selbst durchgeführt wird,
ausschließt, dass der Verlag sich hier alle verblei-
lassen sich die Rechte einer Nachnutzung durch den einzelnen Ur-
benden Rechte einräumen lässt, um sicherzustellen,
heber dagegen sehr viel einfacher auf vertraglichem Wege regeln.
dass derselbe Artikel nicht auch noch in einem anderen Journal erscheint).
Damit der Zugang kostenfrei ausgestaltet werden kann, müssen die Geldflüsse umstrukturiert werden: anstatt einer Zahlung allein durch
Postprint Veröffentlichungen durch den Autor set-
die abnehmenden Bibliotheken (oder ggf. durch die aufgenommenen
zen hingegen voraus, dass der Autor die dazu er-
Autoren und die abnehmenden Bibliotheken) würden hier entweder
forderlichen Rechte nicht bereits zuvor dem Verlag
die einzelnen Autoren selbst oder aber die Institutionen, denen diese
eingeräumt hat. In aller Regel lassen sich die Verlage
angehören, für die mit der Veröffentlichung verbundenen Dienstleis-
die Rechte jedoch umfassend einräumen (s. auch §
tungen der Verlage zahlen. Das Problem dabei ist aus der Sicht des
38 Abs. 1 Satz 1 des deutschen Urheberrechtsge-
Wissenschaftsbetriebes ein Zweifaches: Zum einen setzte dies eine
setzes (UrhG): „im Zweifel“ ausschließliches Nut-
vermutlich tiefgreifende Umstrukturierung interner Geldflüsse vor-
zungsrecht des Herausgebers). Nach § 38 Abs. 1
aus. Zum anderen könnten die Verlage über den Preis, den ein Autor
Satz 2 UrhG darf der Urheber das Werk in diesem
für die Veröffentlichung seines Beitrages zu zahlen hätte, ebenso wie
Fall zwar nach Ablauf eines Jahres seit Erscheinen
schon bisher bei der Festsetzung der Subskriptionspreise auf die Ge-
anderweitig vervielfältigen und verbreiten, doch
72
E-SCIENCE
gilt dies nur dann, wenn vertraglich nichts anderes
te sie im Falle ihres Zustandekommens lediglich Verlagsverträge
vereinbart ist. Dieses Zweitveröffentlichungsrecht
mit deutschen Verlegern, so ließe sich das Zweitverwertungsrecht
des Autors ist also abdingbar und es wird in den
wohl nur dann erreichen, wenn die Verlage dazu bewegt werden
Verlagsverträgen auch regelmäßig abbedungen bzw.
könnten, ihre bisherige Vertragspraxis zu ändern.
ausgeschlossen. Eine gesetzliche Regelung im Urhebergesetz, die den Autoren ein solches Zweitver-
In wirtschaftlicher Hinsicht hätten die Verlage zwar wohl nichts
öffentlichungsrecht gesetzlich garantieren würde,
gegen eine Selbstarchivierung einzelner Artikel durch individuel-
könnte nur vom Bundesgesetzgeber, nicht hingegen
le Autoren, sofern dabei die Embargo-Fristen der Sherpa/Romeo-
auf Landesebene vorgenommen werden.
Liste49 eingehalten werden. Die Liste ist allerdings nicht rechtsverbindlich. Die Verlage wehren sich jedoch strikt gegen eine
Ein solches gesetzliches Zweitveröffentlichungs-
umfassende Archivierung in Repositorien. Dabei gestehen sie
recht stellt keine – international nur unter einge-
zwar zu, dass mit Postprint Online-Veröffentlichungen kein nen-
schränkten Bedingungen mögliche – Beschränkung
nenswerter Umsatz zu erzielen ist, sie sehen jedoch in umfassen-
urheberrechtlicher
den Postprint Repositorien eine Gefahr für die Wirtschaftlichkeit
Ausschließlichkeitsbefugnisse
dar. Vielmehr würde sie den Urheber davor schüt-
der Primärveröffentlichungen.
zen, allzu viele Rechte pauschal an die Verlage abzutreten. Näherer Prüfung bedarf in diesem Zu-
Schließlich kann aufgrund der grundgesetzlich garantierten Wis-
sammenhang wohl noch die Frage, ob bzw. inwie-
senschaftsfreiheit den einzelnen Autoren zumindest im Rahmen
weit eine solche deutsche Lösung aus rechtlichen
ihrer Grundausstattung keine rechtliche Verpflichtung auferlegt
Gründen den Einsatz von Geolocation-Sperren er-
werden, ihre Aufsätze als Open Access-Publikationen zu veröf-
forderlich macht, mit denen sichergestellt würde,
fentlichen. Das betrifft den „goldenen“ wie „grünen“ Open Access
dass auf in deutschen Repositories vorgehaltene
gleichermaßen.
Postprint-Veröffentlichungen nur von Deutschland aus zugegriffen werden kann.
Anders sieht es hingegen bei der Vergabe von Fördermitteln aus. Hier kann in den Förderrichtlinien aus öffentlichen Geldern ge-
Kommt eine gesetzliche Lösung hinsichtlich eines
förderter Projekte auf eine Open Access-Veröffentlichung hinge-
Zweitverwertungsrechts nicht zustande, oder erfass-
wirkt werden.
ZU 2: BW-OPEN ACCESS FÖRDERPROGRAMM ANHANG 7: PILOTPROJEKT ZU HYBRIDEN OPEN ACCESS ZEITSCHRIFTEN
Als hybride Open Access Zeitschriften werden
gangsbarriere auszunehmen. Sie unterscheiden sich damit von
Zeitschriften bezeichnet, deren Geschäftsmodell
genuinen Open Access Zeitschriften, deren Inhalte vollständig
grundsätzlich auf dem traditionellen Subskripti-
über ein Open Access kompatibles Geschäftsmodell finanziert
onsprinzip beruhen, die jedoch ihren Autoren das
und damit entsprechend zugänglich gemacht werden.
Angebot machen, ihre Artikel durch die Zahlung einer Open Access Publikationsgebühr von der
Alle großen Wissenschaftsverlage nutzen das hybride Geschäftsmo-
mit dem Subskriptionsprinzip verbundenen Zu-
dell. Das Angebot der Freistellung einzelner Artikel gegen die Zah-
73
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 3 OPEN A CC ES S
lung einer Publikationsgebühr wird jedoch nur in sehr geringem
•D er Verlag strebt die Umstellung des Geschäfts-
Umfang angenommen. Kritiker werfen den Verlagen vor, sich ihre
modelles an und implementiert dies nachprüf-
Inhalte mit diesem Geschäftsmodell doppelt bezahlen zu lassen
bar durch entsprechende Policies.
(double dipping). Dem halten die Verlage entgegen, die aus den
•D ie Wissenschaftsorganisationen öffnen ihre
Open Access Publikationsgebühren erzielten Einnahmen würden
Open Access Publikationsfonds für die Zeit-
bei der Preisgestaltung der Subskriptionsgebühren verrechnet. Die-
schrift.
se Behauptung ist ohne einen vollständigen Einblick in die Bücher
•D ie Preisbildung der Zeitschrift ist überprüf-
eines Verlages nicht überprüfbar. Solch eine Offenlegung hat bisher nicht stattgefunden, es gibt jedoch entsprechende Angebote.
bar. •D ie Höhe der Preise wird von beiden Seiten
als angemessen bewertet. Mit hybriden Geschäftsmodellen ist die Möglichkeit verbunden, Open Access kompatibles Publizieren unter Beibehaltung der
Als Kandidaten für solch ein Projekt würden sich
bestehenden Publikationsgewohnheiten kurzfristig zu realisieren.
renommierte Zeitschriften anbieten, deren Au-
Darüber hinaus besteht die Aussicht, mit Hilfe dieses Geschäfts-
torenschaft im Wesentlichen aus Deutschland
modelles Zeitschriften von einem subskriptionsbasierten zu ei-
stammt, so dass die Umstellungsbedingungen weit-
nem Open Access kompatiblen Geschäftsmodell zu überführen.
gehend von deutschen Akteuren gestaltet werden
Um solch ein Projekt aus der Perspektive der Wissenschaftsor-
können.
ganisationen attraktiv zu machen, müssten zumindest folgende Bedingungen erfüllt werden:
ANHANG 8: MEILENSTEINE
Meilensteine für ein Fünfjahresprogramm: • Leuchtturm (langfristige Finanzierung)
· M01-M12: Prüfung in Frage kommender Projekte
· M13-M18: Entscheidung, ob ein aussichtsreiches Projekt identifiziert werden konnte.
• Infrastruktur für die elektronische wissenschaftliche Kommunikation
· Für Planung von Meilensteinen ist eine Abstimmung mit den AGs Forschungsdatenmanagement und Virtuelle Forschungsumgebung erforderlich.
• Open Access Publikationsfonds – goldener Weg
·M 01-M06 Erarbeitung von Kriterien zur Teilnahme am Programm für einen Publikationsfonds
· M07-M09 Ausschreibung der Teilnahme
·M 10-M12 Entscheidung über Teilnahme
·M 13-M18 Erarbeitung von Kriterien für die Kostenübernahme
· M13-M18 Aufbau des Monitoring
• Zukunftsfähige Geschäftsmodelle im Land Baden-Württemberg
·M 01-M06 Identifikation von Akteuren
· M07-M12 Identifikation konkreter Projekte
74
E-SCIENCE
ANHANG 9: LITERATURVERZEICHNIS
•A G OPEN ACCESS in der Allianz „Open Access Positionen Prozesse Perspektiven“ (Oktober 2009) •W R – Übergreifende Empfehlungen zu Informationsinfrastrukturen (28.01.2011) •G WK – Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland – KII (April 2011) •F AQ – zu Open Access und Zweitveröffentlichungsrecht (Allianz) vom 30.06.2011 • Zur urheberrechtlichen Gestaltung von Repositorien (IUWIS-Projekt, 2011) •A G OPEN ACCESS in der Allianz „Open Access Positionen Prozesse Perspektiven“ (Oktober 2009) •D FG – Die digitale Transformation weiter gestalten (Juli 2012) •W R – Weiterentwicklung IIS (13.07.2012) •E U – Mitteilung vom 17. Juli 2012 – Verbesserung des Zugangs zu wissenschaftlichen Informationen – Steigerung der Wirkung öffentlicher Investitionen in die Forschung •E U – Empfehlung der Kommission über den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und deren Bewahrung vom 17. Juli 2012 (2012/417/EU)
ie Landesregierung orientiert ihr Verständnis der freien Zugänglichkeit / des Open Access an der Definition in der Berliner Erklärung über D offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen (http://oa.mpg.de/lang/de/berlin-prozess/berliner-erklarung/). Unter dem goldenen Weg wird Open Access für Erstveröffentlichungen verstanden, der grüne Weg bezieht sich in erster Linie auf Zweitveröffentlichungen. 24 http://oa.mpg.de/lang/de/berlin-prozess/signatoren 25 Der Begriff Forschungsergebnisse umfasst wissenschaftliche Publikationen und Forschungsdaten gleichermaßen. 26 Neelie Kroos - EU-Kommissarin für Digitale Agenda - verkündete am 17. Juli 2012 das Ziel, dass bis 2016 der Großteil der mit EU-Mitteln finanzierten Forschungsergebnisse öffentlich und kostenfrei verfügbar sein müssen (SZ vom 19. Juli 2012). 27 „Finch Report“ der „Working Group on Expanding Access to Published Research Findings“ vom 18. Juni 2012. 28 Früher European Heads of Research Councils - EUROHORCS 29 League of European Research Universities. 30 Schlussfolgerungen des europäischen Rates vom 20. Mai 2008, Dokument Nr. 7651/1/08, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament vom 17. Juli 2012 - Verbesserung des Zugangs zu wissenschaftlichen Informationen: Steigerung der Wirkung öffentlicher Investitionen in die Forschung (COM (2012) 401 final.) und Empfehlungen der Kommission vom 17. Juli 2012 (2012/417/EU). 31 Beschluss vom 21.05.2012: „Im Bereich digitale Medien als Gegenstand von Forschung und Innovation diskutierten die Mitglieder unter anderem Handlungsempfehlungen zum Zweitveröffentlichungsrecht und zu Open Access. Die Projektgruppe empfiehlt übereinstimmend, Open Access im Wissenschaftsbereich umfassend zu unterstützen. Als wichtiges Signal bezeichnen es die Mitglieder beispielsweise, ein verbindliches Zweitveröffentlichungsrecht anzustreben, so dass in Periodika oder Sammelbänden publizierte wissenschaftliche Beiträge aus überwiegend öffentlich finanzierter Forschung im Internet frei und dauerhaft zugänglich gemacht werden könnten. Um Open Access im Wissenschaftsbereich zu fördern, so die Projektgruppe, müsse insbesondere auch die Veröffentlichung und Nachnutzbarkeit von Forschungsergebnissen umfassend abgesichert werden. Dazu sollen die rechtlichen Voraussetzungen für Open Access verbessert werden. In einer intensiven Diskussion einigten sich die Mitglieder auf eine Reihe gemeinsamer Empfehlungen.“ http://www.bundestag.de/internetenquete/ dokumentation/Bildung_und_Forschung/PGBuF_2012-05-21/PGBuF_2012-05-21_Bericht/index.jsp 23
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S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 3 OPEN A CC ES S
ositionspapier der KMK vom 8. Juni 2009, dem BMJ in Rahmen der Konsultationen für einen „Dritten Korb“ vorgelegt. Vgl. hierzu Pflüger, P Positionen der Kultusministerkonferenz zum Dritten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft - „Dritter Korb“, ZUM 2010, 938 (941). 33 Papier der Allianz vom 7. Juli 2010 „Neuregelung des Urheberrechts: Anliegen und Desiderate für einen Dritten Korb“. 34 Vgl. hierzu Pflüger, Die Befristung von § 52a UrhG - eine (un)endliche Geschichte?, ZUM 2012, S. 444 (447f.) und Anhang 1. Zum Themenbereich „Abbestellungen“ vgl. Anhang 2. 35 Beispiele hierfür sind Publikationsrepositorien wie arXiv oder PubMedCentral oder das Datenrepositorium PANGAEA. 36 In der Arbeitsgruppe „Open Access“ wurde auch die Einrichtung eines Open Access Repositoriums für Lehrmaterialien diskutiert. In einer solchen Sammlung sollten E-Learning Module gesammelt und veröffentlicht werden, deren Qualität durch ein Peer-Review Verfahren gesichert ist. Die Qualitätssicherung soll auch dazu dienen, dass die Autoren dieser Beiträge ihre Kompetenz im Bereich der Lehre dokumentieren können. Mittelfristig könnten insbesondere Bewerber für eine Professur von einem solchen Nachweis profitieren. Gleichzeitig könnte dadurch die Bedeutung der Lehre in Berufungsverfahren gestärkt werden. Die Arbeitsgruppe verfolgt diesen Ansatz hier nicht weiter, da dies den Rahmen des Auftrags sprengen würde. 37 Mit dem finanziellen Bedarf des Förderprogramms hat sich die AG nicht näher befasst. Legt man jedoch einen von der KMK in 2007 für die Anmeldung im Hochschulpakt ermittelten Finanzierungsrahmen für ein bundesweites Open Access-Infrastrukturprogramm in Höhe von 20 Mio. Euro p.a. zugrunde, entfielen auf BW in Anlehnung an den Königsteiner-Schlüssel ca. 2,7 Mio.Euro p.a.. 38 http://www.datasealofapproval.org/ 39 http://www.trusteddigitalrepository.eu/Site/Trusted%20Digital%20Repository.html 40 Könnte etwa über das Center of Digital Tradition (CODIGT, vormals: Kompetenzzentrum für kulturelle Überlieferung - digital Karlsruhe (KÜdKa)) oder die Geschäftsstelle des Konsortiums BW operationalisiert werden. 41 Deutsche Universitätszeitung (DUZ) 11/2010, S. 10f. 42 Deutsche Bibliotheksstatistik für das jeweilige Jahr, veröffentlicht vom HBZ Nordrhein-Westfalen, http://www.hbz-nrw.de/dokumentencenter/produkte/dbs/aktuell/auswertungen/wb_gesamt_10.pdf. 43 Dies entspricht etwas mehr als 3 % des Gesamtumsatzes auf dem Buchmarkt in Deutschland in Höhe von 9,7 Mrd. € in 2010, www.boersenverein.de/de/158286 (Abruf 13. April 2012). 44 Gezählt wurden Datensätze ohne Volltext, Datensätze mit Volltext ohne Zugänglichkeit, Datensätze mit Volltext mit Zugänglichkeit ohne Lizenz sowie Datensätze mit Volltext mit Zugänglichkeit mit Lizenz. 45 Zum Stand vgl. Anhang 4. 46 Die AG 4 (Forschungsdatenmanagement) behandelt die Einrichtung von Forschungsdatenrepositorien und die angesprochene Verknüpfung zu Publikationen. Der freie Zugriff auf Forschungsdatenbanken der Verlage ist ein weiteres Problem, dass nicht im Rahmen der AG Open Access behandelt wird. Die derzeitige Lizenzierungspraxis von Forschungsdatenbanken ist Gegenstand der AG 1 (Lizenzierung). 47 Empfehlung des Wissenschaftsrates 2359-12 „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland“, Seite 10-11. 48 Ergänzend wird auf die IUWIS-Publikation „Zur urheberrechtlichen Gestaltung von Repositorien – Handreichung für Universitäten, Forschungszentren und andere Bildungseinrichtungen“ verwiesen, www.iuwis.de. 49 http:/www.sherpa.ac.uk/romeo/ 32
76
E-SCIENCE
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S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER
