Wie lange ist straflos noch straflos? - BDO Newsletter

03.02.2018 - Seit dem Jahre 2010 besteht im Schweizerischen Steuerrecht die Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige. Sind die diesbezüglichen ...
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STEUERN IM GRIFF

AIA – WIE LANGE IST STRAFLOS NOCH STRAFLOS?

Seit dem Jahre 2010 besteht im Schweizerischen Steuerrecht die Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige. Sind die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt, werden nur die Nachsteuern für die letzten zehn Jahre (inkl. Verzugszinsen) erhoben und eine Busse entfällt. Im Zusammenhang mit der Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) ist eine solche Selbstanzeige insbesondere für ausländische Vermögenswerte jedoch ab einem gewissen Zeitpunkt gar nicht mehr möglich. Die Praxis der Kantone ist unterschiedlich. Wir haben bei allen 26 Kantonen nachgefragt.

Die straflose Selbstanzeige im Grundsatz Steuerpflichtige Personen können aus eigenem Antrieb bisher unversteuerte Einkommens- und/oder Vermögenswerte der Steuerbehörde in Form einer Selbstanzeige nachmelden. Folgende Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein: • Die Anzeige erfolgt zum ersten Mal und aus eigenem Antrieb. • Die Hinterziehung darf im Zeitpunkt der Mitteilung durch die steuerpflichtige Person keiner schweizerischen Steuerbehörde bekannt gewesen sein. • Die steuerpflichtige Person muss das Steueramt bei der Feststellung der hinterzogenen Einkünfte und Vermögenswerte vorbehaltlos und aktiv unterstützen. Diese sind offen zu legen und die entsprechenden Belege einzureichen. • Die steuerpflichtige Person muss sich zudem ernsthaft um das Bezahlen der Nachsteuern und Zinsen bemühen. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, wird von einer Strafverfolgung abgesehen und es fällt keine Busse an. Diese beträgt in der Regel das Einfache der hinterzogenen Steuern. Ein Beispiel: Beträgt die hinterzogene Steuer beziehungsweise der nachzubezahlende Steuerbetrag 10‘000 Franken, würde sich der Bussenbetrag grundsätzlich ebenfalls auf 10‘000 Franken belaufen. Mit einer korrekten, den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Selbstanzeige kann die Busse vermieden werden.

AIA: Das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses Im Zusammenhang mit der Einführung des AIA sammelt die Schweiz seit dem 1. Januar 2017 Daten über Schweizer Finanzkonten von im Ausland wohnhaften Personen. Per 30. September 2018 werden die Informationen dann erstmals unter Ländern, welche sich dem AIA unterstellt haben, ausgetauscht. Ab 2019 werden knapp 50 weitere Staaten

«Der Kanton Schwyz ist der einzige Kanton in der Schweiz, welcher bereits heute keine straflose Selbstanzeige im Kontext des AIA mehr akzeptiert.» Tom Kaufmann, BDO

Autoren Tom Kaufmann dipl. Wirtschaftsprüfer, dipl. Steuerexperte Abteilung Steuern & Recht BDO AG, Luzern Tel. 041 368 13 63 [email protected] Sandro Di Giulio Treuhänder mit eidg. Fachausweis Abteilung Steuern & Recht BDO AG, Luzern Tel. 041 368 12 48 [email protected]

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dazukommen. Die Informationen über Finanzkonten von Schweizern im Ausland wie Personalien, Kontonummer und Kontostand, Zinsen, Dividenden sowie Erlöse aus der Veräusserung von Finanzvermögen etc., gelangen über die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) direkt an die zuständigen kantonalen oder kommunalen Steuerbehörden.

Wann endet der eigene Antrieb unter dem AIA? Damit eine Selbstanzeige als straflos qualifiziert und steuerlich akzeptiert wird, muss diese spontan und aus eigenem Antrieb erfolgen (vgl. Voraussetzungen oben). Zudem darf die Steuerhinterziehung bisher keiner schweizerischen Steuerbehörde bekannt gewesen sein. Mit Inkraftsetzung der Schweizer AIAAbkommen per 1. Januar 2017 und 2018 dürfte es jedoch als sehr wahrscheinlich gelten, dass die Steuerbehörde von den bisher verheimlichten ausländischen Finanzkonten ohnehin Kenntnis erhält. Die im 2017 gesammelten Daten werden allerdings erst im Folgejahr ausgetauscht, womit die Steuerbehörde effektiv erst per 30. September 2018 beziehungsweise 30. September 2019 von den nicht deklarierten Daten Kenntnis erhält. Es ist in diesem Zusammenhang deshalb fraglich, ob beziehungsweise ab wann eine Selbstanzeige tatsächlich noch aus eigenem Antrieb, oder nur um der drohenden Entdeckung zuvorzukommen, erfolgt. Deshalb sind folgende Stichtage für das Ende einer straflosen Selbstanzeige denkbar:

1. Januar 2017*

Die grosse Unbekannte ist nun: Welcher Zeitpunkt beendet die Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige?

Föderalismus auch bei der letzten Frist für die Selbstanzeige Mit der Publikation «Auswirkungen des AIA auf Selbstanzeigen» vom 15. September 2017 geht die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) davon aus, dass der Abruf ausländischer Meldungen über Schweizer Steuerpflichtige erstmals ab dem 30. September 2018 erfolgt. Die ESTV vertritt deshalb die Haltung, dass die Behördenkenntnis für die dem AIA unterliegenden Steuerfaktoren spätestens ab dem 30. September 2018 gegeben ist, so dass eine Selbstanzeige ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus eigenem Antrieb erfolgt. Für später abgeschlossene Abkommen gilt dies analog: Ab dem 30. September des Jahres, in welchem der diesbezügliche Datenaustausch erstmals stattfindet, ist eine Selbstanzeige nicht mehr zulässig. Die Beurteilung, ob eine Selbstanzeige die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, obliegt jedoch jeweils der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung. Wir haben bei den Kantonen nachgefragt, bis zu welchem Datum eine solche straflose Selbstanzeige für dem AIA unterliegende Steuerfaktoren noch als «aus eigenem Antrieb erfolgt» qualifiziert und steuerlich zugelassen wird. Die entsprechenden Fristen und Praxishandhabungen (Stand Januar 2018) sind in der Landeskarte ersichtlich.

1. Januar 2018

30. September 2018

bei effektiver Entdeckung?

* Zeitachse für Abkommen mit Staaten, welche ab 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt worden sind. Für die Abkommen mit Inkraftsetzung 1. Januar 2018 gilt die Zeitachse analog jedoch zuzüglich eines Kalenderjahres.

SH TG

BS BL

JU

AG

SO LU NE

VD

BE

ZH

AI

SG

ZG SZ

NW OW UR

GL GR

FR

TI GE

AR

VS

30.09.2018 31.12.2016 noch keine Praxis bis zur effektiven Abrufung der Daten tatsächliche Entdeckung der Hinterziehung bzw. Abgleich mit dem Steuerdossier

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Infolge der unterschiedlichen Fristen bezüglich der letztmaligen Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige, ist folgende Konstellation denkbar: Herr A hat Immobilien und Vermögenswerte in Italien, welche in der Schweiz nicht deklariert sind. Herr A hat den Wohnsitz im Kanton Zug, besitzt jedoch im Kanton Schwyz ein im Privatvermögen gehaltenes Mehrfamilienhaus, welches er vermietet. Im Kanton Zug ist eine straflose Selbstanzeige bezüglich der italienischen Vermögenswerte und allfälliger Einnahmen bis zum 30. September 2018 möglich, währendem im Kanton Schwyz gemäss gängiger Praxis bereits heute eine solche nicht mehr zugelassen wird.

AIA - WIE LANGE IST STRAFLOS NOCH STRAFLOS?

Schlussfolgerung Eine Bereinigung bisher unversteuerter Vermögen mittels Selbstanzeige ist dringend zu empfehlen, bedarf jedoch im Vorfeld genauer Prüfung und Analyse. Die Aufarbeitung der unversteuerten Vermögenswerte und/oder Einkommen und die entsprechenden steuerlichen Auswirkungen können je nach Konstellation komplex sein und müssen im Einzelfall beurteilt werden. Den kantonal unterschiedlichen Fristen und Gegebenheiten kommen grosse Bedeutung zu. Es empfiehlt sich frühzeitig zu reagieren, um die Nachmeldung aufzuarbeiten, zu koordinieren und termingerecht einzureichen.

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