Studien deS deutSchen AktieninStitutS - Deutsches Aktieninstitut

07.05.2015 - aufbau und die Altersvorsorge nutzen lässt. Unsicherheit besteht auch in Bezug auf die richtige Einordnung des Risikos der Aktienanlage und ...
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Studien des Deutschen Aktieninstituts

Aktienanlage ist Kopfsache Die Einstellung der Deutschen zur Aktie

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Herausgeber: Deutsches Aktieninstitut e.V. Niedenau 13-19 60325 Frankfurt am Main www.dai.de Boerse Stuttgart Holding GmbH Börsenstraße 4 70174 Stuttgart www.boerse-stuttgart.de

1. Auflage, Mai 2015 Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-934579-75-0

Zum Download siehe www.dai.de

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Aktienanlage ist Kopfsache Die Einstellung der Deutschen zur Aktie

Studien des Deutschen Aktieninstituts

5 Vorwort Die Deutschen und die Aktie: Das ist keine einfache Beziehung, denn die deutsche Bevölkerung gilt generell als eher aktienscheu. Gerade einmal gut 8,4 Millionen besitzen Aktien oder Aktienfonds. Damit fristet die Aktie in den Depots nach wie vor ein Nischen­ dasein. Nur gut sieben Prozent des Geldvermögens liegt in Aktien. Das Niedrigzinsumfeld und die Rekordhausse an den Börsen haben hieran nichts geändert – im Gegenteil! Doch was sind die Ursachen dieser vorsichtigen Grundhaltung? Die vorliegende Studie untersucht die Einstellung der Menschen zur Aktienanlage sowie ihr Wissen über die Aktie. Wir schauen damit – bildlich gesprochen – „in die Köpfe“ der Menschen, um Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Aktienkultur in Deutschland zu identifizieren. Tatsächlich sind Unsicherheiten, Missverständnisse und Fehlurteile zur Aktienanlage weit verbreitet. Dies zeigt sich auch in dieser Untersuchung. Häufig wissen die Menschen schlicht nicht, wie sich die Aktienanlage mit kleinen Anlagebeträgen, ohne großen zeitlichen Aufwand und ohne ausgeprägte wirtschaftliche Kenntnisse sinnvoll für den Vermögens­ aufbau und die Altersvorsorge nutzen lässt. Unsicherheit besteht auch in Bezug auf die richtige Einordnung des Risikos der Aktienanlage und den richtigen Umgang damit. Geringes Wissen und Unsicherheit bilden zusammen eine Hürde für eine verbesserte Aktienkultur in Deutschland. Diese Hürde wäre aber überwindbar! Denn die Studie zeigt überraschenderweise auch, dass deutlich mehr Menschen die Eigenschaften der Aktien richtig einordnen als es die Zahl der Aktionäre vermuten lässt. Es ist also Potential vorhanden. Dem Vermögen der Deutschen würde es zweifelsohne gut tun, wenn dieses Potential ausgeschöpft würde. Es ist daher auch ein Anliegen dieser Studie, Unsicherheiten und Missverständnissen mit Fakten zur Aktienanlage zu begegnen. Wir sind überzeugt, dass wir mit einer breiten Aufklärungsarbeit aller Marktteilnehmer – also der Banken und Sparkassen, der Fondsgesellschaften, der Börsen und der börsennotierten Unternehmen – viel für die Aktienkultur tun können. Eine bessere Aktienkultur nimmt in den Köpfen der Anleger ihren Anfang, denn die Anlagekultur in Deutschland ist heute viel zu einseitig auf vermeintlich „risikoarmes Sparen“ ausgerichtet. Ein langfristiger Vermögensaufbau wird so verhindert, obwohl dieser für die Sicherung des Lebensstandards im Alter so wichtig ist. Je länger die aktuelle Niedrig­ zinsphase dauert, umso gravierender werden die Auswirkungen sein. Wer 20 Jahre jedes Jahr 1.000 Euro – also insgesamt 20.000 Euro – zur Seite legt, kommt bei dem derzeitigen Zinsniveau von selten über zwei Prozent am Ende nur auf ein Vermögen von knapp 25.000 Euro vor Kosten und Steuern. Bei einer durchschnittlichen Aktienrendite am deutschen Aktien­markt, die historisch über diese Zeiträume fast nie unter sechs Prozent lag, steht dagegen ein Endvermögen von fast 39.000 Euro zu Buche.

6 Vor diesem Hintergrund führt kein Weg daran vorbei, dass sich Anleger stärker mit den Kapitalmärkten und den Möglichkeiten der Aktienanlage beschäftigen. Und dass der Staat diese Notwendigkeit anerkennt und endlich mit wirkungsvollen Maßnahmen unterstützt. Die Stellhebel hierzu sind vielfältig: Sie reichen von Investitionen in ökonomische Allgemeinbildung in Bezug auf wirtschaftliche Zusammenhänge und Prinzipien der Geldanlage, über die Beendigung der steuerlichen Diskriminierung der Aktie bis hin zu einer entschlosseneren Förderung von Mitarbeiterbeteiligung und Vermögensbildung. Letztlich wird Unsicherheit aber nur über Erfahrung abgebaut. Insofern muss auch der Mut zur Investition belohnt werden. Der Staat kann viel dafür tun, dass die Menschen Erfahrung sammeln.

Dr. Christine Bortenlänger

Dr. Michael Völter

Geschäftsführender Vorstand Deutsches Aktieninstitut e.V.

Vorsitzender des Vorstands der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V.

