Markenpolitik im schienengebundenen Personenverkehr: Eine ...

Marke Thalys teilweise überschneiden. Thalys, ICE und TGV stehen daher in einer. Konkurrenzsituation. Dies ist aus der Perspektive des Unternehmens Thalys ...
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Tobias Klein

Markenpolitik im schienengebundenen Personenverkehr Eine qualitative Untersuchung aus der Perspektive des Unternehmens Thalys International SCRL

disserta Verlag

Klein, Tobias: Markenpolitik im schienengebundenen Personenverkehr: Eine qualitative Untersuchung aus der Perspektive des Unternehmens Thalys International SCRL, Hamburg, disserta Verlag, 2015 Buch-ISBN: 978-3-95425-742-3 PDF-eBook-ISBN: 978-3-95425-743-0 Druck/Herstellung: disserta Verlag, Hamburg, 2015 Covermotiv: © carlosgardel – Fotolia.com

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Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung deutsch und englisch ..................................................... 7 Abbildungsverzeichnis .................................................................................... 9 Tabellenverzeichnis ....................................................................................... 10 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................. 12 1

Einleitung ............................................................................................... 15

2

Markenpolitik .......................................................................................... 17 2.1 Homo Oeconomicus als Ausgangspunkt der Markenpolitik .................. 17 2.2 Definition des Begriffs „Markenpolitik“ ........................................................ 20 2.3 Definition des Begriffs „Marke“ ................................................................... 20 2.4 Markenwahrnehmung und ihre Determinanten .......................................... 21 2.4.1

Markenidentität und -image ................................................ 23

2.4.2

Markenarchitektur ............................................................... 38

2.5 Kulturelle Implikationen der Markenpolitik .................................................. 43 2.5.1

Machtdistanz ....................................................................... 48

2.5.2

Individualismus vs. Kollektivismus ...................................... 49

2.5.3

Maskulinität vs. Feminität .................................................... 51

2.5.4

Unsicherheitsvermeidung ................................................... 52

2.5.5

Langzeitorientierung vs. Kurzzeitorientierung ..................... 53

2.6 Besonderheiten der Markenpolitik im Dienstleistungsbereich .................... 55

3

2.6.1

Konstitutive Merkmale von Dienstleistungen ...................... 59

2.6.2

Der Marketingmix im Dienstleistungsbereich (7 Ps) ........... 62

Das Unternehmen Thalys International SCRL ..................................... 69 3.1 Unternehmensrechtliche Aspekte .............................................................. 69 3.2 Das Streckennetz ....................................................................................... 69 3.3 Das Kundenprofil ........................................................................................ 70 3.4 Der Fuhrpark .............................................................................................. 71

5

 3.5 Vorstellung der Dienstleistungsmarke „Thalys“ anhand der 7 Ps .............. 72 3.5.1

Leistungspolitik (= Product & Process) ........................... 73

3.5.3

Distributionspolitik (= Place & Physical Facilities) ............... 78

3.5.4

Kommunikationspolitik (= Promotion & Personnel) ............. 79

3.6 Wettbewerbssituation des Unternehmens ................................................. 80

4

Empirische Untersuchung der Markenwahrnehmung von Thalys .... 85 4.1 Problemaufriss ........................................................................................... 85 4.2 Die Critical Incident Technique .................................................................. 86 4.3 Aufbau des Interviewleitfadens .................................................................. 88 4.4 Stichprobenplan ......................................................................................... 91 4.5

Darlegung der Ergebnisse der empirischen Untersuchung............................. 93 4.5.1 Leistungspolitik (= Product & Process) ........................................ 93 4.5.2 Preispolitik (= Price) ................................................................. 99 4.5.3

Distributionspolitik (= Place & Physical Facilities) ............. 104

4.5.4

Kommunikationspolitik (= Promotion & Personnel) ........... 113

4.5.5 Allgemeine Beschreibung der Marke ..................................... 118 4.5.6 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse .................. 119

5

Kritische Würdigung ............................................................................ 123

Literaturverzeichnis ..................................................................................... 125 Anhang .......................................................................................................... 128

