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gung des Bildrasters und errechnet daraus, wie stark der Sportler beschleunigen oder verlangsamen muss. Programmiert wurde die Anwendung von Vanija. Die Produktion solcher Gadgets ist sehr aufwändig: So musste Dave Dollé für das Titelblatt nicht nur fotografiert, sondern auch vor einem Greenscreen gefilmt werden. Je komplexer AR-Anwendungen sind, desto klarer und ausgeklügelter muss das Konzept sein, das dahintersteht.
Halten, drehen, Häuschen bauen: eines der Das-kannnur-ein-Inserat-Sujets vor der Kamera.
Neue weite Welt QR-Codes, Kooaba-Bilderkennung, Augmented Reality – sagt Ihnen das was? Die drei Technologien ermöglichen es zum Beispiel, direkt über ein Plakat oder Inserat Konzertkarten zu bestellen, die Wohnung probeweise mit virtuellen Möbeln einzurichten oder vor den Augen des Betrachters aus einem Backstein ein 3D-Haus wachsen zu lassen. Cool! Wie «erweiterte Realität» funktioniert und was sie bringt, ist aber längst noch nicht Allgemeingut. Die Werbewoche hat in Erfahrung gebracht, was geht und was kommt.
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ie laufen durch den Hauptbahnhof und sehen ein Plakat, das für das nächste Konzert Ihrer Lieblingsband wirbt. Wow! Gibts noch Karten? Schnell fotografieren Sie das Sujet mit der Applikation Kooaba und wissen binnen Sekunden, dass es noch Billette gibt, dass das Wetter am Veranstaltungstag schön sein wird und dass Sie nur fünfzehn Minuten brauchen, um von daheim zum Veranstaltungsort zu kommen. Tipptopp – und schon ist die Karte gekauft. Was in Japan und China schon seit Ende der 1990erJahre Alltag ist und in den USA und Kanada immerhin seit einigen Jahren gängig, ist in der Schweiz gerade erst im Kommen: Smart-Ads und Augmented Reality (AR). Anzeigen und Plakate werden mit Hintergrundinformationen oder Buchungstools hinterlegt, über die man sofort hier und jetzt Tickets buchen, eine Probefahrt mit einem neuen Automodell vereinbaren, an einem Gewinnspiel teilnehmen oder sich errechnen lassen kann, ob man mit der beworbenen Versicherung nicht günstiger fahren würde als mit der derzeitigen. Drei Technologien ermöglichen es derzeit, solche Zusatzinformationen hinter Bilddaten bereitzustellen: der Klassiker Quick-Response-Code (QR-Code), der Herausforderer, die Bilderkennungs-Software Kooaba, und der neueste Trend, AR mit Bilderkennung.
Das hässliche Kästchen Hier zu Lande entdeckt man QR-Codes vereinzelt seit etwa drei Jahren. Die schwarz-weissen Kästchenbilder sind eine weiterentwickelte Form des Barcodes. Sie kodieren Informationen wie URL und Telefonnummern. Wer einen QR-Code entschlüsseln will, braucht auf seinem Handy nur eine Software, die kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Bei vielen Handys ist die Entschlüsselungs-Software sogar bereits einprogrammiert. Wird der Code fotografiert, stellt die Software die hinterlegten Daten, zum Beispiel einen Link oder einen SMS-Text, sofort bereit. Der Nutzer muss dafür nicht online sein. Weil QR-Codes mit der Freeware für jedermann entschlüsselbar sind, werden sie als «offene Taggs» bezeichnet – entgegen verschlüsselten Beetaggs, die für B2B-Anwendungen gebraucht werden. Leider sind QR-Codes nicht besonders attraktiv. «Das könnte mit ein Grund dafür sein, warum sie sich bisher nicht durchgesetzt haben», mutmasst Bruno Mettler, Gründer und Geschäftsführer der Zürcher Agentur für interaktive Erlebnisse, Vanija. «Wer Hochglanz einen neuen Audi promotet, will keinen Fremdkörper auf seinem Plakat sehen.» Die Below-the-Line-Agentur Streuplan star-
