Ottjen Alldag

zum Schluss vorsichtig in seinen ledernen »Geldknoten«, verschnürte ihn und stopfte ihn schließlich in seine Hosentasche. O jen ließ dabei kein Auge von ihm ...
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Georg Droste

Auf Nieder- und Hochdeutsch Übersetzt von Rita Schloendorff

Erstmals seit 100 Jahren in Nieder- und Hochdeutsch auf gegenüberliegenden Seiten

Ottjen

Alldag Ottjen Alldag un sien Moorhex

Ottjen Alldag und seine Moorhexe

Roman

Kellner Verlag

Georg Droste

Ottjen Alldag un sien Moorhex Een plattdütsch Vertellsel ut ’n Kinner- un Leefsleben Ottjen Alldag und seine Moorhexe Eine Erzählung aus dem Kinder- und Liebesleben

In Nieder- und Hochdeutsch auf gegenüberliegenden Seiten. Übersetzt von Rita Schloendorff

Dieses Buch ist bei der Deutschen Nationalbibliothek registriert. Die bibliografischen Daten können online angesehen werden: http://dnb.d-nb.de

Diese Ausgabe wurde gefördert von der Beau�ragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Die Herausgabe dieses Werkes wurde wesentlich begleitet durch das Institut für niederdeutsche Sprache, Bremen. Dafür danken die Übersetzerin und der Verlag, weil dieses Werk dazu beitragen wird, die Kenntnis der pla�deutschen Sprache und die Zuneigung zu ihr zu fördern.

INS-Bremen – Institut für niederdeutsche Sprache Schnoor 41–43│28195 Bremen Tel. 0421 • 32 45 35│Fax 0421 • 3 37 98 58 [email protected]│www.ins-bremen.de

IMPRESSUM © 2014 KellnerVerlag, Bremen│Boston St.-Pauli-Deich 3│28199 Bremen│Tel. 0421 • 77 8 66│Fax 0421 • 70 40 58 [email protected]│www.kellnerverlag.de LEKTORAT: Dr. Reinhard Goltz (Institut für niederdeutsche Sprache) UMSCHLAG: Designbüro Möhlenkamp, Bremen SATZ: Insa Stroyer │ Andreas Bartels ISBN 978-3-95651-036-6

Vorwort O�jen Alldag ist fasziniert vom Teufelsmoor. Das gilt für die wilde und prächtige Natur ebenso wie für die Menschen, die hier ihrer harten Arbeit nachgehen. Der Bremer Stadtjunge ist zwölf Jahre alt, als er in den Sommerferien die Torflieferanten seiner Eltern besuchen darf. Seine Eindrücke sind anfangs zwiespältig, sie schwanken zwischen Bedrohung und Begeisterung. Doch O�jen packt mit an und lernt rasch, wie gefährlich Moorkuhlen sein können und dass ein Moorbauer viel essen muss. Freundlich empfangen wird der Junge auch im Haus des Lehrers; mit den beiden Töchtern des Hauses verbringt er unbeschwerte Stunden. – Gut zwölf Jahre später erinnert sich O�jen an diese Zeit. Er ist jetzt die rechte Hand des Seniorchefs eines Tabakgroßhandels. Als seine Mu�er stirbt, durchlebt er eine schwere persönliche Krise. O�jen Alldag, der gewandte Kaufmann, nimmt eine Auszeit und sucht sein Jugendparadies auf. Hier findet er in der Weite und Stille der Landscha� seine Ruhe, aber es wird auch eine andere Regung in ihm geweckt: die Sehnsucht nach Nähe, Zuneigung und Vertrauen zu einem weiblichen Wesen. Doch Hindernisse stellen sich in den Weg, und es sind noch einige Abenteuer zu überstehen, bis er seine »Moorhexe« gefunden hat. Wer Georg Drostes farbenfrohe Naturschilderungen liest, wird kaum glauben, dass der Autor blind war, als er sich die Erlebnisse des O�jen Alldag ausdachte. Präzise zeichnet er die Eigenheiten der Menschen nach. Droste ist vertraut mit Land und Leuten, er hegt eine große Sympathie gerade zu denjenigen, die ihre kleinen Fehler nicht verbergen können. Drostes Leistung besteht darin, dass er einen Roman über Gefühle und über den Umgang mit ihnen geschrieben hat, ohne sich allzu sehr der Idylle zu nähern. Davor bewahrt ihn sein Realismus. Rita Schloendorff hat sich mit der Übersetzung der O�jen-AlldagTrilogie einer schwierigen Herausforderung gestellt. Zum einen war sie stets bestrebt, die regionaltypischen und sprachlichen Besonderheiten für die Leser zu erhalten. Auf der anderen Seite sollte eine hochdeutsche Erzählung entstehen, die den Lesegewohnheiten zu Beginn des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Die zweisprachige Parallelausgabe erlaubt hochdeutschen Lesern erstmals einen Zugang zu O�jen Alldags Erlebnissen. Vielleicht entdecken sie aber auch ihre Freude an der pla�deutschen Sprache. Reinhard Goltz, Institut für niederdeutsche Sprache