AG 4 · Forschungsdatenmanagement
78
E-SCIENCE
INHALT
1. Warum Management von Forschungsdaten?
81
2. Definition
82
3. Nutzererwartungen
83
4. Nationale und europäische Empfehlungen und Positionspapiere
85
5. Status quo in Baden-Württemberg
86
6. Maßnahmen für die Hochschulen in Baden-Württemberg
88
6.1 Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur
88
6.2 Integration in die Lehre
88
6.3 Förderprogramm zum Infrastrukturaufbau
88
6.4 Förderprogramm Data Life Cycle Labs
90
6.5 Einrichtung einer landesweiten Koordination
90
Projekte und Best Practices Anhang 1: Nationale Projekte mit baden-württembergischer Beteiligung
90
Anhang 2: Europäische Infrastrukturprojekte
91
Anhang 3: Globale Projekte
92
Anhang 4: Forschungsdatenmanagement bei GESIS
92
79
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S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 4 FORS C H UNGSD ATENMA NA GEMENT
MITGLIEDER DER ARBEITSGRUPPE
DR. CHRISTIAN HÄNGER
Bibliothek, Universität Mannheim BRIGITTE HAUSSTEIN
GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften PROF. MICHAEL HEBGEN
Rechenzentrum, Universität Heidelberg DR. MARKUS KLEIN
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (Vorsitz) MATTHIAS RAZUM
FIZ Karlsruhe - Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur PETER REMPIS
Bibliothek, Universität Tübingen PROF. DR. GERHARD SCHNEIDER
Rechenzentrum, Universität Freiburg DR. MATTHIAS SCHULZE
Bibliothek, Universität Stuttgart PROF. DR. ACHIM STREIT
Steinbuch Computing Center, KIT PROF. DR. VOLKER WULFMEYER
Institut für Physik und Meteorologie, Universität Hohenheim
80
E-SCIENCE
1 · WARUM MANAGEMENT VON FORSCHUNGSDATEN?
Digitale Werkzeuge haben die Methoden der Wis-
Phänomene beschreibt, ihre Bedingungen analysiert und kausale
senschaft revolutioniert: Die automatisierte Erzeu-
Zusammenhänge erforscht, ist auf solche Daten angewiesen, nicht
gung und Analyse von Daten in vielen Bereichen
nur im Rahmen der Fragestellungen, für die sie erhoben wurden,
der Wissenschaft hat sehr stark zugenommen, so
sondern auch im Sinne von Nachnutzung, Analyse und Deutung
dass sich die Methoden der „data-driven science“
in neuen, auch transdisziplinären Kontexten. Die Bewahrung der
– teilweise mit extrem großen Datenmengen („big
Daten erfordert im digitalen Zeitalter Design und Umsetzung der
data“) – in allen Wissenschaftsdisziplinen etabliert
Prozesskette des Datenmanagements. Während digitale Daten der
haben. Beispiele sind die empirischen Sozial- und
Apollo-Mission heute teilweise nicht mehr lesbar sind, verfügten
Wirtschaftswissenschaften, die Daten in Umfragen
schon die Babylonier über astronomische Aufzeichnungen von
und Beobachtungen erheben und sie statistisch ana-
sechs Jahrhunderten. Das Auffinden von Daten setzt in dem von
lysieren. Natur- und Geowissenschaften vergleichen
hoher Fluktuation geprägten Hochschulkosmos gesicherte Prozes-
Daten, die in Experimenten, punktuellen Messun-
se bei der Ablage der Daten voraus: Angabe standardisierter Me-
gen, Monitorings oder Satellitenaufnahmen gemes-
tadaten und Qualitätskriterien, Beachtung rechtlicher Veröffentli-
sen wurden, mit simulierten Daten einer modell-
chungsbedingungen, Speicherung über eine definierte Zeitspanne
haften Rekonstruktion der Wirklichkeit. Medizin
und Interpretierbarkeit der Daten.
und Biologie erzeugen mit bildgebenden Verfahren und Gensequenzen riesige Datenmengen, die teil-
Daher ist es das Bestreben des Ministeriums für Wissenschaft,
weise persönlichkeits- und datenschutzrelevant
Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) – gemeinsam
sind. Sprachwissenschaften analysieren Korpora
mit den Universitäten, weiteren Forschungseinrichtungen und For-
verschriftlichter Sprache und Streams gesprochener
schungsverbänden – eine Forschungsdaten-Strategie zu entwickeln
Sprache. Die steigenden Anforderungen guter wis-
und alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die im Ge-
senschaftlicher Praxis und der Qualitätssicherung
schäftsbereich des MWK arbeiten, mit dem Zugriff auf die notwen-
ihrer Ergebnisse verlangen eine zuverlässige Be-
digen Prozesse und die darunter liegende technische Infrastruktur
wahrung der Primärdaten nach festgelegten (Min-
zu versorgen. Der Wert wissenschaftlicher Daten im Sinne von
dest‑) Standards. Idealerweise werden die Primär-
Wissensrohstoff muss der Wissenschaft erhalten bleiben. Dadurch
daten, wenn keine berechtigten Schutzinteressen
soll die strategische Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen und
dem entgegenstehen, auf Open Access Repositorien
Forschungseinrichtungen bei der Einwerbung von Forschungsmit-
veröffentlicht, damit Dritte die Ergebnisse sowie die
teln nachhaltig weiterentwickelt und der Wissenschaftsstandort
zugrunde liegende wissenschaftliche Methodik und
Baden-Württemberg gestärkt werden.
Argumentation nachvollziehen können. Häufig sind die zugrundeliegenden Daten unwiederbringlich in dem Sinne, dass (i.) sie zeitabhängige bspw. soziale, klimatologische oder individuelle medizinische Zustände repräsentieren, die im Nachhinein nicht mehr beobachtet und gemessen werden können, oder dass (ii.) ihre erneute Gewinnung unangemessen aufwendig ist. Wissenschaft, die
81
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 4 FORS C H UNGSD ATENMA NA GEMENT
2 · DEFINITION
Die DFG definiert Forschungsdaten als „digitale und elektronisch
persönlicher Nutzung über Nutzung in der Institu-
speicherbare Daten […], die im Zuge eines wissenschaftlichen Vor-
tion bis idealerweise offener Kenntnisnahme und
habens z. B. durch Quellenforschungen, Experimente, Messun-
Nachnutzung. Während temporäre Zwischenergeb-
gen, Erhebungen oder Befragungen entstehen“50. Sie reichen von
nisse verworfen werden, müssen Primärdaten und fi-
strukturierten Massendaten bis hin zu unstrukturierten (d.h. nur
nale Ergebnisse, die Grundlage wissenschaftlicher Pu-
begrenzt maschinell auswertbaren) Daten unterschiedlichsten For-
blikationen sind, im Sinne „guter wissenschaftlicher
mats und Inhalts. Forschungsdaten können auch Prozessdaten wie
Praxis“ und nach den Richtlinien der Fördermittelge-
Bearbeitungsschritte, in einem Forschungsvorhaben entwickelte Al-
ber nach definierten Standards mit Metadaten doku-
gorithmen und Programme sein. Schließlich können auch Bücher
mentiert und nachhaltig gesichert werden.53 Umfang,
und andere Schriften, Bilder und andere nicht-textuelle Materialien
Formate, Konsistenz, Qualität, Veröffentlichungsform
mittels Digitalisierung zu Forschungsdaten werden und müssen ent-
und Lizenzen (z. B. cc-by), Aufbewahrungsdauer
sprechend gemanagt werden51, vgl. E-Science-AG 2 Digitalisierung.
u.a. werden im Idealfall von den Communities, Forschungs- und Fördereinrichtungen festgelegt. Dies
Der Open Access-Gedanke bedeutet im Zusammenhang mit For-
kann durch die Entwicklung koordinierter FDM-
schungsdaten einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaftskul-
Richtlinien und gemeinsamer Best Practice Empfeh-
tur. Die Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaft-
lungen auf Basis landesweit verfügbarer und für die
lichem Wissen dokumentiert den Willen der Unterzeichner, nicht
Forscher leicht nutzbarer Infrastruktur geschehen.
nur wissenschaftliche Ergebnisse in textueller Form, sondern auch
Die Herausforderung besteht dabei in der Gratwan-
Forschungsdaten Open Access zu publizieren52, vgl. E-Science-
derung der genügenden Berücksichtigung disziplin-
AG 3 Open Access. Dies setzt nicht nur das dafür notwendige Da-
spezifischer Anforderungen und dem Setzen allge-
tenmanagement voraus, sondern auch die Etablierung der neuen Pu-
meingültiger Regeln, gerade auch im Hinblick auf
blikationsform Forschungsdaten, die erst in wenigen Communities
die gewünschte und zunehmende Interdisziplinarität
wie Geowissenschaften und Astronomie vorangeschritten ist. In an-
zwischen Natur-, Geistes- und Lebenswissenschaften.
deren Disziplinen, erst recht wenn sie mit personenbezogenen Da-
Die gleiche Balance zwischen disziplinspezifischen
ten operieren, müssen Formate und Anreizsysteme erst entstehen.
und ‑übergreifenden Anforderungen muss bei der
Die Veröffentlichung erfolgt in Repositorien oder Datenbanken, zu
Entwicklung von Metadatenschemata für Forschungs-
denen idealerweise ein einheitlicher strukturierter Zugriff erfolgt
daten gefunden werden, da neben bibliographischen
und die Basis für darauf aufbauende Dienste legt wie z. B. Service-
und technischen Attributen möglicherweise auch dis-
orientierte Architekturen für Web-Portale, Apps, Synchronisations-
ziplinspezifische Attribute für die Beschreibung von
dienste, Virtuelle Forschungsumgebungen.
Inhalt, Kontext und Provenienz der Daten erhoben werden müssen. Um Metadaten von gleichbleibend
Forschungsdaten unterliegen typischerweise einem Lebenszyklus,
hoher Qualität zu erhalten, die Voraussetzung für die
der viele Schritte des Anreicherns und Aussortierens enthält: von
Auffindbarkeit und Nachnutzung von Forschungsda-
Rohdaten über geprüfte Mess- und Erhebungsergebnisse, verschie-
ten sind, muss der Übergang von der persönlichen
dene Stufen der Aufbereitung und Analyse bis hin zu Datensätzen
in die offene Domäne durch einen Workflow unter-
in archivierungsfähiger Form. Analog wächst die Nutzerdomäne von
stützt werden, der die administrativen Anforderun-
82
E-SCIENCE
gen an die Forschenden durch Beratung, Betreuung
so konzipiert sein, dass die Nutzer über benutzerfreundliche Portale
und Übernahme von organisatorischen Aufgaben
eine Meta-Suche in mehreren Fach- und Daten-Repositorien durch-
minimiert. Der Zugang der Wissenschaftler auf die
führen. Voraussetzung dafür sind standardisierte und vernetzte Me-
Forschungsdaten muss technisch und organisatorisch
tadaten in diesen Repositorien.
3 · NUTZERERWARTUNGEN
In allen Wissenschaftsdisziplinen steigt die Menge
c) Geowissenschaften zeichnen sich durch enges Zusammenwirken
der Daten, die durch Experimente, Beobachtungen
verschiedener Disziplinen und Messmethoden (in-situ, Ferner-
oder Simulationen produziert werden, rasant an.
kundung, Chemie, Biologie, Physik, usw.) aus, die permanent
Ohne diese Daten ist Spitzenforschung in vielen
weltweit Daten erheben und austauschen. Ohne die Festlegung
Disziplinen nicht mehr vorstellbar. Einige exemp-
auf gemeinsame Datenzentren, ‑strukturen und ‑formate auf
larische Beispiele zeigen mögliche Sichten und Be-
der Basis international vereinbarter Standards (z. B. Metadaten,
dürfnisse der Wissenschaftler auf:
Fehlertoleranzangaben, Open Source Software) wäre die Entwicklung globaler Klimamodelle und Studien wie der aktuelle
a) Hochenergiephysik: Die Physik hat mit die längste Erfahrung und die größten Bedürfnisse an riesi-
IPCC-Report, in dem die Ergebnisse von 15 Modellen verglichen werden, unmöglich.
gen Datenmengen. Hier werden nicht mehr Roh-
d) GESIS ist der Zusammenschluss von drei Einrichtungen der
daten gesammelt, sondern bereits im Detektor
Sozialwissenschaften, um über ein Portal einen neuen Dienst
Daten ausgefiltert, nach denen man nicht sucht.
anzubieten. Bei der Suche in den Datenbanken stößt man auf
Die Daten selbst liegen in einer mehrschichtigen
einen interessanten Fall und kann dann die Datensätze sowie
Tier-Architektur vor, z. B. auf dem Tier-1-Spei-
die dazu verwendeten Erhebungs- und Analysemethoden (ein-
cher beim KIT. Physiker können sich von dort
schließlich der zum Analysezeitpunkt verwendeten statistischen
Working-Sets herunterladen und unter Nutzung
Software) erhalten.
von High Performance Clustern analysieren. Eine
e) Das Institut für Deutsche Sprache (IDS) baut in einem Netz-
lokale Sicherung der Daten ist nicht nötig, da
werk mit anderen Institutionen ein Zentrum für die Bereitstel-
dank der performanten Infrastruktur Primärdaten
lung digitaler Ressourcen für die sprachwissenschaftliche For-
zentral gehalten werden können. So werden lokal
schung auf und erarbeitet Konventionen für die Speicherung
nur Ergebnisse gespeichert.
und Verarbeitung germanistischer Forschungsdaten. Forschende
b) Systembiologie: Hier fallen sehr große Datenmengen von Experimenten mit elektronischen
können Analysen auf verschiedenen Korpora veröffentlichter Sprache (z. B. Zeitungen, Web-2.0-Streams) durchführen.
Mikroskopen, DNA-Sequenzierern usw. an, die
f) In den Sonderforschungsbereichen der DFG werden Kompe-
abgenommen und gesichert werden müssen.
tenzen verschiedener Disziplinen und Fakultäten zusammen-
Danach sind die Daten über die verschiedenen
geführt. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit unter einem
Experimente zu normalisieren und so aufzuberei-
ordnenden Aspekt bringt eine kreative Forschungsarbeit und
ten, dass man Suchen und Working-Sets (10-100
Erkenntnissprünge hervor, die den Horizont eines einzelnen
TB) bilden kann.
