Optische Stabilisierung beim Laserabtrag in der handgeführten ...

Tobias Bergen. 2nd Tobias Bergen. 14.42 · Fraunhofer Institute for Integrated Circuits IIS ..... Karlsruher Institut für Technologie (2009). [2] H. Wörn, M. Aschke, ...
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Optische Stabilisierung beim Laserabtrag in der handgeführten Kraniotomie A. Kuleschow¹, T. Bergen¹, T. Wittenberg¹, C. Münzenmayer¹ ¹ Abteilung BMT, Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Erlangen, Deutschland

Kontakt: [email protected] Abstract: In jüngster Zeit wurden viele neue Werkzeuge für die minimal-invasive Chirurgie entwickelt, darunter auch neue Instrumente für das Schneiden von knöchernem Material für die Kraniotomie, die für die Abtragung von Knochen einen Hochleistungslaser verwenden. Für die Steuerung des Laserstrahls wurde in Vorarbeiten u.a. der Tracker nach Kanade-Lukas-Tomasi (KLT) verwendet, ein etabliertes Verfahren zur Bewegungsanalyse und -korrektur. Einige Fragen zur Robustheit und Genauigkeit des Verfahrens auf kontrastarmen Oberflächen wie Knochengewebe konnten bereits positiv beantwortet werden, allerdings bleiben noch spezifische störende Faktoren während der Operation, wie z. B. Blutungen, der Einfluss der Wasserspülung und Knochensplittern, Abweichungen von der optimalen Position des Werkzeuges, die gezielt in diesem Beitrag untersucht werden. Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass die Robustheit der vorgeschlagenen bildbasierten Strahlkorrektur auf jeden Fall die Robustheit des Laserabtrags nicht beeinträchtigt. Schlüsselworte: Neurochirurgie, Assistenzsysteme, KLT Tracker, Bewegungskorrektur.

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Problemstellung

In jüngster Zeit hat sich die Nutzung von hochenergetischen Pikosekundenlasern zum Schneiden von knöchernem Material wie beispielsweise dem Schädelknochen bei einer Kraniotomie zu einer aktiven Forschungsrichtung entwickelt [1]. Eine solche Abtragung z. B. der Schädeldecke durch gezielte Laserstrahlpulse besitzt das Potenzial für wesentlich feinere und sauberere Schnitte als herkömmliche mechanische Geräte und verspricht theoretisch ein geringeres Verletzungsrisiko bei diesem Eingriff. Darüber hinaus kann der Heilungsprozess schneller und mit weniger Komplikationen verlaufen. Im Unterschied zu mechanischen Geräten ist der Laserstrahl in diesem Fall nicht zwingend und nicht selbstständig in der Schnittfuge fixiert. So können unwillkürliche Handbewegungen des Arztes wie z.B. Ruckeln oder Zittern, zu Abweichungen des Laserstrahls von der Schnittgeraden führen, was wiederum die Abtrageffizienz vermindert, oder gar ein Verletzungsrisiko mit sich bringt. Derartige Schwierigkeiten sind bekannt und um sie zu begegnen, wurde z.B. die roboterunterstütze Osteotomie entwickelt [2, 3, 4]. Systeme, die eine manuelle Führung des Schneidegeräts ermöglichen, müssen derartige willkürliche Handbewegungen automatisch erkennen, vermessen und kompensieren. Eine Entwicklung eines solchen optischen Systems zur Überwachung und Korrektur eines Laserkraniotoms wurde in [5] vorgeschlagen und beschrieben. Die Kamera des Überwachungssystems befindet sich hierbei im Schneidegerät koaxial zum Laserstrahlengang und ist auf den Knochenbereich fokussiert, auf dem die Ablation stattfindet. Die Bewegungen des Lasers werden hierbei mit Hilfe des bekannten KLT-Tracking Verfahrens [6] erfasst und Abweichungen als Steuersignale an die Lenkspiegel der Strahlsteuerung übergeben. Die eigentliche Ablation des Knochens durch den Laser findet durch eine Wasserschicht hindurch statt, wobei dieses die abgetragenen Knochenpartikel und Blutungen wegspült und gleichermaßen den Knochen vor übermäßiger Wärmeentwicklung schützt. In [5] wurde gezeigt, dass die Genauigkeit des vorgestellten Überwachungssystems ausreichend ist, um auf einem Bereich von etwa 4x4 mm die zufälligen Bewegungen des Schneidegeräts parallel zur Knochenoberfläche mit einem Fehler unter 50 µ zu vermessen und zu korrigieren. Der Einfluss einiger Störungen, die bei einer solchen Konstruktion auftreten, wie z. B. Speckle-Rauschen und relativ kontrastarme natürliche Knochenoberfläche wurden dabei an Knochenmuster untersucht. Allerdings existieren in realen OP-Szenarien weitaus mehr Arten von Störungen, die berücksichtigt werden müssen. Damit stellt sich die Frage, ob das vorgestellte optische Stabilisierungssystem ausreichend robust ist, um unter diesen erweiterten Herausforderungen die Kompensation der Abweichungen des Schneidegeräts zu gewährleisten. Die Störfaktoren können in drei Gruppen unterteilt werden: •

