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23.11.2012 - Haben gemeinsam den Dorfkern wieder belebt: Architekt Heinz Hauser, Stadt- präsident ...... Der neue Schweizer-Meister der Jung-Fleisch-.
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23. NOVEMBER 2012

Nr. 24 – 129. Jahrgang

AZA 3001 Bern

Bundesrat und beide Räte sagten 2008 Ja zur Motion «Stopp dem Zahlungsschlendrian». Nun scheint sich das Blatt zu wenden – zu Ungunsten der KMU. ERHÖHUNG DES VERZUGSZINSES –

Liquidität bleibt wichtig Die Zahlungsmoral der Schweizer Firmenkunden hat sich im ersten Halbjahr 2012 gegenüber dem Vorjahr leicht verschlechtert. Der Anteil der verspäteten Zahlungen stieg um 2 Prozent auf 44 Prozent, wie die Wirtschaftsauskunftei Dun & Bradstreet festgestellt hat. Der durchschnittliche Zahlungsverzug dieser Rechnungen betrug 10,4 Tage. Die Untersuchung deckt starke regionale Unterschiede auf. So steht die Deutschschweiz – und hier insbesondere ländliche Kantone wie Uri, Obwalden, Luzern, Zug und die beiden Appenzell, aber auch Basel – in Sachen Zahlungsmoral gut da, während in der Romandie verspätete Zahlungen die Regel sind. Düster präsentiert sich die Sonnenstube: Ganze 65 Prozent der Rechnungen an Firmen im Tessin werden zu spät beglichen – mit einem durchschnittlichen Verzug von 14,4 Tagen.

Der Schwenker des Bundesrats Noch lausiger als heute im Tessin war die Schweizer Zahlungsmoral im Jahr 2008: Damals betrug der durchschnittliche Zahlungsverzug sogar 14,8 Tage. Mittels einer Motion «Stopp dem Zahlungsschlendrian» forderte die Freisinnig-demokratische Fraktion deshalb vom Bundes-

Viele Schweizer Firmenkunden lassen eingehende Rechnungen immer länger liegen. Ein höherer Verzugszins könnte hier Abhilfe schaffen. rat, den geltenden Verzugszins von fünf Prozent zu verdoppeln. «Der Schuldnerverzug bedeutet Lieferantenkredit zum Nulltarif», so die Motionäre, «das führt zahlreiche Unternehmen in die Liquiditätsfalle.» Der Bundesrat erachtete vor vier Jahren das Anliegen als berechtigt und beantragte die Annahme der Motion; National- und Ständerat stimmten in der Folge zu. Inzwischen hat die Regierung ihre Meinung geändert. Im April 2012 beantragte sie die Abschreibung der

FDP-Motion. Seit 2008 hätten sich die Konjunkturaussichten erheblich verschlechtert, begründet der Bundesrat seinen Schwenker. Ein höherer Verzugszins hätte «eine unerwünschte zusätzliche finanzielle Belastung für viele Unternehmen» zur Folge. Zudem sei es fraglich, ob ein höherer Verzugszins tatsächlich zu einer besseren Zahlungsmoral führen würde.

Auf Liquidität angewiesen «Die Argumentation des Bundesrats ist eine Forfait-Erklärung und

kommt einer eigentlichen Kapitulation nahe», kommentiert Dieter Kläy, zuständiger Ressortleiter beim Schweizerischen Gewerbeverband sgv. «Gerade in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld sind die Firmen auf Liquidität und zeitgerechte Bezahlung der Rechnungen angewiesen.» Darum könne ein gewisser Druck auf säumige Schuldner bestimmt nicht schaden. Die Einschätzung des Bundesrates, wonach ein höherer Verzugszins einen Strafschadenersatz darstellen würde, sei «eine rein politische Beurteilung». Dies hielt Kläy auch in einem Schreiben an die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats fest und bat diese, der Abschreibung der Motion gegen den Zahlungsschlendrian nicht zuzustimmen. Vergeblich: Mit 17 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung beantragt die Kommission ihrem Rat, die Motion «Stopp dem Zahlungsschlendrian» abzuschreiben. Immerhin will eine Minderheit am Auftrag an den Bundesrat festhalten; in ihren Augen darf aufgrund der Konjunkturlage, die sich seit der Annahme der Motion verschlechtert hat, nicht auf die Anhebung des Verzugszinssatzes verzichtet werden. En

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv und der Schweizerische Gemeindeverband SGV möchten die Ortszentren wieder mehr beleben.

REVITALISIERUNG –

Für eine sinnvolle Raumordnung Die Attraktivität vieler Stadt- und Ortskerne lässt leider oft zu wünschen übrig. Dies ist eine Folge des in den letzten Jahren weit fortgeschrittenen Strukturwandels. Dieser führt dazu, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten zunehmend an die Siedlungsränder verlagern. Der sgv als grösster Wirtschaftsverband der Schweiz sowie der SGV wollen dieser beunruhigenden Tendenz gemeinsam entgegenwirken. Dazu erarbeiten sie bis im Frühling 2013 einen Leitfaden,

der Städten und Gemeinden aufzeigt, wie sie ihre Zentren wieder mehr beleben können.

Konstruktiver Ansatz Die beiden Dachorganisationen stellten an einer Medienkonferenz in Bern die verbindenden Interessen von Gemeinden und Gewerbetreibenden in den Vordergrund: Die Revitalisierung der Stadt- und Ortskerne ist eine von zehn Forderungen für eine KMU-Wachstumspolitik, welche der

Schweizerische Gewerbekongress, höchstes Organ des sgv, im Mai 2012 in einer einstimmig verabschiedeten Resolution gestellt hatte. «Diese Forderung ist ein Beitrag zu einer sinnvollen Raumordnungspolitik», sagte sgv-Präsident und Nationalrat JeanFrançois Rime vor den Medien. Für den SGV-Präsident Hannes Germann ist klar, dass «weder das Gewerbe noch die Gemeindeplaner allein etwas Dauerhaftes und Nachhaltiges bewirken können».

BREVETIERUNG

Junge Führungskräfte Wirtschaft und Armee gratulieren den neu brevetierten Offizieren: Diese jungen Führungskräfte sind nicht nur für die Armee von grossem Nutzen, sondern auch die KMU-Wirtschaft ist auf junge Kader mit militärischer Führungsausbildung angewiesen. SEITEN 10 ⁄ 11

INHALT

Die Schweizer Brauer kämpfen um Marktanteile und gegen Bürokratie. SEITE 7 BIERBRANCHE –

PAUKENSCHLAG – Das

Schreiner-Jubiläumsjahr schliesst mit einem originellen Wettbewerb. SEITE 13

Der sgv erachtet die Revitalisierung als einen wichtigen Bestandteil von Reformen der Raumplanung. Vorerst ist er aber mit seinem Referendum gegen die missratene Revision des Raumplanungsgesetzes beschäftigt. Dabei kann er künftig auf einen mächtigen Verbündeten zählen: Der Hauseigentümerverband Schweiz hat seine ablehnende Haltung geändert und leistet nun Schützenhilfe. CR BERICHTE SEITEN 4 ⁄ 5

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DIESE WOCHE

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Der Geschäftsleiter des Zürcher Gewerbeverbands, Gemeindepräsident und SVP-Kantonsrat ist eine treibende Kraft hinter den Initiativen «Stopp dem Gebührenwahn». MARTIN ARNOLD –

DIE MEINUNG

«Ein Irrsinn ohne Grenzen» Hans-Ulrich Bigler, Direktor Schweizerischer Gewerbeverband sgv

Gewerbezeitung: Was hat den KGV bewogen, die beiden Zürcher Initiativen «Stopp dem Gebührenwahn» zu lancieren? n Martin Arnold: Die Belastung von Unternehmen durch Gebühren und Abgaben steigt laufend. Ebenso betroffen sind die Hauseigentümer. Als einzig griffiges Mittel, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben wir die ausformulierten Initiativen angesehen. Der Pflock ist damit kraftvoll eingeschlagen und die Diskussion muss geführt werden. Zwei Initiativen braucht es, weil wir einerseits die Kantonsverfassung ergänzen müssen, anderseits muss das Gemeindegesetz angepasst werden. Nur so können wir sicher sein, dass alle Gebühren künftig direktdemokratisch und nach dem Kostendeckungsprinzip erhoben werden.

Die Geister, die ich rief…

U

«GEBÜHREN AUSWEITEN STATT MÜHSAME DISKUSSIONEN FÜHREN – SO WIRD’S GEMACHT.» Spielte die Anregung des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv, solche Initiativen auf kantonaler Ebene zu starten, dabei eine Rolle? n Die Substituierung von Steuern durch Gebühren und Abgaben ist seit längerem ein Thema im KGV Zürich. Aber der sgv hat hier einen wichtigen Beitrag geleistet. Das Thema kam durch diese Überlegungen ganz oben auf die Traktandenliste. Bevor wir aber loslegen konnten, mussten umfangreiche Abklärungen getroffen werden. Wir wollten ja sicher sein, dass der Schuss nicht nach hinten losgeht. Welche konkreten Ziele verfolgen Sie mit den beiden kantonalen Initiativen «Ja zu fairen Gebühren»? n Einerseits sollen Gebühren künftig nach dem Kostendeckungsprinzip erhoben werden. Verdeckte Steuern sollen damit verhindert werden. Dies bedingt allerdings, dass auch in der öffentlichen Verwaltung eine Kosten-

ZUR PERSON Der 49 jährige Martin Arnold ist seit 2002 Geschäftsleiter des Kantonalen Gewerbeverbands Zürich (KGV). Nach einer Lehre als Molkerist absolvierte er eine Fachschule für den Detailhandel und erwarb ein Diplom als Kaufmann des Detailhandels. Von 1991 bis 2004 führte er einen eigenen «Chäslade» in Oberrieden. Seit 2006 ist er Gemeindepräsident von Oberrieden, zuvor war er acht Jahre lang Mitglied des Gemeinderats. Seit 2003 ist SVP-Mitglied Arnold Zürcher Kantonsrat und engagierte sich dabei in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben ebenso wie in der Finanzkommission. Zu seinen Hobbys zählen der Wassersport, das Motorradfahren, das Reisen sowie die Weine und Weinregionen Europas.

LINK www.martinarnold.ch

IMPRESSUM

«Die Belastung von Unternehmen und Hauseigentümern durch Gebühren und Abgaben steigt laufend», sagt KGV-Geschäftsleiter Martin Arnold. rechnung eingeführt wird. Anderseits müssen die Gebühren durch den Souverän – die Gemeindeversammlung oder das Parlament – genehmigt werden. Dazu soll jeweils zu Beginn einer Legislatur ein Gebührenkatalog verabschiedet werden. Was in diesem Katalog nicht enthalten ist, kann nicht erhoben werden. Als Nebeneffekt versprechen wir uns zudem eine bessere Vergleichbarkeit der Gebühren zwischen den Gemeinden, aber auch mit den Kosten in der Privatwirtschaft. Das wird den Druck auf zu hohe Gebühren ganz sicher verschärfen. Etwa so, wie wir es heute bereits bei der Festsetzung des Steuerfusses kennen.

Weshalb greift die Politik immer öfter zum Mittel der Gebühren, um ihre Töpfe zu füllen? Dazu wären doch eigentlich die Steuern da... n Gerade die direktdemokratische Mitwirkung bei den Steuern bewirkt, dass diese nicht ins uferlose steigen können. Es muss gut argumentiert und begründet werden. Der Weg über die Gemeindeversammlung oder das Parlament ist daher mühsam und beschwerlich. Da bietet sich

«GEBÜHREN GIBT’S FÜR IMMER EXOTISCHERE DINGE WIE DIE BENUTZUNG DER ÖFFENTLICHEN LUFTSÄULE.» die Umgehung dieser Diskussionen über die Ausweitung der Gebühren geradezu an: Diese werden meist von der Exekutive oder Verwaltung festgelegt. Wir glauben, dass der mündige Bürger, der seine Steuern und die Leistungen seines Gemeinwesens selber festlegen kann, auch in der Lage ist, dies bei den Gebühren zu tun.

Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv Schwarztorstrasse 26, Postfach, 3001 Bern – Tel. 031 380 14 14 Fax 031 380 14 15 – [email protected] – www.sgv-usam.ch Herausgeber: Hans-Ulrich Bigler, Direktor – Verlagsleiter: Urs Wyler

Geht es um Gebühren, so lässt die Politik ihrer sonst oft vermissten Kreativität vollen Lauf. Welche besonders auffälligen Kreationen sind Ihnen bei den Zürcher Gebühren aufgefallen? n Diese «Kreativität», wie Sie es nennen, findet auf zwei Ebenen statt: Einerseits bei den Bemessungsgrundlagen, anderseits bei den Erhebungsgründen. Viele Gebühren

«VIELE GEBÜHREN WERDEN AUS DEM BAUCH HERAUS FESTGELEGT.» werden völlig «aus dem Bauch» festgelegt. So kostet der einfache Ausdruck einer registrierten Information (z.B. eine Wohnsitzbestätigung) zwischen 20 und 50 Franken. Oder die Gebühren werden einfach nach dem Streitwert oder dem Verkaufspreis festgelegt. Das hat nichts mit dem Kostendeckungsprinzip zu tun, das ist schlicht und einfach Willkür. Weiter werden für immer exotischere Dinge Gebühren verlangt. So z.B. in der Stadt Zürich für die Benutzung der öffentlichen Luftsäule (Balkon, Hausbeschriftung usw.). Oder das Velo mit einer Werbeaufschrift vor dem eigenen Laden wird als Werbeständer taxiert und ist damit gebührenpflichtig. Der Irrsinn kennt tatsächlich kaum Grenzen!

Welche kantonalen oder kommunalen Gebühren ärgern KMUInhaber besonders? n Sehr oft dreht es sich um geringfügige Gebühren. Für den Werbeständer vor der Tür, für die Beflaggung auf dem eigenen Grund, Gebühren für Kontrollen, die Verlängerung der Öffnungszeit oder die einfache Schreibgebühr. Man ärgert sich, schluckt dreimal leer, zahlt und vergisst das Ganze. Schwierig wird es auch, wenn eine Erweiterung oder

ein Ausbau ansteht. Oft kommen zu den Gebühren und Abgaben dann noch die Auflagen, die zu erfüllen sind. Und die anschliessende Kontrolle kostet dann wieder Gebühren…

Der kantonale Gewerbeverband KGV hat die Initiativen zusammen mit dem kantonalen HEV lanciert. Welche neuen Gebühren belasten die Hauseigentümer? n Dort sind es vor allem die Gebühren für die zahlreichen Kontrollen oder bei einem Um- oder Neubau. Die gebührenpflichtigen Verfahren können beinahe beliebig in die Länge gezogen werden – zahlen muss immer der Hauseigentümer. Ärgerlich sind auch die Notariatsgebühren, die im Kanton Zürich nach dem Gebäudeversicherungswert festgesetzt wer-den. Das hat wenig mit dem effekti-ven Aufwand zu tun, sondern man nimmt das Geld einfach dort, wo es – vermeintlich – ist.

«MAN NIMMT DAS GELD DORT, WO ES – VERMEINTLICH – IST.» Sie haben bis Ende Februar 2013 Zeit, die je 6000 Unterschriften zu sammeln. Demnächst ist also Halbzeit: Wo stehen Sie heute? n Die Sammlung läuft gut und wir spüren, dass wir hier ein Anliegen aufgenommen haben, das sowohl dem Gewerbe wie auch den Hauseigentümern unter den Nägeln brennt. Ich gehe davon aus, dass wir die benötigten Unterschriften noch im Dezember beisammen haben. Dann wird die politische Auseinandersetzung folgen. Und ich freue mich schon jetzt auf diese Diskussionen! Interview: Gerhard Enggist

LINK www.faire-gebuehren.ch

Redaktion: Patrick M. Lucca, Chefredaktor; Gerhard Enggist, Stv. Chefredaktor; Corinne Remund, Redaktorin [email protected], Tel. 031 380 14 14

nd wieder einmal geistert es herum und macht die Runde. Die Rede ist vom Gespenst der Deindustrialisierung. Heute soll es aus Anlass der Lehrstellenkonferenz des Bundes in Martigny diskutiert werden. Dabei wird der Anspruch erhoben, dass man gestützt auf eine rudimentäre Diskussion – es stehen gerade mal zwei Stunden zur Verfügung – Massnahmen beschliessen will, um «Unternehmen aller Branchen bedarfsgerecht mit geeigneten Fachkräften zu versorgen». Mit Blick auf die Zahlen reibt man sich verwundert die Augen: In den 1970-er Jahren existierten ungefähr 90 000 Betriebe mit 1,8 Millionen Beschäftigten im industriellen Sektor. Diese Zahl reduzierte sich bis 2005 drastisch auf etwa 70 000 Unternehmen mit 900 000 Beschäftigten. Heute existieren im 2. Sektor etwa 75 000 Betriebe mit 1,1 Millionen Beschäftigten. Ein Drittel des Schweizer Bruttoinlandprodukts stammt überdies aus der Industrie und dem verarbeitenden Gewerbe, man könnte fast von einer Reindustrialisierung sprechen. um gleichen – vielleicht überraschenden – Befund kommen Zahlen des World Economic Forum in seinem Global Competitiveness Report. Mit 100 Milliarden Dollar Industrieproduktion (2010) figuriert die Schweiz nur an 19. Stelle. Bei dieser Wertung führt China als «Werkbank der Welt». Ein anderes Bild zeigt sich bei der Industrieproduktion pro Kopf. China mit seinen 1,3 Milliarden Menschen erzielt pro Einwohner nur 1500 Dollar in der Industrie. Von den anderen führenden Industrienationen erarbeiten Deutschland mit 7700 das Fünffache und die USA mit 6000 Dollar das Vierfache; sogar das vermeintlich desindustrialisierte Grossbritannien, die Wiege der Industriellen Revolution, erreicht mit 4000 Dollar immer noch fast das Dreifache der Chinesen. An der Spitze dieser Wertung steht mit grossem Abstand die Schweiz: Mit 12 400 Dollar pro Kopf schafft sie in der Industrie achtmal so viel Wert wie die Chinesen und doppelt so viel wie die USA. Zurück zur Berufsbildung. Es muss die Frage gestellt werden, ob zuständigen Ortes die Zeichen der Zeit erkannt woden sind und die Deindustrialisierung tatsächlich ein Problem darstellt. Zunächst drängt sich heute zwingend eine Gesamtsicht für das bildungspolitische System auf – und da lässt sich die Grundbildung nicht mehr von der Höheren Berufsbildung HBB trennen. Seit zehn Jahren drückt die ungelöste Finanzierung der HBB die KMU-Wirtschaft. Der Stellenwert der HBB wird völlig verkannt und es fehlt offenbar der politische Wille zur Verbesserung. Schon vor drei Jahren hat der sgv angeregt, dass diese Thematik an der Lehrstellenkonferenz diskutiert wird. Begnügt hat man sich damals mit einer Problemschilderung zum Qualifikationsrahmen «Grundbildung und berufliche Weiterbildung im internationalen Quervergleich»… uch wenn die Beamten der Avenir Suisse jede Studie dazu missbrauchen, um die ihnen missliebige Berufsbildung anzuschwärzen wie jüngst in der Untersuchung zum Mittelstand, so ist doch eines klar: Die KMU sind und bleiben das Rückgrat der Volkswirtschaft. Dank dieser Leistungskraft garantieren sie zwei Drittel der Arbeitsplätze und rund 70 Prozent aller Lehrstellen in der Schweiz. Dazu sind sie aber auf Fachkräfte angewiesen, die ihr solides Know-how vornehmlich auf eine qualifizierte Berufsbildung mit anschliessender Höherer Berufsbildung abstützen. Deshalb kämpft der sgv auch weiterhin dezidiert für eine verstärkte Finanzierung.

