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stellte ihr anbot. Nein, billig war es nicht, aber es war vielversprechend. ... sonst alles Erdenkliche vorhanden sein sollte, wie ihr die Prospekte versichert hatten.
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Sigrid Lenz Denis Atuan

Natalies Reise Band 2 Erotik-Roman ab 18 Jahre

© 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag, Berlin Fotografie: John Whitehead Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0183-1 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt .

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Natalies erster Tag Natalie lehnte gegen die Reling und sah auf das Meer hinaus. Unruhig rollten die Wellen, gleichmäßig und doch unterschied sich jede Einzelne von ihrer Vorgängerin. Was sie antrieb, war nicht zu erkennen. Als ob eine verborgene Kraft das Wasser daran hinderte, zur Ruhe zu kommen, es nach Belieben und Vergnügen in ein Muster zwang, das auf den Beobachter eine hypnotische Wirkung ausübte. Natalie konnte ihren Blick nicht abwenden. Es gelang ihr kaum zu blinzeln. Insgeheim warf sie dem beißenden Wind und der salzigen Seeluft das Brennen in ihren Augen vor. Unmöglich lag es daran, dass sie sich plötzlich allein fühlte. Und das am ersten Tag ihres Urlaubs. Als ob sie nicht gewusst hätte, dass sie sich auf einer Single-Kreuzfahrt befand, auf einer Reise, die sie bewusst gewählt hatte. Einsamkeit war nichts Schlechtes, manchmal notwendig, um zur Ruhe zu kommen.

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Und Vladimir hatte nicht das Geringste damit zu tun, dass sie sich in ihrer Haut nicht wohlfühlte. Dass sie nicht einmal entfernt ahnte, wie sie es anstellen sollte, sich zu entspannen. Natalie seufzte. Das Geräusch ging unter im Rauschen der Wellen und im Geschrei der Möwen. Sicher hatte sie die richtige Wahl getroffen. Keine Macht der Welt hätte sie in das Hotel zurückgebracht, in dem sie Vladimir begegnet war. Zu viele Erinnerungen lauerten dort. Zu hoffnungsfroh und glücklich war sie, als sie es verlassen hatte. Dennoch war ihr Körper wie von selbst in das Reisebüro gewandert, in dem sie ihren letzten Urlaub gebucht hatte. Als lenkte ein fremder Wille ihre Schritte, so kam es ihr vor, als sie plötzlich wieder an dem Tisch saß, als der junge Mann mit dem strahlenden Lächeln die Prospekte vor ihr ausbreitete. In diesem Moment war ihr klar geworden, dass sie nur noch raus wollte, raus aus der Eintönigkeit, aus der ständigen Sehnsucht, aus dem Erstarren in unerfüllten Wünschen, in Plänen, die sie weder in Worte, noch in Gedanken fassen konnte. 4

Und nach kurzem Zögern hatte sie auch das Zusatzprogramm mit gebucht, das der nette Angestellte ihr anbot. Nein, billig war es nicht, aber es war vielversprechend. Sie werde ja sehen, ob es auch das hielt, was es versprach. Und nun befand sie sich auf dem Schiff, auf der MS Aphrodite, das bereits in Erwartung des Ablegens erzitterte. Doch bedeutete es ihr nichts, erhoffte sie sich nichts, fühlte sie nichts als Müdigkeit. Schwere, lähmende Müdigkeit, die sie für Erschöpfung hielte, wenn sie wüsste, woher sie rührte. Es konnte nicht daran liegen, dass Vladimir nicht zu erreichen war. Dass er, wenn er sich mit ihr traf, zu keinem einzigen Zugeständnis bereit schien. Immer darauf bedacht, sich keine Blöße zu geben, nicht zu viel von sich zu verraten, ihr keinen Einblick in seine Seele zu gewähren. Als sie das bemerkte, war es bereits zu spät. Sie empfand zu viel für ihn. Doch Vladimir erwiderte ihre Gefühle nur mit neu errichteten Mauern. Und irgendwann wusste sie sich nicht mehr zu helfen, sah sie keinen anderen Weg, als einen Schlussstrich zu ziehen. Es war nie ihre Art ge5

