Voraussichtliche demografische Entwicklung der Stadt Gera und der ...

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Planung braucht

Otto-Dix-Stadt Gera Projektgruppe ISEK Gera 2030 Arbeitsinformation Mai 2012

Horizontwechsel

Mitglieder der Arbeitsgruppen Gesamtstadt, Wirtschaft, Stadtzentrum, Kommunale Sozialplanung

Stadtentwicklung im Dialog

Voraussichtliche demografische Entwicklung der Stadt Gera und der umgebenden Landkreise bis 2030 Die Stadt Gera befand sich bis 1988 in einer über Jahrhunderte ungebrochenen Entwicklung stetigen Wachstums der Bevölkerung und der Wirtschaftsleistung. Dies war gekoppelt an die Bedeutung der Stadt Gera als Industriestadt, Residenz- und später Bezirkshauptstadt. Die Phase des WismutBergbaus nach dem 2. Weltkrieg bis auslaufend in die 1990er Jahre hat der Stadt nochmals einen Schub in Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft gegenüber dem regionalen Umland gebracht.

Geburten , Todesfälle

Bevölkerungsentwicklung seit 1953 - Hauptwohnsitze

Einwohner

1988, maximale Einwohnerzahl

2000

140000

1750

130000

1500

120000

1250

110000

Eingemeindungen Gebietsreform 1994

1000 750 500 250

100000 90000

Bergarbeitersiedlung Bieblach

Plattenbaugebiet Gera Lusan

Plattenbaugebiet Bieblach Ost

0

80000 70000 60000

1953 1955 195719591961196319651967 19691971 19731975197719791981 1983198519871989 199119931995 199719992001200320052007 20092011

Bevölkerungsentwicklung nach Gebietsreform Bevölkerungsentwicklung vor Gebietsreform (ohne Eingemeindungen ab 1994) Geburten Quellen: Stadt Gera und Thüringer Landesamt für Statistik Darstellung: Stadt Gera Todesfälle

Abbildung 1:Bevölkerungsentwicklung 1953 bis Gegenwart im Verhältnis zu Geburten und Sterbefällen

Der Zuzug insbesondere junger Fachkräfte und Familien vom Lande und aus kleineren Städten in dieser Zeit überdeckte einen demografischen Prozess, der, wie in ganz Mitteleuropa, seit mehr als 100 Jahren die durchschnittliche Zahl der Geburten je Familie weit unter das notwendige Maß der einfachen Reproduktion der Bevölkerung (durchschnittlich 2,1 Kinder/Familie) absenkte. Die unmittelbare soziale Absicherung der Familien erfolgt nicht mehr über eine große Kinderzahl. Zunehmend setzten materielle Sozialsysteme, eine bessere Gesundheitsversorgung sowie das gängige Idealbild von Flexibilität und Mobilität bei der Arbeitsplatzwahl andere Anreize im Sozialverhalten. Während das Bevölkerungswachstum einiger weniger großer Metropolen und Ballungsräume in Deutschland und Europa sich nach diesem Muster fortentwickelt, stehen viele Städte in der Größe Geras vor der Aufgabe, die extensiven Erweiterungen in den städtischen Siedlungsstrukturen wieder auf eine wirtschaftlich vernünftige Größe zurückzuführen. Es steht die Frage, ob und auf welchem Niveau dieser Schrumpfungsprozess zu konsolidieren ist. Die langfristige Annahme einer ungebremst negativen Entwicklung scheint ebenso wenig realistisch, wie das Festhalten an Zielen, in absehbarer Zeit zu alter Größe zurückzukehren.

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Vorausberechnungen für Bevölkerung: Für die Stadt Gera liegen auf Basis der Jahresenddaten 2008 für die Bevölkerung gesamtstädtisch Vorausberechungen des Landes bis 2030 aus der 12. koordinierten Vorausberechnung (kBV) vor und auf der kleinräumigen Ebene für 10 Prognoseräume des Stadtgebiets bis einschließlich 2040 aus einer Eigenrechungen der Stadt. Dazu gibt es noch eine kleinräumige Haushalteprognose ebenfalls aus der Eigenrechnung. Im Folgenden werden die Aussagen bezogen auf den Zeitpunkt 2030 – dem Planungshorizont des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes - ins Verhältnis gesetzt und kommentiert.