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A

Anzeigen: Publicitas Publimag AG, Seilerstrasse 8 – Postfach, 3001 Bern – Tel. 031 387 22 11 – [email protected] – Leitung: Alfred Blaser Herstellung: St. Galler Tagblatt AG – Auflage: 107 049 Exemplare (WEMFBeglaubigung 2012). Der Abonnementspreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen

SYNERGY

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

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Am traditionellen Grossanlass der Stiftung KMU Schweiz stand das Thema «Innovation und Swissness auf dem Werkplatz Schweiz» im Mittelpunkt.

SYNERGY 2012 –

KMU: Für die Zukunft fit getrimmt «Die Schweizer Industrie, der Werkplatz Schweiz, hat in den letzten Jahren einen beeindruckenden Wandel durchgemacht und sich für die Zukunft fit getrimmt». Mit dieser positiven Botschaft eröffnete Hans-Ulrich Bigler, Präsident des Stiftungsrates der Stiftung KMU Schweiz, die 14. synergy im Kursaal Bern. Der einstige sgv- und heutige EDV-Kommunikationschef Ruedi Christen veranschaulichte in drei erfrischenden Interviews mit hochkarätigen Wirtschaftsvertretern die Stärken der Schweizer KMU unter dem Aspekt Innovation und Swissness. Hans Martin Heierling, Inhaber und Geschäftsführer der Heierling AG, nimmt die Produktion von Skischuhen unter dem Markennamen Heierling wieder auf. Risiko und Innovation sieht er dabei als treibende Feder und Swissness bedeutet für ihn, sich auf authentische Werte zurückzubesinnen. Viel Leidenschaft und die Ideologie, in der Schweiz zu produzieren, steckt in den Produkten der Firma s:stebler, die in Oensingen Briefkasten und Glasdächer herstellt. «Es würde wehtun, im Ausland zu produzieren», erklärte Beni Stöckli sen. Für den Verwaltungsratspräsidenten der Stöckli Swiss Sports AG sind gute, innovati-

Zogen Paralellen zwischen wirtschaftlichen und sportlichen Erfolgen: sgv-Präsident Jean-François Rime und Snowboard-Olympiasiegerin Tanja Frieden. ve Teams sowie die Fähigkeit, «im richtigen Moment die richtigen Entscheide zu fällen», der Schlüssel zum Erfolg. Die Parallele zwischen wirtschaftlichen und sportlichen Erfolgen zeig-

Pirmin Bischof, Solothurner CVP-Ständerat (links) und Ruedi Lustenberger, Luzerner CVP-Nationalrat und sgv-Vorstandsmitglied.

Die beiden sgv-Vorstandsmitglieder Kaspar Sutter (Bäcker-Präsident, links) und Klaus Künzli (GastroSuisse-Chef).

te Tanja Frieden, Snowboard-Olympiasiegerin und Mental Coach, auf: Aus ihrer Sicht braucht es in beiden Bereichen Risikobereitschaft, Neugierde und lösungsorientiertes Denken, um weiterzukommen. «Etwas

weniger Diplomatie, dafür mehr Mut und Ausdauer, wagen, anders zu sein und immer wieder aufzustehen», so ihr Erfolgsrezept. Diese Tipps der Spitzensportlerin begrüsste auch sgv-Präsident Jean-François

Christine Buchheim (Zentralpräsidentin Schweizerischer Modegewerbeverband, links) und Andrea R. Trümpy (Präsidentin KGV Glarus).

Ivo Bischof, CVP-Ständerat (AI) mit sgv-Ressortleiter Ruedi Horber (links).

Sie prägten synergy 2012: (v.l.)Ruedi Christen (EDV-Kommunikationschef), Hans Martin Heierling (Inhaber und Geschäftsführer der Heierling AG), sgv-Präsident Jean- Francois Rime, Tanja Frieden (Snowboard-Olympiasiegerin und Mental Coach), Corinne Mürner (Mitglied der Gechäftsleitung s: stebler), Pirmin Bischof (Präsident des Schweizerischen Verbandes freier Berufe SVFB), Hans-Ulrich Bigler (sgv-Direktor und Präsident der Stiftung KMU), Beni Stöckli sen. (Verwaltungspräsident der Stöckli Swiss Sports AG) und Peter Neuhaus (Geschäftsführer KMU-Stiftung Schweiz).

Rime, der die Voten des Abends zusammenfasste. Text ⁄ Fotos: Corinne Remund

LINK www.synergy-schweiz.ch

Roger Dähler, (links) und Simon Hugi (beide Experten Schweizer Nati Berufswettbewerbe).

Alfons P. Kaufmann (sgv-Vorstandsmitglied und Zentralpräsident SMGV, links), Sandra Kaufmann und Hans Rupli (Zentralpräsident holzbau schweiz).

Frauenpower an synergy 2012 – Die KMU-Frauen hatten im Vorfeld traditionell ihre Vorstandssitzung und genossen dann gemeinsam den Wirtschaftsanlass: (v.l.) Erna Anrig, Ursula G. Gutzwiller (Unternehmerinnen Basel UMV), Christine Davatz (Präsidentin der KMU-Frauen Schweiz), Ulrike Brunnschweiler (KMU-Frauen St. Gallen) und Renate Kaufmann (Aargauischer Gewerbeverband AGV ⁄ KMU- Frauen Aargau).

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DIESE WOCHE

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv und der Schweizerische Gemeindeverband SGV wollen gemeinsam das Gewerbe zurück in die Ortskerne holen. Innert vier Jahren wollen sich 20 Gemeinden bei der Revitalisierung unterstützen. BELEBTE ORTSZENTREN –

Zentrumsentwicklung vorantreiben Gemeinsam wollen Gewerbe und Gemeinden die Funktion der Ortszentren als Ort der Begegnung und der Versorgung für die Bevölkerung stärken. Die Revitalisierung der Stadt- und Ortskerne ist für den sgv und den SGV ein grosses Anliegen, das sie Hand in Hand angehen wollen, wie sie an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Bern erklärten. Die Zusammenarbeit «SGV hoch zwei» sei nicht selbstverständlich, doch es brauche diese Partnerschaft, da Gewerbetreibende auch immer Gemeindebürger seien. Sie leisteten als lokale Arbeitgeber und oftmals auch als Mitglieder von politischen Behörden einen überaus wichtigen Beitrag zum Funktionieren der Gemeinden im Allgemeinen sowie zur Stärkung des Milizsystems im Besondern, betonte Hannes Germann, Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes. «KMU bringen ihre Erfahrungen nicht nur aus dem Privatleben, sondern auch aus ihren Betrieben in das politische System ein und tragen somit entscheidend dazu bei, dass die politischen Ent-

Sicht des SGV zentral, nicht mit Einzelhandlungen unkoordiniert vorzugehen, sondern die verschiedenen Bestrebungen zu bündeln, um so die strategische Erneuerung der Ortskerne umzusetzen. Dazu müssten realistische Entwicklungsziele gemeinsam mit den Akuteren aus den Bereichen Planung, Recht, Finanzen, Soziologie und Politik ausgearbeitet werden. «Weder das Gewerbe noch die Gemeindeplaner können alleine etwas Dauerhaftes und Nachhaltiges bewirken. Gefragt sind gemeinsame strategische Überlegungen und die Entwicklung von spezifischen Stadtbzw. Ortskernperspektiven über einen mittel- und langfristigen Zeithorizont hinweg», betonte Germann die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit aller Beteiligten. Corinne Remund

RAUMPLANUNG Die Waadtländer Gemeinde Belmont-sur-Lausanne hat die Aktivität in ihrem Dorfkern mit verschiedenen Massnahmen gesteigert.

LEITFADEN IM FRÜHLING Der sgv hat sich im Gewerbekongress im Mai ein ambitiöses Ziel gesetzt: Innert vier Jahren sind mindestens 20 Stadt- und Ortskerne in ihren Revitalisierungsbestrebungen nachhaltig zu unterstützen. Mit der Medienkonferenz und drei ausgewählten Gemeinden als Musterbeispiele sowie einem Workshop, an welchem weitere Gemeinden zusammen mit den beiden SGV bzw. sgv einen Erfahrungsaustausch durchführten, wurde der erste Meilenstein gesetzt. Gestützt auf die gesammelten Erfahrungen und das Datenmaterial aus insgesamt etwa zehn Gemeinden erarbeiten dann der Gemeinde- und Gewerbeverband gemeinsam einen Leitfaden, der im Frühling 2013 erscheinen wird. Er soll Städten und Gemeinden Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, wie sie ihre Ortskerne erfolgreich revitalisieren können. Damit sollen möglichst viele kleinere und grössere Zentren ermuntert werden, sich zu erneuern, um damit eine raumverträgliche Wachstumsstrategie einleiten zu können.

scheide zu innovativen, praxistauglichen und finanzierbaren Lösungen auf kommunaler Ebene führen», begründete der Schaffhauser SVP-Ständerat diese Partnerschaft und ergänzte: «Mit ihren lokalen Arbeitsplätzen tragen Gewerbebetriebe ausserdem massgeblich zu einer nachhaltigen Gemeinde- und Stadtentwicklung bei.»

Zersiedelung ist ein Teufelskreis Die zukünftige Raumentwicklung der Schweiz stehe vor grossen Herausforderungen. «Bund, Kantone, Städte, Gemeinden sind gefordert, diese schwierige Hausaufgabe gemeinsam anzugehen», betonte Germann. Als zentrale Herausforderung in der Schweizerischen Raument-

wicklung erachtet er unbestritten die Zersiedelung, die unaufhaltsam voranschreitet. Gerade die Zentren in vielen Städten und Gemeinden hätten in den vergangenen Jahren stark an Attraktivität eingebüsst und am meisten unter den negativen Folgen der Zersiedelung gelitten. Die Ursachen für die Entwicklung sieht Germann unter anderem bei einer grossen Bautätigkeit am Dorfrand, beim restriktiven Denkmal- und Ortsbildschutz, der Umbauten im Ortskern verhindere, in zersplitterten Besitzverhältnissen von Liegenschaften oder bei den fehlenden Parkierungsmöglichkeiten an zentraler Lage. Die zunehmende Zersiedelung führe zu einem Teufelskreis: «Mit der Ansiedlung von Jungen und Familien am

Mit der Wiederbelebung der Zentren leistet der sgv auch einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum. RAUMVERTRÄGLICHE WACHSTUMSPOLITIK –

Ortsrand und der Überalterung der Ortskerne steigen die Infrastrukturkosten für die Gemeinden, da sich wirtschaftliche, soziale und kulturelle Aktivitäten zusehends an den Siedlungsrand verlagern.»

Gewerbe als wichtigster Träger Für German gehören der Detailhandel und das Gewerbe zu den wichtigsten Trägern der Zentrumsaktivitäten. Die grösseren Gewerbestandorte ausserhalb der Zentren hätten jedoch dazu geführt, dass der Detailhandel sich in den Stadt- und Ortskernen schwer weiterentwickeln könne und zum Teil sogar verschwinde. Die Folgen seien ein tief wirkender Strukturwandel: Läden ziehen aus, das Gewerbe verschwindet, Arbeitsplätze gehen verloren. «Wir wollen den Fido vor der Metzgerei im Zentrum und nicht den Aldi vor den Gemeindetoren», brachte es der SGVPräsident auf den Punkt. Es sei aus

Revitalisierung und RPG-Referendum

Der sgv hat bekanntlich gegen die völlig missratene Revision des Raumplanungsgesetzes mit Erfolg das Referendum ergriffen. Die Volksabstimmung findet am 3. März 2013 statt. Ein Nein zu dieser eigentumsfeindlichen Vorlage bedeutet jedoch keinesfalls auch ein Nein zu einer sinnvollen Raumordnungspolitik. Ganz im Gegenteil: Auch der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat sich das verdichtete Bauen auf die Fahne geschrieben. Die Revitalisierung von Stadt- und Dorfkernen ist ein wichtiger Beitrag dazu, denn mehr Arbeits- und Wohnplätze in den Zentren heisst weniger Zersiedelung. Mit diesem Projekt zeigt der sgv, dass er durchaus positiv zu einer vernünftigen Raumplanung steht und konstruktive Lösungsansätze zu bieten hat – und dass es auch ohne ein Bundesdiktat aus Bern geht. Deshalb: Sagen Sie am 3. März 2013 Nein zur missratenen Revision des Raumplanungsgesetzes!

LINK www.rpg-revision-nein.ch

Zwei Fliegen auf einen Schlag treffen Die Revitalisierung der Stadt- und Ortskerne sei eine von zehn Forderungen für eine KMU-Wachstumspolitik, welche der Schweizerische Gewerbekongress, höchstes Organ des sgv, im Mai 2012 in einer einstimmig verabschiedeten Resolution gestellt habe, betonte sgv-Präsident Jean-François Rime vor den Medien in Bern. Mit einer Strategie zur Wiederbelebung der Stadt- und Ortskerne könnten gleich zwei Fliegen auf einen Streich getroffen werden. Erstens werde ein Beitrag zum Wirtschaftswachstum geleistet, weil dank der Wiederbelebung der Zentren die Kräfte gebündelt würden: «Es entstehen zahlreiche neue Arbeitsplätze, der Trend zum Verschwinden und zur Verdrängung von Fachgeschäften wird gebrochen, die Umsätze steigen, die Stadt- und Ortskerne werden wieder attraktiver, die Gastronomie floriert, die Kreditwürdigkeit der Geschäfte verbessert sich, der Wert der Liegenschaften steigt wieder an», führte der Freiburger SVP-Nationalrat aus.

Sinnvolle Raumordnungspolitik Zweitens sei dieses Unterfangen ein Beitrag zu einer sinnvollen Raumordnungspolitik. Damit zeige der sgv, dass er durchaus positiv zu einer vernünftigen Raumplanung stehe und konstruktive Lösungsansätze zu bieten habe. «Mehr Arbeits- und Wohnplätze in den Stadt- und Ortskernen bedeutet weniger Zersiedelung. Es wird mehr in den Zentren gebaut, das Kulturland kann besser geschützt werden, die Mobilitätskosten sinken, die Umweltqualität steigt», führte Rime aus. Kurz und bündig: Das verdichtete Bauen werde gefördert, das knappe Gut Boden werde intensiver genutzt. Gemeindeverband als Türöffner Aus Sicht des sgv müsse bei der Nutzungsplanung angesetzt werden: «Es braucht eine nachhaltige Ortsplanung, eine umfassende Gebäudeerneuerungsstrategie, eine kommunale Mobilitätsstrategie und eine Verbesserung des Einkaufsangebotes im Ortskern, um einige konkrete Beispiele zu nennen», so Rime. Wichtig sei, dass alle Akteure aus Planung, Recht,

Finanzen, Soziologie und Politik einbezogen würden – und natürlich auch die betroffene Bevölkerung.

Türöffner zu den Kommunen Der Gewerbeverband betrachte den Gemeindeverband sozusagen als Türöffner für den Zugang zu den Kommunen. «Es ist unumgänglich, dass die beiden SGV bzw. sgv am gleichen Strick ziehen und das anspruchsvolle Projekt zusammen angehen», so Rime. Und weiter betonte er: «Gemeinsam sind ANZEIGE wir stärker, gemeinsam erreichen wir mehr. Wir setzen uns beide für optimale wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen, den Föderalismus und die Hochachtung der Gemeindeautonomie sowie ein unternehmensfreundliches Umfeld ein». CR

LINKS www.sgv-usam.ch www.chgemeinden.ch

Gemeinde und Gewerbe setzt sich gemeinsam für belebte Ortszentren ein: (v. l.) Ruedi Horber, sgv-Ressortleiter, Gustave Muheim, Syndic von Belmont-surLausanne; SGV-Präsident Hannes Germann, sgv-Präsident Jean-François Rime, Luc Mentha, Gemeindepräsident von Köniz, sowie Roger Hochreutener, Stadtpräsident von Lichtensteig.

ZENTRUMSENTWICKLUNG LICHTENSTEIG (SG)

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

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ZENTRUMSENTWICKLUNG – Vor

sechs Jahren hat die Toggenburger Gemeinde Lichtensteig begonnen, ihren Stadtkern wieder zu beleben – mit Erfolg: Das Resultat sind neue Mieter, mehr Kunden und ein lebendiges Zentrum.

Vom Scheintod zur Wiedergeburt «Vor sechs Jahren stand im Städtchen jedes zweite Haus zum Verkauf. Lichtensteig war damals ein Sanierungsfall», blickt Stadtpräsident Roger Hochreutener auf den Beginn des Revitalisierungsprozesses zurück. Der negative Strukturwandel, den viele Gemeinden erleben, hatte auch in Lichtensteig seine Spuren hinterlassen: Mit dem Selbstverständnis als jahrhundertalter Markt-, Gerichts- und Gewerbeort für das Toggenburg wurden die Veränderungen in der Siedlungsstruktur des Tals und die Bedürfnisse von Industrie und Gewerbe zu wenig wahrgenommen. Es setzte ein schleichender Abwanderungsprozess von Arbeitsplätzen ein. Leerstände in den Gewerbeund Ladenetagen waren dabei ein augenfälliges Zeichen. «Mit der Abwanderung der Arbeitsplätze in Lichtensteig und der Region waren auch die Wohnungen, selbst im Billigsegment, nicht mehr gefragt. Leerwohnungsbestände von über 50 Einheiten waren für unser historisches Städtchen ein ultimativer Schock», so Hochreutener. Und er ergänzt: «Der negative

bestehenden strukturellen Schwierigkeiten aufzeichnet. Auch der Einbezug der Quartierbevölkerung in Form von sogenannten «Gassenclubs» spielte eine wichtige Rolle. «Sobald es die Eigentümer und Gewerbetreibenden in den einzelnen Gassen persönlich betrifft und es um ihre Wünsche und Bedürfnisse geht, sind sie bereit, allfällige Massnahmen zu akzeptieren oder selber welche zu ergreifen, um den Wohnstandort Altstadt zu halten und aufzuwerten», so Hochreuteners Erfahrung.

