Michi Lisa und Herr Jacco-Gerda Hillebrand-PDF

Der ausgemergelte Findelhund, Herr Jacco, wur- de von den ... Herr Jacco lief zu dem am Weg angrenzenden. Bächlein ... Lisa sah, wie er bei einem der Diebe.
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Gerda Hillebrand

Michi, Lisa und Herr Jacco Teil III

Die Höhle der Vergessenen Jugendroman

© 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung und Illustrationen: Eva Novotny, 3003 Gablitz, Niederösterreich Printed in Germany ISBN 978-3-86254-821-7 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt .

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Für meine Maya

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Was bisher geschah: (Rückschau Band I und II) Der ausgemergelte Findelhund, Herr Jacco, wurde von den beiden Freundinnen Michi und Lisa unter strengster Geheimhaltung aufgenommen, gesund gepflegt und ins Herz geschlossen. Jacco entwickelte sich zu einem Prachtexemplar, der aufgrund seiner Intelligenz zum Spürhund abgerichtet wurde. Ausnahmsweise durfte der Hund trotz seines Jobs als Fährtensucher bei Lisa verbleiben. So stellte er nicht nur seinen ehemaligen Herrn, der ihn quälte und fast verhungern ließ, als Dieb und Kidnapper. Er spürte auch seine beiden Frauchen samt den Freunden Christian und Daniel sowie Lisas Bruder Jakob auf, die sich in einer Berghöhle verirrt hatten. Das Abenteuer im Berg war für die Jugendlichen eine Ausnahmesituation, mit Angst, Schrecken sowie teilweiser Ausweglosigkeit aus ihrer Misere verbunden.

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Als sie zuletzt noch in einer Grotte ein Skelett und mumifizierte Leichen fanden, waren alle am Ende ihrer Kräfte angelangt. Aber wer waren diese Höhlenmenschen, von denen einige sogar an Pfähle festgezurrt waren? In diesem Band wird das Geheimnis gelüftet!

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1. Kapitel 1. Wie durch ein Wunder … Nun konnte sich der Winter nicht mehr durchsetzen. Ein lauer Apriltag veranlasste Lisa, mit Herrn Jacco eine Runde durch die kleine Stadt zu machen. Sie hatte einige Schulmaterialien zu besorgen. Wie oft sie diesen Weg schon gegangen war, überlegte sie sich während der Wanderung. Sie könnte ihn mit verbundenen Augen bewältigen. Jeder Stein, jeder Strauch, jede Blüte, die sie sah, war ihr vertraut. Michi war heute verhindert. Ihre Mutter hatte sie gebeten, sie zu begleiten, weshalb Lisa mit Herrn Jacco ohne ihre Freundin die Einkäufe tätigen musste. Oft kam es nicht vor, dass die Mädchen für sich allein unterwegs waren. Meistens sah man sie gemeinsam, als wären sie Zwillinge, mit den Hunden bei den verschiedensten Unternehmungen. 6

Die Natur war im Begriff zu erwachen. Zarte Blattknospen strebten der Wärme der Sonne entgegen. Das üppige Grün versuchte, Mensch und Tier hinaus ins Freie zu locken. In einigen Gärten blühten Tulpen und Forsythien. Lisa konnte sich nicht genug sattsehen am Grünen und Blühen. Immer wieder blieb sie stehen und bewunderte die neu erweckte Lebenskraft in der Landschaft. Schon näherte sie sich dem Städtchen. Die Hefte und Stifte waren rasch eingekauft. Sie verließ den Laden und machte sich wieder auf den Heimweg. Herr Jacco durfte frei laufen, wieder eine Ausnahme der Stadtverwaltung, weil er eben ein besonders wohl erzogener Hund war. Gleich nach der Biegung außerhalb der Stadt, wo der Weg wieder ins Ländliche überging, setzte sie sich auf die Holzbank, um bedächtig die Frühlingsluft zu schnuppern. Die Wegränder waren bedeckt mit hunderten von violetten Veilchen, und im niederen Buschwerk bohrten sich bereits vereinzelt die Maiglöckchenblätter aus dem Erdboden hervor. Lisa liebte diese Jahreszeit ganz besonders.

