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Neo? Langer, schwarzer. Mantel, böser Blick und schon bist du der Held, oder wie?“ .... dir bald sagen, was sie vorhaben. Übrigens … soll ich Robert anrufen?
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Nathan Jaeger

Seelenwächter Band 2 – Teras

Der Bruderkrieg Fantasy © 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung: Nathan Jaeger Lektorat/Korrektorat: www.wort-waechter.net und www.lektoratte.de Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0493-1 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt .

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Für Ma und Pa, die seit Jahren unter meiner Fantasie und meiner Schreibwut leiden. Danke für Eure Geduld.

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Vorwort DIE WOHL MENSCHLICHSTE EIGENSCHAFT , DIE ICH WÄHREND MEINER STUDIEN DER RASSE MENSCH ENTDECKTE, IST DIE, DEN AUSLÖSER EINER POTENTIELLEN GEFAHR ZUM FEIND ZU ERKLÄREN. DOCH WAS IST EIN FEIND? EIN KONKURRENT, EIN ANDERSDENKENDER, EIN STÄRKERER? IN DEN MEISTEN FÄLLEN FÜHLEN MENSCHEN SICH DAVON BEDROHT, DASS JEMAND ‚BESSER‘ IST ALS SIE SELBST . MÄCHTIGER, SCHNELLER, SCHLAUER, HINTERLISTIGER, GEFÄHRLICHER. DOCH WAS PASSIERT, WENN ZWEI EBENBÜRTIGE, ZWILLINGE, ZU FEINDEN WERDEN? WENN AUS EINER ENTTÄUSCHUNG, EINEM MISSVERSTÄNDNIS ODER EINER PRIVATEN NIEDERLAGE EIN KRIEG ERWÄCHST, DER UNBETEILIGTE DAS LEBEN KOSTET ? AUS VERMEINTLICHEM RECHT WIRD UNRECHT UND AUS LIEBE WIRD HASS. ES IST INTERESSANT, DIE MENSCHHEIT AUS DIESER P ERSPEKTIVE ZU BETRACHTEN. UNBETEILIGT UND 4

TATEN, HÖRE ICH IHRE RECHTFERTIGUNGEN UND BEGREIFE, WIE SCHWERWIEGEND MEIN EID AUF MIR LASTET. DER EID , MICH UNTER KEINEN UMSTÄNDEN IN DAS EINZUMISCHEN, WAS GESCHIEHT. DAZU VERDAMMT, DIE ZWILLINGE TERAS UND COLIN ZU BEOBACHTEN, OHNE IHNEN JEMALS HELFEN ZU KÖNNEN. ICH FRAGE MICH, OB ICH DIESEN SCHWUR BRECHEN WÜRDE, WENN EINER VON IHNEN IN LEBENSGEFAHR GERIETE. EINE ANTWORT FINDE ICH NICHT. NICHT IN MEINEM GEIST, NICHT IN MEINEM H ERZEN. SO BLEIBE ICH, FARUKH FOTJA EL BENDAJ, ZUSCHAUER. ZUSCHAUER UND GROßVATER. OB DIE, DIE SICH TERAS NENNT, IRGENDWANN DEN BEINAMEN ‚FOTJA‘ TRAGEN ODER COLIN JEMALS ‚ORIKTO ‘ HEIßEN WIRD? ICH WEIß ES NICHT UND ICH HABE KEINEN EINFLUSS DARAUF. DER ERSTE VOLLSTÄNDIGE WANDEL HÄNGT ALLEIN VON IHNEN SELBST AB. MANCHMAL ERTAPPE ICH MICH DABEI, MIR ZU WÜNSCHEN, DASS SIE NIEMALS WANDELN, NIEMALS DOCH BETROFFEN SEHE ICH IHRE

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MENSCHHEIT BRINGEN, WOZU SIE IN DER LAGE SIND. DOCH LÄSST MICH DIESER GEDANKE BESCHÄMT ZURÜCK. DAS GESCHLECHT MEINER VORFAHREN, DER FORTBESTAND DER HERRSCHERFAMILIE WÄRE DADURCH IN GEFAHR. DER DÄMON, DER ICH BIN, VERLANGT, DASS SIE IHR ERBE ANERKENNEN UND EINES TAGES MEINEN P LATZ EINNEHMEN. DER GROßVATER IN MIR HOFFT SCHLICHT DARAUF, DASS SIE GLÜCKLICH WERDEN. AUCH IN MEINER BRUST SCHLAGEN ZWEI H ERZEN. UND DER SCHMERZ, MICH MEINEN ENKELN NIEMALS OFFENBAREN ZU KÖNNEN, ÜBERWIEGT AM ENDE ALLES. DAS ÜBER DIE

