Rastatter Freiheitsbote - Bundesarchiv

20.05.2007 - was passiert, wenn die Online-. Durchsuchung von Journalsten zum ..... Konten des Fördervereins: Volksbank. Baden-Baden Rastatt EG (BLZ ...
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Rastatter Freiheitsbote FÖRDERVEREIN Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte im Schloss Rastatt, Herrenstraße 18 www.Erinnerungsstaette-Rastatt.de

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Mai 2007

Das Hambacher Fest 2007 Am 26. Mai 2007 jährt sich zum 175. Male der Jahrestag des Hambacher Festes. Durch Planungsfehler beteiligter Behörden oder wegen offensichtlicher Geschichtsvergessenheit ist das Hambacher Schloss zu dieser Zeit eine einzige Baustelle. In letzter Minute ist es den Verantwortlichen erfreulicherweise gelungen, Altbundespräsident Richard von Weizsäcker als Festredner zu gewinnen. Er wird seine Rede im eiligst hergerichteten jedoch zu seinem Nachteil veränderten Festsaal halten. Das restliche "Festprogramm" ist eher ein Zugeständnis an die heutige Eventkultur. Opfer zahlreicher Fehlplanungen ist auch der Förderverein geworden. Verbindlich war für den 19. Mai der diesjährige Ausflug des Vereins nach Hambach verabredet. Doch der Förderverein wurde kurzfristig ausgeladen ! Der "Freiheitsbote" erinnert in dieser Ausgabe an Ereignisse und Personen des Jahres 1832. Wir geben in diesem Heft die Rede wieder, die Prof. Carlo Schmid (1896-1979) anlässlich des 125. Jahestages auf der Ruine des Hambacher Schlosses gehalten hat. Sie ist ein heute noch gültiges Zeugnis des Geistes von Hambach.

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Bildtafel in der Fußgängerzone von Zweibrücken

Prof. Carlo Schmid: Hambach 1957 Martin Baus „Johann Georg August Wirth“ Deutscher Vaterlandsverein Prof. Wolfram Siemann „Pressefreiheit“ Markus Bultmann: Erfahrung von Freiheit und Unfreiheit Informationen, Impressum

BEILAGENHINWEIS Dieser Ausgabe liegt bei: Editionsprospekt „Deutsche Tribüne“

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ambacher Fest

Rede aus Anlass des 125. Jahrestages, gehalten von Prof. Carlo Schmid (1896-1979) auf der Ruine des Hambacher Schlosses Ich habe in den letzten Tagen manchem Bekannten gesagt, dass ich am Sonntag, den 26.5.1957, auf dem Hambacher Schloß anläßlich der 125. Wiederkehr des Hambacher Festes eine Ansprache halten würde. Fast keiner meiner Bekannten – es sind recht gebildete Leute darunter – konnte sich unter dem Hambacher Fest irgentetwas vorstellen. Das ist schlimm, denn wir Deutsche haben nicht sehr viele Tage zu feiern, an denen eines Kampfes des Volkes, das seine Freiheit und Einheit gegen die sture Obrigkeit behauptete, gedacht werden könnte. Wenn auch in Hambach keine Bastille gestürmt wurde, so ist doch dort die schwarz-rot-goldene Freiheitsfahne nicht nur an Couleurbändern von Studenten gezeigt worden, sondern dort wurde sie auf einer Kundgebung von fast 30.000 Menschen, die von beiden Seiten des Rheins zusammengekommen waren, gehißt, um einem Aufruf zu einem Gesamtdeutschen Tage das Gepräge zu geben und auf dieser Fahne stand: Deutschlands Wiedergeburt. Schlimmer als diese Unwissenheit war aber die Ironisierung des Hambacher Festes, die bei deutschen Historikern und Publizisten üblich geworden war, seitdem Bismarck die Einheit des Deutschen Reiches mit Blut und Eisen geschaffen hatte. Da pflegte man denn zu sagen, wer wirklich etwas bewirken wolle, müsse an die Stelle der Humanitäsduselei des Hambacher Festes die harte Realpolitik der Kanonen setzen. Sicher, so kann man reden, obwohl man sich damit vielleicht großer politischer Möglichkeiten begibt, die gerade im spontanen moralischen Akt eines Volkes liegen können. Es ist im übrigen eine der seltsamen Begebenheiten der Geschichte, dass es ein Teilnehmer des Hambacher Festes gewesen ist, der den deutschen Sprachschatz um das Wort „Realpolitik“ bereicherte. Man sollte auch nicht vergessen, dass das Hambacher Fest es gewesen ist, das einem Friedrich Engels den ersten Eindruck praktischer politischer Möglichkeiten vermittelt hat, und dass aus Anlaß dieses Festes jener Gefährte des Karl Marx in jugendlichem Eifer die Nation entdeckte und die Bedeutung der Einheit der Nation für den Fortschritt der Gesellschaft.

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Man hat immer gerne von der Wirkungslosigkeit des Hambacher Festes gesprochen. Das ist sicher richtig, wenn man politische Wirkung nur dort sieht, wo in den Machtverhältnissen unmittelbare Veränderungen erzwungen werden. Aber ist denn das Ausbleiben solcher Veränderungen für sich allein schon Wirkungslosigkeit? In Hambach ist mehr geschehen, als nur die Abhaltung einer politischen Kirchweih. Dieser „Deutsche Maien“, zu dem die Veranstalter des Festes aufgerufen hatten, hat nach den Worten eines Teilnehmers bewirkt, dass „ein tiefer Eindruck, ein unendlich großer moralischer Erfolg übrig blieb, und das sei schon viel!“ Dem deutschen Volk ist durch den Ablauf dieses Festes und seine Folgen in jenen Jahren des Vormärz zum Bewusstsein gebracht worden, dass Schwärmerei für sich allein noch nicht ausreicht, um die Welt zu verändern, mit der man fertig zu werden hat, sondern dass man handeln muss, wenn man sein Vaterland einrichten will. Und es hat wohl auch gelernt, dass man, um zu handeln, zunächst einmal Erfahrungen im Umgang mit der Macht sammeln müsse. Man hat das Hambacher Fest oft mit dem Wartburg-Fest des Jahres 1817 verglichen, mit jenem unvergesslichen Tag, an dem die akademische Jugend Deutschlands die deutsche Burschenschaft gegründet hat. Nun, dieser Vergleich hinkt. Die Teilnehmer am Wartburg-Fest haben sich ganz der Vergangenheit zugewandt; von dieser Vergangenheit, einem verklärten Mittelalter, wollten sie die Kraft beziehen, die Gegenwart und die Zukunft zu gestalten. Heinrich Heine hat bitterböse Worte für dieses Wartburg-Fest gefunden, wo, wie er sagt, ein beschränkter Teutonismus viel von Glaube und Liebe geträumt habe; seine Liebe sei aber nichts anderes gewesen, als der Hass der Fremden, und in seiner Unwissenheit habe er nichts Besseres gewusst, als Bücher zu verbrennen. In Hambach dagegen habe die moderne Zeit ihre Sonnenaufgansglieder gejubelt und der Mensch mit der Menschheit Bruderschaft getrunken. Habe man auch viel Unvernünftiges dort gesprochen, so