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Für ihre Mama pflückte sie danach ein Sträußchen der lieblich duftenden Veilchen, umkränzte es mit den Blättern dieser schönen Blume, und band es mit einem kleinen Gummiband fest. „Mutter wird sich sehr freuen, wenn ich ihr diese Frühlingsboten mitbringe“, dachte sie sich und war stolz auf das ansehnliche Bukett. Herr Jacco lief zu dem am Weg angrenzenden Bächlein, um sich den Bauch mit Wasser vollzuschlagen. Unentwegt schnüffelte er mal da, mal dort, hinterließ manche seiner Spuren für andere seiner Gattung. Die Bank lud sie weiterhin zum Verweilen ein, und Jacco war immer zwischen Bach und Bachböschung unterwegs. „Seine Energie möchte ich haben“, flüsterte Lisa und sah ihrem Tier bewundernd zu. „Er wird einfach nie müde. Dafür wird wohl die Verwandtschaft mit den Wölfen verantwortlich sein, weil diese Tierfamilie ständig auf Beutezug unterwegs sein muss, um nicht zu verhungern.“ Weit und breit waren nur vereinzelt Personen auszumachen. Die Leute bevorzugten es offensichtlich, eher die Kaffeehäuser und Eisdielen 8

der Stadt zu belagern, als den Weg entlang des Baches zu wandern. Eine alte Frau, gestützt auf einen Stock, kam langsam des Weges. Sie trug schwer an ihrem Einkaufskorb, den sie mitunter abstellte, um wieder zu Kräften zu kommen. Lisa beobachtete die Frau nur kurz, verließ die Bank, um der Alten dienlich zu sein. Es war unmöglich, dieser Armen nicht ihre Hilfe anzubieten. Sie war noch wenige Schritte von der alten Frau entfernt, als aus der Bachböschung zwei düstere Gestalten auf die alte Frau zuschossen, sie zu Boden stießen, ihr die Handtasche entrissen und drauf und dran waren, zu flüchten. Lisa rannte los. „Jacco“, schrie sie wie von Sinnen, „hierher, Jacco, mach rasch!“ Schon war er an ihrer Seite. Sie stürmte zu der Frau, die mühsam und geschockt versuchte, sich aufzurichten. „Jacco, fass die Männer!“, schrie Lisa. „Fass, fass, fass“, kreischte sie hysterisch.

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Jacco rannte hinter den Räubern her. Lisa bemühte sich inzwischen, der Frau auf die Beine zu helfen. „Sind Sie verletzt?“, fragte sie entsetzt. Sowohl die Frau als auch Lisa zitterten am ganzen Körper. Das Mädel hatte solch räuberische Tat noch nie hautnah gesehen. Es stützte die Dame so gut es ging, versuchte, den verstreuten Einkauf wieder in den Korb zu legen, sah sich ständig um, ob nicht Menschen vorbeikämen, die ihr helfen könnten. Jacco war inzwischen den Banditen dicht auf den Fersen, das konnte Lisa geschwind ausmachen. „Bitte“, weinte die Frau herzzerreißend, während sie sich die Tränen aus den Augen wischte. „Ich brauche meine Handtasche. Mein gesamtes Geld für die nächsten Wochen befindet sich darin. Ich war vorhin auf der Bank, um es abzuheben.“ Sie schlug sich die Hände vors Gesicht und schluchzte bitterlich. Ihr Brustkorb hob und senkte sich dabei, dass Lisa Angst bekam, die Frau könnte einem Herzinfarkt erliegen. 10

„Meinst du, der Hund kann die beiden Verbrecher stellen? Die müssen mich beim Abheben des Geldes beobachtet haben und sind mir hierher gefolgt. Eine alte Frau ist eine zu leichte Beute.“ Sie machte einen erbärmlichen Eindruck, dürfte jedoch durch den Sturz nicht verletzt worden sein, weil sie, zwar auf Lisa gestützt, gehen konnte. Jacco bellte. Lisa sah, wie er bei einem der Diebe am Hosenbein zerrte, während der andere versuchte, auf den Hund einzutreten. Jetzt bekam es Lisa mit der Angst zu tun, dass die beiden Gangster Jacco böse verletzen würden. „Glauben Sie, dass ich Sie allein zurücklassen kann, ich muss unbedingt meinem Hund zu Hilfe eilen?“, fragte sie bange die Frau. „Nimm den Stock, damit hast du wenigstens die Möglichkeit, den Gaunern eins über die Rübe zu ziehen“, meinte die Frau gefasster. Der Stock besaß als Griff einen kräftigen Metallknauf und eine eiserne Spitze am Ende. „Lauf zu, vielleicht erwischt du sie! In meinem Einkaufskorb gibt es ein Handy, damit solltest

