Finanz
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Mittwoch, 1. Juli 2015 · Nr. 51
Staatsfonds für die Schweiz wird salonfähig SCHWEIZ Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz bricht eine Lanze für ein stärkeres Engagement des Staats. Der Bundesrat wird die Frage «in aller Offenheit» prüfen. THomaS WySS
Staatsfonds ist nicht gleich Staatsfonds
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ie Idee eines Schweizer Staatsfonds wird salonfähig – solange nicht die Devisenreserven der Nationalbank dafür eingesetzt werden. Nachdem der Bundesrat soeben mit einem Postulat aufgefordert wurde, eine breite Auslegeordnung zu machen, hat Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz in dieser Woche das Swiss International Financial Forum (SIFF) in Bern genutzt, für einen solchen Fonds eine Lanze zu brechen. Patrick Odier, Präsident der Bankiervereinigung, kann der Idee ebenfalls positive Seiten abgewinnen. Bislang waren die Fronten klar: Nationalbank und Wirtschaftsdachverband Economiesuisse waren klar gegen einen Staatsfonds. Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner mahnt zur Vorsicht. Die UBS lässt ihren Chefökonomen Andreas Höfert (auch in der FuW) für die Idee weibeln, Vertreter von Vontobel und Pictet äusserten sich in der Vergangenheit positiv. Jetzt kommt Bewegung in die Sache. «Wir werden die Fragen des Staatsfonds und der möglichen Investitionen prüfen», versprach Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, als der Ständerat vor zehn Tagen ein entsprechendes Postulat von Ständerat Konrad Graber überwies. «Nun können der Bundesrat und dieVerwaltung eine breite Auslegeordnung zu diesem Thema vornehmen», erhofft sich Ständerat Graber im Gespräch mit der FuW.
Investment als Chance
Hector Sants bei Julius Bär: Julius Bär hat Sir Hector Sants mit Wirkung per 1.Juli 2015 zum Chairman von Julius Baer in London ernannt. Er tritt die Nachfolge von Gian Rossi an. Sants arbeitete unter anderem bei Credit Suisse First Boston, der britischen Finanzaufsicht Financial Services Authority (FSA) oder Barclays. Er wird als Vice Chairman und Partner bei der Managementberatung Oliver Wyman tätig sein. Neues VR-Mitglied für EFG: EFG International hat Susanne Brandenberger als neues Mitglied des Verwaltungsrats ernannt. Sie ist noch bis September 2015 bei Vontobel tätig, wo sie seit 2004 als Managing Director sowie Leiterin Risk Control und Mitglied des Finance & Risk Management-Teams der Gruppe fungiert. Davor war sie Leiterin Market Risk & Credit Risk (2002 bis 2004) sowie Leiterin Market Risk Control. GAM verändert Geschäftsleitung: Martin Jufer, Mitglied des Group Management Board und zuständig für Operations in Europa, wird für die funktionsübergreifende Zusammenarbeit, Aufsicht und Governance der Gesellschaften von GAM in Kontinentaleuropa verantwortlich sein sowie das PrivateLabelling-Geschäft führen. Larissa Alghisi Rubner, Kommunikation, wird neu Mitglied des Group Management Board. Willis und TW bilden Beratungsriesen: Der Versicherungsbroker Willis Group und das Beratungsunternehmen Towers Watson & Co. schliessen sich über einen Aktientausch zu einem Dienstleister mit 8,2 Mrd.$ Jahresumsatz zusammen. Die in New York kotierten Aktien beider Unternehmen avancierten im Dienstagshandel. Aus Steuergründen befindet sich der Unternehmenssitz in Irland, wo Willis bereits domiziliert ist.
Seiner Meinung nach darf man das Thema nicht aus einer «spekulativen, ängstlichen» Perspektive anschauen, sondern muss einen Staatsfonds als globale Wirtschaftsförderung sehen: «Da entstehen Kontakte und Netzwerke, die – wie bestehende Fonds wie jener von Singapur zeigen – für ihre eigenen Interessen und für die eigenen Unternehmungen eingesetzt werden.» Ein solcher Fonds ist für Pierin Vincenz auch Chance und Herausforderung für den Finanzplatz Schweiz: Das Management eines solchen Fonds sei auch eine Wissensfrage. «Wir haben in der Schweiz über Jahre ein Know-how aufgebaut, das wir einsetzen können.»