sei doch die Vernunft selbst anerkannt worden, als jene höchste Autorität, die bindet und löst und den Gesetzen ihre Gesetze vorschreibt. So verlockend es einem scheinen mag, diese Antithesen zu akzeptieren, so unrichtig ist es, das Wartburg-Fest und das Hambacher-Fest nur in dieser Antithese zu sehen. Die Wartburg war nicht ganz Vergangenheit und Hambach war nicht ganz Zukunft. Immerhin ist aus dem Wartburg-Fest die deutsche Nationalbewegung entstanden, wenn auch bewegt von einer romantischen Verklärung der alten Kaiserherrlichkeit. Aber wenn man dort von Freiheit sprach, so meinte man Freiheit in einem reichsritterlichen und reichsbürgerlichen Sinn. In Hambach hat man die Freiheit als ein rationales Prinzip begiffen, als ein Prinzip, ohne das eine Integration eines Volkes zur Nation nicht möglich sei, und man hat die Einheit der Nation gefordert, weil sie eine Voraussetzung und Bürgschaft der Freiheit des Menschen und der Einzelpersönlichkeit ist. Und schließlich hat man Freiheit und Einheit gesehen als die notwendigen Voraussetzungen für den Fortschritt der Menschheit, wobei Fortschritt als Meisterung der bloßen Geschichtlichkeit des Daseins begriffen wurde. Es waren die Burschenschaftler und die Handwerksgesellen, die zusammen den Geist haben entstehen lassen, der zum Hambacher Fest geführt hat, und zu ihnen stieß der freie Journalist. Sie alle wollten zusammen kämpfen, Intelligenz und Proletariat für das, was sie nannten die „allerschönste, die allersüßeste Braut“, das Reich der Zukunft. Freiheit, Einheit und Fortschritt gehörten für die Menschen des Hambacher Festes zusammen, keines schien ohne das andere möglich, und keines sollte nur um seiner selbst willen angestrebt werden. Die Teilnehmer am Hambacher Fest waren sich durchaus nicht in allen Punkten einig. Es traten verschiede Schwerpunkte in Erscheinung: die Menschen aus dem süddeutschen Raum, die sogenannten Konstitutionalisten, legten den Hauptakzent auf die staatsbürgerliche Freiheit im Sinne der liberalen Vorstellungen von 1830. Jene, die aus Norddeutschland kamen, legten den Hauptakzent auf die Einheit, und darum konnte in Hambach keine Parole von Durchschlagskraft gefunden werden. Denn Durchschlagskraft haben nur Parolen, die eindeutig sind und die Menschen nicht überfordern. Aber beide Gruppen waren im Empfangen- und im Gebenwollen keine engstirnigen Nationalisten. Für sie war die Nation und war die demokratische Verfassung der Nation nichts anderes als ein Zeugnis der Selbstachtung, die ein

Prof. Carlo Schmid 1957 Volk für sich selbst empfindet. Die Männer von Hambach waren auch als nationalbewußte Deutsche Weltbürger und Europäer. Eine der Hauptantriebsfedern, die zum Hambacher Fest führten, war die Bewunderung der Deutschen für den Freiheitskampf der Polen. Man hat heute vergessen, welch wesentlichen Beitrag diese Bewunderung eines tapferes Volkes, das gegen Fremdherrschaft kämpfte, für die Entstehung der deutschen Nationalbewegung beigetragen hat. Damals schon hat man den Freiheitskampf der Polen als eine Schutzwehr gegen den Despotismus des Zarenreiches betrachtet. Man hat seit Heinrich von Treitschke sehr viel über diese Polenschwärmerei des deutschen Volkes ironisiert. Ironisieren wir heute schon unsere Begeisterung für den Freiheitskampf der Ungarn? Wir sollten wieder lernen, das polnische Volk als eine der großen Nationen Europas zu betrachten und nicht als ein Anhängsel Rußlands, wie dieses Rußland sich auch politisch organisiert haben möge. Und wir sollten heute wie vor 125 Jahren dem Freiheitskampf des polnischen Volkes, das durch einen neuen Zarismus bedroht war und ist, unsere Bewunderung zollen. Die Juli-Revolution in Paris war das andere Ereignis gewesen, das die Menschen Westdeutschlands in Erregung versetzte und ihnen die Schaffung der Einheit der Nation und eines parlamentarischen Regimes als Pflicht erscheinen ließ. Wie stark der weltbürgerliche Sinn der Hambacher gewesen ist, zeigen am deut-

lichsten folgende Worte aus der Rede Wirths: „In dem Augenblicke, wo die deutsche Volkshoheit in ihr gutes Recht eingesetzt sein wird, in dem Augenblicke ist der innigste Völkerbund geschlossen, den das Volk liebt, wo die Könige hassen, das Volk verteidigt, wo die Könige verfolgen, das Volk gönnt das, was selbst mit seinem Herzblut zu erringen trachtet und was ihm das Teuerste ist, Freiheit, Afklärung, Nationalität, Volkshoheit, auch dem Brudervolke; das deutsche Volk gönnt daher diese unschätzbaren Güter auch seinen Brüdern in Polen, Ungarn, Italien und Spanien.“ Deutschland habe die Aufgabe, den Völkern als Hüter des Rechts aller und der Freiheit aller voranzugehen. Es ist, als hätten die Hambacher ein Wort Hegels in eine neue, humanere Realität umsetzen wollen, das Wort nämlich, dass keiner frei ist, wenn nicht alle frei sind. Für die Internationalität des Festes ist bezeichnend, dass ein Advokat aus Straßburg den Deutschen den Will-kommensgruß der Straßburger Gesellschaft der Volksfreunde überbrachte, mit den Worten: „Der Kultus der Freiheit ist allen gebildeten Völkern gemeinsam. Beharrt treu und redlich in eurem edlen Entschluß. Schließt den Bund der Vökereinheit unter euren getrennten Fürstenstaaten. Vernichtet die Fesseln, die der Absolutismus zu euerer Trennung geschmiedet.“ Der Weg zur Einheit Deutschlands sollte also zur Freiheit Europas führen. Aber diese Freiheit sollte mit sozialer Gerechtigkeit einhergehen und mit einer Umwandlung und Umformung unserer Gesellschaft. So ist es bezeichnend, dass eine der wesentlichsten Forderungen der Hambacher gewesen ist, die Erhöhung der Frau zur Bürgerin. Aus Hambach ist nichts Praktisches hervorgegangen. Im Gegenteil, die Reaktion des Metternichschen Systems wurde in allen Staaten des deutschen Bundes noch härter, noch bösartiger. Eine Reihe von Hambachern musste mit dem Kerker Bekannschaft machen, viele mussten auswandern und wurden geachtete Bürger Frankreichs und der USA. Damals entstand vielleicht der deutsche Typus, den man gerne den Biedermeier-

typus nennt: ein Mensch, der sich auf seinen Garten und seine Häuslichkeit und die Pflege der Innerlichkeit beschränkt und in den Dingen der Politik resigniert und letzlich die Gestaltung der Formen und Inhalte der nationalen Existenz der Obrigkeit zu überlassen geneigt ist. Und dort, wo man nicht biedermeierlich resignierte, bekam nach dem Hambacher Fest das Wort „national“ eine andere Bedeutung als früher und als in den Nachbarländern: es wurde eine Art von Gleichwort für Realpolitik, es bekam einen aggressiven Charakter. Und schließlich begann man in Deutschland, wenigstens im deutschen Bürgertum, sich auch mit der Vorstellung zu befreunden, dass man, wo man schon die Einheit habe, wohl die Freiheit im Sinn der achtundvierziger Jahre und der Veranstalter des Hambacher Festes entbehren könne. Es ist bezeichnend, dass die Deutschen der Wilhelmini-schen Zeit den Sedanstag als Nationalfeiertag feierten und nicht, wie andere Staaten, einen Bastille-Sturm. Heute können wir das, dank dem Volk Berlins und der Zone, das am 17. Juni 1953 für die Freiheit auf die Barrikaden ging.