Lehrstuhls übersteigen. Nicht umsonst fördert die DFG mit
83
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 4 FORS C H UNGSD ATENMA NA GEMENT
den „INF-Projekten“ Maßnahmen zur Kollaboration der For-
trale Bedeutung gewinnen. Die Suche in den
schenden und zur Sicherung ihrer Ergebnisse und Daten. Son-
Metadaten muss über mehrere Repositorien
derforschungsbereiche in Baden-Württemberg sollen die besten
unterstützt werden und zur Auswahl von Wor-
Voraussetzungen haben, sich um die zusätzlichen Mittel für ein
king-Sets führen. Im Hinblick auf die Nachnut-
INF-Projekt erfolgreich zu bewerben.
zer müssen Datenformate gewählt werden, deren
Auch unabhängig von den INF-Projekten müssen die Hoch-
Strukturen vollständig offengelegt sind, damit sie
schulen bei Antragstellung die Compliance-Vorgaben von DFG,
von zukünftigen Nutzern interpretiert werden
BMBF, EU usw. erfüllen.
können. Proprietäre Formate stellen ein Risiko für die spätere Interpretierbarkeit der Daten dar.
In Anlehnung an die vier großen Handlungsfelder, die das Ge-
Falls sie unumgänglich sind, müssen Konvertie-
samtkonzept der KII unterscheidet, kann man den resultierenden
rungsroutinen und Umgebungen (Emulatoren),
Bedarf der Forschung strukturieren:
wie sie z. B. im Landesprojekt „Funktionale Lang-
1) Sicherung: Für Massendaten wird eine Kaskade von Datenspei-
zeitarchivierung“ (bwFLA) untersucht werden,
chern vorgehalten, die die Daten von Experimenten performant
vorgehalten und gesichert werden.
abnimmt und zentral sichert. Für Einzeldaten wie Massendaten
Ein Datenschutzkonzept ist notwendig. Insbeson-
stehen Workflows bereit, die die Daten teil- bzw. vollautoma-
dere für personenbezogene Daten aus Medizin,
tisch mit ersten Metadaten anreichern und rudimentär erschlie-
Psychologie usw. müssen sichere Verfahren der An-
ßen. Die Zugriffsrechte sind in der ersten Phase noch sehr re-
onymisierung und Codierung angewendet werden,
striktiv.
die sowohl die Belange der untersuchten Personen
2) Erschließung und Bereitstellung: Die Erschließung der Daten
als auch der (wechselnden) Forscher berücksich-
für Dritte liegt i.d.R. nicht im primären Fokus der Urheber. Da-
tigt. Die technische Steuerung der Zugriffsrechte
her muss die Erschließung organisatorisch und technisch durch
kann über verteilte Mechanismen zur Authentifi-
die zuständigen Einrichtungen unterstützt werden. Die Daten
zierung und zur Autorisierung (wie z. B. das ver-
müssen so dokumentiert sein, dass alle Nutzer Gegenstand,
teilte Identity Management in Baden-Württem-
Provenienz, Methodik, Semantik, Fehlertoleranzen und Qualität
berg bwIDM) vereinfacht werden, um die Daten
zuverlässig beurteilen und die Datenformate weiterverarbeiten
komfortabel an allen Universitäten verfügbar zu
können. Der fachspezifische Teil der Metadaten muss aufgrund
machen.
der Interdisziplinarität der Forschung über größere Communi-
4) Langfristige Bewahrung und Pflege: Die lang-
ties abgestimmt werden. Die Daten müssen so dokumentiert
fristige physikalische Bewahrung und Pflege der
sein, dass der Nutzer verstehen und nachvollziehen kann, wie
„Bitstreams“ ist eine Aufgabe des Landesdaten-
und wofür sie erzeugt wurden. Erst dann kann man davon aus-
speichers bwLSDF. Der Anstieg des Datenvolu-
gehen, dass auch andere Nutzer Interesse haben, die Daten für
mens ist nach wie vor ungebrochen exponenti-
ihre Projekte zu verwenden. Die Vergabe von permanenten
ell. Daher müssen Aufbewahrungsfristen bzw.
Identifiern sichert dem Urheber die Unversehrtheit und Zitier-
Löschungsbedingungen vorab geklärt sein wie
fähigkeit seiner Daten.
auch die Trägerschaft der damit verbundenen
3) Nutzung: Die Schnittstelle zu dritten Nutzern muss unter Ge-
Kosten. Die potenziellen Interessen zukünftiger
sichtspunkten der Usability entwickelt werden. Die Verknüp-
Forschung müssen von den Communities antizi-
fung zwischen Daten und textuellen Publikationen wird zen-
piert werden.
84
E-SCIENCE
4 · NATIONALE UND EUROPÄIS CHE EMPFEHLUNGEN UND POSITIONSPAPIERE
Im April 2011 wurde das „Gesamtkonzept für die In-
fend weiterentwickelt werden,
formationsinfrastruktur in Deutschland“ der Kom-
• für die wissenschaftliche und nicht-kommerzielle Nutzung der
mission Zukunft der Informationsinfrastruk-
Infrastrukturen keine oder geringe Gebühren von den Wis-
tur (KII) im Auftrag der GWK vorgelegt. Für die
senschaftlern erhoben werden,
54
Handlungsfelder Forschungsdaten und Langzeitar-
• die Communities Qualitätskriterien für die Datenpublikation
chivierung empfiehlt das Papier
und verbindliche Entscheidungskriterien für die Langzeitar-
• die Entwicklung von Richtlinien zum Datenma-
chivierung entwickeln,
nagement, indem ein Datenmanagementplan mit
• Forschungsdaten open access veröffentlicht werden,
klaren Verantwortlichkeiten erstellt wird,
• in die Budgetierung von Forschungsprojekten der Aufwand
• die Etablierung von Anreizsystemen für die Wissenschaftler zur Publikation ihrer Forschungsdaten, • Förderprogramme zur Entwicklung von Best
für die Langzeitarchivierung kalkuliert wird, • die Langzeitarchivierung verlagsgebundener E-Journals auch für den Fall gesichert ist, dass ein Verlag seine Geschäftstätigkeit einstellt.
Practice Vorgehensmodellen, • die Bereitstellung von Mitteln für den Aufbau
Die DFG sieht in ihrem im Juli 2012 vorgelegten Positionspa-
und die Verstetigung von disziplingetriebenen,
pier „Die digitale Transformation weiter gestalten – Der Beitrag
nutzerorientierten, international vernetzten
der DFG zu einer innovativen Informationsinfrastruktur für die
Forschungsdaten-Infrastrukturen mit angemes-
Forschung“56 ein sehr unterschiedliches Engagement der Wissen-
senen Service Levels (Verfügbarkeitszielen),
schaftsdisziplinen im Informationsmanagement von Forschungs-
• die Festlegung verbindlicher Standards und
daten. In jedem Fall stellt es „neue Anforderungen an eine inten-
Verfahren mit Nachweissystemen, persistenten
sivere Kooperation zwischen Informationsinfrastrukturakteuren
Identifiern, Schnittstellen usw.,
sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern“. Die DFG
• die konzeptionelle Einbindung aller Datenty-
versteht Forschungsdaten sehr breit und zählt auch Informatio-
pen und -formate in die Infrastruktur für Lang-
nen zu Objekten und wissenschaftlichen Sammlungen dazu. Of-
zeitarchivierung,
fene Fragen sieht sie insbesondere in Organisationsformen und
• die Mitwirkung bei der rechtlichen Absicherung,
Verantwortlichkeiten, rechtlichen Rahmenbedingungen und
• die Verankerung in der Lehre: Schlüsselqualifi-
der Sicherstellung von Nachhaltigkeit. Auf der Grundlage eines
kationen in der Breite und Bildungswege zum
Rundgesprächs im Juni 2012 und der Erfahrung aus der laufen-
Daten-Kurator im Speziellen.
den Projektförderung wurde ein entsprechendes Programm 2013 aufgelegt.57
Der Wissenschaftsrat schließt sich im Juli 2012 mit seinen „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der
Auf EU-Ebene wird das Thema Forschungsdaten u.a. in folgen-
wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in
den Papieren aufgegriffen:
Deutschland bis 2020“55 den KII-Empfehlungen an.
• Riding the wave – How Europe can gain from the rising tide of
Sie empfehlen darüber hinaus, dass
scientific data. Final report of the High Level Expert Group on
• I nfrastrukturen konsortial und spartenübergrei-
Scientific Data. A submission to the European Commission,
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TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 4 FORS C H UNGSD ATENMA NA GEMENT
October 2010.58 Dort werden u.a. die Herausforderungen der
• e-IRG „Blue Paper“ on Data Management der
Metadaten, der Interoperabilität und der Semantik im inter-
e-Infrastructure Reflection Group, October
disziplinären Kontext, die Heterogenität und die Vertrauens-
2012.60 Darin wird eine integrierte e-Infra-
würdigkeit von Daten genannt.
struktur gefordert, die Computing Ressour-
• Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den
cen und Management von Forschungsdaten
Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und
einschließt. Letztere sollen insbesondere mit-
den Ausschuss der Regionen zur Verbesserung des Zugangs
tels ESFRI aufgebaut werden.
zu wissenschaftlichen Informationen: Steigerung der Wirkung öffentlicher Investitionen in die Forschung, Juli 2012.59 Darin wird die Open Access Veröffentlichung von Forschungsdaten empfohlen.
5 · STATUS QUO IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Für das Hochleistungsrechnen an den Universitäten baut das Land
Die Large-Scale Data Facility (LSDF) stellt Hard-
Baden-Württemberg in den Jahren 2011-2016 die Ebenen bzw.
wareressourcen zur Speicherung, Archivierung und
Leistungsstufen 2 und 3 der „HPC-Leistungspyramide“ als Landes-
Analyse großskaliger Daten aus prinzipiell allen
strategie bwHPC aus. In diesem von der DFG positiv begutach-
Wissenschaftsbereichen zur Verfügung. Gleichzeitig
teten Umsetzungskonzept werden die Vorhaben „Forschungshoch-
dient die LSDF als zentraler Datenspeicher für Baden-
leistungsrechner am KIT“ (ForHLR) als System der Ebene 2 sowie
Württemberg, wobei das Kostenverrechnungsmodell
„Forschungs- Cluster“ (bwForCluster) und „HPC-Versorgungs
spartenspezifisch geregelt ist. Derzeit sind Daten aus
system des Landes Baden-Württemberg“ (bwUniCluster) auf der
der Systembiologie, der Klima- und Umweltforschung
Ebene 3 beschrieben. Die Systeme der Ebene 3 werden zentrali-
von Synchrotronstrahlungsquellen, aus der Biophysik,
siert und landesweit genutzt: bwUniCluster als Grundversorgungs-
den Geistes- und Lebenswissenschaften sowie der
system und bwForCluster für ausgewiesene Fachwissenschaften.
Geophysik in der LSDF gespeichert. Die Kombination aus Größe der Daten und Anforderung hinsicht-
Insbesondere auf der Ebene 3 beruht die Neuordnung auf den
lich des Datenmanagements und der -analyse stellen
Möglichkeiten eines föderativen Betriebs- und Nutzerunterstüt-
dabei die größten Herausforderungen dar. Darüber
zungskonzepts, welches sich auf den Erfahrungen im Grid-Umfeld,
hinaus werden Datendienste zum Data-Browsing, Zu-
bwGRiD und den zugehörigen Landesprojekten, abstützt. Mit der
gang, Transfer und Umgang mit Metadaten sowie dem
Aufteilung in Versorgungs- und Forschungscluster wird der Bedeu-
datenintensiven Computing entwickelt und zur Ver-
tung der Ebene 3 der Betriebsmittelhierarchie als Einstiegsebene
fügung gestellt. Mit einer initialen Förderung durch
für Computational Science and Engineering sowie als „HPC Ena-
das MWK stehen aktuell 2,6 PetaByte (PB) Online-
bler“ Rechnung getragen: der zu erwartende Leistungsanstieg auf
Festplatten-Speicher sowie entsprechende Archivie-
den Ebenen 1 und 2 erfordert einen Anstieg der Leistungsfähigkeit
rungskapazitäten, 464 Datenanalyse-CPU-Kerne so-
auch auf Ebene 3 bei gleichzeitigem Angebot von einfachem Zu-
wie
gang, Methodenentwicklung und Anwendungsdomänen-bezoge-
(100 Gb/s) zu ausgewählten Datenquellen am KIT zur
ner Unterstützung der Nutzer.
Verfügung, hinzu kommen weitere 5 PB am Bioquant
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Hochgeschwindigkeits-Netzwerkverbindungen
E-SCIENCE
Europäische Höchstleistungsrechenzentren (Tier 0) Gauss Center for Supercomputing Hermit ForHLR bwForCluster bwUniCluster
Nationale Höchstleistungsrechenzentren (Tier 1) HLRS@GCS HPC-Zentren mit überregionalen Aufgaben (Tier 2) SCC HPC-Cluster (Tier 3)
Abb. 7: Leistungspyramide der Hochleistungsrechner in Baden-Württemberg (bwHPC)
Zentrum der Universität Heidelberg. Eine weitere Fi-
Zusammenarbeit mit der Universität Ulm, dem Center of Digital Tra-
nanzierung für ein kontinuierliches Anwachsen auf
dition (CODIGT)61, dem Landesarchiv und dem Bibliotheks-Service-
über 10 PB gemäß den Anforderungen der Nutzer
Zentrum. Dabei konzentriert sich das Vorhaben auf die Entwicklung
steht zur Verfügung. Die Anbindung der LSDF an die
von Methoden zur Unterstützung der Arbeitsabläufe bei der Einstel-
HPC-Systeme am KIT bietet in Zukunft noch breitere
lung (Ingest) der Daten in das Archiv und der langfristigen Zugriffssi-
und tiefere Möglichkeiten der Hochleistungs-Daten-
cherung (Access). Komplexe Objekte sind dadurch gekennzeichnet,
analyse auch mit semantischen Methoden.
dass sie nicht verlustfrei in dokumentierte Formate (z. B. PDF/A) konvertiert werden können oder eine spezielle originäre Laufzeit-
Mit dem Begleitprojekt bwLSDF fördert das MWK
umgebung (z. B. spezielle Programme/Versionen/Betriebssysteme)
die Erweiterung der LSDF als zentralen Datenspei-
benötigen, damit der Inhalt dynamisch interpretiert werden kann
cher für die baden-württembergischen Hochschulen.
(z. B. Excel-Tabellen mit Makros). Für den späteren Zugriff auf die ar-
Gemeinsam arbeiten die beteiligten Universitäten
chivierten Daten kann die originalgetreue Ablaufumgebung emuliert
Stuttgart, Heidelberg, Mannheim und Ulm sowie das
werden. Beispiele komplexer Objekte sind wissenschaftliche Primär-
KIT an der Flexibilisierung der Zugriffsverfahren als
daten sowie ihre (teilweise) selbst entwickelten Arbeitsumgebungen
Überlaufspeicher sowie an der Ausweitung der Funk-
(„scientific desktops“), die den technisch-wissenschaftlichen Prozess
tionalität für allgemeine Speicherbedarfe, wie z. B. des
bis zum publizierfähigen Resultat repräsentieren, ferner Datenban-
Dienstes bwSync&Share zur Synchronisation und
ken oder Verwaltungsvorgänge. Die Entwicklung wird für exempla-
zum Austausch von Dateien, der – anders als Drop-
rische Klassen auf Basis der Schnittstellen und Komponenten des
®
box – die Anforderungen an Datensicherheit und
PLANETS62 Frameworks durchgeführt.
