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Neue Wege über Online-Kommunikation. Neue Plattformen und Anwendungen der Online- ... Spenden, nicht-monetäre Belohnungen wie kleinere. Geschenke ...
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Schweizerisches Institut für Entrepreneurship (SIFE) Schwerpunkt Gründung und Wachstum

Short Paper Serie 2014-01

Warum crowd-basiertes Innovationsmanagement dem Tourismus neue Chancen eröffnet Michael Beier und Kerstin Wagner, HTW Chur Der Schweizer Tourismus steht vor erheblichen Herausforderungen bei der Aufgabe, über Kooperationen neue Angebote zu entwickeln und seine Leistungen zu verbessern. Crowdsourcing und Crowdfunding eröffnen nicht nur touristischen Einzelakteuren neue Möglichkeiten. Vielmehr bieten sie touristischen Dachorganisationen mächtige Tools, strategiekonforme und marktnahe Innovationsprojekte und -kooperationen zu initiieren und notwendige Netzwerkentwicklungen anzustossen.

chen, wird es möglich sein, die Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusregionen aufrecht zu erhalten bzw. zu steigern (Bieger 2005). Dabei ergeben sich allerdings auch auf der Nachfrageseite neue Herausforderungen im Tourismus. So stellt sich diese aktuell als gesättigter Markt dar mit Produkten, die von potentiellen Kunden weltweit verglichen und ausgewählt werden können. Eine weitere Herausforderung bei der Realisierung von Innovationen ist die generelle Finanzschwäche in der Branche. Viele touristische Leistungsträger haben aufgrund der Veränderungen im Markt, aber auch durch veränderte Finanzierungs- und Kreditmodalitäten schlichtweg nicht die Mittel, umfangreiche Budgets für neue Projekte bereitzustellen.

Der Schweizer Tourismus steht seit einigen Jahren vor grossen Herausforderungen. Externe Einflussfaktoren wie die Wirtschaftskrise, neue Technologien, verstärkte Konkurrenz durch sinkende Distanzkosten und neue Destinationen im Ausland haben zu einer veränderten Nachfrage geführt. Aus diesen Gründen ist es für Destinationen und touristische Akteure von grosser Bedeutung, sich mit neuen Ideen sowie innovativen Produkten und Dienstleistungen zu positionieren.

Neue Wege über Online-Kommunikation Neue Plattformen und Anwendungen der OnlineKommunikation bieten seit einiger Zeit auch Möglichkeiten der Vernetzung zwischen Organisationen, Akteuren und Stakeholdern. Dies ermöglicht unter anderem auch „Crowdsourcing“: das Beziehen von Informationen und Leistungen aus einer Menge an potentiellen Unterstützern über das Internet. Generell bezieht sich das „Sourcing“ auf jegliche Ressourcen, die über eine Internetplattform erfragt werden können. Im Bereich der Ideengenerierung wird diese Form der Einbindung der Öffentlichkeit in Innovationsprozesse von Organisationen und Akteuren im Tourismus bereits erfolgreich umgesetzt (Hinterholzer/Jooss 2013). Dies kann über Ideenwettbewerbe in Online-Communities oder über spezielle Crowdsourcing-Plattformen erfolgen. Auf diese Weise können Leistungsträger bereits Ideen und Informationen aus einer Online-Community generieren. Was dabei allerdings bisher fehlt, sind dann konkrete Ansatzpunkte für die Umsetzung solcher Ideen und das notwendige Geld dafür. Eine Form des Crowdsourcings, bei der vor allem die Bereitstellung von Finanzmitteln über die Crowd im Vordergrund steht, ist das sogenannte „Crowdfunding“. So erscheint es recht vielversprechend auch diese Form des Crowdsourcings mit in den Innovationsprozess einzubinden.