wesen, sich zurückzulehnen und geduldig abzuwarten. Sie war eine Frau des 21. Jahrhunderts, selbstbewusst und entschlussfreudig. Das ließ sie sich nicht von einem Mann kaputtmachen. Sie nicht. Ohne es zu bemerken, seufzte Natalie erneut, als mit einem Mal der Boden unter ihren Füßen bebte. Sie hatte tatsächlich nicht bemerkt, dass das Schiff ablegte. Einen kurzen Blick warf sie auf die Passagiere, die sich ein Stück entfernt von ihr befanden, die lachten, jubelten und dem Ufer eifrig Lebewohl winkten. Natalie schüttelte den Kopf, bevor sie sich unter Deck begab. Ihre Kabine hatte sie bereits bezogen, die Schränke begutachtet und die wenigen Dinge verstaut, die sie mitgenommen hatte. Viel brauchte sie nicht. Schon gar nicht, da es an Bord Geschäfte mit allem Notwendigen gab. So wie auch sonst alles Erdenkliche vorhanden sein sollte, wie ihr die Prospekte versichert hatten.

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Als ein neuer Mensch sollte sie zurückkehren, zufrieden, erholt, erfüllt von neuen Eindrücken. Natalie presste ihre Lippen zusammen. Sie war zu erfahren, zu viel gereist, um auf solche Versprechungen hereinzufallen. Was ihr bevorstand, war eine hoffentlich langweilige Seefahrt. Ereignislos genug, dass ihr die Meeresluft die Flausen aus dem Kopf treiben konnte. Dass sie sich innerlich ruhig nach ihrer Rückkehr wieder auf ihre Arbeit konzentrieren konnte. Die Tür öffnete sich, und Natalie steckte die Chipkarte wieder in ihre Handtasche zurück. Was sich alles verändert hatte – ihr war nicht klar, was mit einfachen Schlüsseln nicht in Ordnung gewesen war. Mit Ausnahme dessen, dass der simple, mechanische Akt des Öffnens einer Tür keinen Stromverbrauch erfordert hatte. Natalie sah sich um. Flachbildfernseher, Stereoanlage, natürlich auch Telefon und Laptop standen hübsch aufgereiht dem ausladenden Bett gegenüber. Man war hier durchaus auf eine wohlhabende und zugleich vollbeschäftigte Klientel eingestellt. Vielleicht war sie fast fehl am Platz mit ihrer Ab7

sicht, sich in ihrem Weltschmerz so gar nicht stören zu lassen. Vielleicht wäre eine einsame Berghütte die bessere Wahl gewesen. Natalie runzelte die Stirn. Der junge Mann aus dem Reisebüro hatte allerdings eine Art an sich gehabt, die keinen Widerspruch duldete. Es sah Natalie gar nicht ähnlich, sich davon ins Bockshorn jagen zu lassen. Sie, die ständig mit Kunden und einflussreichen Geschäftspartnern verhandelte, ging doch nicht einfach so auf den erstbesten Vorschlag ein, der ihr präsentiert wurde. Es hatte sicher nichts mit Vladimir zu tun. Natalie schwor es sich – keinen Gedanken werde sie mehr an ihn verschwenden. Entschlossen griff sie nach einem bequemen Kostüm. Sie hatte Ferien. Das Wenigste, was sie tun konnte, war, das Beste daraus zu machen. Es tat gut, die Reisekleidung abzulegen. Sie erfrischte sich kurz, schlüpfte in ihr Kostüm, nahm ihre Handtasche und verließ die Kabine. Dort herumsitzen konnte sie auch noch, wenn sie sich ein Bild von dem Schiff gemacht hatte. Natalie trat auf den Flur hinaus. Es war ruhig. Erstaunlich ruhig. Sie konnte es gar nicht fassen, 8

