Novartis kann den Campus arrondieren - Basel

17.11.2011 - zer auch an den Ständeratswahlen teil- nehmen. Basel-Stadt könnte bald dazugehören. Der Grosse Rat hat ges- tern mit 43 zu 23 Stimmen bei ...
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B   asel.Stadt.

 | Donnerstag, 17. November 2011 | Seite 29

Novartis kann den Campus arrondieren Der Kanton verkauft das Areal des Unterwerks Volta an den Life-Sciences-Konzern

Rhein

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Werk läuft die ganze Stromversorgung von Basel Nord. Foto Kostas Maros

Von Markus Vogt Basel. Die Parzelle, auf der das Unterwerk Volta steht, kann vom Kanton an die Novartis verkauft werden: Der Grosse Rat stimmte einer Zonenänderung, der Anpassung der Lärmempfindlichkeitsstufe sowie der Umwidmung vom Verwaltungs- ins Finanzvermögen zu. Damit sind für den Kanton die Voraussetzungen geschaffen, dieses Grundstück überhaupt veräussern zu können. Dem gestern abgesegneten Geschäft ging ein langes Hin und Her voraus, und das hat direkt mit der Umgestaltung des Viertels zu tun, die Novartis seit dem Jahr 2001 vorantreibt. Der Life-Scien-

Grosser Rat Berichterstattung aus dem Rathaus

ces-Konzern verwandelt sein ehemaliges Werkareal St. Johann Schritt für Schritt in einen Campus des Wissens. Die Strategie lautet, einen Ort der Innovation und Begegnung zu schaffen, auf dem die Konzernfunktionen Forschung, Entwicklung, Marketing und Verwaltung konzentriert sind. Dazu gibt es eine Grundsatzvereinbarung zwischen dem Kanton Basel-Stadt und Novartis aus dem Jahr 2005, die abgeschlossen wurde, damit der Konzern den Campus

Umgestaltung dauert drei Jahre Arbeiten am Luzernerring und Wasgenring beginnen 2012 Basel. Ein umstrittenes Projekt kommt

in die Realisierungsphase: Die 30 Millionen Franken teure Umgestaltung des Luzernerrings und Wasgenrings erhielt in der Volksabstimmung vom 27. September 2009 nur 51,2 Prozent Ja-Stimmen, aber das Referendum der Autound Wirtschaftsverbände war damit gescheitert. Jetzt sind die Bauarbeiten für zwei Abschnitte ausgeschrieben, denn Ende März 2012 sollen die Bauarbeiten beginnen, wie das Bau- und Verkehrsdepartement mitteilt. Das Ziel sei, den Verkehr zu verflüssigen. «Die Umgestaltung wird voraussichtlich Mitte 2015 abgeschlossen sein», heisst es. Aber in den einzelnen Teilen würden die Arbeiten nur eineinhalb bis zwei Jahre dauern, sagt Projektleiter Thomas Weiss vom Tiefbauamt. Begonnen wird im Wasgenring und im Luzernerring sowie in der Burgfelderstrasse. Erst 2013 kommt der neue Kreisel bei der Kreuzung der Hegenheimerstrasse an die Reihe. Weil der Verkehr immer aufrechterhalten wird, muss er im Wasgenring schon während der Bauzeit auf je eine Spur pro Richtung reduziert werden. Dieser Rückbau war ein Grund für das Referendum. ur

