Magazin 2017 - OSRAM Group Website

30.11.2017 - Unternehmen. Wir wachsen und investieren konsequent in neue Technologien und in die digitale Zukunft. Mit immer neuen Anwen- dungen in Bereichen wie Sensorik und. Visualisierung zeigen wir: Licht ist mehr als. Beleuchtung. Seit über 100 Jahren schon nutzen wir die unerschöpflichen Möglichkei-.
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Magazin 2017

Titelmotiv Dem Licht entgegen: Im violetten LED -Licht eines Gewächsschranks wachsen junge Pflanzen unter optimalen Bedingungen. Im geschlossenen System spielt neben Wasser, Nährstoffen und Temperatur der Faktor Licht die entscheidende Rolle: Mit der Digitalisierung des Lichts lassen sich Wachstum, Geschmack und Aussehen der Pflanzen gezielt steuern. „Smart Farming“ dürfte damit die Nahrungsmittelversorgung insbesondere der Städte revolutionieren.

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www. osram-group.de/ innovation

OSRAM wandelt sich zum Hightech-

Unternehmen. Wir wachsen und investieren konsequent in neue Technologien und in die digitale Zukunft. Mit immer neuen Anwendungen in Bereichen wie Sensorik und ­V isualisierung zeigen wir: Licht ist mehr als Beleuchtung. Seit über 100 Jahren schon nutzen wir die unerschöpflichen Möglichkeiten von Licht, um das Leben zu verbessern. Mit ­Innovationen von OSRAM werden wir auch künftig besser sehen, kommunizieren, uns fort­bewegen, arbeiten und leben. Das „ON Magazin“ hat die spannendsten Geschichten dazu: die faszinierenden neuen Technologien und Anwendung sowie die Menschen dahinter. Es zeigt, wie sichtbares und unsichtbares Licht uns ständig umgibt und immer intelligenter wird. Und es wirft einen Blick auf die Welt von morgen. OSRAM schaltet auf Zukunft: Wir sind „ON“.

NOW Unsere innovativen Produkte und Lösungen sind wegweisend. Entdecken Sie die spannende Welt von OSRAM .

18 Dr. Christoph Göltner

Biomonitoring ist auf dem Vormarsch. Infrarotlicht kann dabei mehr, als unsere Fitness zu messen.

6 Kulim

Wo vor zwei Jahren noch Palmen wuchsen, steht jetzt die modernste LED -Fabrik der Welt. Ein Besuch in Malaysia.

20 Ingo Bank

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Unternehmen wandeln sich. Wie der CFO von OSRAM den Wandel zum Hightech-Unternehmen begleiten will, weiß er genau. ON Tour

Produkte und Lösungen von OSRAM kommen weltweit zum Einsatz. Wir stellen außergewöhnliche Projekte vor.

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NEXT Biometrische Erkennung

Ob Beruf oder Privatleben: Mobile Geräte enthalten unsere wichtigsten Daten. Zeit, sie zuverlässig zu schützen.

Schon heute arbeiten wir an der Welt von morgen. Hier stellen wir Trends und Techno­ logien vor, die unseren Alltag verbessern.

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Timo Bongartz Jutta Kleinschmidt

Wie verändert Licht unsere Mobilität? Wer es erleben will, begibt sich auf Nachtfahrt – wie die erste Rallye-Dakar-Gewinnerin.

Mit Licht den Geschmack von Basilikum verändern? Das geht – und noch viel mehr. Wie der Indoor-Anbau von Pflanzen unsere Nahrungsmittelversorgung verändert.

BEYOND

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Wie werden wir zukünftig arbeiten, reisen, leben? Hier geben wir Einblick in Visionen, Trends und Forschungsprojekte. Eric Kürzel

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Alles wird kleiner. Vom Siegeszug der winzigen Bauteile in Mobilgeräten.

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Dr. Thorsten Müller und Dr. Bruno Gransche

Wie werden wir im Jahr 2030 leben? Der Zukunftsforscher Bruno Gransche und OSRAM -Innovationschef Thorsten Müller wagen den Blick in die Zukunft. Autonomes Fahren

Wann die ersten autonomen Fahrzeuge auf der Straße fahren werden, ist noch nicht klar. Dass Licht dabei eine entscheidende Rolle spielt, schon.

40 Dr. Olaf Berlien

Was ist das Erfolgsgeheimnis der Digitalisierung? Entschlossenheit, ist der CEO von OSRAM überzeugt – und Intelligenz.

30 Dr. Frank Sroka

Die Digitalisierung wird die Arbeit in den Fabriken verändern. Für die Mitarbeiter im Werk Berlin ist sie bereits Alltag.

33 weitere Artikel auf: Dr. Stefan Kampmann

Der CTO stellt klar: OSRAM bleibt im Kern der Lichtkonzern. Die Geschäftsmodelle ­werden aber mitunter völlig andere sein.

www. osram-group.de/ innovation

ON – OSRAM Magazin

Mega-Fabrik in Malaysia nimmt nur 18 Monate nach dem Spatenstich die Fertigung auf.

NOW

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Schon von Weitem sind die hell leuchtenden Gebäude mit insgesamt 50.000 Quadrat­ metern Fläche sichtbar. Ende 2015 gab es hier nichts als Palmen und Büsche. Zu der Zeit beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat von OSRAM die Innovations- und Wachstumsinitiative Diamond und damit auch den Bau des mo­ dernsten LED -Werks in Malaysia. 1,8 Millionen Arbeitsstunden später ist die Serienproduktion angelaufen. „Wir haben Zeitplan und Budget genau eingehalten. Wir sind sehr stolz darauf, die sportlichen Vorgaben erfüllt zu haben“, sagt Aldo Kamper, CEO des Halbleitergeschäfts von OSRAM. Angesichts einer Wachstumsrate von gut 19 Prozent im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17 kann die Business Unit OSRAM Opto Semiconductors neue Kapazitäten derzeit gut gebrauchen.

01

01 – Mitarbeiter von OSRAM führen nach der

Installation erste Tests des Equipments durch.

Mitarbeiter

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in der ersten Ausbauphase

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ON – OSRAM Magazin

1.500

Investitionen

370 99,9 M I O.  €

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Reinraum

für die erste Ausbaustufe des Werks

%

der Staubpartikel in der Luft werden herausgefiltert

ON – OSRAM Magazin

LED -Nachfrage wächst stark

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LED-Produktionsverbund von OSRAM :

Sechs Werke liefern in die ganze Welt

Regensburg, DE Chips für LED, Laser- und Infrarot-Dioden Schwabmünchen, DE LED -Vorprodukte

Penang, MY LED -Chips LED -Packaging Kulim, MY LED -Chips

„Zur Ankündigung reagierte der Aktienkurs noch empfindlich auf die geplanten Investitionen. Doch letztlich war es genau der richtige Zeitpunkt, um in neue Kapazitäten zu investieren“, erklärt der gebürtige Niederländer. Denn zeitweise lag das Wachstum des LED -Geschäfts im vergangenen Jahr bei mehr als 25 Prozent. „Die Kunden ­haben uns unsere Leuchtdioden praktisch aus der Hand gerissen.“ In dem Werk in Kulim werden ab sofort blaue LED -Chips produziert, die – mit einer Phosphor­ schicht versehen – auch weißes Licht erzeugen können. Sie werden für allgemeine Beleuchtungszwecke produziert, etwa für Straßenleuchten und Gebäudeinnenbeleuchtung, aber auch für Spezialanwendungen wie Pflanzenlicht. Mittel­ fristig sollen dort auch LED -Chips für Premium­ anwendungen wie Autolicht oder Videoprojektion gefertigt werden. Wie produktiv das modular erweiterbare Werk nach Abschluss der jetzigen, ersten Ausbaustufe mit 1.500 Mitarbeitern sein wird, erklärt Kamper:

„Mit einer Wochenproduktion könnte die Straßen­ beleuchtung der Metropolen New York, Rio, Hongkong und Berlin komplett auf LED umgerüstet werden.“

tlw. Packaging

Exeter, US LED -Vorprodukte 01

01 – Modernste Pro­ duktionsanlagen werden unter Reinraumbe­ dingungen betrieben. 02 – Das neue Werk wurde auf der grünen Wiese gebaut und ist schon von Weitem zu sehen.