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Kapitel 1 Mai 2001 Er läuft durch die nächtlichen Straßen Berlins, bemüht sich nicht einmal im Ansatz darum, unauffällig zu bleiben. Ganz im Gegenteil, er hofft, dass irgendeiner der Nachtschwärmer, die sich ob der sommerlichen Temperaturen beim Tanz in den Mai noch sehr zahlreich in den Straßen tummeln, dumm genug ist, sich mit ihm anzulegen. Die da, zum Beispiel. Kreon hält schnurstracks auf eine Gruppe von etwa dreißigjährigen Männern zu, die sich lautstark über das weibliche Angebot in der zuletzt besuchten Kneipe unterhalten. Er rempelt gleich zwei von ihnen an, indem er einfach ohne Rücksicht weitergeht. „He, passen Sie doch auf!“, fährt einer der ins Straucheln Gekommenen ihn an. Kreon geht noch ein paar Schritte weiter, wendet halbherzig den Kopf, darum bemüht, sich sein bösartiges Grinsen nicht ansehen zu lassen. Einer hat angebissen, denkt er. Vielleicht sogar alle vier? Abwarten. 7

Betont beiläufig fragt er: „Reden Sie mit mir?“ „Ja, du Hirni, du kannst hier doch nicht einfach rumrennen und uns anrempeln!“ Sie sehen trainiert aus; wie Sportler. Möglicherweise Footballspieler? „Wer sollte mich daran hindern?“, erkundigt sich Kreon und wirkt ein kleines bisschen amüsiert. Unauffällig sieht er sich um, mit etwas Geschick – und davon besitzt er nun echt jede Menge – könnte er die Kerle in die Gasse rechts von ihm dirigieren. „Hör mal, du Opfer, falls du nicht zählen gelernt hast: Wir sind zu viert und du bist allein.“ „Zweifelsohne ein schlagendes Argument, nicht wahr?“ Kreon nickt nachdenklich. „Vielleicht sollte ich euch Gelegenheit geben, noch ein paar Freunde anzurufen und um Hilfe zu bitten?“ Zuerst sind alle vier sprachlos. So viel Unverfrorenheit erleben sie vermutlich selten. „Alter, hast du dich mal angesehen? Was glaubst du, wer du bist? Neo? Langer, schwarzer Mantel, böser Blick und schon bist du der Held, oder wie?“ Kreon grinst über den Vergleich. 8

Nein, mit Neo aus der Matrix, einem Film, der seit drei Jahren für einen enormen Hype in puncto Sonnenbrillen und Lederkleidung sorgt, hat er nichts gemein. Zumindest fast nichts. „Heldentum wird überbewertet“, versichert Kreon schulterzuckend und stellt erfreut fest, dass er es im Laufe der Unterhaltung tatsächlich geschafft hat, seine heutigen Spielgefährten in die Gasse zu dirigieren. Manchmal ist es zu einfach. Eine leise Enttäuschung schleicht sich in sein Bewusstsein. Er schüttelt sie ab, bleibt stehen. Sein vermeintlicher Rückzug hierher findet ein Ende und er richtet sich auf. Er ist nicht riesig, aber immerhin etwas über einsneunzig groß, das kann manchmal recht eindrucksvoll wirken. In diesem Fall nicht, drei der Männer sind größer als er. Ein Jammer. Kreon lächelt. Und er lächelt noch immer, als er ein paar Minuten später sein Schwert zurück in die Scheide steckt und allein die Gasse verlässt.

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Verdammte Spinner, denkt er. Erst tun sie großkotzig und dann ist alles, was sie können, ihre Mäuler aufreißen. *** „Was machst du bloß für Sachen?“ Flüsternd, aber doch mit vorwurfsvollem Unterton erklingt Colins Stimme. Teras hat unbändiges Kopfweh und schließt die Augen sofort wieder, als selbst das abgedunkelte Licht des Krankenhauszimmers sie blendet. Ihre schmerzverzerrte Miene wird begleitet von einem Stöhnen. Schließlich versucht sie erneut, den Kopf zu drehen und ihren Bruder zu erkennen. „Colin?“, röchelt sie und merkt, dass ihr Mund vollkommen ausgetrocknet ist. Ein Schlauch unter ihrer Nase stört sie und sie will danach greifen, ihn wegziehen, als Colins Finger sich um ihre rechte Hand schließen. „Nicht, Süße, das ist nur der Beatmungsschlauch. Du hattest einen Autounfall. Bleib ruhig liegen, ich hab hier ein Glas Wasser für dich. Die Schwester meinte, du hättest sicher Durst, wenn du aufwachst.“

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Sie vernimmt ein Rascheln, als er sich erhebt, öffnet die Augen nun doch endlich und sieht die Rückansicht ihres Bruders, der irgendwo rechts von ihr herumhantiert. „Danke“, bringt sie hervor, als er ihr wenig später vorsichtig das Glas an die Lippen setzt. Sie verspürt mit dem Gefühl des ersten Schlucks einen derartigen Durst, dass sie hastig weiter trinkt und sich prompt verschluckt. Colins gutmütiges Auflachen lässt sie wieder aufsehen. „Wieso bist du hier, Bruderherz?“, will sie wissen, als er das Glas von ihren Lippen nimmt, um es erneut zu füllen. „Weil meine über alles geliebte Zwillingsschwester einen schweren Autounfall hatte. Und weil sie seit Jahren ein Kärtchen mit sich führt, auf dem steht, dass man mich im Falle eines unvorhergesehenen Ereignisses anrufen soll.“ Sie nickt. „Stimmt ja ... Ich hab noch Durst.“ „Hier, aber langsam! Nicht, dass du Schluckauf kriegst. Dein Kopf hat eine Menge mitgemacht vorgestern.“

