Von den letzten Dingen. Leid, Sterben und Leben aus ... - Buch.de

209. Mystische Tradition. 211. Kulturelle Praxis am Lebensende. 212. Betroffenheit der Angehörigen. 212. Der letzte Besuch. 213. Sterbebegleitung und Rituale.
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Zur besseren Lesbarkeit wird auf geschlechtsneutrale Benennungen (Patientinnen und Patienten) verzichtet und die männliche Geschlechtsform gewählt. Bei den Gedichten, Liedern und historischen Zitaten wurden Schreibweise und Zeichensetzung ggf. behutsam angepasst. Das Umschlagbild – nach einem Ölbild des Trierer Malers Ernst BrandPagés (1898 - 1983) aus dem Jahr 1980 im Besitz des Autors – zeigt die Heidekapelle in Ehrang. Die Kapelle wurde im Jahr 1375 erbaut und im Jahr 1632 erneuert. Links von der Kapelle ist die 14. Station des Kreuzwegs (Jesus wird ins Grab gelegt) zu erkennen; der Kreuzweg führt von der Pfarrkirche „St. Peter“ den Heideberg hinauf zur Kapelle.

Von den letzten Dingen Leid, Sterben und Leben aus medizinischer und theologischer Sicht

Hans Anton Adams mit Geleitworten von Joachim Meisner und Eckhard Frick und Beiträgen von Eberhard Schockenhoff, D. Horst Hirschler, Jonah Sievers, Ilhan Ilkilic und Mahide Bolahatoglu

Berlin 2015

© Lehmanns Media • Berlin 2015 Helmholtzstraße 2-9 10587 Berlin Druck und Bindung: docupoint GmbH • Barleben ISBN 978-3-86541-742-8 www.lehmanns.de

Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu. Georg Thurmair 1935

5

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

7

Geleitwort - Joachim Kardinal Meisner

11

Geleitwort - Prof. Eckhard Frick SJ

15

Vorwort

19

Der Arzt im Spannungsfeld von Leid, Sterben und Leben

23

Arzt, Notarzt, Intensivmediziner – einleitende Gedanken

23

Ein kleiner Exkurs zur Ethik

29

Charakteristika der Notfallmedizin und Intensivmedizin

36

Das allgemeine Ziel und die Grenzen der Notfall- und Intensivmedizin

37

Notfallmedizin – rasches Handeln in immer neuer Situation

49

Einleitende Gedanken

49

Das Wesen der Notfallmedizin und die Rolle des Notarztes

49

Das Leitprinzip und das praktische Vorgehen

50

Der Umgang mit den Angehörigen

51

Sonstige Aspekte

53

Allgemeine Erfahrungen

53

Erfahrungen bei Kindern und Jugendlichen

66

Erfahrungen bei alten Menschen

72

Erfahrungen in besonderen Situationen

75

Intensivmedizin – das Ziel im Auge behalten Einleitende Gedanken

85 85

Das Ziel und seine Begleitaspekte

85

Die Entscheidungsfindung im Team

87

7

Inhaltsverzeichnis Die Angehörigen

89

Das Umsetzen der getroffenen Entscheidung

91

Allgemeine Erfahrungen

92

Lernen

92

Abschied

94

Gespräche

98

Erfahrungen bei Kindern und Jugendlichen

104

Erfahrungen bei alten Menschen

106

Erfahrungen in besonderen Situationen

110

Spezielle Aspekte

117

Katastrophenmedizin – eine spezielle Betrachtung

117

Einführung und gesellschaftliches Umfeld

117

Nützlichkeit und ihre Grenzen – und das Beispiel der Sichtung

119

Der Helfer in Bedrängnis – Hilfe für Helfer

127

Mein persönlicher Lebens- und Glaubensweg

131

Was heißt menschenwürdig sterben? Eine Antwort aus der Sicht der katholischen Moraltheologie

169

Hinführung

169

1. Autonomie als Durchsetzung eigener Wünsche und als vernünftige Selbstgesetzgebung

170

2. Fördert die Euthanasie die Freiheit der Sterbenden?

172

3. Ist die Euthanasie die einzige Hilfe?

176

4. Ist die Unterscheidung von Töten und Sterbenlassen moralisch irrelevant?

177

5. Ist die Suizidbeihilfe die bessere Alternative zur Tötung auf Verlangen?

181

8

Inhaltsverzeichnis Eine theologische Betrachtung aus evangelischlutherischer Sicht

189

Sterbehilfe aus jüdischer Sicht

197

Halachische Grundlagen

197

Persönliche Abwägung

203

Sterben und Tod in der islamischen Geistestradition und muslimischen Glaubenspraxis 207 Einleitung