Neben dem externen Druck auf die Innovationsfähigkeit der Branche steht der Schweizer Tourismus auch vor erheblichen internen Herausforderungen, die eben diese geforderte Innovationsfähigkeit massiv einschränken. Die Leistungserbringung im Tourismus erfolgt innerhalb komplexer Netzwerke aus Leistungsträgern, die einerseits lokal konkurrieren und andererseits kollektiv die Qualität der Reiseerfahrung für die Gäste erbringen. Obwohl die Notwendigkeit, Kooperationen einzugehen, offensichtlich ist, erschwert eine komplexe Gemengelage verschiedenster Beziehungen aus Kooperation, Wettbewerb, Beteiligung, (mikro-) politischer Einflussnahme und strategischer Koordination die Realisierung von notwendigen Innovationen im Schweizer Tourismus. Innovation als Kernaufgabe von Dachorganisationen Vor diesem Hintergrund ist die Förderung von Innovationen eine der Kernaufgaben von Dachorganisationen (z.B. im Destinationsmanagement). Nur durch die Entwicklung von innovativen Leistungen und Prozessen, die den aktuellen Kundenbedürfnissen entspre-

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Crowdfunding für innovative Einzelprojekte

rene Personen, die eine Innovation in ihrem Netzwerk aus engen und vertrauten Partnern implementieren und kommerzialisieren (Exploitation) (Brooker/Joppe 2014).

Beim Crowdfunding werden entweder auf einer eigenen Internetseite oder aber über spezielle Crowdfunding-Plattformen Projektvorhaben beschrieben, dazu notwendige Geldmittel erfragt und mögliche Gegenleistungen angeboten. Dabei können die Gegenleistungen, die den Geldgebern angeboten werden, reine Spenden, nicht-monetäre Belohnungen wie kleinere Geschenke oder das Produkt bzw. die Dienstleistung selbst sein (es geht hier explizit nicht um Unternehmensbeteiligungen wie im „Crowdinvesting“). Auch in der Schweiz haben sich mit den beiden dominanten Plattformen 100 Days und Wemakeit („we make it“) Crowdfunding-Modelle etabliert, die auf Spenden, nicht-monetäre Gegenleistungen oder Vor-Verkauf der Produkte setzen.

Um diese Chancen für die Ideengenerierung und deren Umsetzung bestmöglich auszuschöpfen, ist ein Ansatz erforderlich, bei dem die Handlungen der Akteure im Netzwerk moderiert werden, um eine bessere Koordination im Netzwerk zu erreichen und eine Entwicklung anzustossen, die auf die strategischen Ziele des gesamten Netzwerks (z.B. einer Destination) ausgerichtet ist. Ein gangbarer Weg zur Unterstützung der Netzwerkentwicklung wäre hier, Kooperationen zwischen einzelnen Akteuren anzuregen, da diese die initialen Startpunkte für eine dynamische Netzwerkentwicklung darstellen. Gerade im Tourismus hat sich gezeigt, dass derartige Kooperationen bereits positive Effekte auf die Entwicklung von Destinationen zeigen (Zach/Racherla 2011).

Erste Befunde deuten bereits ein immenses Potential für Anwendungen von Crowdfunding-Kampagnen von Unternehmen an (Beier/Früh/Wagner 2014). So lassen sich über Crowdfunding Kampagnen beispielsweise Ideen am Markt testen bevor sie realisiert werden, Leistungen wie Events vorfinanzieren sowie MarketingEffekte insbesondere in Bezug auf Bekanntheit, Image und Online-Reichweite erzielen. Aus diesen Gründen scheint die Abfolge von Crowdsourcing und Crowdfunding als sehr gut geeignet, um Ideen zu generieren, Projekte zu definieren und zusätzliche externe Finanzierungen dafür zu generieren. Zunächst erschliessen sich hier Möglichkeiten für jeden einzelnen touristischen Leistungsträger, um für eigene Projekte wie Anschaffungen, Renovationen, Ausbau oder bestimmte Leistungserbringungen externe Finanzquellen zu erhalten. So sind in der Praxis von einzelnen Leistungsträgern auch schon erste touristische Projekte in den Bereichen Hotellerie, Gastronomie, Landwirtschaft und Events erfolgreich über Crowdfunding finanziert worden.