Niederdeutsch

I. Dat Föhr Torf unnern Pappelboom / So, ick bünn’r / Früderk Heidkamp streek O�jen öbert Haar / De Brugge twuschen Stadt un Land / Fudder Tied, fudder Rat / Wat Klaus-Hinnerk in de Säcke un Kiepens to söken harr De Harfstwind trock kold un ruhsig von’r Werser her öber den Diek. He streek as mit son Riesenharken öber dat gälgriese Gras, un de letzten Halme, de sick von’n Nahsommer her noch risch holen harrn, se wurden knickhalst un leeten de sooren Ahren un Koppe hangen. Denn fohrwarkde de lu�ige, unbännige Gesell unner Hulen un Fleiten rin in den mächtigen, dickstämmden Pappelboom, de dar up den Diekkopp, just vor den smalen schreegen Paddweg stund, de up de Husdör von dat lü�je Pannendackhus achtern Diek toföhrde. De ol Pappelboom wehrde sick un slog un ampelde mit Tölgen un Twiege, denn he woll sick de letzten paar gälen, harfstwelken Bläder nich nehmen laten. Aber dat nutzte nix! Se mossen runner, Bla� um Bla�, un se flogen in de wiede Welt, machtlos, hierhenn un darhenn. Gar to geern harr de Wind ok sien Wut an dat lü�je Hus dar unnen utlaten, un harr mit de rooen Dackpannen un de grönen Finsterladens just so Kloppball spält, as mit de gälen Pappelbläder; aber, wat he ok ruddelte un schuddelde: Dat nutzte em nich. An’n Alldagschen Huse harr sick all mancheen von sien Vorgängers de Tähne utbäten, all mehr as hunnert Jahr, un dat stund noch ummer fast un säker, un allens daran weer niet- un nagelfast. Doch dar! De baberste Häl�e von de Husdör flog apen un slog nah binnen. Harr de Wind doch sienen Willen krägen? Nä! For ditmal nich. Fro Alldags harr se von binnen apenklinkt un »Herr Blasius« moß darmit vorleef nehmen, ähr son paar dröge Pappelbläder in dat Gesicht to weihen. – Doch Fro Alldags schiende dat gar nicht to spören. Se keek scharp den Diek langs un schiende dar in’r Feern wat up Spoor to hebben. Un richtig! Dat keem näger un näger, un nu seeg se düdlich, da� dat een Torfwagen weer, un luter un düdlicher klung dat Klätern un Rumpumpeln von de Assen un Räder an ähr Ohr. – Go�loff un Dank! De Wintertorf! Un dat regende nich un he keem dröge unner Dack un Fack! De Kartuffeln, Stäkröben un gälen Wuddeln weern all in’n Keller, hüte keem de Torf up’n Boen, un denn konn se as echte Bremer Husmudder seggen: »So! Nu kann de Winter kamen!« So gung dat in’n Alldagschen Huse sied Minschengedenken Jahr um Jahr, von eenen Harfst ton annern. Dat moß jo ok ‘n gräsigen Tostand sien, wenn man to Harfst nix in’n Keller un up’n Boen harr. Un den Winter öber de Kinner mit’n Pingelkorf nahn Höker to schicken,

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Hochdeutsch

I. Ein Torfwagen unterm Pappelbaum / Da bin ich! / Friedrich Heidkamp streicht O�jen übers Haar / Brücke zwischen Stadt und Land / »Kommt Zeit, kommt Rat« / Was Klaus-Hinrich in den Säcken und Kiepen sucht Kühl und recht ungemütlich zog der Herbstwind von der Weser her über den Deich. Er strich wie eine Riesenharke über das graugelbe Gras, und die letzten Halme, die sich am Ende des Sommers noch aufrecht gehalten ha�en, wurden geknickt und ließen ihre vertrockneten Ähren und die Köpfe hängen. Gleich darauf fuhr der kra�volle Herrscher der Lü�e unter Heulen und Pfeifen in den mächtig breiten Pappelbaum, der direkt auf dem Deichkopf am Beginn eines schmalen, schrägen Fußweges stand, der auf die Tür eines kleinen Hauses zuführte. Verzweifelt wehrte sich der alte Geselle, schlug und strampelte mit Ästen und Zweigen; denn er wollte sich die letzten halbwelken, gelben Blä�er nicht nehmen lassen. Aber es nützte alles nichts! Die Blä�er mussten fallen, Bla� für Bla�, und sie flogen weit hinaus in die Welt, machtlos, kra�los, hierhin und dorthin. Gar zu gern hä�e der Wind seine Wut auch an dem kleinen Haus ausgelassen, hä�e mit den roten Dachpfannen und den grünen Fensterläden Prellball gespielt, wie er es mit den gelben Pappelblä�ern machte. Aber wie er auch rü�elte und schü�elte, es gelang ihm nicht. Viele seiner Vorgänger ha�en sich schon an dem Alldagschen Haus die Zähne ausgebissen. Aber länger als hundert Jahre stand es fest und sicher, und alles an ihm war niet- und nagelfest. Doch da! Die obere Häl�e der Haustür flog auf und schlug nach innen. Ha�e der Wind doch seinen Willen bekommen? Nein, dieses Mal nicht! Frau Alldag ha�e sie von innen geöffnet und »Herr Blasius« musste damit vorlieb nehmen, ihr nur einige trockene Pappelblä�er ins Gesicht zu wehen. Doch Frau Alldag schien das gar nicht zu spüren. Sie blickte angestrengt den Deich entlang und ha�e in der Ferne wohl etwas entdeckt. Und richtig! Allmählich näherte es sich, und nun sah sie deutlich, dass es ein Torfwagen war. Lauter und eindringlicher klang das Klappern und Rumpeln der Achsen und Räder an ihr Ohr. Go� Lob und Dank! Der Wintertorf! Vor allem regnete es nicht, und er kam trocken unter Dach und Fach! Kartoffeln, Steckrüben und Mohrrüben lagerten bereits im Keller. Heute kam der Torf auf den Boden, und dann konnte sie als echte Bremer Hausfrau sagen: »So! Nun kann der Winter kommen!« Im Alldagschen Haus war es seit Menschengedenken so Jahr für Jahr abgelaufen, von einem Herbst zum anderen. Ein furchtbarer Zustand musste es sein, wenn man, bevor die kalte Jahreszeit einsetzte, nichts im Keller und auf dem Boden gelagert ha�e. Das hieß dann auch:

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Niederdeutsch um den Kram grotenswiese to kopen! Nä! Dar weern Alldags nich von her! Dat weer bie jem keen Mode! Langsam keem de Torfwagen näger, denn bog he von’n Diekkopp raf un heelt nu unner den Pappelboom. – Fro Alldags harr nu ok de unnerste Husdör apenscho�’t, stellde ‘n Hauklotz dagegen, da� se nich wedder toweihen scholl un reep denn nahn Diek rup: »Morgen Früderk! Morgen! Dat is jo fein, da� Se dar sund! Och du leeber Tied, wat he� dat arme Peerd dat woll sur harrt! Dat Tier dat happacht ornklich! Aber nu kamen Se rin! Ick heff just Koffi upgaten.« – Früderk Heidkamp ut Barkenloh, von den sien Ollern Alldags all mannig Jahr den Torf kreegen, weer ‘n breedschullerden, sturigen Keerl von veer-, fiefuntwintig Jahr. Dat Gesicht weer brun von’n Sunnenbrand. De Puckel weer son bäten krumm von’r harten Arbeit in’r swarten Grund. Siene waterblauen Ogen lachten vergnögt up Fro Alldags dahl, as he dat Peerd utsträngde. »Dag!« sä he endlich, as he mit den Kram klar weer, steeg den Diekpadd runner un heelt Fro Alldags de breede, brune Hand henn. »So! Ick bün’r! Wo’s de ol Jung?« – »O�jen?« sä Fro Alldags, »O�jen de is nah’r Schole. Aber glieks nah olben kummt he ant Hus, na, de ward sick freien, dat Se kamen sund.« – »So?« meende Früderk, »nah’r Schol‘? Denn will ick amangs dat Peerd nah Begemann tüern, da�’t ol Tier sien Rech kriggt.« – Darmit dreihde he wedder nahn Diek nupp, fatde dat Peerd bien Kopp un »tüerde« darmit nahn Stall vor’n Steendor. »Wo’s de ol Jung?« Dat weer Früderk sien eerste Frage wesen. Nu weer de »ol Jung« dar. Früderk harr just den letzten Torf up’n Boen verstaut, as O�jen ut’r Schole kamen weer un treet denn in de Stuben, wo Fro Alldags em rinnödigt harr. »Hi� di dat Donner!« sä he, »is de ol Burß aber grot worrn!« Darmit streek he O�jen mit de harte Hand sachte öber dat Haar un lachte öbert ganze Gesicht. Denn se�de he sick up’n Stohl torecht, da� he mit den Puckel just vor de Stubendör to si�en keem, beet un gnauelde sick denn ‘n Zigarrn in Fassong, de Fro Alldags em spendeert harr, stickde se unner groten Puhäh un allerhand Mackamenten scheef in Brand un speede denn bie dat Smöken bald rechts, bald links in’n Bagen in de Stuben. – Fro Alldags däh natürlich, as wenn se nix seeg un tellde wieldeß dat Geld for den Torf up den Disch. Denn lä se Früderk dat in de pla�e Hand un sä: »So, Früderk! Na mienen Dunken stimmt dat. Aber tellen Se’t god nah!« »Hoh!« meende Früderk, »dat schall woll stimmen! Wokeen wull mi hier woll bedreegen!« – Aber bie alledem trock he de Steern krus, bekeek un beföhlde sick aber doch argdenkern de enkelten Geldstucken, tellde un tellde von de eene Hand