arrondieren und besser in sein Umfeld integrieren kann. Ein zentraler Punkt darin ist der Verkauf des Areals des Unterwerks Volta an Novartis. Als die beiden Parteien den Deal aushandelten, gingen sie davon aus, dass das Unterwerk Volta mittelfristig in den Untergrund oder an einen anderen Ort verlagert werde und dass Novartis die oberirdische Fläche zur Grünerhaltung nutzen kann. Inzwischen hat sich nach genaueren Abklärungen herausgestellt, dass die geplante Verlegung mit grossen technischen Schwierigkeiten und immensen Kosten verbunden wäre – der Plan wurde fallen gelassen. Die Folge ist, dass die Industriellen Werke Basel (IWB) das Unterwerk Volta sowohl oberirdisch als auch unterirdisch langfristig für die Stromversorgung benötigen. Novartis wird nun den IWB ein unbefristetes Baurecht gewähren, was die Stromversorgung für Basel Nord nachhaltig sichert. Vertragstreue angemahnt Die beiden Vertragspartner gingen allerdings nochmals über die Bücher und änderten die Grundsatzvereinbarung ab: Der Kanton sollte das Unterwerk-Areal in seinem Eigentum behalten und Novartis auf den nicht benötigten Freiflächen ein oberirdisches Nutzungs- und Gestaltungsrecht einräumen. Damit musste keine Umwidmung des Areals erfolgen, da es ja nicht mehr verkauft werden sollte. Doch Novartis kam nochmals darauf zurück und wünschte wieder die ursprüngliche Version des Deals – darum kam das Geschäft nun in den Grossen Rat.

Ständeratswahlrecht für Auslandschweizer Basel. Bei den nationalen Wahlen konnten in Basel-Stadt stimmberechtigte Auslandschweizer zwar an den Nationalratswahlen teilnehmen, nicht aber an den Ständeratswahlen, weil letztere nicht nach Bundes-, sondern nach kantonalem Recht funktionieren. Einige Kantone, zum Beispiel Baselland oder Zürich, lassen die Auslandschweizer auch an den Ständeratswahlen teilnehmen. Basel-Stadt könnte bald dazugehören. Der Grosse Rat hat gestern mit 43 zu 23 Stimmen bei sechs Enthaltungen eine entsprechende Motion von Baschi Dürr (FDP) der Regierung überwiesen. daw

Verteilschlüssel für Asylsuchende prüfen

Voltaplatz

Bleibt stehen. Der Kanton braucht das Unterwerk Volta noch lange. Über dieses

Nachrichten

Voltastrasse

Dreirosenbrücke

Wird übernommen. Die Parzelle, auf der das Unterwerk Volta (rot) steht, liegt am Rand des Novartis Campus. Deshalb will der Konzern sie kaufen. Grafik BaZ/dp

Andreas Albrecht (LDP) erläuterte als Präsident der Bau- und Raumplanungskommission diese Vorgeschichte und mahnte, der Kanton müsse gegenüber dem Konzern vertragstreu sein. Eine Verweigerung von dessen Anliegen sei nicht gerechtfertigt, auch nicht angesichts der Entlassungen, die Novartis kürzlich angekündigt hat. Die Firma habe ihr Bekenntnis zum Standort Basel hinlänglich bekräftigt. Schräger Deal Für Baudirektor Hans-Peter Wessels ist der Deal zum Wohle beider Seiten ausgestaltet. Es gebe kaum ein anderes Geschäft, bei dem der Kanton in diesem Ausmass profitieren könne. Rückweisung, die von der SP beantragt wurde, wäre ein sehr schlechtes Signal. Wessels’ Partei, die SP, stellte den Rückweisungsantrag dennoch. Jörg Vitelli (SP) begründete ihn damit, dass der ganze Deal «sehr schräg» sei: Für Novartis habe das Areal keinerlei strategische Bedeutung, für den Kanton hingegen schon, weil die ganze Stromversorgung von Basel Nord über dieses ­Unterwerk laufe. Warum der Kanton immer nur für die Wünsche der Novartis einstehe, nicht aber für die übergeordneten Interessen des Kantons, in diesem Falle der Stromversorgung, wollte Patrizia Bernasconi (GB) wissen. Der Verkauf sei nicht gerechtfertigt. Beim Deal gebe es nur Verlierer, fügte Brigitta Gerber (GB) bei; der Abschnitt Brückenkopf müsse für die Bevölkerung offen bleiben. Und SP-Fraktionspräsidentin Tanja Soland bemerkte,

