MHD-Umfrage Molkereien

oft als Ablaufdatum verstanden wird, führen zu kurz angesetzte MHD dazu, dass einwandfreie Produkte auf dem Müll landen oder vom Handel entsorgt werden.
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MHD-Umfrage Molkereien Hintergrundinfo: Mindesthaltbarkeitsdatum Greenpeace in Österreich führt zurzeit einen Langzeit-Lagertest mit einigen Lebensmitteln durch, darunter auch Joghurt (www.greenpeace.at/MHD-Test). Der Test bestätigt, dass die Produkte oft weit über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus haltbar sind – bei unserem Test blieb zum Beispiel Joghurt mehr als ein halbes Jahr über das MHD hinaus noch genießbar. Nachdem das MHD von KonsumentInnen oft als Ablaufdatum verstanden wird, führen zu kurz angesetzte MHD dazu, dass einwandfreie Produkte auf dem Müll landen oder vom Handel entsorgt werden. Anfang Juni hat Greenpeace daher die zehn größten Molkereien Österreichs angeschrieben und gefragt, nach welchen Kriterien sie ihre Mindesthaltbarkeitsdaten setzen. Fokussiert wurde auf die Produkte Joghurt, Butter, Länger frische Milch und Schlagobers. Für diese Produkte wurden die Molkereien gefragt, wie lange die Frist zwischen Herstellung und Mindesthaltbarkeitsdatum anberaumt wird. Acht der Molkereien haben die von Greenpeace gestellten Fragen zumindest teilweise beantwortet: Gmundner Molkerei, Berglandmilch, Kärntnermilch, NÖM, Obersteirische Molkerei (OML), Pinzgaumilch, Salzburgmilch und Molkerei Seifried. Keine Antworten auf die Fragen gab es von den Molkereien Ennstal Milch und Vorarlbergmilch. Es wurden folgende fünf Fragen gestellt: 1. Welche Kriterien wenden Sie zur Festlegung Ihrer MHD an? 2. Wie lange beträgt die Frist zwischen Herstelldatum und MHD für folgende Ihrer Produkte (sofern diese in Ihrem Unternehmen hergestellt werden)? Butter, Naturjoghurt 3,6 % Fett, Länger frische Milch (ESL), Schlagobers frisch 3. Ist diese Frist für jedes dieser Produkte immer gleich lang (also Herstelldatum plus x Tage)? Wenn nein, bitte um Angabe der Gründe für die Unterschiede. 4. Versehen Sie alle gleichartigen Produkte (Ihre Marken, Handelsmarken, Fremdmarken etc.) mit dem gleichen MHD? Wenn nein, wie groß sind die Unterschiede für die oben angeführten Produkte? 5. Haben Sie diese Frist in den letzten 12 Monaten verändert bzw. planen Sie eine Verlängerung der Fristen? Wenn ja, welche? Wenn nein, was sind Ihre Gründe, bei den derzeitigen MHD Fristen zu bleiben?

Ergebnisse der Befragung Laut den Antworten der Molkereien sind für die Festlegung der MHD neben den offensichtlichen Kriterien wie Lebensmitteleigenschaften, mikrobiologisches und sensorisches Verhalten oder rechtliche Vorgaben auch weniger wissenschaftlich begründete Kriterien wie Feiertage und Wünsche des Handels ausschlaggebend. Die gewählten Zeiträume unterscheiden sich bei den verschiedenen Produkten unterschiedlich stark (siehe auch Abbildung): Der größte Unterschied bei der MHD-Setzung findet sich, mit einer Zeitspanne von 30 bis 75 Tagen, bei Butter. Damit sind manche Butterklötze zweieinhalbmal so lange „mindestens haltbar“ wie andere. Das MHD von Naturjoghurt wird zwischen 30 und 45 Tagen nach der Produktion angesetzt, bei Schlagobers sind es 10 bis 14 Tage – ein Unterschied von 50 bzw. 40 Prozent. Für ESL-Milch (extended shelf life) gibt es für unterschiedliche Prozesse genaue Namensvorgaben sowie vorgegebene maximale MHD-Spannen. Ein Vergleich ist hier daher schwierig.

Stand August 2017

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Schwankungen der MHD-Daten begründen die Molkereien einerseits mit Verpackung, Rezeptur, Geschmackserwartung und Fettgehalt, andererseits aber auch durch Handelspartner, Vertriebskanäle und Verwendungszweck. Außerdem sind die Fristen teilweise auch für ein Produkt nicht immer gleich lang. Gründe für Abweichungen sind z.B. Wochenende und Feiertage, Absatzmenge oder Rohstoffverfügbarkeit vor absatzstarken Zeiten. MHD werden für Exporte verlängert oder auf Grund von Anforderungen von Handelspartnern angepasst: So hat Bio-Butter ein bis zu vier Wochen kürzeres MHD, als die im selben Betrieb hergestellte konventionelle Butter. Bandbreite Recherche Gmundner Molkerei Nöm Pinzgaumilch Molkerei Seifried

80

MHD-Spanne in Tagen

70 60

Berglandmilch Kärntner Milch Obersteirische Molkerei (OML) Salzburgmilch

50 40 30 20 10 0 Butter

Natur-joghurt

ESL-Milch (mikrofiltriert oder hocherhitzt)

Schlagobers frisch

Vergleich der verschiedenen MHD-Zeiträume

Recherchen Greenpeace hat in eigenen Recherchen einzelne Beispiele für solche willkürlichen oder zumindest nicht nachvollziehbaren MHD-Unterschiede festgestellt. Ein paar Beispiele:   

Natur pur Butter aus Wiesenmilch, 125 g hat ein MHD von 60 Tagen Natur pur Butter, 250 g hält dagegen nur mindestens 55 Tage Kerrygold, 250 g hat ein MHD knapp 80 Tage nach dem Produktionsdatum

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Milfina Naturjoghurt (1,8 % und 3,6 % Fett) hält „mindestens“ 40 Tage Zurück zum Ursprung Naturjoghurt (3,5 % Fett) aus derselben Molkerei hält 10 Tage kürzer

Fazit Die Umfrage zeigt erneut, dass dringend realitätsnahe und vereinheitlichte MHD benötigt werden. Dazu braucht es standardisierte Verfahren zur Festlegung der MHD. Die Produkte müssen unter gleichen Bedingungen geprüft und unnötig verkürzte Fristen vermieden werden. Für Greenpeace unverständlich sind auch verlängerte MHD-Fristen bei exportierten Produkten. Die Ursache dafür ortet die Umweltschutzorganisation Greenpeace bei überzogenen Produktanforderungen durch den österreichischen Handel sowie bei gewissen Gütezeichen wie der AMA. Skurril ist auch, dass bei Milchprodukten, die vor Feiertagen abgefüllt werden, das MHD später angesetzt wird. Umso entscheidender ist es, dass KonsumentInnen nicht nur über das MHD entscheiden, ob ein Produkt noch genießbar ist, sondern Hausverstand und Sinne einsetzen und schauen, riechen und kosten. Stand August 2017

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