tete schon 2008 eine erste Kampagne mit QR-Codes. Der Erfolg allerdings blieb aus. «Der Rücklauf war beängstigend gering», sagt Geschäftsführer Thomas Back, «und das, obwohl wir eine junge, technologieaffine Zielgruppe ansprachen und ein Gewinn ausgeschrieben war. QR-Codes haben drei Schwachstellen: Der Nutzer muss eine Software herunterladen, man muss ihm den Mechanismus erklären und MMS sind teuer.» Wahrscheinlich war Streuplan der Zeit einfach zu weit voraus. Nach der Bauchlandung entschied sich Back gegen weitere Versuche mit QR-Codes. Weitaus einfacher, die neuen Technologien attraktiv zu finden, macht es einem die Bilderkennungs-Software Kooaba, die von einem Spin-off der ETH Zürich entwickelt wurde. Wer Werbung oder redaktionelle Beiträge mit Hilfe dieser Software unterfüttert, muss sie nicht mit einem hässlichen Code verunzieren. Lediglich ein kleines Icon in Form einer Linse verrät, dass den Betrachter hinter Sujet oder Artikel noch etwas erwartet. Wer sehen will, was dahintersteckt, muss Kooaba auf seinem Smartphone haben. Fotografiert er dann ein Sujet oder einen Zeitungsartikel, erhält er ohne einen weiteren Zwischenschritt direkt auf sein Display die Informationen, die in der Kooaba-Datenbank zum Bild hinterlegt sind. Das können weiterführende Links
Bilder: Vanija
Die Schweiz als Trendsetter
sein, zusätzliche Fotos zu einer Reportage, ein Gewinnspiel oder ein Bestelltool. Kooaba wird durch die weite Verbreitung von Smartphones gepusht. «Mit den neuen Smartphones geht die Nutzung des Internets nicht nur einfach und schnell, sie ist in den meisten Verträgen auch bereits durch eine Pauschale abgegolten», sagt Bruno Mettler. «Wer ohne Flatrate drei Franken pro Minute bezahlen muss, um per QR-Code Zusatzinformationen zu erhalten, schaut lieber daheim im Internet nach. Wenn es aber nichts kostet, rasch ein Sujet zu fotografieren und so weitere Infos zu erhalten, nutzt man den Service gern. Letztes Jahr hätte ich Kooaba nicht unbedingt empfohlen. Heute sind Smartphones, vor allem iPhones, so verbreitet, dass man die Technologie bei bestimmten Zielgruppen sehr gut einsetzen kann.» Auch Thomas Back von Streuplan räumt Kooaba gute Chancen ein: «Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit einer tollen Frau in einem Gourmetrestaurant. Die Flasche Wein kommt, die Dame verschwindet aufs WC. Sie fotografieren das Etikett der Weinflasche und können dann mit breitem Wissen über den Wein punkten.» In der Tat entfaltet Kooaba sein Potenzial vor allem in alltäglichen Situationen. QR-Codes und Kooaba liefern Zusatzinformationen zu Bilddaten. Augmented Reality geht noch einen Schritt weiter: Sie ergänzt die Realität um eine zusätzliche Dimension. Für AR-Anwendungen benötigt man eine Kamera, entweder im Smartphone oder am Computer. Sie macht ein Live-Videobild von dem Sujet, das vor die Kamera gehalten wird. Eine Software erstellt dann ein Raster des zweidimensionalen Bildes und errechnet daraus die zwei- oder dreidimensionale Darstellung des Abgebildeten. Ein Beispiel: Die aktuelle Ausgabe des Credit-SuisseKundenmagazins Bulletin dreht sich um das Thema Bewegung. Das Titelbild zeigt den ehemaligen Schweizer Leichtathleten Dave Dollé auf einem Laufband. Hält man die Seite vor die Kamera, joggt Dollé auf dem Magazin. Kippt man das Heft nach links oder rechts, «spürt» der Läufer das entstandene Gefälle oder die Steigung und läuft schneller oder langsamer. Wie geht das? Die Software erkennt die Nei-
