Verständlichkeit online – eine Selbstverständlichkeit? Die Verständlichkeit der Themen-Standpunkte auf den Homepages der Bundestagsparteien im Test Universität Hohenheim Oktober 2009
Verständlichkeit der Parteienhomepages
Untersuchungsfragen Wie verständlich sind die Internet-Auftritte der Parteien zur Bundestagswahl? Gibt es Unterschiede je nach Parteigröße oder Thema? Sind die Parteien in ihrer Online-Kommunikation verständlicher als in den Wahlprogrammen?
Hintergrund Immer wieder wird die Unverständlichkeit von Parteien und Politikern kritisiert. Die politische Online-Kommunikation nimmt immer mehr an Bedeutung zu. Außerdem stellen die Webseiten der Parteien aus Sicht des Wählers eine einfache und direkte Möglichkeit dar, sich im Vorfeld von Wahlen über die Themen-Standpunkte der Parteien zu informieren. Ziel der Bundesparteien sollte es deshalb sein, auf diesen Seiten möglichst allgemein verständlich zu kommunizieren.
Studie Bachelor-Arbeit zum Vergleich der Themen-Standpunkte auf den Homepages aller im Bundestag vertretenen Parteien Universität Hohenheim 2
Verständlichkeit der Parteienhomepages Untersuchungsdesign Grundlage der Untersuchung war eine Verständlichkeitsanalyse von Standpunkten zu sieben wahlrelevanten Themen. Die Analyse wurde anhand des Hohenheimer Verständlichkeitsindexes zu den Internetauftritten der Bundestagsparteien durchgeführt. Untersuchungsablauf: 1.
Auswahl von wahlentscheidenden Themen
2.
Auswahl vergleichbarer Untersuchungstexte auf den ParteienHomepages und Sicherung des Datenmaterials zum 28.06.2009
3.
Textbereinigung und -eingabe in Verständlichkeitssoftware „TextLab“
4.
Berechnung des Hohenheimer Verständlichkeitsindexes
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Hohenheimer Verständlichkeitsindex Der „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“ reicht von 0 (überhaupt nicht verständlich) bis 20 (maximal verständlich). Zum Vergleich: Doktorarbeiten in Politikwissenschaft haben eine durchschnittliche Verständlichkeit von 4,3. Die Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung haben eine durchschnittliche Verständlichkeit von 16,8.
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Textauswahl Für die Untersuchung wurden vergleichbare Themen-Standpunkte aus einer den „Themen A-Z“ entsprechenden Rubrik von den Parteien-Webseiten der sechs Bundestagsparteien ausgewählt. Ausgewählte Themen:
Arbeitsmarktpolitik
Außenpolitik
Energiepolitik
Finanz-/Steuerpolitik
Sozialpolitik
Umweltpolitik
Wirtschaftspolitik Universität Hohenheim 5
Verständlichkeit der Parteienhomepages Textauswahl Hierbei wurden solche Themen ausgewählt, denen eine gewisse Relevanz bei den meisten Wählern unterstellt werden kann. Wahlentscheidende Themen bei der Bundestagswahl 2005 in Wählergruppen (in %) Alle
SPD
Union
Grüne
FDP
PDS
Wirtschaftspolitik
38
27
53
20
56
23
Arbeitsmarktpolitik
34
26
42
16
42
42
Umweltpolitik
11
13
3
52
3
6
Steuerpolitik
19
15
24
8
31
17
Soziale Gerechtigkeit
33
45
17
40
16
59
Außen/Sicherheitspolitik
13
23
6
28
5
8
Quelle: Infratest Dimap: Wahlreport 2005. In: Schultze 2009: 87. Die Fettungen kennzeichnen die wichtigsten Themen.