7 Zusammenfassung Trotz Rekordhausse an den Börsen, Rekorddividenden und historisch niedriger Zinsen auf Bankeinlagen lassen sich die Deutschen nur schwer für die Aktien- oder Aktienfondsanlage begeistern. Im Gegenteil: Die Zahl der Aktienanleger sinkt. Allein im Jahr 2014 kehrte fast eine halbe Million Anleger der Aktienanlage den Rücken. Aktie und Aktienfonds spielen mit einem Anteil am Geldvermögen von gerade einmal gut sieben Prozent eine vernachlässigbare Rolle. Aber was sind die Ursachen der unterentwickelten Aktienkultur? Eine oft geäußerte Vermutung ist, dass die Deutschen tief sitzende Vorurteile und Fehlurteile in Bezug auf Aktien oder Aktienfonds pflegen, die dazu führen, dass die Chancen der Aktienanlage unterschätzt und die Risiken überschätzt werden. Diese Studie bestätigt diese Vermutung auf Basis einer repräsentativen Befragung in vielen Fällen, liefert aber insgesamt ein differenziertes Bild: •

 iele Befragte erkennen, dass Aktien oder Aktienfonds kein kurzfristiges HandelsV oder Spekulationsobjekt sind, sondern über eine überlegene Langfristrendite verfügen, die eng mit den Weltmarkterfolgen der Unternehmen verknüpft ist. Der Langfrist- und Sachwertcharakter von Aktien wird durchaus von der Bevölkerung wahrgenommen.



 ennoch gibt es eine Reihe von folgenschweren Fehleinschätzungen zur Aktien­ D anlage. Besonders hartnäckig halten sich demnach die Vorurteile, dass die Aktienanlage gute bzw. ausgeprägte wirtschaftliche Kenntnisse voraussetzt (74 Prozent der Befragten), bei kleineren Anlagebeträgen nicht sinnvoll ist (55 Prozent), nicht einfach ist (50 Prozent) sowie unsicher und riskant ist (44 Prozent).



 us diesen Vorurteilen resultiert eine spürbare Zurückhaltung gegenüber der A Aktien­anlage. 55 Prozent der Befragten würden von einem fiktiven Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro und bei einem Anlagehorizont von 25 Jahren keinen einzigen Cent in Aktien oder Aktienfonds investieren. Umgekehrt zeigen aber immerhin 45 Prozent Interesse an einer langfristigen Aktienanlage, was deutlich über dem tatsächlichen Anteil der Aktionäre und Aktienfondsbesitzer in der gesamten Bevölkerung in Deutschland liegt. Dieser beträgt derzeit 13,1 Prozent.1 Es ist also Potential vorhanden, das erschlossen werden kann.



 ie Antworten der Aktienbesitzer unterscheiden sich deutlich von denjenigen, D die keine Aktien bzw. Aktienfonds halten. Im Vergleich zu Nicht-Aktienbesitzern schätzen sie die Eigenschaften der Aktienanlage öfter objektiv und (eher) richtig ein. Außerdem gewichten sie die Aktie bei langfristigen Anlageentscheidungen deutlich höher. Aktienerfahrung prägt also offenbar das Bild eines Aktieninvestments positiv.



 icht ganz zwei Drittel der Aktienbesitzer (62 Prozent) sprechen auch im privaten N Umfeld zumindest gelegentlich über Aktien oder Aktienfonds. Sie können daher prinzipiell als Katalysatoren für eine weitere Verbreitung der Aktienkultur agieren.



B  ei zwei Drittel der Nicht-Aktienbesitzer (67 Prozent) sind Aktieninvestments da­gegen im Gespräch mit Freunden, Bekannten oder der Familie überhaupt kein Thema.

1

Siehe Deutsches Aktieninstitut, Aktionärszahlen 2014, www.dai.de.

8 •

 ie Finanzkrise hat die Offenheit, im privaten Bereich über Aktien und Aktienfonds D zu sprechen, verringert. Fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) kommt seltener auf dieses Thema – und zwar weitgehend unabhängig davon, ob es sich bei den Befragten um Aktienbesitzer handelt oder nicht. Nachdem sich bereits die Banken und Sparkassen aufgrund der Regulierung zunehmend aus der Aktienberatung zurückziehen, wird durch die geringere Zahl an privaten Gesprächen über Aktien ein weiterer Katalysator für die Aktienkultur schwächer.



Allen Rekordständen des DAX und der schnellen Erholung der Aktienkurse nach 2008 zum Trotz hat die Finanzkrise auch die Einstellung zur Aktienanlage verschlechtert. Knapp ein Drittel der Befragten (31 Prozent) denkt heute schlechter über Aktien als zuvor, während lediglich drei Prozent eine bessere Meinung haben. Das Risiko kurz- bis mittelfristiger Schwankungen der Aktienkurse verunsichert die Menschen offenbar stärker als die Chance auf langfristig überlegene Renditen.

Insgesamt lässt sich der sehr niedrige Prozentsatz der Aktienanleger in Deutschland zu einem wesentlichen Teil durch diese Unsicherheit erklären. Auf der anderen Seite schätzen viele Befragte die Eigenschaften der Aktienanlage durchaus richtig ein, so dass die Basis für eine verbesserte Aktienkultur in Deutschland besser ist als ein erster Blick auf die Antworten vermuten lässt.