man müsse nicht alles durchwinken, nur weil es sich bei Novartis um einen gros­ sen Arbeitgeber handle. Hier gelte es für die Interessen der ganzen Bevölkerung einzustehen. Und: Novartis habe ein negatives Signal ausgesandt, als sie trotz Gewinn Entlassungen ankündigte. Positiv sahen es aber die Bürgerlichen. Baschi Dürr (FDP) bemerkte kurz und trocken, hier zeige sich wieder einmal, wie die Linke wirklich ticke. Heiner Vischer (LDP) meinte, der Verkauf mache nicht nur für Novartis Sinn, sondern auch für den Kanton respektive die IWB. Remo Gallacchi (CVP) stimmte dem Verkauf ebenfalls zu, und Heinrich ­Ueberwasser (SVP) pochte auf Vertragstreue: Nur wenn der Kanton vertragstreu bleibe, könne er von Novartis auch Standorttreue einfordern. Gegen Fundamentalopposition David Wüest (GLP) mahnte, nicht auf Fundamentalopposition zu gehen: «Das ist nicht der richtige Umgang mit diesem Unternehmen.» Und er empfahl, einmal über die Strategie zu diskutieren, welches Land der Kanton verkaufen und welches er behalten wolle. Mit 49 zu 39 Stimmen wurde der Rückweisungsantrag der SP abgelehnt und danach der Verkauf mit 53 zu 35 beschlossen. Ein Vorstoss von Esther Weber (SP), die eine Veloverbindung östlich der Voltamatte und auf der Hinterseite des IWB-Gebäudes gefordert hatte, wurde abgeschrieben. Die Sicherheit der Velofahrer sei heute schon genügend gewährleistet, hatte die Regierung gesagt.

Basel. Der Grosse Rat will, dass der Bund den Verteilschlüssel für Asylsuchende überprüft. Eine entsprechende Standesinitiative von Sebastian Frehner (SVP) hiess der Grosse Rat mit 40 gegen 19 Stimmen gut. Derzeit werden die Personen den Kantonen allein aufgrund der Bevölkerungsstärke zugewiesen. So muss Basel-Stadt 2,2 Prozent der Asylsuchenden aufnehmen, Zürich 17 Prozent, Obwalden 0,5 Prozent. Nicht nur die Einwohnerzahl eines Kantons, sondern auch die Fläche sollen ausschlaggebend sein, fordert Frehner. Neben den Bürgerlichen unterstützten auch die SP und die Regierung die Standesinitiative. daw

Hinterbank

Auf der Allmend wird es eng Alles Zur-Eile-Mahnen des Parlamentspräsidenten nützte nichts. Wie ein zäher Teig zog sich die Traktandenliste in die Länge und ging schliesslich in einer Nachtsitzung auf. Zum bunten Potpourri der Geschäfte gehörte beispielsweise jener Vorschlag von der SP mit Namen: «Ausstattung öffentlicher Grünflächen mit Outdoor-Fitness­ geräten». Überraschenderweise fand dieser – tschuldigung – sportliche Schuss ins Blaue sogar eine Mehrheit. Nun darf sich die Regierung damit herumschlagen und dem Rat berichten. Das dürfte dauern. Ein monatelanges Brüten der Allmendverwalter zeichnet sich ab. Denn wo, bitteschön, soll denn noch Platz für öffentliche Fitnessgeräte zu finden sein, wenn erstmal all die «öffentlichen Grillanlagen» (wie sie ebenfalls in einem bereits überwiesenen SP-Vorstoss gefordert werden) aufgestellt sind? daw

Hobbygärtner haben noch fünf Jahre Ruhe Welche Familiengärten genau verschwinden, bleibt trotz des revidierten Zonenplans unklar Von Rolf Zenklusen Basel. Paul Kotzolt blinzelt in die