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Hochdeutsch während des Winters die Kinder immer wieder mal mit dem Einkaufskorb zum Kaufmann schicken und mit kleinen Geldbeträgen einkaufen! Nein, das war nichts für Alldags! Das war bei ihnen nicht üblich! Langsam näherte sich der Torfwagen, bog vom Deichkopf ab und hielt direkt unter dem Pappelbaum. Frau Alldag ha�e jetzt auch den unteren Teil der Haustür geöffnet, stellte einen Hauklotz dagegen, damit sie nicht zuwehen sollte und rief dann zum Deich hinauf: »Morgen Friedrich! Morgen! Schön, dass Sie da sind! Ach du liebe Zeit, das arme Pferd, wie hat es sich anstrengen müssen! Es schnau� so schwer! Aber nun kommen Sie doch bi�e herein! Ich habe gerade Kaffee gekocht.« Friedrich Heidkamp aus Barkenloh, von dessen Eltern Alldags schon so manches Jahr ihre Torflieferung erhalten ha�en, war ein breitschultriger, stämmiger Mann von vier- oder fünfundzwanzig Jahren. Sein Gesicht war braungebrannt. Der Rücken schien ein wenig krumm von der harten Arbeit im Moor, im schwarzen Torfgrund. Seine wasserblauen Augen lachten vergnügt auf Frau Alldag hinunter, als er das Pferd ausspannte. »Tag!«, sagte er, als er mit seiner Arbeit fertig war, kam den Deichpfad hinunter und hielt Frau Alldag seine breite, braungebrannte Hand entgegen. »So! Da bin ich! Wo ist der Junge?« – »O�jen?«, fragte Frau Alldag, »O�jen ist noch in der Schule. Aber gleich, kurz nach elf, kommt er nach Hause. Wie wird er sich freuen, dass Sie hier sind.« – »So?«, meinte Friedrich, »noch in der Schule? Dann will ich inzwischen das Pferd zu Begemanns in den Stall bringen, damit es versorgt ist.« Mit diesen Worten stieg er den Deich wieder hinauf und führte sein Pferd am Zügel in einen Stall in der Nähe des Ostertorsteinwegs. »Wo ist der Junge?«, das war Friedrichs erste Frage gewesen. Nun war der Junge zurück. Friedrich ha�e gerade den letzten Torf auf dem Boden verstaut, als O�jen aus der Schule gekommen war. Jetzt trat er in die Stube, in die Frau Alldag ihn gebeten ha�e. »Donnerwe�er!«, sagte er, »der Bursche ist aber groß geworden!« Damit strich er O�jen mit harter Hand übers Haar und lachte über das ganze Gesicht. Dann setzte er sich auf einem Stuhl zurecht, dass er mit dem Rücken die ganze Stubentür versperrte. Er biss und drückte an einer Zigarre herum, die Frau Alldag ihm spendiert ha�e, entzündete sie schief mit großem Aufwand und allerhand Umständlichkeiten und spie beim Rauchen bald rechts, bald links in hohem Bogen in die Stube. Frau Alldag tat natürlich, als sähe sie es nicht und zählte währenddessen das Geld für den Torf auf den Tisch. Sie legte es in Friedrichs große, breite Hand. Dabei sagte sie: »So, Friedrich! Ich denke, es stimmt. Zählen Sie aber gut nach!« – »Ha!«, meinte Friedrich, »es wird wohl stimmen! Wer wollte mich hier wohl betrügen!« Allerdings zog er dabei seine Stirn kraus, besah und befühlte argwöhnisch die einzelnen Geldstücke, zählte und zählte von einer

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Niederdeutsch in de anner un von de anner in de eene, steek dat Geld denn vorsichtig in sienen leddern »Geldknudden«, snörde em to un prummelde em endlich in sien Boxentaschen. O�jen leet darbie keen Oge von em af un harr in’n stillen sienen Höge öber den ganzen Kram. Denn fung he mit Früderk an to praatjen un fragte von’n hunnertsten int dusendste. Natürlich snackden de beiden Pla� mit’nanner, un wenn O�jen ok de Buurnmundart faken frommd un afsonnerlich vorkeem, un em dat eene oder anner Woord verlarengung, so bode doch dat Pla� eene Brugge twuschen de Harten von dat Stadtkind un den weltfrommden Moorbuur. »Ick will Ähr wa� seggen!« meende Früderk denn upt letzte to Fro Alldags, »›De ol Jung‹ dat is’n ganzen geschickten Burrsen, Muddam! Den mu� Se mi mal mitdohn nah’n Moor! Denn kunn he mit Ogen sehn, wo fein dat bie us is. He denkt sick, us Moor dat is son elennigen swarten Slampamp un Muddenkrams; aber he schull sick wunnern! Un wat ward us Moder sick woll hägen, wenn ick mal son smucken Stadtjung mit ant Hus brochte. Wat seggs O�jen: Wullt mit mi tüern? Wah?« – Aber Mudder Alldags lachte darto, schu�koppde un sä: »Denn harrn Se’n schönen Vagel fungen! Se scholln’t man wäten, Früderk, wat dat for’n Ruhbell is, un wat de hier all sienen Schick angeiht un for Kaperstreiche an’n Dag bringt! De Bengel mu� stramm in’n Tögel holen weern, un wenn de mal bie Se weer, denn harrn Se anners nix to dohn, as em up de Hacken to si�en, anners stellde he dat ganze Dorp up Stu�en. Denn bleef de Arbeit liggen, un Se harrn Schaden up’r Fust. Nä, so god, as dat jo ok meent is, dat will wi man eerst noch mal ansehn. Eerst mu� he mal ‘n bäten vernun�iger weern un denn: Fudder Tied, fudder Rat. Fort eerste will wi dat noch mal bit tokamen Jahr rutschuben, Früderk!« – Darmit weer for Fro Alldags de Sake afdahn. – Aber O�jen un Früderk keeken eenannern bedröwt in de Ogen, as wenn se seggen wollen: »Schade!« – Un denn stund Früderk up, heelt jem de Hand henn un sä: »Na, denn Ade denn! Wenn ick mal wöller nah Bremen tüer, kiek ick mal wöller rin!« Un denn keem for usen O�jen de lange Winter mit sien Plagen un Freiden, un bie jeden Backtorf, den O�jen in den lü�jen Kanonenaben steek, dachte he an Früderk un an dat Moor. Denn öberkeem em de Sehnsucht nah eene nee’e Welt, de he noch nich kennde. Of dat dar woll so schön weer as an Diek un Werser? – Un faken keem he ut’r Schole un vertellde, dat he ‘n Torfwagen sehn harr, un denn gung dat Pratzen los: »Mudder? Vadder? Scha’ck denn nu in’n Sommerferjen mal henn int Moor? To, lat’t mi doch mal henn!« Bit da� Vadder Alldag eens goden Dags to sien Fro sä: »Tschä, mientwegen lat em to Sommer reisen. Ick heff’r nix up entgegen. Schaden kann em dat nich dohn, un wat du

