Uletokpo Village AWS

Nach einer langen, holprigen Reise kommt der Yak mit dem. Kleinen am Rücken in Uletokpo an. Der. Großvater stürzt besorgt aus seiner Hütte und läuft auf seinen Enkel zu. „Wach auf, wach auf!“ Der Junge kommt zu sich und öffnet die Hand, als ein paar Blätter der heilenden Pflanze zu Boden fallen. Doris Wimmer. 03.
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Uletokpo Village a Story of the Himalaya

Tibet. Die kalte Höhenluft streicht sanft

den Pass beginnt. Die beiden wandern

über die schneebedeckten Berghänge,

den holprigen Pfad entlang, müssen bei

während ein Schneeleopard gut getarnt

jedem Schritt aufmerksam sein, um nicht

den Kamm entlang schleicht. Während

zu stürzen. Je weiter sie kommen, desto

hier auf den höchsten Berggipfeln des

kälter wird die Bergluft, die dem kleinen

Himalayas alles friedlich zu sein scheint,

Jungen und dem Yak durchs Haar stre-

macht sich in Uletokpo, dem abgelegen-

icht. Kyobpas Enkel beginnt zu frieren

sten Dorf des Gebirges, Unruhe breit.

und drückt sich eng an seinen zotteligen Begleiter, der sich ängstlich umsieht. Als

Kyobpa, die älteste Bewohnerin des

der Yak den Flügelschlag eines Adlers

Dorfes, liegt schweißgebadet und mit

vernimmt, zuckt er zusammen, doch der

hohem Fieber auf einer alten Matratze

Junge wirft ihm einen beruhigenden

und windet sich vor Magenschmerzen,

Blick zu und zieht ihn behutsam mit sich.

die beunruhigten Bewohner versammeln sich um ihre Hütte. Besorgt deckt Loden

Nachdem die beiden einen weiteren

seine Frau mit einer warmen Daunen-

Hang erklimmen, sinkt der Neunjährige

decke zu und wendet sich hilfesuchend

erschöpft zusammen. Nach einer kurzen

an seinen neunjährigen Enkel. „Lauf den

Pause geht die Reise weiter, Kyobpas En-

Krater so lange hinauf bis du hinunter

kel und das Huftier klettern den steilen

ins Tal siehst! Dann suche in der großen

Pfad hinauf, rutschen immer wieder ein

Stadt nach Hilfe!“, sagt er dem Jungen.

Stück ab. Der eisige Wind bläst ihnen Schnee und Eis ins Gesicht. Plötzlich sieht

Dieser blickt ängstlich den beschnei-

der Yak in der Ferne einen Himalaywolf

ten Pfad hinauf, fürchtet sich vor dem

stehen, der die beiden anstarrt. Panisch

Unbekannten, das ihn dort erwarten

reißt er sich vom Strick. Er stürzt sich

könnte. „Ich gebe dir meinen Yak mit auf

schnaufend den Hang hinunter und ver-

den Weg“, flüstert ihm Loden aufmun-

schwindet im Schneegestöber. Der Junge

ternd zu und hastet zum Zaun, an dem

ruft ihm erschrocken nach, er versucht

das zottelige Huftier angebunden ist.

dem Tier zu folgen. Jedoch verschwinden

Während der Großvater seinem Enkel

seine Spuren unter dem heftigen Sturm

noch ein paar Stück Fladenbrot einpackt,

schon bald.

blickt der Yak zitternd vor Angst den

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Berg hoch. Sofort schießen ihm furch-

Der Neunjährige beschließt den Yak

terregende Bilder von Lawinen, Raub-

seines Großvaters zu suchen und quält

vögeln, Himalayawölfen und Schneestür-

sich durchs unwegsame Gelände, er

men durch den Kopf. Doch bevor er

durchsucht Höhlen, enge Klämme und

flüchten kann, zieht ihn der kleine Junge

Spalten. Keine Spur.

entschlossen mit sich und die Reise über

Augenblicklich beruhigt sich der Sturm,

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die Sicht wird frei. Der Junge erblickt vor sich ein kleines grünes Pflänzchen, das über einem steilen Abgrund wächst. Er erkennt es wieder, erinnert sich daran, als ihm sein Großvater von der heilenden Wirkung des Krauts erzählte. Begeistert davon, die rettende Medizin für seine Großmutter gefunden zu haben, versucht der Neunjährige die Pflanze zu pflücken, als plötzlich die Erde unter ihm nachgibt. Aus der Ferne beobachtet der Yak das Geschehen und muss zusehen, wie unter den Beinen des Jungen der Überhang abrutscht und dieser in die Tiefe stürzt. Angsterfüllt blickt das Tier den Hang hinunter, fürchtet sich davor abzstürzen. Doch plötzlich überwindet es seine Höhenangst und wagt den ersten Schritt. Noch sehr zögerlich steigt das zottelige Huftier den Steig hinunter und erreicht schließlich den abgestürzten Jungen. Dieser greift schwach nach dem Fell seines treuen Begleiters, der den Jungen Richtung Tal trägt. Nach einer langen, holprigen Reise kommt der Yak mit dem Kleinen am Rücken in Uletokpo an. Der Großvater stürzt besorgt aus seiner Hütte und läuft auf seinen Enkel zu. „Wach auf, wach auf!“ Der Junge kommt zu sich und öffnet die Hand, als ein paar Blätter der heilenden Pflanze zu Boden fallen. Doris Wimmer

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