Was können für uns die Lehren des Hambacher Festes sein? Man kann sie kurz zusammenfassen: Es ist einmal die Erkenntnis, dass der Weg nach Europa über die Freiheit und die Einheit der Nation geht. Die Erkenntnis, dass die Einheit der Nation ihren Sinn darin findet, dass sie allen die Freiheit bringt, nämlich ein selbstgestaltetes und verantwortetes Dasein, das des Menschen würdig ist. Zu einem solchen Dasein gehört unverzichtbar die soziale Freiheit und Gerechtigkeit und gehört insbesondere die Freiheit des Geistes. Schließlich: Einheit und Freiheit der deutschen Nation finden ihren letzten Sinn darin, dass damit endlich ein Europa möglich werden könnte, das seinen Namen verdient. Spricht man aber von Europa, dann wirft sich automatisch die Frage auf, ob es denn genüge, dass wir an Europa denken, wenn wir von Freiheit sprechen. Müssen wir Europäer und denn nicht anstrengen, auch den Völkern in der Ferne Asiens und Afrikas zu helfen, die Fundamente zu legen, die Voraussetzung einer jeglichen möglichen Freiheit sind? Wenn wir diesen weltweiten symbolischen Charakter des Hambacher Festes begreifen, dann werden wir auch begriffen haben, warum es einen aktuellen Sinn hat, auch heute noch den Tag von Hambach festlich zu begehen.

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Text und Bild: Martin Baus

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„Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse“ Markstein deutscher Pressegeschichte

CD: Schauplatz Freiheit Zweibrücken

Zweibrücken 29.1.1832, Ein Bürgerkomitee hatte zum 29.1.1832 in das Gasthaus des Bürgermeisters Peter Ladenburger in Bubenhausen bei Zweibrücken eingeladen, um den populären, kämpferischen Demokraten und bayerischen Landtagsabgeordneten Friedrich Schüler zu ehren. Zu den Mitinitiatoren gehörten Siebenpfeiffer und Wirth. Die Resonanz auf die Einladung überstieg alle Erwartungen. Die 350 vorbereiteten Gedecke reichten nicht aus. Schüler erstattete Bericht über seine Tätigkeit in der Münchner Ständeversammlung. Die Quintessenz der Ausführungen Schülers war das Signal für die weitere politische Entwicklung: "die ausserparlamentarische Opposition muß massiv verstärkt werden", sagte er unter anderem. Besondere Bedeutung wies er der freien Presse zu. Nach dieser und anderen Reden kam es an Ort und Stelle auf Vorschlag von

Siebenpfeiffer und Wirth zur Gründung des "Deutsche(n) Vaterlandsvereins zur Unterstützung der freien Presse". Wirth veröffentlichte in der "Deutschen Tribüne" (Nr. 29. 3.2. 1832 ) seinen Aufruf "Deutschlands Pflichten ", der in für damalige Zeiten sensationell hohen Auflage von 50.000 Exemplaren in Deutschland und im Ausland verbreitet wurde. Siebenpfeiffer rief in seiner Zeitung zum Kampf gegen die "zivilisierte Form der Gewalt" auf. Zu den Zielen des Vereins später kurz Press- und Vaterlandsverein genannt, gehörte die Unterstützung in Not geratener Journalisten und ihrer Familien. Die Mittel dazu beschaffte man sich durch die Ausgabe von Anteilsscheinen - eine frühe Form der " Volksaktie ". Der Verein zählte bald um die 5000 Mitglieder aus allen Schichten der Bevölkerung in ganz Deutschland und in Paris.

und treten in geschlossenen Gruppen dem "Press und Vaterlandsverein"bei. Von der Kanzel predigte der Pfarrer Karl Ludwig Klöckner in Luthersbrunn am 13. März 1832: "Wer von der freien Presse schon gehört hat und dennoch fortfährt, sich zu weigern, dieselbe mit einem kleinen Beitrag zu unterstützen, sei es nun aus stinkendem Geize oder aus feiger Bedenklichkeit, aus unzeitiger Furchtsamkeit …,der bezeigt sich dann nicht als echten Anhänger Jesu Christi". (siehe auch Michaiil Krausnick "Johann Georg August Wirth" Quadriga Verlag, Weinheim 1997 S.90-97). Auf dem Schülerfest am 29.1.1832 wurden im vertraulichen Gespräch die Vorbereitungen für das geplante Hambacher Fest getroffen. Wirth, der dem Vereinsvorstand nicht beitrat, gab der " Deutschen Tribüne" den Untertitel "Gedruckt auf der Presse des Volkes". Durch seine sich über 80 Städte verteilten Zweigstellen und deren Aktivitäten entwickelte der Verein Vorformen der politischen Organisation und war deshalb schon bald der Verfolgung durch den Deutschen Bund ausgesetzt. In Zweibrücken und Homburg/Saar ist man sich dieser demokratischen Tradition voll bewusst und begeht in jedem Jahr an dem einen oder anderen Ort ein "Schüler"fest. So geschah es auch nach 175 Jahren am 29.1. 2007. Wiederum reichten die 350 Gedecke kaum aus. Festredner an diesem Abend war u.a. Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung. Er prangerte an " dass der deutsche Journalismus nicht nur in geistigen Zwangsjacken der Verleger und Finanzinvestoren stecke, für die Zeitungen Produkte zum Geldverdienen seien." Hausdurchsuchungen in den Redaktionen und Wohnungen der Journalisten können von der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen werden und sind zur Tagesordnung geworden. Aber was passiert, wenn die OnlineDurchsuchung von Journalsten zum Standard wird?" Prantl malte ein düsteres Bild vom Fortbestand der von Siebenpfeiffer erkämpften Pressefreiheit.

Jüdische Gemeinden in der Pfalz sammeln ebenso wie die Studenten in Heidelberg

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ressefreiheit P ein altes und immer aktuelles Thema Ansprache gehalten von Prof. Wolfram Siemann am 9.3.2007 im Gutenberg-Museum Mainz aus Anlass der Vorstellung der Neuedition der „Deutschen Tribüne“ von J.G.A. Wirth Die Deutsche Tribüne ist das bedeutendste politische Presseorgan des deutschen Vormärz. Dieses nur in wenigen Bibliotheken unvollständig überlieferte Zeitdokument in einer Neuausgabe erstmals komplett einschließlich unterdrückter Ausgaben zugänglich zu machen lässt sich ebenso wissenschaftlich als auch politisch überzeugend begründen. Das Vorwort der Edition bündelt thesenhaft, was die Wissenschaft zu sagen hat. Diese Argumente aus Anlass einer öffentlichen Präsentation in Gegenwart von Verleger, Herausgebern und einem wissbegierigen Publikum zu wiederholen erscheint überflüssig. Anders verhält es sich mit der Frage nach der historischen und möglicherweise auch fortdauernden politischen Aktualität. Um Politisches handelt es sich allemal, wenn die Pressefreiheit zur Disposition steht. Der Bogen von alten Problemen der Pressefreiheit hin zu ihren neuen Gefährdungen lässt sich schlagen, wenn man ausgeht von den grundrechtlichen Verbürgungen dieses elementaren Rechts. Ein Abriss nach Art einer Chronik mag den Einstieg bilden. Sie gruppiert sich um Epochenjahre. 1789 „Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was dem anderen nicht schadet. Somit hat die Ausübung der natürlichen Rechte jedes Menschen nur die Grenzen, die anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss derselben Rechte garantiert. Diese Grenzen können nur gesetzlich festgelegt werden.“ (Art. IV). „Niemand darf wegen seiner Meinung, selbst religiöser Art, belangt werden, solange die Äußerungen nicht die gesetzlich festgelegte Ordnung stören.“ (Art. X) „Die Gedanken- und Meinungsfreiheit ist eines der kostbarsten Menschenrechte; jeder Bürger kann daher frei schreiben, reden und drucken, unter Vorbehalt des Missbrauchs dieser Freiheit in den gesetzlich festgelegten Fällen.“ (Art. XII). 1849 „Jeder Deutsche hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern“. 1919 „Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze seine Meinung durch Wort, Schrift,