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Hochdeutsch Hand in die andere und von der anderen in die eine, steckte das Geld zum Schluss vorsichtig in seinen ledernen »Geldknoten«, verschnürte ihn und stop�e ihn schließlich in seine Hosentasche. O�jen ließ dabei kein Auge von ihm und ha�e an der ganzen Prozedur seine stille Freude. Danach begann er ein Gespräch mit Friedrich. Er fragte ihn über alles aus, was ihm so einfiel, und kam dabei vom Hundertsten zum Tausendsten. Beide sprachen natürlich Pla�deutsch miteinander, und wenn O�jen die Mundart des Bauern o� fremd und sonderbar vorkam und ihm das eine oder andere Wort unverständlich blieb, baute doch das Pla�deutsche eine Brücke zwischen dem Herzen des Stadtkindes und dem des weltfremden Moorbauern. »Ich will Ihnen etwas sagen!«, meinte Friedrich zuletzt zu Frau Alldag, »der große Junge ist ein ganz geschickter Bursche, Madam! Den müssen Sie mir unbedingt mal mitgeben ins Moor! Dann kann er mit eigenen Augen sehen, wie schön es bei uns ist. Er denkt bestimmt, unser Moor wäre eine elende schwarze Pampe und alles wäre nur Schlamm und Morast; er wird sich aber wundern! Und unsere Mu�er würde sich sehr freuen, das weiß ich, wenn ich mal einen hübschen Jungen aus der Stadt mit nach Haus brächte. Was sagst du dazu O�jen: Willst du mich begleiten? Was?« Mu�er Alldag lachte dazu, schü�elte den Kopf und sagte: »Dann hätten Sie einen schönen Vogel gefangen! Sie sollten wissen, Friedrich, was für ein Raubein er ist, wie er sich hier aufführt und welche Streiche er ausheckt! Der Bengel muss fest im Zaum gehalten werden, und wenn er mal bei Ihnen wäre, hä�en Sie nichts anderes zu tun, als ihn zu beaufsichtigen. Er würde sonst das ganze Dorf auf den Kopf stellen, die Arbeit bliebe liegen, und Sie hä�en den Schaden davon. Nein, wie gut es auch gemeint ist, darüber wollen wir erst noch einmal nachdenken. Zuerst muss er noch ein wenig vernün�iger werden. Und dann: Kommt Zeit, kommt Rat. Fürs Erste wollen wir es bis ins nächste Jahr hinausschieben, Friedrich!« Damit war für Frau Alldag die Sache erledigt. O�jen und Friedrich aber sahen einander betrübt in die Augen, als ob sie sagen wollten: »Schade!« Und dann erhob sich Friedrich, hielt ihnen seine Hand entgegen und sagte: »Na, dann Tschüß! Wenn ich mal wieder nach Bremen komme, schaue ich gern wieder vorbei!« Für unseren O�jen kam jetzt der lange Winter mit seinen Sorgen und Freuden, und bei jedem Stück Torf, das er in den kleinen Kanonenofen steckte, dachte er an Friedrich und an das Moor. Dabei überkam ihn die Sehnsucht nach einer neuen Welt, einer Welt, die er noch nicht kannte. Ob es dort wohl so schön war wie am Deich und an der Weser? O� kam er aus der Schule und erzählte, dass er einen Torfwagen gesehen ha�e, und dann ging das Be�eln los: »Mu�er? Vater? Soll ich denn nun in den Sommerferien mitfahren ins Moor? Ach, lasst mich doch mal mit!« Bis eines guten Tages Vater Alldag zu seiner Frau sagte: »Tja, meinetwegen lass ihn im Sommer reisen. Ich habe nichts dagegen. Schaden kann es ihm nicht, und

