Wuppertaler Schriften
Wuppertal Institut
zur Forschung für eine nachhaltige Entwicklung Band 3
für Klima, Umwelt, Energie GmbH
Carolin Baedeker
Regionale Netzwerke Gesellschaftliche Nachhaltigkeit gestalten – am Beispiel von Lernpartnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen
Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO2-Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren – nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter www.oekom.de. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 oekom, München oekom verlag, Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH, Waltherstraße 29, 80337 München Satz: Carolin Baedeker Umschlaggestaltung: Elisabeth Fürnstein, oekom verlag Umschlagabbildung: © L.S. – Fotolia.com Druck: Digital Print Group, Nürnberg Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine von der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln angenommene Dissertation. Der Tag der Abschlussprüfung war der 21.10.2011. Gutachter der Dissertation sind Prof. Dr. Dietrich Soyez, Prof. Dr. Boris Braun und Prof. Dr. Christian Schulz. Dieses Buch wurde auf 100%igem Recyclingpapier gedruckt. Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-86581-322-0
e-ISBN 978-3-86581-509-5
Carolin Baedeker
Regionale Netzwerke Gesellschaftliche Nachhaltigkeit gestalten – am Beispiel von Lernpartnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen
Wuppertaler Schriften zur Forschung für eine nachhaltige Entwicklung Band 3
Vorwort der Herausgeber Das Wuppertal Institut erforscht und entwickelt Leitbilder, Strategien und Instrumente für Übergänge zu einer nachhaltigen Entwicklung auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Im Zentrum stehen Ressourcen-, Klimaund Energieherausforderungen in ihren Wechselwirkungen mit Wirtschaft und Gesellschaft. Die Analyse und Induzierung von Innovationen zur Entkopplung von Naturverbrauch und Wohlstandsentwicklung bilden einen Schwerpunkt seiner Forschung. In dieser Buchreihe werden herausragende wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten der Nachhaltigkeitsforschung vorgestellt. Sie sind in den Forschungsgruppen und im Dissertationsprogramm des Wuppertal Instituts entstanden und wurden in Kooperation mit Hochschulen betreut. Die in dieser Reihe veröffentlichten Schriften wurden als Dissertationen oder Habilitationsschriften an den betreuenden Universitäten angenommen und hervorragend bewertet. Das Wuppertal Institut versteht die Veröffentlichung als wissenschaftliche Vertiefung des gesellschaftlichen Diskurses um den Übergang in eine nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise.
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH www.wupperinst.org
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung
11
1.1 Problemstellung
11
1.2 Untersuchungsziel und forschungsleitende Fragen
13
1.3 Das gesellschaftspolitische Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung
15
1.4 Aufbau der Arbeit
21
2.
Geographische Einordnung des Untersuchungsthemas
23
2.1 Nachhaltige Entwicklung ein Thema für die Wirtschaftsgeographie
23
2.2 Relevanz Regionaler Nachhaltigkeitsnetzwerke zwischen Unternehmen und Schulen für die wirtschaftsgeographische Forschung
27
2.3 Mehrebenenmodell der Umwelt-Governance als methodischer Zugang
28
2.4 Zusammenführung der geographischen Zugänge zur Untersuchungsthematik und Forschungsbedarf
29
3.
33
Theoretisch-konzeptionelle Grundlagen
3.1 Einführung
33
3.2 Governance für eine nachhaltige Entwicklung im Kontext strukturationstheoretischer Überlegungen
36
3.3 Regionale Nachhaltigkeitsnetzwerke: mögliche netzwerk- und organisationstheoretische Zugänge
44
3.4 Unternehmen als gesellschaftspolitische Akteure
70
3.5 Individuelle Handlungsfaktoren
79
3.6 Fazit und Fragen für die weitere Untersuchung
85
4. Methodologie und Methodik
91
4.1 Methodologische Aspekte
91
4.2 Konzeption der Erhebungsmethoden
97
4.3 Aufbau und Ablauf der Untersuchung
104
4.4 Dokumentation der erhobenen Daten
114
4.5 Auswertung der empirischen Befunde
116
4.6 Leitsystem zur Ergebnisdarstellung
120
4.7 Methodenreflexion und -kritik
124
5. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum
127
5.1 Wahl des Untersuchungsgegenstands und des Untersuchungsraums
127
5.2 Entwicklungs- und Strukturmerkmale des Untersuchungsraums Wuppertal
