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Adler mit vergoldeten ausgebreiteten Flügeln. ... über ihm schwebte der Adler, der das Zepter im. Schnabel ... das Blut seinen Rücken hinunter und befleckten.
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Angelika Merkel

Nephazus – Söhne des Lichts Band 1

Fantasyroman

© 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag, Berlin Coverbild: Angelika Merkel: Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0605-8 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt .

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Schmerzliche Wahrheit

Lange dauerte es, bis sie aufwachten. Stumm und weinend lagen sie nieder. Die unwiderruflichen Worte betrachtend, erhoben sie sich nur langsam wieder. Denn mit dem Licht, dem Licht der Wahrheit das Sie zuvor nicht gewahrten, erkannte jeder mit schmerzlicher Bitterkeit die Lüge, die sie für wahr gehalten.

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Die verlorene Stadt

Eine kleine Gruppe Menschen marschierte geradewegs durch den nördlichen Teil Nebellands, das mit Tausenden von kleinen und großen Seen gespickt war. Kleine Inseln ragten heraus, verbanden sich in unzähligem Gewirr von natürlichen Landstreifen und üppig bewaldeten Felskuppen. Allerlei Büsche und Pflanzen säumten die Waldränder und kleineren Lichtungen. Die Wipfel von riesigen Fichten, Kiefern und Tannen ragten hoch empor. Es schien, das sich die Bäume im Wettstreit miteinander befanden, um dem Himmel näherzukommen. Große Waldhirsche, Höhlenbären und anderes Getier reichten sich hier die Hand. Dieser Abschnitt Nebellands zeugte von unbezähmbarer Wildheit und unendlicher Freiheit. Doch weiter im Norden begann das Gebiet bis hin zu den Bergen rauer, sumpfiger, morastiger und düsterer zu werden.

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Und hier lebten die gefährlichen Basilisken, die sich durch ihr ständiges Zischen verrieten oder plötzlich ohne Vorwarnung auftauchten und zuschnappten. Selbst die Riesenschlangen schienen diesen Raubechsen aus dem Weg zu gehen. Regen und Nebel wechselten sich beständig in diesem unwirtlichen Gebiet ab. Die Ausläufer der Berge des Nordens endeten nordöstlich an einer wild zerklüfteten Küste mit zahllosen Klippen und gigantischen Fjorden. Südwestlich des Gebirges stieß man auf weite Ebenen und seichte Hügel, die schließlich in imposante Berge übergingen und von Tälern und Flüssen durchzogen waren. »Die Idee, uns in dieses Land zu schicken, von wem stammte die gleich noch mal?« Die Frage hatte Kendro mehr an sich selbst gerichtet, doch der Mann, der neben ihm herstapfte und missmutig sein Schwert in das Dornengestrüpp vor ihm niedersausen ließ, hatte es verstanden. Er hielt erstaunt in seiner Tätigkeit inne. »Ihr wisst doch! Eure Hoheit Königin Mariam gab den Befehl!«

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»Verdammt! Ich habe euch nicht nach eurer Meinung gefragt. Passt lieber auf, was vor uns geschieht!« knurrte Kendro schlecht gelaunt den Mann an. Der Maßgeregelte zuckte kurz mit den Schultern und widmetet sich noch inbrünstiger dem Gebüsch. Kendro blickte finster hinter sich. Am Anfang dieser Expedition vor fünf Tagen waren sie noch zwanzig an der Zahl. Alle waren sie aus dem Kerker Terras. Deserteure, Wilddiebe, Betrüger und jetzt fehlten fünf Menschen. Urplötzlich waren sie verschwunden, als ob die Erde sie verschluckt hatte. Hätte er gewusst, was dieses Land verbarg, hätte er niemals Mariam aufgefordert, sich für diese Expedition einzusetzen. Mit dem Impuls der Wut trat Kendro mit solch einer Wucht nach einem im Weg liegenden Stein, das er vor Schmerz unmittelbar aufstöhnte. *** Manchmal versank Mariam in Träume, wenn sie in den Schriften las, die einst vor vielen, vielen 6

Jahren ihr Urahn geschrieben hatte. Erinnerungen an Geschichten, die ihre Eltern ihr erzählten, kamen auf. Sie hatte es geliebt und mit Spannung stets zugehört doch niemals hatte sie es gewagt, jene Schriftrollen in die Hand zu nehmen. Zuviel Ehrfurcht hatte sie vor diesem Mann, der vor über vierhundert Zyklen mit einer Gruppe von Menschen plötzlich hier auf Koratos auftauchte, den unerwarteten Gefahren trotzte und Marcwell errichtete. Gerade las sie in einer Abhandlung über einstige Länder namens Finnland, Norwegen und Schweden. So nannte der Verfasser, ihr Urururgroßvater Marcus Weller diesen Teil der damaligen Welt, den sie heute Nebelland nannten. Das, was sie las, klang für sie wie das Paradies. Der uralte Planet, auf dem sie lebten, hatte so eine wundervolle, wilde Natur und doch hatten jene Menschen dieser Zeit letztendlich alles zugrunde gerichtet. Vielleicht war ja Nebelland noch genauso in seiner Ursprünglichkeit, wild und ungezähmt? Vom höchsten Turm Terras aus konnte man bei gutem Wetter die spiegelnden Flächen der vielen 7