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Niederdeutsch ummer meenst, da� he dor to Mullör kummt, mein Zeit! Wat em darum passeeren schall, dat passeert em hier ok. Wenn’n Mullör hebben schall, denn kann’n sick woll den Finger in’r Näse a�räken. Ick seh dat nich in: De Jung is twolf Jahr wesen, up’n Kopp is he nich fullen, warum schall he sick nich ok mal annern Wind um de Näse weihen laten.« Weer dat ‘n Freide, as Früderk to Fröhjahr mal wedder rinkeek un to hören kreeg, wat de Rat slaten harr! Am leefsten harr he den »olen Jung« glieks bien Kanthaken krägen, up’n Wagen se�’t un foors mitnahmen. Aber »Hullt stopp!« sä Mudder Alldags, »Geduld liebe Seele! So grall geiht dat nich! Midde Juli fangt eerst de Feerjen an, un denn, wat de Hauptsake is. Vor allen Dingen möt’t wi eerst mal öber dat Kostgeld snacken. Wat dachten Se denn woll!« – Nu makte Früderk sick aber risch un wurd ganz wild, wat man anners noch nie an em spört harr. »Wat?« reep he, »wat seggt Se dar? Koßgeld? Hi� di dat! Us Herrgo� de schull mi strafen, wenn wi dar Koßgeld for annehmen wullen! Nä, Speck un Schinken hei wi ‘nog un Mälk un Brod sa� un son Jung, den kön wi sachte woll noch fooern. Nä Muddam: Dat draff Se jonich wedder seggen! Huh wat wurd us Moder woll bös weern, wenn de son Gesprächen hörde! Nä, alltohopen freit se sick ganz schändigen, wenn se hört, da� ick den Bremer Jung mitbring. Us Klaus-Hinnerk, wat mien Hal�roer is, de kummt mi all jümmer in de Möt, wenn’ck mal ‘n Reis nah Bremen wesen bün. Denn kickt he öber de Wagenkant un kickt in Säck un Kiepen, of ick den Bremer Jung nich mitbrocht heff. – Na, denn holt di munt’r, O�jen! Denn bit to Sommer.«

II. Begemanns Menajerie un Apendwinger / Waterdicht un kugelfast. / De Arche Noah kummt unnern Hammer / De Haben for de Hollschenschäpe / Wokeen is dat denn, wah? / Dat wär de Dübel De Begemannsche Utspannweertschup an’n Steenweg weer’n urolet, bree’et, spitzgäbeliget Hus mit Infahrt, groten Hoffplatz, Peerstall, Krameree un Utschank. De Krameree weer vorne in’n Huse un öber de lange, mit Steengruß wi�geschürde Tönbank leep baben een beendicken Balken as son Galgen längelangs öber weg. An dissen Galgen bummelten allerhand Bundels von gäle un griese Spitz- un annere Tutens, korte un lange Piepen, Lampendächtgod, tosamengesnörde gedrögde Stockfische, Fohrmannsswöpen, een isern Rullen mit Segelband un, ganz up’n Enne von de Tönbank, ok de messingsche Wacht.

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Hochdeutsch wenn du immer meinst, dass er dort verunglücken könnte – ach was! Was ihm passieren soll, das passiert ihm auch hier. Wenn es das Unglück will, kann man sich auch den Finger in der Nase abbrechen. Ich sehe es nicht ein: Der Junge ist zwölf Jahre alt, auf den Kopf ist er nicht gefallen, warum soll er sich nicht einmal anderen Wind um die Nase wehen lassen.« War das eine Freude, als Friedrich im Frühling wieder bei ihnen hereinschaute und ihm berichtet wurde, was der Rat beschlossen ha�e! Am liebsten hä�e er den »großen Jungen« gleich beim Kanthaken gepackt, auf den Wagen gesetzt und mitgenommen. Aber »Halt stopp!«, rief Mu�er Alldag, »Geduld, liebe Seele! So schnell geht das nicht! Die Ferien beginnen erst Mi�e Juli, und dann das Wichtigste: Wir müssen vor allen Dingen zunächst einmal über das Kostgeld sprechen. Was dachten Sie denn wohl?« Nun kam aber Bewegung in Friedrich. Er wurde ganz unruhig, was man ihm sonst noch nie angemerkt ha�e. »Was?«, rief er, »was sagen Sie da? Kostgeld? Donnerwe�er! Unser Herrgo� sollte mich strafen, wenn wir Kostgeld dafür nehmen wollten! Nein, Speck und Schinken haben wir genug und Milch und Brot sa� und solch einen Jungen können wir wohl leicht durchfü�ern. Nein, Madam, das dürfen Sie aber nicht noch einmal sagen! Oh, wie würde unsere Mu�er wohl böse werden, wenn sie solche Reden hörte! Nein, alle sind hocherfreut, wenn ich ihnen sage, dass ich den Bremer Jungen mitbringen werde. Unser Klaus-Hinrich, mein Halbbruder, läu� mir schon immer entgegen, wenn ich von einer Fahrt nach Bremen zurückkomme. Er schaut über die Wagenkante und kontrolliert alle Säcke und Körbe, ob ich den Bremer Jungen nicht mitgebracht habe. Na, O�jen, dann halt dich munter! Dann bis zum Sommer.«