Geometrische Störungen und Verzerrungen der Merkmale durch Abweichung der Position des Schneidegeräts, d.h. Neigung der optischen Achse zur Senkrechten bzw. Sollrichtung und Entfernung aus dem Schärfebereich,



Einfluss des strömenden Spül- und Kühlwassers auf die Stabilisierung durch entstehende Luftblasen, sowie



Einfluss von störenden Schwebstoffen und Partikeln, wie Blut und Knochenüberreste.

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Material und Methoden

Die Auswirkung der geometrischen Störungen wurde mit dem Laborprototyp getestet, der schon in [5] im Detail beschrieben wurde. Zur Abschätzung der Unschärfeauswirkung haben wurde ein Koordinatentisch verwendet, mit dem das Knochenmuster vertikal entlang der optischen Kameraachse mit einer hohen Genauigkeit bewegt werden kann. Das Laserkraniotom wurde dabei fixiert. Zur Abschätzung der Neigung der Kameraachse wurde das Gerät um die Achse gedreht, die mit dem Labortisch parallel ist. Das Knochenmuster wurde dabei parallel zu dem Labortisch mit einem Koordinatentisch bewegt, sodass es sich immer in der Mitte des Sichtfeldes befand. Die vertikale Lage des Knochenmusters wurde dabei nicht geändert, was bei kleinen Neigungswinkeln allerdings keine zusätzlichen Fehler verursacht hat. Geometrische Verzerrungen bilden eine sehr komplizierte Fragestellung, weil sie sehr von den Rahmenbedingungen abhängig sind. Z. B. ist ein Laserkraniotom mit einem Duraablöser in einer Schnittfuge relativ stark in seinen Bewegungen begrenzt, sowohl in lateraler Richtung, als auch senkrecht zur Schädeloberfläche. Die optischen Parameter wie Tiefenschärfe hängen hierbei von der Konstruktion der Optik ab. Dazu kann eine Neigung des Geräts zur Entwicklung von Verzerrungen führen, z. B. zur Entfernung aus dem optimalen Schärfebereich. Entsprechend wurden die Verzerrungen auf einen Bereich begrenzt, der mit einem Duraablöser möglich ist ohne dabei den Ablationsprozess zu stören, und zwar einer Neigung bis zu 3,5 Grad und einer Entfernung von einer Schärfeebene durch natürliche Unebenheiten des Schädels bis auf 0,7 mm. Zu den Untersuchungen im Wasser wurde der Laborprototyp des Schneidegeräts aus [5] umgebaut. In unterem Teil des Geräts im Bereich der Streuscheibe wurde eine Düse mit 2 mm Durchmesser gebohrt, durch die Wasser mit der Hilfe einer Pumpe eingespritzt werden kann. Die Leistung der Pumpe beträgt 5,5 ml/Sek. Oberhalb der Düse wurde ein Glasfenster am unteren Ende der Kamera wasserdicht eingebaut, sodass der Wasserpegel im Kamerakanal immer konstant bleibt. Um den Kamerakanal herum kann das Wasser weiter steigen und bei Bedarf durch Öffnungen mit Fiberleitungen ausfließen. Während der Messungen wurde die Spitze des Geräts ins Wasser getaucht bis auf einer bestimmten Tiefe, sodass das Schutzfenster unter der Wasseroberfläche lag, dann wurde die Pumpe eingeschaltet. Wasser wurde aus dem Behälter, wo das Gerät eingetaucht war, in die Spitze gepumpt, und so ein geschlossener Kreislauf gebildet. Auf diese Weise kann man Auswirkung von sowohl unterschiedlichen ausgeglichenen Konzentrationen von Teststoffen als auch Einspritzen von großen Mengen der Störstoffen direkt zwischen der Gerätspitze und dem Knochenmuster evaluieren. Zur Untersuchung Einflusses der Knochenteilchen auf das Trackingverfahren wurde Knochenmehl verwendet, dessen durchschnittliche Teilchengröße zwischen 20 und 50 µm lag, wobei einzelne Teilchen eine Größe von 100 µm und mehr erreichen können. Zur Untersuchung des Einflusses von Blutungen wurde eine Albumin–Lösung (Fa. Roth) mit Konzentration 70 g/l, in Anlehnung an die Konzentration von Blut, vorbereitet. Dabei haben wir die Konzentration des Albumins in Blut verdoppelt, um auch das nicht vorhandene Globulin zu ersetzen. Die Lösung wurde portionsweise in den Kreislauf eingebracht und die Auswirkung bei unterschiedlichen Konzentrationen gemessen. Zu Vermessung der Auswirkung unterschiedlicher Stoffe wurden Videosequenzen aufgenommen, wobei das Muster unbewegt blieb. Sequenzen wurden dahingehend untersucht, ob alle Merkmale verfolgt werden können und deren maximale Abweichungen. Merkmale mit einer niedrigen Merkmalsgüte (kontrastarme Oberfläche) können in einer Sequenz innerhalb einigen Sekunden relativ weit wandern oder verloren gehen, bei einem einwandfreien Tracking bleibt Drift der Merkmale im Subpixelbereich. Die Tiefe der Wasserschicht unter der Kamera betrug 8 mm, als Lichtquelle wurde ein LED – Strahler mit einer Wellenlänge von 800 nm. benutzt. Abbildung 1. Spitze des Laborprototyps mit eingebauter Düse für Wassereinspritzen

