Strom für London

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Energietechnik

Strom für London Ein neues Erdkabel hilft, den enormen Energiebedarf der Metropole zu sichern Stephen Trotter

ABB hilft dabei, Londons Stromversorgung für viele Jahre zu sichern. Im Rahmen mehrerer kürzlich abgeschlossener Projekte im Auftrag des Netzbetreibers National Grid wurde die Versorgungsinfrastruktur der Hauptstadt um eine 20 km lange Hochspannungs-Erdkabelverbindung und zwei große gasisolierte Innenraum-Schaltanlagen erweitert, um den schnell wachsenden Energiebedarf der Hauptstadt zu decken.

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er Energiebedarf im Vereinigten Königreich steigt kontinuierlich – in London sogar doppelt so schnell wie im landesweiten Durchschnitt – und laut Vorhersagen wird dieser Trend noch mindestens 10 Jahre anhalten. Um die zukünftige Stromversorgung der Hauptstadt zu sichern, hat der Netzbetreiber National Grid seit 1990 über eine Milliarde Euro in den Ausbau des Stromnetzes in und um London investiert. Das entspricht etwa 20 % seiner Investitionen in ganz England und Wales. Unter anderem beauftragte National Grid ABB mit einem schlüsselfertigen Dreijahresprojekt, das im Sommer 2005 abgeschlossen wurde. Ziel des Projekts war die Realisierung der so genannten «London Connection», einer neuen Kabelverbindung, die den Strombedarf der Hauptstadt und der Region nordwestlich davon decken soll.

Die «London Connection»

Das Kabel der «London Connection» verläuft in einem 20 km langen Tunnel mit einem Durchmesser von 3 m und verbindet eine erweiterte Unterstation in Elstree mit einer von ABB gebauten Unterstation in St John‘s Wood. Hierbei handelt es sich um das größte Tunnelbauprojekt in der Geschichte des Netzbetreibers National Grid. Das Kabel verfügt über eine wartungsarme Hightech-Isolierung aus vernetztem Polyethylen (VPE) und ist zurzeit das längste 400-kV-Erdkabel dieser Art in Europa 1 . Ein ähnliches Kabel wurde von ABB bereits 1998 in Berlin verlegt. Im Rahmen des Londoner Projekts wurden insgesamt 61 km Kabel mit einem Durchmesser von 150 mm und einem Gesamtgewicht von 2.440 t auf 63 ABB Technik 3/2006

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riesigen Trommeln von ABB geliefert, verlegt, in Betrieb genommen und getestet.

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400-kV-VPE-Erdkabel von ABB

Die Unterstation in St John‘s Wood

Neben der Sicherung des steigenden Strombedarfs war die Modernisierung der Unterstation von St John‘s Wood im Westen Londons dringend notwendig, um dem zusätzlichen lokalen Bedarf gerecht zu werden.

Tilbury transportiert. Um den Straßenverkehr so wenig wie möglich zu stören, wurden alle Transformatoren in den frühen Morgenstunden zur Baustelle gebracht (Titelbild). Dazu mussten einige Einrichtungen wie Schilder und Ampeln entlang der Strecke entfernt und bestimmte Streckenabschnitte und Brücken verstärkt werden. Steuerung und Schutz

National Grid entschied sich für den Bau einer komplett neuen Unterstation. Obwohl an dieser Stelle bereits ein Kraftwerk gestanden hatte, gab es nur sehr wenig ungenutzte Fläche. Da Baugrund in diesem Teil Londons extrem knapp ist, konnten keine weiteren Grundstücke angekauft werden. Also musste die neue 400-kV-Unterstation mit 18 Schaltfeldern auf einer Fläche von lediglich 90 × 30 m untergebracht werden. Da die Unterstation nicht nur auf engem Raum untergebracht, sondern auch möglichst unauffällig in die Umgebung integriert werden musste, fiel die Wahl auf die kompakten gasisolierten Schaltanlagen von ABB 3 .

Unterstation im Vereinigten Königreich. Die Geräte von ABB sind auf einen minimalen Gasaustritt ausgelegt, wobei die Leckageüberwachung sowohl lokal als auch aus der Ferne erfolgen kann.

Als Generalunternehmer war ABB für alle Aspekte des Projekts in St John‘s Wood verantwortlich. Dazu gehörte die Stilllegung der alten Anlage, die Installation der neuen Anlage, die Modernisierung älterer Anlagenteile und die Realisierung der Schnittstellen zwischen Alt und Neu. Da es keinen «Ablageplatz» auf der Baustelle gab, war eine sorgfältige Planung erforderlich. Sämtliche Lieferungen mussten «just in time» erfolgen, wobei es das umliegende enge Wohngebiet zu berücksichtigen galt. Einen Eindruck vom Umfang dieses Unterfangens gibt die Zahl der erforderlichen Fahrzeugbewegungen. So waren allein für die GIS-Ausrüstung 200 Fahrten und für die Bauarbeiten fast 7.500 Fahrten notwendig.

Für den seltenen Fall, dass Wartungsoder Reparaturmaßnahmen notwendig sind, ist durch die Konstruktion der Schaltanlage eine maximale Systemverfügbarkeit sichergestellt, da nur die betroffenen Komponenten bzw. das betroffene Schaltfeld abgeschaltet werden müssen.