Kulim Nur etwa 30 km entfernt befindet sich die LED -Montage im Werk Penang.

Zukunftssichere Investition Dank des Neubaus auf der grünen Wiese konnte das Werk mit der allerneusten Technik realisiert werden. Die Fertigungsanlagen mit 6-Zoll-Wafern produzieren im Vergleich zur 4-Zoll-Technik pro Wafer in einem Rutsch 125  Prozent mehr LED -Chips. Natürlich herrschen auch im Werk Kulim Reinraumbedingungen, unter denen bis zu 99,9 Prozent des Staubs aus der Luft herausgefiltert werden. „Das Tolle ist, dass wir das Werk voll skalierbar gebaut haben. Sollten wir weitere Kapazitäten brauchen, können wir die Produktion stufenweise ausbauen. Dabei würden dann enorme Skaleneffekte greifen“, sagt Kamper. „Bis zur Endausbaustufe würde sich das Investitionsvolumen nahezu verdrei­ fachen, die Mitarbeiterzahl ­vervierfachen und die Produktionskapazität sogar verfünffachen.“ Lieferengpässe sollten bei OSRAM daher ab­ sehbar der Vergangenheit angehören.

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Wuxi, CN LED -Packaging

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ON Tour Rund um den Globus kommen Produkte und Lösungen von OSRAM zum Einsatz. „ON Tour“ wirft ein Schlaglicht auf außergewöhnliche Projekte weltweit. Sie zeigen, was mit Licht möglich ist – und verändern mitunter den Blick auf die Welt.

Lichtmalerei LOCATION: China

Der Yanqi-See und die umliegenden Berge sind ein beliebtes Ausflugs­ ziel vor den Toren Pekings. Eine ausgeklügelte Lichtinstallation von OSRAM Lighting Solutions verwandelt die Bergkulisse bei Nacht nun in ein Gemälde aus Licht. Die Lichtinstallation nutzt die Berge selbst als Leinwand, um die Wirkung eines unsichtbaren Pinsels zu erzeugen, und erinnert dabei an traditionelle chinesische Landschaftsmalerei.

Mythos auf Tour LOCATION: 14 Länder weltweit

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Einmal um die Welt mit OSRAM Mehr spannende Projekte unter: www.osram-group.de/innovation

Die Scheinwerfer Scenius Unico und Mythos 2 von OSRAM -Tochter Clay Paky beleuchten die aktuelle Welttournee zum Rekordalbum von Ed Sheeran. „Die neuen Leuchten sind brillant“, sagt der britische Distributor Mike Oates, der die Beleuchtung der Tour liefert. „Das großartige Farbmischsystem und die durchgehend helle Lichtleistung verleihen der Show ihre spezielle Wirkung.“

ON – OSRAM Magazin

Großes Theater LOCATION: China

Neues Wahrzeichen für Zhuhai: In Form zweier riesiger Muscheln von 90 und 60 Metern Höhe erhebt sich das „Grand Theatre“ auf einer Insel. Außergewöhnlich wie die Architektur ist auch seine Fassadenbeleuchtung: Einzeln steuer­ bare OSRAM Traxon LED -Dots mit insgesamt 51.000 Pixeln ermöglichen spektakuläre Lichtund ­Videoanimationen auf den Muschelschalen.

Weltgrößte LED-Lichtshow LOCATION: China

OSRAM Lighting Solutions ist von der International Solid State Lighting Alliance (ISA) für die spektakuläre LED -Lösung im Projekt

„Wuhan – Zwei Flüsse, vier Ufer“ ausgezeichnet worden. Die weltgrößte synchronisierte LED -Lichtshow erstreckt sich über 320 Gebäude und 20 Kilometer entlang der zwei in der Stadt verlaufenden Flüsse Jangtse und Han.

Lichtkunst

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Der Petersdom erstrahlt künftig in neuem Licht. Der Vatikan hat sich bei der Neugestaltung der Beleuchtung des Kirchenraums erneut für OSRAM -Technik entschieden. Moderne LED -Leuchten sollen zukünftig für ein einmaliges Kunst­erlebnis sorgen und zudem rund 85 Prozent Energie einsparen. Vatikan und OSRAM setzen damit eine lange Partnerschaft fort: Bereits für die Sixtinische Kapelle, den Petersplatz und die Stanzen des Raffael (Bild) kam Lichttechnik von OSRAM zum Einsatz, um den hohen Anforderungen wie konservatorischem Schutz zu genügen. Bis Weihnachten 2018 soll die neue Beleuchtung im Petersdom einziehen.

© Governatorato dello Stato della Città del Vaticano

LOCATION: Vatikan

ON – OSRAM Magazin

Der Erkennungsdienst Fingerabdruck, Iris-Scan, Gesichtserkennung: Durch biometrische Identifikation lassen sich Smartphones und Tablets zuverlässig schützen.

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ON – OSRAM Magazin

Ob Banking-App auf dem Smartphone, berufliche Mails auf dem Laptop oder Einkaufen mit dem Tablet – unsere mobilen Begleiter brauchen einen guten Schutz vor unbefugtem Zugang. Spezielle Infrarot- LED von OSRAM sorgen dafür, dass biometrische Identifikationsverfahren auch in mobilen Geräten zuverlässig funktionieren. Fingerabdruck-Scan Hersteller mobiler Endgeräte haben den Fingerabdruck-Scan längst zu einem zentralen Element ihres Sicherheitskonzepts gemacht. Mit ihm können nicht nur Smartphones und Tablets entsperrt, sondern auch Transaktionen über Bezahldienste verifiziert werden. Bislang messen die meist kapazitiven Scanner dazu minimale Höhenunterschiede auf der Haut. Aus Designgründen und um möglichst die gesamte Frontseite eines Gerätes für das Display auszunutzen, kommen zunehmend optische Sensoren zum Einsatz, die sich hinter dem Bildschirmglas befinden. Dabei wird mithilfe von Infrarotlicht ein digitales Abbild der Papillarlinien des Fingers erstellt.