dass sie sich bereits in Bewegung befanden, dass das Schiff mit beeindruckender Geschwindigkeit seinen Weg zurücklegte, ohne dass sie es körperlich spürte. Der Teppich war blau und glänzte seidig. Natalie vermutete, dass er auf die Seereise anspielen sollte. Ebenso wie die in regelmäßigen Abständen angebrachten Wandgemälde, die Szenen aus verschiedenen Mythologien darstellten. Zuerst hielt sie die Darstellung schlicht für Abbilder von Nixen und Meeresgöttern, doch bei genauerer Betrachtung fiel ihr auf, dass immer wieder überlieferte Geschichten in ihnen versteckt waren. Natalie hielt sich für eine gebildete Frau, aber manche der Szenen erschienen ihr auf den ersten und auch auf den zweiten Blick fremd. Sie ging weiter, folgte der Anleitung auf der Broschüre, die man ihr beim Betreten des Schiffes ausgehändigt hatte. Sie hatte den Mann nicht angesehen, der ihr die Papiere übergab. Eigentlich hatte sie nirgendwo hingesehen, sich für nichts interessiert, was vor ihr lag. Doch als sie die Broschüre aufschlug und

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vorsichtig berührte, kam es ihr vor, als erinnere sie sich auf einmal gestochen scharf. Es war ein Steward gewesen, schlank und hochgewachsen. Er trug einen weißen Anzug mit goldenen Knöpfen, mit Borten an den Schultern und eine keck sitzende Kapitänsmütze. Ein junger Mann. Und während sie darüber nachdachte, glaubte sie, sich sicher zu sein, dass sie mehrere Stewards dort gesehen hatte. Sie sah sich um, doch entdeckte niemanden in Uniform. Vereinzelte Passagiere befanden sich wie sie auf Erkundungstour. Natalie betrachtete die Schwimmbäder, ging an verschiedenen Cocktailbars vorbei und ließ sich angenehm von der eleganten und dennoch dezenten Ausstattung des Restaurants überraschen. Die Einkaufsmöglichkeiten beeindruckten sie weniger, die alternativen Angebote der 24 Stunden am Tag geöffneten Cafés ebenso wenig. Sicher hatte sie lange nicht alles gesehen, als sie bereits die Lust verlor. Das Schiff war riesig. Und doch war es nur ein Schiff. Sie konnte sich vor-

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stellen, was sich noch darin befand. Weitere Kabinen, weitere Vergnügungsmöglichkeiten. „Haben Sie gefunden, was sie suchen?“ Natalie sah auf. Wie aus dem Boden gewachsen stand der Steward vor ihr. Sie erkannte ihn intuitiv. Dass sie sich bereits wieder unter Deck befand, war ihr nicht einmal bewusst geworden. „Ja, danke“, nickte sie und setzte ihr künstliches Lächeln auf. Der Mann nahm seine Mütze ab und fuhr sich durch das überraschend lange Haar. Er legte seinen Kopf schief und betrachtete sie prüfend. Einen Moment lang war ihr sein Blick unangenehm. Da lächelte er und entblößte eine Reihe perlenweißer Zähne. „Ich denke nicht“, meinte er dann leise und beugte sich zu ihr. „Soll ich ihnen zeigen, was unser Schiff zu bieten hat?“ Natalie hob die Augenbrauen. „Ich weiß nicht“, überlegte sie einen Moment. „Ich denke, dass ich alles gesehen habe.“ Das Lächeln des Stewarts verbreiterte sich. „So, wie ich Sie einschätze, interessieren Sie sich für den technischen Aspekt. Vielleicht fänden Sie

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Gefallen an einer Führung durch den Maschinenraum?“ Natalie spitzte sie Lippen. Wie kam der Junge nur darauf? Sah sie aus, als interessiere sie sich für so etwas? „Ich wusste nicht, dass diese modernen Schiffe noch so betrieben werden.“ Der Mann lachte. „Was dachten Sie denn? Außerdem sollte man nie abschaffen, was sich bewährt hat.“ Galant reichte er ihr seinen Arm, und ohne zu überlegen legte Natalie ihren in seinen. Er fühlte sich gut an, warm und vertrauenerweckend. „Mein Name ist Gerhard.“ „Freut mich, Gerhard.“ „Und mich freut es auch, Natalie.“ Sie stockte nur einen Moment. Und doch, war es nicht auch ein Zeichen von gutem Service, wenn das Personal sich um die Passagiere intensiv bemühte? Sie wusste nicht, was sie dagegen einwenden sollte. Nur wenige Schritte hatte sie zurückgelegt, wenigstens kam es ihr so vor, als sie sich bereits in einer völlig anderen Welt befanden. Der Glanz 12

