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Solche Spanner, die sowieso nirgends reingehen und nur gierig auf ihren halb nackten Körper starren. Das macht sie manchmal rasend. Und bei all dem muss ...
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Corinne van de Luchteren

TraumaNutte Ausstieg aus dem Rotlichtmilieu Autobiografischer Roman

© 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag, Berlin Coverbild: C.v.d. Luchteren : Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0633-1 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt .

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Für Simona Perschke Es ehrt mich, deine Freundin sein zu dürfen. Für alle, die noch auf dem Weg sind.

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Teil 1

Pecunia non olet (Geld stinkt nicht) Kaiser Vespasian, 9-79 n. Chr.

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Außenwelt

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Dialog am Fenster mit dem Freier

Die professionelle Unterhaltung mit einem der Vielen am Fenster klappt bei Conny am besten, wenn sie vorher etliche Tüten gekifft hat. Weil sie dann so ein dämliches Dauergrinsen zustande bringen kann. Diesen Zustand braucht sie, um stets aufs Neue Freier anzusprechen und so zu tun, als hätte sie gern Sex mit ihnen. Manchmal sitzt sie stundenlang umsonst herum und ist dann gezwungen, sich dumme Sprüche von vorbeigehenden Cliquen anzuhören oder immer die gleichen sogenannten Pufflatscher zu sehen, die hier tagtäglich herumlaufen. Solche Spanner, die sowieso nirgends reingehen und nur gierig auf ihren halb nackten Körper starren. Das macht sie manchmal rasend. Und bei all dem muss sie irgendwie gut drauf bleiben. Hier im Rotlichtmilieu fühlt sie sich inzwischen wie zu Hause. Sie versucht, sich mit dem anstrengenden Spagat 6

zwischen bürgerlichem Leben und ihrem Job zu arrangieren. Heute ist ein guter Tag. Ein Mann lässt sich auf ihr Spiel ein, reagiert auf eines ihrer unzähligen «Komm doch mal her, du!», und bleibt vor ihr stehen. Conny arbeitet auf der Bruchstraße, wo die Frauen Fenster an Fenster in knappen Outfits sitzen und Freier hereinzulocken versuchen. Sie klopft, lächelt und spricht ihn an. «Hallo, magst du reinkommen zu mir?» Ich bin ja so cool. Der Freier mustert sie. «Hm, was kostet es denn? Du bist ja mal eine ganz Hübsche!» Conny presst die Lippen zusammen. So ein dämlicher Spruch! Sülz mich bloß nicht voll. Sie sagt so verführerisch wie möglich: «30 DM, Hase, für ne schöne Nummer oder Französisch, eins von beiden, kannst du dir aussuchen!» Das sagt man so, damit der Angesprochene das Gefühl erhält, sich eine sexuelle Dienstleistung aussuchen zu können. In Wirklichkeit wird auf dem Zimmer nach verhandelt. Hauptsache, der Typ beißt erst mal an und kommt rein. Er denkt nach. «Ne richtige Nummer?» 7

Conny bleibt freundlich. «Na klar, was denn sonst.» Wie kann ich ihn nur überzeugen? Da entschließt er sich, zu ihr reinzukommen. «Okay, dann mach mal auf!» Sie springt auf und öffnet ihm die Tür. «Klar, komm rein!», meint sie lächelnd. Juhu, mein Handgeld … Mein erster Gast heute!

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Aufs Zimmer gehen

Conny geht auf High Heels locker vor ihm her, die Treppe hoch bis zu ihrem Zimmer. «Ja, dann komm mal rein in die gute Stube.» Sie öffnet die Tür zu ihrem rot beleuchteten kleinen Reich und beide gehen hinein. Sie fragt: «Wie heißt du denn? Ich bin die Andrea.» Das ist einer ihrer Künstlernamen. Sie gibt stets so wenig wie möglich Privates von sich preis, zu ihrem eigenen Schutz und um sich abzugrenzen. Der Gast sieht sich nervös um. Er scheint kein regelmäßiger Bordellbesucher zu sein, stellt Conny fest. Die anheimelnde Atmosphäre, erotische Spielzeuge und Dessous, sowie Kissen auf dem breiten Bett, dazu sie im knappen Bikini sollten seine sexuelle Fantasie anregen. «Hallo Andrea, ich bin Jakob. Und ich bin zum ersten Mal hier », fügt er erklärend hinzu. 9

Conny strahlt. Oh, das ist gut. Dann weißt du noch nicht so viel und ich kann dich leichter um den Finger wickeln. Gib mir am besten deine ganze Kohle, spritz schnell ab und verpiss dich wieder. «Oh Jakob, das ist doch nicht schlimm, ich werde ganz lieb zu Dir sein! Du kannst dich gern schon mal ausziehen und deine Klamotten hier über den Stuhl legen.» Er kramt in seinem Portemonnaie und reicht ihr mehrere kleine Scheine. «Hier bitte. Da hast du 30 DM.» Conny kneift enttäuscht die Augenbrauen zusammen. Was, so wenig! Was glaubt denn der, wo er hier ist!? Beim Aldimarkt? Dies ist der Ansprechpreis und es gibt dafür höchstens eine Handentspannung. Das weiß jeder, der schon einmal hier war. Sie wendet eine kleine List an und kobert nach. «Hör mal, hast du Lust, gleich 50 DM auszugeben? Das ist doch viel runder, wir hätten mehr Zeit und könnten Französisch und Verkehr machen.» Der Freier stimmt sofort zu. «Na klar», und gibt ihr noch mal Geld.