Gesichtserkennung Stark im Kommen ist die 3D -Gesichtserkennung. Diese erfolgt mithilfe von strukturiertem Licht, wozu vereinfacht gesagt ein Lichtmuster auf das Gesicht projiziert wird. Bei einem weiteren Verfahren wird die Laufzeit eines Licht­ impulses gemessen. Bei beiden Verfahren empfängt eine 3D -Kamera die Informationen und errechnet daraus typische Gesichtsmerkmale des Nutzers. Um Laptops oder Tablet-Computer mittels Gesichtserkennung zu schützen, muss dies bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen gelingen – ohne dabei den Nutzer zu blenden. Daher kommt auch hier infrarotes Licht zum Einsatz. „Der Trend geht klar in Richtung 3D-Gesichtserkennung“, sagt Göltner. „Denn dieselbe Technologie wird zunehmend auch für 3D-­AugmentedReality-Anwendungen verbaut.“ Industrieanwendungen im Kommen Die innovativen Biometrie-Technologien breiten sich inzwischen auch in anderen Branchen aus. „Zugangskontrollen werden immer wichtiger, und Iris- oder Gesichtserkennung gehören zu den zuverlässigsten Verfahren dafür“, erklärt

Göltner. „Wir sehen verstärkt Interesse aus der Industrie. Etwa im Automobilbereich zur Erkennung des Fahrers und Entsperrung von Fahrzeugen.“ Aber wie sicher sind die Systeme wirklich? Wurde nicht unlängst der Iris-Scan von Hackern mit Hilfe einer Kontaktlinse und eines Fotos ausgetrickst? „Die Verfahren werden ständig verbessert“, sagt Göltner. „Neuere Scanner führen zusätzlich eine sogenannte Lebenderkennung durch. So detektieren beispielsweise Iris-Scanner minimalste Bewegungen des menschlichen Auges. Damit können sie erkennen, ob es sich um einen realen Menschen handelt, und nicht etwa um ein Foto.“ Nahtlos in die Zukunft Und auch an anderen Technologien wird gearbeitet, um die biometrischen Verfahren zu verbessern. An „seamless recognition“ etwa, der „nahtlosen Erkennung“ des Nutzers in Bruchteilen einer Sekunde, wenn dieser das Smartphone in die Hand nimmt. Oder am Scan der Handvenen für Hochsicherheitstechnik. Eines steht fest: Infrarot- LED und zunehmend auch Laserlicht- LED werden dabei eine Schlüsselrolle spielen. 

13 Iris-Scan Das Verfahren nutzt das bei jedem Menschen einzigartige Muster der Iris.

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Iris-Erkennung Vor zwei Jahren brachte OSRAM die erste Infrarot-LED auf den Markt, welche die Iris-Erkennung für Smartphones und andere mobile Geräte ermöglichte. Auch hier leuchten Iris-Scanner die Augenpartie mit infrarotem Licht aus, und eine Kamera nimmt davon ein Bild auf. Eine Software ermittelt daraus das für jeden Menschen einzigartige Muster der Iris. „Der Teufel steckt dabei im Detail“, sagt Dr. Christoph Göltner, Marketing-Manager bei OSRAM Opto Semiconductors. „Entscheidend ist die richtige Abstrahlung der Infrarot- LED sowie die gleichmäßig Ausleuchtung der Iris.“

ON – OSRAM Magazin

Durch die       Nacht mit Eine Fahrt durch die Dunkelheit mit der ersten Rallye-DakarGewinnerin

Jutta Kleinschmidt Erst Ingenieurin in der Autoentwicklung, dann Profi-Rennfahrerin.

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Jutta Kleinschmidt

ON – OSRAM Magazin

heraus Luft aus den Reifen lassen oder sie stärker aufpumpen. Mit weniger Luft lässt sich im Sand besser fahren, auf steinigen Pisten braucht man höheren Druck.“ Überraschung auf Knopfdruck Der Lichtkegel des im Testfahrzeug verbauten LED -Abblendlichts leuchtet die nasse Fahrbahn sehr hell aus und sorgt auf der kurvigen Strecke für gute Sichtverhältnisse, trotz Nieselregen und nebeligen ­Passagen. Jutta Kleinschmidt fährt aus der nächsten scharfen Kurve und erreicht eine lange Gerade. Sie ­schaltet das Laser-Fernlicht zu, und man sieht ihr die Überraschung an, als sich die Sichtweite auf einen Schlag vervielfacht. „So ein Fernlicht wäre damals perfekt gewesen. Das hätte ich mir sofort in mein Auto einbauen lassen“, sagt sie.

Laser-Fernlicht

100 m

200 m

300 m

400 m

500 m

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600 m Schon mit dem sehr hellen LED Abblendlicht ist die Sicht für den Fahrer recht gut. Mit Laser-Fernlicht vervielfacht sich das Sichtfeld aber auf einen Schlag, und die Nacht wird zum Tag.

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bin“, sagt die Rallye-Expertin, die als erste und bislang einzige Frau die Rallye Paris-Dakar gewonnen hat. Als erste wichtige elektronische Innovation führt sie das Anti-Blockier-System an. „Das hat die Bremstechnik natürlich komplett verändert“, sagt sie. Auch die Systeme, die direkten Einfluss auf den Vortrieb nehmen, hätten das Fahren sicherer gemacht. Anti-Schlupf-Regelung und Stabilitätsprogramme seien nicht mehr aus heutigen Autos wegzudenken. Nach einer Doppelkur ve gibt sie richtig Gas. Während der BMW kraftvoll beschleunigt, erklärt Jutta Kleinschmidt: „Der Motorsport ist regelmäßig Vorreiter für technische Neuerungen gewesen.“ So seien etwa die heutigen Systeme zur Kontrolle des Reifenluftdrucks das Ergebnis einer Rallye-Anwendung. „Vor Jahren schon konnten wir aus dem Cockpit

LED -Abblendlicht

Es ist wie bei ihren großen Rennen: Das Wetter kann man sich nicht aussuchen. Und so steht Jutta Kleinschmidt an einem Herbstabend fröstelnd im leichten Nieselregen, als das Testfahrzeug vorgefahren wird. Der Regen hat hier in der bergigen Alpenstraße auch noch für leichten Nebel gesorgt. Rutschige Fahrbahn, Regenschauer, Nebel – genau die Bedingungen, die man bei nächtlichen Fahrten eigentlich nicht haben will. Doch an diesem Abend ist es das ideale Wetter. Denn nicht die gut 300 PS interessieren die Rallyefahrerin an dem Fahrzeug, sondern die Lichttechnik: Das Entwicklungsfahrzeug von OSRAM hat in jedem Scheinwerfer sechs Laserlichtmodule verbaut; das komplette Fernlicht wird so mit Laserdioden realisiert. In einzelnen Serienfahrzeugen der Oberklasse wird das Laserlicht als Zusatzfernlicht bereits eingesetzt und verdoppelt damit die Sichtweite bei Nacht auf 600 Meter. Mit einem „Los geht’s“ startet Jutta Kleinschmidt den Wagen und fährt in der Dunkelheit flott durch die kurvige Alpenlandschaft. „Ich war immer ein Freund von Technik im Auto. Ich habe ja auch als Entwicklungsingenieurin bei BMW gearbeitet, bevor ich in den Rennsport gegangen

ON – OSRAM Magazin

Flotter Flitzer Mit mehr als 300 PS lässt dieser BMW Renn-Feeling aufkommen.