Abbildung 2: Bevölkerungsprognose Gera im Vergleich zur Bevölkerungsentwicklung ausgewählter Thüringer Städte und der umgebenden Landkreise – Horizont 2030

Aus der Abbildung oben ist ersichtlich, dass sich der negative demografische Trend aus der Vorausberechnung der 12.KBV auch nach dem Jahr 2020 für die meisten Thüringer Landkreise und Städte - auch in Gera - fortsetzten wird. Das gilt auch für die benachbarten Landkreise im Einzugsbereich der Stadt Gera. Die Universitätsstädte Jena und Weimar sind dagegen Beispiele der wenigen Thüringer Gebietskörperschaften mit fortgesetzt steigenden Einwohnerzahlen. Während der Mittelwert der Geraer Bevölkerungsprognose ähnlich zu den Feststellungen der 11. und 12 KBV des Landes Thüringen steht, wurde ein rechnerisch ungünstiges Szenario und ein eher positives Konsolidierungsszenario gegenübergestellt. Mit dem rechnerischen Mittelwertsverlauf und dem ungünstigen Szenario würden sich die Einwohnerzahlen von Gera und Weimar zwischen den Jahren 2030 bis 2035 aufeinander zu entwickeln. Rein größenmäßig wären dann beides in absehbarer Zeit vergleichbare Städte, die sich fortgesetzt in gegenläufige Richtung bewegen. Dies ist für Gera keine unwidersprochen hinnehmbare Aussage, dem naturgegeben nichts entgegenzusetzen wäre. Vielmehr findet auch hier schon heute nachweisbar eine Trendumkehr vom Land zurück in die Stadt bzw. zurück zu heimatlichen Wurzeln statt, jedoch noch nicht mit der Dynamik von erheblichen Zuzugsüberschüssen, wie in Universitätsstädten. Die Stadt Gera hält es jedoch für nicht ausgeschlossen, dass sich ab 2020 eine Konsolidierung im oberen Drittel des blauen Feldes der Grafik (oben), im günstigsten Fall sogar um 90.000 Einwohner mit der nutzbaren und ausbaubaren Bindungsattraktivität der Stadt entwickeln kann. Dazu müsste es gelingen, gegenüber heute pro Jahr durchschnittlich mehr als 600 Personen zusätzlich mit Hauptwohnsitz an Gera zu binden. Dieses Szenario setzt jedoch eine erhebliche Erhöhung der Bindungsattraktivität der Stadt für Menschen in der Ausbildung und im berufsaktiven Alter voraus.

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Altersgruppen: Optimistisch stimmt, dass die meisten Zuzüge seit vielen Jahren regelmäßig aus der Bevölkerungsgruppe zwischen 15 und 35 Jahre stammen und damit die Standortentscheidungen vorrangig mit den Kriterien Ausbildung, Stellenangebot, Karriere und Familiengründung verbunden sind. Dennoch fängt Gera, wie andere große Städte auch, eine Vielzahl von sozialen Versorgungsfällen aus der gesamten Region auf. Dies ist normal, da diese Menschen mit einer Wohnung und den sozialen Versorgungseinrichtungen im Oberzentrum auch ihre Lebensführung effektiver einrichten können und die speziellen Angebote für einige der besonderen Lebenslagen (z.B. Dauerpflege) vor allem in den großen Städten vorgehalten werden. Auch das ist Teil des Zuzugspotentials in einer Region strukturschwacher Landkreise. Der Stadt Gera entstehen damit in erhöhtem Maße finanzielle Lasten, die sie auch anteilig für die Region der umgebenden Landkreise trägt. Die Altersgruppenentwicklung hat wesentlichen Einfluss auf die künftige Vitalität der Stadt. Ausgehend von einem Durchschnittsalter von ca. 47 Jahren in 2011 wird es 2030 auf über 50 Jahre anwachsen, in manchen Stadtteilen, insbesondere Lusan, Debschwitz und Bieblach weit darüber. Dies sagt nicht nur, dass sich dort bevorzugt viele Alte niederlassen, sondern, dass dort der natürliche Generationswechsel schon heute erkennbar in großen Teilen ausbleibt. Dazu kommt, dass die Zahl der jungen Erwachsenen im familienbildenden Alter in Gera durch die schon heute bestehende demografische Vorprägung generell weiter abnehmen wird. Zuzugszenarien mit Anreizen für diese jüngere Bevölkerungsgruppe sind gesamtstädtisch der richtige Weg. Bei einer bewussten oder zwangsläufig mietpreisbedingten Lenkung nicht so einkommensstarker Gruppen (junge Leute) in die gut sanierten randstädtischen Teile Lusan und Bieblach wird deren kreatives Potential jedoch für die innerstädtische Vitalität und Vielfalt nur eingeschränkt wirksam.