Im Städtli mit Charme pulsiert dank der Revitalisierung wieder mehr (gewerbliches) Leben unter den Lauben. Prozess von ausziehenden Läden und leerstehenden Wohnungen wirkte sich nicht nur im Immobilienbereich, sondern auch auf die Sozialstrukturen und

INFOVERANSTALTUNG DES VLP-ASPAN Die Schweizerische Vereinigung für Landesplanung VLP-ASPAN führt am 28. November von 9 bis ca. 17 Uhr in Biel eine Veranstaltung unter dem Titel «Die Läden ziehen aus – was nun? Strategien zur Belebung der Ortszentren» durch. Die Tagung zeigt Werkzeuge und Strategien auf, wie auf die Veränderungen reagiert werden

kann und welche Rezepte anderswo funktioniert haben. Dabei wird auch der Schweizerische Gewerbeverband sgv seine Strategie bezüglich der Revitalisierung von Stadt- und Ortskernen darlegen.

Informationen ⁄Anmeldung: www.vlp-aspan.ch

die Gemeindefinanzen negativ aus. Wir mussten dringend handeln.»

Die Bevölkerung miteinbeziehen Im Mai 2006 informierte der Gemeinderat die Bevölkerung über das Projekt «2 Schritte zur Weiterentwicklung von Lichtensteig». Dabei setzte sich die Gemeinde das Ziel, Themenbereiche wie die Sanierung und Aufwertung der Altstadtgebäude, die Aktivierung des Wohnmarktes, das Ambiente in den Gassen, die Nutzung der Markthalle sowie den Verkehr aktiv anzugehen.

Dazu sucht der Stadtrat die Zusammenarbeit mit dem «Netzwerk Altstadt», einem Kompetenzzentrum für Altstadtfragen und eine Plattform für den Austausch von Erfahrungen, Werkzeugen und Praxisbeispielen. So konnte aufgezeigt werden, dass Lichtenstein kein Einzelfall ist. «Zentral ist, zu Beginn des Prozesses die Bevölkerung miteinzubeziehen und die Besitzer der Altstadtliegenschaften zu sensibilisieren», betont Hochreutener. Ganz wichtig sei auch das Instrument der Stadtanalyse, die unzensiert die

GEMEINSAM FÜR BELEBTE ZENTREN – Auf

dem Weg zum einem revitalisierten Stadtkern ziehen Behörde und Gewerbe beispielhaft an einem Strick.

«Einen Drittel mehr Umsatz!» «Der Revitalisierungsprozess ist zwar immer noch im Gang, aber wir haben schon einiges erreicht, das sich für jeden einzelnen von uns positiv ausgewirkt hat», sind sich Gemeinderat sowie Gewerbetreibende einig. Für die Lichtensteiger Gewerbler ist klar: An dem veränderten Einkaufverhalten könnten sie nichts ändern, dies sei eine Erscheinung unserer Gesellschaft, mit der sie leben müssten. Doch mit auserlesenen Produkten, einem attraktiven Rahmen wie dem Standort im charmanten Städtchen und einer aus-

gezeichneten Infrastruktur wird der Stadtkern wieder aufgewertet und zum Anziehungspunkt für Besucher und Kundschaft. «Es herrscht eine gute Atmosphäre im Städtli, und wir bekommen immer wieder positives Feedback von unseren Kunden», freut sich René Perret, der seit zehn Jahren Gewerbepräsident ist. «Unser Ziel muss ganz klar sein, beste Qualität sowie eine hervorragende Dienstleistung und Service anzubieten, dann findet auch der Kunde den Weg zu uns», bringt es der innovative Uhrenmacher auf den

Haben gemeinsam den Dorfkern wieder belebt: Architekt Heinz Hauser, Stadtpräsident Roger Hochreutener, Gewerbepräsident René Perret (v.l.h) sowie Couture-Designerin Madeleine Bühler und Schreinermeister Emil Bleiker (v.l.v.).

Punkt. Und er weiss, wovon er spricht, führt er doch seit 23 Jahren sein Fachgeschäft für Uhren und Schmuck in Lichtensteig.

Stabile Entwicklung des Gewerbes Der Prozess der Revitalisierung habe einiges bewirkt, unter anderem ermögliche er eine stabilere Entwicklung des Gewerbes. «Wir haben uns auf einen guten Branchenmix gesund geschrumpft. Wir ergänzen uns bestens, und zusammen mit der Region decken wir ein breites Sortiment ab», so Perret. Eingebettet in der malerischen Kulisse beherbergt das Städtchen im Toggenburg mit Bäcker, Metzger, der Städtlichäsi, einem Volg-Laden, mehreren Restaurants usw. sämtliche Grundversorger des täglichen Bedarfs. Exquisite Spezialitäten- und Fachgeschäfte wie eine Confiserie, ein Möbelgeschäft, eine Bijouterie, ein Blumenladen usw. ergänzen das Angebot. Preis- ⁄ Leistungsverhältnis Dazu gehört auch das exklusive Couture-Geschäft von Madeleine Bühler. Sie hat im Haus an der Hauptgasse 11, das vor ihrem Einzug leer stand, eine einzigartige Modeboutique mit Lager-, Show- und Produktionsräumen eingerichtet. Die Neuzuzügerin hat vor einem Jahr ihre Zelte in St. Gallen abgebrochen, wo sie 29 Jahre lang ihre Prince-de-Galle-Kollektionen produzierte und verkaufte. «Ich fühle mich hier in Lichtensteig in jeder Beziehung wohl, das Preis/Leistungsverhältnis stimmt», freut sich die Couture-Designerin. In der Stadt St. Gallen

hätte sie finanziell nicht mehr weiter existieren können. Hier funktioniere das Gewerbe gut, und sie mache erst noch mehr Umsatz: «Meine Kundinnen kommen aus der ganzen Schweiz hier in mein Geschäft, zudem habe ich eine grosse Laufkundschaft. Diese allein brachte mir einen Drittel mehr Umsatz ein», betont sie.

Umsatz im Bereich Sanierungen hat sich erhöht Viel Arbeit brachte die Zentrumsentwicklung auch Emil Bleiker, dem Inhaber der hiesigen Zimmerei - Schreinerei: «Früher hatten wir weniger Aufträge vor Ort. Im Zusammenhang mit den Hausanalysen und den Sanierungen der älteren Wohnungen stieg die Bautätigkeit in der Altstadt markant an. Wir konnten unseren Umsatz im Sanierungs- und Renovationsbereich deutlich erhöhen», erklärt der Inhaber der Bleiker Holzbau AG und hofft, dass diese Entwicklung anhält: «Viele Liegenschaftsbesitzer haben realisiert, dass es sich lohnt, ihre älteren Wohnungen zu renovieren. Dies bringt uns Leute, die hier in Lichtensteig heimisch werden, das Gewerbe berücksichtigen und zusätzliche Steuerzahler sind.» Obwohl der Revitalisierungsprozess von Lichtensteig auf Erfolgskurs ist, gibt es noch Verbesserungspotenzial. «Ich wünsche mir, dass wir Gewerbetreibende und Gastronomen bei gemeinsamen Anlässen noch besser zusammenarbeiten. Das müssen wir noch optimieren», so Gewerbepräsident René Perret. Corinne Remund

Bautätigkeit in der Altstadt Sehr viele positive Effekte konnten auch durch die sogenannte Hausanalyse erreicht werden. Dabei gelang es dem weitsichtigen Gemeinderat, die einzelnen Grundeigentümer zu motivieren, sich mit der Marktfähigkeit ihrer Liegenschaften auseinanderzusetzen. Die Gemeinde hat dabei mit den eigenen Liegenschaften angefangen und attraktive Wohnungen geschaffen, gleichzeitig aber auch die interessierten Privaten nach Kräften in der Planung, mit Förderbeiträgen, Energieberatung, Vermittlung von Mietern usw. unterstützt. «Die Anzahl Baubewilligungen in der Altstadt hat sich insbesondere durch die Hausanalysen mehr als verdoppelt», freut sich Hochreutener. Auch für Heinz Hauser, Architekt der HAPA GmbH, sind die Umbauten der alten Wohnungen und die Sanierungen der alten Liegenschaften ein zentrales Element der erfolgreichen Zentrumsentwicklung. Er hat dabei aktiv mitgewirkt und drei Gemeinden- und eine Genossenschaftsliegenschaft (Erweiterungs – Neubau) renoviert. «Die Hausanalysen und Umbauten haben sich bewährt. Dank einer guten Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege sind wir beim Umbau viel flexibler, können Dachstöcke und andere Leerflächen viel besser nutzen und zu einem attraktiven Wohnraum umbauen», so Hauser. Voraussetzung dafür sei allerdings ein eingespieltes und erfahrenes Team. Die Planungskosten für die externe Begleitung durch das Netzwerk Altstadt kosteten 200 000 Franken, wobei der Kanton St. Gallen 50 000 Franken übernahm. Insgesamt kosten die Sanierungskosten 2 Mio. Franken. «Die renovierten Wohnungen wurden nicht teurer und bewegen sich in einem normalen Rahmen», so Hochreutener. Die Behörde als Zugpferd Ein wichtiger Erfolgsfaktor im Revitalisierungsprozess ist die Motivation des Gemeinderates und der verschiedenen Akteuere.» Im Fall Lichtensteig ist Stadtpräsident Roger Hochreutener das Zugpferd. Er hat die Situation richtig erfasst, motiviert und schnell und effizient entsprechende Massnahmen aufgegleist», sind sich Gewerbepräsident René Perret und Architekt Heinz Hauser einig. «Nöd lugg lo», heisst das Motto des Gemeinderates während der gesamten Entwicklung. «In einem solchen Veränderungsprozess gibt es mindestens so viele Rückschläge wie Fortschritte», erklärt Hochreutener. Am Ende führten aber nicht einzelne Aktionen zu einer Revitalisierung des Stadtkerns, sondern der gesamte Prozess löste einiges aus. Diesen gilt es nun konstant weiterzuführen und in der Politik, bei der Motivation der Investoren und vor allem in der Bevölkerung zu verankern. «Auch nach dieser erfolgreichen Zentrumsentwicklung ist der Veränderungsprozess noch lange nicht abgeschlossen», hält Hochreutener fest. Corinne Remund

GEWERBE AKTUELL

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Die Branche steht unter Druck, denn die Eidgenossen zeigen beim Gerstensaft­Konsum viel Zurückhaltung. Dafür haben lebensfremde Regulierer Hochkonjunktur.

AUS DEN VERBÄNDEN

SCHWEIZER BRAUEREIEN –

Neuer Fromarte-Präsident

Bürokratische Bierideen

Die diesjährige Delegiertenversammlung des Verbandes der gewerblichen Käsereien in Solothurn stand ganz im Zeichen der Präsidentenwahl. Nach neun Jahren übergab gab der Freiburger René Kolly sein Amt an Hans Aschwanden aus Seelisberg. Der Urner führt die Bergkäserei in Seelisberg in der dritten Generation. Er sei 100 Prozent Käser, und das Unternehmertum liege ihm sehr am Herzen, betonte der 42-jährige Bergkäser vor den Delegierten. Sein Hauptanliegen ist es, «ein Präsident für alle Fromarte-Mitglieder zu sein». Im Weiteren nahm Fromarte Stellung zur Agrarpolitik 2014-2017. Der Verband fordert primär eine strikte Gleichbehandlung von Gewerbe und der Landwirtschaft bei Investitionshilfen für Käsereien.

Der Bierkonsum in der Schweiz stagniert seit Jahren, und so ist auch das Braujahr 2011⁄12 nur durch ein leichtes Wachstum geprägt (vgl. Kasten). Diese Tendenz lässt sich teils verstärkt in anderen europäischen Staaten beobachten, in denen der Bierkonsum ebenfalls stabil oder gar rückläufig ist. «Vor diesem Hintergrund ist es logisch, dass der Wettbewerb unter den Brauereien spielt», analysierte Markus Zemp, Präsident des Schweizer BrauereiVerbandes (SBV) an der Jahresmedienkonferenz die wirtschaftliche Situation.

ZAHLEN & FAKTEN

Deutsches Bier ist beliebt

Fromarte-Direktor Jacques Gygax (Mitte) mit ExPräsident René Kolly (links) und dessen Nachfolger Hans Aschwanden .

Nidwalden: Gut im Schuss An der diesjährigen gut besuchten Generalversammlung des Nidwaldner Gewerbeverbandes waren nur positive Botschaften zu hören: Die Wirtschaftslage des Kantons präsentiert sich überdurchschnittlich gut; im Jahre 2012 dürfte ein Wachstum von 2,6 Prozent zu verzeichnen sein, das beste Resultat aller Stände. Das neue Resort auf dem Bürgenstock – die Investitionen belaufen sich auf eindrückliche 485 Millionen Franken – ist im Bau und soll 2015 eröffnet werden. Der im letzten Jahr gewählte neue Präsident, Edi Engelberger jun., zeigte sich optimistisch und dankte dem sgv für die gute Zusammenarbeit. Im Anschluss an die Generalversammlung referierte der 18 -jährige Thomas Käslin aus Beckenried über seine Maturarbeit «Nidwaldner Wirtschaft in Krisenzeiten.» Eine gelungene Präsentation – für Nachwuchs ist jedenfalls gesorgt, der Jugend gehört die Zukunft. ANZEIGE

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Der gesamte Biermarkt Schweiz verzeichnete im vergangenen Braujahr (Oktober 2011 bis Septem­ ber 2012) einen Zuwachs von 31 236 Hektoliter (hl) Bier auf 4 623 631 hl. Diese Zunahme von 0,7 Prozent ist geprägt durch einen erneuten Anstieg der Bier­ importe von 4,1 Prozent (Vorjahr: 7,1 Prozent). Der Bierimportanteil am gesamten Biermarkt Schweiz beträgt nun 23,7 Prozent (Vorjahr: 22,9 Prozent) oder 1 094 636 hl. Davon stammen 51 Prozent (Vor­ jahr: 51,2 Prozent) aus Deutsch­ land, aus Frankreich sind es 14,5 Prozent (Vorjahr: 16,6 Prozent) und aus Portugal 12,2 Prozent (Vorjahr: 11,3 Prozent). Der Inland­ ausstoss der Schweizer Brauereien verminderte sich leicht um 0,3 Pro­ zent auf 3 528 995 hl, was einem Marktanteil von 76,3 Prozent (Vorjahr: 77,1 Prozent) entspricht. Die wachsende Beliebtheit des deutschen Bieres wird von Marktken­ nern vorab mit der Preispolitik der Discounter und der anhaltend hohen Einwanderung aus dem nördlichen Nachbarland erklärt.

Trend zum Heimkonsum Die Euroschwäche und die wirtschaftlich unsichere Lage zeigen denn auch Auswirkungen im Kaufverhalten der Bevölkerung – so hat der bereits blühende Einkaufstourismus abermals zugenommen, mit den entsprechenden Nachteilen für die heimische Wirtschaft. «Auch die bereits in den letzten Jahren beobachtete Konsumverlagerung von der Gastronomie hin zum Detailhandel – und damit zum Heimkonsum – hält weiter an», konstatierte Zemp. Mitschuldig daran sei auch das Rauchverbot in der Gastronomie; dieses habe dem Stammtisch weitgehend den Garaus gemacht Einen kleinen Hoffnungsschimmer orten die Bierbrauer dennoch. SBVDirektor Marcel Kreber: «Die Zunahme der Importbiere hat sich im Gegensatz zu den Vorjahren weniger stark entwickelt und auch der Rückgang der schweizerischen Bierproduktion mit 0,3 Prozent Minus hält sich in Grenzen. Von einer Trendwende zu sprechen, wäre aber sicherlich verfrüht.» Auch habe die Markenvielfalt weiter enorm zugenommen: Neben den 16 grossen und mittleren Brauereien, die dem SBV angeschlossen sind, gibt es mehr als 330 Kleinbetriebe, welche die lokalen Märkte mit mehr als 750 Bieren bedienen.

Unterwegs zur Prohibition In der Politik gestaltet sich das Umfeld für die Bierbrauer in der nächsten Zeit ebenfalls herausfordernd. Im Januar 2013 dürfte sich die vorberatende Kommission des Ständerates erstmals mit der Revision des Alkoholgesetzes befassen. Diese sieht massive Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit vor, wie etwa zeitliche Alkoholverkaufsverbote. So soll im Rahmen eines neuen «Nachtregimes» der Detailhandel mit alkoholischen Getränken zwischen 22 und 6 Uhr verboten werden. Im gleichen Zeitraum sollen in den Ausschankbetrieben keine «Lockvogelangebote», aber auch keine «Happy Hours» mehr möglich sein.

Viele Sorgen und einige Hoffnungsschimmer. Präsident Markus Zemp (links) und Direktor Marcel Kreber. Bundesrat als Wendehals Diese Massnahmen sind – wie im Fall des Rauchverbots – als eidgenössischer Mindeststandard gedacht, der von den Kantonen verschärft werden kann. «Da fragt man sich, wieso es überhaupt ein Bundesgesetz braucht, wenn die Kantone weiterhin eigene und gar strengere Regelungen erlassen können», wunderte sich Zemp. Er erinnerte daran, dass die Landesregierung noch 2008 die folgende Feststellung traf: «Der Bundesrat spricht sich explizit für den konsequenten Vollzug bestehender Gesetze aus und sieht zur Zeit keinen Bedarf, neue marktregulierende Massnahmen auf nationaler Ebene vorzuschlagen, wie z. B. die vieldiskutierten nächtlichen Verkaufseinschränkungen, Steuererhöhungen oder eine Erhöhung des Abgabealters.»

Modelleisenbahnen «reguliert» Der SBV-Präsident zeigte an einemBeispiel auf, wie absurd die Denkweise der eidgenössischen Gesetzesmacher sein kann, wenn es um den Jugendschutz geht: Im Rahmen der geplanten Werbeverbote soll auch jegliche Reklame für Bier auf Minia-

turanfertigungen wie Autos, Lastwagen oder Modelleisenbahnen untersagt werden. «Die hanebüchene Begründung lautet, dass eine Abgrenzung zwischen Spielzeug und Sammlergegenständen kaum möglich ist», kritisierte Zemp die «Bieridee des Jahrzehnts».

Vehement gegen Pflichtpfand Sorgen bereitet der Bierbranche auch die wiederaufgelebte Debatte um das Pflichtpfand. Der SBV spricht sich ganz klar gegen das Vorhaben aus, das von den Getränkegrossisten unterstützt wird. «Die bewährten Recyclingsammelströme sind seit Jahrzehnten eingespielt und etabliert. Durch ein Pflichtpfand würden diese zerstört. Die jährlichen Kosten für einen Systemwechsel von schätzungsweise 280 Millionen wären immens. Ein Pfand würde die Kaufkraft abschöpfen und die Abfallberge anschwellen lassen», warnte Direktor Marcel Kreber. Lu

LINK www.bier.ch

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ARBEITSMARKT ⁄ RAV

IPT INTEGRATION –

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Die berufliche Wiedereingliederung als Instrument der sozialen Verantwortung von Unternehmen.

