Prüfschema VO Sonntage - IHK Südlicher Oberrhein - IHK.de

Hauptveranstaltung dezentraler aufzusetzen, indem z.B. einzelne Aktionen, Events, Bühnen,. Ausstellungen ... Beratung Handel und Tourismus. IHK Südlicher ...
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Sind Sonntagsöffnungen in Baden-Württemberg künftig noch möglich? Verkaufsoffene Sonntage erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie ermöglichen den Kunden, in entspannter Atmosphäre mit Freunden, Partnern oder der ganzen Familie in Ruhe einzukaufen oder einfach nur in Innenstädten zu flanieren. Für den stationären Einzelhandel sind sie eine gute Gelegenheit, den Kunden aus der eigenen Stadt und dem Umland seine Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Entsprechend groß sind Aufwand und Vorbereitung für die Durchführung verkaufsoffener Sonntage, die immer Begleiterscheinungen einer größeren Veranstaltung bzw. eines größeren Anlasses sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den verkaufsoffenen Sonntagen vom 11.11.2015 macht deutlich, dass künftig höhere Anforderungen an die Genehmigungsfähigkeit solcher Tage gestellt werden. Viele der bisher durchgeführten Veranstaltungen werden sich künftig nicht mehr oder nicht mehr im bisher gewohnten Umfang realisieren lassen. Die aktuelle Rechtslage sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für künftige Sonntagsöffnungen werden nachfolgend erläutert. Darüber hinaus haben die badenwürttembergischen IHKs ein Prüfschema entwickelt, mit dem die zukünftig meist notwendige Prognose erstellt werden kann.

Die aktuellen Bestimmungen des Ladenöffnungsgesetzes in Baden-Württemberg Um den im Grundgesetz festgelegten besonderen Schutz der Sonn- und Feiertage gerecht zu werden, wurde die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage im Ladenöffnungsgesetz (LadÖG) des Landes BadenWürttemberg auf höchstens drei pro Jahr festgelegt. Damit ein verkaufsoffener Sonntag von der Gemeinde via Satzung oder Allgemeinverfügung meist auf Antrag einer Gewerbevereinigung festgelegt werden kann, muss jeweils ein prägender Hauptanlass vorliegen. Welche Anlässe lt. LadÖG zugrunde liegen müssen, wird im § 8 erläutert. Danach dürfen Verkaufsstellen in BadenWürttemberg „aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens drei Sonn- und Feiertagen geöffnet sein“. Laut der Begründung im Gesetzentwurf des LadÖG vom 06.12.2006 (Drucksache 14/674) hat die damalige Landesregierung zwar die Anzahl verkaufsoffener Sonntage auf bis zu drei pro Jahr begrenzt, sie hat aber bewusst einen größeren Spielraum bei der Festlegung des zulässigen Anlasses genutzt. Zudem kann auch bisher der räumliche Geltungsbereich eingegrenzt werden. Die o. g. Bestimmungen des Ladenöffnungsgesetzes haben sich in Baden-Württemberg weitestgehend bewährt. Zwar wurden an vereinzelten Standorten einzelne verkaufsoffene Sonntage in Frage gestellt, aber bei Berücksichtigung der Gesamtzahl aller verkaufsoffenen Sonntage im Lande stellen die IHKs fest, dass insgesamt ein vernünftiger Interessenausgleich zwischen Kirchen, Arbeitnehmern, Kunden und Einzelhandelsunternehmen hergestellt wurde.

Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 Die o. g. Regelungen des § 8 LadÖG werden durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts deutlich verschärft. In dem Urteil wird u. a. festgestellt, dass es sich bei den Veranstaltungen, die Anlass für die festgesetzten und festzusetzenden verkaufsoffenen Sonntage sind, um Veranstaltungen handeln muss, die für den jeweiligen Sonntag prägend sein müssen. Die Öffnung der Verkaufsstellen darf lediglich einen Annex zur anlassgebenden Veranstaltung darstellen! Eine prägende Wirkung setzt voraus, 1. dass die Anlassveranstaltung (ohne die Sonntagsöffnung) mehr Besucher anziehen würde als der verkaufsoffene Sonntag. Dieser Einschätzung muss auch bei erstmals stattfindenden Veranstaltungen eine Prognose zugrunde gelegt werden, die plausibel sein muss. Bei erstmals stattfindenden Anlässen wird diese Prognose naturgemäß pauschaler ausfallen. und 2. dass ein enger räumlicher Bezug zwischen Veranstaltung und den geöffneten Geschäften besteht, weil nur dann ihr Bezug zur Anlassveranstaltung erkennbar ist, so die Ausführungen des Gerichts. Bei auf bestimmten Handelszweigen beschränkten Märkten kann der erforderliche Bezug auch thematisch dadurch hergestellt werden, dass die Ladenöffnung nur für dieselben Handelszweige zugelassen wird. Die Ladenöffnung mit thematischem Bezug hat aber dann zur Folge, dass aus Sicht der Kunden eine Uneinheitlichkeit der Öffnung der Betriebe vorliegen wird. Je größer auch die Ausstrahlungswirkung des besonderen Anlasses wegen seines Umfanges oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter kann der räumliche Bereich reichen, in dem die Verkaufsstellen noch in Verbindung zum Veranstaltungsgeschehen gebracht werden können. Denkbar wäre aber auch, thematisch die Hauptveranstaltung dezentraler aufzusetzen, indem z.B. einzelne Aktionen, Events, Bühnen, Ausstellungen etc. auch an dezentralen Punkten geplant und durchgeführt werden. Antragsweg kann entscheidend sein! Die Festsetzung von verkaufsoffenen Sonntagen kann via Allgemeinverfügung oder Satzung erfolgen. Je nach dem ist der mögliche Klage- oder Rechtsweg ein anderer. Die Allgemeinverfügung muss immer einzelfallbezogen durch die Behörde erlassen werden. Sie hat auch eine Rechtsbehelfsbelehrung zu beinhalten. Widerspruch kann dann binnen eines Monats nach Veröffentlichung erfolgen. Ansonsten gilt die Allgemeinverfügung zunächst. Satzungen müssen dagegen auf dem Weg eines Normenkontrollantrags beim Verwaltungsgerichtshof angegriffen werden. In beiden Fällen ist aber auch der Eilrechtsweg möglich. Auf den nachfolgenden Seiten finden Sie ein Prüfungsschema, das sich an der aktuellen Rechtsprechung orientiert. So können Sie sich schon bei der Planung einen Überblick verschaffen, ob die von Ihnen beabsichtigte Sonntagsöffnung Chancen hat, die hohen von der Rechtsprechung aufgestellten Hürden zu überwinden. Trotz umfangreicher Recherche können wir eine Haftung für die Richtigkeit oder Vollständigkeit selbstverständlich nicht übernehmen. Ansprechpartner: Thomas Kaiser Existenzgründung und Unternehmensförderung Beratung Handel und Tourismus

IHK Südlicher Oberrhein Lotzbeckstraße 31 77933 Lahr Tel: +49 7821 2703 640 Fax: +49 7821 2703 4640 [email protected] www.suedlicher-oberrhein.ihk.de

Prüfungsschema: Ist ein verkaufsoffener Sonntag genehmigungsfähig? Die baden-württembergischen IHKs empfehlen, bereits erlassene oder anstehende Entscheidungen (Allgemeinverfügung oder Satzung) nach §8 LadÖG auf die Vereinbarkeit mit den vom Bundesverwaltungsgerichts geforderten Kriterien zu überprüfen, um Klagen vorzubeugen bzw. diese ggf. erfolgreich abwenden zu können. Nehmen Sie frühzeitig - am besten schon mindestens 6 Monate vor der geplanten Veranstaltung Kontakt zu Ihrer örtlichen Behörde auf, um gemeinsam nach Wegen einer rechtskonformen Genehmigung des verkaufsoffenen Sonntags zu suchen.

1. Bezeichnung des Hauptanlasses: O Markt O Messe O Örtliches Fest O Ähnliche Veranstaltung

2. Veranstalter: O Gemeinde O Gewerbliche Interessengemeinschaft O Beide O Sonst. ____________________________

3. Seit wann findet diese Veranstaltung statt? O historische Veranstaltung O Neue Veranstaltung – erstmals

4. Handelt es sich bei dem besonderen Anlass um eine Veranstaltung bzw. einen Markt oder eine sonstige Veranstaltung, bei der die Öffnung der Verkaufsstellen aus Besuchersicht nicht den Hauptanlass für den Besuch darstellt bzw. darstellen wird? Öffnung der Betriebe ist lediglich Annex der Hauptveranstaltung.