International sind bereits Lego, Shiseido, Adidas, Nike, Audi, Mini und BMW mit AR-Kampagnen und -Anwendungen aufgefallen. Bei Lego kann man sich am Point of Sale den Verpackungsinhalt anschauen, Shiseido ermöglicht eine Schminksitzung am Bildschirm, damit Frau erstmal sieht, wie Tusche, Rouge und Co. wirken, bevor sie einkauft. In der Schweiz sieht man seit Anfang des Jahres verstärkt redaktionelle Beiträge, Anzeigen und Plakate, bei denen ein QR-Code oder das Kooaba-Icon verraten, dass Artikel oder Sujet allein noch nicht alles sind. Damit liegt die Schweiz gegen China, Japan und Amerika zwar um Längen zurück, ist europaweit aber Vorreiter beim Einsatz der neuen Technologien. Das liegt vor allem daran, dass in der Schweiz Smartphones, die man für die Nutzung von QR-Codes und Kooaba braucht, sehr weit verbreitet sind: Rund 15 Prozent der Schweizer nutzen ein iPhone, in Deutschland hat gerade mal jeder Zwanzigste eines. Eine perfekte Grundlage für die Schweiz, Vorreiter in der Anwendung von AR-Technologien zu werden. In der Schweizer Werbe- und Kommunikationsbranche ist der Verband Schweizer Presse der Augmented-Reality-Pionier. Der Verband lancierte Anfang des Jahres die erste Schweizer Kampagne, die alle drei Technologien einsetzt. Wer die von Contexta-Grafiker Manuel Rohrer kreierten Sujets der Das-kann-nur-ein-Inserat-Kampagne fotografiert oder vor die Webcam hält, den erwartet eine Überraschung: Aus einem Backstein wird ein dreidimensionales Haus, aus einem Ei ein Dinosaurier. Damit transportiert der Verband, dass «Grosses mit einem Inserat beginnt». Einen weiteren Mehrwert als diese Erkenntnis bieten die Sujets nicht – doch im Rückblick wirken erste Schritte immer ungenügend. «Der Verband Schweizer Presse hat durch den Einsatz der drei Technologien sehr viel Mut bewiesen», betont Bruno Mettler. «Insbesondere Kooaba und AR sind noch sehr junge Technologien, die erst im Kommen sind. Die Kampagne des Verbands ist die erste und grösste weltweit, die diese Art von Technologien so breit nutzt.» Bei der nächsten Ausschreibung von Das-kann-nur-ein-Inserat will der Verband noch einen grossen Schritt weiter sein. Toni Vetterli, Leiter Marketing des Verbands Schweizer Presse: «Bei den neuen, angepassten Ausschreibungen für den Wettbewerb 2011 werden wir die Überwindung des Medienbruchs, zum Beispiel durch die drei verschiedenen
Technologien, in den Vordergrund stellen. Dass Plakate und Inserate das Potenzial haben, Handlungen auszulösen, ist ja das Kernthema unseres Wettbewerbs. QR-Codes, Kooaba und AR unterstützen diese Botschaft perfekt.» Die Entwicklung der letzten Monate zeigt einen klaren Trend: Von einer anfänglichen Spielerei haben sich Smart-Ads und AR längst zu einer guten Möglichkeit entwickelt, Kunden und Konsumenten echten Mehrwert zu bieten und sich von Mitbewerbern abzugrenzen. Werbung wird zum Service. Vieles ist zwar noch Zukunftsmusik, aber die kann man bereits gut hören. Hansres Emch, Key-AccountManager bei LD-Media, ist sich sicher: «Optische Taggs haben grosses Potenzial. Ein Inserat, das nicht dialogisiert ist, ein Plakat, das nicht interaktiv ist, hat in Zukunft keine Chance.»