Seit 40 Jahren erfolgreich integriert Das Jahr 2012 steht für das 40-JahrJubiläum von IPT Integration für alle. Diese private Stiftung hat ihre Wurzeln im Jahr 1972 und gründet auf dem Willen von Unternehmern, eine Brücke zur Arbeit für Menschen mit Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt oder gesundheitlichen Einschränkungen zu schaffen. Heute ist ihre Aufgabe aktueller denn je. Der Arbeitsmarkt, der durch die Krise geschwächt ist, bleibt schwer zugänglich für gering- oder unqualifizierte Arbeitnehmende, die über 40 Jahre alt und langzeitarbeitslos sind und überdies Gesundheitsprobleme aufweisen. Diese Menschen stossen auf die meisten Schwierigkei-

DIE STIFTUNG IPT Als anerkannte gemeinnützige Stiftung hat IPT Leistungsverträge mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen, dem Staatssekretariat für Wirtschaft, den Kantonen und Gemeinden. Die Stiftung ist in allen Westschweizer Kantonen sowie in den Kantonen Basel, Bern, Zürich und Tessin aktiv und beschäftigt über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In enger Zusammenarbeit mit Arbeitsämtern, Sozialämtern, den kantonalen IV-Stellen, Privatversicherern, Ärzten und Unternehmen begleitet IPT jährlich 2500 Personen zur Wiederbeschäftigung. Mit 1000 Fest- und Temporärvermittlungen ermöglichte IPT im Jahr 2011 über 40 Prozent der betreuten Personen, nachhaltig Arbeit zu finden. Ausser-dem wurden 2000 Praktika in Partnerunternehmen organisiert, um den betreuten Personen die Möglichkeit zu bieten, ihre Kompetenzen zu testen oder sich neue anzueignen.

LINK www.stiftung-ipt.ch

ten bei ihrer Rückkehr ins Berufsleben und stehen zugleich im Mittelpunkt der Tätigkeit von IPT. In diesem Zusammenhang ist die berufliche Wiedereingliederung von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder mit Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt ein gesellschaftliches Bedürfnis und ein wesentlicher Bestandteil unseres sozioökonomischen Systems. Eine erfolgreiche Wiedereingliederung kommt nicht nur der Person zugute, die wieder Arbeit findet und neues Selbstvertrauen fasst, sondern auch dem Unternehmen, das eine kompetente Arbeitskraft einstellt, sowie der Gesellschaft, die somit ihren Zusammenhalt im Geiste der Solidarität stärkt und dabei ihre Sozialkosten senkt.

Nicht selbstverständlich Obwohl es der ideale Weg ist, stösst die berufliche Integration leider auf gewisse Schwierigkeiten, die manchmal zu Grenzen oder gar Hindernissen für den Verbleib oder die Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt werden können. Diese Grenzen betreffen oftmals den medizinischen oder privaten Bereich. Sie werden dadurch verstärkt, dass sich Unternehmen hauptsächlich die nachhaltige Sicherung ihres Fortbestands in einem immer stärkeren internationalen Wettbewerbsumfeld zum Ziel setzen. Für diese Unternehmen, und insbesondere für KMU, die in erster Linie mit der enormen Herausforderung ihres wirtschaftlichen Überlebens konfrontiert sind, ist die Integration von gesundheitlich beein-

Sicherheit negative Auswirkungen auf das Arbeitsklima im Unternehmen haben würde. Deshalb muss die gefährliche Idee der Quotenregelung, die immer wieder zur Sprache gebracht wird, mit Nachdruck und Überzeugung bekämpft werden. Arbeitsplätze schafft man nicht per Erlass. Dies zeigen die im Ausland gesammelten Erfahrungen sehr gut.

Die Integration von älteren Menschen oder solchen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit ist das sicherste Mittel gegen steigende Sozialversicherungskosten. trächtigten Menschen nicht selbstverständlich. Aber mit der entsprechenden Unterstützung, Kompetenz und Überzeugung kann bei der beruflichen Reintegration ein besseres Resultat erreicht werden als durch Zwänge.

Besser als Quoten Im Gegensatz zu einigen ihrer Nachbarn, die bereits Quotenregelungen eingeführt haben, gibt die Schweiz einem Ansatz den Vorzug, der sich auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen fokussiert. Unsere Behörden sowie die Vertreter der Arbeitgeber sind gegen die Einführung einer Quotenregelung für die berufliche Eingliede-

rung, da es die angestrebten Ziele untergräbt. Diese Haltung bestätigt, dass die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nur dann positive Auswirkungen haben kann, wenn sie auf freiwilliger Basis erfolgt. Dies sowohl im Interesse der Unternehmen als auch – und es ist wichtig, dies zu betonen – im Interesse von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Denn wie würden sich Letztere fühlen, wenn sie nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten und ihres Willens in einem Unternehmen eingegliedert werden, sondern ausschliesslich aufgrund von Quoten? Dies wäre eine wenig ermutigende Aussicht, die mit

Engagierte Arbeitgeber Der Erfolg von Massnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung ist untrennbar mit dem Engagement der Arbeitgeber verknüpft. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass ein Unternehmen nicht definitionsgemäss eine soziale Eingliederungseinrichtung ist. Dennoch hat es eine soziale Verantwortung, die in erster Linie in der Sicherung seines Fortbestands besteht. Aber dieses Engagement kann auch im Bereich der beruflichen Wiedereingliederung ausgeübt werden. Je nach Situation des Unternehmens kann es so bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt von Personen, die aus gesundheitlichen Gründen am schwersten zu vermitteln sind, mitwirken. Wenn wir es dem Unternehmen ermöglichen, sich unter den bestmöglichen Rahmenbedingungen zu entwickeln, könnte es einen noch besseren Beitrag für die berufliche Wiedereingliederung leisten. Schliesslich ist die Eingliederung von Menschen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit das sicherste Mittel zur Bekämpfung der steigenden Sozialversicherungskosten.

Das Netzwerk EBA begleitet Lernende und Lehrbetriebe. Und es unterstützt EBA-Lehrabgänger dabei, eine passende berufliche Anschlusslösung zu finden. LEHRBETRIEBSVERBÜNDE –

Damit der Anschluss nach der Lehre klappt Damit die berufliche Integration funktioniert, sind viele Hürden zu überwinden. Gerade bei Jugendlichen mit einem schwächeren Schulabschluss haben sich die individuelle Vorbereitung am Übergang I – von der Schule in die Lehre – besonders aber die fachkundige Förderung durch einen Lehrbetriebsverbund (LBV) bewährt. Aber auch am Übergang II – von der Lehre in die Berufswelt – kann ein Anschub oder eine kurzfristige Begleitung, wie sie das Netzwerk EBA bietet, hilfreich sein. Im Netzwerk EBA vereint sind Lehrbetriebsverbünde aus verschiedenen Kantonen. Ihr unermüdliches Engagement gilt den praktisch begabten Jugendlichen. Ihre gezielte Sensibilisierungskampagne für mehr Ausbildungsplätze und bessere Berufschancen – insbesondere für die 2-jährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest EBA – macht sich langsam bezahlt. Denn die KMUWirtschaft hat Handlungsbedarf. Die demografischen Veränderungen (weniger Schulabgänger, die sich für eine Lehre entscheiden), verstärken den Fachkräftemangel weiter. Für Lehrbetriebe heisst es, bei der Selektion offen zu sein. Statt sich einseitig auf Multicheck-Analysen abzustützen sind Schnupperlehren meist aussagekräftiger. Jugendliche, besonders solche mit Migrationshintergrund, erfahren im Bewerbungsverfahren oder während der Lehre oft nur wenig Un-

beitsplatz ab- und Selbstvertrauen aufzubauen. Aber auch die Personalverantwortlichen in den Betrieben werden so besser sensibilisiert und tragen dazu bei, allfällige Berufseinstiegshürden zu beseitigen.

Die gezielte Unterstützung der jungen Lernenden mit praktischen Begabungen nützt auch den Betrieben: Anyi, Küchenangestellte EBA in der Werkkantine Basel, zusammen mit ihrem Chef. terstützung durch ihre Eltern. Ein LBV-Coach, der ressourcenorientiert arbeitet, gewinnt ihr Vertrauen rascher. Bei Problemen in der Schule oder am Arbeitsplatz kann er gezielter intervenieren und so die Lehrbetriebe entlasten. Die positiven Folgen: Es gibt weniger Lehrabbrüche.

Durchlässiges System Aber auch nach einer erfolgreich absolvierten beruflichen Grundbildung bleiben den jungen Erwachsenen viele Fragen. Soll ich nun eine weiterführende Lehre mit dem Ziel eines eidgenössischen Fähigkeitszeugnis EFZ ins Auge fassen? Oder soll ich doch lieber noch mehr Arbeitspraxis sammeln? Unser Bildungssystem und insbesondere das der dualen Berufsbildung ist durchlässig. Und das ist gut so.

Nico Scheidegger vom LernwerkLehrbetriebsverbund aus dem Kanton Aargau berät neben seiner Tätigkeit als LBV-Coach auch Jugendliche nach der Lehre oder solche, die kurz vor dem Abschluss ihrer 2-jährigen Attestausbildung stehen. Er weiss, wie wichtig es ist, sich den individuellen Bedürfnissen der Jugendlichen anzupassen. Oft befinden sich Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger an unterschiedlichen Ausgangspunkten. Viele haben erst vage Vorstellung davon, wie ihr künftiges Berufs- oder Arbeitsleben aussehen könnte. Das muss besonders bei der Wahl der effektivsten Beratungsmethode berücksichtigt werden, bestätigt Nico Scheidegger. Ist eine Stelle oder Lehrstelle in Aussicht, hilft ein Jobcoaching, um beispielsweise während der Probezeit Unsicherheiten am neuen Ar-

Mehr als 300 profitierten Das Netzwerk EBA bietet dieses Coaching am Übergang II bereits seit 2010 an. Seither haben mehr als 300 Lehrabgängerinnen und -abgänger aus fünf Kantonen vom Unterstützungsangebot profitieren können. Fast 70 Prozent der Projektteilnehmenden haben bisher eine Stelle gefunden oder sich für eine weiterführende berufliche Grundbildung EFZ entschieden. Das Netzwerk EBA ist ein Partnerprojekt der Credit Suisse im Rahmen ihrer Initiative «Gemeinsam gegen die Jugendarbeitslosigkeit». Eben konnte der Zusammenarbeitsvertrag um ein Jahre verlängert werden. Bis 2014 stellt die Credit Suisse den Lehrbetriebsverbünden Mittel zur Verfügung, damit EBA-Lehrabgängerinnen und -Lehrabgänger gezielt unterstützt werden können. Davon profitieren auch Betriebe, die sich bei der Personalrekrutierung an einen Lehrbetriebsverbund wenden: Hier finden sie praxiserprobte, produktive und loyale Junior-Fachkräfte und eine sorgsame Begleitung während der Einarbeitungszeit. Christine Rennhard Verein Lernwerk/überregionale Kommunikation Netzwerk EBA

LINKS Hier finden Sie den Kontakt zu den Lehrbetriebsverbünden: n Kanton AG:

www.lernwerk.ch n Kantone

BS/BL:

www.overall.ch n Kanton

FR:

n Kanton

ZG:

n Kanton

ZH:

www.fribap.ch www.bildungsnetzzug.ch www.chance.ch www.berufslehrverbund.ch

LEISTUNGEN FÜR ARBEITGEBENDE Die folgenden RAV-Dienstleistungen sind nicht nur für Stellensuchende, sondern ebenso für Arbeitgebende gratis abrufbar: n n n n n

n

Vermittlung von Stellensuchenden Schnelle und professionelle Vorselektionierung geeigneter Kandidatinnen und Kandidaten Beratung in arbeitsmarktlichen Belangen Einfaches Verfahren zur Meldung offener Stellen Aufnahme der Stellen in die gesamtschweizerische Datenbank der RAV sowie auf Wunsch in SSI und/oder Teletext/www.treffpunktarbeit.ch Zusammenarbeit mit privaten Stellenvermittlern

Die Adressen der RAV findet man: n n n

im Internet unter wvw.treffpunkt-arbeit.ch unter Teletext, SF2, Seite 430 ff. bei der RAV-Koordination des Staatssekretariats für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung (SECO), Effingerstr. 31–35, 3003 Bern, Tel. 031 325 32 64

WIRTSCHAFT&POLITIK

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

AHV-REFORMPAKET

Klar KMU-feindlich Der Bundesrat setzt in seinen diese Woche vorgestellten Leitlinien zur Sicherung der Altersvorsorge praktisch ausschliesslich auf die Karte Mehreinnahmen. Dies lehnt der sgv entschieden ab und setzt sich für sein Modell ein, das als Schuldenbremse für die AHV konzipiert ist. «Wir verlangen, dass der Deckungsgrad des AHVFonds stets zwischen 70 und 80 Prozent einer Jahresausgabe betragen muss. Um sicherzustellen, dass dieser Wert weder unterschritten noch übertroffen wird, gilt es das Rentenalter schrittweise anzupassen. Je nach Entwicklung der AHV-Finanzen sind damit Anpassungen nach unten als auch nach oben denkbar», hält sgvVizedirektor Kurt Gfeller fest. Geht es nach den linksetatistischen Vorstellungen des SP-Innenministers Alain Berset, sollen zur Sicherung der Altersvorsorge einmal mehr den Erwerbstätigen und den Unternehmen massive Zusatzlasten in Form von Mehrwertsteuererhöhungen oder höheren Lohnbeiträgen aufgebürdet werden. Sie sollen folgenden Zwecken dienen: n zur Sicherung der AHV, da die angekündigte Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre auf keinen Fall ausreicht, um die Finanzierungslöcher der staatlichen Altersvorsorge zu stopfen; n für Kompensationsmassnahmen in Zusammenhang mit der überfälligen Senkung des Umwandlungssatzes bei der 2. Säule; n für Übergangsmassnahmen für jene Versicherten, die kurz vor der Pensionierung stehen. «Um Mehreinnahmen zu generieren, werden Angestellte und Betriebe erheblich belastet – und das ist Gift für die Wirtschaft und eine echte Bedrohung für unseren Wohlstand», betont Gfeller. Die Kaufkraft der Konsumenten würde erheblich geschwächt, der Konsum – also der Konjunkturmotor – abgewürgt. Leidtragende wären die primär auf den Binnenmarkt ausgerichteten KMU. Zudem würden den Betrieben Mittel entzogen, die sie dringend für jobsichernde Zukunftsinvestitionen einsetzen sollten. Diese Entwicklungen will der sgv unbedingt vermeiden. Er fordert deshalb eine Schuldenbremse und den konsequenten Verzicht auf Mehreinnahmen. Stattdessen soll das Rentenalter schrittweise angehoben werden. Für Gfeller ist klar: «Die starke Zuwanderung der letzten Jahre zeigt deutlich, dass in der Schweiz mehr als genug Arbeit vorhanden ist, um ältere Erwerbstätige länger zu beschäftigen. Der Beweis, dass dies funktionieren kann, ist längst erbracht, arbeiten doch bereits heute 37 Prozent aller Erwerbstätigen über das ordentliche Rentenalter hinaus weiter.» Pd ANZEIGE

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Die Abkommen mit der EU, insbesondere aber die Personenfreizügigkeit, haben sich nach Ansicht der Wirtschaftsverbände bestens bewährt. BILATERALE VERTRÄGE –

Den richtigen Weg gewählt 1992 hat die Schweiz den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) abgelehnt, zehn Jahre später konnten die Bilateralen Verträge I mit der EU in Kraft gesetzt werden. Für den Schweizerischen Gewerbeverband sgv, economiesuisse und den Schweizerischen Arbeitgeberverband SAV ist vorab das zweite Datum denkwürdig, denn es steht für eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. An einer gemeinsamen Medienkonferenz erinnerten letzte Woche die drei Dachverbände daran, dass es die Bilateralen waren, welche die Schweiz aus der Lähmung und Stagnation der 1990er-Jahre befreiten.

Voraussetzung für Wachstum Für den sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler ist die Öffnung des Arbeitsmarktes die grösste Errungenschaft des Abkommens. Für Unternehmen mit hohen Anteilen an ausländischem Personal, darunter auch sehr viele KMU, habe sich die Berechenbarkeit der Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Besonders stark profitierten die Baubranche sowie das Hotel- und Gastgewerbe. «Nur dank diesem System kann das grosse Bedürfnis der Wirtschaft nach

ZUWANDERUNG

Diskussion im Netz

Die drei Wirtschaftsverbände lehnen einhellig die Volksinitiativen der SVP und von Ecopop ab, welche die Beschränkungen der Einwanderung verlangen. Sie werden die Volksbegehren denn auch gemeinsam bekämpfen. Zu diesem Zweck möchten sie den Nutzen der Zuwanderung für die ganze Gesellschaft noch besser aufzeigen und eine offene Diskussion über deren Folgen führen. Fakten, Stellungnahmen und Hintergrundinformationen finden sich ab sofort auf einer speziellen Webseite.

LINK www.zuwanderungspolitik.ch

Die Exponenten der drei wichtigsten Wirtschaftsverbände halten an den Bilateralen und insbesondere an der Personenfreizügigkeit fest (v. l.): Hans-Ulrich Bigler, Valentin Vogt und Pascal Gentinetta. neuen Fachkräften befriedigt werden, was eine Grundvoraussetzung für Wachstum ist», erklärte Bigler.

EU macht keine Geschenke Heute gehe nur zu schnell vergessen, dass das alte Kontingentsystem vor 2002 mit einem enormen Bürokratieaufwand für die KMU verbunden gewesen sei. Dies sei mit ein Grund, weshalb in einer Anfang 2012 im Auftrag des sgv durchgeführten Umfrage unter KMU-Führungskräften 70 Prozent für die Weiterführung der Personenfreizügigkeit votiert hätten. «Für den Gewerbeverband besteht kein Anlass, die Fortsetzung der Personenfreizügigkeit in Frage zu stellen», hielt Bigler fest. Eine Kündigung wäre mit enormen Risiken verbunden, zumal die «Guillotine-Klausel» das gesamte bilaterale Vertragsgerüst einstürzen liesse. Der Gewerbedirektor nahm

kein Blatt vor den Mund. «Wer glaubt oder hofft, dass die EU in Neuverhandlungen Konzessionen machen würde, ist schlicht nicht von dieser Welt. Der wohlhabenden Schweiz mit ihrer Fast-Vollbeschäftigung, niedrigen Schulden- und Steuerlasten sowie vielen Standortvorteilen wird von der schwächelnden und deshalb neidischen EU sicherlich nichts geschenkt.»