und die Eleganz des Passagierbereichs wichen einer praktischeren, gröberen Ausstattung. Dicke Rohre führten an den Wänden entlang. Metallene Türen riegelten in regelmäßigen Abständen die Zugänge ab. Erst als Natalie einen deutlichen Geruch nach Öl wahrnahm, blieben sie an der letzten der Türen stehen. Gerhard schob mehrere Riegel zurück. Natalie fragte sich, wovon die Gäste hier getrennt werden sollten. Als die Tür sich öffnete, wurde es ihr klar. Automatisch trat sie einen Schritt vorwärts und stand vor einer stampfenden, lauten Maschine, deren Räder sich unermüdlich drehten, deren Gelenke ächzten, und die dennoch in ihrem Rhythmus nicht nachließ. Sie drehte sich zu Gerhard um. Der lächelte. „Sie werden es nicht bereuen.“ Dann schloss er die Tür hinter sich. „He!“ Natalie lief auf die Tür zu, hörte nur noch, wie die Riegel einrasteten. „Das gibt’s doch nicht.“ Sie trommelte und trat gegen das Metall, schaffte es jedoch nur, sich den Zeh schmerzhaft anzustoßen. 13

„Verdammt.“ Schwer atmend drehte sie sich um, und ihre Augen wurden größer. Dort wo sie eben noch nur die Maschine gesehen hatte, stand nun ein breitschultriger Mann. Sein Muskelshirt ließ nicht viel Raum für Fantasie. Seine Haut glänzte wie das Getriebe, das er gerade einölte. Sie sah sich um. Und doch, dort wo sie stand, schien er der einzige Mensch zu sein. Und er kümmerte sich keineswegs um sie, ging vollkommen in seiner Arbeit auf. Zögernd ging sie einen Schritt auf ihn zu, blieb stehen und räusperte sich. Der Mann hob einen Arm. Seine Hand führte den ölgetränkten Lappen beinahe zärtlich über ein Rohr, rieb langsam und drehte sich dann zu ihr um. „Ich habe schon auf dich gewartet“, sagte er. Seine Stimme war tief und sanft. Sein gewaltiger Oberkörper hob und senkte sich, als er seinen Blick über ihren Körper gleiten ließ. Er ließ den Lappen fallen. „Ich bin fast verrückt geworden“, sagte er rau. „Wie bitte?“ Natalie schluckte. „Ich verstehe nicht ganz.“ 14

Der Mann lächelte kurz. „Du weißt, was ich meine. Du brauchst es doch auch.“ „Ich weiß nicht, was Sie meinen?“ Natalie trat einen Schritt zurück, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihr Herz schneller zu schlagen begann. Und gerade, als habe er es gehört, stand er mit einem Mal nahe vor ihr, beugte sich herab und flüsterte in ihr Ohr. „Sag mir, wie lange ist es her?“ Natalie öffnete ihren Mund, doch kein Ton kam heraus. Der Mann legte seinen Finger auf ihre Lippen und nickte. „So lange.“ Mit der anderen Hand umfasste er ihren Nacken. Sein Daumen streichelte zärtlich ihr Schlüsselbein. „Und so lange habe ich auf dich gewartet.“ „Aber …“, wollte Natalie einwenden, doch ihre Gedanken verschwammen, als er seine Lippen auf ihre presste, als seine Hand an ihrer Seite herabglitt. In dem Moment, in dem ihre Lippen seine berührten, da spürte sie Elektrizität. Ein angenehmer Schauer durchrieselte ihren Körper. Ihre Gedanken verschwammen, und ihr wurde warm 15