Was die Finanzierung und die Investments eines solchen Fonds betrifft, hat Patrick Odier klare Vorstellungen. «In der laufenden Diskussion werden die Idee eines Staatsfonds und eines Nationalbankfonds vermischt. Ich bin entschieden gegen einen Nationalbankfonds, denn das wäre das falsche Instrument.» Gegen einen Fonds, ob er Staatsfonds heisst oder anders, zur Finanzierung der Infrastruktur in der Schweiz, hat Patrick Odier jedoch nichts – im Gegenteil. «Das finde ich sehr wünschenswert, denn wir sind in Sachen Infrastruktur in der Schweiz nicht so effizient, wie wir glauben.» PierinVincenz will sich in der Frage der Finanzierung des Fonds nicht festlegen lassen. «Man könnte das auch unabhängig von der Geldpolitik machen. Aber in welchem Anlagevehikel die Reserven der Nationalbank oder mindestens Teile davon sind, kann über einen Staatsfonds geregelt werden.» Der Raiffeisen-CEO, der schon bald das Präsidium der HelvetiaVersicherung übernimmt, plädiert dafür, solche Fragestellungen «etwas dynamischer» anzugehen. Dieser Meinung scheint auch Bundesrätin WidmerSchlumpf zu sein. «Wir werden diese Fragen in aller Offenheit angehen und die Vor- und Nachteile darstellen», versprach sie im Ständerat.
Prominenter Fürsprecher für Staatsfonds: Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz.
Dem pflichtet Patrick Odier, Präsident der Bankiervereinigung bei. Er sieht Möglichkeiten für die Finanzbranche: «Die Finanzinstitute könnten gemeinsam eine Entscheidung treffen, Geld zur Verfügung zu stellen, so dass man die besten Talente für diese Investitionen an sich ziehen kann.» Der Anlagebedarf der Pensionskassen und der AHV könnte dabei berücksichtigt werden. «Es darf kein Tabu sein, über solche Fragen nachzudenken», sagte Patrick Odier am SIFF in Bern.
«10000 Fr. für jeden Bewohner der Schweiz» Thomas Müller, CEO der Banque CIC (Suisse), fordert radikale Massnahmen der Nationalbank und ein Ende des Negativzinses. ValEnTIn adE
Der Chef der Banque CIC (Suisse), Thomas Müller, fordert von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) die Ausschüttung von 10000 Fr. aus deren Devisenreserven an jeden Bewohner der Schweiz. Dadurch könnte der Franken auf ein normaleres Niveau geschwächt werden, ohne die Wirtschaft und die Arbeitnehmer zu belasten, sagt der CEO der Auslandbank mit Sitz in Basel. Dann bräuchte es auch keine Negativzinsen mehr.
«Schweizer Anleger haben keinen sicheren Hafen mehr und erhalten keinen Ertrag mehr auf ihren Konten.» Angesichts der Geldpolitik der bedeutenden Zentralbanken «muss man über unkonventionelle Massnahmen auch in der Schweiz diskutieren», sagt Müller im Gespräch mit FuW. Die US-Notenbank betreibe Quantitative Lockerung (Anleihenkäufe), die Europäische Zentralbank kauft ebenso in grossem Umfang Staatspapiere und auch die Bank of Japan weitet die Geldmenge extrem aus. Die Schweiz hingegen würde immer noch traditionelle Lösungsansätze verfolgen. «Dadurch wird der Wohlstand der Schweiz reduziert», kritisiert Müller. Vor allem die Einführung der Negativzinsen durch die SNB habe sich für Müller als untauglich erwiesen. «Schweizer Anleger haben keinen sicheren Hafen mehr und erhalten keinen Ertrag mehr auf ihren
Konten, die Pensionskassen müssen Negativzinsen zahlen und auf dem Obligationenmarkt gibt es kaum Rendite mehr.» Die Anleger würden in Aktien und Immobilien gedrängt, wodurch in diesen Anlageklassen die Preise und damit die Gefahr von Spekulationsblasen steige. Probatere Mittel sieht Müller in drei direkteren Optionen. Einmal könnte mit den Reserven der SNB ein Staatsfond gegründet werden (vgl. Artikel oben), oder es könnten 100 Mrd. Fr. in die AHV fliessen, um dem Vorsorgeproblem zu begegnen. Die von ihm favorisierte Lösung wäre allerdings die direkteste und radikalste: «Jeder Bewohner der Schweiz soll 10000 Fr. zur individuellen Verfügung erhalten.»
die im heutigen Umfeld mit sinkenden Steuereinnahmen rechnen müssen?» Müller glaubt, nur geldpolitische Dogmatiker könnten etwas gegen seinen Vorschlag haben.
Institut ist Teil von Crédit Industriel et Commercial (CIC), eine französische Gruppe regionaler Banken. Diese befindet sich seit 1998 mehrheitlich im Besitz von Crédit Mutuel. Unter Müllers Ägide beschreitet das Geldhaus einen konsequenten Wachstumskurs. Seit 2010 sind die Kundenvermögen auf rund 10 Mrd. Fr. deutlich gewachsen. Die Bank ist mit acht Standorten vor allem in derWestschweiz präsent. Nun will sie in der Deutschschweiz zulegen. «Es gibt einige Banken, die für uns sicher eine interessante Ergänzung wären», sagt Müller. «Wir hoffen, in den nächsten Jahren mindestens eine relevante Akquisition zu tätigen.» Der Fokus liegt dabei auf Schweizer Unternehmen und Unternehmern.