6



Zusammenfassung deutsch und englisch Das Unternehmen Thalys ist eine Dienstleistungsmarke im schienengebundenen Personenverkehr. Das Unternehmen ist ein Joint Venture der Deutschen Bahn (DB), der belgischen Staatsbahn SNCB-NMBS sowie der französischen Staatsbahn SNCF. Die Deutsche Bahn (DB) und die französische Staatsbahn (SNCF) bieten unter den Marken „ICE“ (DB) und „TGV“ (SNCF) jedoch Dienstleistungen, die sich mit denen der Marke Thalys teilweise überschneiden. Thalys, ICE und TGV stehen daher in einer Konkurrenzsituation. Dies ist aus der Perspektive des Unternehmens Thalys suboptimal, eine Bündelung der Dienstleistungen aller drei Marken auf die eine Marke Thalys erscheint sinnvoll, jedoch nur dann, wenn die Marke Thalys als eigenständige Marke mit starker Überlegenheit bei der Erfüllung der Kundenbedürfnisse (=„Superiorität“) wahrgenommen wird. Davon ausgehend müsste also die Marke Thalys die Kundenbedürfnisse genauso gut oder besser erfüllen können als jede Marke für sich bzw. alle zusammen. Die wahrgenommene Superiorität der Marke Thalys wäre also die zwingend notwendige Voraussetzung, um eine Bündelung des heutigen Dienstleistungsangebots auf Thalys als wirtschaftlich sinnvoll ansehen zu können. Um die Frage nach der Superiorität der Marke Thalys prüfen zu können, wurde die subjektive Wahrnehmung der Marke Thalys in dieser Arbeit in den Mittelpunkt gestellt und durch eine qualitative Befragung von Thalys-Kunden ermittelt. Als Interviewmethode wurde die Critical Incident Technique eingesetzt. Die Analyse der Interviews ergab, dass die Marke Thalys in der Wahrnehmung der Kunden deren Bedürfnisse erfüllt, jedoch nicht übererfüllt. Die Kunden nehmen außerdem im Hinblick auf Thalys eine Trennschärfe zur intramodalen Konkurrenz, also zum ICE (DB) und zum TGV (SNCF), wahr. Innerhalb der Stichprobe, welche Probanden aus Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden umfasst, lassen sich keine eklatanten kulturellen Unterschiede bei der Wahrnehmung der Marke Thalys feststellen. Dies lässt auf eine gute Standardisierung der Leistungserstellung durch die Marke Thalys schließen. Die Marke Thalys wird seitens der interkulturellen Klientel offensichtlich als kohärent wahrgenommen. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Probanden in einigen Punkten (z. B. Preis, Personal, Direktverbindung, Komfort) eine positive Alleinstellung der Marke Thalys wahrnehmen, die zu einer Superiorität ausgebaut werden kann. Eine eklatante Superiorität der Marke Thalys wird nicht wahrgenommen, es besteht jedoch diesbezüglich eindeutig ausbaufähiges Potenzial. Die Frage, ob eine Bündelung des heutigen Dienstleistungsangebots der Mutterunternehmen auf Thalys wirtschaftlich sinnvoll wäre, bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten, für die diese Arbeit als Grundlage und erste Orientierung dienen kann.

7

 Thalys is a service brand in rail-bound passenger transportation. The company is a joint venture of the Deutsche Bahn (DB), the Belgian National Railways SNCB-NMBS as well as the French National Railways SNCF. However, the Deutsche Bahn (DB) and the French National Railways SNCF offer services under the brands ICE (DB) and TGV (SNCF) which overlap with those of the Thalys brand. Thalys, ICE and TGV are therefore in competition. From the perspective of Thalys, this is suboptimal; pooling the services of all three brands to the Thalys brand seems sensible only if the Thalys brand is perceived as an independent brand with intense superiority during the fulfilment of client needs (=”superiority”). Emanating from this, the brand Thalys must also fulfil the needs of the clients just as each brand does alone or all of them together or even do better. The perceived superiority of the Thalys brand would therefore be the mandatory requirement in order to consider pooling today’s offer of services to Thalys as economically reasonable. In order to review the question of the Thalys brand superiority, the subjective perception of the Thalys brand was focused on in this paper and ascertained through a qualitative survey carried out among Thalys clients. The Critical Incident Technique is the interview method that was used. The analysis of the interviews revealed that the Thalys brand fulfils the needs of the clients in the perception but doesn’t over-fulfil. The clients also perceive selectivity with regard to Thalys on intramodal competition – to ICE (DB) and TGV (SNCF). During the tests which were taken by test persons from Belgium, Germany, France and the Netherlands, no striking cultural differences in the perception of the Thalys brand were determined. This is concluded from a good standardisation of service provision by the Thalys brand. The Thalys brand is evidently perceived by intercultural clientele as coherent. To sum up, it can be ascertained that the test persons perceive a positive unique position of the Thalys brand in some points (e.g. price, personnel, direct connection, comfort) which can be expanded into superiority. A striking superiority of the Thalys brand is not perceived; however, there is definitive developable potential. The question whether pooling today’s offer of services of the parent company to Thalys would be economically reasonable is subject to further research for which this paper can serve as a basis and as an initial orientation.