In diesen Überlegungen liegen die Wurzeln eines neuen Gestaltungsansatzes, wie touristische Dachorganisationen wie beispielsweise Destinationsorganisationen solche Innovationsnetzwerke entwickeln und managen können. Crowd-basiertes Innovationsmanagement Die kombinierten Ansätze aus Crowdsourcing und Crowdfunding bieten touristischen Dachorganisationen die Chance, strategiekonforme und marktnahe Innovationsprojekte und -kooperationen in ihren Netzwerken zu initiieren und die notwendige Startfinanzierung bei der Crowd zu erfragen. Die wohlkoordinierte Begleitung derartiger Innovationsprojekte ermöglicht es Dachorganisationen, ein netzwerkbasiertes Innovationsmanagement zu entwickeln. Konkret heisst das, neben den Inhalten (Ideen und Projekte) muss auch die Steuerung und Moderation der Akteure (Leistungsträger und Stakeholder) in der Dachorganisation sowie deren Beziehungs-Netzwerke mit integriert werden. Gelingt es den touristischen Dachorganisationen Ideen, Projekte, Akteure und Beziehungen valide zu erfassen, ermöglicht dies die Entwicklung und Anwendung eines crowd-basierten Innovationsmanagementsystems.

Steuerung von Kooperationen in Netzwerken Es zeigt sich jedoch, dass die Generierung von Ideen oftmals von anderen Akteurstypen in anderen Netzwerkkonstellationen ausgeführt wird als die Umsetzung bzw. Kommerzialisierung von Ideen. Während die Entstehung von Ideen eher von kreativen, vielseitigen Menschen eingebunden in grosse Netzwerke aus losen und inhaltlich offenen Beziehungen erfolgt (Exploration), erfordert die Umsetzung und Kommerzialisierung vornehmlich unternehmerisch ausgebildete und erfah-

Die positiven Effekte, die sich durch die Förderung und Steuerung der Kooperationen in einem crowdbasierten Innovationsmanagement ergeben, gehen weit über die realisierten Einzelinitiativen hinaus und

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beziehen sich vor allem auf die Entwicklung nachhaltiger Netzwerke, in welchen sowohl die Inhalte als auch die Kooperationen in den Projekten im Rahmen der strategischen Ausrichtung der Destinationen koordiniert werden. Im Rahmen eines aktuell bewilligten KTIProjekts wird mit mehreren touristischen Dachorganisationen eben dieser Ansatz entwickelt und umgesetzt.

Bieger, T. (2005): Management von Destinationen. 6. Auflage, Oldenbourg, München. Brooker, E. / Joppe, M. (2014): Developing a Tourism Innovation Typology: Leveraging Liminal Insights. Journal of Travel Research, 53(4): 500-508. Hinterholzer, T. /Jooss, M. (2013): Social Media Marketing und –Management im Tourismus, Springer, Berlin u.a. Zach, F. / Racherla, P. (2011): Assessing the Value of Collaborations in Tourism Networks: A Case Study of Elkhart County, Indiana. Journal of Travel and Tourism Marketing, 28(1): 97-110.

Literaturnachweise Beier, M. / Früh, S. / Wagner, K. (2014): Crowdfunding für Unternehmen - Plattformen, Projekte und Erfolgsfaktoren in der Schweiz. SSRN Electronic Journal: http://ssrn.com/abstract=2430147

Autoren: Dr. Michael Beier Senior Researcher am Schweizerischen Institut für Entrepreneurship (SIFE), HTW Chur E-Mail: [email protected] XING: https://www.xing.com/profile/Michael_Beier10 Web: www.michaelbeier.org

Prof. Dr. Kerstin Wagner Leiterin Kompetenzschwerpunkt Gründung und Wachstum im Schweizerischen Institut für Entrepreneurship (SIFE), HTW Chur E-Mail: [email protected] XING: https://www.xing.com/profile/Kerstin_Wagner13

Weitere Informationen und Veröffentlichungen unter: http://bit.ly/SIFE_GW

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