Auch der Staat profitiert economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta wies darauf hin, dass von diesem Attraktivitätszuwachs auch der Staat profitiere. Im Gegensatz zu den 1990er-Jahren seien die Staatsfinanzen heute im Lot. Gentinetta bedauert, dass im Zusammenhang mit den Bilateralen heute nahezu ausschliesslich über negative Aspekte der Personenfreizügigkeit diskutiert werde. Der Vertrag ist mit den sechs anderen

untrennbar verbunden und könnte nur gemeinsam mit diesen gekündigt werden. «Gerade dieses Abkommen hat wirtschaftlich wesentlich dazu beigetragen, dass die Bilanz des bilateralen Wegs insgesamt so positiv ausfällt.» Für den SAV-Präsidenten Valentin Vogt ist der schweizerische Arbeitsmarkt mit der Freizügigkeit eindeutig strukturell gestärkt worden. Und das immer wieder heraufbeschworene Lohn- und Sozialdumping werde durch die flankierenden Massnahmen weitgehend verhindert. Zwar gebe es Missbräuche. «Aber in einer Gesamtbeurteilung muss auch berücksichtigt werden, dass die Arbeitsleistungen, bei denen solche Missbräuche vor allem vorkommen, deutlich weniger als ein Prozent des gesamten schweizerischen Arbeitsvolumens ausmachen», betonte Vogt. Pd ∕ Lu

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SCHWEIZER ARMEE

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Die KMU brauchen junge Kader.

SCHWEIZER ARMEE

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Die KMU brauchen junge Kader.

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KMU-WELT

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

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Zum Abschluss der umfangreichen Aktivitäten zum 125. Geburtstag des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) präsentierte sich die Branche in der grossen Halle des Zürcher Hauptbahnhofs. JUBILÄUMSFEIERN –

Störrischer Tisch und viel Spektakel Der honorige VSSM hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt: Die 125-Jahre-Feiern wurden ausgiebig benutzt, um die Branche nach innen zu einen und zugleich der Öffentlichkeit näherzubringen. Der Auftakt an der Fachmesse Swissbau im Januar verlief ebenso vielversprechend wie die Einweihung der neuen Räume der «Schreineruniversität» auf dem Bürgenstock Ende April. Im Mai wurde der «Happy Day», ein ganz spezieller Tag der offenen Türen, zum Publikumshit. Viel Aufmerksamkeit zog auch der offizielle Festtag an der Jubiläumsdelegiertenversammlung vom 1. Juni auf sich; Bundesrat Johann Schneider-Ammann überbrachte den «Hölzigen» höchstpersönlich die Grüsse der Landesregierung. Sicherlich unvergesslich bleibt das Schreinerfest vom 2. September. «Zu einem Verbandsjubiläum gehört auch ein Anlass für die Basis, die Macher», freute sich VSSM-Direktor Daniel Borner, «mit diesem Fest haben wir offensichtlich den Geschmack unserer Mitglieder getroffen.» Tatsächlich folgten der Einladung zum Schreinerfest rund 1700 Personen, die auf dem Flugplatzgelände in Dübendorf mitfeierten. Der Anlass hatte auch eine Art überdimensionalen Klassentreffen-Charakter, trafen sich doch viele Schreiner seit Jahren das erste Mal wieder.

Neue Massstäbe gesetzt Mit seinem Auftritt in der riesigen Halle des Zürcher Hauptbahnhofs setzte der VSSM allerdings klar neue Massstäbe. Drei Tage lang beherrschten die Schreiner an einem regnerischen November-Wochenende die Szene, ihr Markenzeichen – der «Schreiner-Macher-Kubus» – liess sich nicht übersehen. Darin ausgestellt wurden die besten Arbeiten aus dem Wood-Award-Wettbewerb, welche die Kreativität des Schreinerhandwerks aufzeigen. Direkt nebenan konnte ein breites Publikum den Auftritt der jungen Schreiner-Nationalmannschaft verfolgen. Nicht nur Fachbesucher fanden, dass diese «Berufsshow» eine elegante und interessante Nachwuchswerbung darstellte. Innovative Konzepte Mit dem WoodAward fördert der VSSM gezielt die Zusammenarbeit zwischen Schreinern und Designern. Mit Erfolg: Aus über 210 eingereichten Vorschlägen nominierte eine hochkarätige Fachjury 23 ausgeführte Konzepte aus Holz oder Holzwerk-

Verdiente Auszeichnung für «edu Collection» .

Der riesige «Schreiner-Macher-Kubus» dominierte für drei Tage die Zürcher Bahnhofshalle.

Die «Raumuhr» soll den Alttag entschleunigen.

Das kreative Siegertrio mit der WoodAward-Skulptur: (v.l.) Heinz Spychiger, Christine Urech und Simone Hölzl.

«NIU», der eigenwillige Tisch aus dem etwas vergessenen Buchenholz, gefiel der hochklassigen Jury am besten.

stoffen. Die aus Schreinern und Gestaltern zusammengesetzten Teams realisierten innovative Möbel und Accessoires, welche aus traditionellen bis höchst technisierten Schweizer Schreinereien stammen. Der WoodAward 2012 (eine kunstvolle Holzskulptur sowie 20 000 Franken) ging an den Berner Schreinermeister Heinz Spychiger und die beiden Designerinnen Christine Urech (Luzern) und Simone Hölzl (Zürich). «Schlicht, schön, originell, gekonnt»

sorgen keine Schrauben, sondern ein Keil, ein weiteres Zeichen für starkes Schreinerhandwerk. Die Jury bezeichnete «NIU» als «störrischen Tisch, der einem nicht verleidet». Heinz Spychiger, Geschäftsleiter der Schreinerei Feldmann + Co. AG in Lyss, will übrigens mit «NIU» ein Zeichen setzen, damit Buche auch im Möbelbereich wieder vermehrt eingesetzt wird. Gefragt nach der Verwendung der gewonnenen Preissumme, war Spychiger nicht um eine Antwort verlegen: «Christine, Simone und ich werden sowieso weiter zusammenarbeiten, und daher werden wir sicherlich eine gute Investitionsmöglichkeit für das Geld finden.»

– so lautete das Juryurteil zu ihrem Ensemble «NIU», das aus einem dreibeinigen Tisch und sechs Hockern aus Buchenholz besteht.

Die «verdrehte Idee» Der Name ist Programm: «NIU» bedeutet auf Chinesisch «verdreht» und bezieht sich auf die gewundenen Möbelbeine. Hergestellt wurden diese mittels Spindeltechnik, welche traditionellerweise bei Wendeltreppen eingesetzt wird. Für den Zusammenhalt

Überraschende und praktische Lösung: «Laptool» .

Clever und philosophisch Drei weitere Teams erhielten für ihr Engagement im Rahmen des WoodAwards 2012 eine Auszeichnung und je 3500 Franken. Dazu gehört die «edu Collection» von Jörg Gürber (Gürber AG Schreinerei, Küttigen AG) und den aarodesign-Gestaltern Philipp Schuler (Aarau) und Daniel Wehrli (Lausanne). Das Team hat fünf Objekte (Leuchte, Hocker, Tisch, Regal und Garderobe) entworfen, die als Übungsstücke für die Schreinerausbildung dienen sollen. Ebenfalls ausgezeichnet wurde die «Raumuhr» von Dominic Meister (dost design, Schaffhausen) und Schreiner Walter Wipf (Wipf + Co. AG, Lohn SH). Die sorgfältig verarbeitete Holzskulptur dreht sich in 24 Stunden einmal um

sich selbst, sie ist Stundenzeiger, die Möbel im Raum sind die Ziffern. Laut Jury handelt es sich um ein «philosophisches Objekt, das den Alltag entschleunigen soll». Die dritte Auszeichnung ging an «Laptool», ein hölzernes Trainingsgerät für Hirnschlagpatienten, realisiert von Marco Spiess (Valida Holzwarenproduktion, St. Gallen) sowie Matthias Bischoff und Christof Sigerist (stockwerk 3 GmbH, Frauenfeld). Die Juroren bewerteten dieses Produkt als «überraschende Lösung für ein relevantes Problem».

Die Schreiner-Elite Nebst der WoodAward-Ausstellung konnten die zahlreichen Besucher das Schreinerhandwerk live erleben, etwa die Herstellung einer Bank und eines Tisches aus Massivholz. Am Werk waren die derzeit besten Nachwuchsleute der Branche: die neunköpfige Schreiner-Nationalmannschaft. Für die Wettkämpfer war der Anlass ein willkommenes Training für den Final der Schweizer Meisterschaft, der dieses Wochenende an der Palexpo in Genf über die Bühne geht. Auf reges Interesse stiessen auch die ausführlichen Informationen zum «Traumjob Schreiner» und ein Wettbewerb mit attraktiven Preisen. Patrick M. Lucca

LINK www.wood-award.ch

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BERUFLICHE VORSORGE

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes: «Je grösser eine Kasse ist, desto stärker ist sie», sagt Pensionskassenleiter Adrian Mast. AK 105 –

«Zum Vorteil aller Versicherten» Die Pensionskasse der Ausgleichskasse Schweizer Gewerbe (AK 105) ist ein Vorsorgewerk der proparis Vorsorge-Stiftung Gewerbe Schweiz. Die AK 105 umfasst ein äusserst breites Spektrum an gewerblichen Betrieben aus den unterschiedlichsten Bereichen – von den Apothekern über die Filmverleiher bis hin zu den Rauhfutterhändlern und den Papeteristen. Adrian Mast ist der Leiter der Abteilung Pensionskassen der AK 105 und damit zuständig auch für die Drogisten, die Maler ⁄ Gipser sowie die Hafner ⁄ Plattenleger.

oder dem involvierten Krankenttaggeldversicherer arbeiten wir eng zusammen, ohne aber Doppelspurigkeiten zuzulassen. Beim Case Management arbeiten alle Beteiligten auf das gleiche Ziel hin: Die baldige Rückführung des Versicherten ins Erwerbsleben – dadurch sichern wir tiefere Risikobeiträge für alle Versicherten.

Wie wirkt sich dies alles auf die Kosten für die Versicherten aus? n Aufs Jahr 2012 konnte die Pensionskasse der AK 105 die Risikobeiträge für die Versicherten der ihr angeschlossenen Vorsorgewerke senken. Bei der Pensionskasse der Maler und Gipser sowie der Hafner und Plattenleger (PK SMGV ⁄ VHP) werden die Risikobeiträge aufs kommende Jahr 2013 in der Weitergehenden Vorsorge um 2 Prozent gesenkt. Aufgrund des guten Deckungsgrads beträgt zudem die Verzinsung aller Altersguthaben bei 2 Prozent, also ein halbes Prozent über dem vom Bundesrat festgelegten Mindestzinssatz von 1,5 Prozent.

Gewerbezeitung: Welche Vorteile winken KMU, die über ihren Verband der AK 105 angeschlossen sind? n Adrian Mast: Durch das Angebot von möglichst vielen Sozialversicherungen «unter einem Dach» können wir unseren Mitgliedern eine wertvolle Dienstleistung erbringen. Dies, indem wir ihnen in unbürokratischer Weise helfen, sich von der unbeliebten Verwaltungstätigkeit zu entlasten. Was bedeutet dies konkret? n Wir bieten unseren Kunden quasi alles aus einer Hand. Dies hat unter anderem den Vorteil, dass wir immer sehr nahe an den Spezialisten sind. Hat ein Kunde ein Problem – sei es mit der 1. oder mit der 2. Säule –, dann erhält er sofort eine verbindliche Auskunft, direkt von der entsprechenden Fachperson. Mutationen etwa gehen direkt an alle involvierten Stellen, und der Kunde erhält dafür bloss eine einzige Rechnung. Dies bedeutet für unsere Kunden enorme Vorteile und sehr kurze Wartefristen. Wir pflegen unsererseits ein ausgeprägtes Dienstleister-Denken: Melden sie uns eine Mutation, so gehen die entsprechenden Unterlagen bereits am nächsten Tag per Post zurück an unsere Kunden.

«Indem wir von den Daten der AHV profitieren, wird unsere Arbeit enorm erleichtert», erklärt Adrian Mast, Leiter der Abteilung Pensionskassen der AK 105. Die AK 105 (mit PK der AK 105) sowie die weiteren ihr angeschlossenen Vorsorgewerke der Drogisten (PK des SDV), der Maler ⁄ Gipser sowie der Hafner ⁄ Plattenleger (PK SMGV/VHP) kümmern sich demnach nicht nur um die 2. Säule, sondern auch um die AHV? n Das ist tatsächlich so – und es macht uns zum eigentlichen «Exoten» in der Welt der 1. Säule. Selbstverständlich unterstehen wir dem Datenschutz und einer Schweigepflicht, aber dennoch: Indem wir von den Daten der AHV profitieren, wird

SDV «Drogistenstern». Die zehn Ausgaben pro Jahr werden insgesamt von knapp einer Million Menschen in der Deutsch- und Westschweiz gelesen. Damit gehört der «Drogistenstern» zu den reichweitenstärksten Schweizer Gesundheitszeitschriften überhaupt. Per Ende 2011 betrug der Deckungsgrad 1 der Pensionskasse des Schweizerischen Drogistenverbands 104,87 Prozent.

LINK www.drogistenverband.ch

SMGV UND VHP

Interview: Gerhard Enggist

Die Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes Im Jahr 1947, ein Jahr vor der Einführung der AHV, beschlossen 16 Berufsverbände, gemeinsam eine AHV-Verbandsausgleichskasse zu gründen. Die «Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes» (kurz AK 105) hat sich seither ständig weiterentwickelt, u. a. durch den Anschluss weiterer Gründerverbände und durch die Fusion mit anderen, kleineren Ausgleichskassen. Heute gehören ihr 32 Gründerverbände und über 10 000 Mitglieder aus der ganzen Schweiz an. Die Geschäftsstelle befindet sich in Bern.

1994 konnte der VHP auf der Froburg ob Olten ein neues Ausbildungszentrum eröffnen. Heute absolvieren dort rund 80 Lernende ihre Ausbildung zur Ofenbauerin oder zum Ofenbauer. Die Geschäftsstelle des VHP befindet sich in Olten. «Applica», die Fachzeitschrift des Schweizerischen Maler- und Gipsergewerbes, erscheint im 119. Jahrgang. Per Ende 2011 betrug der Deckungsgrad 1 der Pensionskasse SMGV ⁄ VHP 107,64 Prozent.

Günstige Konditionen Durch die Nutzung zahlreicher Synergien und einer strikten Kostenkontrolle, kann die AK 105 die Leistungen zu vorteilhaften Konditionen anbieten. Dies drückt sich vor allem in den günstigen Verwaltungskosten aus. Aber auch bei den Beiträgen ⁄ Prämien werden den Kunden gute Konditionen angeboten, so insbesondere bei den Familienausgleichskassen und den Pensionskassen. Der Deckungsgrad 1 der Pensionskasse der AK 105 per Ende 2011 betrug 104,80 Prozent.

LINKS www.smgv.ch www.vhp.ch

Breit abgestützt Zu den Gründerverbänden der Ausgleichskasse des Schweizerischen

Maler und Gipser, Hafner und Plattenleger Der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband (SMGV) ist der Branchen- und Arbeitgeberverband des schweizerischen Maler- und Gipsergewerbes. Er wurde 1908 als Schweizerischer Maler- und Gipsermeister-Verband gegründet und vertritt derzeit die Interessen von rund 2000 Maler- und Gipserbetrieben der deutschen, französischen und italienischen Schweiz. Das Dienstleistungszentrum des SMGV befindet sich in Wallisellen. Ofenbauer und Plattenleger sind im 1889 gegründeten Verband Schweizerischer Hafner- und Plattengeschäfte (VHP) zusammengeschlossen. Im Jahr

Nebst der 1. und 2. Säule bieten Sie für Pensionskassenmitglieder

auch ein Case Management an. Zu welchem Zweck? n Durch unser Case Management versuchen wir, aktiv dazu beizutragen, die Risikokosten im Griff zu behalten und sie zu optimieren. Das Case Management ist für die uns angeschlossenen Betriebe kostenlos. Sie werden sogar dafür entschädigt, dass sie – übrigens bei sehr geringem administrativem Aufwand – aktiv dabei mitmachen. Die betroffenen Versicherten werden eng begleitet; dafür greifen wir auf geschultes Personal unseres Rückversicherers AXA zurück. Auch mit der SUVA

AK 105

Über 500 Drogerien in einem Verband Der Schweizerische Drogistenverband (SDV) wurde 1898 in Olten gegründet. Er bildet die nationale Branchenorganisation der Schweizer Drogerien. Heute sind über 90 Prozent aller Drogerien in der Deutsch- und der Westschweiz Mitglieder des SDV. Der Schweizerische Drogistenverband mit Geschäftsstelle in Biel ist jedoch nicht bloss ein Verband, sondern auch ein Verlag mit einem umfassenden Verbund an gedruckten und elektronischen Medien. Bekanntestes Medium des Drogistenverbandes ist die Zeitschrift

unsere Arbeit enorm erleichtert. Gegenüber anderen Sammeleinrichtungen oder kantonalen Ausgleichskassen verfügen wir darum über verschiedene Vorteile. Indem wir eine einfachere Administration anbieten können, sinken die Kosten für unsere Mitglieder. Voraussetzung dafür, über die AK 105 und die uns angeschlossenen Vorsorgewerke die 1. oder 2. Säule durchführen zu lassen, ist einzig die Mitgliedschaft in einem unserer Gründerverbände.

Sind Sie offen für die Aufnahme weiterer Betriebe? n Selbstverständlich! Die Akquirierung ist bei uns ein laufender Prozess. Bei der PK SMGV ⁄ VHP verzeichnen wir derzeit ein gesundes Wachstum – weitere Anschlüsse sind erwünscht; einen unverbindlichen Vergleichsvorschlag liefern wir jederzeit gerne. Die Vorsorgewerke der AK 105 sind, aus dem Blickwinkel ihres Entstehens betrachtet, seit jeher auch für Verbände, die selber zu klein waren, Vorsorgelösungen zu tragbaren Kosten anzubieten, ein optimaler Partner. Denn es steht längst fest: Je grösser eine Kasse ist, desto stärker ist sie. Und dadurch sinken die Kosten – zum Vorteil aller Versicherten.