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du zuvor die Polizei anrufen. Du wirst das schaffen, da bin ich mir ziemlich sicher.“ „Besser ist, Sie rufen sofort die Wache, damit sollte ich mich nicht mehr aufhalten. So habe ich beide Hände frei, den Schurken einiges zu verpassen.“ Lisa war bereits unterwegs. Sie kam überhaupt nicht auf die Idee, dass eine Verfolgung für sie schlimm ausgehen könnte. Sie hatte ja Jacco. Gemeinsam müssten sie einen der Diebe zur Strecke bringen können. Rechtzeitig erreichte sie die Räuber. Jacco knurrte böse, zerrte nach wie vor am Hosenbein eines Mannes, obwohl der andere mit seinem Bein auf den Hund eintrat. Jacco ließ nicht nach. Lisa lief hin, fuchtelte mit dem Stock herum, schrie aus Leibeskräften um Hilfe. Nun sah sie, dass es sich bei den Verbrechern um Jugendliche handelte, die nicht viel älter als ihr Bruder Jakob sein konnten. „Das erleichtert die Situation ein bisschen“, dachte sie tapfer. „Lass sofort die Handtasche fallen, dann wird dir mein Hund nichts tun“, schrie sie den Bur12

schen an, der die Tasche der Frau bei sich hatte. „Was ist? Los, mach schon, oder ich …“ „Um Gottes willen“, durchfuhr es sie, als sie zum anderen Dieb blickte. „Den Köter bringe ich um“, sagte plötzlich jener. Jäh zog er aus seiner Jackentasche ein großes Messer hervor und wollte auf den Hund los gehen. „Jetzt oder nie“, dachte sich Lisa. Sie schwang den Stock der Frau durch die Luft, traf den Burschen am Handgelenk, allerdings nicht an dem er das Messer hielt. Trotzdem war der Schlag derart fest, dass er vor Schmerz aufschrie und sich wand. „Lass sofort das Messer fallen“, schrie Lisa zornig. „Wenn nicht, hole ich wieder kräftig aus und schlage dir den Schädel ein, das sei dir gewiss. Danach macht mein Jacco aus deinem Kumpel Hackfleisch, bevor er sich dich vornimmt.“ Sie war selbst über ihren Mut erstaunt. Noch mehr verblüffte sie ihre Ausdrucksweise. So kannte sie sich selbst nicht. Aber die Vorstellung, der böse Kerl täte ihrem Jacco was zuleide, segnete sie mit übermenschlicher Entschlossenheit 13

und unglaublichem Kampfgeist. Ihr Gesicht war gerötet, sie verspürte kein Zittern mehr am Körper, nur mehr Wut und Verachtung für die Schurken. Der Bursche sah sie böse, weil vom Schlag verletzt, an. Offensichtlich bereitete ihm der Hieb auf das Handgelenk ordentliche Schmerzen. Hin und wieder verzog er das Gesicht, biss die Lippen aufeinander, wenn er die Hand bewegte. „He, muss ich zuerst dich abmurksen, bevor ich deinen Köter umbringe?“, bemerkte er stockend mit wutverzerrtem Gesicht. Entrüstet kam er auf Lisa zu, hielt das Messer auf sie gerichtet. Kalte Augen stierten das Mädchen an. Es wusste, dass mit diesem Straßenräuber nicht zu spaßen wäre. Lisa hob abermals den Stock, ging einen Schritt näher an ihn heran, nachdem der Kerl noch immer nicht aufgeben wollte. „Wie oft soll ich es wiederholen?“, hörte sie sich kreischen. „Weg mit dem Messer, oder deine andere Hand kriegt weit mehr ab als die.“ Dabei zeigte sie mit dem Zeigefinger auf die verletzte Pratze des Verbrechers. 14

Sie sah ihm unerschrocken ins Gesicht. „Los, wirf das Messer die Böschung runter, aber dalli! Ich zähle bis drei, dann knallt es wieder.“ Drohend stand sie mit hoch erhobenem Gehstock bereit, ihre Warnung in die Tat umzusetzen, derweil Jacco knurrend am Hosenbein des anderen Bösewichts zerrte. „Eins, … zwei, …“ Das dürfte das Bürschchen überzeugt haben. Endlich fiel das Messer in Richtung Böschung zu Boden. Dies genügte Lisa nicht. „Schleudere es mit deinem Fuß in das Gebüsch da“, befahl sie ihm und hielt weiterhin äußerst waghalsig den Stock zum Schlag erhoben. Diesmal tat er sofort, wie ihm befohlen wurde. Der Schlag hatte seinen Arm arg in Mitleidenschaft gezogen, sodass er zu einer tätlichen Auseinandersetzung nicht mehr fähig war. „So, und nun her mit der Tasche, aber rasch“, forderte sie ihn weiter auf. Den Stock hoch aufgerichtet ging sie mutig einen Schritt näher heran.

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