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Die Bedeutung von Licht für den Rennerfolg sei ihr gleich zu Beginn ihrer Karriere klar geworden. „Man versucht ja, so schnell zu sein, dass man die Etappen noch bei Tageslicht abschließt. Als Neuling bin ich bei der Rallye Dakar natürlich voll in die Dunkelheit geraten. Und dann ­h atte ich noch so schlechtes Licht, dass ich froh war, mich an den Rücklichtern eines anderen Nachzüglers orientieren zu können.“ Auch beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburg­ ring könne man regelmäßig sehen, wie Fahrer durch schlechte Sicht nachts bis zu zwei Minuten pro Runde ver­ lören. „Eigentlich fahre ich sehr gerne nachts Auto, weil da die Straßen frei sind – aber nur mit gutem Licht.“

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Unverzichtbare Helfer im Auto Die sportliche Mittfünfzigerin richtet sich in dem Ledersitz kommod ein, sie greift das Lenkrad fester. Die Fahrt auf der einsamen Passstrecke scheint ihr zunehmend Freude zu bereiten. Lediglich eine Baustellenampel zwingt zu einem kurzen Zwischenstopp. Auf die Frage, welche der heutigen Innovationen im Auto am sinnvollsten sei, antwortet die Rennfahrerin ohne Zögern: „Die

Totwinkel-Überwachung.“ Dies sei die für sie beste Entwicklung im privaten Bereich. „Ein Auto im toten Winkel hat wohl jeder schon mal übersehen“, sagt sie. Technologien wie Einparkhilfen, Spurhalteassistenz oder Systeme für teilautonomes Fahren seien für Fahrprofis hingegen nicht so wichtig wie für den Otto-Normal-Fahrer. Für den Rennsport hätte sie sich ein Head-upSystem gewünscht: „Ich bin ein sehr visueller Typ. Ich hätte es als Fahrerin toll gefunden, den Kartenausschnitt, den sich der Beifahrer gerade ansieht, auch als Einblendung auf der Windschutzscheibe zu sehen. So musste der Co-Pilot den Streckenverlauf immer beschreiben. Doch ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte.“ Oben am Pass angekommen hat der Himmel etwas aufgeklart, und einzelne Sterne sind am Himmel zu sehen. Jutta Kleinschmidt steuert einen Parkplatz an, um etwas frische Luft zu schnappen. „In der Wüste, weitab von den Lichtern der Zivilisation, habe ich den tollsten Sternenhimmel gesehen“, sagt sie und schaut lächelnd in den Himmel. „Ob ich nochmals die Rallye Dakar mitfahren würde? Wer weiß, mit einem tollen Auto, vielleicht …“ 

01 – Assistenzsysteme im Auto: ­J utta Kleinschmidt schätzt besonders die TotwinkelÜberwachung. 02 – Der Nachthimmel in den Alpen kann heute fast mit dem Sternenpano­ rama in der Wüste mithalten.

„So ein Fernlicht hätte ich mir sofort in mein Auto einbauen lassen.“

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17 Technologie von OSRAM im Auto (exemplarisch)

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Innenraumlicht (Ambiente)

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Abstandsregeltempomat

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Blinker

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Kofferraumlicht

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Fußgängerschutz

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Handschuhfachbleuchtung

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Müdigkeitswarner

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Headup-Display

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Instrumentenbeleuchtung

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Heckleuchte

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Nebelschlussleuchte

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Fahrspurassistenz

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Totwinkel-Überwachung

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Scheinwerfer

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Unfallwarner/Notbremsung

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Nachtsichtsystem Vorfeldbeleuchtung Kurvenlicht Nebellicht Einparkhilfe

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75 / min

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Die Vermessung des Ichs

Dr. Christoph Göltner Marketingingenieur für optische Sensoren bei OSRAM Opto Semiconductors.

Das Streben nach Leistung und Selbstoptimierung ist so alt wie der Mensch selbst. Dafür gibt es ganz unterschiedliche Ausprägungen: Sei es das olympische Motto des „Höher, Schneller, Weiter“ oder der Wunsch nach Schönheit. Heute firmiert das Ansinnen unter den Begriffen „­schöner, schlanker, schneller“. Biomonitoring – in diesem Fall die Überwachung ­unserer Vitalwerte – spielt dabei eine entscheidende Rolle. Bereits Anfang der 80er Jahre fiel der Startschuss für die mobile Erfassung erster Werte wie des Pulses. Es gab erste Herzfrequenzmess­g eräte in Form von Brustgurten, die im Leistungssport eingesetzt wurden. Der Herzschlag wurde mittels Elektroden erfasst. Seit Beginn dieses Jahrzehnts basieren die Messgeräte größtenteils auf optischen Sensoren. In Form von intelligenten Uhren werden damit am Handgelenk mittels grünem, rotem und infrarotem Licht der Puls und der Sauerstoffgehalt des Blutes ermittelt. „Auch an der Erfassung des Blut­ zuckerspiegels oder der Messung der Hautdurchblutung zur Vorbeugung von Sonnenbränden via Licht wird geforscht“, so Dr. ­Christoph Göltner, Marketing­ingenieur für ­optische Sensoren bei OSRAM Opto Semiconductors. Biomonitoring im Trend Und so erreicht das individuelle Biomonitoring den Alltag. Laut Göltner zeichnen sich verschiedene Trends ab, bei denen optische Sensoren eine zentrale Rolle spielen. Freizeitsportler weltweit nutzen Smartwatches und Fitness-Armbänder vermehrt, um

Puls sowie Blutsauerstoffgehalt zu kontrollieren und ihre Leistung durch die daraus folgenden Ableitungen zu verbessern. Der vormals lästige Brustgurt entfällt. Auch die Versicherungsbranche hat ein Auge auf die Fitness-Armbänder geworfen. In einigen Ländern, wie den USA , bieten Versicherer ihren Kunden bereits Rabatte oder ­andere Anreize, wenn sie ein bestimmtes Fitness-­L evel nachweisen können – Tendenz steigend. Doch auch in anderen Lebensbereichen ist Biomonitoring auf dem Vormarsch: zum Beispiel beim „Baby-­ Monitoring“ zur Vorbeugung des Kindbetttodes. „Licht kann hier eingesetzt werden, um zu prüfen, ob Babys eine regelmäßige Herzfrequenz zeigen oder die Sauerstoffzufuhr in ihren Betten ausreichend ist“, sagt Göltner. Und auch in den Unterhaltungs­ bereich halten die optischen Sensoren Einzug. In Extremsport-Videos können den Zuschauern damit Emotionen noch stärker vermittelt werden: Am Bildschirm verfolgt man mit, wie der Puls eines Freeclimbers – in 200 Metern über dem Boden und bei Windstärke 8 – bei dem Versuch, den Überhang zu bezwingen, in die Höhe schießt. „Wir stehen hier erst am Anfang“, sagt Göltner. „Die Möglichkeiten, die optische Sensoren bieten, sind zahllos. Das Potenzial reicht weit über das Fitness-Studio hinaus.“ 

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Fitness-Armbänder und Smartwatches machen Werte wie Puls und Blutsauerstoffgehalt zu jeder Zeit sichtbar. Herzstück der Messung sind dabei optische Sensoren, die noch weit größeres Potenzial bieten. Hier ist OSRAM mit seiner Einheit Opto Semiconductors der führende Spezialist.

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CFO

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„Der Wandel ist nie abgeschlossen“

ON – OSRAM Magazin

OSRAM entwickelt sich

OSRAM ist seit Jahren im Umbau. Wann

ist der vorbei? Die Transformation von Unternehmen ist nie abgeschlossen. Die Zeiten, in denen man eine Strategie aufstellt und sie fünf Jahre lang in die Schublade legt, sind vorbei. Wir sind gerade bei unseren mittelfristigen Transformationsschritten dabei, den technologischen Gehalt auszubauen, sowohl organisch als auch über Zukäufe. Den technologischen Gehalt ausbauen klingt recht abstrakt – können Sie uns ein Beispiel geben? Ein Fokus liegt auf Akquisitionen, entsprechend den zwei Grundlinien: build or buy. Da gehen wir auch unterschiedlich vor. Nehmen Sie die Beteiligung an LeddarTech. Es gibt große Chancen, dass deren LiDAR -Technologie zum Standard wird, aber es besteht keine Garantie. Also haben wir uns mit 25 Prozent beteiligt und sitzen im Aufsichtsrat. Akquisitionen bergen aber auch große Herausforderungen. Daher achten wir auf zwei Zielbereiche: Im Technologiebereich werden derzeit sehr hohe Beträge aufgerufen. Bei so großen Summen muss man die Zeitspannen, in denen sich das Investment zurückzahlt, stark im Auge behalten. Und wenn man sieht, dass die Hälfte aller Akquisitionen aus Kulturgründen scheitert, dann muss man die eigene Integrationsfähigkeit sehr gut kennen. Wir sind auf dem M&A-Markt mit Interesse dabei, aber über allem steht die kaufmännische Sorgfalt. Schließt sich damit die ganz große Übernahme aus? Bei großen, umwälzenden Übernahmen ist die Bandbreite der Herausforderungen sehr groß. Wir würden davor nicht per se zurückschrecken, wenn wir alle der Meinung sind, dass es Sinn ergibt. Aber es müssten auch alle Messgrößen passen.