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Ergebnisse

Unter den oben beschriebenen Rahmenbedingungen für geometrische Verzerrungen und mit einer vorderen Linse des Geräts, die eine Brennweite von 100 mm bei einer nutzbaren Apertur von 9 mm hatte und gleichzeitig als vordere Objektivlinse für Kamera und als Fokussierlinse für den Pikosekundenlaser diente, wurde keine messbare Verschlechterung der Merkmalsgüte für den KLT-Tracker festgestellt. Bei zahlreichen manuellen Trackingversuchen ohne Duraablöser, wenn auch viel größere Abweichungen von der Senkrechten und damit Bildverzerrungen möglich waren, wurde kein Trackingabbruch aufgrund geometrischer Verzerrungen registriert. Die Bildaufnahme durch die Wasserschicht führt grundsätzlich zu keiner Verminderung der Bildqualität, zumindest wenn deren Höhe konstant ist. Allerdings können sich durch Temperaturunterschiede im Wasserbehälter und dem Umgebungsraum sowohl im Behälter als auch in der Pumpe und den Verbindungsschläuchen Luftblasen bilden. Eine vollständige Unterdrückung dieser Blasenbildung wäre sehr schwierig, so dass das Trackingverfahren hiergegen stabil sein sollte. Im Versuchsaufbau (ohne Temperaturkontrolle) sank die Anzahl der Blasen auf unter eine Luftblase pro Sekunde schon in wenigen Sekunden nach dem Einschalten der Pumpe. In Abbildung 2 sind einige Beispiele der Kamerabilder mit abgebildeten Luftblasen dargestellt. Die Bildrate betrug 100 Bilder pro Sekunde.

Abbildung 2. Beispiele der Kamerabilder von der Knochenoberfläche, durch die Wasserschicht mit fließendem Wasser aufgenommen. Links: Bild ohne Störungen; Mitte: Bild beim Einschalten der Wasserpumpe und mehreren Blasen im Sichtfeld; Rechts: eine Luftblase bewegt sich im Sichtfeld. Während der Einschaltphase der Pumpe bilden Luftblasen erhebliche Störungen für das Tracking (Abb. 2, Mitte). In einem solchen Fall müsste allerdings auch der Knochenabtrag gestoppt werden, da der Laserstrahl nicht mehr hinreichend fokussiert wäre. Diese Übergangszeit beträgt allerdings nur wenige Sekunden und würde daher sehr schnell in den eingeschwungenen Zustand übergehen, in dem Blasen nur noch in geringem Maße auftreten. Im Arbeitsmodus sind die Blasen sehr selten und durch Bewegung und Position außerhalb der Schärfeebene verschwommen (Abb. 2 Rechts) und können das Tracking mit mehreren Merkmalen daher nicht stören. Beim Test mit Bewegung des Musters bis zu 10 mm wurde kein Einfluss der Luftblasen im Arbeitsmodus auf das Trackingergebnis festgestellt.