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Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern“. 1949 „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“. Diese Rechtssätze sind Kristalle historischer Erfahrungen. Denn Geschichte ist ein Erinnerungsspeicher an Kämpfen, Errungenschaften und Gefährdungen. Wer aus Erfahrung lernen kann, dem gelingt das zuweilen auch mit Hilfe der Geschichte. Und hinter diesen Sätzen stehen solche historischen Erinnerungen: – das Ringen um Presse- und Meinungsfreiheit in der Französischen Revolution von 1789, artikuliert in der Erklärung der Menschenund Bürgerrechte vom 26. August 1789, – das Streben danach in den europäischen Revolutionen von 1848/49, niedergeschrieben in der Frankfurter Reichsverfassung vom 28. März 1849, – die Wiederbelebung nach dem Untergang des deutschen konstitutionellen Kaiserreichs während des Ersten Weltkriegs in Gestalt der (Weimarer) Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 und schließlich – die Neugewährung nach dem Zusammenbruch einer sich volkstümlich gerierenden, barbarischen Terrorherrschaft in der Verbürgung des „Bonner Grundgesetzes“ von 1949. Jeder Rechtssatz signalisierte einen Neuanfang, und immer lag die Erfahrung verlorener Freiheit davor. In der Reihe, wie die Sätze nacheinander folgen, offenbaren sie ein Umdenken und eine Rückbesinnung: einen zwei Jahrhunderte währenden Lernprozess. Auch wenn es erstaunlich klingt: Die Verfassungsväter von 1948/49 begriffen den ‚Rechtsboden’ der Paulskirche und von Weimar als Irrweg, weil er die Meinungsfreiheit ausschließlich an das positive staatliche Recht band – an das Staatsbürgerrecht. Das war nach 1945 zu wenig. Deshalb spricht das Bonner Grundgesetz „Jedem“ die Meinungsfreiheit zu, nicht mehr nur „Jedem Deutschen“. Das schließt auch einen Moslem, Juden, Christen, Atheisten und Ausländer ein. Hochoffiziell mit den Worten des Grundgesetzkommentators Ingo von Münch ausgedrückt, lautet die verbindliche juristische Auslegung: „Mit der

Formulierung ‚Jeder’ ist das Grundrecht des Art. 5 I S. 1 als Menschenrecht, also auch für Ausländer, gewährleistet“. Das ist keine Wortklauberei. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon oft genug Anlass, die Substanz und Qualität der Meinungs- und Pressefreiheit zu bekräftigen, jüngst noch im so genannten Cicero-Urteil vom 27. Februar dieses Jahres, als es das Zeugnisverweigerungsrecht der Journalisten verteidigte. In früheren Urteilen hatte das Bundesverfassungsgericht das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung als fundamental für den Rechtsstaat beurteilt: „Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es [das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung] schlechthin konstituierend; denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist … Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt“ . Welche bedrückende Atmosphäre der Knebelung sich über eine Gesellschaft legen kann, wo diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist nicht nur eine historisch vergangene Erfahrung, sondern gehört auch zum Zeitbild der deutschen Gegenwartsgeneration. Das hat noch jüngst das mit einem Oscar preisgekrönte Werk über „Das Leben der Anderen“ des Jungregisseurs Florian Henckel von Donnersmarck augenfällig gemacht: Er gestaltete im Medium des Films die kollektive Erinnerung der Abwesenheit von Pressefreiheit. Der Herausgeber der Neuedition der ‚Deutschen Tribüne’ kann aus eigenen Erlebnissen die im Film gestaltete Erlebniswelt der Diktatur als authentisch verbürgen, hatte er doch über drei lange Monate des Jahres 1978 im Zusammenhang mit seinen Archivforschungen in der Deutschen Demokratischen Republik gelernt, was es bedeutete, ständig beobachtet, zu Spitzeldiensten angeworben und in der Freiheit bedroht zu sein. Wirths Zeitgenossen erfuhren dies seit 1833, als das geheime Mainzer Informationsbüro des österreichischen Staatskanzlers Metternich zu arbeiten begann und in vergleichbarer Weise Schriftsteller zu Spitzeldiensten anzuwerben und Oppositionelle gleichzeitig über viele geheime Kanäle einzuschüchtern versuchte.

Auf den ersten Blick mögen diese Bezüge als weit hergeholt erscheinen für eine Buchpräsentation. Doch wie programmatisch die Deutsche Tribüne an die Öffentlichkeit trat, offenbarte sie freimütig in dem Diktum, dass „die freie Presse das Mittel ist, der öffentlichen Meinung den gebührenden Einfluß auf die Leitung der Staatsangelegenheiten zu sichern, während dort die Regierung, – wo sie nur immer innerhalb der Gränzen der Verfassung und des Gesetzes sich bewegt und die Interessen der Nation im Auge hat, – in der Presse eher einen mächtigen Bundesgenossen, als einen Feind findet“. So eröffnete Johann Georg August Wirth am 1. Juli in seiner Ansprache „An das deutsche Publikum“ die erste Nummer der Deutschen Tribüne. Dieses Blatt wurde zum Kampfplatz, auf dem um den freien demokratischen Rechtsstaat gestritten wurde, der ohne freie Presse nicht existieren konnte. Etwas anderes sagte auch das Bundesverfassungsgericht nicht. Was aber Pressefreiheit vermag und bedeutet, erschließt sich erst aus der Geschichte. Längst wissen wir, dass ein Mensch seine Persönlichkeit verliert, wenn ihm das Gedächtnis zerfällt. Ebenso verhält es sich mit den kulturellen Errungenschaften einer Nation. Die Nation wird unkenntlich, wenn sie ihr kulturelles kollektives Gedächtnis verliert. Zu diesem historischen Erfahrungsschatz gehören die Deutsche Tribüne und ihr Kampf um Pressefreiheit. Wirths besonderer Impetus stammte aus der Frühzeit der politisch-öffentlichen Streitkultur, als es an einem gemeinsamen nationalen Parlament in Deutschland mangelte: Die Journalisten sollten gleichsam als