Abgesehen von ­Zukäufen, wie wird sich das Finanz­ g e b ä u d e vo n O S R A M durch die Transformation verändern?

Auf dem Weg von einem Komponenten-Hersteller zu einem Anbieter auch von Software und anderen Systemen wird sich auch unser Finanzgefüge verändern, zum Beispiel was Forschung und Entwicklung angeht. Zugleich muss die Bruttomarge höher werden. Was wir beibehalten müssen, ist unsere finanzielle Flexibilität. Wir müssen auf Veränderungen im Wettbewerb agil reagieren können. Es dürfen uns finanziell nicht die Hände gebunden sein. Die Ausgangslage ist hervorragend im Moment. Wie kann ein Finanzvorstand eine Wachstumsstrategie unterstützen?

Wir investieren vorwiegend ins eigene Geschäft. Nehmen Sie die Investitionen in unserem Halbleitergeschäft, wir haben da ein Superteam, das das Geschäft sehr gut versteht. Es geht für einen CFO in unserer Situation um die Allokation von Kapitalressourcen. Wir wollen Mittel freimachen nicht nur für Investitionen, sondern auch für Innovation oder unsere Venture-­ Capital-Einheit Fluxunit. Das heißt auch, dass wir Kosten woanders herausholen. Bei allem ist natürlich auch die Profitabilität eine Zielsetzung. Wir müssen Geschäftsbereiche, die ihren Zenit überschritten haben, stärker von Kosten befreien. Ist die Transformation in Richtung High­ tech am Kapitalmarkt angekommen? In der Technologiewelt werden die Zyklen und der Konkurrenzkampf anders. Unsere Liquidität wird stärker atmen. Viele am Kapitalmarkt denken bei OSRAM noch sehr an die alte Industriewelt. Das Umdenken im Kapitalmarkt hat angefangen, wird aber noch einige Zeit dauern. Was muss bei OSRAM geschehen? Wir müssen agiler werden, wir haben zu viele komplexe interne Prozesse. Das sind Strukturen aus der Zeit, als wir mit dem Lampengeschäft noch ein anderes Profil hatten. Da haben wir die Umstellung noch nicht vollständig umgesetzt. 

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CFO

Ingo Bank Seit September 2016 ist der 49-Jährige Chief Financial Officer (CFO) der OSRAM Licht AG.

immer weiter zum HightechKonzern. Welche Rolle spielt dabei die finanzielle Aufstellung des Unternehmens? CFO Ingo Bank gibt Auskunft.

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„From farm to fork“: Der Pflanzenanbau in der Stadt revolutioniert die urbane Lebensmittelversorgung.

Vertikal wachsen

NEXT ON – OSRAM Magazin

NEXT

Digital statt Dünger Das Start-up Agrilution setzt mit seinem Hightech-Gewächsschrank auf den Anbau von Salat und Kräutern in den eigenen vier Wänden. Damit entfällt im Vergleich zum herkömmlichen Anbau nicht nur der Transportweg. „Durch das geschlossene System des Schranks lässt sich auch der Einsatz von Wasser und Dünger

Es knackt tatsächlich, als Timo Bongartz und Maximilian Lössl mit ihren Gabeln in die leuchtend grünen Salatblätter stechen. Der Innovationsmanager von OSRAM und der Gründer aus München sitzen in der hellen Testküche des Start-ups Agrilution. Den Salat haben sie vor wenigen Minuten erst aus dem in der Küchenzeile eingebauten Gewächsschrank geerntet – knackfrisch. Im violetten LED -Licht des Gewächsschranks wächst auf Saatmatten ein Teil der städtischen Nahrungsversorgung der Zukunft heran. Auf zwei Ebenen drängen sich Babyspinat, ­B asilikum und roter Mizuna. „Wir ­bedienen mit unserem Gewächsschrank für zuhause zwei globale Trends: den Wunsch des modernen Städters nach gesunder Ernährung sowie nach lokaler Erzeugung der Lebensmittel“, so Lössl. „Urban Farming“ nennt sich der Trend, bei dem Nahrungsmittel in der Stadt erzeugt werden. Was auf den ersten Blick unnatürlich erscheint, ist im Grunde nachhaltig – weil effizient, gesund und ressourcenschonend.

03 – Optimales Pflanzenwachstum: Mit den LED -Modulen von OSRAM lassen sich beliebige Lichtszenarien einstellen.

02 – Durch gezielte Licht­ steuerung können Wachstum, Aussehen und Inhaltsstoffe der Pflanzen beeinflusst werden.

01 – Timo Bongartz (r.) im Gespräch mit AgrilutionGründer Maximilian Lössl.

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Timo Bongartz Timo Bongartz ist Innovations­ manager bei OSRAM und verantwortlich für den Bereich „Smart Farming“.

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Wachstum auf Rezept Jede Pflanze besitzt andere Lichtanforderungen, pflanzenspezifische Lichtrezepte sind daher Gegenstand intensiver Forschungen weltweit (s. Infokasten). OSRAM arbeitet dazu mit einer Vielzahl an Start-ups und Forschungseinrichtungen zusammen, um ein möglichst breites Anwendungswissen zu erlangen. Einer dieser Partner ist die Michigan State University (MSU), weltweit führend im Bereich „Smart Farming“. Die Forscher dort arbeiten mit speziell von OSRAM entwickelten Forschungsleuchten, mit denen sie praktisch jede Licht­ umgebung abbilden können.

auf ein ­Minimum reduzieren, Pestizide entfallen gänzlich“, erklärt der Gründer von Agrilution. „Wir erleben die Digitalisierung und Automatisierung des Anbaus“, sagt Bongartz, bei OSRAM verantwortlich für den Bereich „Smart Farming“. „Durch den Indoor-Anbau von Salat und Gemüse in kontrollierter Umgebung lässt sich ganzjährig und ortsunabhängig produzieren.“ Im geschlossenen System spielt dabei neben Wasser, Nährstoffen und Temperatur der Faktor Licht die entscheidende Rolle. Durch gezielte Lichtsteuerung lassen sich Geschmack, Aussehen und Inhaltsstoffe der Pflanzen beeinflussen, Ertrags­mengen steigern und Wachstumszeiten verkürzen. „Durch Veränderung des Lichtspektrums können wir den Vitamin­gehalt in Tomaten steigern. Oder steuern, ob Basilikum mild oder kräftig schmeckt“, sagt Bongartz.