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Erschrocken sieht sie ihn an. „Vorgestern?“, wiederholt sie und vergisst dabei das Glas an ihrem Mund. Er zieht es hastig zurück, damit sie nichts verschüttet. „Der Unfall war am Sonntagabend. Die Polizei sagte, du hast ein paar Schutzengel auf einmal gehabt. Dein Wagen ist durch einen ausscherenden Kombi in den nachfolgenden Verkehr geschoben worden. Bevor mehrere Fahrzeuge auf deinen Dienstwagen gerauscht sind, hast du dich gedreht und wohl auch überschlagen. Der Unfall sorgte übrigens für eine Vollsperrung der A2 und die haben echt lange gebraucht, um alle Wagen von der Fahrbahn zu kriegen.“ Während seiner Erklärung nickt sie vor sich hin, sagt aber nichts. „Das Ganze ging sogar durch die Nachrichten. Und ob du es glaubst, oder nicht, Ma hat angerufen und gefragt, ob das da passiert ist, wo du jetzt wohnst. Erik und Luke haben sich wohl mal verplappert, dass du wieder in Deutschland bist.“ Teras starrt ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Sie war auf Vieles gefasst, aber nicht darauf,

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dass ihre Mutter von ihrem Versagen in Amerika erfahren haben könnte. „Scheiße! Sie sollte das doch gar nicht wissen!“ Atemlos schluckt sie mehrfach und lässt den Kopf kraftlos zurück auf das Kissen sinken. „Und was genau fehlt mir? Hab ich noch alle Arme und Beine?“ Zeitgleich beginnt sie damit, prüfend die Füße und Hände zu bewegen. „Hm, alles noch dran, oder?“ Der ängstliche Ausdruck in ihren braungrünen Augen lässt ihn beschwichtigend lächeln. „Ja, Süße, alles noch dran. Nur dein Kopf hat etwas mehr abgekriegt.“ Sein Blick wird ernster, lässt sie alarmiert ihre Hand an die Stirn heben. „Was … ist mit meinem Kopf?“ „Da du mich erkannt hast, ist dein Gedächtnis offensichtlich in Ordnung. Aber sie haben beim MRT ein dickes Blutgerinnsel in deinem Kopf gefunden und sie wissen noch nicht, wie sie es operieren sollen. Nachdem deine Motorik nun ebenso wie deine Sprache nicht gelitten zu haben scheint, wird man dir bald sagen, was sie vorhaben. Übrigens … soll ich Robert anrufen?

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Du hast, bevor du aufgewacht bist, immer wieder ‚Hase, bist du da?‘ gesagt.“ Sie schüttelt erschrocken den Kopf, schreit ob des aufbrandenden Schmerzes auf und murmelt rot werdend: „Hase ist nicht Rob …“ Colin zieht überrascht die rechte Augenbraue hoch und Teras wendet den Blick ab, stiert auf die Bettdecke. „Nicht Rob? Dann hast du nen Neuen und keiner weiß was davon?“ „Nein. Kein Neuer. Einfach ein sehr guter Freund von mir, irgendwie. Dabei hab ich ihn noch nie persönlich getroffen …“ „Wie kann er dann …?“ Er seufzt. „Okay, ich schweige. Du erzählst es mir bestimmt irgendwann.“ „Danke. Also sie haben dir gesagt, dass ich operiert werden muss. Na, dann sollen sie sich bloß damit beeilen. Haben sie dir mein Handy gegeben?“ „Oh ja, haben sie, aber ich hab es ausgeschaltet. Hier sind Handys streng verboten.“ „Mir egal. Ich will es nur einschalten und du musst mir die Nachrichten vorlesen, ja? Ich 14

fürchte, bei meinem Kopfweh kann ich die Buchstaben nicht erkennen.“ Er reicht ihr nach einem verstohlenen Blick zur Tür das Mobiltelefon. „Denk dran, dass wir hier auf der Intensivstation sind, Süße. Ich hätte übrigens längst eine Schwester rufen müssen, weil du wach bist. Es kann nicht mehr lange dauern, bis jemand auftaucht.“ „Hier, lies sie mir bitte vor.“ Colin nimmt ihr das Telefon ab und klickt sich durch das Menü. „Da sind ne Menge Nachrichten angekommen. Ich fang mal bei der ersten ungelesenen an. Sie ist von Toni.“ > Bis bald … > Monsterli? Wieso sagst du denn nichts mehr? Ich wollte dir nicht weh tun, aber ich hab einfach zu große Angst, dass dir was passiert. Berlins Straßen sind derzeit alles andere als sicher, weißt du? Teras meidet Colins Blick. Dieser schweigt erwartungsvoll, doch als sie auffordernd in Richtung Handy deutet, liest er die nächste Mitteilung vor.

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