Methodik

Basis der Studie bildet eine repräsentative telefonische Umfrage unter 2.019 Personen im Alter von über 14 Jahren. Diese Befragung wurde im Auftrag des Deutschen Aktieninstituts und der Börse Stuttgart von TNS Infratest im Januar 2015 durchgeführt. Sie orientiert sich an einer ähnlichen Untersuchung, die das Deutsche Aktieninstitut im Jahr 2005 durchgeführt hat.2 Unter den Befragten waren 241 Aktienbesitzer (11,9 Prozent) und 1.778 Nicht-­ Aktienbesitzer (88,1 Prozent). Aktienbesitzer umfassen sowohl Personen, die Aktien im Depot halten, als auch solche, die indirekt über Aktienfonds am Aktienmarkt engagiert sind. Der Anteil der Aktienbesitzer in der Befragung entspricht in etwa dem Anteil der Aktienbesitzer in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2014 (13,1 Prozent). Die Befragten wurden in einem strukturierten Telefoninterview gebeten, einen Fragebogen mit vorgegebenen Antwortoptionen zu beantworten. Sie hatten zudem die Möglichkeit, spontan keine Angabe zu machen oder die Frage nicht zu beantworten, falls sie sich keine Einschätzung zugetraut haben. Diese „keine Angabe/weiß nicht“-Antworten wurden bei der Zusammenstellung der Ergebnisse nicht berücksichtigt. Die Prozentangaben im Text beziehen sich daher – wenn nicht anders gekennzeichnet – auf die Befragten, die sich ein Urteil zu den vor­ gegebenen Antwortoptionen zutrauen. In den Abbildungen ist zudem jeweils an­gegeben, auf wie vielen Antworten die Auswertung im konkreten Fall beruht.

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 eutsches Aktieninstitut, Unkenntnis abbauen – Aktienakzeptanz fördern, Kurzstudie des Deutschen Aktieninstituts D 2/2005.

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1. A  ktien in der Wahrnehmung der Bevölkerung Nicht selten wird der Aktienmarkt in der Öffentlichkeit mit kurzfristigem Handeln gleichgesetzt. Das Kurzfristhandeln wird dabei auf der einen Seite als „Spekulantentum“ gebrandmarkt. Auf der anderen Seite geht von vermeintlich fabelhaften kurzfristigen Gewinnen eine gewisse Faszination aus. Der Hollywood-Klassiker „Wall Street“ mit dem skrupellosen Finanzhai Gordon Gekko als Hauptfigur hat diese Vorurteile der Deutschen noch befördert.

Anleger betrachten Aktien überraschend mehr­heit­ lich nicht als Handels- oder Spekulations­objekt, sondern eher als Langfristanlage Die Mehrheit der Befragten sieht überraschenderweise – und trotz medial gepflegter Vorurteile – Aktien und Aktienfonds nicht primär als Kurzfristanlage (siehe Abbildung 1). Danach gefragt, ob sich mit Aktien/Aktienfonds in kurzer Zeit viel Geld verdienen lässt, antworten 36 Prozent3 nicht zustimmend („überhaupt nicht zutreffend“, „trifft eher nicht zu“). Allerdings gibt es auch diejenigen, für die die Hoffnung auf kurzfristige Handels­ erfolge offenkundig weiterhin das Verständnis von der Aktienanlage prägt (32 Prozent an zustimmenden Antworten). Diese Vorstellung ist dabei unter den aktuellen Besitzern von Aktien oder Aktienfonds (im Folgenden kurz: Aktienbesitzer) weit weniger ausgeprägt als unter denjenigen, die kein Aktieninvestment halten.

„Mit Aktien bzw. Aktienfonds kann man in kurzer Zeit viel Geld verdienen.“ in Prozent

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Aktienbesitzer

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kein Aktienbesitzer

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n = 1.897 n voll und ganz zutreffend

n trifft weitgehend zu

n trifft teilweise zu n trifft eher nicht zu n überhaupt nicht zutreffend

Abbildung 1: Aktien ein kurzfristiges Spekulationsobjekt?

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Alle Prozentangaben beziehen sich auf Personen, die auf die Frage geantwortet haben. Siehe dazu Kasten „Methodik“, S. 8.

10 Menschen erkennen, dass sich Weltmarkterfolge von Unternehmen in Aktien manifestieren Die Befragten erkennen zudem mehrheitlich, dass sich die Weltmarkterfolge von Unternehmen letztlich im Aktienkurs niederschlagen. Dies stimmt positiv, denn es zeigt, dass die Menschen den Sachwertcharakter und damit eine zentrale ökonomische Eigenschaft von Aktien wahrnehmen. Die Rekordniveaus des DAX sowie bei den Dividendenzahlungen mögen diese Wahrnehmung aktuell sogar stärken, so dass diesbezüglich durchaus günstige Voraussetzungen für die Überwindung von Vorurteilen gegenüber der Aktienanlage bestehen. Konkret unterstützen 35 Prozent der Befragten die Aussage (weitgehend), dass sich mit Aktien und Aktienfonds langfristig von den Weltmarkterfolgen deutscher Unternehmen profitieren lässt, während nur 22 Prozent diese Aussage nicht teilen wollen (siehe Abbildung 2). Besonders deutlich fällt die Zustimmung bei den Aktienbesitzern aus (52 Prozent). Vermutlich haben diese gute Erfahrungen mit der Aktienanlage gemacht, was sich in den Antworten entsprechend niederschlägt. Nicht-Aktienbesitzer sind dagegen mit insgesamt 33 Prozent skeptischer, dass sich Unternehmenserfolg auch in Aktienerträgen manifestiert.