Erweiterung der Wirklichkeit Das hat auch Publicitas Publimedia erkannt. Das Unternehmen bietet seinen Kunden seit Juni kooabasierte Printanzeigen an. «Print lebt. Printanzeigen erhalten eine neue Dimension», sagt Cesare Patella, Head of Media Service and Research bei Publicitas Publimedia. «Die Bedürfnisse national und überregional werbender Unternehmen gehen heute weit über die klassische Planung und Abwicklung hinaus. Heute sind vermehrt individuelle, zielgruppenspezifische Sonderwerbeformen gefragt. Mit Smart-Ads erweitern wir das bisherige Serviceangebot im Bereich Planung und Kampagnen-Handling und decken die heutigen Bedürfnisse der Werbeauftraggeber ab.» Zwar ist Publicitas Publimedia erst seit kurzer Zeit mit diesem Angebot am Markt, konnte aber bereits für einige Interessenten Konzepte erarbeiten. «Unser Angebot wird mit grossem Interesse verfolgt», sagt Patella. Sich neue Anwendungen für Kooaba und AR einfallen zu lassen, ist nicht schwierig. Doch weil fast jede Spielerei möglich ist, werden die Ideen schnell abenteuerlich. Deshalb gilt: Alles umzusetzen, was geht, war noch nie ein guter Rat. Insbesondere bei technischen Spielereien sollte die Frage nach dem Mehrwert, dem Nutzen, den der Konsument von der Realitätserweiterung hat, im Vordergrund stehen. Das sieht auch Patella so: «Smart-Ads lohnen sich für Produkt- und Servicekampagnen, die beim Konsumenten eine unmittelbare Aktion auslösen sollen. Dann erhöhen sie die Kontakt- und Response-Chancen. Zentrale Fragen sollten aber immer sein: Macht die Aktion Spass oder kann sie Spannung erzeugen? Bietet sie dem Nutzer einen echten Mehrwert? Was hat er davon, wenn er durch das Fotografieren eines Bildes zeigt, dass er Interesse an einem Produkt oder einer Dienstleistung hat?» Genauso muss der Mehrwert für den Werbeauftraggeber im Blick bleiben. Denn der will seine Kunden schliesslich nicht nur unterhalten, sondern in erster Linie Gewinn machen. «Auch dem Werbeauftraggeber bringen Smart-Ads Vorteile», betont Patella. «Er kann direkten Kontakt
Eventtipps 30. September, ab 10 Uhr: «Augmented Reality – Neue Technologien, neue Werbeformen», p-Forum der Publicitas Publimedia, Kino Arena Filmcity im Sihlcity, Zürich. www. publicitas-forum.com 17. November: Trendtagung Fach- & Spezialmedien des Verbands Schweizer Presse, Lake Side, Zürich. www. medieninstitut.ch
Weitere Infos www.das-kann-nur-eininserat.ch www.kooaba.com www.layar.com www.ld-media.ch www.namics.ch www.publicitas.ch www.schweizerpresse.ch www.streuplan.ch www.vanija.ch www.wikitude.org
Bild: Namics
online Unter Webcode -> 1410AR finden Sie mehrere Videoclips, die demonstrieren, wie Augmented Reality funktioniert und wie sie eingesetzt werden kann.
Schnell zusammengebaut: Der Lego-Flieger startet am POS.
Dave Dollé Beine machen: das interaktive Titelbild des CreditSuisse-Kundenmagazins Bulletin.
Gut möbliert: Mit der Atelier-Pfister-App kann man seine Wohnung auf Probe einrichten.
Service im Vorübergehen: Infos und Kinokarten auf offener Strasse.
Spieltrieb: Vor die Webcam halten und spielen ...
Probieren Sie es aus: Halten Sie Jürg Stukers Visitenkarte vor die Webcam und staunen Sie, was in einem Kärtchen alles stecken kann.
Guxstu: Für einmal hat Dominik Ruckli seinen Chef, Namics-CEO Jürg Stuker, in der Hand.
Weitere Demos: Atelier Pfister: http://bit.ly/bUBFfe Bulletin: http://bit.ly/bYDrOh Kooaba: http://bit.ly/c7mNaT Namics: http://bit.ly/9cXn7a
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werbewoche 14 | 26.08.2010
zur Zielgruppe aufnehmen, Aktionsmöglichkeiten individuell definieren, den Response messen, Kundendaten generieren und marketingstrategische Erkenntnisse gewinnen. So wandeln sich Kontaktchancen in echte Kunden-Response-Raten.»