O ja

5. Überprüfen Sie Ihr Kommunikationskonzept und Ihre Werbung

O ja

Steht der Hauptanlass im Mittelpunkt der Kommunikation? Vermeiden Sie schon den ersten Anschein der Rechtswidrigkeit!

--> weiter mit 5.

O nein --> keine Aussicht auf Erfolg!

--> weiter mit 6.

O nein --> Änderung der Bewerbung dringend erforderlich, sonst keine Aussicht auf Erfolg! Weiter mit 8.

6. Prognose der aufgrund des Hauptanlasses zu erwarteten Besucherzahlen? Welche Quellen könnten herangezogen werden: Liegen Zählungen des Veranstalters aus den Vorjahren vor? Liegen entsprechende Zeitungsartikel vor? Hat die örtliche Polizei entsprechende Feststellungen getroffen? Können die Verkehrsbetriebe bzw. Stadtwerke auf entsprechende Statistiken/ Auswertungen zurückgreifen – z. B. über die Auslastung von Bussen, Straßenbahnen, S- und U-Bahnen und/oder über die Auslastung der Parkhäuser an diesem Sonntag?

Prognose der Besucherzahl, die allein in den geöffneten Verkaufsstellen an diesem Verkaufssonntag erwartet werden?

Besucheranzahl insgesamt:

A

Besucherzahl in den Verkaufsstellen:

B

Liegen entsprechende Umfrageergebnisse aus den Vorjahren vor? Ist die Anzahl der Kassenbons bekannt, sind auch die zahlenden Besucher festgestellt oder basierend auf dem Tagesumsatz, der geteilt wird durch den durchschnittlichen Kaufbetrag je Kunde, kann die durchschnittliche Anzahl der zahlenden Kunden ermittelt werden. Welche Besucherzahlen werden in den öffnenden Verkaufsstellen an durchschnittlichen Werktagen gezählt? Auswertungen der Inhaber, Geschäftsführer bzw. Filialleiter zu den an Werktagen durchschnittlichen Besucherzahlen werden die notwendigen statistischen Angaben liefern.

Die nach § 8 LadÖG gestattete sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass eines Marktes setzt voraus, dass der Markt selbst und nicht erst die Ladenöffnung einen beträchtlichen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Öffnung der Verkaufsstellen übersteigt.

Besucherzahlen in den Verkaufsstellen im Durchschnitt an Werktagen:

C A – C = D Besucher des Hauptanlasses

D B – C = E Besucher der offenen Läden

E

Prüfung: D>E

-->

Hauptanlass ist Besuchermagnet -> weiter mit 7.

D

Verkaufsoffener Sonntag ist Hauptanlass. --> Keine Aussicht auf Erfolg!

7. Besteht zwischen Hauptanlass und den verkaufsoffenen Läden ein enger räumlicher Zusammenhang?

A

a) Flächengrößen

B Gesamtverkaufsfläche der Verkaufsstellen, die teilnehmen wollen bzw. im Vorjahr teilgenommen haben: A Gesamte Fläche der Anlassveranstaltung: B

Prüfung: A > B --> Kritisch, Reduzierung der VKFläche nötig durch Eingrenzung des Gebietes – weiter mit 8. B > A --> weiter mit b)

b) Verteilung der Betriebe O ja – Erfolgsaussichten gut! Besteht ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen Hauptanlass und dortigen Aktivitäten und der geöffneten Verkaufsfläche?

O nein – Änderungsbedarf abwägen 8.

Der räumliche Bezug kann durch entsprechende Kennzeichnungen und Erläuterungen in einer Karte verdeutlicht werden.

8. Änderungen im Konzept prüfen:

O Alternativen Hauptanlass prüfen O Werbung auf Hauptanlass umstellen O Gebiet der geöffneten Läden auf Zone des Hauptanlassen begrenzen O Ausdehnung des Hauptanlasses mit dezentralen Aktivitäten, die aber angemessen sein müssen O Prüfung, ob durch klaren thematischen Bezug der enge räumliche Zusammenhang aufgebrochen werden kann. Allerdings führt das dann auch dazu, dass nicht alle Betriebe öffnen können O Prüfung, ob statt des Sonntags alternativ auch Samstagabende/nächte genutzt werden können

Stand: März 2017