Datenschutz adäquat erfüllt. Darüber hinaus wird eine BW Storage Cloud entwickelt, um neben einer Policy-
Darüber hinaus wird am CODIGT in Kooperation mit dem KIT
basierten Verteilung des Storage über mehrere Stand-
ein digitales Archiv für komplexe digitale Objekte aus Forschung und
orte auch hybride Cloud Lösungen zu etablieren, die
Kunst konzipiert, ein Lab zur Entwicklung von Archivierungs-, Mig-
auf sicherheitstechnischer Ebene mit föderativer Au-
rations- und Emulationsverfahren aufgebaut sowie die Beratung zur
thentifizierung und Autorisierung (bwIDM) ausgestat-
Erhaltungsplanung (Preservation Planning), einschließlich der juristi-
tet ist. Zur Archivierung komplexer digitaler Objekte
schen Aspekte, eingerichtet (IQF-Projekt). Die beteiligten Institutio-
fördert das MWK das Projekt bwFLA (Funktionale
nen sind Mitglieder bei nestor, dem deutschen Kompetenznetzwerk
Langzeit-Archivierung) an der Universität Freiburg in
zur digitalen Langzeitarchivierung.63
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6 · MASSNAHMEN FÜR DIE HOCHSCHULEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 6 . 1 WEITERENTWICKLUNG DER TECHNISCHEN I N F R A STRU K T U R
Die technische Infrastruktur bzgl. Datenspeicher (bwLSDF, bwDA-
rechtigungssteuerung auf Basis föderativer Strukturen
TA), Datennetze (BelWue) und HPC-Ressourcen (bwHPC-Konzept)
der Universitäten (bwIDM). Diese Konzepte sind
muss weiterhin nach dem Bedarf der Wissenschaft ausgebaut werden.
nicht Gegenstand dieses Papiers, aber Voraussetzung
Zu dieser Infrastruktur gehört auch eine Authentifizierung und Be-
für die Einführung von Forschungsdatenmanagement.
6 . 2 I N TEGRATION IN DIE LEHRE
Das Thema Forschungsdaten kommt i.d.R. gar nicht in der Leh-
management) – unterschiedlich auf den Quali-
re vor. Im Hinblick auf die Anforderungen in nächster Zukunft
fizierungsstufen Bachelor, Master, Promotion
muss Datenmanagement Teil der notwendigen Ausbildung im Bereich Forschungsmethoden werden. Der sichere und nachvoll-
• Seminar in Masterstudiengängen: z. B. „(big) data methods“, Datenanalyse
ziehbare Umgang mit Forschungsdaten über den gesamten Data
• Zur Spezialisierung Kurse im Bereich Data
Life Cycle wird zunehmend in allen Wissenschaftsbereichen als
Scientist / Data Librarian im Rahmen etab-
grundlegende Kompetenz benötigt. Lehrangebote sollten sich
lierter Studiengänge oder als Masterstudien-
sowohl an eine breite Zielgruppe richten als auch eine Speziali-
gang für Berufserfahrene (z. B. an der Hector
sierung unterstützen. Beispiele sind:
School am KIT)
• Disziplinübergreifende Kurse zur Vermittlung der Schlüsselqualifikation Informationskompetenz (inkl. Forschungsdaten-
• Weiterbildung für Berufstätige in berufsbegleitenden E-Learning-Kursen.
6 . 3 F Ö RDERPROGRAMM ZUM INFRASTRUKTU R A U F B A U
Ziel ist der Aufbau eines Forschungsdaten-Repositoriums. Vorab ist wie auch bei Repositorien für textuelle Publikationen die Zielgruppe (Institution, Community) zu bestimmen und zu klären, wie die Repositorien vernetzt bzw. in eine übergreifende Struktur integriert werden.
Aspekte des Förderprogramms: 6.3.1 Metadatenschema und Erschließung • Strukturierung der Metadaten in einen allgemeinen und einen fachspezifischen Teil • Harmonisierung der Metadaten über die verschiedenen Disziplinen hinweg (Interdisziplinäre Forschung) • Nutzung nationaler und internationaler Metadaten-Standards • Bei Experimentdaten sollte beim Laden eine halbautomatische Erzeugung von Metadaten entwickelt werden (Laborgeräte, Konfigurationen, Kalibrierung, …) sowie Workflows, die die Aufnahme von Metadaten begünstigen. In einigen Disziplinen sollten die Metadaten teilweise auch Prozessinformationen (Auswertungsschritte, ‑software) abbilden. Hier besteht eine Schnittstelle zu Virtuelle Forschungsumgebungen. • Erschließung durch automatisierte Einbindung in die Bibliothekskataloge und Erweiterung der Research Discovery Systems auf Forschungsdaten
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E-SCIENCE
6.3.2 Persistente Adressierung Der persistent Identifier (PID) stellt die dauerhafte Erreichbarkeit von Objekten sicher. Hierfür haben sich verschiedene Standards etabliert (im Wesentlichen URN®64, DOI®65 und handle®66), die von der Art der Daten (abgeschlossene oder kumulierende Daten) abhängen und häufig fachspezifisch sind. • Information, Beratung, PID-Service • Know-how Aufbau in Bibliotheken und bei Wissenschaftlern (Wissensplattform)
6.3.3 Qualitätssicherung und Datenschutz • Die inhaltliche Prüfung kann nur durch die Community erfolgen! Die Communities können mit Best Practice Beispielen unterstützt werden. • Die zentrale Redaktion kann Metadaten formal prüfen und den Bezug zu Normdaten herstellen. • Empfehlung für die Aufbewahrungsdauer aus wissenschaftlicher Sicht. Ggf. müssen dafür Policies der Universitäten entwickelt und vereinbart werden. • Datenschutzkonzept, das die Belange der betroffenen Personen und der Forscher berücksichtigt. Lizenzen, ggf. Restriktionen zur Datennutzung
6.3.4 Open Access für Forschungsdaten • Entwicklung von Rahmenbedingungen – gemeinsam mit den Communities – für die Publikation von Forschungsdaten als Open Access. Dazu gehören die Definition „publikationswürdiger“ Primärdaten, Lizenzmodelle, Anreizsysteme und Mechanismen zur Verknüpfung von Text- und Datenpublikationen • Entwicklung von Verfahren zur Bestimmung des wissenschaftlichen Impacts von Datenpublikationen • Ziel ist die internationale Sichtbarkeit der Forschung in Baden-Württemberg, auch im Hinblick auf die Anbahnung von Forschungskooperationen
6.3.5 Archivierung • Entwicklung eines Archivierungsworkflows für typische Datenarten (Objektklassen, Entstehungskontexte) • Umgang mit proprietären, nicht dokumentierten Dateiformaten • Geschäftsmodell: Kosten setzen sich aus Storage (bwLSDF) und formatspezifischen Zusatzpauschalen (z. B. für Emulatoren) zusammen • Wirtschaftliche und rechtliche Überlegungen (z. B. Haftung, Eigentümerschaft, Persönlichkeitsschutz)
6.3.6 Entwicklung von Geschäftsmodellen • Dauerhafte Finanzierung von Betrieb und Entwicklung des Forschungsdaten-Repositoriums und der zugehörigen Services. Kostendeckungsanteile müssen durch Nutzer, Projekte, Communities, Einrichtungen usw. in Abhängigkeit von Aufbewahrungsdauer und Datenformaten erbracht werden. • Verrechnungsmodell für die Nutzung des Speichers für die Langzeitarchivierung, insbesondere auch für die außeruniversitären Infrastruktureinrichtungen im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie ggf. weitere Landeseinrichtungen • Vorschlag für eine dauerhafte Struktur
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6 . 4 F Ö RDERPROGRAMM DATA LIFE CYCLE LA B S
Die Data Life Cycle Labs (DLCLs) des Projekts LSDMA (sie-
richtungen verschiedener Universitäten zusammen.
he Anhang Nationale Projekte mit baden-württembergischer Be-
Sie sind Experten für Datenmanagement, -analyse
teiligung) sind auf die Forschungsbereiche der Helmholtz Gemein-
und -migration. Durch ihre Arbeit an der Schnitt-
schaft ausgerichtet. Es wird vorgeschlagen, in Baden Württemberg
stelle zwischen etablierten, standardisierten Daten-
weitere DLCLs zu etablieren, welche sich an den wichtigsten Wis-
technologien und den spezifischen Anforderungen
senschaftsrichtungen im Land orientieren. Sie können sowohl auf
der Communities können sie allen Wissenschaftler-
Wissenschafts-Communities, die keine eigenen Data Center haben
gruppen an Forschungseinrichtungen des Landes bei
und das Thema erst für sich entdecken, als auch gut organisierte
deren Optimierung des jeweiligen Scientific Data
Communities ausgerichtet werden. Die DLCLs setzen sich aus Wis-
Life Cycles unterstützen. Ferner stehen sie im engen
senschaftlern der jeweiligen Fachbereiche und der Infrastrukturein-
Kontakt mit den internationalen Communities.
6 . 5 E INRICHTUNG EINER LANDESWEITEN KOO RD I N ATI O N
• L andesweite Clearing-Stelle für rechtliche Fragen im Umgang
• Landesweite Abstimmung und Umsetzung von
mit Forschungsdaten, Lizenzen und Publikationsformen. Sie
Policies, Methoden und Verrechnungsmodelle
verfolgt das Ziel, dass die Wissenschaft im rechtlichen Besitz
für Langzeitarchivierung • Entwicklung eines Zertifikats für Nachvoll-
ihrer Daten bleibt. • L andesweite Beratungsstelle für Forschungsdaten- und Me-
ziehbarkeit und Reproduzierbarkeit von For-
tadatenstandards, persistente Adressierung von Dokumenten,
schungsdaten im Scientific Data Life Cycle in
Verantwortung für die benötigten Wissensplattformen
Kooperation mit der nationalen Ebene (DINI)
PROJEKTE UND BEST PRACTICES ANHANG 1: NATIONALE PROJEKTE MIT BADEN-WÜRTTEMBERGISCHER BETEILIGUNG
Seit 2012 unterstützt das Helmholtz-Projekt „Large Scale Data Ma-
Life Cycle auf und optimieren ihn in einem iterativen
nagement and Analysis“ (LSDMA) Wissenschaftler verschiedener
Prozess. Um methodenwissenschaftliche Forschungs-
Disziplinen im Umgang mit sehr großen Datenmengen. LSDMA
und Entwicklungsarbeiten kümmert sich ein verteil-
orientiert sich an den Datenlebenszyklen in den verschiedenen Wis-
tes, horizontal arbeitendes Data Services Integration
senschaftsdisziplinen und zielt daher auf gemeinsame Forschungs-
Team (DSIT), welches generische Datenservices für
und Entwicklungsarbeiten im Kontext der sog. Data Life Cycle Labs
mehrere Communities entwickelt. Das Projekt LSD-
(DLCL). Mit den DLCLs können die sich teils unterscheidenden
MA hat vier Partner in der Helmholtz-Gemeinschaft
Anforderungen der wissenschaftlichen Communities adressiert wer-
(DESY, GSI, FZ Jülich, KIT) und sieben außerhalb
den. In den DLCLs werden zunächst ausgewählte Themenbereiche
(HTW Berlin, DKRZ, TU Dresden, Uni Frankfurt,
adressiert, etwa Daten von Umweltsatelliten oder aus der System-
Uni Hamburg, Uni Heidelberg, Uni Ulm). Es ist für
biologie. Die Datenexperten in den DLCLs sind Ansprechpartner
fünf Jahre angelegt und wird ab 2015 in die 3. Phase
für die Wissenschaftler in den jeweiligen Communities. In gemein-
der Programmorientierten Förderung der Helmholtz-
samer Forschung und Entwicklung stellen sie den jeweiligen Data
Gemeinschaft übergehen.
90
E-SCIENCE
Baden-Württembergische Wissenschaftler sind an
und Literatur in den Sozialwissenschaften“ (InFoLiS). Mittels Text
mehreren DFG-Projekten beteiligt, die exemp-
Mining werden die notwendigen Informationen aus den Daten ex-
larisch Lösungen für spezifische Disziplinen oder
trahiert. Die Verknüpfung von Daten- und Textpublikation sowie
allgemeine Fragestellungen entwickeln.
die Einspeisung in das Recherchesystem „Primo“ sollen maschinell erfolgen.
Die KIT-Bibliothek ist Partner im Projekt re-
3data67, einem Projekt zum Aufbau eines disziplin
Das Institut für deutsche Sprache baut in einem sechsjährigen
übergreifenden globalen Registry of Research Data
Projekt ein Zentrum für germanistische Forschungsprimär-
Repositories. Dazu gehört die Entwicklung von
daten durch Zusammenführung ihrer umfangreichen Datensamm-
Auswahlkriterien und eines Metadatenschemas zur
lung in einem Portal auf. In der zweiten Phase werden auch Repo-
Beschreibung der Forschungsdaten-Repositorien.
sitorien und Korpora anderer Forschungseinrichtungen verknüpft. Das Zentrum bündelt dann linguistische Korpora geschriebener
In dem Projekt Radieschen
68
erstellen Vertre-
Sprache, Sammlungen gesprochener Sprache, insbesondere tran-
ter der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-
skribierte und ggf. annotierte Audio- und/oder Videodaten, sowie
Gemeinschaft, des World Data Center System, der
elektronische Wörterbücher und lexikalische Informationssysteme.
Max-Planck-Gesellschaft und der Universitäten
Das GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften betreibt
eine Roadmap mit Handlungsempfehlungen für eine
seit 2010 die von der DFG geförderte Datenregistrierungsagentur
disziplinübergreifende Infrastruktur. Sie identifiziert
für Sozial- und Wirtschaftdaten da|ra69. da|ra stellt datenhaltenden
und behandelt die Anforderungen an generische
und -produzierenden Organisationen einen nicht-kommerziellen
Komponenten einer Infrastruktur und die Vernet-
Dienst zur Registrierung von Forschungsdaten bereit. Diesen Da-
zung mit disziplinspezifischen Komponenten. Die
ten werden eindeutige „Persistent Identifiers“ (PID) in Form von
Analyse basiert auf einer Bestandsaufnahme mit be-
DOI®-Namen (Digital Object Identifiers) zugewiesen. GESIS ko-
stehenden und neuen Projekten sowie Maßnahmen
operiert dabei mit der internationalen Vereinigung DataCite, deren
zur Community-Bildung. Zentrale Dimensionen der
Ziel die Förderung der Zitierfähigkeit und Referenzierbarkeit von
Analyse sind Technik, Organisation und Kosten und
Forschungsdaten ist. Der Registrierungsservice ist eine infrastruk-
die Untersuchung von Querschnittsthemen.
turelle Daueraufgabe, bei der GESIS die bestehende Erfahrung im Rahmen der Langzeitsicherung von sozialwissenschaftlichen For-
GESIS und Universität Mannheim erstellen
schungsdaten und bei der Bereitstellung zugehöriger Metadaten
Methoden zur „Integration von Forschungsdaten
einbringt. (siehe Best Practice Beispiel im Anhang)
ANHANG 2: EUROPÄISCHE INFRASTRUKTURPROJEKTE
Auf europäischer Ebene beteiligt sich GESIS aktiv
schen Dateninfrastruktur (CESSDA) ein und beteiligt sich beim
an zwei ESFRI-Infrastrukturprojekten, die derzeit
ESS (European Social Survey). Mit der Anerkennung dieser For-
als dauerhafte europäische Forschungsinfrastruktu-
schungsverbünde als European Research Infrastructure Consorti-
ren implementiert werden. So nimmt GESIS eine
um (ERIC) wird eine klare rechtliche Struktur auf europäischer
führende Rolle innerhalb der Initiative der europä-
Ebene geschaffen. Gegenwärtig kooperieren CESSDA und ESS mit
ischen Datenarchive zur Gründung einer europäi-
den ESFRI-ERICs der Virtuellen Forschungsumgebungen CLA-
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S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 4 FORS C H UNGSD ATENMA NA GEMENT
RIN und DARIAH im Rahmen des EU-Projektes DASISH. Das
Entwicklung und Bereitstellung von Diensten zur
von der europäischen Kommission mit 9,3 Mio. Euro geförderte
Föderierung existierender Ressourcen, die von den
Projekt „EUDAT – Building a Pan-European Collaborative Data
Partnern eingebracht werden. Gemeinsame Daten-
Infrastructure“ hat zum Ziel, eine kosteneffiziente und hochqua-
dienste bzgl. Langzeitaufbewahrung mit bit-stream
litative, kollaborative Daten-Infrastruktur in Europa aufzubauen,
Persistenz, Konsistenz und Integrität, Persistent
die die Anforderungen der unterschiedlichen Wissenschaftsdis-
Identifier (PID) zum dauerhaften, eindeutigen
ziplinen von den Kapazitäten und Fähigkeiten auf flexible und
Referenzieren von Daten, entsprechende Upload/
dauerhafte Art und Weise erfüllt. Dazu haben sich 25 Partner aus
Download Dienste für Nutzer sowie eine föderierte
13 Ländern zusammengeschlossen, darunter Universität Tübingen
Sicherheits-Infrastruktur zur Authentifizierung und
und KIT. Die kollaborative Daten-Infrastruktur fokussiert auf die
Autorisation stehen dabei im Vordergrund.