Gewerbes (AK 105) gehören: n AKUSTIKA Schweizerischer Fachverband der Hörgeräteakustik n ASMAS Verband Schweizer Sportfachhandel n gab Gesellschaft selbständiger Architektur-, Planer- und Ingenieurfirmen Berns n IPK Interessenverband für pharmazeutische, kosmetische und verwandte Produkte n NVS Naturstein-Verband Schweiz n pharmaSuisse n SDV Schweizerischer Drogistenverband n SKMV Schweizerischer Kaminfegermeister-Verband n SKIV Schweizerischer KioskinhaberVerband n ProCinema, Schweizerischer Verband für Kino und Filmverleih n Schweizerischer Küfermeisterverband n SMGV Schweizerischer Maler- und Gipserunternehmer-Verband n SFS Swiss Fashion Stores n SVIT Schweizerischer Verband der Immobilienwirtschaft n VELEDES Schweizerischer Verband der Lebensmittel-Detaillisten n SMBK Schweizerischer Verband des Milch-, Butter- und Käsehandels n SWISSMECHANIC, Sektion Bern

n SWISSMECHANIC, Sektion Glarus n SWISSMECHANIC, Sektion Schwyz n VSBS Verband Schweizer Bildhauer-

und Steinmetzmeister n VHP Verband Schweizerischer Hafner- und Plattengeschäfte n SPV Schweizerischer Plattenverband n SRV Schweizerischer Rauhfutterverband n DSM Dachverband Schweizerischer Müller n Verband Schweizerischer Schirmfabrikanten n VZLS Verband Zahntechnischer Laboratorien der Schweiz n SKW Schweizerischer Kosmetik- und Waschmittelverband n VSB Verband Schweizer Bettwarenfabriken n VGS Verband der Getreidesammelstellen der Schweiz n VSF Vereinigung Schweizerischer Futtermittelfabrikanten n VSP Verband Schweizerischer Papeteristen n Verband der Buchbindereien und Druckausrüstbetriebe der Schweiz

LINK www.ak105.ch

BERUFLICHE VORSORGE

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

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Der Geschäftsführer der gewerblichen Vorsorgestiftung proparis bleibt der Nachhaltigkeit verpflichtet. Die Vorsorgewerke der proparis verfügen über einen Deckungsgrad von gut 107 Prozent. ERHARD D. BURRI –

«Heute nicht selbstverständlich» Gewerbezeitung: 1957 vom Schweizerischen Gewerbeverband sgv gegründet, konnte die gewerb­ liche Vorsorgestiftung proparis ihren Erfolg bis heute ununterbro­ chen halten. Wenn wir die Pen­ sionskassenlandschaft insgesamt betrachten, drängt sich die Frage auf: Verfügt proparis über ein Geheimrezept? n Erhard D. Burri: Es ist tatsächlich speziell, dass eine Institution 56 Jahre ununterbrochen erfolgreich im Markt ist. Ich selber stehe im 63. Lebensjahr und bin somit sieben Jahre älter als proparis. Und ich muss feststellen, dass – mit wenigen Ausnahmen – alle Firmen, die ich in meiner Jugendzeit gekannt habe, heute nicht mehr existieren. Nicht so proparis: Nachhaltig, stabil und mit Blick auf eine sichere Zukunft geht die einstige Gemeinschaftsstiftung ihren Weg. Geheimrezepte gibt es dabei keine – ausser dass wir nicht jedem kurzlebigen Trend hinterherrennen. Worauf ist der anhaltende Erfolg von proparis zurückzuführen? n Nach gut acht Jahren also operativer Leiter stelle ich fest: Die Idee der proparis-Gründer wurde im Kern beibehalten und konsequent weiterverfolgt. Die Umsetzung wurde laufend den aktuellen Bedingungen angepasst. Die Rollen der Partner haben sich entsprechend den stets neuen Herausforderungen gewandelt. Unsere Politik bleibt nachhaltigen Werten verpflichtet. Und schliesslich steht die Sicherheit der Altersguthaben und der Renten ganz zuoberst. Alle anderen Ziele werden an diesem Grundsatz gemessen.

«DIE SICHERHEIT DER ALTERSGUTHABEN UND RENTEN STEHT GANZ ZUOBERST.» Eine klare Linie also: Wird diese auch manchmal hinterfragt? n Es gibt immer wieder einzelne Exponenten, die von dieser nachhaltigen Linie abweichen möchten. Und zwar immer dann, wenn zu Lasten der Nachhaltigkeit vermeintlich kurzfristige Vorteile winken. Die der proparis angeschlossenen Firmen und Versicherten können sich aber absolut darauf verlassen, dass unser Stiftungsrat auf Kurs bleibt und den Erfolg nicht in vermeintlichen «Schnäppchen» suchen wird. Hat proparis strukturelle Vorteile oder gar Heimvorteile, die den Erfolg stützen? n Ja. Nur gilt es, diese Heimvorteile auch aktiv zu nutzen. Die dem Schweizerischen Gewerbeverband angeschlossenen Unternehmen der rund 70 beteiligten Verbände können durchaus als Heimmarkt betrachtet werden. Allerdings sind die bei uns angeschlossenen Pensionskassen trotz Heimvorteil der Konkurrenz voll ausgesetzt und müssen in jeder Beziehung konkurrenzfähig sein. Strukturell hat unsere Vorsorgestiftung insofern einen Vorteil, als die der proparis

dies nichts Spezielles, denn es geht dabei lediglich um den Nachvollzug und die Umsetzung der neusten gesetzlichen Grundlagen. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass es uns gelungen ist, ab 2013 für weitere drei Jahre den Grundvertrag mit den privaten Versicherern Swiss Life AG, AXA Leben AG und Basler Leben AG zu erneuern. Wir haben zusätzlich das Angebot der Versicherungspläne entsprechend den aktuellen Bedürfnissen gezielt erweitert, d. h. vor allem in Richtung flexiblere Pensionierung und Teilzeitarbeit.

«DIE PRIVATEN VERSICHERER BIETEN SICHERHEIT IN DER ZWEITEN SÄULE.»

Langfristig stabil: Seit acht Jahren ist Erhard D. Burri Geschäftsführer der gewerblichen Vorsorgestiftung proparis. angeschlossenen Pensionskassen bisher einen unterdurchschnittlichen Anteil von Altersrentnern auf weisen.

Warum ist dies so? n Das liegt hauptsächlich an zwei Faktoren: Erstens werden heute viele Berufsleute – sei es wegen körperlicher Beanspruchung oder wegen eines oder mehrerer Branchenwechsel – nicht in ihrem ursprünglichen Beruf pensioniert. Zudem zieht – trotz Turbulenzen an den Finanzmärkten – eine erstaunlich hohe Anzahl der Versicherten bei der Pensionierung die Kapitalleistung einer Rente vor. Wie hoch ist der durchschnittliche Deckungsgrad aller proparis angeschlossenen Pensionskassen zurzeit? n Der sogenannte Deckungsgrad 1 dürfte aktuell bei annähernd 107 Prozent liegen. Einfach gesagt bedeutet dies, dass zurzeit ca. 7 Prozent mehr Kapital zur Verfügung steht, als zur sofortigen und vollständigen Zahlung aller Verpflichtungen notwendig wäre. Keine Selbstverständlichkeit in der heutigen Pensionskassen-Landschaft…

«DER GRABEN ZWISCHEN DER REAL- UND DER FINANZWIRTSCHAFT WIRD IMMER BREITER.» Ist proparis offen für die Aufnah­ me weiterer Pensionskassen? n Ja, daran sind wir selbstverständlich interessiert. Und wir rechnen aufgrund der zunehmenden Regeldichte mit einem fortschreitenden Konzentrationsprozess unter den Pensionskassen. Nicht wenige gewerbliche PK verfügen zwar noch über genügend Mittel; sie schaffen es jedoch nicht mehr, alle gesetzlichen Auflagen mit der notwendigen Professionalität umzusetzen. Was kann proparis ihnen anbieten? n Sofern die Pensionskasse (resp. deren Trägerorganisation) direkt oder indirekt eine Verbindung mit unserem Gründer, dem Schweizerischen

Gewerbeverband, aufweist und von der Struktur der Versicherten überlebensfähig ist, so stehen ihr folgende Möglichkeiten offen: n Der bisherige Stiftungsrat kann als Versicherungskommission mit annähernd gleichen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung im Amt bleiben. n Durch den Anschluss kommt es zu keinen Entlassungen. Die sich der proparis anschliessende PK kann ihre Organisation für die Durchführung entweder beibehalten oder aber einer bei der proparis angeschlossenen Durchführungsstelle übergeben. n Die Anschlusskosten sind minim, da ausschliesslich Gebühren der Aufsicht oder von anderen Behörden anfallen. n Für die Dienstleistungen der proparis fallen pro Versicherten und Jahr ca. 25 Franken an. n Für die Angleichung der Risikotragung, der Anlagen und der weiteren Instrumente kann eine angemessene Übergangsfrist von maximal fünf Jahren vereinbart werden.

Anders ausgedrückt: Die Eintritts­ schwelle bei der proparis scheint im Verhältnis zur Gegenleistung sehr tief. n Das ist tatsächlich so. In der Realität ist natürlich im Einzelfall alles ein wenig komplexer als hier diskutiert, aber dennoch: Es ist unsere Aufgabe, dass ein Anschluss an die proparis wie dargestellt realisiert werden kann. Die bei der proparis angeschlosse­ nen Pensionskassen werden alle parallel und von deren Ausgleichs­ kasse als übertragene Aufgabe geführt. Muss eine anschlussberei­ te PK auch so organisiert sein? n Nein, das muss sie nicht. Auch bezüglich Software ist die proparis so organisiert, dass auch eine PK angeschlossen werden kann, die nicht mit einer Ausgleichskasse verbunden ist. Wie werten Sie die Entwicklungen an den Finanzmärkten? Um die europäische Schuldenkrise aufzu­ fangen, werden immer grössere Fallschirme genäht. Trotzdem warnt die Weltbank, dass der grösste Risikofaktor für die Welt­

wirtschaft weiterhin in der Ver­ schuldung der EU­Länder liege. Derweil boomen die Aktienmärkte und unsere CH­Indexe SMI ⁄ SPI klettern kräftig und generierten im zu Ende gehenden Jahr 2012 satte Renditen. Wie erklären Sie sich das? n Ich könnte jetzt vollmundig plausibel klingende Erklärungen abgeben. Die Wahrheit aber ist: Ich kann die Mechanismen in den Finanzmärkten schon seit geraumer Zeit nicht mehr nachvollziehen – und schon gar nicht auch nur ansatzweise voraussehen. Und offenbar können es vier von fünf sogenannten Finanzmarkt-Experten

«FLEXIBLERE PENSIONIERUNG UND TEILZEITARBEIT – SO HAT PROPARIS DAS ANGEBOT ERWEITERT.» auch nicht mehr. Bei mir liegt es wahrscheinlich daran, dass mir die rationalen Fakten fehlen. Klar ist jedoch: Der Graben zwischen Real- und Finanzwirtschaft wird immer breiter. Eines kann ich aber mit Gewissheit sagen, und jede Hausfrau mit Budgetverantwortung für ihre Familie weiss das genauso: Wenn Sie auf Dauer mehr Geld ausgeben als Sie verdienen, machen irgendwann auch die Kreditinstitute nicht mehr mit – und dann öffnet sich in der Regel nur ein ganz kleiner Rettungsschirm. Nämlich der im Sozialamt der entsprechenden Einwohnergemeinde.

Was heisst das für eine Pensions­ kasse, was für die proparis? n Es bedeutet, dass wir unsere Politik entsprechend vorsichtig gestalten und Tag für Tag unsere Arbeit handwerklich so gut wie möglich erledigen müssen. Und dies tun wir! Welche Veränderungen und Erneu­ erungen stehen proparis im Jahr 2013 ins Haus? n proparis hat aufgrund der Strukturreform ihre formellen und operativen Grundlagen angepasst. Per 1. Januar 2013 sind wir in allen Bereichen «up to date». Für die Versicherten ist

Im Zusammenhang mit der beruf­ lichen Vorsorge steht die Privatas­ sekuranz jedoch oft in der Kritik. Sie sieht sich insbesondere mit dem Vorwurf konfrontiert, zu Lasten der Versicherten hohe Verwaltungskosten zu generieren und überhöhte Gewinne einzufah­ ren. Ihre Meinung dazu? n Solche Behauptungen kann ich aus der Sicht der proparis überhaupt nicht nachvollziehen. Wir pflegen mit unseren Partnern Swiss Life, AXA und Basler seit Jahrzehnten eine Partnerschaft, die sowohl der proparis wie auch den ihr angeschlossenen Pensionskassen die Realisierung unserer wichtigsten Ziele zu vorteilhaften Konditionen ermöglicht. Unsere Partner haben in den letzten Jahren ihre Verwaltungskosten signifikant gesenkt, zum Teil gar mehr als halbiert. Wir können uns auf die für uns zentralen Garantien verlassen, und durch die im Grundvertrag figurierende Überschussbeteiligung partizipieren wir zudem, guter Risikoverlauf vorausgesetzt, weitgehend am Erfolg der Versicherer. Sind die Gewinne der Privatversi­ cherer in der zweiten Säule zu hoch, wie dies etwa TravailSuisse behauptet? n Diese Frage subsummiert politische, fachliche und betriebswirtschaftliche Aspekte. Ich bin zwar ein politisch denkender Mensch, aber als Geschäftsführer der proparis habe ich keine politische Aufgabe. Die liegt traditionell bei den Verbänden der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. ...dann versuchen Sie es mit einer unpolitischen Antwort… n Das wird zwar schwierig, weil alle Fragen zum System immer auch eine politische Komponente beinhalten – aber ich versuche es: Jedes gewinnorientierte Unternehmen bleibt mit einem Produkt so lange im Markt, wie sich das Produkt rentiert. Und mir scheint sicher: Der Tag, an dem die Politik diese Grenze bei der Privatassekuranz herausgefunden haben will, wird für die zweite Säule kein guter Tag sein. Denn die privaten Versicherer sind mit einigen anderen Institutionen zusammen mindestens gleich wichtige Garanten für die Sicherheit in der zweiten Säule, wie dies populistische Forderungen aus der Politik sein können. Interview: Gerhard Enggist

LINK www.proparis.ch

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SERVICE

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

In Zweckbauten wird nachts und an Wochenenden laut neuen Untersuchungen unnötig viel Elektrizität verbraucht. ENERGIEFFIZIENZ –

Stromsparen ist keine Hexerei Die Fachstelle Energie- und Gebäudetechnik im Amt für Hochbauten der Stadt Zürich liess im Jahr 2011 den Stromverbrauch von 74 städtischen Zweckbauten analysieren. Dabei handelte es sich um Schulhäuser, Verwaltungsbauten sowie Pflege- und Altersheime. Einen speziellen Fokus richtete das Messprojekt auf den Stromverbrauch im Betrieb ausserhalb der Nutzungszeiten (BaN) – also nachts, an Wochenenden und im Fall von Schulhäusern auch während der Schulferien. «Die Ergebnisse sind unerwartet hoch», stellt der beauftragte Energieingenieur Stefan Gasser fest. In den untersuchten Schulhäusern (33) und Verwaltungsbauten (10) wird rund 55 Prozent des Stroms ausserhalb der normalen Unterrichtsbeziehungsweise Arbeitszeiten verbraucht. Bei den Pflegezentren- und Altersheimen (31) liegt dieser Anteil aufgrund der deutlich längeren Betriebszeiten bei 18 Prozent.

Amtshaus 3 unter der Lupe Dieses Ergebnis war Ausgangspunkt für die detaillierte Untersuchung im Amtshaus 3. Im architektonisch stilvollen Gebäude an der Lindenhofstrasse sind unter anderem das Amt für Hochbauten (AHB) und die Immobilienbewirtschaftung (IMMO) der Stadt Zürich mit rund 200 Arbeitsplätzen untergebracht. Ihnen galt das Hauptaugenmerk der Detailanalyse. Durch Auswertung der Daten von Elektrozähler und dem parallel installierten Leistungsmessgerät des ewz konnte zunächst ein einfaches Lastprofil errechnet werden. Dieses zeigt während der Arbeitszeiten eine mittlere elektrische Leistung von knapp 108 Kilowatt (kW). Nachts und an Wochenenden wird aus dem

Dank präzisen Leistungsmessgeräten (hier bei der Elektrohauptverteilung angeschlossen) konnte der Stromverbrauch ermittelt werden.

ausserhalb der Arbeitszeiten ausmachen. PC und Bildschirme (417 Geräte) sowie Drucker und Kopierer (45) bringen es auf 2760 Watt oder rund 25 Prozent der Bandlast. Die restliche Bandleistung verteilt sich auf diverse Geräte (1570 Watt), Sicherheitsanlagen (1189 Watt) und Gebäudetechnik (791 Watt).

Tatort Amtshaus 3, Lindenstrasse, Zürich: 33 Prozent des verbrauchten Stroms wird von Geräten nachts und an Wochenenden bezogen. (Bilder: Gasser) Stromnetz eine mittlere Leistung von rund 29 kW bezogen. Dieses grobe Verbrauchsprofil wurde mit Lastverlaufsmessungen am Haupteinspeisungspunkt des Stroms und an zahlreichen Unterverteilungen im Gebäude überprüft. Schnell konnte festgestellt werden, dass am Elektrozähler des Amtshauses 3 weitere Bezüger angeschlossen sind, die mehr als die Hälfte des Stroms verbrauchen: Das Personalrestaurant mit zugehörender Küche sowie Entsorgung + Recycling Zürich (ERZ).

2000 Geräte gezählt Aufgrund der Analyse des Stromverteilsystems, der anschliessend durchgeführten Messungen und einiger Rechenkünste liess sich das Lastprofil von AHB und IMMO ermitteln: Während der Arbeitszeiten beträgt die mittlere elektrische Leistung knapp 40 kW. Nachts und an Wochenenden ergibt sich eine praktisch konstante Bandlast von 11,2 kW. Nun galt es insbesondere die Frage zu klären, welche Stromverbraucher zu dieser ermittelten Bandlast ausserhalb der Arbeitszeiten führen. Es mussten deshalb alle elektrischen Geräte – von Anlagen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) für Server oder Sicherheitseinrichtungen über Bürogeräte und Leuchten bis zu Lüftungs- und Klimaanlagen erfasst werden. Die Bilanz ergab für AHB und IMMO auf einer genutzten Fläche von 5500 Quadratmetern knapp 2000 installierte Elektrogeräte, die auch

ausserhalb der Arbeitszeiten im Stand-by- oder Bereitschaftsmodus stehen und weiterhin mehr oder weniger Strom verbrauchen.