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Haha, leichtes Spiel. Siehst du – es geht doch. Ihre Laune bessert sich. «Gut, dann bringe ich das Geld mal kurz raus. Bin gleich wieder da.» Damit verlässt sie den Raum und lässt ihren Gedanken freien Lauf. Der Tag fängt gut an. Jetzt braucht sie noch mal die gleiche Summe, dann hat sie schon die Zimmermiete. Sie versteckt die Scheine draußen in einem ihrer Heels, zündet sich eine Zigarette an und geht wieder ins Zimmer. Dort setzt sie ein strahlendes Lächeln auf und zieht ihren BH aus. Ihr Gast liegt ausgezogen abwartend auf dem Bett und betrachtet bewundernd ihren nackten Oberkörper. Conny legt sich zu ihm. «Dann wollen wir mal. » Wichtigste Regel: ICH bestimme hier, wo es langgeht. Kapiert, Alter? Wie immer in solchen Situationen sind ihre Gedanken nicht eben freundlich. Sie rollt ein Kondom auf seinen Schwanz, setzt sich auf und beginnt, ihn zu streicheln und zu massieren. 11

Seitlich und nah bei der Tür sitzen ist immer gut, da kann man sich im Notfall mit einem Sprung hinausretten, falls der Gast ein Verrückter ist, gewalttätig wird oder eine Waffe zieht. Alles ist genau durchdacht. Ihr gelingt ein neckisches Lächeln. «So, dann konzentriere dich mal schön, damit ER hochkommt und wir was anstellen können.» Oh Mann, wieso steht der noch nicht? Der Freier meint entschuldigend: «Ist gut Kleine. Ich habe einen langen Tag hinter mir.» Conny verdreht heimlich die Augen. Wie bitte, was heißt denn hier Kleine? «Bist du verheiratet?», fragt sie. «Ja. Aber sexuell läuft schon lange nichts mehr und ich habe einen anstrengenden Job», sagt er. Ach so. Eine kurze Zeit vergeht, bis sich Jakobs Schwanz unter ihrem geübten Handspiel aufrichtet. Dieser Mann ist bis jetzt ein harmloser Gast, der sie nicht wie viele andere zahlende Gäste sofort andauernd und überall betatschen will. Solche meist Angetrunkenen werden dann oft unverschämt, grob und primitiv.

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Jakob liegt entspannt mit über dem Kopf verschränkten Armen da. «Lass dir was einfallen. Was kannst du noch so anbieten?» Och so einiges. Im Moment würde ich dich liebend gern verhauen. Umsonst sogar. Conny ist überrascht, dass er von sich aus nachfragt. Das kommt eher selten vor. Es ist harte Arbeit, den Freiern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie klimpert absichtlich mit den Augen. «Oh Schatz, da hab ich eine Idee. Wie wäre es mit einer schönen halben Stunde mit allem Drum und Dran? Beide nackt mit anfassen, gegenseitig Französisch und Verkehr mit Stellungswechsel», schlägt sie vor. Kotz! «Oder wir könnten was Ausgefallenes machen, etwa eine Ölmassage mit Vibratorspielchen bei dir zur Entspannung.» Es geht darum, die perfekte Illusion zu verkaufen. Die 0815-Hausfrauen-Nummer kann er schließlich zu Hause umsonst haben. Erstaunlicherweise sind die Freier, die sich für die ausgefallene Variante entscheiden, oft die großzügigsten und Conny herzlich willkommen, weil sie nicht ficken wollen.

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Jakob lacht: «Nein, ich möchte nichts Ausgefallenes. Aber du gefällst mir. Sehr sogar. Was würde eine halbe Stunde mit dir denn kosten? Mist, keine Ölmassage, das bedeutet Arbeit. Sie überlegt. «Gib mir noch 100 dazu.» Er nickt. «Okay, da kommen wir ins Geschäft. Ich will was erleben!» Conny mimt Begeisterung. «Oh echt? Mensch, toll. Klasse! Na klar, ich werde dich verwöhnen! Gib mir bitte das Geld.» Der Freier greift ein weiteres Mal in seine Geldbörse und reicht ihr den geforderten Betrag. Sie nimmt den Hundertmarkschein und bringt ihn aus dem Zimmer. Das ist eine der goldenen Puffregeln. Knete immer in Sicherheit bringen, damit die Kerle gar nicht erst auf krumme Ideen kommen. Conny ist knallhart und vorsichtig. Sie geht ein paar Meter in Richtung Küche und zieht nun eine bühnenreife Show ab. Sie tut so, als würde ein Haufen gefährlicher Zuhälter gleich nebenan Karten spielen, um zu demonstrieren, dass sie nicht allein im Haus ist. Tut so, 14

als würde sie sich mit ihnen laut über die von ihr noch zu entrichtende Zimmermiete unterhalten. Und simuliert zur Antwort eine tiefe Männerstimme, die ihr sagt, sie soll gefälligst wieder arbeiten gehen. So versucht sie, ihrer ständigen Angst Herr zu werden. Sie hat dieses Spielchen durch häufiges Üben perfektioniert. Darauf fallen die Freier immer herein und sind eingeschüchtert. Zwar nimmt sie längst nicht jeden Freier mit. Wenn sie ein schlechtes Gefühl hat, sagt sie an guten Tagen Nein. Schließlich kann man in keinen Menschen hinein gucken. Da kann der Freier noch so nett zu ihr sein und ist in Wirklichkeit ein psychopathischer Scheißkerl. Sie will noch länger leben. Sie geht zum Gast hinein, ganz Profi. Der hat alles gehört und sagt zwar nichts, aber sein Blick spricht Bände. Mit solchen Typen will er sich nicht anlegen. Steht ja schließlich genug in der Zeitung über die. Mord und Totschlag, Erpressung, Nötigung, Gewalt. Conny setzt sich zu ihm aufs Bett, lächelt und hält Small Talk. Dabei massiert sie immer weiter 15