ANHANG 3: GLOBALE PROJEKTE
Mit GridKa betreibt das Steinbuch Centre for Computing am KIT
andererseits sind über 20 Tier-2 Zentren in 6 euro-
eines von 11 sog. Tier-1 Daten- und Rechenzentren in der welt-
päischen Ländern angeschlossen und erhalten somit
weit, föderierten Infrastruktur (WLCG = Worldwide LHC Com-
ihre Daten über GridKa. Wissenschaftler nutzen in
puting Grid) zur Speicherung und Prozessierung der Daten des
diesen Ländern GridKa zu Datenanalyse und -archi-
LHC-Beschleunigers am CERN in Genf. Als eine von drei Säulen
vierung sowie für Simulationsrechnungen. Im Jahr
hat das LHC Computing maßgeblich zur ersten formalen Bestä-
2011 lag der gesamte eingehende Datenverkehr bei
tigung der Existenz des sog. Higgs Bosons beigetragen, welches
rund 18 PB, die Menge der ausgehenden Daten bei
am 4. Juli 2012 weltweit für Aufsehen sorgte. An GridKa werden
80 PB. Neben dem reinen Betrieb des Großgerätes
alle vier LHC-Experimente ATLAS, CMS, LHCb und ALICE un-
besteht ein zweiter wesentlicher Teil in der Erbrin-
terstützt sowie noch weitere Experimente der Hochenergiephysik.
gung von Grid-Diensten zum Betrieb der weltweit-
GridKa stellt als community-spezifisches IT-Großgerät mit rund
föderierten WLCG-Infrastruktur. Diese Grid-Diens-
12.500 CPU-Kernen, 11 PB an online-Speicher mit Festplatten und
te zeichnen sich durch hohe Leistungsfähigkeit,
17 PB Archivkapazität auf Band – das entspricht zusammen über
Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Betriebsstabilität
5 Millionen DVDs – rund 15 % der gesamten Tier-1 Ressourcen
aus, ohne die die kontinuierlich erzeugten Daten
weltweit den LHC-Experimenten zur Verfügung. Mittels zahlrei-
des LHC nicht in der Welt verteilt werden könnten.
cher
GridKa erzielt hier im direkten Vergleich mit ande-
Hochgeschwindigkeits-Weitverkehrs-Netzwerkverbindung
ist GridKa einerseits mit der Datenquelle am CERN verbunden,
ren Tier-1 Zentren weltweit stets Spitzenplätze.
ANHANG 4: FORSCHUNGSDATENMANAGEMENT BEI GESIS
Das GESIS – Leibniz Institut für Sozialwissenschaften – stellt
kumentiert, langfristig gesichert und der wissen-
Forschungsdaten, vorwiegend aus nationalen und international-
schaftlich interessierten Öffentlichkeit zugänglich
vergleichenden Umfragen für die Sekundärnutzung bereit. Die
gemacht.
Studien werden gemäß klar definierten methodisch-technischen Anforderungen akquiriert und bedarfsorientiert aufbereitet, do-
92
E-SCIENCE
DATENBESTAND UND ZUGANG
Der Datenbestand umfasst gegenwärtig ca. 5.100
cherchesysteme angeboten. So liegen zu jeder Studie detaillierte
Studien. Dabei handelt es sich zum größten Teil um
und standardisierte deskriptive und strukturelle Metadaten vor,
Mikrodaten der Umfrageforschung sowie um histo-
die sich über den Datenbestandskatalog (DBK70) online durchsu-
rische Zeitreihen und Aggregatdaten. Alle Daten
chen lassen. Für die wichtigsten Studien werden Recherchemög-
im Datenangebot von GESIS erhalten persistente
lichkeiten bis auf die Ebene einzelner Variablen angeboten. Um
Identifikatoren (DOI-Namen) und werden über
zukünftig auch die Zugänglichkeit sensitiver Daten für wissen-
Portale (auch mit der Möglichkeit zu einfachen On-
schaftliche Forschungszwecke systematisch zu verbessern, wurde
line-Analysen) oder ftp zum Download angeboten
von GESIS ein Secure Data Center aufgebaut, das seit Mitte 2013
sowie auf Offline-Medien bereitgestellt. Zur Identi-
in einer ersten Ausbaustufe für schutzwürdige Datenbestände
fikation relevanter Daten werden verschiedene Re-
Vor-Ort-Zugänge an den GESIS Standorten ermöglicht.
DATENAUFNAHME
Forschungsdaten werden von GESIS entweder
gesis.org/) seit Januar 2014 möglich, dass Nutzer die Publikation
gezielt akquiriert oder aber wie in der Mehrzahl
und Distribution von Daten weitgehend eigenständig durchfüh-
der Fälle dem Archiv von Primärforschern zur Ar-
ren können. Auf der Basis von Kooperationsvereinbarungen zu
chivierung angeboten bzw. die Übergabe erfolgt
anderen sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Forschungs-
routinemäßig auf der Grundlage längerfristiger Ko-
datenzentren sowie universitären Sonderforschungsbereichen
operationen. Darüber hinaus ist es durch ein neu-
bietet GESIS die Möglichkeit der Langzeitarchivierung der im
es Angebot namens DATORIUM (http://datorium.
Rahmen dieser Einrichtungen erhobenen Daten.
MINDESTANFORDERUNGEN
Aufzunehmende Studien müssen bestimmten for-
in von den Nutzern gewünschten Formaten bereitgestellt. Vor der
malen und technischen Anforderungen entsprechen.
endgültigen Aufnahme von Daten in das GESIS Datenarchiv wird
Insbesondere müssen neben den Datensätzen selbst
im Rahmen des Ingest-Prozesses eine Eingangskontrolle durchge-
auch alle für eine Sekundarnutzung notwendigen
führt, die sich auf die Erhebungsinstrumente, die Dokumentation
Materialien vorhanden sein und an GESIS überge-
und Daten bezieht und sicherstellt, dass die Informationen vollstän-
ben werden (Erhebungs- bzw. Messinstrumente,
dig und lesbar sind und mit den Daten übereinstimmen. Die Kon-
Codeplane, Methodenberichte etc.). Diese den Da-
trolle der Daten reicht von der Überprüfung der Anzahl der Fälle,
tensatz begleitenden Materialien und Dokumente
dem Abgleich der Variablen mit dem Erhebungsinstrument bis hin
bilden auch die Grundlage für die vom Datenarchiv
zu Plausibilitäts- und Konsistenzkontrollen sowie der Überprüfung
im Rahmen der Archivierung erzeugten standardi-
hinsichtlich datenschutzrechtlicher Aspekte. Eine Übernahme der
sierten Metadaten. Die Daten selbst müssen nicht
Daten in das Langzeitarchiv erfolgt erst, wenn alle im Rahmen der
unbedingt in einem bestimmten Format vorliegen
Eingangskontrolle festgestellten Probleme bzw. Fehler behoben
(solange sie lesbar sind), sondern werden im Zuge
werden konnten (zumindest soweit, dass eine Nutzung der Daten
der Archivierung in langfristsicherungsfähige For-
durch Dritte möglich und in der Folge eine Langzeitarchivierung
mate überführt und für den Datenservice wiederum
auch sinnvoll ist). In jüngerer Zeit ist GESIS dazu übergegangen
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die Aufnahme in das Langzeitarchiv durch Archivierungsverträge
insbesondere Fragen zu Verfügungs- und Nutzungs-
mit dem Datengeber auch rechtlich zu formalisieren. Dort werden
rechten sowie zum Datenschutz geklärt.
D AT ENVOL UMEN
Das insgesamt in den Sozialwissenschaften anfallende Datenvo-
sich auf etwa 600.000 Objekte verteilen. Selbst
lumen ist derzeit schwer quantifizierbar. Allgemein lässt sich sa-
wenn man die verschiedenen on- und offline Spie-
gen, dass die numerischen Datensätze der empirischen Sozialfor-
gelungen bzw. Replikate im Datenarchiv von GESIS
schung tendenziell eher klein sind. So summieren sich bspw. die
mitrechnet, ergeben sich gemessen an heute übli-
bei GESIS vorgehaltenen Bestände mit Daten und Dokumenten
chen Speicherdimensionen keine generell schwer
zu rd. 6.000 sozialwissenschaftlichen Studien, die von der physi-
zu handhabenden Speichergrößen.
schen Speicherkapazität etwa 1 TB Speicherplatz benötigen und
D AT ENF ORMATE
Quantitative Daten werden i.d.R. mit speziellen Statistiksoftware-
der Daten in csv-Formate und der mit den Daten
paketen verarbeitet und analysiert. In der akademischen Forschung
verbundenen internen Metadaten in textbasierte
sind dabei die Statistikpakete SPSS und Stata am weitesten verbrei-
Formate, etwa DDI). Mit dem Bedeutungszuwachs
tet. Zunehmend gewinnt auch die Open Source Alternative „R“
der qualitativen Methoden bzw. von mixed-method
an Bedeutung. In der kommerziellen Forschung spielt neben den
Ansätzen und der generellen Tendenz zu komple-
zuvor genannten Paketen auch SAS eine wichtige Rolle. Dement-
xeren Studiendesigns sowie den bereits oben be-
sprechend werden quantitative Daten in der Regel in den meist
schriebenen neuen Datenformen in den Sozialwis-
proprietären Formaten dieser Softwarepakete erstellt, analysiert
senschaften werden auch andere Formate (Audio,
und weitergegeben. Bei den am meisten genutzten Formaten han-
Bild, Video, Datenbanken, GIS) zunehmend wichtig
delt es sich um proprietäre Binärformate – also um nicht oder nur
und erfordern neue oder angepasste Strategien des
eingeschränkt für die Langzeitarchivierung geeignete Formate. Im
Datenmanagements und der Langzeitarchivierung.
Rahmen der Langzeitarchivierung ist es daher erforderlich, diese in
Hier wird auch die Speichergröße eine wichtigere
langfristsicherungsfähige Formate umzuwandeln. Dies kann jedoch
Rolle spielen, denn gerade eine Vielzahl von Au-
i.d.R. ohne Informationsverlust bzw. unter Erhaltung der signifi-
dio-, Bild- und Videodateien erfordern andere Spei-
kanten Eigenschaften bewältigt werden (bspw. durch Überführung
cherdimensionen als rein quantitative Daten.
M E TA DATEN
Metadaten spielen eine entscheidende Rolle für die Nutzbarkeit
zusammengefasst. Ausgewählte Studien durchlau-
sozialwissenschaftlicher Forschungsdaten. Im GESIS-Datenarchiv
fen einen intensiveren Dokumentationsprozess,
wird zur Erstellung der Metadaten der DDI-Standard verwen-
für den spezielle Tools und Workflows entwickelt
det. Dabei wird gegenwärtig von der Version DDI-Codebook
wurden. Die Dokumentation der Studien wird je
auf DDI-Lifecycle umgestellt. Inhaltliche, methodische und
nach Zielvorgabe erweitert um Metadaten sowohl
technische Charakteristika werden in einer Studienbeschreibung
auf Studien- als auch auf Datensatzebene (Standar-
71
94
E-SCIENCE
disierung der Datensatzstruktur, Variablennamen/-
Datenportal ZACAT oder dem Datenbestandskatalog DBK, zur
label, etc.). Darüber hinaus erfolgt eine strukturier-
Verfügung gestellt und dient andererseits aber auch dazu, beglei-
te Dokumentation des Fragebogens, ergänzt um
tende Dokumentationen etwa in der Form von Codebüchern,
Anmerkungen zur Datenqualität auf Variablene-
Variablenreports oder Methodenberichten zu erstellen. Diese
bene und weiteren Kontextinformationen. Dieser
sind insbesondere bei komplexeren Studien oder Studienkollek-
umfangreiche Bestand an strukturierten Metadaten
tionen neben den Daten selbst und den dazugehörenden Mess-
wird dann einerseits über verschiedene (Meta)Da-
instrumenten häufig Voraussetzung für eine sekundäranalytische
tenportale und Recherchesysteme, wie etwa dem
Nutzung durch Dritte.
FG-Ausschreibung „Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten“ (28.04.2010), http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/proD gramme/lis/ausschreibung_forschungsdaten_1001.pdf 51 vgl. Gesamtkonzept der KII 52 Berliner Erklärung vom 22. Oktober 2003: http://oa.mpg.de/lang/de/berlin-prozess/berliner-erklarung/ 53 z. B. DFG „Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ (1997), darin Empfehlung 7: „Primärdaten als Grundlagen für Veröffentlichungen sollen auf haltbaren und gesicherten Trägern in der Institution, wo sie entstanden sind, für zehn Jahre aufbewahrt werden.“ Siehe auch: Empfehlungen zur gesicherten Aufbewahrung und Bereitstellung digitaler Forschungsprimärdaten (2009): http://www.dfg. de/download/pdf/foerderung/programme/lis/ua_inf_empfehlungen_200901.pdf ; und: Antragsmuster für die Einrichtung eines Sonderforschungsbereichs (Stand: 06/2012): http://www.dfg.de/formulare/60_100/60_100_de_rtf.rtf 54 http://www.leibniz-gemeinschaft.de/?nid=infrastr&nidap=&print, insbes. S. 62 55 http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2359-12.pdf, insbes. S. 10 ff. und S. 53 ff. 56 http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/positionspapier_digitale_transformation.pdf 57 http://www.dfg.de/foerderung/programme/infrastruktur/lis/lis_foerderangebote/forschungsdaten/index.html 58 http://cordis.europa.eu/fp7/ict/e-infrastructure/docs/hlg-sdi-report.pdf 59 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:194:0039:0043:DE:PDF, COM(2912)401 Juli 2012. 60 http://www.e-irg.eu/publications/blue-papers.html 61 http://codigt.de, vormals: Kompetenzzentrum kulturelle Überlieferung - digital Karlsruhe (KÜdKa) 62 Open Planets Foundation: http://www.openplanetsfoundation.org/ 63 http://www.langzeitarchivierung.de/ 64 Uniform Resource Name, in Deutschland von der Deutschen Nationalbibliothek vergeben: http://www.dnb.de/DE/Netzpublikationen/URNService/urnservice_node.html 65 Digital Object Identifiers des DataCite-Verbundes: http://datacite.org/ 66 handles werden vergeben von der Corporation for National Research Initiatives (USA) bzw. dem European Persistent Identifier Consortium (EPIC)-Konsortium http://www.handle.net/ 67 http://www.re3data.org/ 68 http://www.forschungsdaten.org/uber-radieschen/ 69 http://www.da-ra.de/ da|ra wird von GESIS und ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gemeinsam betrieben, siehe auch den Forschungsverbund der Leibniz-Institute „Science 2.0“: http://www.leibniz-science20.de/ 70 http://www.gesis.org/unser-angebot/recherchieren/datenbestandskatalog/ 71 Data Documentation Initiative: http://www.ddialliance.org/ 50
95
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER
AG 5 · Virtuelle Forschungsumgebungen
96
E-SCIENCE
IN H A LT
1. Vision Forschung 2025
99
2. VFU in aller Munde – alle Herausforderungen gelöst?
100
2.1 Stimmen aus der Wissenschaft: „Implizites wird expliziert.“
100
2.2 Sicht der Wissenschaftsorganisationen
102
3. Definition VFU und Abgrenzung
104
4. Nationale, europäische, internationale Entwicklungen
105
4.1 Deutschland
105
4.2 Baden-Württemberg
106
4.3 EU
106
4.4 Großbritannien
107
4.5 USA
107
4.6 Australien
108
5. Maßnahmen für die Hochschulen in Baden-Württemberg
108
97
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 5 V IRTUELLE FORS C H UNGSUMGEB UNGEN
MITGLIEDER DER ARBEITSGRUPPE
PROF. DR. ERHARD HINRICHS
Seminar für Sprachwissenschaft, Universität Tübingen DR. MARKUS KLEIN
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (Vorsitz) DR. PETER LEINEN
Rechenzentrum, Universität Mannheim DR. CLAUDIA PAULI
Kommunikations- und Informationszentrum, Universität Ulm
DR. EBERHARD PIETZSCH
Bibliothek, Universität Tübingen PROF. DR. ERICH SCHELKLE
Automotive Simulation Center Stuttgart FRANK SCHOLZE
Bibliothek, KIT DR. KARL-HEINZ WEBER
FIZ Karlsruhe - Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur DR. ANDREAS WITT
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim
98
E-SCIENCE
1 · VISION FORSCHUNG 2025
Die „Wissenschaft der Zukunft“ wird im Vergleich
ties werden sich verstärkt mit dem Potenzial digitaler Methoden
zu der bisherigen Arbeitsweise zunehmend koope-
und Virtueller Forschungsumgebungen (VFUen) auseinanderset-
rativ, interdisziplinär, international und ortsun-
zen und diese reflektieren. Neue Methoden und Arbeitsweisen
abhängig sein. Die Nutzung digitaler Ressourcen
müssen in die Ausbildung der Studierenden einfließen, um eine
und Werkzeuge und die Verschmelzung digitaler
kontinuierliche Weiterentwicklung und Verstetigung zu errei-
und physischer Ressourcen werden zunehmen und
chen. Die Verknüpfung digitaler Daten und Analysemethoden
Standortgrenzen verschwinden. Der Bedarf nach
auf kollaborativ orientierten Plattformen mit offenen Schnittstel-
technischem Support auf Seiten der wissenschaft-
len befördert neue Formen transparenter Zusammenarbeit, die
lichen Community wird perspektivisch deutlich
in einen Kulturwandel münden, der die Praxis und Arbeitsweise
ansteigen.
wissenschaftlicher Aktivität und ihrer Bewertung verändert.