Seen im Norden erkennen. Meistens aber waren sie von Dunst umgeben. Seit längerer Zeit hörte man Gerüchte, die dieses Land betrafen. Kräuterkundige hatten schon immer behauptet, dass es dort seltene Pflanzen gab, die nützlich für verschiedene Heilmethoden wären. Man entsandte Freiwillige, die mit dem Bericht zurückkamen, dass es eine Vielzahl von Pflanzen dort gab. Zum Teil unbewusst, von Habgier getrieben oder von Abenteuerlust gepackt taten diese Leute genau das, was einst die damalige Menschenwelt zum Scheitern verurteilte. Sie fingen an, das Land und die Natur auszubeuten. Mit der Zeit wurden diese Pflanzen und Büsche seltener, man hatte sie regelrecht abgeerntet und man musste tiefer in dieses fremdartige Land eindringen. Immer seltener kehrten die Leute zurück, bis niemand mehr kam. Kendro hatte recht. Sie, die sie Königin war, konnte verbieten, dort nur eine weitere Pflanze zu rauben, aber um Genaueres herauszufinden musste man dieses Land kennenlernen. Vor allem blieb immer noch die Frage offen, warum 8

Menschen, die es gewagt hatten, in Nebelland einzudringen, nicht mehr zurückkamen? Es war ihre Pflicht dem auf den Grund zu gehen. Die Idee hatte sie sofort in Angriff genommen und für den nächsten Tag eine Versammlung der wichtigsten Persönlichkeiten einberufen. Verwundert darüber standen die gerufenen im Thronsaal. Es waren der oberste Bibliothekar und zwei seiner Helfer, die ihr während des Studiums der Schriftrollen zur Seite standen. Ebenso auch Kendro, Hauptmann der königlichen Wache, jener, der sie darauf aufmerksam machte und ihr Gemahl König Thielen. Mit Verspätung und beladen mit Schriftrollen ihres Urahns trat sie ein. Außer Atem aber lächelnd begann sie ihren Vortrag und schloss mit dem Vorhaben einer sogenannten Expedition, an der sie selbst teilhaben wollte. Thielens Stimme donnerte mitten in den letzten Satz. »Oh nein! Liebste Mariam! Ich lasse es nicht zu, das ihr euch in Gefahr begebt. Zumal … Ihr seid meine Gemahlin und damit auch die Königin von Terranien.« 9

»Aber, Menschen verschwinden und wir …«, versuchte sie zu widersprechen. Dabei funkelte sie wütend König Thielen an, als er erneut Ihr ins Wort fiel. »Hauptmann Kendro? Hat sich jemand gemeldet der irgendwen vermisste?«, wandte sich Thielen an Kendro, ohne auch nur Mariams Blick auszuweichen. »Eure Majestät! … Nun ja, es gibt einige Gerüchte darüber, dass Händler und Jäger, die sich auf den Weg ins Nebelland machten, noch nicht zurückkehrten,« stammelte der Angesprochene irritiert über diese Frage. »Ich fragte euch, ob sich jemand gemeldet hatte? Antwortet mir nur auf diese Frage, Hauptmann!« Noch immer hielt Thielen den Blick seiner Gemahlin stand. »Nein! Eure Majestät, es hat sich niemand gemeldet. Allerdings sollen es keine Bewohner Terras …« »Das reicht mir!«, unterbrach der König, »lasst mich mit meiner Gemahlin alleine, sofort! Und ich möchte keine Störung.«

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Leise vor sich hinmurrend aber gehorsam verließen die Anwesenden den Saal. Noch während die Tür sich am Verschließen war, blickte Kendro verstohlen zurück. Es war still in dem großen Saal. Viel zu still fand plötzlich Mariam. Sie betrachtete die Miene ihres Gatten. Keine Mimik verriet ihr, was in ihm gerade vor sich ging. Er war ihr in diesem Augenblick fremd, so fremd. Sie runzelte die Stirn und ihr zorniger Blick verflog. Thielen hatte sich von Mariam abgewandt, als die Tür endgültig ins Schloss fiel. Er machte ein paar Schritte auf den Thron zu. Mehrere Stufen führten auf eine Empore hinauf. Unverrückbar stand der pompöse Stuhl dort, von Meisterhand in langer Arbeit gemeißelt aus nur einem einzigen, großen weißen Steinblock. In der Tat eine meisterhafte Leistung. Eine Steinplatte, auf vier gefertigten Säulen in Form von starken Löwenpranken. Zwei große Löwenköpfe ragten monströs an den oberen Enden der vorderen Säulen und die Armlehnen waren silberne Adler mit vergoldeten ausgebreiteten Flügeln. 11