Abbildung 3: Abhängigkeiten von Geburten zur Gruppe der Frauen im gebärfähigen Alter1

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Als Gruppe der Frauen im gebährfähigen Alter gelten in Gera die Frauen zwischen 15 und unter 45 Jahren. Die größte altersspezifische Häufigkeit von Geburten tritt um das Alter der Mutter von 30 Jahren auf.

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Abbildung 4: Beispiel gebärfähige Frauen, Geburten, altersspezifische Geburtenziffern Stadt Gera

Lebenserwartung: Bei der Lebenserwartung liegt Gera für Frauen und Männer nahe am Thüringer Durchschnitt von m/w 77 bzw. 82 Jahren. Sind die Risiken im mittleren Alter überwunden, sind darüber hinaus die Chancen für ältere Menschen groß, in Gera als Mann 79 Jahre alt und als Frau 88 Jahre alt zu werden. Dies zeigt durchschnittlich auch den Rahmen, in dem erhöhte Betreuungsleistungen im Alter zu erwarten sind. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die absolute Zahl alter Menschen in Gera bis 2030 deutlich steigen wird. Ihr relativer Anteil an der besonders in den jungen und mittleren Altersgruppen zurückgehenden Gesamtbevölkerung nimmt dagegen um ca. 7% zu. Menschen über 65 Jahre werden 2030 ca. 1/3 der Einwohner Geras stellen. Haushalte: Die voraussichtliche Entwicklung der Haushalteanzahl und -größen in Gera folgen nicht direkt proportional der Bevölkerungsentwicklung. Während der Trend zu kleineren Haushalten sowohl in den städtisch verdichteten Räumen als auch in den ländlichen Räumen des Stadtgebiets anzutreffen ist, hat im Jahre 2030 in den innerstädtischen Bereichen der Einpersonenhaushalt den Vorrang mit 45 bis unter 50% aller Haushalte. Dagegen bleibt im ländlichen Raum der Zweipersonenhaushalt mit 34 bis 36% aller Haushalte vorherrschend vor den Einpersonenhaushalten mit einem Anteil von ca. einem Viertel. Mit dem Rückgang der jüngeren Bevölkerung im familien- und haushaltbildenden Alter werden insbesondere die Bevölkerungsteile abnehmen, die anfangs 1 bis 2 Personenhaushalte bewohnen. Die geschieht zusätzlich zu jenen, die im hochbetagten Alter Nachfrager von Kleinwohnungen sind. Auch diese Bevölkerungsgruppe hat über den Zeitraum bis 2030 kein Wachstumspotential, um nachfrageausgleichend zu wirken. Hat bisher die durchschnittliche Wohnfläche im Haushalt je Person ständig zugenommen, wird mit der wachsenden Bedeutung der Betriebs-(Energie-)kosten für das Budget der Privathaushalte bis zum Jahr 2030 eine Sättigung des Größenwachstums der durchschnittlichen Wohnung zu erwarten sein. Die trotzdem hohe Anzahl von Einpersonenhaushalten in den ländlichen Siedlungen des Stadtgebiets zeigt ebenfalls eine wirtschaftliche und mittelfristig existenzielle Problemlage für viele Eigentümer, die Familienbesitz, z.T. historische und größere bauliche Substanz mit einer Person bzw. einem Einkommen unterhalten müssen. Der angebots- und vernunftsorientierte Trend der Menschen zur Innenstadt wird deshalb viele private Gebäude im ländlichen Raum der Stadt Gera und des städtischen Umlandes bis 2030 wirtschaftlich infrage stellen. Stadträumliche Auswirkungen: Der fortgesetzte Rückgang der Bevölkerung seit 1989 hat sehr langfristig prägende Wirkung für Gera. Auch wenn die Suburbanisierung in Gera weitgehend gestoppt ist, es einen Umkehrtrend zurück in städtische Lagen gibt und bei den Wanderungsbewegungen über die Stadtgrenzen hinaus Wegzug und Zuzug sich jetzt annähernd im Gleichgewicht befinden, wird es bei Annahme der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung und der Eigenrechung der Stadt Gera absehbar weitere extreme Rückgänge der Bevölkerung im gesamten Stadtgebiet geben.