8



Abbildungsverzeichnis Abb.1:MarkenwahrnehmungdurchdenKonsumenten...........................................................22 Abb.2:GrundideedesidentitätsbasiertenMarkenmanagements............................................24 Abb.3:KomponentenderMarkenidentität...............................................................................26 Abb.4:MarkenpersönlichkeitundmenschlichePersönlichkeit.................................................31 Abb.5:WertekettedesBehavioralBranding..............................................................................35 Abb.6:KomponentendesMarkenimages..................................................................................37 Abb.7:DreiEbenenderEinzigartigkeitindermentalenProgrammierungdesMenschen.......44 Abb.8:Das„Zwiebeldiagramm“:ManifestationderKulturaufverschiedenenTiefenebenen.46 Abb.9:VerteilungderEigenschaftenbeiSachundDienstleistungen.......................................59 Abb.10:KonstitutiveMerkmalevonDienstleistungen..............................................................60 Abb.11:BesonderheitenderMarkenpolitikfürDienstleistungen.............................................61 Abb.12:Die4Psunddie7PsimDienstleistungsmarketing......................................................63 Abb.13:DurchschnittlicheUmsatzaufteilungThalysnachdenangebotenStrecken................71 Abb.14:BedeutendeKennzahlenvonThalys.............................................................................74 Abb.15:ÜbersichtdesHochgeschwindigkeitszugsangebotszwischen Belgien,Deutschland,FrankreichunddenNiederlanden..........................................................82 Abb.16:SchienenverkehrsnetzinderEuregioMaasRhein.......................................................83 Abb.17:GAPModellderDienstleistungsqualität......................................................................86 Abb.18:AltersstrukturderStichprobeinabsolutenZahlen......................................................91 Abb.19:ReiseanlassderStichprobeinabsolutenZahlen..........................................................91

9



Tabellenverzeichnis Tab.1:ZusammenfassendeDarstellungderrelativenAusprägungen derverschiedenenKulturdimensioneninProzent......................................................................54 Tab.2:PreiseundKonditionenderwichtigstenThalysTarife...................................................79 Tab.3:StichprobenzusammensetzungnachGeschlechtundNationalität................................90 Tab.4:StichprobenzusammensetzungnachInterviewartundNationalität..............................90 Tab.5:AllgemeineAssoziationenzurLeistungspolitikvonThalys.............................................93 Tab.6:VorundNachteilederLeistungsdifferenzierungvonThalysin„Confort1“und„Con fort2“..........................................................................................................................................94 Tab.7:VorundNachteiledesCateringsinConfort1................................................................95 Tab.8:VorundNachteilederLounges......................................................................................96 Tab.9:VorundNachteilederThalysBar..................................................................................97 Tab.10:VorundNachteilederZusatzreservierungen..............................................................97 Tab.11:VorteileeinerDirektverbindungundNachteiledesUmsteigens.................................98 Tab.12:VorundNachteilederProzessgestaltung..................................................................100 Tab.13:AllgemeineVorundNachteilederPreispolitik..........................................................102 Tab.14:VorundNachteiledesGlobalpreises.........................................................................104 Tab.15:VorundNachteilederErstattungsregelungvonThalys............................................105 Tab.16:GenannteTarifeundzugehörigeKonditionenvonThalys..........................................106 Tab.17:VorundNachteiledesKundenbindungsprogrammsThalys–TheCard....................107 Tab.18:AllgemeineKritikpunkteanderDistribution...............................................................108 Tab.19:ZurVerfügungstehendeWebsitessowiediezugehörig buchungsausführendenWebsitesderbetrachtetenLänder....................................................109 Tab.20:VorundNachteilederinternetbasiertenBuchung....................................................110 Tab.21:VorundNachteiledertelefonischenBuchung..........................................................112 Tab.22:VorundNachteilederpersonalortsgebundenenBuchung......................................114 Tab.23:VorundNachteilederBuchungüberdenFahrkartenautomat.................................115 Tab.24:VorundNachteilevonticketless................................................................................117 Tab.25:AllgemeineVorundNachteilederAusstattungvonThalys.......................................118 Tab.26:VorundNachteilederAusstattungderThalysBar...................................................119 10

 Tab.27:VorundNachteilederAusstattungvonConfort2.....................................................119 Tab.28:AllgemeineKritikpunkteanderKommunikation........................................................121 Tab.29:VorundNachteilevonThalys.mobi...........................................................................122 Tab.30:VorundNachteiledesBordmagazinsThalyscope.....................................................122 Tab.31:VerbesserungsanregungenhinsichtlichderKommunikation.....................................123 Tab.32:VorundNachteiledesPersonalvonThalys...............................................................124 Tab.33:AlleinstellungsmerkmalederMarkeThalys................................................................125 Tab.34:AllgemeineVorundNachteilederMarkeThalys......................................................127 Tab.35:AbgrenzungFlugundSchienenverkehrausSichtvonThalys....................................129

11



Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung



AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen



Anm.