Zwischen Spielerei und Mehrwert Weltweit stehen Kooaba und AR noch ganz am Anfang – und noch ist der Übergang vom Gadget für Freaks zur sinnvollen Erweiterung fliessend. Auf welche Seite die interaktive Visitenkarte gehört, mit der die Agentur Namics erste Gehversuche in der erweiterten Realität macht, sei dem persönlichen Urteil überlassen: Hält man die Visitenkarte des NamicsCEO Jürg Stuker vor die Webcam, hat man auf einmal den Chef höchstpersönlich auf der Hand stehen. «Klar ist die Visitenkarte im Moment noch eine Spielerei», sagt Dominik Ruckli, Junior Art Director bei Namics und Initiator der Idee. «Für uns ist sie vor allem ein Marketinginstrument. Wir wollen einen Fuss in die Tür der AR setzen und zeigen, dass wir das können. So erzeugen wir einen Wow-Effekt, der in den Köpfen hängenbleibt.» «Derzeit werden Technologien gepusht, obwohl relevante Inhalte noch nicht ganz da sind», sagt Mettler über den Schweizer Status quo. «In Zukunft wird es noch wichtiger werden, ein klares Konzept zu haben und sinnvolle Daten zu hinterlegen, damit wirklich ein Mehrwert entsteht.» Genau dann wird Interaktivität spannend. Das Gratisblatt 20 Minuten beispielsweise setzt Kooaba regelmässig ein, um seine Leser mit weiteren Bildern oder Filmsequenzen zu Artikeln zu versorgen. Auch im Blick, der Weltwoche und der NZZ am Sonntag tauchen mehr und mehr Kooaba-Icons auf. «Alle Branchen, in denen es darum geht, Inhalte zur Verfügung zu stellen, müssen sich mit diesen Technologien auseinandersetzen», sagt Emch von LD-Media. «Kooaba bietet grosse Chancen für Print, für die Verpackungsbranche, aber auch zum Beispiel für Hersteller von Betriebsanleitungen.» LD-Media geht aber noch viel weiter. Denn auch jenseits von Werbung und Medien bieten die realitätserweiternden Technologien faszinierende Möglichkeiten: Emch und seine Kollegen haben eine Kartoffelstockverpackung kooabasiert, wie sie in jedem Supermarkt verkauft wird. Wer die Packung mit seinem Smartphone fotografiert, kann an einem Wettbewerb teilnehmen, bekommt Ernährungs- und Diabetikerinformationen zum Produkt sowie diverse Rezeptvorschläge direkt auf sein Handy. Komplett googlefrei. Wer eines der Rezepte auswählt, muss nur noch die Anzahl der zu bewirtenden Personen angeben und erhält einen entsprechend zusammengestellten Einkaufszettel. Ausserdem wird er von seinem Smartphone zu den Regalen geführt, in denen die Zutaten
liegen. «Die Verpackung wird zum Medium», sagt Emch. «Es ist aber wichtig, dass das Konzept stimmt, das hinter dem Einsatz von Kooaba und Taggs steht. Dazu gehört auch, dass immer kurz-, mittel- und langfristige Inhalte hinterlegt sind, damit eine dauerhafte Wirkung erzielt wird. Ich bezeichne diese Symbiose von Print mit mobilen Geräten als Informationskinetik.» Noch steht die von LD-Media «erweiterte» Kartoffelstockpackung nicht in den Läden. Aber allzu lange kann es wohl nicht mehr dauern, hofft Emch.
Der Alltag als Benutzeroberfläche Der Einsatz von Kooaba und AR ist in diversen Bereichen denkbar. Leidenschaftliche Stadterkunder wird wohl die folgende Idee begeistern: Sie stehen mitten in einer fremden Stadt und wollen wissen, ob in der Nähe ein Bus oder ein Tram fährt, wo ein Restaurant ist, der nächste Arzt oder das nächste Schuhgeschäft. Kein Problem. Ihr Handy registriert, wo Sie sich befinden, und versorgt Sie rasch mit den gewünschten Informationen. Wohlgemerkt: Kein Science-Fiction, sondern dank der Applikationen Wikitude und Layar längst Realität. Eine AR-Anwendung, die sich bereits nützlich macht, ist die Einrichtungsapplikation, die Vanija für Möbel Pfister programmiert hat. Wer seine Wohnstube neu gestalten möchte, fotografiert mit der iPhoneApp einfach den Raum, wählt die gewünschten Möbel aus und schiebt sie dann so lange im Zimmer herum, bis die Einrichtung gefällt. Das Atelier Pfister ist weltweit die erste iPhone-App dieser Art. Vorbei die Zeiten, in denen man einen Raum zur Probe mit massstabgetreuen Papierschnipselchen bestückte ...