GIS-Anlagen

Die Schaltanlage in St John‘s Wood ist derzeit die größte 400-kV-GISABB Technik 3/2006

Die Unterstation kann von der zentralen National Grid Leitstelle in Wokingham aus gesteuert werden. Darüber hinaus ermöglicht eine Reserveleitwarte die Überwachung der Station und des Tunnels einschließlich der Schaltanlagen, Schutzeinrichtungen, Leistungsmessungen, Gebäudesysteme und der Sicherheitssysteme vor Ort. Als Kommunikationsmedium werden hauptsächlich Glasfaserkabel verwendet, da sie hohe Übertragungsraten ermöglichen und unempfindlich gegenüber elektrischen Störungen sind. Alle Geräte werden mithilfe von GPS-Technologie (Global Positioning System) zeitsynchronisiert. Das Umfeld

Autotransformatoren

Das ABB-Team vor Ort arbeitete eng mit National Grid zusammen, um ein gutes Verhältnis zu den Anwohnern zu wahren. So wurden zum Beispiel Informationsschreiben an ca. 1.500 Haushalte verteilt, um über größere Aktivitäten wie Rammarbeiten oder die Anlieferung von Schwerlasten zu informieren. Außerdem wurde eine 24-Stunden-Hotline für betroffene Bürger eingerichtet. ABB reagierte schnell und umfassend auf alle Probleme, zum Beispiel als der Aufbau eines 30 m hohen Krans den Fernsehempfang einiger Anwohner störte.

Vier ABB-Autotransformatoren (240 MVA, 400/132 kV) senken die Spannung des eingespeisten Stroms auf das erforderliche lokale Niveau. Die riesigen Maschinen mit einem Gewicht von je 171 Tonnen wurden per Schiff in den Londoner Hafen

Während des gesamten Projekts galten sehr hohe Arbeitssicherheitsstandards, und im Jahr 2004 wurde ABB für 250.000 erfolgreich geleistete Arbeitsstunden ohne Ausfälle durch Verletzungen ausgezeichnet.

Die Anforderungen hinsichtlich der Gebäudehöhe wurden durch den Bau eines sechs Meter tiefen Kellergeschosses unter dem Schalthaus erfüllt.

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City Road North

Während ein ABB-Team im Westen Londons tätig war, befasste sich ein zweites Team auf der anderen Seite der Stadt mit dem Bau der neuen Unterstation «City Road North», der im Rahmen der städtebaulichen Erneuerung des City Road-Kanalbeckens in Islington im Norden Londons durchgeführt wurde. Die neue Unterstation, die in der Nähe der bestehenden Unterstation City Road errichtet wurde, ist ein zentraler Bestandteil im Programm des örtlichen Stromversorgers EdF zur Stärkung des Versorgungsnetzes für den Norden

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Londons. Um die optische Beeinträchtigung der Umgebung durch die Unterstation so gering wie möglich zu halten, wurde sie in einem neuen, von Marwick Architects entworfenen Backsteinbau untergebracht. Dies passte auch in das Sanierungskonzept der Stadtverwaltung von Islington zur Schaffung neuer Erholungsmöglichkeiten und Aufwertung des städtischen Umfelds. ABB war verantwortlich für die gesamte technische Planung und alle Bauarbeiten für City Road North sowie die vollständige Installation und Inbetriebnah-

Das ABB-Kabel wird auf riesigen Trommeln geliefert.

me der Schaltanlagen und der Nebeneinrichtungen. Die erste Aufgabe des Projektteams vor Ort war der Abriss eines Bürogebäudes, um Platz für die neue Unterstation zu schaffen. Eine besondere Herausforderung stellte die Lage der Baustelle inmitten von Wohn-, Geschäfts- und Industriegebäuden sowie die direkte Nachbarschaft zum Regent Canal dar. Allein für den Anund Abtransport schwerer Maschinen und Materialien war ein hohes Maß an logistischer Planung erforderlich. Ebenfalls zum Projekt gehörte die Umleitung eines vorhandenen 400-kVKabels, das zuvor die alte Unterstation City Road mit der Unterstation im knapp 10 km entfernten West Ham im Osten Londons verbunden hatte. Die Umleitung war notwendig, um die Stromkreise West Ham/City Road North und City Road North/West Ham zu schließen. Die Arbeit geht weiter

Die hervorragende Leistungsbilanz der ABB-Technik in St John‘s Wood und City Road North sowie die Fähigkeit des Unternehmens, enge Lieferzeiten einzuhalten, haben National Grid dazu bewogen, ABB mit zwei neuen Erweiterungsprojekten zu betrauen, die zurzeit durchgeführt werden.

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Die kompakten gasisolierten Schaltanlagen von ABB lassen sich auf engstem Raum installieren.

Die neuen Schutz- und Automatisierungssysteme für die Unterstation City Road basieren auf der standardisierten NICAP-Philosophie (National Scheme for Integrated Control and Protection) von National Grid. Dieser Ansatz erlaubt die Verwendung von vorprojektierten, vorab getesteten und freigegebenen Lösungen, die eine rasche Integration der neuen Schaltfelder in die bestehenden Systeme der Unterstation und somit eine deutliche Verkürzung der Lieferzeiten ermöglichen.

Stephen Trotter ABB Power Systems Stone, England [email protected]

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ABB Technik 3/2006