Volksvertreter für das öffentliche Wohl schreiben und ihre Presse als „Instrument der Publizität und der öffentlichen Meinung“ benutzen. Im Umkreis der Ideen der Aufklärung und der Französischen Revolution tauchte im linken Rheinland bereits 1798 die Formel vom „Tribunal der öffentlichen Meinung“ auf. Als gewonnene historische Erfahrung wird ein so flüchtiges Erzeugnis wie eine auf brüchigem, leicht vergilbendem Papier überlieferte Zeitung zu einem bewahrenden Gut. Das leistet diese Neuausgabe. Die Deutsche Tribüne ist nicht die einzige derartige Publikation im Vormärz, aber sie ist die bedeutendste. Warum aber diese Neuauflage? Gerade die soeben vorgeführte historische Chronologie fortgesetzten Mühens und Scheiterns gemahnt an die Zerbrechlichkeit der Zivilisation und ihrer Kulturgüter, und solche Kulturgüter sind die Freiheit der Presse und das Wissen um deren Bedeutung. Die Deutsche Tribüne führt gleichsam in das Laboratorium des politischen Diskurses der Moderne. In diesem Presseorgan wird durchgespielt, was freie Presse bewirkt, und wer genauer mit den Verhältnissen des Vormärz vertraut ist, muss sich wundern, wie viel der Herausgeber riskiert hat und wie es ihm immer wieder gelungen ist, in einem zensierten Blatt gegen die Schädlichkeit der Zensur zu argumentieren und zu polemisieren. Der reichhaltige Kommentarband der vorliegenden Edition offenbart in einer umfangreichen Einführung auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand, wie die Redaktion unter den Bedingungen der Zensur operierte. Man schaut gewissermaßen

Redakteur und Zensor über die Schulter, und zwar in einer Genauigkeit, wie das bisher für diese Zeit selten möglich war. Es wäre aus der Sicht des Historikers freilich naiv zu meinen, die Vergangenheit bilde gewissermaßen vorwegnehmend den Horizont der Gegenwart ab. Was uns von der „Deutschen Tribüne“ trennt, ist deren konsequenter Optimismus, ihr Glaube an die ausschließlich aufklärende Kraft der freien Presse. Es ist der Glaube, äußere Freiheit bewirke auch die Freisetzung von Aufklärung und Vernunft, die sich letztlich durchsetzen werde. Wörtlich schreibt Wirth: „Die öffentliche Meinung des gesamten deutschen Volkes ist erwacht […], auch da, wo man es nicht vermuthete, erwacht das Verlangen nach constitutioneller Freiheit mit unwiderstehlicher Kraft; auch da, wo man es nicht vermuthet, bildet sich im Stillen die gemeinsame Ueberzeugung, dass zur Verbesserung des Zustandes der Nation, zur Entfernung der auf dem Volke liegenden Noth – daß zur Wiedergeburt Deutschlands nur ein Weg leite, nämlich allgemeine Durchführung des constitutionellen Principes. Die öffentliche Meinung des Volkes ist erwacht: – sorgfältig gepflegt, reift sie bald zu ihrer bekannten unwiderstehlichen Allmacht. Sie ist es, welche die Wiedergeburt Deutschlands herbeyführen wird. In ihr, in dem Erwachen der öffentlichen Meinung begrüßen wir mit freudiger Rührung die Morgenröthe der deutschen Freiheit.“ Wirth erkannte in der öffentlichen Meinung einen so genannten Kollektivsingular, quasi ein handelndes Subjekt in vernünftiger, bisher gehemmter Absicht.

Johann Georg August Wirth (1798-1848) und Regina Wirth (1791-1871) Regina Wirth wurde wegen Unterstützung ihres Mannes von der Metternich-Polizei im Schwarzen Buch der Pfälzer Demokraten geführt, einzusehen im Bundesarchiv, Koblenz; Bild: Dieter Schönfeld, Mainz 7

Die „Deutsche Tribüne“ (1831-1832) 2007 wissenschaftlich-kritisch neu herausgegeben in 3 Teilbänden. K.G Saur Verlag: 1560 Seiten, Euro 126,-; ISBN 978-3-598-11543-1 Ein Artikel trägt die Überschrift „Die bairische Regierung vor dem Richterstuhle der öffentlichen Meinung“. Das ist wiederum die Formel vom „Tribunal“. Wirth fehlte noch die Vorstellungskraft, dass unter dem Schutz der Meinungsfreiheit nicht nur Aufklärendes, sondern auch Propaganda, Demagogie, Volksverhetzung und – in der Erfahrung des 20. Jahrhunderts – auch Rassismus im Medium der Presse ein Forum fanden. Nie hätte er sich die Hetztiraden eines „Stürmers“ vorstellen können. Spätestens

in der Revolution 1848/49 löste sich die gedachte eine Öffentlichkeit auf in konkurrierende, miteinander streitende Teilöffentlichkeiten. Und es gibt heutzutage neue Gefährdungen der Pressefreiheit, indem man sich von Fundamenten löst, um die Wirth noch gekämpft hatte: eine selbständige materielle Basis der Redaktion, eine Sicherheit des Arbeitsplatzes, Ruhe zum Recherchieren, nicht aber Outsourcing von medialen Dienstleistungen, Quotendruck der Auflage, Reduktion auf ökono-

Das Hambacher Schloss 2007 „Botschaft ohne Worte“

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misierte Scheinrationalität, als ob „Fakten, Fakten, Fakten“ die Leistungen darstellten, für die es einer freien Presse noch bedarf. Selbst das Presseorgan, das diesen Wahlspruch als Werbelabel führt, bietet mehr als Fakten, nämlich Deutungsangebote, ohne welche eine kritische Presse nicht auskommt. Sie bleibt eben doch „Tribunal“. Die historische Deutsche Tribüne gibt aber noch mehr als die Prinzipien der Meinungsfreiheit und die Auseinandersetzung mit sich selbst an die Hand. Ihre reale Berichterstattung eröffnet über den Deutschen Bund hinaus einen Horizont von wahrhaft europäischer Dimension, was in dem damaligen klein gegliederten Deutschland der achtunddreißig Bundesstaaten und Residenzen nicht selbstverständlich war. Aus der heutigen Erfahrung, in der um europäischen Konsens und Verbund gerungen wird, liest man mit wachsender Spannung, wie sich die Deutsche Tribüne europäisch orientierte – auch dies unter hohem Risiko. Im Sachregister sind alle bedeutenden europäischen Staaten präsent, in vorderster Linie die am stärksten umkämpften: das revolutionäre Frankreich und Belgien, das parlamentarische Großbritannien, die italienischen Staaten, Polen, Portugal, aber auch die antikonstitutionellen Mächte wie Österreich, Preußen und das zaristische Russland. Spannend nimmt man außerdem wahr, dass alles in Wechselwirkung begriffen wurde: „Sollen die Völker endlich die Freiheit erlangen, soll der Verarmung und dem Elende Europa’s ein Ziel gesetzt werden, so muß Russland von Preußen und Oesterreich durch ein democratisch organisirtes Polen getrennt, das Uebergewicht des preußischen und österreichischen Königs durch die Organisation eines deutschen Reiches mit democratischer Verfassung aufgehoben und eine europäische Staatengesellschaft durch ein treues Bündniß des französischen, deutschen und polnischen Volkes vorbereitet werden. Die Wiederherstellung Polens kann nur durch Deutschland geschehen. Unsere Nation ist hiezu moralisch und rechtlich verbunden, um die schwere Sünde der Vernichtung Polens zu sühnen: unser Volk muß die Wiederherstellung Polens aber auch wegen der eigenen Interessen zu seiner wichtigsten und dringendsten Aufgabe machen.“ Mit anderen Worten: Die nationale Politik, welche den Polen nützte, diente zugleich den Deutschen. Es waren Stellvertreterkämpfe, die hier ausgefochten wurden. Die Historiker sprechen in diesem Zusammenhang von der Utopie des „Völkerfrühlings“, und sie bescheinigen damit dem Völkerfrühling zugleich die Wirklichkeitsfremdheit. Die heutige