Kennzeichen der Wissenschaft der Zukunft wer-
Wissenschaftliche Kreativität erfordert Zeit, Muße, einfachen
den in allen Wissenschaftsdisziplinen ein hohes
und unbeschränkten Zugang zu wissenschaftlichen Daten so-
Maß an kollaborativem Forschen anhand von all-
wie den Dialog und die Zusammenarbeit mit Forschern – auch
seitig anerkannten und standardisierten Referenz-
und gerade über traditionelle Fachgrenzen hinweg. Digitale wie
daten sowie Analyse- und Visualisierungswerkzeu-
nicht-digitale Methoden sind grundsätzlich gleich berechtigt.
gen sein, die sich in den Forschernetzwerken als
Forschungsinfrastrukturen und Virtuelle Forschungsumgebungen
Best Practices herausgebildet haben. Auch werden
können kein Ersatz für ausreichende Forschungsfreiräume und
sich die Anforderungen zur Sicherstellung von
kein Allheilmittel für die wissenschaftliche Kreativität sein, sie
Reproduzierbarkeit und Nachnutzbarkeit von For-
können aber den spielenden Umgang (im doppelten Sinne) mit
schungsergebnissen verändern. Diese Daten und
Forschungsgegenständen ermöglichen und befördern.
Werkzeuge sind in einem distribuierten Netzwerk von Kompetenzzentren – in der Regel in Form von
Inhaltlich sollte eine VFU idealerweise alle Aspekte des For-
Virtuellen Forschungsumgebungen – verfügbar.
schungsprozesses von der Projektidee über die Datensammlung
Solche Infrastrukturen unterliegen einem ständi-
und Auswertung bis zur Veröffentlichung und Nachnutzung be-
gen Wettbewerb um die Nutzer und entwickeln
rücksichtigen. Da die Wissenschaftsbereiche unterschiedliche
sich daher kontinuierlich weiter, so wie sich auch
Datenarten generieren und Methoden anwenden, sind die Be-
die Methoden und die Medien weiterentwickeln
darfe an unterstützenden Werkzeugen abgesehen von einigen
werden.
grundlegenden Diensten disziplinspezifisch. In der Konsequenz werden Infrastruktureinrichtungen und Einrichtungen der For-
Weltweiter elektronischer Zugang zu Forschungs-
schung sehr viel stärker kooperieren und teilweise örtliche oder
primärdaten, Objekten und Forschungsanalyseda-
überregionale Betriebs- und Geschäftsmodelle aushandeln müs-
ten prägt den Forschungsalltag bereits heute in vie-
sen. In kooperativen Umsetzungsschritten muss die Bedeutung
len Disziplinen. In den nächsten Jahren wird sich
der Daten und Instrumente für den Wissenschaftsbereich spezi-
die Nutzung der digitalen Informationsversorgung
fiziert und Lösungen für das Datenmanagement (Menge, Struk-
und -verarbeitung in Lehre und Forschung in allen
turierung, Metadaten, Sicherheit, Datenschutz) und gegen das
Disziplinen intensivieren und dadurch die Metho-
Risiko „falscher“ Datenhaltung entwickelt werden. Dazu bedarf
den der Wissenschaften verändern. Die Communi-
es einer Förderung der notwendigen Veränderungsprozesse an
99
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 5 V IRTUELLE FORS C H UNGSUMGEB UNGEN
den Universitäten des Landes innerhalb der anderen etablierten
wobei diese die Veränderungsprozesse bisher oft
Förderinstrumente auf nationaler und europäischer Ebene. Dies
entschiedener vorangetrieben haben.
betrifft auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen,
Abb. 8: Der wissenschaftliche Wertschöpfungsprozess (Quelle: FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur)
2 · VFU IN ALLER MUNDE – ALLE HERAUSFORDERUNGEN GELÖST? 2 . 1 S T IMMEN AUS DER WISSENSCHAFT: „IMP L I Z I TES W I RD EX P L I ZI E RT. “
Die Mitglieder der AG haben Vertreter verschiedener Disziplinen
Ergebnisse über die Netze transportiert werden.
nach Stellenwert und Nutzung der Virtuellen Forschungsumge-
Voraussetzungen seien freier Zugang zu Daten und
bungen und nach ihren Erfahrungen und Erwartungen gefragt.
Software (Open Source) und deren zentrale Erfassung. „Wissenschaftliche Arbeit ist auf unserem
Dr. Thomas Rauch, Universität Tübingen, stellt dar, dass die
Gebiet ohne VFU nahezu unmöglich. […] Aufgrund
Datenmengen in der Astronomie so exorbitant seien, dass ein
der Entwicklung der Datenmengen [werden] die
Datentransport nahezu unmöglich wird. Daher müsse die Aus-
Energiekosten für Datenhaltung, Simulation etc.
wertung der Daten „vor Ort“ erfolgen, so dass nur extrahierte
nicht mehr zu tragen sein.“
100
E-SCIENCE
Die Geowissenschaften werden aus Sicht von Prof.
entwickelt wurden, folgen sie konsequent dem wissenschaftli-
Dr. Maik Thomas, GFZ Potsdam, durch interdis-
chen Bedarf. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass sowohl
ziplinäre Beobachtungs- und Modellierungsdaten
die Akzeptanz als auch die Finanzierung dieser Strukturen noch
getrieben, so dass internationaler und interdiszipli-
weiterer Überzeugungsarbeit bedarf. Die Integration Virtueller
närer Austausch (tages‑)aktueller Daten organisiert
Forschungsumgebungen in den wissenschaftlichen Alltag ist ein
werden muss. Bei Verfügbarkeit würden VFUen
langer und stetiger Prozess. […] Wesentlich bleiben auch in Zu-
intensiv genutzt, „aber der Aufwand für die Erstel-
kunft die Wünsche der Wissenschaft gegenüber einer Installation
lung von VFUen ist gegenwärtig sehr hoch und die
vielfältigster technischer Möglichkeiten. Die Gefahr zu einer wei-
Wege zur Finanzierung vor allem des Routinebe-
teren Komplexisierung liegt in der Natur der Sache. Auch führt
triebs sind sehr begrenzt: nur große Zentren, oft
die schnelle technische Entwicklung dazu, dass sich Arbeitsum-
kein Wettbewerb und geringes Innovationstempo.“
gebungen ständig verändern; diesem kann und will der Nutzer
Er sieht wichtige Herausforderungen in der Ent-
nicht folgen.“
wicklung von Standards für Datenformate, Metadaten und Schnittstellen der VFU-Programmmodule.
Die Systembiologie hat sich durch die Automatisierung von Syn-
„Open Access von Daten ist essenziell für die Ent-
these- und Analytik-Geräten sowie Gensequenzern zu einer sehr
faltung der Wissenschaft.“
datenintensiven Disziplin entwickelt. Dadurch verschiebt sich die wissenschaftliche Leistung von der Datengewinnung zur weiter-
Das AWI kann auf eine sehr positive Entwicklung
führenden Arbeit mit den Daten. Dominic Lütjohann, Doktorand
der Erdsystemdatenbank PANGAEA und dem
am KIT, erwartet „eine Integrationsplattform, die den kompletten
World Data Center for Marine Environmental Sci-
wissenschaftlichen Prozess abdeckt, sodass eine Forschergruppe
ences von einer Informationsinfrastruktur hin zu
im virtuellen Raum an einer gemeinsamen Problemlösung arbei-
einer Virtuellen Forschungsumgebung zurückbli-
ten kann, ohne physikalisch präsent sein zu müssen. […] Durch
cken. Prof. Dr. Antje Boetius: „Schon jetzt gibt es
eine im Gesamtprozess überwachte wissenschaftliche Arbeit wer-
z. B. eine Pipeline von der Probenahme (z. B. For-
den Fehleinschätzungen vermieden, absolute Reproduzierbarkeit
schungsschiffexpeditionen) samt Archivierung von
geschaffen und eine korrekte Datenerhebung in den wissenschaft-
nicht-digitalen Objekten (z. B. Meeresbodenpro-
lichen Medien gewährleistet.“
72
ben, DNA Archive) bis hin zu den in Fachjournalen veröffentlichten Daten, die mit eigener DOI ver-
Für die theoretische Chemie sieht Prof. Dr. Axel Groß, Vizeprä-
sehen werden, inklusive eines nachhaltigen Meta-
sident für Forschung und Informationstechnologie der Univer-
daten-Konzeptes.“ Prof. Dr. Wolfgang Hiller meint,
sität Ulm den Bedarf vordringlich im „standardisierte[n] Zugriff
dass „der zeitliche Aufwand und die Kosten […]
von überall her und zu jeder Zeit auf elektronische Ressourcen“
gerade in Deutschland vielfach grob unterschätzt
(Volltexte, Datenbanken, Preprints). Erst im Zusammenhang mit
[wird], obwohl gerade die Effizienz und Produk-
Großprojekten und der disziplin- und institutionsübergreifenden
tivität von Grundlagenforschung stark gewinnen
Nutzung von Forschungsdaten sieht er Potenziale für eine For-
würde, wenn wir mehr in die Schaffung derartiger
scher-Communities.
Strukturen investieren würden.“ Dr. Hans Grobe ergänzt: „Da die Komponenten der Forschungs-
In der Philologie – stellvertretend für die Geisteswissenschaften – ist
umgebung ausschließlich von Wissenschaftlern
nach Meinung von Prof. Dr. Andrea Rapp, TU Darmstadt, „in der
101
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 5 V IRTUELLE FORS C H UNGSUMGEB UNGEN
Breite des Faches […] das Thema VFU noch nicht rezipiert und an-
teswissenschaftlern, vergleichbar nur dem Status von
gekommen,“ aber sie sieht große Chancen für die korpusbasiert und
Bibliotheken […]“. Prof. Dr. Claudine Moulin, Uni-
die historisch mit unikalen Quellen in dislozierten Beständen arbei-
versität Trier, stellt heraus: „Digitalität ist nicht nur
tenden Disziplinen. Es „besteht ein großes Potenzial, dadurch me-
ein wesentlicher Bestandteil unseres Alltages gewor-
thodologisch neue Bereiche zu erschließen, z. B. durch die Verbin-
den, sondern verändert auch die Forschungsmetho-
dung von qualitativen und quantitativen Methoden oder durch neue
den und ‑verfahren in den geisteswissenschaftlichen
Visualisierungsverfahren. […] Implizites wird expliziert – was ich für
Disziplinen grundlegend.“ Sie warnt vor top-down-
eine der ganz großen Stärken computergestützter Arbeit halte.“ Prof.
Initiativen. „Daher sollte man Virtuelle Forschungs-
Dr. Fotis Jannidis schlägt eine Brücke zur Retro-Digitalisierung und
infrastrukturen – wie in dem Positionspapier der Eu-
digitalen Publikationsformen: „In dem Maße, in dem wir in unserem
ropean Science Foundation erarbeitet – als komplexe
Arbeiten immer stärker auf digitale Quellen zurückgreifen, wächst
Ökosysteme auffassen, die gleichermaßen der Inter-
die Abhängigkeit der Geisteswissenschaften von einer Umgebung,
disziplinarität, Mehrsprachigkeit und Polyfunktiona-
die ihnen das bietet, was sie gelernt haben zu erwarten: Nachhalti-
lität ihrer Gegenstände Rechnung tragen müssen, um
ge Verfügbarkeit und gleichzeitig stetige Modernisierung. Ich glaube
der Vielschichtigkeit geistes- und kulturwissenschaft-
daher, dass VFUen zentral sind für die zukünftige Arbeit von Geis-
licher Fragestellungen begegnen zu können.“
2 . 2 S ICHT DER W ISSENSCHAFTSORGANISATI O N E N
Der fundamentale Wandel der letzten Jahre in den Kommuni-
cen bei der Implementierung solcher Infrastruktu-
kations- und Informationstechnologien hat gravierende Verän-
ren auch sind, so hoch sind die Anforderungen der
derungen des wissenschaftlichen Arbeitens nach sich gezogen.
wissenschaftlichen Nutzer an die Stabilität ihres
Forschungsergebnisse fallen zusehends in Gestalt digitaler Primär-
neuen Arbeitsplatzes.
daten an oder basieren zu erheblichen Teilen auf dieser empirischen Basis. Aggregationen von Forschungsdaten unterschiedlicher
Die im Rahmen öffentlich geförderter Projekte an-
Provenienz in ihrer gemeinsamen Nutzung bergen – durch Anwen-
fallenden Daten sollten idealerweise im Sinne des
dung eines geeigneten digitalen Werkzeugkastens – das Potenzial,
Open Access frei verfügbar, langfristig zugänglich
unabhängig von ihrem ursprünglichen Erhebungszweck weiter-
und qualitätsgeprüft sein, um wissenschaftliche For-
führende Forschung zu beflügeln.73 Verlust oder auch nur Nicht-
schung in ihrer Nachnutzung verifizierbar und re-
Interpretierbarkeit von Daten entzieht der Wissenschaft somit
kapitulierbar zu erhalten. Aber auch die im Sinne
die Grundlage ihrer Arbeit. Die Entwicklung einer leistungsfähi-
guter wissenschaftlicher Praxis erhobenen Forderun-
gen Infrastruktur zur Erzeugung, Verwaltung, Recherche, Analyse,
gen zum Schutz der persönlichen, rechtlichen und
Verknüpfung, Publikation und Nachnutzung von Daten ist in der
wissenschaftlichen Interessen von Nutzern und ggf.
Konsequenz aus der Sicht der Wissenschaftler der entscheidende
Probanden, die ein beschränktes Nutzungsverhält-
Schritt hin zu wissenschaftlicher Exzellenz. Wissenschaftler ver-
nis mit sich bringen, sollen durch den Einsatz von
sprechen sich von VFUen mittels Vernetzung eine bisher unge-
VFUen unterstützt werden. VFUen können hierfür
kannte fachliche Qualität ihres Schaffens, von der im Endeffekt
eine technische Basis bilden, um langfristig den Zu-
bessere Lösungen und auch neue Forschungsfragestellungen sowie
griff auf diese Daten zu gewährleisten. Damit soll
neue Lehr- und Lernszenarien zu erwarten sind. So groß die Chan-
verhindert werden, die empirischen Grundlagen der
102
E-SCIENCE
Forschung immer wieder aufs Neue in zeit- und kostenintensiver Arbeit wiederherstellen zu müssen.