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2010 = 100%

2020 (Horizont FNP)

2030 (Horizont ISEK)

2040 (hypothetisch)

Abbildung 5: langfristiger Einwohnerverlauf auf der Basis der städtischen Planungs- und Prognoseräume - Abstufung in Prozent auf der Basis 2010

Bis 2030 werden davon prozentual der Norden und die stark überalterten Gebiete im Süden der Stadt am stärksten betroffen sein. Zu erwarten ist, dass sich die Effekte vor allem am Südrand der Stadt und im Gebiet Bieblach/Tinz niederschlagen. Auch Debschwitz und die Innenstadt werden mit der schon heute vorhandenen demografischen Vorprägung und den Annahmen des heutigen nur ausgleichenden Wanderungsverhaltens nicht dauerhaft zu stabilisieren sein. Diese Räume werden ausgehend vom Jahr 2010 zwischen 17 und 31% ihrer heutigen Einwohner verlieren. Wenn dadurch in guten Lagen der Innenstadt, in Untermhaus und Debschwitz um 2030 Wohnraumpotential zwischen 10 und 18% des heutigen Wohnungsbestandes verfügbar wird, ist dort vorzugsweise mit Zuzug aus anderen Stadtgebieten zu rechnen. Der Rückgang der Bevölkerung erfolgt dann nicht mehr primär durch Fortzug in andere Städte, sondern durch einen in bisheriger Größe ausbleibenden Generationenwechsel. Ab 2030 mit hypothetischem Blick bis 2040 wird sich die Innenstadt als demografisch stabilster Teil des Siedlungskörpers erweisen, der sich auf dem dann seit 2030 eingestellten Bevölkerungsstand halten kann. Wanderungen: Innerhalb des Geraer Stadtgebiets sind in den zurückliegenden Jahren jedes Jahr ca. 7500 bis 8000 Einwohner in andere Wohnungen umgezogen. Dazu kommen noch Zu- und Wegzüge von und nach außerhalb der Stadtgrenzen zwischen 3.000 und 4.000 Personen je Richtung pro Jahr. Zieht man diese Summen zusammen, so sind je Jahr in Gera zwischen 10 und 12% der Wohnanschriften durch andere Personen belegt. Anhand der innerstädtischen Umzüge kann darauf geschlossen werden, dass neben Präferenzen für das bisherige Wohngebiet besonders die Innenstadt, Debschwitz und das Ostviertel bevorzugte und im Umzugssaldo stabile Wohnstandorte sind.

Manfred Kaniß, ISEK Projektgruppe

Impressum: Stadt Gera, Dezernat Bau und Umwelt Projektgruppe Integrierte Stadtentwicklungskonzeption Teamleiter: Thomas Leidel Heinrichstraße 35, 07545 Gera (im Stadtservice) Tel: (0365) 838 4050 Fax: (0365) 838 1951

E-Mail: [email protected] www.gera.de

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