Gegenwart lehrt ein Anderes: dass es diesen europäischen Staatenbund in einer europäischen Staatengesellschaft tatsächlich geben kann – Wirth spricht von „Staatengesellschaft“! Möglich wurde das heute freilich erst um den Preis von mehr als hundert Jahren blutiger Kriege, die jeweils im Namen der heiligsten Güter der Nation geführt wurden. Letztlich erweist sich die „Deutsche Tribüne“ wie ein verfremdendes Prisma, das scheinbar Vertrautes abbildet und doch in der Differenz die Besonderheit der gegenwärtigen Meinungsfreiheit und deren Gefährdungen erst erkennen lässt. Die Wahrnehmungen des heutigen Redakteurs Heribert Prantl können das eindrucksvoll belegen. Dass er die Publikation als „wunderbar neuediert“ bewertet, freut die Herausgeber nicht weniger als den Verleger, vor allem, weil er ja Recht hat. Aus der Erfahrung mit kostspieligen wissenschaftlichen Publikationen ist es zugleich erlaubt festzustellen: Die drei Teilbände der ganzen „Deutschen Tribüne“ mit vollkommen neu erstelltem Darstellungs- und Kommentarband sind unglaublich preiswert. Das können sich sogar ein Privatmann oder eine Privatfrau

leisten, nicht nur Bibliotheken. Und möglich ist das nur durch die großzügige Unterstützung zahlreicher öffentlicher Förderer. Hier ist zu danken dem tatkräftigen Streiter und Nachfahren Christof Müller-Wirth, dem ebenso tatkräftigen Verleger Klaus G. Saur, für die Förderung des Druckes. Jeder einzelne Förderer hat mit seinem Beitrag zugleich kundgetan, dass die Deutsche Tribüne öffentliche Aufmerksamkeit verdient, weil sie von öffentlichem Interesse ist. Es sind die Deutschen Forschungsgemeinschaft, das Land Rheinland-Pfalz, die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Kulturstiftung der Länder, die Siebenpfeiffer-Stiftung, der Bezirksverband Pfalz und die Sparkasse Südwestpfalz in Pirmasens. Dank gebührt in besonderer Weise den Mitarbeiterinnen des Forschungsprojekts Dr. Elisabeth Hüls und Dr. Hedwig Herold-Schmidt, ohne die es diese Neuedition nicht gäbe, sowie engagierten Hilfskräften und dem Rat guter Kollegen. Es ist der Edition der Erfolg und das Echo zu wünschen, den sie verdienen, und das wird nicht wenig sein.

„Freiheit, Einheit und Europa“ herausgegeben von Joachim Kermann, Gerhard Nestler und Dieter Schiffmann, 2006, Verlag pro Message, Ludwigshafen, Euro 34.-

Publikation zum Hambacher Fest

Die beiden Herausgeber der „Deutschen Tribüne“ Prof. Wolfram Siemann (rechts) und Dr. Christof Müller-Wirth (links). Die Mitherausgeberinnen Dr. Elisabeth Hüls und Dr. Hedwig HeroldSchmidt waren bei der Präsentation nicht anwesend. Bild: Dieter Schönfeld, Mainz

Noch bevor ein überzeugendes Programm für den Jahrestag des Hambacher Festes vorliegt, ist sehr rechtzeitig eine umfangreiche Buchpublikation zu diesem Anlass erschienen. Ihr gut gewählter Titel lautet "Freiheit, Einheit und Europa". Sowohl die Herausgeber Joachim Kermann, Gerhard Nestler und Dieter Schiffmann wie die Autoren sind ausgewiesene Kenner der Materie. Insgesamt schliesst die Publikation an ebensolche Publikationen vorangegangener Jahrestage an, was naturgemäss zu gewissen Wiederholungen führt. Für diejenigen Leser, die sich erstmals mit der Geschichte und den Personen des Hambacher Festes befassen ist es eine aktualisierte Übersicht des Geschehens mit besonderer Berücksichtigung der europäischen Dimension. Besonders aufschlussreich - auch hinsichtlich der bisher unbefriedigenden Vorbereitungen des diesjährigen Jahrestages ist die ausführliche Würdigung von Dieter Schiffmann, dem Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, mit dem Titel "Das Hambacher Fest" -Ein deutscher Erinnerungsort-. (CMW)

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Erfahrung von Freiheit und Unfreiheit in der deutschen Geschichte Rastatt und Offenburg als Erinnerungsorte der Revolution von 1848-49, von Markus Bultmann, Offenburg

„Es bleibt zu prüfen [...] wie die Erinnerungsstätte fortentwickelt, verlebendigt und damit einer noch breiteren Öffentlichkeit nahegebracht werden kann. Das stellt eine Reihe von Fragen, für die Sie zuständig sind. Ich könnte mir denken und möchte mir wünschen, dass dabei der Begriff der Freiheit im Mittelpunkt steht [...]“. (Gustav W. Heinemann) Mit diesen Zeilen, seinen letzten öffentlichen Aussagen zu Rastatt, bringt Gustav W. Heinemann nicht etwa ein privates Anliegen und eine private Idee zu Papier, sondern einen bleibenden Auftrag und zugleich einen inhaltlichen Fixpunkt für die sich jeweils verändernden Wahrnehmungen und Antworten derer, die in der Erinnerungsstätte für konkrete Bildungsarbeit verantwortlich sind. Ein ungebrochen aktueller Impuls. Die im Sommer 2007 in der Schriftenreihe des Bundesarchivs erscheinende Publikation Erfahrung von Freiheit und Unfreiheit in der deutschen Geschichte von Markus Bultmann greift diesen verpflichtenden Impuls auf. Sie erschließt die in der Revolutionszeit 1848/49 historisch erfüllten oder verfehlten Möglichkeiten von Freiheit als eine universale Herausforderung an den Menschen, als eine historische Grunderfahrung. Dazu wird der Begriff der Erfahrungsgeschichte in einem umfassenden Sinn verstanden: Erfahrung ist gegenwärtige Vergangenheit. Als gegenwärtige Vergangenheit verbindet Erfahrung erfüllte oder verfehlte Möglichkeiten und bindet sie in das Verhalten ein. Als gesammelte und geteilte Erfahrung, als kollektive Erinnerung, kann sie sich in einem Erinnerungsort symbolisch verdichten. In Rastatt und Offenburg ist dies der Fall. Die Darstellung entwickelt zehn historische Fundamentalerfahrungen, die für ihre Zeit repräsentativ und demokratiegeschichtlich relevant sind. Es sind die Erfahrungen, die die Menschen mit dem