128
5.3 KURS 21 in Wuppertal: Schulen unternehmen Zukunft
133
6. Nachhaltige Entwicklung als Leitidee der regionalen Vernetzung zwischen Schule und Unternehmen
139
6.1 KURS 21 – Politische Leitideen des Netzwerks und der Lernpartnerschaften
140
6.2 KURS 21 – Aktivitäten zur Nachhaltigkeit
144
6.3 Regionale und überregionale Kontakte der Netzwerkakteure
148
6.4 Zwischenfazit
150
7. KURS 21 – Ein regionales Akteursnetzwerk zwischen Schulen und Unternehmen
153
7.1 Von der (Lern)Partnerschaft zum Netzwerk
154
7.2 Innovationen und Lernprozesse zwischen Schulen und Unternehmen
159
7.3 Regionale Einbettung (Embeddedness) im Kontext der SchuleWirtschafts-Kooperationen 179 7.4 Zwischenfazit
188
8. Die organisationale Ebene der Unternehmen und Schulen im Netzwerk KURS 21
191
8.1 Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen durch Lernpartnerschaften mit Schulen
192
8.2 Veränderungen in den Schulen und Unternehmen durch die Lernpartnerschaft und die Beteiligung im Netzwerk KURS 21
195
8.3 Zwischenfazit
201
9. Individuelle Faktoren als Triebfedern des Handelns
205
9.1 Motivationen des Handelns
205
9.2 „Vom Wissen zum Handeln“
209
9.3 Zwischenfazit
216
10. Zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse
219
10.1 Wesentliche Befunde der unterschiedlichen Betrachtungsebenen
219
10.2 Merkmale und Strategieelemente der Konzeptionen Lernende Region und kreatives Milieu im Abgleich mit dem Netzwerk KURS 21 226 10.3 Theoretische Ergänzungen der Konzeptionen Lernende Region und kreatives Milieu
231
10.4 Erweitertes Modell: Lernendes Netzwerk mit kreativen Agenten
244
10.5 Lernendes Netzwerk mit kreativen Agenten im Mehrebenensystem
250
11. Schlussbetrachtung
259
12. Zusammenfassungen
263
12.1 Zusammenfassung
263
12.2 Abstract
264
Abbildungsverzeichnis
267
Tabellenverzeichnis
268
Abkürzungsverzeichnis
269
Danksagung
271
Literatur
273
Anhang
295
1. Einleitung Im Zentrum dieser Arbeit stehen regionale Nachhaltigkeitsnetzwerke und im Besonderen ein Netzwerk zwischen Schulen und Unternehmen. Nachhaltigkeitsnetzwerke werden als freiwillige und längerfristige Kooperationen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen bezeichnet, die gemeinsam an der Lösung gesellschaftlicher Probleme im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Entwicklung arbeiten. Zu diesem Zweck verknüpfen sie ihre Ressourcen, Kompetenzen und jeweiligen organisationalen Besonderheiten miteinander (nach PFEIFFER 2004, S. 76). Das regionale Nachhaltigkeitsnetzwerk, welches in dieser Arbeit betrachtet wird, ist eine Vernetzung von Unternehmen und Schulen, die sich zusammengeschlossen haben, um die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft in der Region Wuppertal zu stärken und dabei eine nachhaltige Entwicklung im Dialog und in gemeinsamen Aktivitäten zu befördern (siehe Kap. 5). Die Wirtschaftsgeographie im Allgemeinen und die umweltorientierte Wirtschaftsgeographie im Besonderen ist eine der Wissenschaftsdisziplinen, die prädestiniert ist, sich mit Themen der Nachhaltigkeit und in diesem Kontext im Speziellen mit innovativen Akteurskooperationen und ihren räumlichen und gesellschaftlichen Wirkungen auseinander zu setzen (siehe Kap. 2). Dementsprechend werden für die Untersuchung dieses regionalen Netzwerks wirtschaftsgeographische sowie auch umweltorientierte wirtschaftsgeographische Methoden und Konzepte herangezogen. Mit dieser Arbeit soll ein Beitrag geleistet werden, die Forschung der umweltorientierten Wirtschaftsgeographie zu ergänzen im Bezug auf regionale Netzwerke mit Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung. In der Einleitung werden zunächst die Problemstellung (siehe Kap. 1.1) und dann die Zielsetzung und Forschungsfragen der Arbeit aufgezeigt (Kap. 1.2), um anschließend einen Überblick über das politische Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung mit den besonderen Bezügen zu dieser Arbeit zu geben (siehe Kap. 1.3). Zum Abschluss der Einleitung wird der Aufbau der Arbeit im Einzelnen vorgestellt (siehe Kap. 1.4). 1.1 Problemstellung Wissenschaftler weisen seit mehreren Jahrzehnten darauf hin, dass wir mit unserer Lebens- und Produktionsweise die Belastbarkeit unserer Erde überschreiten. Die Ressourcen unserer Erde sind begrenzt und deshalb kann das materielle Wachstum nicht unendlich weiter gehen (siehe z.B. MEADOWS ET AL. 1972; MEADOWS; MEADOWS & RANDERS 1992 und 2006; SCHMIDT-BLEEK 1994 und 2007; BROWN 2011). Das ungebremste Wirtschaftswachstum, die beständige Zunahme der Weltbevölkerung und die damit verbundene Steigerung des Energie- und Ressourcenverbrauchs führen weltweit zu einer ernsthaften Gefährdung unserer Ökosysteme, zu einer Verschärfung der sozialen Ungleichheit und ökonomischer Instabilität. Unsere Gesellschaft wird zunehmend mit diesen ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen konfrontiert, von deren Lösung auch die Lebensqualität zukünftiger