• Eine nachhaltige Finanzierung (Geschäftsmodelle) der Basisinfrastruktur der VFUen muss sichergestellt werden. Neuentwicklungen, um den Anschluss an technische Entwicklungen
Die Fachdisziplinen unterscheiden sich innerhalb
zu behalten, sollten mit Projektmitteln angeschoben werden.
einzelner wissenschaftlicher Communities bisweilen
Hierfür ist mit Blick auf die föderale Verfasstheit Deutsch-
recht deutlich in ihrem Umgang mit Forschungsda-
lands ggf. eine Anpassung der nationalen Förderkultur erfor-
ten. Nicht nur erheben sie unterschiedliche Daten-
derlich.
formate, sie ziehen auch fachspezifische Werkzeuge
• Technische Lösungen zur Nachnutzbarkeit der Daten sowie
zu ihrer Bearbeitung heran. VFUen sollten daher
Schnittstellen zu neuen Technologien und Community-An-
die nötige Flexibilität aufweisen, auf divergierende
sätzen müssen gefunden werden (Referenzarchitekturmodell,
Nutzeranforderungen einzugehen bzw. sich daran
Austauschformate, Standards, Metadaten).
anpassen zu lassen.
• Bei der Nutzung grundlegender Hardware-Komponenten der gemeinsamen Basisinfrastruktur werden Synergien zwischen
Vor diesem Hintergrund ist insbesondere bei Lösun-
den Nutzern verschiedener Einrichtungen gebildet. Voraus-
gen zur Langzeitarchivierung von Forschungsdaten
setzungen sind ein leistungsfähiges, an allen Orten nutzbares
in vernetzten Umgebungen die Verwendung von
Daten-Netzwerk (BelWue, Eduroam, Zugriff über verschlüs-
Standards in Format und die Anreicherung von Me-
selte DSL-, UMTS- und LTE-Verbindungen) sowie einheitli-
tadaten in der Dokumentation unabdingbar, sodass
che Standards im Identity Management, um Urheber von Da-
eine interdisziplinäre Nutzung ermöglicht wird.
ten eindeutig identifizieren und Nutzungsrechte einrichten zu
74
(siehe auch den Beitrag der AG 4 Forschungsdatenmanagement)
können. • Um das Funktionieren der für eine VFU typischen Mischung aus sich stetig wandelnder Open Source, kommerzieller und
Auf dem Weg, diesen Herausforderungen adäquate
individuell geschaffener Software zu gewährleisten, sollte jede
Antworten entgegenzustellen, sehen Wissenschafts-
VFU Lösungen zum Life-Cycle-Management beinhalten.
organisationen Handlungsbedarf auf verschiedenen
• Umgang mit und Mehrwert von VFUen ist in Zusammenarbeit
Themenfeldern und sprechen folgende Empfehlun-
von Lehrenden, VFU-Betreibern und E-Learning-Spezialisten in
gen dazu aus :
Lehrveranstaltungen und Schulungen zu vermitteln und in den
• Ein organisatorischer Rahmen (Betriebsmodelle)
Curricula zu verankern. Disziplinübergreifende Kompetenzen
muss mittels Vernetzung der Akteure gefunden
können im Rahmen von Kursen für Schlüsselqualifikationen
werden, der die VFU in eine stabile Struktur
vermittelt werden.
75
einbindet, Zuständigkeiten und Kompetenzen
• Lösungen für offene Fragen des Urheber- und Persönlichkeits-
zuweist sowie ressourcensparend bündelt und
rechts sind anzubieten und sichere Nutzungsszenarien für
Schnittstellen für Community- und Länder-über-
Hardware-Ressourcen, Netzwerkinfrastruktur, Software, Diens-
greifende Aktivitäten bietet.
te und Daten müssen entwickelt werden. Für die Einbindung und Rechteverwaltung hochschulexterner Anbieter müssen Lö-
• Die VFUen tragenden Verbünde sollten als In-
sungen entworfen werden. Bedarfsgerechte Lizenzierungsmo-
teressenvertreter für einzelne Disziplinen gegen-
delle (Musterlizenzen, Landes- und Nationallizenzen) sind zu
über größeren Ressourcenanbietern fungieren.
entwickeln bzw. zu implementieren und technisch umzusetzen.
103
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 5 V IRTUELLE FORS C H UNGSUMGEB UNGEN
3 · DEFINITION VFU UND ABGRENZUNG
Virtuelle Forschungsumgebungen76 sind Infrastrukturen, die Wis-
Vielzahl von Wissenschaftscommunities nutzbaren
senschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine kooperative, zeit-
Werkzeuge, wie sie z. B. im EU-Projekt EUDAT ein-
und ortsunabhängige Forschung ermöglichen. Neben allgemeinen
gesetzt und gegenwärtig evaluiert werden, müssen
digitalen Medien werden auch fachspezifische digitale und z. T.
in Zukunft verstärkt werden und beim zukünftigen
auch physikalische Umgebungen integriert und der Zugriff auf For-
Aufbau und der Weiterentwicklung von VFUen
schungsinfrastrukturen wie Wissensressourcen (Datensammlun-
berücksichtigt werden. Die Balance zwischen fach-
gen, Archive, Datenbanken) und Großgeräte (Hoch- und Höchst-
spezifischen Applikationen, fächerübergreifenden
leistungsrechner,
Gensequenzern)
Diensten und IT-Basiselementen zu finden, wird
erleichtert und systematisiert. Ziel von VFUen ist es, alle Schritte
eine Aufgabe sein, der sich die Entwickler von
der Forschung nachhaltig zu unterstützen (vgl. Abbildung 8).
VFUen stellen müssen.
Eine einheitliche und umfassende Dokumentation der Ergebnisse
Mit der Vernetzung von Forschung und Lehre wird
und systematische Erschließung von Quellen leistet einen wesent-
auch der Umgang mit Virtuellen Forschungsumge-
lichen Beitrag zur Qualitätssicherung, führt Forschende aber auch
bungen Teil der Ausbildung werden. Einzelne As-
auf ganz neue Fragestellungen, die wiederum zur Weiterentwick-
pekte vorhandener VFUen werden hierzu sicher in
lung der Umgebungen führen. Um den teilweise sehr fachspezifi-
Lernmanagementsysteme integriert werden, den-
schen Anforderungen gerecht zu werden und die unterschiedli-
noch werden letztgenannte eher eine Kommunika-
chen Forschungskulturen adäquat unterstützen zu können, muss
tionsplattform zur Unterstützung der Lehre bleiben
der Aufbau von VFUen aus den Fach-Communities getrieben wer-
und sich von VFUen abgrenzen.
Hochleistungsmikroskope,
den. Infrastruktureinrichtungen sollten sich der Aufgabe stellen, diese Entwicklungen aktiv zu unterstützen.
Die Standardisierung von Datenformaten und Schnittstellen ist eine wichtige Voraussetzung für
Die technische Grundlage bilden heute modular aufgebaute Soft-
einen dauerhaften Einsatz und Betrieb von VFUen
waresysteme und leistungsfähige Kommunikationsnetzwerke. Zur
sowie deren Anbindung an Datenarchive, Langzeit-
flexiblen Vernetzung der einzelnen Module stehen Ansätze wie
archive und Bibliothekskataloge. Solche Formate
„Software as a Service“ (SaaS) zur Verfügung. Dies ermöglicht eine
werden zum Beispiel für die Repräsentation textba-
parallele Entwicklung sowie eine verteilte Realisierung und Da-
sierender Quellen von der Text Encoding Initiative
tenhaltung, einen themenbezogenen Aufbau von Workflows, aber
(TEI) auf der Basis von XML oder für die herstel-
auch eine Nutzung durch andere Communities.
lerunabhängige Darstellung von 3D-Daten von der Collaborative Design Activity Gruppe (COLLADA)
Ergänzt werden die fachspezifischen Werkzeuge in der Regel durch
entwickelt. Wissenschaftler arbeiten zum Beispiel
allgemein verfügbare Elemente wie z. B. Lösungen zur Kommu-
im Projekt CLARIN an der Definition internationa-
nikation und Kollaboration, etwa zur gemeinsamen Bearbeitung
ler Standards (ISO, DIN, W3C).
von Dokumenten. Diese sind über standardisierte Schnittstellen anzubinden und ggf. an spezielle Bedürfnisse anzupassen. Die Ent-
Mit der zunehmenden weltweiten Vernetzung von
wicklung von anerkannten und nachhaltig verfügbaren, durch eine
Wissenschaftlern muss der Zugang und die Mög-
104
E-SCIENCE
lichkeit der Partizipation an VFUen entsprechend
besteht auf europäischer Ebene eine Möglichkeit, steuerliche Rah-
offen gestaltet werden. Hierfür sind passende
menbedingungen klar zu regeln. Ebenso sind die rechtlichen Rah-
Governance-Strukturen aufzubauen. Zugriffe und
menbedingungen für einen dauerhaften Betrieb und die Weiter-
Zugänge weltweiter Nutzer sind zu regeln, aber auch
entwicklung von VFUen zu regeln.
darüber hinaus gehende rechtliche Rahmenbedingungen festzulegen. Hier sind nicht nur die Wissen-
Neben den spezifischen Werkzeugen einer VFU werden Forsche-
schaftsorganisationen gefragt, sondern zunehmend
rinnen und Forscher auch in Zukunft mit Basisdiensten zur Infor-
auch die politische Ebene, die die entsprechenden
mationsversorgung lokal vor Ort oder auf Landesebene zu versor-
Rahmenbedingungen schaffen muss, damit VFUen
gen sein. Mit einer zunehmenden Verbreitung von VFUen wird
das vorhandene Potenzial nutzen können. Mit der
es hier teilweise Überschneidungen geben. Die Partizipation an
Anerkennung von Forschungsverbünden als „Euro-
VFUen setzt diese Basisdienste auch in Zukunft voraus.
pean Research Infrastructure Consortium“ (ERIC)77
4 · NATIONALE, EUROPÄISCHE, INTERNATIONALE ENTWICKLUNGEN 4 .1 DEUTSCHLAND
Das BMBF hat ab 2005 im Rahmen der D-GRID-
Die KII kommt dabei zu den Empfehlungen,
Initiative eine Reihe von Projekten gefördert, in
• Förderprogramme für Virtuelle Forschungsumgebungen aus-
denen themen- bzw. disziplinspezifische, auf Grid-
zuweiten und zusätzliche Finanzmittel für den dauerhaften
Technologie basierende Infrastrukturen aufgebaut
Betrieb bereitzustellen,
wurden. Sie ermöglichen den jeweiligen Communi-
• geeignete Koordinations- und Unterstützungsstrukturen zu
ties die gemeinsame Nutzung von verteilten digita-
schaffen (z. B. zur Vermeidung von Redundanzen bei der wei-
len Ressourcen – z. B. Daten oder Rechenleistung
teren Entwicklung von VFUen),
– und schaffen damit wichtige Voraussetzungen für
• die Nachhaltigkeit und gemeinschaftliche Entwicklung durch
das Arbeiten in Virtuellen Forschungsumgebungen.
enge Kooperation von Fachwissenschaftlern und Infrastruktu-
Die DFG hat bisher in zwei Aufrufen (2008, 2009)
reinrichtungen zu sichern,
22 Projekte zum Aufbau von Virtuellen Forschungs-
• die Nachnutzbarkeit durch Interoperabilität zu sichern,
umgebungen mit insgesamt 6,8 Mio. Euro gefördert.
• geeignete Organisationsstrukturen und Rechtsformen zu
Ein dritter, Mitte 2011 publizierter Aufruf zielt auf
schaffen bzw. bei der Umsetzung in die Praxis zu unterstützen,
den Übergang von VFUen aus der Aufbauphase in
• Aus- und Weiterbildungsangebote auszubauen.
den Dauerbetrieb ab. Es sind zu diesem Aufruf 12 Anträge eingegangen.
Der Wissenschaftsrat (WR) schließt sich in seinen im Juli 2012 veröffentlichten „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissen-
In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben sich
schaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020“
insbesondere die von der GWK beauftragte „Kom-
den Empfehlungen der KII zu den VFUen „uneingeschränkt“ an.
mission Zukunft der Informationsinfrastruktur“ (KII) sowie die Allianz-Initiative „Digitale Informa-
Die entsprechende AG VFU der Allianz-Initiative hat neben der For-
tion“ neben anderen Themen mit VFUen befasst.
mulierung einer Definition einen „Leitfaden“ erstellt, der potenziellen
105
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 5 V IRTUELLE FORS C H UNGSUMGEB UNGEN
Nutzern und Entwicklern von VFUen Hinweise zu grundsätzlichen
hin untersucht und wird solche Erhebungen in Ko-
Fragestellungen gibt – etwa die Notwendigkeit der Beachtung von
operation mit DINI fortsetzen. Ferner ist künftig ein
Standards (Interoperabilität), der (Nach-)Nutzung generischer Servi-
Leitfaden für den Betrieb von VFUen geplant sowie
ces, formale, rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen.
eine intensivere Untersuchung rechtlicher Fragestellungen, insbesondere hinsichtlich der für einen
Ferner hat die Allianz-AG exemplarische VFU-Projekte unter-
Dauerbetrieb geeigneten Organisationsformen.
schiedlicher Disziplinen auf ihre charakteristischen Eigenschaften
4 . 2 B A DEN-W ÜRTTEMBERG
Das Land Baden-Württemberg hat von 2009 bis 2012 zwei Projek-
sche Forschungsnetz DFN eingebunden. Damit
te zur Entwicklung Virtueller Forschungsumgebungen gefördert:
wird für den Datenverkehr zwischen den meisten
BW-eLabs und BW-eSci(T). Sie entstanden in enger Kooperation
Hochschulen eine hohe Übertragungsrate von
von Natur- bzw. Geisteswissenschaftlern und Informationsinfra-
10 Gbit/s bereitgestellt. Auf dieser Basis wurden
struktureinrichtungen der Universitäten Freiburg, Stuttgart und
verschiedene Infrastrukturdienste entwickelt, die
Tübingen und Entwicklern von FIZ Karlsruhe. Sie haben bestä-
hochschulübergreifend nutzbar sind. Dazu gehört
tigt, dass VFUen, die die methodische Varietät und die Produk-
seit 2011 das zentrale Hosting des gemeinsamen
tivität der Wissenschaftler und die Qualität der Ergebnisse un-
lokalen Hochschulbibliothekssystems IBS|BW und
terstützen und steigern, z. T. disziplinspezifische Anforderungen
die Entwicklung eines föderativen Identity Ma-
erfüllen müssen. Zum Beispiel müssen Kalibrierung und Daten-
nagements aller Universitäten (bwIDM). Letzteres
ausgang der Messgeräte interpretiert bzw. fachspezifische Analyse-
wurde auf Basis der Erfahrungen, die in den o.g.
und Bearbeitungswerkzeuge eingebunden werden. Daneben gibt
VFU-Projekten hinsichtlich Rechteverwaltung ge-
es jedoch grundlegende verbindende Funktionen und Strukturen
sammelt wurden, entwickelt und erlaubt eine ein-
wie Rechteverwaltung (AAI, Single-Sign-On), sowie zentrale Da-
fache und komfortable Nutzung von Diensten, die
tenhaltung in Repositorien und Datenbanken, die weiterentwi-
nur an einer Universität der Föderation angeboten
ckelt und in neue Anwendungen gebracht werden müssen. Seit
werden. Die dort entwickelten Funktionen sind
1987 sind die Hochschulen des Landes und weitere Bildungsein-
Grundlage für die Rechteverwaltung bei neu ent-
richtungen im Datennetz „BelWue“ verbunden und in das Deut-
stehenden VFU- und Forschungsdaten-Diensten.