NEXT

Frische aus der Halle Es herrscht Aufbruchsstimmung, denn mit der Digitalisierung der Branche entsteht ein riesiger Wachstumsmarkt. Gerade bei Anwendungen im großen Maßstab beflügeln Start-ups

Früher musste die Lichtintensität auf Pflanzenhöhe mit einem Quantensensor ermittelt und angepasst  werden. Mit dem von OSRAM entwickelten System aus Leuchte und Software lässt sich verlässlich der richtige Wert berechnen und einstellen – eine enorme Zeitersparnis. „Wir können so eine unendliche Zahl an Lichtszenarien schaffen“, sagt Dr. Erik Runkle, Professor für Horticulture an der MSU. „Die Kombination aus Hard- und Software ermöglicht es uns, wirklich spannende Forschung zu betreiben.“

„Durch den Indoor-Anbau in kontrollierter Umgebung lässt sich ganzjährig und ortsunabhängig produzieren.“

02 – Industrielle Anwendung: vertikale Farm von CoolFarm in Portugal.

01 – Appetit auf mehr: Gründer Lössl und Innovationsexperte Bongartz in den Räumlichkeiten des Start-ups Agrilution.

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ON – OSRAM Magazin

OSRAM ist über seine Venture-Capital-Ein-

Auch ohne grünen Daumen gesunde und schmackhafte Salate, Kräuter und Gemüse im eigenen Heim anbauen. Der intelligente Gewächsschrank „plantCube“ von Agrilution macht es möglich. Der Clou: Ähnlich dem Kaffeekapsel-Prinzip liefert das Unternehmen Saatmatten, welche die verschiedenen Pflanzensamen bereits enthalten.“ Über einen eingebauten RFID -Chip erkennt der intelligente Schrank das eingelegte Saatgut und sorgt für optimale Wachstumsbedingungen, indem er Bewässerung, Temperatur und Beleuchtung automatisch regelt. Eine mit dem „plantCube“ vernetzte App zeigt das Wachstum der Pflanzen an – und natürlich, wann geerntet werden kann.

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Ob Wachstum, Aussehen oder Inhaltsstoffe – mit dem richtigen Licht lässt sich die Entwicklung der Pflanzen beeinflussen. Stellschrauben sind die Bestrahlungsstärke, die Länge der Fotoperiode sowie das eingesetzte Lichtspektrum. Mit der von OSRAM entwickelten Forschungsleuchte lassen sich beliebig viele Lichtszenarien programmieren. Die Forschungsergebnisse fließen in sogenannte Lichtrezepte ein, die in einer Datenbank gespeichert und für spezifische Anwendungen zur Verfügung stehen. „Es gibt nicht das eine Lichtrezept“, sagt Sebastian ­O lschowski, Pflanzenbiologe in Diensten von OSRAM . „Je nach gewünschter Ausprägung – schnelleres Wachstum, mehr Vitamine, höherer Ertrag – fällt das Rezept unterschiedlich aus.“

0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0

4.9120 4.3662 3.8204 3.2746 2.7289 2.1831 1.6373 1.0915 0.5458 0.0000

Wavelength (nm)

380 420 460 500 540 580 620 660 700 740 780

1.0

5.4577

PPFD Spectrum (Sample)

PPFD

Das richtige Rezept

heit Fluxunit am Münchner Start-up beteiligt. Die im Gewächsschrank verwendeten LED stammen von OSRAM, das Marktführer auf diesem Gebiet ist. Gemeinsam mit Agrilution wurde eine spezielle Lichtlösung entwickelt, welche Kräuter, Salate und Gemüse optimal wachsen lässt. Zusätzlich laufen Versuche für die Wasserreinigung des Gesamt­systems mit UV-Licht.

Die Kooperation

— der intelligente Garten für zuhause

Das Prinzip

„plantCube“

und Pilotprojekte die Fantasie. Die Konzepte für die Ernährung der Zukunft reichen von Frischeschränken in Supermärkten über die Belieferung des Einzelhandels aus vertikalen Farmen in großen Lagerhallen bis hin zu Hightech-Gewächshäusern. Mit einem Ziel: gesunde und schmackhafte Lebensmittel so frisch wie möglich zum Kunden zu bringen. „Das Potenzial ist enorm“, ist auch Bongartz überzeugt. „Das zeigt das Beispiel Amazon. Ergänzend zu ihrem Lebensmittellieferdienst, haben sie die Biosupermarktkette Whole Foods übernommen. Und im Sommer beteiligte sich Jeff Bezos am Vertical-Farm-Betreiber Plenty. So könnte ein Teil der zukünftigen Lebensmittelversorgung aussehen.“ Aber auch in anderen Branchen wie der Kosmetik- und Pharmaindustrie ist das Interesse groß. „OSRAM möchte bei der Entwicklung ganz vorne dabei sein“, sagt Bongartz. „Wir sehen das große Potenzial für unsere LED -Komponenten, wo wir schon jetzt Weltmarktführer sind. Mit Kooperationen wie Agrilution erweitern wir unsere Wertschöpfung um komplette Lichtlösungen. Und mit unserer Forschungsleuchte bewegen wir uns in Richtung vernetzte Lichtsysteme, optische Sensoren und intelligente IoT-Plattformen.“ Bongartz greift in den Gewächsschrank und pflückt für sich und seinen Münchner Geschäftspartner weitere Salatblätter. Die beiden Visionäre ­haben Appetit auf mehr. 

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Relative intensity

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O

M

1,4 m

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2. 50 0

%



Z

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Der Unterschied k l e i n e

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Mit jeder Smartphone-Generation wächst die Zahl an Funktionen und verbauten elektronischen Bauteilen. Um des steigenden Platzbedarfs Herr zu werden, müssen die Bauteile kleiner werden – oder mehr können.

Eric Kürzel ist Product Marketing Manager bei OSRAM Opto Semiconductors.

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„Voraus­ setzung für die Systemminiaturisierung ist das System­ verständnis“

Kleiner, flacher, schöner „Der Trend hin zu immer flacheren und leichteren Handys war lange Zeit der Treiber der Miniaturisierung, doch das hat sich gelegt“, sagt Eric Kürzel, Marketingexperte bei OSRAM Opto Semiconductors. „Dennoch müssen unsere Bauteile immer flacher und kleiner werden.“ Das hat verschiedene Ursachen: Die zunehmende Packdichte in einer Baugruppe ist eine. Und auch der Akku beansprucht aufgrund des steigenden Stromverbrauchs mehr Platz. Doch Platzbedarf ist nur ein Argument: Gerade bei sichtbaren Bauteilen wie dem Blitz spielen Designfragen eine ebenso bedeutende Rolle. „Bei möglichst einheitlichen, glatten Flächen geben Optik, Farbempfinden oder die Sichtbarkeit des Innenlebens den Ausschlag“, so Kürzel. All dies führt zu immer neuen Anforderungen an die Komponentenhersteller. Die Maß­ gabe: kleiner, flacher, schöner. Mini- LED für mobile Geräte Eine Antwort darauf sind neue PackageTechnologien und minimierte ­Optiken. Bei den sogenannten Chip Sized Packages entspricht das Chipgehäuse gerade noch der Größe des Chips. OSRAM setzt diese beispielsweise für Blitzanwendungen ein: Mit Maßen von 1,4 mm × 1,4 mm × 0,21 mm ist die Ceramos C nicht nur die kleinste LED ihrer Produktfamilie. Sie kommt auch ohne Linse aus und ist somit dreimal flacher als das Vorgängermodell. Damit kann sie selbst in den dünnsten Smartphones und Tablets problemlos verbaut werden.