„Mit Aktien bzw. Aktienfonds kann man langfristig von den Erfolgen deutscher Unternehmen auf den Weltmärkten profitieren. “ in Prozent

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Aktienbesitzer

kein Aktienbesitzer

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n = 1.858 n voll und ganz zutreffend

n trifft weitgehend zu

n trifft teilweise zu n trifft eher nicht zu n überhaupt nicht zutreffend

Abbildung 2: Aktien und die Weltmarkterfolge deutscher Unternehmen

11 Unsicherheit über die langfristige Renditeeigen­ schaft von Aktien Langfristuntersuchungen zeigen, dass der jährliche Renditevorteil einer breit gestreuten Aktienanlage im Vergleich zu festverzinslichen Anlagen in der Vergangenheit im Mittel zwischen zwei und vier Prozentpunkten betragen hat.4 Dies gilt nicht nur für den deutschen Aktien­markt. Über lange Anlagezeiträume äußert sich dieser Renditevorsprung in einem höheren erzielbaren Vermögen aus der Geldanlage. Dieser Renditevorteil ist den Anlegern allerdings weniger stark bewusst als der Zusammenhang zwischen den Weltmarkterfolgen der an der Börse notierten Unternehmen und den hieraus resultierenden Kursgewinnen und Dividendenzahlungen (siehe Abbildung 3). Zwar stimmen 29 Prozent der Befragten der Aussage vollumfänglich oder zumindest überwiegend zu, dass Aktien langfristig mehr Rendite erzielen als andere Anlageformen. Allerdings zweifeln 31 Prozent an diesem Zusammenhang. Insgesamt tun sich die Menschen erkennbar schwer mit einer richtigen Einschätzung der langfristigen Rendite von Aktien. Dafür spricht auch der relativ hohe Anteil derer, die sich nicht festlegen („trifft teilweise zu“, 40 Prozent).5 Dennoch ist der Renditevorteil der Aktie immerhin knapp einem Drittel der Anleger bekannt.

„Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds bringt langfristig mehr Rendite als andere Anlageformen.“ in Prozent

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Aktienbesitzer

kein Aktienbesitzer

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n = 1.793 n voll und ganz zutreffend

n trifft weitgehend zu

n trifft teilweise zu n trifft eher nicht zu n überhaupt nicht zutreffend

Abbildung 3: Renditevorsprung der Aktie

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5

S iehe Dimson, Elroy/Marsh, Paul/Staunton, Mike (2011), Equity Premia Around the World (October 7, 2011), http://ssrn. com/abstract=1940165 or http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.1940165. Die Frage nach den Renditeeigenschaften der Aktie ist mit rund 11 Prozent der Nennungen zudem die Frage, bei dem sich die meisten Befragten überhaupt kein Urteil („weiß nicht“) zutrauen bzw. spontan keine Angabe machen. Auch dies deutet auf eine recht große Unsicherheit bei der Beantwortung hin.

12 Empfundenes Aktienrisiko ist ein Hemmschuh Die Einschätzungen zu den Grundeigenschaften der Aktienanlage (Sachwert, kein kurzfristiges Spekulationsobjekt, überlegene Langfristrendite) sind zwar von einer spürbaren Unsicherheit geprägt, dennoch liegen die Befragten vielfach oder überwiegend richtig. In einem fehlenden Wissen dazu dürfte daher nicht der Grund für die Aktienscheu der deutschen Bevölkerung liegen. Ein weitaus wichtigeres Thema ist vermutlich, dass die Befragten die Aktienanlage vornehmlich als unsicher und riskant einschätzen (Abbildung 4). 44 Prozent teilen diese Einschätzung vollumfänglich oder weitgehend, während nur 23 Prozent (eher) anderer Meinung sind. Das Risikoempfinden ist in diesem Punkt bei den Nicht-Aktienbesitzern zudem etwas ausgeprägter als bei Aktienbesitzern.

„Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds ist unsicher und riskant.“

in Prozent

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Gesamt

Aktienbesitzer

kein Aktienbesitzer

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4

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n = 1.936 n voll und ganz zutreffend

n trifft weitgehend zu

n trifft teilweise zu n trifft eher nicht zu n überhaupt nicht zutreffend

Abbildung 4: Aktien und das Risikoempfinden der Bevölkerung Offenbar werten die Befragten kurzfristige Kursschwankungen, die bei Aktien ohne Frage auftreten, in ihren Antworten höher als den Umstand, dass sich das Verlustrisiko bei Aktien durch breite Streuung und eine langfristige Anlage spürbar reduzieren lässt. Legt man etwa die Entwicklung des Deutschen Aktienindex DAX von 1965 bis Ende 2014 zugrunde, so verschwand das Risiko von Verlusten am Aktienmarkt ab einem Anlage­ horizont von 13 Jahren vollständig. Unter allen 41 möglichen 10-Jahreszeiträumen seit 1965 waren zudem überhaupt nur zwei Perioden mit einem Verlust in einer breit gestreuten Aktienanlage (Ende 1998 bis Ende 2008 sowie Ende 1999 bis Ende 2009). Die Durchschnittsrendite aller 10 Jahreszeiträume lag dagegen bei jährlich 8,1 Prozent. Ein Anleger konnte damit im Schnitt innerhalb von 10 Jahren sein Vermögen mehr als verdoppeln. Diese Perspektive auf die langfristige Entwicklung der Aktienmärkte ist aber offensichtlich unter dem Eindruck zweier schwerer Kurseinbrüche in den vergangen 15 Jahren verloren gegangen.