Service in der dritten Dimension Auch in der Industrie gibt es spannende Einsatzbereiche für erweiterte Realität. Ebenfalls von Vanija stammt eine Applikation für den Bahnbauer Bombardier. Der Konzern hat einen Motor für Lokomotiven entwickelt, bei dem einzelne Teile modular entnommen und ausgewechselt werden können. So werden die Standzeiten reduziert. Die Ingenieure hatten Mühe, ihren Verkäufern zu erklären, wie der Motor funktioniert – und die Verkäufer wiederum taten sich schwer, potenziellen Kunden die ganze Sache plausibel zu machen. Nun müssen die Verkäufer nur noch eine Abbildung des Motors vor die Webcam halten und die Konstruktion baut sich dreidimensional vor den Augen des Interessenten zusammen. Man kann den Motor drehen und wenden, von allen Seiten und von innen betrachten. Für Bombardier hat sich die Investition von rund 40 000 Franken für das AR-Tool längst ausgezahlt. Für die Werbe- und Kommunikationsbranche steckt das grösste Potenzial derzeit sicher in Kooaba. Mainstream ist diese Technologie aber noch längst
nicht. «Den wichtigsten Anwendungsbereich für Kooaba sehe ich bei Plakaten», sagt Mettler. «Inserate kann man mit nach Hause nehmen und dort auch im Internet nachschauen, was einen interessiert. Plakate dagegen sind flüchtig. Man geht daran vorbei und kann die Informationen nicht mitnehmen, es sei denn, man schreibt sie sich auf. Einfacher ist es, das Plakat zu fotografieren und sofort alle Informationen zu erhalten, die man haben will, oder Tickets direkt zu buchen.» Plakate wie jene für das Orange-Openair-Kino am Zürichhorn sind prädestiniert für solche Anwendungen: gesehen, Programm und Wetter gecheckt, Karten bestellt. Die Informationen, die für diesen Service gebraucht werden, liegen alle bereits im Internet vor. Nur werden sie neuerdings durch die Uhrzeit und den aktuellen Standort des Users vorselektiert und in einer WebApplikation zusammengeführt, die für die Darstellung auf dem Smartphone optimiert ist. Smart-Ads und AR sind nicht die, aber sicher wichtige Werbeformen der Zukunft. Das meint auch Cesare Patella von Publicitas Publimedia: «Smart-Ads sind eine neuartige Technologie neben anderen, die auf den Markt kommen werden und Werbeauftraggeber vor neue, kreative Herausforderungen stellen. Aber die Richtung ist mit Smart-Ads vorgegeben. Angebot und Nachfrage werden sich näher kommen. Wir werden die smarten Werbeformen künftig auch im Rubrikenmarkt und in weiteren Bereichen anbieten.» In etwa drei, vier Jahren, schätzt Bruno Mettler, werden die meisten Plakate und Inserate mit Kooaba hinterlegt sein: «Kooaba taugt für einen flächendeckenden Einsatz in vielen Bereichen, um Usern schnell und unkompliziert Zusatzinformationen und Services bereitzustellen. Kooaba-Anwendungen sind weniger komplex und preisgünstiger als AR-Applikationen. AR eignet sich eher dafür, Produkte oder Dienstleistungen zu emotionalisieren und Konsumenten fein dosiert besondere spielerische Erlebnisse zu bieten, damit sie morgen noch wissen, was sie heute gesehen haben. Die Agenturen werden da mitziehen müssen. Ihre Kunden verlangen das.»
Anne-Friederike Wilhelm
20 Minuten für Comic-Liebhaber: Wer von Cartoons nicht genug bekommen kann, holt sich einfach mehr aufs Handy.
Werbung im Quadrat: Nur selten fügt sich ein QR-Code so harmonisch in ein Werbeplakat ein wie hier.
Störquadrat: Und sei er auch noch so mini – ein QR-Code ist fast immer unästhetisch.
Werbung sportlich: Die US-Open-Kollektion übers Smartphone ordern.
20 Minuten für Klatschtanten: Wer noch genauer wissen will, wie die Promis leben, fotografiert einfach den Artikel.