207

Sterben und Tod in der islamischen Geistestradition

208

Grundlagen

208

Eschatologische Glaubensüberzeugungen

209

Mystische Tradition

211

Kulturelle Praxis am Lebensende

212

Betroffenheit der Angehörigen

212

Der letzte Besuch

213

Sterbebegleitung und Rituale

214

Seelsorgerische Betreuung

216

Sterben in der Diaspora

218

Medizinethische Entscheidungen am Lebensende

219

Fazit

223

Autorenverzeichnis

227

9

Geleitwort - Joachim Kardinal Meisner „Denn ich bin der Herr, dein Arzt“ (Exodus 15,26 [1]). Schon das Alte Testament verknüpft Fluch oder Segen, die sich der Mensch durch seine Entscheidung gegen oder für Gott zuzieht, mit Gesundheit und Krankheit. Christus führt diese Linie zumindest in übertragenem Sinne fort, wenn er den Pharisäern, die ihn wegen seines Kontakts mit Sündern kritisieren, entgegenhält [1]: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Mt 9,12). Und durch seine Heilungswunder macht der Herr den Anbruch des Gottesreichs auf besondere Weise geradezu augenfällig. Theologen sind es gewohnt, in Katechese und Predigt auf solche Zusammenhänge einzugehen. Hier aber wendet sich ein gestandener, hocherfahrener Arzt sozusagen von der anderen Seite aus diesem Thema zu – das ist wesentlich weniger üblich und entsprechend spannend. Ein Fachmann der Medizin kommt zu Wort, der zugleich als Christ sein Leben ganz aus seinem Glauben heraus gestaltet und dabei eben gerade auch seinen Berufsalltag nicht ausspart. So ist weniger ein Lehrwerk der Intensiv- und Katastrophenmedizin entstanden, auch wenn immer wieder diagnostische und therapeutische Details zur Sprache kommen. Wohl liegt hier ein Buch vor, das man jedem jungen Arzt, jeder jungen Ärztin in die Hand geben möchte. Mehr noch: Alle, die mit den Themen „Sterben“ und „Tod“ konfrontiert werden – und wer würde das nicht über kurz oder lang? –, können aus Adams‘ Erfahrungen Nutzen für ihr persönliches Leben und das ihrer Angehörigen ziehen. Entscheidend erleichtert wird das durch den Schreibstil des Autors. Hier erzählt ein Arzt authentisch und ohne Schnörkel aus seinem Leben und Arbeiten. Die Tendenz, sich dabei als unfehlbaren „Halbgott in Weiß“ darzustellen, sucht man vergebens. Es ist vielleicht einer der sympathischsten Züge dieses Buchs, dass sein Verfasser eigene Fehler und Unzulänglichkeiten nicht verschweigt. Er erliegt auch nicht der Versuchung, sich durch eine übertriebene Fachsprache von der Leserschaft abzugrenzen. So macht Lesen (und Nachdenken) Freude! Ich wollte das Buch ursprünglich nur stichprobenartig durchsehen – und habe es dann erst weggelegt, als ich es ausgelesen hatte. 11

Geleitwort Eine wertvolle Ergänzung sind die fachtheologischen Beiträge aus katholischer, evangelisch-lutherischer, jüdischer und muslimischer Sicht. Eberhard Schockenhoff legt den aktuellen Stand katholischer Moraltheologie vor; dafür bin ich ihm dankbar, wenn ich auch ein wenig bedrückt feststelle, dass das heute möglich ist, ohne den Namen „Gott“ dabei auch nur ein einziges Mal zu nennen. Im Vordergrund steht gegenwärtig – so Schockenhoff selbst – die menschliche Autonomie. Gewünscht hätte ich mir den Hinweis darauf, dass diese legitime Eigenständigkeit des Menschen umfasst wird von Gottes Wille und Gnade, die sie tragen, ihr aber auch Grenzen setzen. Dieser Gedanke findet sich dann aber bei Horst Hirschler und vor allem bei Jonah Sievers sowie bei Ilhan Ilkilic und Mahide Bolahatoglu. Kurz und prägnant formuliert: Der Mensch ist nicht Eigentümer seines Körpers und Lebens, sondern bestenfalls Besitzer desselben (S. 199 und S. 220). So stelle ich mir einen fruchtbaren ökumenischen und interreligiösen Austausch vor! Ich wünsche dem hier vorgelegten Buch eine breite und interessierte Leserschaft, die dazu bereit ist, nicht nur ihren Intellekt, sondern auch ihr Herz ansprechen zu lassen – denn beides macht den Menschen aus. Köln, den 28. Mai 2015

+ Joachim Kardinal Meisner Erzbischof em. von Köln

12

Geleitwort Literatur 1.

Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Stuttgart: Katholisches Bibelwerk 1980

13

Geleitwort - Prof. Eckhard Frick SJ Es ist nicht leicht, den roten Faden in den vielgestaltigen Texten dieses Buches zu benennen. Und doch ist er von der ersten bis zur letzten Zeile spürbar. Es finden sich darin spannende berufliche Erfahrungen aus der notärztlichen und intensivmedizinischen Lebenserfahrung von Hans Anton Adams – nicht selten mit dem Eingeständnis eigener Fehler, mit dem Bekennen „nicht druckreifer“ Äußerungen wie im Abschnitt über die Sichtung in Großschadenslagen: „Herr D…, lassen Sie die Oma sausen und kümmern Sie sich um das Kind. Intubieren, in den RTW (Rettungswagen) und sofort zu uns!“ (S. 125). Gerade in dem, was nicht ideal oder geschönt erscheint, sondern nah am einzelnen Schicksal, wird die Suche nach dem Vorbild deutlich und das Bemühen, in aller Begrenztheit selbst ein Vorbild zu sein, als klinischer Lehrer, aber auch handwerklich, als einer, der vor dem ärztlichen Handwerk das Fleischerhandwerk erlernt hat. Daneben lese ich tiefgründige Reflexionen über die Frage der Autonomie des Sterbenden aus jüdischer, islamischer, christlicher Sicht. Die eigene römisch-katholische Verwurzelung wird aus vielen biblischen, Katechismus- und Gebetstexten deutlich, die Hans Anton Adams mit dem (nach eigenem Bekunden) kindlichen Glauben einstreut. So begegnet dem Leser eine alltäglich-diesseitige Transzendenzerfahrung, das Rechnen mit der Spiritualität mitten in der kruden Materialität von Unfallort, Operationssaal oder Intensivstation. So geht es (dem Buchtitel entsprechend) nicht nur um den Tod als die definitive Grenze des Menschen, sondern viel breiter um „die letzten Dinge“ während eines langen Lebens, um die Belastungen und Kraftquellen des ärztlichen Berufes und überhaupt aller Gesundheitsberufe. Die Resilienz dieser Berufe angesichts vieler Grenzerfahrungen zu fördern [2], ist auch eine Frage der Spiritualität der Heilberufe, die in einem umfassenden Sinne eine „seelsorgende“ Aufgabe haben – nicht in Konkurrenz zu Fachtheologen und ‚amtlichen‘ Seelsorgenden, sondern als Teil der therapeutischen Begegnung mit kranken Menschen. Spiritual Care als Teil der Berufung zum Arztsein speist sich für Hans Anton Adams aus einer bodenständigen Trierer Frömmigkeit, die „katholisch“ in einem doppelten Sinne ist: einerseits durch Orientierung an Kreuz und Auferstehung Jesu, Praxis der Sakramente, 15

Geleitwort Eingebundensein in die Kirche, fröhlich-selbstverständliche Hochschätzung Marias und der Heiligen, andererseits „allumfassend“ durch den Respekt vor der Vielfalt spiritueller Deutungen der Grenzerfahrungen angesichts von Krankheit und Tod – in den christlichen Konfessionen, in anderen Religionen und in den unterschiedlichen spirituellen Suchbewegungen heutiger Menschen.

16

Geleitwort Literatur 2.

Frick E, Schießl A: Resilienz im ärztlichen Berufsalltag fördern. Zeitschrift für Medizinische Ethik 2015 (61) 47-56

17

Vorwort Die letzten Dinge aus medizinischer und theologischer Sicht zu betrachten, ist ein schwieriges Unterfangen. In diesem Büchlein wird dennoch versucht, die Perspektiven eines Arztes und die von Theologen der großen monotheistischen Religionen auf Leid und Sterben, zu dem auch „Un-Heil“ gehört, zusammenzuführen und dabei den Blick auf das Leben zu richten – ein Leben in der festen Hoffnung auf das Heil und die Seligkeit bei Gott. Die Autoren wenden sich nicht nur an Ärzte und Seelsorger, sondern an alle Menschen, die mit dieser Thematik beruflich konfrontiert sind – dazu zählen vor allem die im Rettungs- und Sanitätsdienst, in den Hilfsorganisationen und Feuerwehren sowie in den Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen tätigen Menschen, aber auch die Polizisten und Soldaten. Darüber hinaus wendet sich das Büchlein an alle Menschen, die sich mit diesen – besser doch ihren – letzten Dingen einmal bewusst auseinandersetzen wollen. In den folgenden Kapiteln wird neben meiner ärztlichen Perspektive auch meine römisch-katholische Laiensicht deutlich werden (siehe dazu die Tafeln 1 - 3). Namhafte Theologen werden meine Beiträge dann aus ihrer jeweiligen Perspektive wesentlich ergänzen und unterbauen, wofür ich ihnen nochmals herzlich danke. Wer sich in einer Situation wiedererkennt oder unverstanden fühlt, dem sei versichert, dass es mir und allen Autoren fern liegt, irgendjemand bloßstellen oder verletzen zu wollen. Im Namen aller Autoren wünsche ich den Lesern grundsätzliches Wohlwollen und ein offenes Herz – und es wäre schön, wenn diese Büchlein einen kleinen Beitrag zur Besinnung und auch zur Erbauung leisten könnte. H. A. Adams

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