28 000 kWh einsparen Nachdem auch die wichtigsten Verbrauchsdaten eruiert waren, konnte sozusagen ein 2000-teiliges Puzzle zu einem konsistenten Gesamtbild zusammenfügt werden. Es zeigt, dass 234 Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) und 912 Leuchten nachts und an Wochenenden mit 4890 Watt rund 44 Prozent der gesamten elektrischen Bandlast

Hilfreiche Zeitrelais Vom jährlichen Stromverbrauch des Amtes für Hochbauten und der Immobilienbewirtschaftung der Stadt Zürich entfallen gemäss der Analyse knapp 33 Prozent oder 67 000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr auf den Betrieb von Geräten ausserhalb der Arbeitszeiten. Davon lassen sich mit Sofortmassnahmen rund 28 000 kWh einsparen (42 Prozent). Alleine der Einsatz von Minuterien (Zeitrelais) bei Leuchten, die in Treppenhäusern und Korridoren im Dauerbetrieb sind, reduziert den Stromverbrauch um 10 000 kWh. Werden alle PC konsequent heruntergefahren, Monitore abgeschaltet und Kopierer sowie Drucker durch Zeitschaltuhren nachts und an Wochenenden vom Netz getrennt, ergibt sich eine Einsparung von weiteren 14 000 kWh. Ebenfalls mit Zeitschaltuhren lassen sich im Amtshaus 3 bei den vier Wasserspendern und den sechs Kaffeemaschinen gut 4000 kWh pro Jahr einsparen. Armin Braunwalder

SIA-NORM

Die dritte Revision ist schon unterwegs Für die Erfassung, Beurteilung und Optimierung des Elektrizitätsbedarfs in Gebäuden gilt in der Schweiz die Norm SIA 380 ⁄4 (elektrische Energie im Hochbau). Sie deckt bisher die Bereiche Beleuchtung und Lüftungs- ⁄Klimaanlagen in Dienstleistungsgebäuden ab. Damit werden etwa 15 Prozent des Schweizerischen Stromverbrauchs erfasst. Mit der laufenden dritten Revision von SIA 380 ⁄4 soll die Norm ab 2014 auf den gesamten Elektrizitätsbedarf in Dienstleistungs- und Wohnbauten ausgedehnt werden. Hinzu kommt insbesondere der ganze Teil der Betriebseinrichtungen – von steckbaren und fest installierten Geräten über Informationsund Kommunikationstechnik bis zur Gebäudeautomation oder Sicherheitsan-

lagen. Durch diese Erweiterung werden rund 60 Prozent des schweizerischen Strombedarfs abgedeckt. Die technischen Grundlagen und die notwendigen Kennzahlen für die Erneuerung der Norm liefern insgesamt zehn Projekte. Die Gesamtprojektleitung obliegt dem Elektroingenieur Stefan Gasser, der die Projekte auch konzipiert hat. Dabei geht es unter anderem um LED und Lichtmanagement, den Strombedarf ausserhalb der Nutzungszeit, Energiekennzahlen für steckbare und fest installierte elektrische Geräte, den Eigenstromverbrauch der Gebäudeautomation, Anforderungen an die Stromverteilung und an Messverfahren, verlustoptimierte Elektroinstallationen oder um die Eigenstromerzeugung in Gebäuden.

Die Plattform greenbuilding.ch propagiert Ersatzneubauten als Alternative zur Gesamtüberholung von Altbauten.

GEBÄUDEPARK –

Lieber neu bauen statt total sanieren? Die Siedlungserneuerung und die Erneuerung des Gebäudebestandes sind wichtige Anliegen einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung. Ersatzneubauten bieten bei Gesamterneuerungen in den meisten Fällen bedeutend grössere Möglichkeiten für zukunftsgerichtete Modernisierungen auf dem neuesten technologischen Stand als Gesamtsanierungen. Diese Sichtweise nimmt der Verband Schweizerische Ziegelindustrie VSZ ein und organisiert darum – zusammen mit Partnern wie etwa dem Schweizerischen Baumeisterverband oder dem Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie – die Plattform www. greenbuilding.ch. Ersatzneubauten ermöglichten in der Regel mehr zukunftsgerichtete Qua-

lität als die Gesamtsanierung eines Gebäudes, so die Initianten. Es habe sich gezeigt, dass sich bei Ersatzneubauten durch einen besseren energetischen Standard in der Regel die höheren Aufwendungen an grauer Energie bei Abbruch, Erstellung und Bau amortisieren liessen. Im Kanton Zürich etwa nähmen die Ersatzneubauten bereits einen Anteil von rund einem Viertel an der Wohnbautätigkeit ein. Die Wahl der Gesamterneuerungsvariante hänge jedoch vom jeweiligen Mehrfamilienhaus und seiner Lage ab. Auf ihrer Website bietet Greenbuilding Eigentümern von Ein- und Mehrfamilienhäusern einen einfachen QuickCheck als Grundlage zur Abschätzung des Eignungsgrades ihrer Immobilie

für einen Ersatzneubau an. Der Check soll für die relevanten Kriterien sensibilisieren, die für einen Ersatzneubau als Alternative zu einzelnen Sanierungsmassnahmen sprechen, und eine erste Grundlage für die Entscheidung zwischen diesen beiden Optionen liefern.

Chancen und Risiken Gemäss einer Grundlagenstudie des Bundesamtes für Energie (BFE) könne eine aktive Förderung der Verschiebung von Sanierung zu Abbruch mit Ersatzneubau aber nur unter spezifischen ökologischen Vorbehalten sowie mit dem energiepolitischen Nutzen begründet werden: Viel wichtiger als die Beeinflussung der Quantität sei demnach die Verbesserung der

Qualität der Abbruch- und Ersatzneubautätigkeit. Das Thema Abbruch und Ersatzneubau sollte laut der Studie hinsichtlich aller Chancen und Risiken ausgelotet werden. Es habe sich gezeigt, dass Versicherungen, Pensionskassen oder Immobilienfonds, aber auch private grössere Immobilieneigentümer zunehmend die Tendenz hätten, Wohnbauten abzustossen, wenn eine Gesamtsanierung unumgänglich werde. Entsprechend seien Modelle und Unterstützungsangebote, welche die Schwierigkeiten bei der Erstellung von Ersatzneubauten abzubauen vermöchten, erwünscht. Gst

LINK www.greenbuilding.ch

BETRIEBSBERATUNG

Das Know-how der alten Hasen Mit der Verschiebung des ehemaligen Direktionsgebäudes der Maschinenfabrik Oerlikon in diesem Sommer hat die Iten AG weltweit für grosses Aufsehen gesorgt. Nebst dem Verschieben von Häusern gehören auch Brückenverschiebungen, Dachstockanhebungen zu den Spezialitäten von Iten AG. In dieser Firma ist – wie in vielen KMU – viel Fachwissen vorhanden. Die Geschäfte laufen gut, doch mit der Buchführung und Administration ist es nicht immer zum Besten bestellt. Diese Erfahrung hat auch Patron Rolf Iten gemacht, und er holte sich Rat bei adlatus, dem Netzwerk ehemaliger Führungskräfte. Auf Empfehlung eines VR-Mitgliedes wandte sich Rolf Iten 2010 an adlatus, «weil das Finanzund Rechnungswesen etwas ausser Kontrolle geraten war». Ein Mitglied von adlatus – in seiner Aktivzeit eidg. dipl Experte in Rechnungslegung und Controlling – übernahm die anspruchsvolle Aufgabe. Drei Tage nach der ersten Besprechung übernahm der adlat bereits die Federführung in der Buchhaltung, so dass noch termingerecht der Jahresabschluss erstellt werden konnte. Darauf folgte eine Neuorganisation der Buchhaltung und in der Folge wurde der gesamte Bereich des Finanz- und Rechnungswesens, inklusive Lohnwesen, Mehrwertsteuerabrechnungen, Quartals- und Jahresabschlüsse, neu konzipiert. Nach Abschluss und Umsetzung dieser wichtigen Phase wurde auch die Organisationsstruktur der Firmengruppe überprüft. Das Resultat war eine Neuordnung. Auch hier leistete uns adlatus wertvolle Dienste, half bei der Definition der Unternehmensstrategie, der Erstellung eines Kompetenzenreglements sowie bei der Neuausrichtung der Gesamtfinanzierung. Rolf Iten und seine Crew wollen auch weiterhin von der grossen Erfahrung und Kompetenz von adlatus profitieren und wählten den adlaten in den Verwaltungsrat. «Mehr müssen wir wohl über die Zufriedenheit mit der Arbeit des adlatus-Beraters nicht sagen» meinte Rolf Iten abschliessend. adlatus Schweiz ist eine Organisation von über 400 ehemaligen Führungskräften, welche für unternehmerische Fragen aller Art beigezogen werden können. Dabei ist das Erstgespräch gratis, bei gegenseitigem Einvernehmen wird ein Beratungsvertrag zu erschwinglichen Konditionen vereinbart.

Gratis-Kontakt Tel. 0848 484 888 oder www.adlatus.ch

GUT ZU WISSEN

Lebenslauf nicht schönfärben Einen Lebenslauf brauchen auch KMU-Patrons. Deshalb sollten sie die folgenden Ratschläge des Personalchefs einer Grossbank, die vorab für Stellenberwerbungen gelten, berücksichtigen. n Das CV (curriculum vitae) ist immer möglichst schlicht zu gestalten. Im Idealfall ist es ein reines Faktenblatt – ohne farbige Rahmen oder andere Layout-Spielereien. Ein Foto kann hilfreich sein. n Bei der Gliederung bieten sich sechs Rubriken an: Persönliche Daten, Ausbildung (samt Angaben zum Militärdienst), Weiterbildung, Berufserfahrung, Sprach- oder Computerkenntnisse sowie Engagement. Beim Engagement sollten Bewerber allerdings nur Tätigkeiten aufzählen, die sie beweisen können – etwa Vereinsmitgliedschaften (Serviceclubs!) oder wichtige Ehrenämter. n Wer Kinder hat, sollte sie auf keinen Fall im Lebenslauf verschweigen. Nicht obligatorisch sind hingegen Angaben zum Alter der Kinder.

KMU-PORTRÄT

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

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Der Churer Autozulieferer stellt verschiedene Schaltsysteme und Sensoren her und sorgt so mit Schweizer Qualität für mehr Sicherheit im Strassenverkehr. Mit einem Erweiterungsbau bekennt er sich zum Standort Schweiz.

POLYCONTACT AG –

Sicherheit im Auto durch Präzision Es kracht, das Auto reagiert innert Sekundenbruchteilen, der Gurt strafft sich blitzschnell und löst den Airbag aus. Trotz Totalschaden sind die Insassen – vorausgesetzt sie sind angeschnallt – unverletzt. Dies ist der Schweizer Qualität und höchster Präzision des Churer Hightechunternehmens Polycontact AG zu verdanken. Der Schalter im Gurtschloss des Sicherheitsgurts sorgt dafür, dass fast Unmögliches möglich wird. Dieser reagiert schneller als der Unfall abläuft. Als zuverlässiger Partner der Automobilindustrie garantiert das innovative Unternehmen, dass dieses wichtige Detail jederzeit perfekt funktioniert. Der Autozulieferer entwickelt diese Gurtschlossschalter und produziert sie in Grossserie für namhafte Automarken. «Der Gurtschlossschalter überwacht das Gurtschloss des Sicherheitsgurtes und kontrolliert, ob der Fahrer angegurtet ist. Der Schalter löst eine Warnmeldung aus, falls ein Passagier nicht angeschnallt ist. Die Highend-Ausführung wird zusätzlich auch zur Ansteuerung des Airbags verwendet», erklärt Geschäftsführer Christian Gauer.

Zuverlässige Produkte Polycontact konzentriert sich auf die zwei Geschäftsfelder «Micromechanik» und «Sensorik». Im Bereich «Micromechanik» produziert Polycontact Mikroschalter. Diese mechanischen, hochpräzisen Schalter sind für kleinste elektrische Ströme verantwortlich und als Nischenprodukt nicht nur in der Autoindustrie anwendbar. Ein weiteres Standbein des innovativen Unternehmens ist der Bereich «Sensorik». Diese Systeme basieren auf dem Prinzip des Magnetismus und ermöglichen die berührungslose Detektion von verschiedenen Zuständen. So kommen beispielsweise Näherungssensoren im Faltdach eines Cabriolets sowie bei der Überwachung der Sitzplätze zur Anwendung. Bei den Sensoriksystemen für die Überwachung von Faltdächern bei Cabrioletfahrzeugen ist Polycontact Marktführer. Ebenso dazu gehören Drehwinkelsensoren, welche die rotativen Bewegungen, beispielswies die geschwindigkeitsabhängige Position von Spoilern, überwachen und mes-

Polycontact ist seit vielen Jahren ein zuverlässiger Partner der Automobilindustrie. sen. Automarken wie Daimler, Audi, Porsche, BMW, Ferrari, Bentley, Volvo usw. gehören zu den Abnehmern dieser zuverlässigen Produkte von Polycontact.

Alles aus einer Hand Von der Forschung und Entwicklung über die Konstruktion und Produktion bis zur Endprüfung erfolgt alles aus einer Hand. Entwickelt und produziert wird in Chur. Zum Erfolgsrezept gehört für Gauer eine umfangreiche und auf Vertrauen basierende Zusammenarbeit mit den Kunden. Nur so sind individuelle Problemlösungen effizient umsetzbar, die Qualität einwandfrei und die Preise wettbewerbsfähig. «Wir sind mit 85 Mitarbeitenden eine kleine Firma. Dank flachen Unternehmensstrukturen und hoher Flexibilität können wir schnell auf Kundenwünsche reagieren. Als kompetenter Entwicklungspartner stehen wir von der ersten

DAS KURZE INTERVIEW

«Eine gesunde Firmenkultur ist das A und O!» Gewerbezeitung: Polycontact ist ein über 50-jähriges Unternehmen. Was ist das Erfolgsrezept dieser KMU? n Christian Gauer: Das sind gelebte Werte wie Innovation, Fokussierung auf den Kunden, Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit. Was ist die grösste Herausforderung bei der Führung dieser KMU? n Momentan ist es eine grosse Herausforderung, unter den schnelll ändernden Rahmenbedingungen die Leute zu motivieren und das Geschäft erfolgreich weiterführen zu können.

denke sehr nachhaltig, deshalb ist mir eine gesunde Firmenkultur sehr wichtig. Was wünsche Sie sich für die Zukunft? wünsche mir ganz allgemein für die Schweizer Wirtschaft und für alle KMU, dass sich die stets verändernden Rahmenbedingungen stabilisieren und sich der Werkplatz Schweiz weiterhin erfolgreich entwickeln kann. Interview: CR n Ich

Was macht einen guten Geschäftsmann aus? n Ich denke, die Glaubwürdigkeit ist etwas vom Wichtigsten. Aber es braucht heute sicherlich auch eine gewisse Weitsichtigkeit, um für die Zukunft die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Entscheidend ist auch die Fähigkeit, einen guten «Spirit» im Unternehmen zu entwickeln und zu fördern, der sich auf die Mitarbeitenden überträgt. Was liegt Ihnen in Ihrem Betrieb am meisten am Herzen? n Der Umgang mit den Mitarbeitern untereinander sowie eine positive Kommunikation. Ich

Geschäftsführer Christian Gauer: «Die Drehmomentsensorik ist die Technologie der Zukunft und ein wichtiges neues Geschäftsfeld für uns!»

Idee über die Prototypenfertigung bis hin zum ausgereiften Serienprodukt eng im Kontakt mit unseren Kunden», ergänzt Gauer. Auf voll automatisierten Produktionsanlagen der neusten Generation werden qualitativ fehlerfreie Produkte in Millionenstückzahl hergestellt. Nicht automatisierbare Prozesse werden mit einem gut geplanten Outsourcing an die Produktionsstätte in China vergeben. Eine Voraussetzung bei der Entwicklung und Produktion ist die Qualitätsanforderung nach sicherheitsrelevanten Bauteilen sowie der nachhaltige Umgang mit den Ressourcen.

Mitarbeiter im Mittelpunkt Ein wichtiger Meilenstein in der Firmengeschichte des 1959 gegründeten Unternehmens Polycontact AG war in den 90er Jahren der Start der Entwicklung von Gurtschlossschaltern für Mercedes. Ein weiterer Innovationsschub folgte 1998 mit der Übernahme des gesamten Aktienpakets durch Markus Looser. Einen wichtigen Schritt für die Zukunft des Unternehmens stellte 2010 auch die Gründung der Tochtergesellschaft PolyResearch AG mit Sitz in Starnberg dar. Für den einstigen Firmenchef Markus Looser standen das Wohl und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden stets im Vordergrund, wohl wissend, dass der Gewinn alleine nicht der Schlüssel zum Erfolg sein kann. Die Firmenkultur ist immer noch von seinem Geist geprägt. Mit viel Herzblut wird so ein tragfähiges Fundament für erfolgreiche und nachhaltige Partnerschaften mit Kunden und Lieferanten geschaffen. «Unsere Mitarbeiter sind das Herz des Firma», so Gauer. Einen grossen Stellenwert hat im Unternehmen auch der Nachwuchs. Aktuell werden vier Lehrlinge in den Berufen Polymechaniker, Maschinenzeichner und Kaufmännischer Angestellter ausgebildet. «Dabei wird die Polycontac AG als Arbeitsplatz sehr geschätzt und einige der ehemaligen Lernenden kehren gerne wieder an ihre frühere Lehrstätte zurück», freut sich Gauer.

Bekenntnis zum Standort Schweiz Die Wirtschaftskrise 2008 sowie der starke Franken haben den Zulieferer

der Automobilindustrie in den letzten Jahren arg gebeutelt und für massive Umsatzeinbrüche gesorgt. Gauer ist realistisch und erwartet in den nächsten Jahren kein grosses Wachstum. «Der heutige Wechselkurs macht uns nicht mehr konkurrenzfähig, weshalb wir unsere Kosten optimieren müssen. Dies zwingt uns unter Umständen, gewisse Tätigkeiten nach China zu verlagern und dort unseren Standort auszubauen», erklärt der Geschäftsführer: Dennoch liegt ihm der jetzige Standort in Chur sehr am Herzen: «Wir sind ein Schweizer Unternehmen mit typischen Schweizer Werten und werden am jetzigen Standort bleiben. Hier sind wir verkehrsmässig optimal erschlossen und erreichen innerhalb von drei Stunden unsere Kunden in Zürich, Stuttgart, Mailand oder München.» Ein Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Schweiz ist der geplante Neubau.

So wird das Churer Gewerbegebäude ausgebaut und die zugemietete Produktionsstätte aufgegeben. Geplant ist ein viergeschossiger Ausbau auf dem bestehenden Fabrikareal an der Rossbodenstrasse 22. Durch diese Konzentration auf einen Standort verspricht sich die Firmenführung eine wesentliche Entlastung auf der Kostenseite. «Wir haben so nicht nur kleinere Wege und können die Kommunikation vereinfach, sondern wir können auch Mietkosten sparen», erklärt Gauer. Bis Ende des nächstens Jahres soll der Umbau vollzogen sein. Für die Zukunft wünscht sich Gauer, dass sich die jetzigen Rahmenbedingungen für Exportfirmen in der Schweiz verbessern, der Umzug gut über die Bühne geht und sich das mittelfristige Geschäftsfeld der Drehmomentsensorik erfolgreich entwickeln wird.» Corinne Remund

Polycontact bekennt sich mit dem Ausbau seines Gewerbegebäudes zum Standort Schweiz.

TECHNOLOGIE DER ZUKUNFT Der Forschung und Entwicklung wird bei Polycontact eine grosse strategische Bedeutung beigemessen. «Wir bieten unseren Kunden clevere, intelligente Lösungen an, die kostengünstig produziert werden können», so der Geschäftsführer Christian Gauer. Die Forschung von neuen Produkten und Technologien erfolgt in der Tochterfirma PolyResearch in Starnberg. Dort steht zurzeit die Drehmomentsensorik im Mittelpunkt. Die Geschäftsleitung

verspricht sich von dieser Technologie der Zukunft in den nächsten drei bis fünf Jahren einen gossen Umsatz. Erste Kunden sind bereits vorhanden und erste Testläufe werden gemacht, wobei die Formel 1 der erste Testmarkt ist. «Mit der berührungslosen Drehmomentsensorik werden die Kräfte in einem Getriebe ökonomisch und kostensparend geregelt. Zudem ist der Anwendungsbereich relativ gross», hält Gauer fest. CR

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BERUFSBILDUNG

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

Bei den OMC-Weltmeisterschaften in Mailand haben die Eidgenossen Edelmetall zuhauf gewonnen. Doch die Erfolge mussten hart erarbeitet werden. COIFFURE-BERUFSWETTBEWERBE –

Ein wahrer Medaillensegen Beim feierlichen Empfang der WMTeilnehmenden im Berner Hotel Bellevue liess sich sogar der sonst nüchtern-coole Verbandspräsident Kuno Giger von der Begeisterung mitreissen: «Ich bin wahnsinnig stolz auf unsere Leute. Sie haben bewiesen, dass das Schweizer Coiffure-Gewerbe wirklich Weltspitze ist.»