II. Begemanns Zoo mit Affenkäfig / Wasserdicht und kugelsicher / Die Arche Noah kommt unter den Hammer / Ein Hafen für Holzschiffe / Wer ist denn das, was? / Das wäre der Teufel! Die Begemannsche Ausspannwirtscha� am Ostertorsteinweg war ein uraltes, breit gebautes, spitzgiebeliges Haus mit Zufahrt, großem Hofplatz, Pferdestall, Gemischtwarenladen und Ausschank. Der Laden befand sich im vorderen Teil des Hauses, und oberhalb des langen, mit Steingruß weißgescheuerten Tresens verlief der Länge nach ein beindicker Balken wie ein Galgen. An diesem Galgen hingen allerhand Bündel gelber und grauer Spitz- und anderer Tüten, kurze und lange Pfeifen, Material für Lampendochte, zusammengeschnürte getrocknete Stockfische, Fuhrmannspeitschen, eine eiserne Rolle mit Segelband, und ganz

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Niederdeutsch Dit Tönbankenne un de Wacht weer denn in’n halben Veerkant mit hollten Staben inrahmt, da� dat leet, as wenn dat son Stuck von’n Apendwinger ut’r Menajerie weer, blot, da�’n sick nie klar daröber wurd, wer denn nu eegentlich de Apen weern, de, de achter dat Gitterwarks stunnen un mit de Wacht hanteerden, oder de, de as Köpers dar vor stunnen un dör de Staben kukelurden, of de Wacht ok woll richtig in’n Sticken weer. Achter disse Tönbank hanteerde de Inhebber mit eenen ollern Ladendeener un twee Lehrjungens, de von buten rin weern. De grieslinnen Latzschortens von disse beiden flaßkoppden Na�näsen weern mit’r Tied von de Fe�igkeiten, Bo�ern, Smolt, Petroleum, Tran, Heringslake, Zirop un so d’r wat her, so stief un so stäbig worrn, dat se waterdicht un kugelfast weern. Disse Schortens weern de beiden aber just so an’n Libe wussen, as ähre wullen Halsknuddeldöker, de gestrickten Pulswärmer un de korten, dicken, rotblauen ewigen Frostfingers. – Aber: »Sie verstanden mit der Landkundscha� umzugehen«, un dat weer hier de Hauptsake. Se stunnen mit jeden Krischan oder Claus, Hemmann oder Hinnerk up du un du, wussen, wo he herstammde un seegen em an’r Näse af, wat se em »inkriegen« schollen. – Wenn de Buurn, meist Tor�uurn, ähr Perd upstallt harrn, gungen se in de Gaststuben, vernochterden sick un makten denn ähre Inköpe vor d’r Tönbank. Wer as Stadtdminsch to’n eerstenmal in de Begemannsche Gaststuben treet un »Nerven« harr, de kreeg dat Trüseln un wurd to Sinn, as wenn he eenen mit’n Knuppel vor’n Kopp kreeg. Een stickigen Nebel von Zigarrn- un Piepenqualm, Stäbelsmär-, Ledder- un Peerstalldunst, een Mischmasch von Koffi, Brammwiens- un Heringsdunst un anner Dinge (de ok de erfahrenste Näse in’n eersten Ogenblick nich henntobringen wuß) fullen eenen hier up de Lu�. De niedrige Deken weer in de langen Jahren kastanjenbrun anrökert un blänkerde, as son urolen Meerschumkopp. De Dörensull weer holl utpe�’t, as son Slachtermollen, un up den sannerigen hollten Fotbodden konn’n woll Hals un Beene bräken, soväl Bultens un Kuhlen weern darin. In’r Midde von’r Stuben stund ‘n langen, stäbigen eeken Disch, un an jede Langssied ‘n Bank, de mit Winkelisens an’n Fotbodden fastmakt weer. Dat Dischbla� weer ’n gode Handbreet dick un so rubberich, as de Borken von’n olen Eekboom. Wenn de Inhebber von disse Stuben vertellt harr, da� he dit Inventar domals öbernahmen harr, as de Arche Noah unnern Hammer kamen weer, denn harr man em dat in goden Globen afnehmen konnt.