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit der Parteien im Vergleich
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Textlänge als Verständlichkeitshürde? CSU
91
Grüne
176
SPD
282
Linke
371
CDU
4192
FDP
14714 0
2000
4000
6000
8000
10000
12000
14000
16000
Je länger die Homepage-Texte ( Wörter pro Text), desto schlechter schneiden die Parteien tendenziell auch bei der Textverständlichkeit ab. Universität Hohenheim 8
Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit der Themen bei der CDU
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
9
Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit der Themen bei der CSU
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
10
Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit der Themen bei der SPD
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
11
Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit der Themen bei B90/Die Grünen
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit der Themen bei der FDP
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit der Themen bei der Linken
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Themenabhängige Verständlichkeit Die für die Bevölkerung wichtigsten Themen (Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik) sind überdurchschnittlich verständlich. Energie- und Außenpolitik werden unterdurchschnittlich verständlich präsentiert. Die Kompetenzthemen einer Partei werden kaum überdurchschnittlich verständlich formuliert. Die Verständlichkeit kann über die Bedeutung eines Themas für die Gesamtwählerschaft erklärt werden. Jene Themen werden also besonders zugänglich gemacht, die sehr wahrscheinlich die meisten Wechselwähler erreichen werden. Vorteilhafte Themen fallen verständlicher aus. Universität Hohenheim 15
Verständlichkeit der Parteienhomepages Die Verständlichkeit im Medien-Vergleich
Quelle: Daten der Wahlprogramm-Checks aus Haug/Kercher 2009; Brettschneider/Haug/Kercher 2009; Brettschneider et al. 2009
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Fazit
Die untersuchten Themen-Standpunkte auf den Parteienhomepages wiesen teils erhebliche sprachliche Mängel, teils eine recht gute Verständlichkeit auf.
Das Verständlichkeitsniveau lag insgesamt bei 8,5 von 20 Punkten des Hohenheimer Verständlichkeitsindexes.
Dabei erwies sich die Verständlichkeit der Großparteien tendenziell als verständlicher als die der kleineren Parteien.
Im Vergleich mit den Wahlprogrammen der Parteien ist die OnlineKommunikation generell weniger verständlicher als die Bundestagswahlprogramme.
Je relevanter ein Thema für die Wahlentscheidung, desto verständlicher fällt es aus.
Je länger ein Text, desto unverständlicher fällt er aus. Universität Hohenheim 17
Verständlichkeit der Parteienhomepages
Anhang
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Erfasste Parameter bei der quantitativen Analyse Lesbarkeitsformeln
Verständlichkeitsparameter
Amstad-Formel
Durchschnittliche Satzlänge
1. Wiener Sachtext-Formel
Durchschnittliche Wortlänge
SMOG Index
Anteil Wörter mit mehr als 6 Zeichen
Lix Lesbarkeitsindex
Anteil Schachtelsätze
Anteil Sätze über 20 Wörter
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Indexberechnung Aus den erhobenen Parametern wurde der „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“ berechnet: 1.
Um die Ergebnisse bewerten zu können, wurden zunächst Zielwerte (Benchmarks) definiert. Hierfür wurden Texte der Bild-Zeitung aus dem Ressort Politik ausgewertet (Zielwert leichter Text) sowie Abstracts aus politikwissenschaftlichen Doktorarbeiten (Zielwert schwere Texte). Diese Benchmarks wurden für jeden Formelwert und jeden Parameter errechnet.
2.
Um alle Werte miteinander vergleichen zu können, wurden die Ergebnisse auf eine Skala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) standardisiert.
3.
Die Einzelwerte wurden nun zu einem Durchschnittswert für die Formeln und zu einem Durchschnittswert für die Parameter verrechnet.
4.
Beide Werte wurden schließlich zu einem Indexwert addiert. Universität Hohenheim 20
Verständlichkeit der Parteienhomepages Ergebnistabelle: Die Verständlichkeitswerte der Bundestagsparteien nach dem Hohenheimer Verständlichkeitsindex in wahlentscheidenden Themengebieten CDU
CSU
SPD
Die Grünen
FDP
Die Linke
Arbeitsmarktpolitik
10.15
9.25
12.15
6.65
7.15
16
10.23
Außenpolitik
5
8.4
8.7
3.3
9.35
7.15
6.98
Energiepolitik
3.35
9.35
8.05
11.3
2.7
7.45
7.03
Sozialpolitik
-
9.55
8.35
7.55
8.65
5.85
7.99
Steuerpolitik
9.15
15.1
9.5
7.85
8
5.7
9.22
Umweltpolitik
5.8
6.85
12.2
8.15
5.2
9.6
7.97
Wirtschaftspolitik
8.25
17.55
10.7
10.3
6.3
7.65
10.13
Mittelwert
6.95
10.86
9.95
7.87
6.76
8.49
8.5
Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten = 4,3
Mittelwert
Universität Hohenheim Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung = 16,8
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Verständlichkeit der Parteienhomepages Ansprechpartner Julia Fink, B.Sc. Komm.wiss. (Durchführung der Studie) Dipl.-Komm-wiss. Jan Kercher (Betreuung) Prof. Dr. Frank Brettschneider (Betreuung, Lehrstuhlinhaber) Universität Hohenheim Kommunikationswissenschaft Fruwirthstraße 46 70599 Stuttgart Tel. 0711 / 459-24031
[email protected] http://komm.uni-hohenheim.de Universität Hohenheim 22