12
Einleitung
Generationen abhängt (ANGRICK 2010; BUND, BROT FÜR DIE WELT & EVANGELISCHER ENTWICKLUNGSDIENST 2008; DEBIEL ET AL.; EEA 2010; 2010; HAUFF 1987; MEADOWS ET AL. 1972; SCHMIDT-BLEEK 2007). Vor diesem Hintergrund entwickelte sich bereits in den achtziger Jahren das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung (HAUFF 1987; siehe Kap. 1.3). Eine nachhaltige Entwicklung zielt auf den Erhalt der Ökosphäre unter weltweit sozialverträglichen und wirtschaftlich verlässlichen Bedingungen (HAUFF 1987; SCHMIDT-BLEEK 2007; UNITED NATIONS 2002). Dieser Anspruch erfordert eine umfassende Transformation unserer Gesellschaft, die ein hohes Maß an Orientierungswissen und neue Lösungskonzepte für die gegenwärtigen Problemlagen voraussetzt (LIEDTKE & WELFENS 2008; WBGU 2011). Es wird immer deutlicher, dass klassische Politikmuster nicht genügen, um eine nachhaltige Entwicklung in absehbarer Zeit zu erreichen. Die Umsetzung globaler Nachhaltigkeitspolitiken über verbindliche Vorgaben, die im Top-Down-Prinzip auf europäischer und nationaler Ebene umgesetzt werden, reicht alleine nicht aus. Ein gut koordiniertes Bottom-up-Vorgehen sollte die politischen Maßnahmen ergänzen (SCHNEIDEWIND 2011). „Kommunen, Unternehmen, aber auch Konsumenten-Netzwerke sind heute wichtige Treiber für einen nachhaltigen Wandel. Sie verfügen oft über mehr Innovationskraft und Beweglichkeit als staatliche Akteure. Mit erfolgreichen Nischestrategien zeigen sie, welche Handlungsmöglichkeiten Gesellschaft und Wirtschaft haben, um eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen (SCHNEIDEWIND 2011, S. 9).“ Auch zeigt sich, dass konventionelle Lösungen heutzutage immer öfter an der Komplexität einer sich wandelnden Welt scheitern und einzelne Akteure nicht ausreichend über Mittel und Informationen verfügen, um Verbesserungen alleine voranzutreiben (JÄGER 2007). Die Lösung gesellschaftlicher bzw. sozialer Problemlagen sowie gesellschaftliche Transformationen benötigen eine Verzahnung sowie bereichsübergreifende Kooperationen zwischen Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft (AUSTIN 2000; BAEDEKER ET AL. 2008; BLUSZCZ 2007; KANTER 1999, siehe Abb. 1). Ein kooperatives Handeln dieser unterschiedlichen Akteure führt dazu, institutionelle Innovationen zu entwickeln, Synergieeffekte zu erschließen, Reibungsverluste zu vermeiden und wechselseitige Lernprozesse zu ermöglichen (LEMKEN ET AL. 2010a).
Einleitung
13
Abb. 1 Zusammenspiel der Akteure für eine nachhaltige Entwicklung
Die Ebene, auf der sich die alltäglichen Lebenszusammenhänge der Menschen, ihre Einbindung in konkrete Produktionsverhältnisse und soziale Reproduktionsbedingungen am deutlichsten abbilden, ist die regionale Ebene. Deswegen ist sie eine geeignete Bezugseinheit für die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung (COY 2007). Es sind die Akteure einer Region, die durch ihre Vernetzung und Kooperation Innovationen schaffen können, die der allmählichen Verfestigung von Konzepten nachhaltiger Entwicklung dienen (STÖRMER 2002). Dadurch werden nicht nur zukunftsweisende Leitbilder in der Region umgesetzt, sondern in Form bereichsübergreifender Netzwerke und Kooperationen auch neue „Governance-Strukturen“ geschaffen (MAJER 2003). 1.2 Untersuchungsziel und forschungsleitende Fragen Ziel der Arbeit ist eine differenzierte Betrachtung der regionalen Vernetzung zwischen Unternehmen und Schulen. Dabei soll nicht nur aufgezeigt werden, welche Bedeutung die Vernetzung dieser unterschiedlichen Teilsysteme für eine Konkretisierung des globalen Leitbilds einer nachhaltigen Entwicklung auf der regionalen Ebene haben kann und welche Impulse davon möglicherweise auf andere Maßstabsebenen (national,