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werdenden Rechtsstaat machen, mit außerparlamentarischer Partizipation und Parlamentarismus, mit staatsbürgerlicher Emanzipation, mit Repression, Gewalt und Exil. Es sind aber auch Gewinn- und Verlusterfahrungen gesellschaftlicher Modernisierung, es sind soziale Bedürftigkeits- und Verantwortlichkeitserfahrungen ebenso wie Nationalstaats- und europäische Solidaritätserfahrungen. Der erfahrungsgeschichtliche Zugang bestätigt: Freiheit ist „tätige Freiheit“ (Ralf Dahrendorf) – 1848/49 im Wettlauf mit der noch tätigeren Unfreiheit. Erst im Handeln von Menschen zeigt sich, was als Freiheit und Unfreiheit erfahren und wahrgenommen wird. Ausgangspunkt der Darstellung ist ein Schlüsseldokument deutscher Demokra-

tiegeschichte: die 13 „Forderungen des Volkes“. Sie werden am 12. September 1847 in Offenburg verkündet. Es handelt sich dabei um das bis heute früheste nachgewiesene Grundrechtsprogramm in der deutschen Geschichte. Als solches ist das Dokument, das sich in fast jedem Lehrbuch findet, bisher nicht hinreichend gewürdigt worden. Brennpunktartig vereinigen die 13 Grundrechtsforderungen beides: Erfahrung und Erwartung – die beiden Schlüsselkategorien von Geschichte schlechthin. Wie viel Erfahrung in die jeweiligen Formulierungen einfließt und welche Erwartungen sich in ihnen artikuliert, wird an ausgewählten Forderungen untersucht, die vor ihrem historischen Hintergrund betrachtet werden. Drei wesentliche Aspekte deutscher Demokratiegeschichte schälen sich dabei heraus: (1) Die Auseinandersetzung mit dem Polizeistaat um elementare Justizgrundrechte. Hier geht es um das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. (2) Die Auseinandersetzung mit dem Obrigkeitsstaat um politische Teilhaberechte. Hier geht es um das Prinzip der Partizipation. (3) Die Auseinandersetzung mit den Folgen freier Marktwirtschaft im Ringen um soziale Anrechte. Hier geht es um das Prinzip der Sozialstaatlichkeit. Diese Aspekte dienen der Publikation als Gliederung. Regeln demokratischer Partizipation und Regeln der Rechtsstaatlichkeit sind die notwendigen Bedingungen, um Freiheit zu erfahren. Deshalb werden zunächst Handlungsmuster institutionalisierter und nicht-institutionalisierter Partizipation in den Blick genommen. Gerade die unkonventionelle Durchdringung des öffentlichen Raumes im Verlauf der Revolution verweist auf das, was

heute „Bürgergesellschaft“ genannt und neben Demokratie und Marktwirtschaft gestellt wird. Alle drei Säulen der Freiheit sind zur Revolutionszeit ‘in Bau’. Der Versuch, sie stabil zu errichten, schafft einen qualitativ neuartigen Erfahrungsraum – auch für andere, spätere Generationen. Die Absicht, die Spielregeln von Demokratie und Bürgergesellschaft zu etablieren, löst einen fundamentalen Politisierungsschub aus. Keine Revolution ohne Partizipation. In einem weiteren Kapitel wird gefragt, wie sich die Erfahrung von Freiheit im Recht und im Kampf um Rechtsstaatlichkeit niederschlägt. Keine Freiheit ohne Recht. Die Funktion von Grundrechten und der Wandel des Grundrechtsverständnisses stehen daher im Vordergrund und werden längsschnittartig von 1815 bis heute dargestellt. Am Beispiel von Justizskandalen im Vormärz wird die konkrete Auseinandersetzung mit dem Obrigkeitsstaat im Kampf um persönliche Freiheit und Rechtsstaatlichkeit anschaulich gemacht. Soll rechtlich abstrakte Freiheit lebenswirklich erfahrbar sein, bedarf es einer „Grundausstattung an Lebenschancen“. Das lenkt den Blick auf das, was damals „soziale Demokratie“ genannt wird. Dieser Aspekt wird doppelt aufgegriffen: im Kontext der Grundrechte wird die besondere Stellung von sozialen Grundrechten thematisiert, in einem Kapitel zur Auseinandersetzung mit dem Industriekapitalismus geht es um das Für und Wider staatlicher Sozialverpflichtung zur Relativierung der Ungleichheit des Eigentums. Die Forderung nach einer „gerechten Steuer“ – wie es in der Sprache der Zeitgenossen heißt – wird ausführlich behandelt, ebenso die Frage nach einem Recht auf Arbeit. Die Parlamentsdebatten in Baden und in Frankfurt sind ein beredtes Zeugnis. Die Erfahrung von Freiheit und Unfreiheit bildet eine unauflösliche Einheit. Persönliche Freiheit und ihre polizeistaatliche Verachtung, politische Freiheit und ihre obrigkeitsstaatliche Verfolgung, marktwirtschaftliche Freiheit und soziale Unfreiheit bedingen sich gegenseitig und wirken aufeinander zurück. Politisch gesehen bildet der Einsatz staatlicher Gewalt zur Unterdrückung von Freiheit einen zentralen Erfahrungsraum: politische Strafjustiz, die Institutionalisierung eines geheimpolizeilichen Netzwerkes, die Zensur von Meinungsäußerungen und der Einsatz von Streitkräften nach innen sind hier vier Eckpunkte der Darstellung. Geschichte lebt von Vermittlung. Die „demokratische Orientierung durch Geschichte“, die Peter Steinbach in seinem Vortrag anlässlich der Verabschiedung von Wolfgang Michalka anmahnt, ist in einer Zeit, in der Demokratie überwiegend als selbstverständliches Konsumgut wahrgenommen wird, ganz elementar ein

Problem der Vermittlung. Warum sollen Bürger noch wollen, was sie doch schon zu besitzen scheinen? Wie vermittelt sich einer Generation, die ihre Erfahrungen überwiegend vor Bildschirmen zu sammeln scheint, dass – in den Worten von Ralf Dahrendorf - „Freiheit nie ein weiches Kissen [ist], auf dem man sich ausruhen oder passiven Genüssen hingeben kann“, dass sie „tätige Freiheit“ ist? Der Verfasser, Lehrer am Grimmelshausen Gymnasium Offenburg und Museumspädagoge in Rastatt, hat zwischen 2003 und 2005 für die Bildungsarbeit in der Erinnerungsstätte unter dem Motto „Geschichte lebendig gestalten“ ein Konzept entwickelt, das in der nun vorgelegten Publikation bildungsdidaktisch unterfüttert, systematisch dargestellt und aus der Praxis für die Praxis dokumentiert wird. Die Vermittlungsformen sind gleich-

Veranschaulichung der bearbeiteten Fragestellungen herangezogen werden. Diese Dokumente wurden sämtlich didaktisiert. Ihre Präsentation wird auf die leitenden Fragestellungen hin zugespitzt und entsprechend eingeleitet. Von den über 150 hier zusammengetragenen Dokumenten werden die meisten erstmals einer nicht wissenschaftlich forschenden Öffentlichkeit in Form einer zusammenhängenden Quellenedition zugänglich gemacht. Sie werden ebenso wie alle Materialien, die in der Erinnerungsstätte für die Vermittlungsarbeit mit Lerngruppen eingesetzt werden, auf einem digitalen Begleitmedium zur Verfügung gestellt. Die ausgewählten Dokumente lösen das akute Vermittlungsproblem nicht. Sie zeigen aber eindrücklich, wodurch uns Geschichte immer wieder neu herausfordert: Wir begegnen in ihr Menschen, deren

falls von dem Gedanken „tätiger Freiheit“ getragen: Schüler führen Schüler. In ihrem selbständigen Entdecken werden sie im Museum so geführt, dass sie fähig werden, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, zu lernen, andere zu führen. Das ist der klassische Sinn von Pädagogik. Neben einer an wissenschaftlicher Forschung orientierten Analyse des Themas, in deren Mittelpunkt der Begriff der Freiheit steht, stellt diese Publikation zahlreiche Vermittlungshilfen zur Umsetzung dieser Ergebnisse in konkrete Bildungsarbeit in Schule, Universität, Museum sowie in Einrichtungen der Erwachsenenbildung zur Verfügung. Diese Vermittlungshilfen systematisieren und visualisieren komplexe Zusammenhänge. Einstiegskenntnisse und weiterführende Einsichten werden gegliedert zusammengefasst. Lokalgeschichte und Regionalgeschichte werden in ihre größeren Bezüge eingebettet. Eine umfangreiche Dokumentation von Primärquellen kann zur Vertiefung und weiteren