Anmerkung (des Verfassers)



B

Belgien



CF 1

Confort 1



CF 2

Confort 2



CFF

Chemins de fer fédéraux suisses



CI

Corporate Identity



D

Deutschland

DB

Deutsche Bahn

EPRG

ethnozentrisch/polyzentrisch/regiozentrisch/geozentrisch

F

Frankreich

FFS

Ferrovie federali svizzere

Hbf.

Hauptbahnhof

IC

Inter City

ICE

Inter City Express

IDV

Individualismusindex

IR

Inter Regio

kv

Kilovolt

LZO

Langzeitorientierungsindex

MAS

Maskulinitätsindex

MDI

Machtdistanzindex

NEO-PI-R

Neurotizismus/Extraversion/Offenheit für ErfahrungenPersönlichkeitsinventar-Revidiert

ndlr.

note de la rédaction

NL

Niederlande

NMBS

Nationale Maatschappij der Belgische Spoorwegen)





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 NS

Nederlandse Spoorwegen



ÖBB

Österreichische Bundesbahnen



ÖPNV

Öffentlicher Personennahverkehr



o. V.

ohne (Angabe des) Verfassers



PBA

Paris-Brüssel-Amsterdam



PBKA

Paris-Brüssel-Köln-Amsterdam



POS

Paris-Ostfrankreich-Süddeutschland



R

range (engl. ; Spannweite = statistisches Maß)



RE

Regional-Express



SBB

Schweizerische Bundesbahnen



SCRL

société coopérative à responsabilité limitée



SNCB

Société Nationale des Chemins de fer Belges



TGB

Toute Gare Belge



TGV

Train à Grande Vitesse



UVI

Unsicherheitsvermeidungsindex



vs.

versus



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1

Einleitung

Thalys ist eine Dienstleistungsmarke im schienengebundenen Personenverkehr. Das Unternehmen ist rechtlich gesehen ein Joint Venture der Deutschen Bahn (DB), der belgischen Staatsbahnen SNCB-NMBS sowie der französischen Staatsbahnen SNCF. Die Deutsche Bahn (DB) sowie die französischen Staatsbahnen SNCF bieten unter den Marken ICE (DB) und TGV (SNCF) jedoch Dienstleistungen an, die sich mit denen der Marke Thalys teilweise überschneiden – die Strecke Brüssel-Köln beispielsweise wird sowohl durch den ICE als auch durch den Thalys bedient. Thalys, ICE und TGV stehen daher in einer Konkurrenzsituation. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht nun die Frage, wie die Marke Thalys von den Kunden subjektiv wahrgenommen wird. Dies soll anhand einer qualitativen Befragung von Kunden des Thalys ermittelt werden und geschieht vor dem Hintergrund folgender Überlegung: Die Konkurrenzsituation ist aus Perspektive des Unternehmens Thalys suboptimal, eine Bündelung der Dienstleistungen aller drei Marken auf die eine Marke Thalys erscheint sinnvoll – jedoch nur dann, wenn die Marke Thalys als eigenständige Marke mit starker Überlegenheit bei der Erfüllung der Kundenbedürfnisse (= Superiorität) wahrgenommen wird. Davon ausgehend müsste also die Marke Thalys die Kundenbedürfnisse genauso gut oder besser erfüllen können als jede Marke für sich bzw. alle zusammen. Die wahrgenommene Superiorität der Marke Thalys wäre also die zwingend notwendige Voraussetzung, um eine Bündelung des heutigen Dienstleistungsangebots auf Thalys als wirtschaftlich sinnvoll ansehen zu können. Um die Frage nach der Superiorität der Marke Thalys prüfen zu können, wird die subjektive Wahrnehmung der Marke Thalys in dieser Arbeit anhand einer qualitativen Untersuchung ermittelt, die jedoch nur einen Vorstudiencharakter haben kann. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Hauptabschnitte: Der erste Hauptabschnitt ist Kapitel 2, in dem die theoretischen Grundlagen der Arbeit dargelegt werden. Im Zentrum der Darlegung stehen der Begriff „Markenpolitik“ sowie – im Hinblick auf die spätere Beschreibung der internationalen Dienstleistungsmarke Thalys – die kulturellen Implikationen der Markenpolitik (Kapitel 2.5) und die Besonderheiten der Markenpolitik im Dienstleistungsbereich (Kapitel 2.6). Zuvor wird in Kapitel 2.4 auf die Markenwahrnehmung und deren Determinanten eingegangen. Die Markenwahrnehmung wird durch die Markenpolitik wesentlich beeinflusst. Der zweite Hauptabschnitt ist Kapitel 3. Hier erfolgt die Vorstellung des Unternehmens Thalys International. Der dritte Hauptabschnitt ist Kapitel 4, welches sich der empirischen Untersuchung der aufgeworfenen Problematik widmet. Die Arbeit schließt mit einer kritischen Würdigung der erlangten Erkenntnisse in Kapitel 5.