Auch bei den Infrarot- LED (IRED) wird mit allerlei Kniffen gearbeitet, um die Nachfrage nach extrem flachen Emittern zu bedienen. „Bei Iris-Scannern wurden bislang mechanische ­Mittel eingesetzt, um die IRED leicht zu kippen“, so Kürzel. „Indem wir die Abstrahlrichtung leicht abgewinkelt haben, ist dies bei der jüngsten Generation unserer Oslux IRED nicht mehr erforderlich.“ Im Ergebnis ist die neue Oslux nicht nur ein Drittel flacher als ihr Vorgängermodell, auch die Konstruktion von Iris-Scannern gestaltet sich damit einfacher – was wiederum geringere Kosten und mehr Designfreiheit bedeutet. Aus zwei mach eins Eine weitere Möglichkeit, Platz zu sparen, ist die Integration mehrerer Bauteile in einer Komponente. So werden bei der LED Oslux für Blitzlichtanwendungen zum ersten Mal zwei LED -Chips samt Linse auf einem Modul integriert. Das ermöglicht zwei Blitze in unterschiedlichen Farbtemperaturen auf kompakter Fläche. „Auf Sensorebene ist das integrierte Design ebenfalls im Kommen“, erklärt Kürzel. „Die integrierte Schaltung kann hier beispielsweise durch Logik angereichert werden.“ Im System vereint Gemeinsam mit Partnern arbeitet OSRAM schließlich an immer kompak­ teren und integrierteren Systemen. So zum Beispiel bei kamerabasierten Anwendungen, bei denen versucht wird, unterschiedliche Funktionen wie Iris-Scan, 3D -Erkennung oder Annäherungssensor zu verbinden. „Voraussetzung für die Systemminiaturisierung ist das Systemverständnis“, so Kürzel. „Hier profitieren wir von der langjährigen Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Ein klarer Wett­ bewerbsvorteil, denn auch in Zukunft gilt: Der Platz ist rar.“ 

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Die Miniaturisierung elektronischer Bauelemente und Module lässt sich bei Smartphones schon seit einigen Jahren beobachten. Bei den Lichtkomponenten setzte der Siegeszug der winzigen Bauteile mit dem Technologiewandel zur LED richtig ein. Zunächst kamen sie bei der Tastenbeleuchtung zum Einsatz, dann in ­K amerablitzen und zuletzt in Infra­ rot- und Laser-Anwendungen für Funktionen wie 3D -Erkennung und Autofokusunterstützung.

Autonomes Zentrum

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Neue Lichtsysteme weiten den Blick für das Autonome Fahren.

verwertet werden kann. Im Elektronengehirn des Autos entsteht so ein jederzeit aktuelles, dreidimensionales Bild der Fahrumgebung. Je nach Gefährdungssituation kann eines Tages dann das Fahrzeug selbständig entscheiden, ob und wie stark es abbremsen oder womöglich gar beschleunigen muss, um eine Gefährdung für die Passagiere und Passanten zu vermeiden. Nur über solche Technologien kann Autonomes Fahren überhaupt Realität werden. Wir sehen auch, dass die erforderliche Innovationsgeschwindigkeit nur in neuen Partnerschaften erreicht werden kann.

Der Wettlauf um die nächste Generation des Automobils ist in vollem Gange. Doch bis wir in einem Fahrzeug Zeitung lesen können, während es uns völlig autonom zur Arbeit bringt, bleibt noch viel zu tun. Von den fünf Stufen des Auto­ nomen Fahrens, die der US -Ingenieursverband SAE definiert hat, haben wir gerade einmal die zweite Stufe erreicht. Abstands- und Spurhalte­ assistenten erleichtern uns zwar ermüdende Langstrecken, doch noch kann es niemand sorglos wagen, die Hände vom Lenkrad zu nehmen oder den Blick von der Straße zu wenden. Im Herbst erscheint die erste Oberklassenlimousine mit der Funktionalität der Stufe 3, bei der man auch einmal für längere Zeit die Hände vom Steuer nehmen kann. Für das vollautomatisierte Fahren wird es noch viele Innovationen brauchen. Im Zentrum steht dabei die selbständige Orientierung des Autos in seiner Umgebung. Nur wenn das Fahrzeug erkennt, dass vor ihm ein Reh auf die Straße springt, kann es rechtzeitig bremsen. Dafür eröffnet Licht ganz neue Chancen. Im Bereich der Navigation und Umwelterkennung etwa kommt dem Licht eine erweiterte Bedeutung zu. Was für das Auge des Fahrers bisher das sichtbare Licht ist, wird künftig für die Sensoren des Fahrzeugs das unsichtbare Licht sein. Infrarotstrahlung spielt eine neue, zukunftsweisende Rolle. Sogenannte LiDAR -Systeme (Light Detection And Ranging) bringen dabei den entscheidenden Fortschritt. Mittels Infrarotlicht wird die Umgebung des Fahrzeugs in Echtzeit abgetastet, Sensoren übermitteln die Informationen in die zentrale Elektronik des selbstfahrenden Autos. Das unsichtbare Licht wird von der Umgebung reflektiert, von Detektoren erfasst und gemessen und schließlich in ein digitales Signal umgewandelt, das vom zentralen Rechner im Fahrzeug

Um Navigation per Lichttechnik voranzubringen hat sich beispielsweise OSRAM zuletzt an der kanadischen LeddarTech beteiligt. Das Unternehmen entwickelt Hard- und Software für die LiDAR-Technologie, die für das Autonome Fahren unverzichtbar werden dürfte. Solche Beteiligungen, Kooperationen, aber auch Übernahmen werden wir in der gesamten Hightech-Industrie, die sich um das Autonome Fahren gruppiert, künftig häufiger sehen. Im Wettrennen um die Schlüsseltechnologien entstehen immer mehr branchenübergreifende Partnerschaften und Allianzen, die als Entwicklungspartner und Systemintegratoren fungieren. „Plattformen“ und „Systeme“ gelten als Schlüssel zu den vollkommen selbständig fahrenden Autos. Wann diese wirklich Realität sein werden – darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Dass wir aber eines Tages tatsächlich im Auto die Zeitung zur Hand nehmen können – darüber herrscht Einigkeit. 

Via Infrarotlicht ermitteln LiDAR-Systeme ein gerastertes Bild des Auto-Umfelds, etwa um Wild auf der Straße auch im Dunkeln zu erkennen und Unfälle zu vermeiden.

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Elektronengehirn Im digitalen Hirn des Autos führen die Hersteller die Signale der verschiedenen Sensoren zusammen. Auf Basis der Informationen fällt das Auto seine Fahrentscheidungen.

Abstand- und Spurhalteassistenten

Front-Sensoren

Mittels verschiedener Techniken zur Umgebungswahr­ nehmung wie LiDAR, Radar oder Kameras wahrt das Fahrzeug Distanz zum vorausfahrenden Auto, auch wenn dieses abbremst. Andere Techniken wiederum halten es auf der vorgeschriebenen Fahrbahn.

Hier kommt Technik von OSRAM und LeddarTech zum Einsatz. Mittels Infrarotlicht und Sensoren erzeugt das Auto ein dreidimensio­n ales Bild seiner Umgebung in Echtzeit.

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Arbeiten

4. Die Digitalisierung setzt sich in der Produktion immer stärker durch. Für die Mitarbeiter bedeutet das Veränderungen in Arbeitsalltag und Aufgaben – nicht unbedingt zum Schlechteren, wie ein Blick in das OSRAMWerk Berlin zeigt.

Dr. Frank Sroka Projektleiter Industrie 4.0 in Berlin.