Vorstellungen uns vielleicht etwas zu sagen haben. Die hier gesammelten Vorstellungen überliefern Erfahrungen und Erwartungen. Manche dieser Erfahrungen kommen uns bekannt vor, andere wiederum bleiben uns fremd. Manche Erwartungen faszinieren uns durch ihre Weitsicht, an anderen reizt uns ihre Widersprüchlichkeit und Ambivalenz. Gemeinsam ist ihnen: Sie lassen sich lesen als „Bezugspunkte demokratischer Orientierung durch Geschichte“. Das ist immerhin ein Anfang. Umfang voraussichtlich 290 Seiten, 24 Vermittlungshilfen, Tabellen und Grafiken, 58 Bilder, 2 Karten. Umfang der Quellen-Dokumentation 158 Seiten, Das digitale Begleitmedium enthält die komplette Dokumentation der gedruckten Quellen (158 Seiten), einige ausgewählte digitalisierte Handschriften (ungedruckte Quellen), alle Arbeitsmaterialien für Lerngruppen in der "Erinnerungsstätte" (weitere ca. 120 S.), Preis ca. Euro 20,-

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Jahreshauptversammlung des „Fördervereins Erinnerungsstätte“ Neue Perspektiven für Demokratie-Dokumentation am 12. Mai 2007 Bei der Jahreshauptversammlung des Fördervereins für die „Erinnerungsstätte“ im Schloss Rastatt, einer Außenstelle des Bundesarchivs, gab es Neues zu vermelden. Nach 13 Jahren erfolgreicher Arbeit verlässt der Gründervater, Dr. Christof Müller-Wirth, den Vorstand, ohne Abstand von „seinem Kind“ zu nehmen. Es geht auch darum, dass der Rastatter Verein mit überregionaler Wirkung und nun fast 300 Mitgliedern eine Zusammensetzung für Morgen erfährt. Nach dem Ausscheiden von Dr. Müller-Wirth und Beisitzer Gerold Jehle, sind es neben Dr. Dietmar Greiser, Kassenwart Axel Wafzig und dem Pädagogen Markus Bultmann engagierte Personen für die Zukunft. Dazu kommt, dass Herbert Fraß nun zweiter Vorsitzender wird. Der alte und neue ehrenamtliche Geschäftsführer des „Fördervereins“, Dr. Hans-Joachim Fliedner, erwähnte in seinem Geschäftsbericht, man habe im neuen Leiter der „Erinnerungsstätte“, Dr. Henning Pahl, einen engagierten Mann mit hoher Bereitschaft zur Kooperation und einem enormen Einsatzwillen als Kooperationspartner gefunden. Bei über 22.000 Besuchern im letzten Jahr, so Dr. Fliedner, seien die 209 Führungen durch Ehrenamtliche zu erwähnen. Zukünftig werden vermehrt gezielte Schulungen durchgeführt. Dazu sei mehr als positiv, die von Markus Bultmann erarbeitete Publikation, welche

FREIHEITSKOLUMNE Der franz. Schriftsteller, Philosoph und Historiker François Marie Arouet (1694-1778), genannt Voltaire, gehört zu den wichtigsten Vertretern der franz. Aufklärung. Nach ihm wird das 18. Jhr. in Frankreich auch „le siècle de Voltaire“ genannt. Seine Kritik am fürstlichen Absolutismus und an der Macht der kathol. Kirche hat wesentlich zur Vorbereitung der Französischen Revolution beigetragen. Seine Werke zeichnen sich durch präzisen und doch allgemein verständlichen Stil, Sarkasmus und Ironie aus – so auch unser Zitat, ein Ausspruch Voltaires an einen seiner politischen Gegner: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“

Der amtierende Gesamvorstand demnächst gedruckt vorliegen wird. Während 2006 neue Führungskonzepte, mit Gerlinde Hämmerle, „Demokratie zum Mitsingen“, enorm ankamen, konnte Henning Pahl neue Perspektiven für die „Erinnerungsstätte“ vorstellen. So wird die Präsentation im Schloss Rastatt zukünftig samstags geschlossen, dafür am Montag geöffnet sein. Damit trägt man dem Sachverhalt Rechnung, dass gerade Schulklassen eine wichtige Besuchergruppe der Außenstelle des Bundesarchivs sind. Nach Dr. Henning Pahl wird bei einem Schwerpunkt der „Erinnerungsstätte“ beim Umfeld der Ereignisse von Revolution 1848/49 und „friedlichen“ in der DDR von 1989 bei der Weiterentwicklung der Dauerausstellung

WICHTIGE TERMINE 12. Juni, 11 Uhr: Feierliche Eröffnung der Robert BlumAusstellung im Bundestag (Paul-LöbeHaus) unter Teilnahme von BundestagsVizepräsident Thierse, Prof. Dr. Hartmut Weber und Prof. Dr. Wolfram Siemann 16. Juli, 18 Uhr: Reinhold-Frank-Gedächtnisvorlesung im Ahnensaal des Rastatter Schlosses. Redner: Bayer. Staatsminister für Unterricht und Kultus a.D. Prof. Dr. Hans Maier 7. September (Uhrzeit steht noch nicht fest): Feierliche Eröffnung des Projekts "Straße der Demokratie" auf dem Hambacher Schloss unter Teilnahme von Ministerpräsident Kurt Beck 15. September: 2. Rastatter Kulturnacht unter Beteiligung der Bundesarchiv-Erinnerungsstätte

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liegen. Aus dem Filmsaal soll zukünftig ein Schülerarbeitsraum mit Arbeitsplätzen ausgebaut werden und Dr. Henning Pahl kann demnächst die Kurzführer, „Mein erster Besuch“ und „Die 20 wichtigsten Exponate“ der „Erinnerungsstätte“ mit Beschreibung vorstellen. Während Dr. Christof Müller Wirth sich weiterhin um das Publikationsorgan, „Der Freiheitsbote“, kümmert, erinnerte er nochmals bei seinem „Abschied“ an den Wahlspruch des „Fördervereins Erinnerungsstätte“: „Ewige Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit.“ Dazu soll das neue Vorstandsteam im Sinne des Erinnerungsstättengründers, Gustav Heinemann, weiter mit seiner Unterstützung progressiv tätig sein. R. Wollenschneider

IMPRESSUM Der "Rastatter Freiheitsbote" ist das Mitteilungsblatt des Fördervereins Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte und erscheint zweimal jährlich. V.i.d.P. Inhalt und Layout: Dr. Chr. Müller-Wirth und Fritzkarl Streckel Herstellung: Schmidt & Streckel KG, Baden-Baden-Oos / Rastatt Texte namentlich gezeichnet, sonst von der Redaktion; Bilder: Wollenschneider, Clauser, Bundesarchiv, Schönfeld Telefon Erinnerungsstätte (07222) 77139-0, Fax (07222) 77139-7 Homepage: www.erinnerungsstaetterastatt.de Vorsitzende Gerlinde Hämmerle, Regierunspräsidentin a.D. Konten des Fördervereins: Volksbank Baden-Baden Rastatt EG (BLZ 66290000) 305 268 05, Sparkasse Rastatt-Gernsbach (BLZ 665 500 70) 111849