15

 Die erste Leistung dieser Arbeit besteht in einer deskriptiven Synthese rezenter fachlicher Erkenntnisse zur Markenpolitik (Kapitel 2.1 bis 2.4), dies ist notwendig, um die Arbeit auf ein solides theoretisches Fundament zu stellen. Die zweite Leistung dieser Arbeit besteht darin, diese Erkenntnisse auf den kulturellen Bereich (Kapitel 2.5) sowie auf den Dienstleistungsbereich (Kapitel 2.6) zu übertragen. Dies erscheint notwendig, da die Übertragung in dieser Form in der Literatur bisher nicht erfolgt ist. Die dritte Leistung dieser Arbeit besteht darin, dass vor dem Hintergrund der theoretischen Darlegung das Unternehmen Thalys International beschrieben wird (Kapitel 3). Die vierte und wesentliche Leistung dieser Arbeit besteht darin, dass mit der Durchführung einer explorativen Feldstudie die subjektive Wahrnehmung der Marke Thalys ermittelt wird, um die Frage nach der Superiorität der Marke Thalys prüfen zu können (Kapitel 4).

16



2

Markenpolitik

Die Markenpolitik bildet den theoretischen Rahmen der vorliegenden Arbeit und bedarf einer ausführlichen Darlegung, um die Arbeit auf ein solides theoretisches Fundament zu stellen. In der vorliegenden Arbeit wird, anders als teilweise in der Literatur, in der die Markenpolitik als Teil der Produktpolitik verstanden wird, die Markenpolitik auf den gesamten Marketingbereich bezogen. Daher werden die Ausführungen der Markenpolitik nicht nur auf ein „P“ der 7 Ps bezogen (nämlich auf die Produktpolitik), sondern auf die gesamten 7 Ps des Marketingmixes (siehe Kapitel 2.6). In Kapitel 2.1 wird zunächst – unter Rückgriff auf das Modell des Homo Oeconomicus – die heutige Bedeutung der Markenpolitik dargelegt. Hiervon ausgehend wird in Kapitel 2.2 der Begriff „Markenpolitik“ definiert, in Kapitel 2.3 der Begriff „Marke“. In Kapitel 2.4 werden die Determinanten der Markenwahrnehmung ausführlich behandelt. Die Anwendung der Markenpolitik im interkulturellen Dienstleistungsbereich weist einige Besonderheiten auf, die in Kapitel 2.5 und 2.6 dargelegt werden.

2.1 Homo Oeconomicus als Ausgangspunkt der Markenpolitik Wenn man die Prämissen des Homo Oeconomicus als gegeben annimmt, die im Grundsatz davon ausgehen, dass der Mensch ausschließlich rational handelt, dann wäre das Marketing überflüssig, weil es darauf ausgerichtet ist, den Kunden emotional anzusprechen: „Alle sind sich einig [Marketing- und Werbepraxis], dass der Konsument nicht wie ein ‚Homo Oeconomicus, sondern ‚aus dem Bauch heraus entscheidet.“ (Felser, 2007, S. 557). Daher lassen sich gerade aus der Diskrepanz zwischen diesem Modell und der Wirklichkeit die Ansatzpunkte des Markenkonstrukts ableiten. Ziel des Modells ist es, menschliches Verhalten begreifund nachvollziehbar zu machen sowie es zu antizipieren. Es unterstellt ein streng rationales, statisches Reaktionsmuster, im Rahmen dessen der Mensch nur auf äußere Veränderungen reagiert, selbst jedoch nicht agiert. Sechs Postulate begründen das Modell des Homo Oeconomicus (Göbel, 2006): (1)

Individualprinzip

Ausgehend von seinen spezifisch statischen Präferenzen, die dem Individuum wiederum einen ganz individuellen, und somit nicht objektiv vergleichbaren, Nutzen

stiften,

erfolgt

die

Produktwahl

hinsichtlich

der

persönlichen

(Nut-

zen)Präferenzen.

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