Auf Wachstumskurs Auf die Frage ob dieses Konjunkturprogramm nicht nur einen Strohfeuer entfachen würde, räumt Müller ein, dass auch dies kein Allheilmittel sein muss. «Es ist der Versuch eines Befreiungsschlags», so Müller, «eine Initialzündung, die es braucht, um danach wieder zu einer vernünftigen Entwicklung zurückzukehren.» Thomas Müller führt die Banque CIC (Suisse) seit 2010. Das 1909 gegründete
Für alle Generationen Mit der aktuellen Bevölkerung würden rund 82,6 Mrd. Fr. ausgeschüttet. Das auf alle Generationen zu verteilende Geld würde je nach Präferenz in den Konsum, in die Vorsorge und in Investitionen fliessen. Die Wirtschaft würde angekurbelt, und die Inflation könnte angeheizt werden. «Alle in der Bevölkerung würden profitieren, der starke Franken würde geschwächt und so wieder in ein stabiles Verhältnis zu den wichtigsten Währungen der Welt gebracht werden», so Müller. Politisch rechnet der CEO der CréditMutuel-Tochter seinem Vorschlag durchaus Chancen ein. «Wer sollte sich dagegen sträuben?», fragt Müller. «Die Arbeitnehmer, deren Renten heute gefährdet werden und deren Löhne unter Druck stehen, die Unternehmen, die immer mehr Mühe haben ihre Produkte abzusetzen und deshalb kaum noch investieren wollen, Bund und Kantone,
Zur Person
BILD: ZVG
Kurz notiert
und die Gelder breit anzulegen. Heute konzentrierte sich die Frage der Finanzierung darauf, das Tief- oder Negativzinsumfeld für die Ausgabe langfristiger Obligationen zu nutzen. In einem soeben im Ständerat an den Bundesrat überwiesenen Postulat ist von 30 bis 50 Jahren die Rede. Zudem bestehen auch Ideen, die Gelder aus den Sozialwerken in der einen oder anderen Form zu involvieren. Was die Anlagemöglichkeiten betrifft, so wird einerseits über strategische Engagements in ausländische Gesellschaften, andererseits über notwendige Investments in TW die Schweizer Infrastruktur diskutiert.
Keine Tabus
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Unterstützung erhält Konrad Graber nun von Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz: «Im Nachhinein kann man sagen, es wäre schön gewesen, hätten wir 2008/2009 einen Staatsfonds gegründet. Damit hätten wir einiges finanzieren können, was es bei uns in der Schweiz zu sanieren gibt.» Einen global aktiven Schweizer Staatsfonds sieht er als grosse Chance. «Er würde Investitionen in andere Unternehmungen und in andere Regionen der Welt erlauben. Damit würde auch der Weg geebnet für die eigene Exportindustrie.»
Viele Leute diskutieren über einen Staatsfonds für die Schweiz, aber nicht alle sprechen vom gleichen. Sowohl was die Finanzierung eines solchen Fonds wie auch die möglichen Investitionen betrifft, gibt es grosse Unterschiede. Zur Finanzierung: Lange Zeit wurde diskutiert, einen Teil der Devisenreserven der Nationalbank in einen Staatsfonds überzuführen. Vontobel-CEO Zeno Staub und Pictet-Partner Renaud de Planta plädierten in einem vielbeachteten Beitrag vor drei Jahren dafür, ein Viertel der damaligen Devisenreserven, also rund 100 Mrd. Fr., in einen entsprechenden Fonds zu legen
Thomas Müller will den grossen Wurf.
Thomas K. Müller (51) ist seit bald fünf Jahren Chef der Banque CIC (Suisse), einer Tochter der französischen Crédit Mutuel. Er folgte auf den Interims-CEO Henry Fauche, der nach dem überraschenden Rücktritt von Hans Jakob Brunner übernommen hatte. Vor seiner Zeit bei der Banque CIC leitete Müller das Premium Banking der Migros Bank, wo er als Mitglied der Geschäftsleitung auch für das Private Banking, den Kapitalmarkt und das Asset Management verantwortlich zeichnete. Davor führte der Basler bei der Waadtländer Kantonalbank das Deutschschweizer Geschäft. Bei der Credit Suisse war er zudem Regionalleiter des Corporate Banking. Thomas Müller lebt in Binningen (BL), hat eine Tochter, ist Fan des FC Basel und interessiert sich für Va Kunst und Kultur.