4.3 EU
Die EU fördert(e) im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms im
Begleitprojekten der Bundesländer geleistet wird. In
Bereich E-Infrastructures zehn Projekte eines Calls zu „Global Virtual
Baden-Württemberg wurden im Rahmen von CLA-
Research Communities“. Bei den ESFRI-Projekten CLARIN und DA-
RIN D-SPIN (2009-2011) und CLARIN-D (seit 2011)
RIAH handelt es sich um Infrastruktur-Projekte in den Geisteswissen-
die Universitäten Tübingen und Stuttgart sowie das
schaften, in denen digitale Ressourcen und Tools einer größeren Com-
IDS gefördert. An DARIAH ist u.a. das KIT beteiligt.
munity verfügbar gemacht werden. Sowohl CLARIN wie DARIAH befinden sich inzwischen in der sog. Umsetzungsphase mit jeweils
Da Virtuelle Forschungsumgebungen gerade die
nationaler Förderung, die in Deutschland durch das BMBF sowie mit
institutionenübergreifende – auch internationale –
106
E-SCIENCE
Zusammenarbeit von Forschungsteams erleichtern,
die gerade vom Wissenschaftsrat vorbereitete national roadmap
ist auf allen Ebenen möglichst frühzeitig auf Stan-
für Forschungsinfrastrukturen) und internationale Entwicklungen
dardisierungen bei Zugriffschnittstellen, Metadaten-
(ESFRI roadmap und ERIC) beziehen und sich solchen Initiativen
standards etc. zu achten, um bei Bedarf und nach
durch eine finanzielle Beteiligung, bei der i.d.R. Bund und Länder
Möglichkeit schnell eine Vernetzung von digitalen
gefordert sind, anschließen.
Ressourcen erreichen zu können. Um Insellösungen zu vermeiden, sollte sich jede Entwicklung von VFUen auf nationale (hier v.a. auf
4 .4 GROSSBRITANNIEN
Das Joint Information Systems Committee (JISC)
schen wird die Förderung vergleichbarer Projekte im Programm
hat in Großbritannien seit 2004 in drei Phasen 28
Research Infrastructure fortgesetzt.
Virtual Research Environments (VRE)-Projekte gefördert, die ein breites Spektrum von Fachdis-
In einer Arbeitsgruppe Virtual Research Environments (VRE)
ziplinen umfassen. Die Förderung war in den drei
des Netzwerkes Knowledge Exchange (KE) tauschen sich von
Phasen jeweils auf verschiedene Schwerpunkte fo-
den Förderorganisationen JISC (UK), DEFF (DK), SURFfound-
kussiert: Entwicklung technischer Lösungen, Integ-
ation (NL) und der DFG benannte Vertreter und Experten zu in
rationsprojekte, Tools und Interoperabilität. Inzwi-
den jeweiligen Ländern stattfindenden Aktivitäten zu VFU aus.
4 .5 USA
In den USA vollziehen sich unter der Bezeichnung
senden digitalen Dateninfrastruktur zum Ziel haben. Insbesonde-
„Cyberinfrastructure“ ähnliche Entwicklungen. Die
re wird dabei die Bildung neuer Organisationsformen gefördert,
„National Middleware Initiative“ (NMI) der Nati-
die „library and archival sciences, cyberinfrastructure, computer
onal Science Foundation (NSF) hat seit 2001 das
and information sciences, and domain science expertise“ integ-
Ziel, eine generische (Basis-) Infrastruktur aufzu-
rieren. DATANet ist auf ein Volumen von 100 Mio. $ in einem
bauen, auf der dann disziplinnahe Anwendungen
fünfjährigen Förderzeitraum angelegt. Im Bereich der geisteswis-
aufsetzen können. Es gibt in den USA zwar keine
senschaftlichen Forschung verfolgt das Projekt Bamboo die Frage:
gezielte und koordinierte Förderung von Virtuel-
„How can we advance arts and humanities research through the
len Forschungsumgebungen, wohl aber einzelne,
development of shared technology services?“ In der ersten Pha-
durch NSF (insbesondere „Science Gates“), De-
se 2008-2010 wurde unter Beteiligung von 114 Institutionen der
partment of Energy (DOE) und dem National In-
Bedarf der Wissenschaftler erhoben. In der aktuellen ersten Um-
stitute of Health (NIH) geförderte Entwicklungen.
setzungsphase werden eine Infrastruktur aufgebaut und die ersten
Der Schwerpunkt lag bisher insgesamt eher auf der
Dienste von den zehn Universitäten implementiert. Gefördert
Förderung der Entwicklung von Basisdiensten. Seit
wird das Projekt durch die Mellon Foundation und Eigenmittel
2008 werden im Programm DATANet der NSF Pro-
der Universitäten, bisher ca. 5 Mio. $.
jekte gefördert, die die Entwicklung einer umfas-
107
TEI L B
S T R AT E G I S C HE KONZ E P T E F ÜR DIE HANDL UNGS FELD ER – A G 5 V IRTUELLE FORS C H UNGSUMGEB UNGEN
4 . 6 AUSTRALIEN
In Australien erfolgt seit einigen Jahren eine koordinierte Förde-
und z. T. auch von VFUen gefördert werden, letz-
rung von „e-Research“, in der u.a. Grid-Entwicklungen und ins-
tere auch innerhalb der Victorian e-Research Stra-
besondere der Aufbau einer Daten-Infrastruktur (durch ANDS)
tegic Initiative (VeRSI).
5 · MASSNAHMEN FÜR DIE HOCHSCHULEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Baden-Württemberg möchte – zur Umsetzung von Maßnahmen,
len empfohlen. Ziel des Programms sind die Ent-
wie sie auch im KII-Papier und den folgenden Empfehlungen des
wicklung, Anpassung, Verbreitung, Nutzung und
Wissenschaftsrats empfohlen wurden – eine führende Rolle bei
der Betrieb von VFUen, ggf. inklusive der Ableitung
der Entwicklung und Nutzung Virtueller Forschungsumgebungen
generischer Komponenten. Dazu kann ggf. auch die
einnehmen. Daraus folgt die Notwendigkeit, sich verstärkt mit an-
Einrichtung eines Kompetenzzentrums beantragt
deren Ländern und dem Bund sowie der DFG abzustimmen.
werden. Weitere Ziele sind die Reflexion der methodischen Veränderung der Wissenschaften und die
Außerdem wird die offene Ausschreibung eines Förderprogramms
Integration in die Lehre auf der Basis erfolgreicher
zur Unterstützung der Etablierung von VFUen an den Hochschu-
Anwendung von VFUen.
Drei Säulen der Förderung sollen in die Ausschreibung aufgenommen werden: 1. Identifizierung bestehender Infrastruktur und Bedarfe der Communities mit dem Ziel, dass Infrastruktureinrichtungen die Communities proaktiv beraten. 2. Anschub- und Kofinanzierung von Initiativen, die in nationale oder europäische Projekte münden. Ziel ist die Beteiligung an nationalen und internationalen Initiativen und die Profilbildung der Hochschulen. Dadurch werden Nuklei für die Entwicklung und Verbreitung weiterer VFUen geschaffen. 3. Schaffung von Voraussetzungen für die Weiterführung von Elementen Virtueller Forschungsumgebungen über Förderperioden hinaus: Entwicklung von Governance-Strukturen und Geschäftsmodellen, Überführung in Dauerbetrieb, Strukturwandel als Voraussetzung für Nachhaltigkeit.
Bedingungen für eine mögliche Förderung: a. Bewerben können sich Communities – über die Grenze der einzelnen Hochschule hinaus – im Verbund mit universitären oder außeruniversitären Infrastruktureinrichtungen. Die Unterstützung der Rektorate ist erforderlich. Dadurch wird lokale Hochschul-Infrastruktur eingebunden; Computing-, Storage- und Hosting-Ressourcen, bestehende VFUen und Services können zusammengeführt werden. b. Konzeptionelle Überlegungen für ein Forschungsdatenmanagement als zentrale Datenbasis für die VFU sollen vorhanden sein (s. a. Empfehlungen der AG 4 Forschungsdatenmanagement). c. Die Nutzung von AG 4 Forschungsdatenmanagement Standards und bisher entwickelter VFU-Komponenten wird vorausgesetzt.
108
E-SCIENCE
d. Eine dauerhafte Wirkung eines VFU-Projekts setzt eine kritische Masse beteiligter Entwickler (oder anderer Experten) und beteiligter Einrichtungen voraus. Aufgrund der verschiedenen Förderziele und der Inhomogenität der angesprochenen Communities muss das Förderprogramm hinreichend flexibel sein. Daher erscheint eine überlappungsfreie Aufspaltung in verschiedene Förderlinien nicht sinnvoll. Vorgeschlagen wird eine zeitlich offene Ausschreibung. Programmvolumen und Laufzeit müssen angemessen sein, um einen hinreichenden und sichtbaren Impact zu erzielen.
http://www.wdc-mare.org/ http://www.ratswd.de/download/RatSWD_WP_2010/RatSWD_WP_156.pdf 74 http://www.textgrid.de/fileadmin/TextGrid/konferenzen_vortraege/DH_Festakt/VRE-Schwiegelshohn-Goettingen.pdf, 75 http://www.allianzinitiative.de/fileadmin/hosting_studie_d.pdf, 15ff.; http://www.allianzinitiative.de/fileadmin/user_upload/KII_Gesamtkonzept. pdf, 44ff.; http://www.wissgrid.de/publikationen/deliverables/wp1/WissGrid_AP1_D1-4_final_v2.pdf, 6ff.; http://www.wissgrid.de/publikationen/deliverables/wp1/WissGrid_AP1_D15_v101_final.pdf, 35. 76 Allianz-Initiative: „Eine Virtuelle Forschungsumgebung ist eine Arbeitsplattform, die eine kooperative Forschungstätigkeit durch mehrere Wissenschaftler an unterschiedlichen Orten zu gleicher Zeit ohne Einschränkungen ermöglicht. Inhaltlich unterstützt sie potentiell den gesamten Forschungsprozess – von der Erhebung, der Diskussion und weiteren Bearbeitung der Daten bis zur Publikation der Ergebnisse – während sie technologisch vor allem auf Softwarediensten und Kommunikationsnetzwerken basiert.“ http://www.allianzinitiative.de/de/handlungsfelder/virtuelle_forschungsumgebungen/ 77 CLARIN hat den Status eines ERIC. DARIAH ist in der Beantragungsphase. 72 73
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M I T G L I E D E R DE R E - SCIE NCE - AG
Mitglieder der E-Science-AG
110
E-SCIENCE
MITGLIEDER DER ARBEITSGRUPPE
DR. URSULA BERNHARDT
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Lenkungskreis, AG Digitalisierung DR. CHRISTOPH BRUCH
Helmholtz Open Access Koordinationsbüro, Stiftung Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, Bremerhaven AG Open Access PETER CASTELLAZ
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg AG Digitalisierung
PROF. DR. THOMAS DREIER
Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft (ZAR) am KIT AG Open Access
DR. JUTTA DRESCH
Badisches Landesmuseum AG Digitalisierung
PROF. DR. OLAF GEFELLER
Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Universität Erlangen-Nürnberg AG Lizenzierung
DR. CHRISTIAN HÄNGER
Bibliothek, Universität Mannheim AG Forschungsdatenmanagement PETRA HÄTSCHER
Bibliothek, Universität Konstanz AG Open Access
BRIGITTE HAUSSTEIN
GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften AG Forschungsdatenmanagement
111
TEI L C
M I T G L I E D E R DE R E - SCIE NCE - AG
PROF. MICHAEL HEBGEN
Rechenzentrum, Universität Heidelberg AG Forschungsdatenmanagement PROF. DR. ERHARD HINRICHS
Seminar für Sprachwissenschaft, Universität Tübingen AG Virtuelle Forschungsumgebungen KARL-WILHELM HORSTMANN
Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum, Universität Hohenheim AG Lizenzierung
DR. JOCHEN JOHANNSEN
Badische Landesbibliothek Karlsruhe AG Lizenzierung WALTER KAAG
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Lenkungskreis
DR. ANTJE KELLERSOHN
Bibliothek, Universität Freiburg AG Lizenzierung
DR. MARKUS KLEIN
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Lenkungskreis, AG Forschungsdatenmanagement, AG Virtuelle Forschungsumgebungen DR. HERIBERT KNORR
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Lenkungskreis (Vorsitz) PER KNUDSEN
Bibliothek, Universität Mannheim AG Lizenzierung
112
E-SCIENCE
DR. HANNSJÖRG KOWARK
Württembergische Landesbibliothek AG Digitalisierung DR. PETER LEINEN
Rechenzentrum, Universität Mannheim AG Virtuelle Forschungsumgebungen DR. MARION MALLMANN-BIEHLER
Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg, Konstanz AG Open Access
DR. GERALD MAIER
Landesarchiv Baden-Württemberg AG Digitalisierung
PROF. DR. HERBERT MÜTHER
Prorektor / Institut für Theoretische Physik, Universität Tübingen AG Open Access
DR. CLAUDIA PAULI
Kommunikations- und Informationszentrum, Universität Ulm AG Virtuelle Forschungsumgebungen DR. THOMAS PFLÜGER
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Lenkungskreis, AG Open Access DR. EBERHARD PIETZSCH
Bibliothek, Universität Tübingen
AG Virtuelle Forschungsumgebungen DR. VEIT PROBST
Bibliothek, Universität Heidelberg AG Digitalisierung
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TEI L C
M I T G L I E D E R DE R E - SCIE NCE - AG
MATTHIAS RAZUM
FIZ Karlsruhe - Leibniz-Institut für Informationsstruktur AG Forschungsdatenmanagement PETER REMPIS
Bibliothek, Universität Tübingen
AG Forschungsdatenmanagement PROF. DR. ANDREAS REUTER
Heidelberger Institut für Theoretische Studien Lenkungskreis ATO RUPPERT
Bibliothek, Universität Freiburg AG Lizenzierung
PROF. DR. ERICH SCHELKLE
Automotive Simulation Center Stuttgart AG Virtuelle Forschungsumgebungen PROF. DR. HANS-JOCHEN SCHIEWER
Rektor, Universität Freiburg AG Open Access
PROF. DR. GERHARD SCHNEIDER
Rechenzentrum, Universität Freiburg,
Arbeitskreis der Leiter wissenschaftlicher Rechenzentren Baden-Württemberg Lenkungskreis, AG Forschungsdatenmanagement
FRANK SCHOLZE
Bibliothek, KIT
AG Virtuelle Forschungsumgebungen ASTRID SCHÖNSTEIN
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Lenkungskreis, AG Lizenzierung
114
E-SCIENCE
DR. MATTHIAS SCHULZE
Bibliothek, Universität Stuttgart
AG Forschungsdatenmanagement DR. CHRISTIANE SPARY
Bibliothek, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg AG Lizenzierung, AG Open Access PROF. DR. DIETER SPECK
Universitätsarchiv/Uniseum, Universität Freiburg AG Digitalisierung WALTER STEPHAN
Bibliothek, Universität Stuttgart,
AG der Direktoren wissenschaftlicher Bibliotheken Baden-Württemberg Lenkungskreis
PROF. DR. ACHIM STREIT
Steinbuch Computing Center, KIT AG Forschungsdatenmanagement
PROF. DR. HEINER STUCKENSCHMIDT
Institut für Informatik, Universität Mannheim AG Open Access
PROF. DR. THOMAS WALTER
Zentrum für Datenverarbeitung, Universität Tübingen AG Lizenzierung
DR. KARL-HEINZ WEBER
FIZ Karlsruhe - Leibniz-Institut für Informationsstruktur AG Virtuelle Forschungsumgebungen DR. ANDREAS WITT
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim AG Virtuelle Forschungsumgebungen
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M I T G L I E D E R DE R E - SCIE NCE - AG
STEFAN WOLF
Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg, Konstanz AG Digitalisierung
PROF. DR. VOLKER WULFMEYER
Institut für Physik und Meteorologie, Universität Hohenheim AG Forschungsdatenmanagement DR. REINER ZIEGLER
Haus des Dokumentarfilms Stuttgart AG Digitalisierung
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HERAUSGEBER:
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg www.mwk.baden-wuerttemberg.de
REDAKTIONELLE KOORDINATION:
Markus Klein GESTALTUNG:
Zimmermann Visuelle Kommunikation, Stuttgart DRUCK:
Offizin Scheufele, Stuttgart DRUCKLEGUNG:
Mai 2014 Diese Informationsschrift wird von der Landesregierung Baden-Württemberg im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch
von deren Kandidaten oder Helfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Missbräuchlich sind insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbe-
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Baden-Württemberg MINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND KUNST