13 Viele Menschen halten die Aktienanlage nicht für einfach – Erfahrung hilft aber Zudem hat sich unter den Anlegern der Eindruck verfestigt, dass die Aktienanlage nicht einfach ist. Jeder zweite Befragte gibt (tendenziell) eine solche Einschätzung ab, während nur 20 Prozent der Anleger die Aktienanlage (eher) für einfach halten (Abbildung 5). Auch hier hilft Erfahrung, denn die aktuellen Aktienanleger sind deutlich öfter der Meinung, dass Aktieninvestments einfach zu handhaben sind. Die Frage ist, was die Menschen mit dem Attribut „einfach“ verbinden. Hierüber lässt die Untersuchung keine direkten Schlüsse zu. Es würde jedoch überraschen, wenn die Menschen den „technischen“ Zugang zu Aktien und Aktienfonds im Hinterkopf hätten. Denn: Die Eröffnung eines Depots, der Abschluss eines Fondssparplans oder der Kauf von Einzelaktien ist prinzipiell einfach. Auch sind Aktien und Fonds nicht komplex strukturiert, sondern im Gegenteil einfach zu verstehen und transparent aufgebaut. Daher ist wohl davon auszugehen, dass die Anleger generell den Umgang mit dem Verlustrisiko als nicht einfach einschätzen.

„Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds ist einfach.“

in Prozent

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Aktienbesitzer

kein Aktienbesitzer

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n = 1.847 n voll und ganz zutreffend

n trifft weitgehend zu

n trifft teilweise zu n trifft eher nicht zu n überhaupt nicht zutreffend

Abbildung 5: Aktienanlage als einfache Geldanlage

14 Gute Wirtschaftskenntnisse gelten bei den Anlegern als Voraussetzung für die Aktienanlage Außerdem mögen die Anleger eher ökonomische Zusammenhänge im Kopf haben, wenn sie Aktieninvestments als „nicht einfach“ bezeichnen. Dies legt Abbildung 6 nahe. So sehen fast drei Viertel (74 Prozent) der Befragten gute wirtschaftliche Kenntnisse als Voraussetzung für die Aktienanlage, wobei dieser Anteil bei den Aktienbesitzern mit 68 Prozent nicht wesentlich geringer ausfällt.

„Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds erfordert gute wirtschaftliche Kenntnisse.“ in Prozent

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Gesamt

Aktienbesitzer

kein Aktienbesitzer

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40

50

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35

60 25

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70

80

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5

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100 8

5 4

4

9

n = 1.952 n voll und ganz zutreffend

n trifft weitgehend zu

n trifft teilweise zu n trifft eher nicht zu n überhaupt nicht zutreffend

Abbildung 6: Wirtschaftskenntnisse als Voraussetzung für Aktieninvestments? Zutreffend an dieser mehrheitlichen Einschätzung ist, dass gerade die Beschäftigung mit einzelnen Unternehmen und die gezielte Auswahl einzelner Aktien ein tieferes Verständnis für das Geschäftsmodell des betreffenden Unternehmens, aber auch seines aktuellen Marktumfeldes voraussetzt. Andererseits kann ein Anleger auch ohne intensive Beschäftigung mit Finanz- und Wirtschaftsnachrichten ein erfolgreiches Aktieninvestment vornehmen. Dazu muss er einige wenige Grundregeln der Aktienanlage beachten, die umfassende Kenntnisse über einzelne Unternehmen nicht voraussetzen. Neben der Streuung des eingesetztes Geldes in Aktien verschiedener Branchen sollte vor allem auf die Kontinuität des Aktiensparens geachtet werden, um den Anlageerfolg nicht von einzelnen Entscheidungen über das Timing des Ein- oder Ausstiegs in eine oder mehrere Aktien abhängig zu machen. Außerdem sollten Anleger nicht ausschließlich in Aktien investieren, sondern das Aktieninvestment sollte Bestandteil eines Gesamtportfolios aus Aktien, festverzinslichen Anlagen und ggf. weiteren Anlageklassen sein. Wer diese Grundregeln des Vermögens­ aufbaus (Asset Allocation) beachtet, braucht keine vertieften ökonomischen Kenntnisse über den Aktienmarkt oder gar einzelne Unternehmen.

15 Aktienanlage gilt vielen als Anlage für Vermögende Eine große Unsicherheit herrscht schließlich in Bezug auf die Frage, ab welchem Betrag eine Geldanlage in Aktien oder Aktienfonds empfehlenswert ist (Abbildung 7). Nur 17 Prozent der Befragten erachten ein Aktienengagement auch bei kleineren Beträgen als sinnvoll, während über die Hälfte (55 Prozent) dies nicht so sieht. Richtig an dieser Einschätzung ist, dass die Aktienanlage in der Regel voraussetzen sollte, dass durch bereits vorhandene Ersparnisse eine ausreichende Rücklage gebildet wurde. So können unvorhergesehene Anschaffungen bezahlt werden (wie der neue Kühlschrank oder das Auto, das überraschend kaputt geht), ohne dass Aktien zur „Unzeit“ verkauft werden müssen. Bei der Anlage in einzelne Aktien sollte zudem ein gewisser Mindest­investitionsbetrag vorhanden sein, um eine ausreichende Streuung gewährleisten zu können.

„Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds ist auch für kleinere Anlagebeträge sinnvoll.“ in Prozent

10

0 Gesamt

6

Aktienbesitzer

kein Aktienbesitzer

30

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9

40

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100

28

27

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90

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30

n = 1.851 n voll und ganz zutreffend

n trifft weitgehend zu

n trifft teilweise zu n trifft eher nicht zu n überhaupt nicht zutreffend

Abbildung 7: Die Vorstellung großer Mindestanlagesummen Allerdings gibt es zahlreiche Möglichkeiten, auch „mit kleinem Geld“ in den Aktienmarkt einzusteigen und kontinuierlich ein strukturiertes Aktiendepot aufzubauen. Vor allem Aktienfonds lassen sich mit Monatsbeträgen ab 25 Euro kaufen, ohne dass dabei die Kosten aus dem Ruder laufen. Wer beispielsweise seit 2004 bis Ende 2014 monatlich 50 Euro in einen Aktienfondssparplan (hier berechnet mit einem Ausgabeaufschlag von fünf Prozent und einer jährlichen Verwaltungsgebühr von ein Prozent) gespart hätte, hätte sich am Jahres­ende 2014 über ein Aktienvermögen von fast 8.500 Euro freuen können, wenn man die Wertentwicklung des DAX zugrunde legt. Dem stehen Sparbeträge von 6.000 Euro gegenüber. Die „Verzinsung“ des eingesetzten Geldes lag damit bei rund 6,5 Prozent pro Jahr und wäre bei niedrigeren Ausgabeaufschlägen, die heute oftmals üblich sind, sogar noch höher gewesen. Außerdem kommt es bei einem langfristigen Anlagehorizont generell nicht darauf an, eine bestimmte Aktienquote im Portfolio mit einem Einmalbetrag zu realisieren. Selbst eine breit gestreute Anlage aus einzelnen Aktien lässt sich daher mit vergleichsweise kleinen Beträgen sukzessive aufbauen. Offenbar sind diese Möglichkeiten aber zu wenig im Bewusstsein der Menschen verankert. Dies gilt jedenfalls, solange die Befragten nicht über Aktienerfahrung verfügen. Aktienbesitzer stehen dagegen einem Aktienengagement auch mit kleineren Beträgen weitaus offener gegenüber als die anderen Befragten. Hier halten immerhin 35 Prozent der Befragten eine Aktienanlage auch mit kleineren Beträgen für sinnvoll.

16 Grundwissen zur Aktienanlage vorhanden, aber Unsicherheit führt zu Fehleinschätzungen Insgesamt lassen die Antworten einen gemischten Schluss zu. Erstens schätzen viele Befragte die Eigenschaften der Aktienanlage durchaus richtig ein, so dass die Basis für mehr Aktienkultur in Deutschland besser ist als ein erster Blick auf die Antworten vermuten lässt. So gelten Aktien in der Gesamtschau der Antworten weniger als kurzfristiges Handels- oder Spekulationsobjekt, sondern (eher) als Langfristanlage, deren Rendite vom Erfolg der Unternehmen auf den Weltmärkten abhängt (Abbildung 8). Einige der wichtigen Eigenschaften von Aktien und Aktienfonds sind also bei vielen Befragten bekannt.

Anteil der Personen, die folgende tatsächliche Eigenschaften der Aktienanlage richtig/falsch einschätzen. Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds ... in Prozent

0

10

20

lässt Anleger langfristig (eher) von Erfolgen deutscher Unternehmen auf den Weltmärkten profitieren

22

50

60

70

80

90 100

35

29 31

bringt langfristig (eher) mehr Rendite als andere Anlageformen

23

ist (eher) nicht unsicher und riskant

44 20

ist (eher) einfach

50 17

ist (eher) auch für kleinere Anlagebeträge sinnvoll

n = unterschiedlich

40

36 32

ist (eher) nicht dazu geeignet, in kurzer Zeit viel Geld zu verdienen

erfordert (eher) keine guten wirtschaftlichen Kenntnisse

30

55

13

n richtigerweise zustimmend

74 n fälschlicherweise nicht zustimmend

Abbildung 8: Einschätzung zur Aktienanlage in der Gesamtschau Allerdings offenbaren die Befragten gleichzeitig eine spürbare Unsicherheit über die Eigenschaften der Aktienanlage. Das zeigt sich zunächst in der recht hohen Zahl derjenigen, die sich nicht festlegen wollen (Antwortoption: „trifft teilweise zu“), bewusst keine Angabe machen oder mit „weiß nicht“ antworten. Diese Unsicherheit führt dazu, dass insgesamt weiterhin unübersehbare Missverständnisse oder Fehleineinschätzungen bestehen. Besonders hartnäckig halten sich demnach die Vorurteile, dass die Aktienanlage (eher) gute bzw. ausgeprägte wirtschaftliche Kenntnisse voraussetzt (74 Prozent), bei kleineren Anlagebeträgen (eher) nicht sinnvoll ist (55 Prozent), (eher) nicht einfach ist (50 Prozent) sowie (eher) unsicher und riskant ist (44 Prozent).