Abbildung 4. Aufnahmen eines Knochenfragments bei unterschiedlichen Konzentrationen von Albuminlösung im Spülwasser, von links nach rechts: 0%, 2%, 8%. Die Beleuchtungsstärke wurde nicht nachjustiert. Bei den Bewegungstests mit Knochenpartikeln in einer Konzentration von 0,1 mm³ Knochenpartikel in 1 ml Spülwasser (60 mm³ Knochenpartikel im ganzen Behälter) wurde ebenfalls kein Einfluss der Knochenüberreste auf das Tra-

cking registriert. Beim Einspritzen der Knochenpartikel unmittelbar zwischen dem Muster und der Gerätespitze und abgeschalteter Pumpe kann man vereinzelte Partikel im Sichtfeld sehen. Dies gelingt allerdings nur, wenn die Partikel unbeweglich sind. Qualitativ entsprechen solche Sequenzen dem Bild in Abb. 2 rechts, allerdings sind die Knochenpartikel vergleichsweise sehr klein. So sind ein paar Partikel pro Bild bei einer schnellen Bewegung mit Wasserstrom praktisch unauffindbar. Durch Zugabe der Albuminlösung ins Spülwasser sinken die Transparenz des Wassers und der Kontrast des Oberflächenbilds. Kleine Konzentrationen von Albuminlösung (bis zu 4%) beeinflussen das Tracking allerdings kaum. Der Kontrast bleibt akzeptabel auch in kontrastarmen Oberflächenbereichen. Auf kontrastreichen Bereichen funktioniert das Tracking bis zu Konzentrationen von 10% Albuminlösung im Spülwasser. Beispiele der Bildqualität für ein kontrastreichen Fragment kann man in Abbildung 4 sehen, sowie die Kontrastsenkung bei Erhöhung der Blutkonzentration.

Abbildung 5. Senkung der Abbildungskontrast (nach Michelson) beim Erhöhen der Albuminlösung-Konzentration

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Zusammenfassung

Die experimentelle Evaluation des Verfahrens bestätigt, dass die vorgestellte optische Stabilisierungsmethode basierend auf dem KLT-Tracking robust genug ist, um kleine unwillkürliche Abweichungen des Schneidegeräts bei dessen manueller Führung zu vermessen und zu kompensieren. Das Verfahren erwies sich auch unter den Einflüssen der leichten geometrischen Verzerrungen durch Neigung des Handstücks sowie Störungen durch Luftblasen im Spülwasser, simulierte Blutungen und kleine Knochenpartikel als stabil und für die Anwendung beim handgeführten Laserabtrag geeignet. Der Pikosekundenlaser selbst ist noch nicht soweit, um die geforderte Ablationsgeschwindigkeit (15 mm Schädelknochen pro Minute oder 1 mm³ Knochen pro Sekunde) zu erreichen. Momentan ist nur eine Ablationsgeschwindigkeit von bis zu 0,2 mm³ möglich. So werden nächste Aktivitäten darauf konzentriert, den Laser weiter zu evaluieren und gleichzeitig weniger anspruchsvolle Anwendungen zu suchen, für die die Laserstärke bereits ausreichend ist.

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Referenzen

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L. Kahrs, Bildverarbeitungsunterstützte Laserknochenablation am Humanen Felsenbein, Dissertation, Karlsruher Institut für Technologie (2009). H. Wörn, M. Aschke, L. Kahrs, New augmented reality and robotic based methods for head surgery, Int. J. of Medical Robotics & Computer Assisted Surgery, pp. 49-66 (2005). H. Wörn, H. Peters, M. Ivanenko, und P. Hering, LASER based Osteotomie with surgical Robots, Biomedizinische Technik, Vol. 50, Suppl. 1. Pp. 25-26 (2005). J. Burgner, M. Mueller, J. Raczkowsky and H. Wörn, Robot assisted laser bone processing: Marking and cutting experiments, Proc. Int. Conf. on Advanced Robotics, ICAR 2009, pp. 1 - 6 (2009). A. Kuleschow, T. Bergen, T. Wittenberg, C. Münzenmayer, KLT Tracking zur schnellen Bewegungskorrektur auf Knochenoberflächen, pp. 53 – 56, 10. CURAC-Jahrestagung, 15.- 16. September 2011, Magdeburg. KLT: An Implementation of the Kanade-Lucas-Tomasi Feature Tracker, http://www.ces.clemson.edu/~stb/klt/

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