Herbstsonne und nickt. «Ich verstehe, dass dieser Platz attraktiv ist für den Bau von Wohnungen», sagt der Präsident des Familiengartenvereins (FGV) Bettingerweg. Sein Familiengarten mitten im Dreieck Bettingerweg/Grenz­ acherstrasse/Hörnliallee bietet einen wunderbaren Ausblick auf die bewaldete Hügelkette des Riehener Aus­serbergs. «Hier ist es aber auch attraktiv für Familiengärten», fährt Kotzolt fort. «Fünf Jahre haben die Hobbygärtner noch Ruhe», sagt er und beruft sich dabei auf einen Vertrag, den der FGV mit Regierungsrat Hans-Peter Wessels abgeschlossen hat. Was danach kommt, wisse niemand. Klar sei nur, dass am Bettingerweg rund 100 der 350 Gärten verschwinden. «Die Ungewissheit sorgt hier für eine getrübte Stimmung», sagt Kotzolt.

Wohnungen für 2000 Einwohner Auch der revidierte Zonenplan, der seit gestern öffentlich aufliegt, gibt keinen Aufschluss darüber, welche Gärten es trifft. Im Dossier steht, dass auf den Freizeitgartenarealen Bettingerweg und Rankhof eine Bebauung mit Wohnungen für rund 2000 Einwohner geplant

ist. «Vorgesehen sind auch bis zu 75 Meter hohe Häuser», erklärt Kotzolt, der das 73-seitige Papier gestern studiert hat. Geplant sei zudem ein Landschaftspark, teilweise durchsetzt mit Familiengärten. Überrascht über den Inhalt des revidierten Zonenplans war Kotzolt nicht: «Die Anforderungen des Gegenvorschlags sind voll in den Zonenplan eingeflossen. Damit wird der Volkswille respektiert.» Im Fall der Areale Bettingerweg und Rankhof wurden der Bauzone sogar zwei Hektaren weniger zugeteilt, als ursprünglich angekündigt. Am 15. Mai 2011 hat das Stimmvolk den Gegenvorschlag zur FamiliengartenInitiative mit 54,8 Prozent angenommen, während die Initiative für den vollständigen Erhalt der Gärten abgelehnt wurde. Gemäss dem Gegenvorschlag müssen 80 Prozent der Freitzeitgarten-Areale auf dem Stadtgebiet erhalten werden. Ein weiterer Blick auf den revidierten Zonenplan zeigt: Neben den erwähnten Gärten, die am Bettingerweg verschwinden, müssen sich auch Mitglieder des FGV Rankhof von 53 Gärten trennen. Betroffen ist ebenfalls der FGV Milchsuppe; er weiss, dass im oberen Teil seines Areals entlang der Burgfelderstrasse 70 Gärten einer Überbauung

Garten mit Ausblick. Paul

Kotzolt, Präsident des Familien­ garten­vereins, versteht, dass der Platz beim Bettingerweg für den Bau von Wohnungen attraktiv ist.  Foto Henry Muchenberger

weichen müssen. «Mit dem revidierten Zonenplan können wir leben», sagt Paul ­Kotzolt, der auch Co-Präsident des Zentralverbandes der Basler FGV ist. Vonseiten der FGV kämen sicher keine Einsprachen; dafür könne er garan­tieren. Riehen lässt Gärten unangetastet «Die da drüben haben Glück.» Der Familiengärtner zeigt ein paar Meter in Richtung Hörnliallee. Dort befindet sich die Grenze zu Riehen. In der Landgemeinde existiert ebenfalls eine Familiengarten-Initiative, die aber nach Verhandlungen mit der Gemeinde kurz vor

dem Rückzug steht. «Die Gärten auf Riehener Boden werden nicht angetastet», sagt Kotzolt. Im Falle von Basel ist er aber froh, dass die Familiengärtner an der Initiative festgehalten und sie zur Abstimmung gebracht haben. «Hätten wir die Initiative zugunsten des Gegenvorschlags zurückgezogen, hätten wir nie erfahren, was das Volk will», sagt Hobbykoch ­Kotzolt und blickt auf sein Winterge­ müse, einen Strauss Federkohl, der im Herbst prächtig ausgeschlagen hat. «Sobald es zwei- bis dreimal gefroren war, kann ich ihn ernten.»