17 Aktieninteresse steigt mit Aktienerfahrung Das gespaltene Meinungsbild schlägt sich schließlich auch in den Antworten auf die fiktive Frage nieder, welchen Anteil die Anleger in Aktien bzw. Aktienfonds anlegen würden, wenn sie 10.000 Euro für 25 Jahre anlegen dürften. Je nach Risikoneigung, aktueller Portfoliostruktur und persönlicher Lebenssituation gibt es viele Antworten auf diese Frage, so dass eine objektiv richtige Antwort schwer zu definieren ist. Es ist aber grundsätzlich richtig, bei diesem langen Anlagehorizont zumindest einen Teil dieses Geldes in Aktien anzulegen. Trotzdem gibt weit über die Hälfte der Anleger an, nicht einen einzigen Cent in Aktien oder Aktienfonds investieren zu wollen (55 Prozent). Die Aktienskepsis ist also auch bei einer fiktiven Anlageentscheidung deutlich spürbar (Abbildung 9). Aktienbesitzer würden dagegen deutlich „mutiger“ mit den fiktiven 10.000 Euro umgehen. Das Interesse an Aktien steigt also mit der Aktienerfahrung. Dies ist wenig überraschend. Überraschend ist dagegen, dass auch 29 Prozent der Aktienbesitzer angeben, überhaupt nicht in Aktien investieren zu wollen. Die Frage könnte also von den Befragten in der Richtung interpretiert worden sein, ob sie ein zusätzliches Aktienengagement anstreben. Ob ein zusätzliches Aktieninvestment im Einzelfall sinnvoll ist, hängt wie oben angedeutet von der Portfoliostruktur und von der individuellen Lebenssituation ab. Deshalb ist es z.B. nachvollziehbar, dass Personen mit niedrigem Einkommen in einer fiktiven Anlageentscheidung deutlich häufiger vollständig auf Aktien verzichten würden als andere Befragte.

„Wenn Sie einmal annehmen, Sie hätten aktuell 10.000 Euro zur Verfügung und müssten diese für 25 Jahre anlegen. Wie viel von diesem Betrag würden Sie in Aktien bzw. Aktienfonds investieren?“ in Prozent

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0 Gesamt 2

Aktienbesitzer

11

7

kein Aktienbesitzer 2

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30

40

31

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70

80

90

100

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22

10

50

42

30

29

58

n = 1.974 n Den gesamten Betrag

n Mehr als die Hälfte des Betrags

n Weniger als die Hälfte des Betrags

n Nichts davon

Abbildung 9: Anleger zögern mit der Langfristanlage Immerhin wäre aber fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) bereit, den Betrag von 10.000 Euro langfristig in Aktien zu investieren. Das erscheint zwar nicht viel. Allerdings liegt die Zahl der Aktionäre und Besitzer von Aktienfonds derzeit bei gerade einmal 13,1 Prozent der Bevölkerung. Gemessen daran zeigt sich eine größere Offenheit für die Aktie als die aktuellen Aktionärszahlen vermuten lassen.

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2. A  ktien im privaten Umfeld Der Umfang, in dem Aktien, Kursniveaus oder Dividendenausschüttungen im privaten Umfeld Thema von Gesprächen sind, lässt Schlüsse auf die Aktienkultur in einem Land zu. Wo über Aktien gesprochen wird, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Erfahrungen geteilt werden, dass Wissen über die Aktie gefestigt wird und dass Menschen für die Aktienanlage interessiert werden können, die bislang nicht am Aktienmarkt aktiv sind.

Nur ein Drittel spricht privat über Aktien/Aktien­ fonds – bei Aktienerfahrenen sind es zwei Drittel

„Was würden Sie sagen: wie häufig sprechen Sie derzeit mit Freunden oder Bekannten über das Thema Aktien bzw. Aktienfonds?“ in Prozent

10

0 Gesamt 2

Aktienbesitzer

20

8

4

kein Aktienbesitzer 2 7

30

40

50

22

21

60

70

80

90

100

67

37

38

21

71

n = 2,016 n Häufig

n Gelegentlich

n Selten

n Nie

Abbildung 10: Aktienanlage im privaten Gespräch Über zwei Drittel der Nicht-Aktionäre (71 Prozent) geben an, dass das Thema Aktie überhaupt keine Rolle spielt (Abbildung 10). Die Aktienbesitzer sprechen dagegen relativ oft über Aktien. Rund ein Viertel spricht häufig oder gelegentlich, weitere knapp 37 Prozent sprechen immerhin selten über Dividendenpapiere. Die private Interaktion dieser Personen mit Freunden, Bekannten oder Familie dürfte daher auch mit einer gewissen Katalysator­wirkung auf ihr Umfeld einhergehen.

19 Aktien und Aktienfonds durch Finanzkrise weniger Thema als vor 10 Jahren Allerdings deuten die Ergebnisse der Umfrage auch darauf hin, dass diese Weiterempfehlungswirkung in den vergangenen 10 Jahren nachgelassen hat (Abbildung 11). So geben 45 Prozent der Befragten an, seltener mit Freunden und Bekannten über Aktien und Aktienfonds zu sprechen als vor der Finanzkrise – und zwar weitgehend unabhängig davon, ob es sich bei den Befragten um Aktienbesitzer handelt oder nicht. Neben den Banken und Sparkassen, die sich nicht zuletzt wegen intensiver Regulierung vermehrt aus der Beratung zu Aktien- und Aktienfonds zurückziehen,6 droht damit ein weiterer Katalysator für die Aktienkultur verloren zu gehen.