Die Rückenlehne aber war geradlinig in die Höhe gezogen. Sie glich einem Torbogen und wurde von. Hunderten vergoldeten Holzplättchen und Einlegearbeiten aus Halbedelsteinen verziert, die ein Wappen bildeten. Ein Löwe war mit einem Schwert in den Pranken abgebildet und über ihm schwebte der Adler, der das Zepter im Schnabel trug. Thielen starrte stumm auf den Stuhl und verzog unweigerlich sein Gesicht, als ihm spontan eine Erinnerung einfiel. Hatte er sich doch als kleiner Junge heimlich auf den Thron gesetzt. Fasziniert war er davon, nachdem er öfter gesehen hatte, wie sein Vater majestätisch dort saß und über das Schicksal einiger Verbrecher gerichtet hatte. Er wollte es nachspielen und hatte sich gemütlich zurückgelehnt doch sofort höllisch aufgeschrien, als sich ihm scharfe Spitzen in den Rücken bohrten. In kleinen Rinnsalen floss das Blut seinen Rücken hinunter und befleckten sein Hemd. Wachsoldaten hatten ihn wimmernd vorgefunden. Noch einige Tage danach schmerzte sein Rücken. Seit jenem Tag hatte er Respekt vor die12

sem Stuhl. »Eines Tages wirst du selbst als König dort sitzen und das Schicksal von Tausenden wird in deiner Hand liegen«, mahnte sein Vater während der Strafpredigt. Die Mutter hatte nur ernst dabei gestanden. Die anfängliche Faszination und Begeisterung darüber, ein mächtiger Herrscher zu werden, schrumpfte in sich zusammen. Und sein Gesicht zeigte unweigerlich seinen Widerwillen, nachdem man ihm dann auch noch auf das Geheimnis des prachtvollen Sitzes hinwies. »Und diesen Satz, der dort oben steht, solltest du dir von nun an einprägen«, sprach sein Vater damals wütend weiter und zeigte dabei auf die Rückenlehne des Throns. Mariam erschrak, als plötzlich die Stimme ihres Gemahls durch den großen Raum hallte. »Wie kommt Ihr darauf, aufgrund von Gerüchten, eine Versammlung einzuberufen? Uns allen von Pflichten fernzuhalten! Und vor allem, was soll das heißen, Ihr selbst wolltet ins Nebelland?« Er stand mit dem Rücken zu ihr und blickte immer noch zu dem Thron hinauf. »Wir müssen dem Verschwinden dieser Leute auf den Grund gehen und darum habe ich mich 13

angeboten. Ihr habt als König genug andere Verpflichtungen.« Sie schritt zu ihm, wollte ihrem Gemahl in die Augen schauen. Er beachtete sie nicht, zeigte auf den pompösen Stuhl und brummte unwirsch: »Setzt euch auf den Thron!« Mariam kam es so vor, als ob die Stimme Thielens gereizter klang. »Was? Warum?« »Tut es einfach!« »Aber niemand außer der König darf dort sitzen!« »In der Tat! Das sagt das Gesetz! Aber ich als König kann durchaus eine Ausnahme gestatten.« Sie gehorchte, ging die fünf Stufen nach oben. Verunsichert blieb Mariam vor dem Stuhl stehen. Das Wappen strahlte sie mit all dem Glanz an und das Weiß des Steins ließ die Pracht noch hervorheben aber das war auch das einzige Schöne an diesem Thron. Kein Kissen, keine Decke, nichts deutete darauf hin, das man bequem sitzen würde. Die Sitzfläche war kalter, nackter Stein. Zögernd setzte sie sich hin. Sofort spürte sie durch ihr Kleid, wie die Kälte versuchte, an ihr 14

hinaufzukriechen. Ein kurzer Schauder lief ihr über den Rücken. Thielen stand noch immer vor der Empore und schaute nun ernst zu ihr hinauf. »Warum habt ihr nicht vorher mit mir darüber gesprochen?« Seine Stimme klang nach wie vor gereizt, doch jetzt vermischten sich Enttäuschung und Anklage mit hinein. »Ich war der Meinung, dass Ihr mein Anliegen nicht ernst nehmen würdet, liebster Gemahl.« »Steht es so schlimm mit uns? Nun, ich muss zugeben, dass mich andere, wichtigere Pflichten als Nebelland beanspruchten.« »Das ist mir durchaus bewusst, aber ihr vergaßt in der ganzen Zeit dabei eure Gemahlin und eure Söhne.« Thielens Miene verfinsterte sich. »Also ist das der eigentliche Grund? Es ging nicht um die Vermissten und Nebelland? Es ging um uns?« Mariam schaute ihren Gemahl erstaunt und ein wenig verwirrt an. Wie sollte sie darauf antworten? Sie kam nicht dazu, weiter über diesen Umstand nachzudenken, denn Thielen stieg nun 15