Optimale Ausbeute Gigers Stolz war durchaus berechtigt, denn die «Ausbeute» war wirklich optimal. Die Schweiz war im Damenfach mit einem Juniorenund einem Seniorenteam vertreten. Martin Dürrenmatt aus Hausen am Albis gewann bei den Junioren in der Kategorie Damen Trendhaarschnitt die Goldmedaille und Marcella Nocco aus Urdorf Silber. Zusammen mit dem 8. Rang von Sabine Natale aus Lucens und dem 10. Rang von Mirko Di Giorgio aus Uster reichte dieses Resultat in der Teamwertung in der Kategorie Juni-

Stolz und Freude: Kuno Giger (l.) und Enzo Di Giorgio.

Sie haben für die Schweiz an der WM in Mailand Medaillen geholt (von links): Marcella Nocco, Roberto Vito, Sabine Natale, Giovanni Marchese, Trainer Enzo Di Giorgio, Betreuer Bernie Reichenstein, Carole Corminboeuf, Valentina Lauria und Martin Dürrenmatt. or Ladies Fashion für eine weitere Goldmedaille! Auch das Seniorenteam war erfolgreich: Carole Corminboeuf aus Avenches, Roberto Vitto aus Wetzikon, Valentina Lauria aus Fischental und Giovanni Marchese aus Biel holten sich die Bronzemedaille in der Kategorie Senior Ladies Full Fashion Look. Dazu sollte man wissen, dass die ältesten Schweizer «Senioren» noch keine 25 Jahre Jahre alt sind. Bei einem Frisurenfoto-Wettbewerb des OMC Prestige Clubs wurde in Mailand auch noch der Titel World Best Stylist of the Year vergeben. Dieser ging an den Giovanni Marchese aus Biel. Er gewann zudem noch den ersten Preis in der Kategorie Avantgarde. Giovanna Di Giorgio aus Glattbrugg wurde in der Kategorie Kurzhaarfrisur Damen Zweite.

Freie Wochenenden geopfert Einen grossen Anteil am Exploit der Eidgenossen hat zweifellos der langjährige Verbandstrainer Enzo Di Giorgio. Der Glattbrugger ist ein TopFachmann, gewiefter Kenner der internationalen Wettbewerbe und exzellenter Motivator. Ihm gelang es, die beruflich stark belasteten Teammitglieder für eine intensive Vorbereitung zu gewinnen – die beiden Mailand-Equipen haben seit sechs Monaten ihre Wochenenden für ein hartes Training geopfert. «Im Vergleich mit anderen Nationen betrieben wir trotzdem eher weniger Aufwand, aber unsere Leute müssen halt voll schaffen. Dennoch hat es zu so vielen Medaillen gereicht – und das zeigt, auf welchem hohen Niveau unsere Coiffeure und Coiffeusen im Alltag arbeiten», zog Di Giorgio Bilanz.

Verbandschef Kuno Giger stimmte zu: «Ohne die hervorragende Grundbildung und die vielen Weiterbildungen würden Kandidatinnen und Kandidaten kaum auf dem Podest stehen.» Er lobte zudem den einmaligen Teamgeist: «Jeder stand für jeden ein!»

Die Schweizerische Metall-Union SMU geht bei der Lehrlingsrekrutierung neue Wege. Dazu gehören auch regionale Berufsinfotage für Schüler.

Die Welt der Landtechnik erleben

Sehr gute Jobaussichten Jörg Studer erklärte, dass es mit der Grundausbildung alleine nicht getan sei. «Weiterbildung ist in der Landtechnik sehr wichtig. Es ist uns ein

Auskunft aus erster Hand: Beim Infotag erklärten die Lernenden der Studer AG den interessierten Besuchern, worauf es in ihren Berufen ankommt. wichtiges Anliegen, dass unsere Angestellten immer auf dem neusten Stand der technischen Entwicklungen sind.» Wer erst einmal einen Lehrabschluss in der Landtechnik in der Tasche hat, braucht sich über seine berufliche Zukunft keine Sorgen zu machen. «Arbeitslosigkeit in der Landtechnik gibt es praktisch keine», sagte Stefan Egger, Projektleiter Berufsbildung am SMU-Bildungszentrum in Aarberg. Auch die Weiterbildungsmöglichkeiten innerhalb der Branche ermöglichten sämtliche Kar-

rierewünsche, «sei es das Diplom zum Werkstattchef, die Meisterprüfung oder ein Studium an einer Fachhochschule».

Rasenmäher: Klein, aber oho! Dass es Auszubildende in der Landtechnik oft mit Hightech-Produkten zu tun haben, wurde bei der Reparatur eines «Automowers» deutlich. Die Maschine erledigt das Rasenmähen im Garten fast allein, ist also ein Roboter fürs Rasenmähen. Mit Hilfe eines Lernenden mussten bei der Vorführung

7 neue suissetec-Meister Die diesjährigen Schweizer-Meisterschaften der Gebäudetechnik fanden kürzlich unter grosser Publikumsbeachtung im Rahmen der Baufachmesse «Edilespo» in Lugano statt. Die rund 20 000 Besuchenden erlebten spannende und qualitativ hochstehende Wettkämpfe. Die rund 50 jungen Kandidaten und Kandidatinnen zeigten während der vier Wettkampftage eine regelrechte «Live-Show» ihres Könnens. Die Meisterschaften in den Berufen Heizungsinstallateur ⁄in, Lüftungsanlagenbauer ⁄in, Spengler ⁄in und Sanitärinstallateur⁄in wurden von suissetec bereits zum 22. Mal organisiert. Bereits zum dritten Mal wurde ein Wettkampf der Gebäudetechnikplaner in den drei Fachrichtungen Sanitär, Heizung und Lüftung durchgeführt, um dem Publikum auch das Zusammenspiel von Planung und Handwerk zu demonstrieren. Hier die Gewinner der Goldmedaillen: n Gebäudetechnikplanung Heizung: Jean-Daniel Besse, Besse-Nendaz VS (Arbeitgeber ⁄ Lehrbetrieb: JYCtechnic Sàrl, Isérables VS) n Gebäudetechnikplaner ⁄ in Lüftung: Joel Von Holzen, Menzingen ZG (Amstein & Walthert AG, Zürich) n Gebäudetechnikplanung Sanitär: Sandro Wagenhofer, Greifensee ZH (A. Baltensperger AG, Zürich) n Heizungsinstallation: David Kummer, BrigGlis VS (Lauber IWISA AG, Naters) n Lüftungsanlagenbau: Kevin Tinz, Salmsach TG (ARIA Lüftungstechnik, Amriswil) n Sanitärinstallation: Luca Da Costa Alves, Aranno TI (Wenger SA, Caslano) n Spenglerfach: Andreas Kloter, Lengnau AG (Kloter Spenglerei GmbH, Lengnau)

Nächste Station Leipzig 2013 Mit von der Partie im «Bellevue» war auch Ramona Järmann. Die junge Emmentalerin wurde für ihr erfolgreiches Abschneiden an den kürzlichen Europameisterschaften EuroSkills im belgischen Spa geehrt; als ausgezeichnete Fünfte holte sie sich ein Diplom (die sgz berichtete). Das nächste Grossereignis in Sachen Berufswettbewerbe sind die Weltmeisterschaften WorldSkills 2013, die im kommenden Sommer in Leipzig durchgeführt werden. Patrick M. Lucca

NACHWUCHSSICHERUNG –

Kürzlich konnten Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Berufsinfotags Bildungsraum Emme BiBE die Schulbank mit der Werkbank tauschen. Angehende Lernende aus der Region Emmental und Umgebung hatten im Rahmen des Berufswahlunterrichts die Möglichkeit, einen oder zwei Betriebe ihrer Wahl besuchen. Im Bereich Landtechnik hat die Studer AG in Lyssach Jugendlichen einen ersten Augenschein in die faszinierende Welt dieses handwerklichen Berufes ermöglicht. Sie konnten sich im topmodernen Betrieb davon überzeugen, dass die Berufe in dieser Branche (Landmaschinen-, Baumaschinen- und Motorgerätemechaniker) nicht nur handwerkliches Geschick verlangen, sondern auch das Interesse an Hightech und Computer voraussetzen. Anschauungsunterricht gab es von Lernenden und von Geschäftsführer Jörg Studer höchstpersönlich. Weiter konnten sie selber ihr Know-how einbringen und sogar einen Handy-Halter anfertigen.

MEISTERSCHAFTEN

zwei Schüler die Ursache einer fingierten Panne ausfindig machen. Dabei wurde das Gerät an einen Computer angeschlossen. Dieser lieferte dann die Information über die Fehlfunktion. «Spannend, wie der Computer den Defekt analysieren kann», zeigten sich die Schüler begeistert. Und auf die Frage, ob dieser Rasenmäher denn auch wirklich allen Hindernissen ausweicht, kam auch prompt die Antwort des Lernenden: «Dank Sensoren kann dieses Gerät Hindernisse umgehen.» Wer in der Landtechnik arbeitet, hat es also neu mit «künstlicher Intelligenz» zu tun. Die Studer AG mit ihren beiden Filialen in Lyssach und Kerzers ist ein typisches KMU mit 44 Mitarbeitenden (davon sind sieben Lernende). Gegründet wurde das Unternehmen 1958 durch Kurt Studer. 1988 konnte ein bestehender Betrieb in Kerzers übernommen werden. Kurt Studer, der die Leitung der Firma an seinen Sohn Jörg Studer (jetziger CEO) weitergegeben hat, ist heute Verwaltungsratspräsident. Das Sortiment der Studer AG ist breitgefächert. Dieses fängt bei der Buschschere an und hört bei den grossen Erntemaschinen auf. Silvio Weilenmann

suissetec-Präsident und Nationalrat Peter Schilliger (l.) gratulierte den «glorreichen Sieben».

Gold für «Umsteiger» Der neue Schweizer-Meister der Jung-Fleischfachleute heisst Lionel Favre und kommt aus Boussens. Das Besondere beim 23-jährigen Waadtländer: Er ist gelernter Bäcker und hat an der Lehrabschlussprüfung für seinen Zweitberuf als Fleischfachmann eines der besten Resultate erzielt. An der im Rahmen der NeuLand-Ausstellung in Thun ausgetragenen Schweizer-Meisterschaft der jungen Fleisch- und Detailhandelsfachleute setzte er sich klar durch. Silber erkämpfte sich Robert Brunner aus Turbenthal ZH und Bronze ging an Michaël Wyler aus Vevey. Schweizer-Meisterin bei den jungen Detailhandelsfachleuten wurde Doris Riesen (18) aus Neuenegg BE.

Sie holten Gold: Lionel Favre und Doris Riesen.

FORUM

Schweizerische Gewerbezeitung – 23. November 2012

TRIBÜNE

ECHO DER WOCHE

Strassen ausbauen Zur Entwicklung der Schweizer Verkehrs­ infrastrukturen. Ob uns das gefällt oder nicht: Es wird immer mehr Autos geben. Das schweizerische Eisenbahnnetz ist weltweit das beste – und trotzdem sind unsere Hauptstrassen chronisch überlastet. Der öffentliche Verkehr löst unser heikles Mobilitätsproblem nicht. Während den Hauptverkehrszeiten sind bestimmte Züge gut ausgelastet. Diese Züge sollte man ausbauen und verbessern. Die Mehrheit unserer Züge aber fährt leider fast leer: Das muss beseitigt werden. Der öffentliche Verkehr kostet den Schweizer Steuerzahler – und damit auch die Automobilisten – 30 Millionen Franken pro Tag! Das Durchschnittsgewicht eines Zuges beträgt 400 000 Kilo. Wenn er mit zehn Personen unterwegs ist, transportiert er also pro Person 40 Tonnen mit – ein Missverhältnis sondergleichen. Ein mittelgrosses Auto wiegt 1000 Kilo. Die verbrauchte Energie ist vom Gewicht abhängig. Die wenig ausgelasteten Züge sind demnach grosse Umweltverschmutzer. Statt Milliarden zu vergeuden, um irrational Züge fahren zu lassen, sollten wir besser den Individualverkehr optimieren, d.h. die Strasseninfrastruktur verbessern, sparsame Autos benützen, mehr Minibusse einsetzen, die Menschen ermutigen, kürzere Strecken zu Fuss zu gehen. Das Total der Zugreisenden ist unbedeutend im Vergleich mit dem Total der Strassenbenutzer. Es ist Zeit, uns danach zu richten. Paul Steyaert, Sierre∕VS

Schaden für kleine Läden «Der Kunde soll König sein», sgz vom 26. Oktober 2012. Der Kunde solle König sein, schreibt Nationalrätin Daniela Schneeberger. Eine weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten hätte für kleine Läden aber katastrophale Folgen. Die Kundschaft wird zu den Filialen der Grosskonzerne abwandern, die bald rund um die Uhr offen haben. Für einen kleinen Ladenbesitzer wird es sich nie lohnen, von frühmorgens bis sehr spät nachts offen zu halten. Der nächste Schritt in Sachen Ladenöffnungszeiten wird dann sein, auch noch den generellen Sonntagsverkauf einzuführen, wie im Paradies USA, wo vielerorts keine Gewerkschaften die Konzerne in den grossen Shoppingcenters «belästigen». Die Bedürfnisse des Verkaufspersonals, das sind vor allem Frauen, auch Mütter, zählen nicht viel. Dies zeigt, dass es mit den Frauenrechten in den USA nicht so weit her ist. Die «Verkaufsmaschinen», die Frauen, werden bei Bedarf zu jeder Tages und Nachtzeit abgerufen. Heinrich Frei, Zürich

Mehr Freiheit macht belastbar D

ie Schweiz hat die internationalen Verwerfungen an den Finanzmärkten bisher relativ gut überstanden. Mit Schweden ist sie beinahe das einzige Land, das eine öffentliche Verschuldung unter 40 Prozent des BIP aufweist. Diese Solidität hebt sich ab von der interventionistischen Flucht nach vorne vieler ausländischer Regierungen – und sie macht die Schweiz belastbar. Anders als im Ausland wird hier der Privatsektor, der tatsächlich Reichtum schafft, nicht weiter verdrängt. Zwar hat die Rechtssicherheit im internationalen Verhältnis zuletzt gelitten, dennoch bleiben die Bedingungen für Investitionen und Unternehmertum weitgehend attraktiv. Das lockt bekanntlich auch viele EU-Bürger in die Schweiz. Der aktuelle Jahresbericht des Index für wirtschaftliche Freiheit, der in der Schweiz vom Liberalen Institut herausgegeben wird, wirft nun zusätzliches Licht auf diese Robustheit. Erstmals untersucht er den Zusammenhang von Wirtschaftsfreiheit und Bankenkrisen. Die empirischen Ergebnisse der Analyse widersprechen zahlreichen populären Reaktionen auf die jüngste Finanzkrise, welche vor allem die Deregulierung der Finanzmärkte dafür verantwortlich machten: Einerseits erhöht eine höhere Regulierungsdichte, insbesondere eine starke staatliche Einlagensicherung, die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise. Andererseits verzögern eine hohe Regulierungsdichte sowie eine hohe Steuerbelastung die Überwindung einer solchen Krise. Eine historische Analyse

E

Pierre Bessard* über die Gründe für die Robustheit der Schweizer Wirtschaft.

kommt zu dem Schluss: Ein Zugewinn an wirtschaftlicher Freiheit in Höhe eines Indexpunktes reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise um drei Prozentpunkte. mgekehrt zeigen die historischen Daten, dass auf eine Finanzkrise regelmässig ein signifikanter Rückgang wirtschaftlicher Freiheit folgt. Dies weist auf eine systematische Fehlinterpretation von Krisen in der Öffentlichkeit hin, welche kontraproduktive politische Entscheidungen zur Folge hat. Ein Abbau wirtschaftlicher Freiheit im Nachgang einer Finanzkrise erhöht die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Krise. Diese Analyse zeich-

U

LINK www.libinst.ch Belastbarkeit dank wirtschaftlicher Freiheit: Transport einer 100 Tonnen schweren Tunnelbohrmaschine.

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net ein bedrohliches Bild. Der weltweite Ausbau der Regulierung und Besteuerung seit 2007 hat die Welt nicht sicherer, sondern unsicherer gemacht. Nötig wäre vielmehr eine Stärkung der Wirtschaftsfreiheit, auch um die Krise so schnell wie möglich zu überwinden. ine andere derzeit populäre Politik, monetäre Interventionen und die Aufblähung der Zentralbank-Bilanzen, stellt bestenfalls ein Spiel auf Zeit dar. Dieses keynesianische Spiel wurde bereits nach dem Platzen der Dot-Com-Blase Anfang der 2000erJahre versucht. Der damalige Interventionismus hat den Weg für die Immobilienblase und die darauf folgende Krise geebnet. Die Schweiz ist als das gemäss Index wirtschaftlich freieste Land Europas glücklicherweise von den Fehldiagnosen und Irrlehren des Keynesianismus, die in grossen Staaten heute dominieren, weitgehend verschont geblieben. Völlig entziehen kann sie sich den internationalen Trends aber nicht, wie der Mindestkurs gegenüber dem Euro veranschaulicht. Der Index für wirtschaftliche Freiheit beinhaltet ein weiteres wichtiges Argument für eine Fortsetzung eines soliden Weges: Wirtschaftliche Freiheit hat demnach einen signifikant positiven Einfluss auf wirtschaftliche Selbständigkeit. Länder mit moderater Regulierung und Steuerbelastung weisen einen höheren Grad unternehmerischer Initiative in der Bevölkerung auf. Ein höherer Grad an Unternehmertum steigert wiederum die Faktorproduktivität einer Volkswirtschaft und befördert so nicht nur den Wohlstand, sondern die Dynamik und Belastbarkeit der Märkte (einschliesslich der Arbeitsmärkte). Wirtschaftliche Freiheit erweist sich somit als wirksames Instrument auch der Krisenprävention und -überwindung. Diese Zusammenhänge müssen immer wieder hervorgehoben werden, damit die Schweiz nicht die Fehler anderer Staaten wiederholt, nur weil diese politisch opportun erscheinen mögen. Noch nie wurde nachhaltiges Wachstum aus Defiziten und Regulierung geschaffen. *Pierre Bessard ist Direktor des Liberalen Instituts in Zürich.

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DIVERSES

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Die Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv decken.