„Sprechen Sie, verglichen mit der Zeit von vor 10 Jahren, also vor der Finanzkrise, derzeit mit Freunden oder Bekannten häufiger, etwa gleich häufig oder seltener über das Thema Aktien bzw. Aktienfonds?“ in Prozent

10

0 Gesamt

7

Aktienbesitzer

kein Aktienbesitzer

20

30

24

15

6

40

50

60

70

45

30

24

80

90 23

46

45

100

9

25

n = 2.003 n Häufiger als vor der Finanzkrise

n Etwa gleich häufig

n Seltener als vor der Finanzkrise

n Spreche überhaupt nicht über dieses Thema, weder vor der Finanzkrise noch danach

Abbildung 11: Auswirkungen der Finanzkrise auf private Gespräche über Aktien

6

 eutsches Aktieninstitut, Regulierung drängt Banken aus der Aktienberatung: Eine Umfrage unter deutschen KreditinD stituten, Juli 2014.

20 Finanzkrise verschlechtert Einstellung zu Aktien­ investments, Aufklärung erforderlich Gleichzeitig hat die Finanzkrise offenbar die Einstellung zur Aktienanlage verschlechtert (Abbildung 12). Knapp ein Drittel der Befragten denkt heute schlechter über Aktien als zuvor (31 Prozent), während lediglich drei Prozent eine bessere Meinung haben. Auch dieser Befund ist relativ unabhängig davon, ob es sich bei den Befragten um Aktien­ besitzer handelt oder nicht.

Veränderung der Einstellung zu Aktien bzw. Aktienfonds durch die Finanzkrise in Prozent

10

0 Gesamt 3

Aktienbesitzer

20

40

31

4

kein Aktienbesitzer 2

30

50

60

70

80

90

100

67

37

30

59

68

n = 1.938 n Ich denke heute positiver über Aktien bzw. Aktienfonds

n Ich denke heute negativer über Aktien bzw. Aktienfonds

n Meine Einstellung zu Aktien bzw. Aktienfonds hat sich durch die Finanzkrise nicht verändert

Abbildung 12: Auswirkungen der Finanzkrise auf die Einstellung zu Aktien Objektiv ist diese Entwicklung nur schwer zu erklären: Zwar haben Aktien durch die Kurseinbrüche der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 vorübergehend an Wert verloren. Die Ursachen der Finanzkrise sind aber nicht in den Aktienmärkten zu suchen, sondern abseits der Börse. Außerdem hat der Aktienmarkt diese Tiefststände der Krise längst überwunden und neue Rekordniveaus erreicht. Es hat sich damit selbst in der schwersten wirtschaftlichen Verwerfung der Nachkriegszeit bewiesen, dass sich langer Atem bei der Aktienanlage auszahlt. Wer am Tag des Lehman-Konkurses, also am 15.9.2008 Aktien gekauft hat, kann sich gemessen an der Entwicklung des DAX heute beispielsweise über ein Vermögensplus von fast 100 Prozent freuen. Die starke wirtschaftliche Erholung deutscher Unternehmen nach der Krise macht dies möglich. Festverzinsliche Anlagen verharren dagegen auf historisch niedrigen Zinsniveaus, und der Glaube an die Sicherheit von Staatsanleihen hat in den vergangenen Jahren ebenfalls erheblich gelitten.

21 Offenbar prägen heftige – wenn auch kurzfristige und vorübergehende – Kursstürze die Menschen deutlich stärker als die objektiv sehr gute Rendite und die positive Langfristentwicklung am Aktienmarkt. Die überzogene Angst vor Verlustrisiken und das Gefühl, die Aktienanlage sei nur für Menschen mit guten Wirtschaftskenntnissen geeignet (siehe oben), mögen daher durch die Finanzkrise noch einmal gesteigert worden sein. Vor­ urteile, die schon vor der Krise bestanden, scheinen sich dadurch noch einmal gefestigt zu haben. Umso wichtiger ist es jedoch, durch breite Aufklärungsarbeit den offensichtlich be­ stehenden Vorurteilen entgegenzuwirken. Dies ist Aufgabe aller Marktteilnehmer, aber auch der Politik.

22

Das Deutsche Aktieninstitut arbeitet als etablierter Interessenvertreter aktiv an der Gestaltung der deutschen und europäischen Kapitalmärkte und ihrer Rahmenbedingungen mit. Es repräsentiert die am Kapitalmarkt interessierte deutsche Wirtschaft. Die rund 200 Mitglieder sind börsennotierte Aktiengesellschaften, Banken, Börsen, Investoren und andere wichtige Marktteilnehmer. Das Deutsche Aktieninstitut wurde 1953 gegründet und unterhält Büros in Frankfurt am Main, in Brüssel und in Berlin. Nähere Informationen zum Deutschen Aktieninstitut finden Sie unter www.dai.de.

Die Börse Stuttgart ist die Privatanlegerbörse in Deutschland. Anleger können in Stuttgart Aktien, verbriefte Derivate, Anleihen, Fonds und Genussscheine handeln – zu Bedingungen, die sonst nur institutionellen Investoren vorbehalten sind. Im börslichen Handel mit Unternehmensanleihen ist Stuttgart Marktführer in Deutschland, bei verbrieften Derivaten sogar europäischer Marktführer. Mit einem jährlichen Handelsvolumen von rund 88 Milliarden Euro in allen Anlageklassen belegt die Börse Stuttgart im europäischen Vergleich den zehnten Rang.

AUTOREN Dr. Gerrit Fey Leiter Kapitalmarktpolitik Deutsches Aktieninstitut e.V. Telefon +49 69 92915-0 Telefax +49 69 92915-12 E-Mail [email protected]

Bernd Stockmann Leiter Unternehmenskommunikation Boerse Stuttgart Holding GmbH Telefon +49 711 222985-741 Telefax +49 711 222985-555 E-Mail [email protected]

ISBN 978-3-934579-75-0

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