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Hochdeutsch am Ende des Tresens befand sich eine Waage aus Messing. Dieses Ende des Tresens und die Waage waren zur Häl�e mit hölzernen Stäben eingefasst. Man konnte glauben, es wäre Teil eines Affenkäfigs im Zoo, auch wenn man sich nicht entscheiden konnte, wer denn nun eigentlich die Affen waren, diejenigen, die hinter den Gi�erstäben standen und mit der Waage hantierten, oder die, die als Käufer davor standen und durch die Stäbe schauten, um zu prüfen, ob die Waage auch richtig eingestellt war. Hinter diesem Tresen hantierte der Inhaber mit einem älteren Verkäufer und zwei Lehrlingen, die von außerhalb stammten. Die Latzschürzen aus grauem Leinen dieser beiden flachsköpfigen Burschen waren mit der Zeit von den Fe�en, von Bu�er, Schmalz, Petroleum, Tran, Heringslake, Sirup und ähnlichem so steif und fest geworden, dass sie garantiert wasserdicht und kugelsicher waren. Beiden saßen diese Schürzen wie auf den Leib geschneidert, ebenso wie ihre wollenen Halstücher, die gestrickten Pulswärmer und die dicken, kurzen, ewig rotblauen Frostfinger. Aber »sie verstanden mit der Kundscha� vom Lande umzugehen«, und darauf kam es hier an. Sie standen mit jedem Christian oder Claus, Hermann oder Hinrich auf du und du, wussten, woher jemand stammte, und sahen ihm an der Nase an, was sie ihm »einpacken« sollten. Wenn die Bauern, die meisten waren Torfbauern, ihr Pferd in den Stall gebracht ha�en, gingen sie in die Gaststube, versorgten sich und machten dann am Tresen ihre Einkäufe. Wer als Stadtmensch zum ersten Mal die Begemannsche Gaststube betrat und »Nerven« ha�e, dem konnte wahrlich schwindelig werden. Er musste denken, dass er einen Schlag mit dem Knüppel direkt auf den Kopf bekam. Ein erstickender Nebel aus Zigarren- und Pfeifenqualm, aus Stiefelschmiere, Leder- und Pferdestalldunst, ein Gemisch aus Kaffee, Branntwein- und Heringsdunst und anderen Dingen, die auch die erfahrenste Nase im ersten Augenblick nicht auszumachen wusste, setzten sich hier einem jeden auf die Lunge. Die niedrige Decke war in den langen Jahren kastanienbraun angeräuchert. Sie glänzte und schillerte wie ein uralter Meerschaumkopf. Die Türschwelle war wie eine Schlachtermolle ziemlich ausgetreten, und auf dem sandigen Holzfußboden konnte man sich mit Leichtigkeit Hals und Beine brechen, so viele Unebenheiten, Höhen und Tiefen waren darin. In der Mi�e der Stube stand ein langer, stabiler Eichentisch und an jeder Längsseite eine Bank, die mit Winkeleisen am Fußboden befestigt war. Die Tischpla�e war eine gute Handbreit dick und ziemlich aufgeraut, sah aus wie die Borke einer alten Eiche. Wenn der Inhaber dieser Stube erzählt hä�e, dass er dies Inventar damals übernommen ha�e, als die Arche Noah unter den Hammer gekommen war, hä�e man es ihm in gutem Glauben abnehmen können.

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Niederdeutsch In disse Gaststube un an dissen Disch seet den säbenteinten Juli 18... up eene von de langen Bänke mit’n gleinigrooen Kopp O�jen Alldag un keek deepsinnig up de Grund unner den Disch. He harr dat spitzkrägen, da� unnern Disch langs, ummer twee bie twee in egalen Afstännen, woll son half Stiege Kuhlen in de Delen weern, un grubelde un grubelde, wo de woll herstammden. – An dat Enne von de anner Bank seet son olen Buurnvadder un eet sien Bodderbrot un slappde ut’n groten, runnen Schosterkump Koffi darto. De Ole makte bie dat Äten un Drinken son Wesewark, son Gesmatz un Geslabbers, da� O�jen up jeden Fall »Juff juff« ropen harr, wenn he hier eenen von siene Kanuten vor sick harrt harr. Nu keem een annern Buur von’n Hoff dör de Achterdör in die Stuben, schurrde sick mit sien Hollschen an den Disch ran, se�de sick dune an den annern up de Bank un sä: »Tschah! So is’t!« – Darmit nehm dat Hollschengeschurre unnern Disch aber noch lange keen Enne, un de beiden Hollschen keemen nich ehrder tor Ruh, as bit se sick in twee Kuhlen torechte schurrt harrn. – As O�jen dit Spillwark seeg, gung em up’nmal ‘n dicket Dreelingslicht up. Also: Twee Hollschen – twee Kuhlen, twee Kuhlen – twee Hollschen. Un: »Steter Tropfen höhlt den Stein«, dachte he. Dat stund in sien Schollesebok unner dat Stuckschen von Demosthenes. Up dat »Tschah! so is’t!« harr de anner nah’n Tiedlang bedachtsam un wichtig antert: »Tschah! so is’t! Dat schall woll wesen!« Denn gung dat Smatzen in’n Tweeklang, denn ok de Tweede harr ut sienen leddern Holster ‘n mächtigen Stapel Brodsnäen un ‘n dicken Palten gestriepten Speck ru�rocken un makte sick daröber her. Von’r Krameree her hörde man Stimmen un Wachschalenklappern, un up’n Hoff Wagenklötern, Peerträe un Höhnerkakeln. O�jen Alldag konn just nich seggen, dat he sick hier, in dit dumpige, düstere Lock un unner disse afsonnerligen frommden Gestalten woll un behaglich föhlde. Up eenmal wiesde de eene von de Buurn mit sien allmächtig grotet Klappmest up em un frog: »Wokeen is dat denn? Wah?« De anner leet sick bie sien Arbeit nich stören, kaude un kaude, schulde aber endlich unner sien Mutzen unnerrut nah den Stadtjung un sä denn: »Dat week nich.« O�jen wurd heet un kold. Em keem dat vor, as wenn he hier in eene hillige Gerechtsame inbraken weer, un he wuß nich, wo he hennkieken scholl. – Nu nehm de eene den groten Snapsbuddel, de midden up’n Disch stund, schunk twee grote Fohrmannsgläser vull, langde in de Taschen un smeet ‘n lü�jet Geldstuck up’n Teller, wat bie den Buddel stund un wo all allerhand Kleengeld upleeg. As de beiden de Snäpse wegkippt harrn, smeet de eerste Frager wedder ‘n argdenkern Blick up O�jen un frog nah allerhand Gestöhnels

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