.0 „Das System bietet den Mitarbeitern die Möglichkeit, ihre Arbeit selbstverantwortlich zu planen.“

­ ufgaben an allen Maschinen. Und A wenn ich ein Ticket nicht selbständig bearbeiten kann, hole ich mir einfach per Klick einen Spezialisten dazu“, so Marc Heyber. „Zudem kümmere ich mich nun auch um Programmierarbeiten an den Maschinen. Diese neuen Aufgaben machen mir Spaß, denn ich lerne viel Neues.“ Digital arbeiten in der Produktion Der Ticketmanager ist das Kommunikationssystem, das im Werk Berlin seit etwa zwei Jahren genutzt und innerhalb einer Kooperation mit Bosch entwickelt wurde. Im Sinne von Industrie 4.0 verzahnt es die Produktion mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Dabei sammelt das System die Rückmeldungen der ­M aschinen, setzt sie automatisch in Aufgabenstellungen inklusive ­L ösungsbeschreibung um und verteilt diese weiter an die Smartphones der dafür qualifizierten Mitarbeiter. „Das System bietet den Mitarbeitern die Möglichkeit, ihre Arbeit selbstverantwortlich zu planen – sie sind nun

+12 % Laut Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC wird in digitalen Fabriken eine Effizienzsteigerung von durchschnittlich zwölf Prozent erwartet.

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Es ist kurz nach 6 Uhr, die Frühschicht in der Autolampenfertigung in Berlin hat gerade begonnen. Nach der Übergabe mit den Kollegen der Nachtschicht schnappt sich Marc Heyber sein neuestes Arbeitsgerät: Auf dem Smartphone ist ein digitales Kommunikationssystem, der sogenannte Ticketmanager installiert. Kurz darauf meldet sich das Gerät mit einem Klingeln und übermittelt den ersten Arbeitsauftrag. Heyber zückt das Smartphone in der orangen Schutzhülle, prüft mit einem Blick, ob er die Aufgabe auf dem Display übernehmen kann oder per Klick an einen Kollegen delegieren muss. Er akzeptiert und lädt sich auf dem Weg zur Maschine die Anleitung zur Bearbeitung des Fehlers herunter. Mit ein paar Handgriffen bringt er sie wieder zum Laufen. Der gelernte Mechatroniker bestätigt seine Arbeit auf dem Display und akzeptiert das nächste Ticket, das ihn an das andere Ende der Fertigungshalle lotst. „Die Arbeit mit dem neuen System hat hier einiges verändert. Während meiner Schicht bin ich nicht mehr nur für eine Maschine zuständig. Ich übernehme jetzt

deutlich flexibler. Zudem können die Historie der Maschinenrückmeldungen jederzeit nachverfolgt und somit Wartungsarbeiten besser geplant werden. Die gesamte Produktion wird so sicherer und effizienter“, sagt Dr. Frank Sroka, Projektleiter Industrie 4.0 in Berlin. Seit Einführung des Systems sind schon deutliche Erfolge mit Blick auf die Produktivität zu erkennen. Durch die Digitalisierung, die unter anderem mit dem System Einzug in die Produktion hält, verändern sich

die Jobprofile. Die Facharbeiter in der Produktion arbeiten vermehrt digital. „Die Kollegen sind jetzt nicht plötzlich Softwareprogrammierer, sie modellieren aber Regeln zur Steuerung der Fertigungsprozesse oder binden neue Maschinen digital in das intuitiv zu bedienende System ein. Damit helfen sie, die Maschineneffizienz sowie die nötige Flexibilität in der Produktion zu erhöhen“, so Sroka. Von Berlin aus wird das System in weitere Werke ausgerollt. 

Licht in der digitalen Ödnis Spricht man über Industrie 4.0 oder die digitale Fabrik, stößt man schnell auf ein ungelöstes Problem: eine unzureichende Navigations- sowie Sensortechnik innerhalb von Industriegebäuden, wie Fabriken oder Lagerhallen. Gängige Syste­ me wie GPS (Global Positioning System), zur Lokalisierung von Waren und Werkzeugen, funktionieren unter dem Dach nicht. Sensortechnik, beispielsweise für die Messung von Luftqualität und -feuchtigkeit, bietet hier bisher noch selten genutzten, aber signifikanten Mehrwert. Gerade für Lieferanten, die Obst und Gemüse in großen Mengen lagern und mit Qualität und Frische werben, ergeben sich hier große Vorteile. Und das ist nur ein Beispiel für den Bedarf an Digitalisierung in Logistik und Großhandel.

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Wenn Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Helligkeit nicht in allen Teilen der Lagerhallen stimmen, reifen Bananen und Ananas zu schnell oder verfaulen die Litschis. Wie also die entscheidenden Daten messen und lokalisieren auf riesigen Flächen? Für den Aufbau eines Sensornetzes bietet sich die Lichtinfrastruktur an, denn Leuchten an der Decke sind praktisch der einzige elektrifizierte Ort in Räumen, von dem aus der komplette

Überblick gegeben ist. Daher wird OSRAM künftig auf einer Software-Plattform Lichtsteuerung, Sensordatenanalyse sowie Navigations- und Lokalisierungslösungen integrieren und damit seinen Kunden ein deutlich besseres Verständnis über Nutzungs- und Umgebungsbedingungen von Räumen ermöglichen. Und nicht nur das: Die Daten der Software-Plattform können in das Gebäudemanagement integriert werden. So werden Applikationen von Sicherheitstechnik über Logistik bis hin zur Messung der Luftqua­ lität realisiert. Damit dürften künftig nicht nur der Ausschuss bei Lebensmitteln, sondern auch die Energiekosten deutlich reduziert werden. 

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„Der Dialog mit dem Kunden ist Gold wert“

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CTO

Durch die Digitalisierung der Wirtschaft entstehen komplett neue Geschäftsmodelle. Was das für OSRAM bedeutet, erklärt CTO Dr. Stefan Kampmann.

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„Nicht was wir lernen zählt, sondern wie schnell.“

einschlägt, sind die Anlaufkosten für die aufgegebenen Projekte verschmerzbar. Und die abgeschriebenen Projekte haben uns trotzdem weitergebracht, denn sie helfen uns dabei, eine Wagniskultur zu etablieren. Die ist wichtig, weil wir im Zeitalter der Digitalisierung viel schneller entwickeln und auch Dinge ausprobieren müssen, statt sie langwierig im stillen Kämmerlein zur Marktreife zu bringen. Entscheidend für den Erfolg im digitalen Zeitalter ist die Art, in der wir innovieren: Nicht was wir lernen zählt, sondern wie schnell. Heute erlöst OSRAM etwa jeden zweiten Euro im Auto­ mobilsektor – sinkt oder steigt dieser Prozentsatz?

OSRAM stellt keine Glüh­

lampen mehr her und hat die Glühbirne sogar aus dem Logo verbannt. Wofür steht OSRAM heute aus technolo­ gischer Sicht? Die LED als digitale Lichtquelle hat nun einmal den Glühfaden abgelöst. Aber wir sind weiterhin ein Lichtkonzern, streng genommen der Lichtkonzern. Denn es werden weiterhin Photonen erzeugt und ausgesendet. Durch die Verbindung mit Elektronik gibt es dabei nun weit mehr Möglichkeiten als nur „Licht ein und aus“. Farbwechsel, schnelle Ansteuerung, passgenaue Wellenlängen bis hin zum unsichtbaren Spektrum – das alles geht mit der LED -Technik, und dafür sind wir der Spezialist.

CTO

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Wo ist OSRAM besser als die Konkurrenz? Wir sind seit Jahren die Nummer eins für Licht im Automobilbereich. Das bedeutet auch, dass wir die sehr h ­ ohen Qualitätsansprüche dieser Branche erfüllen – das hilft uns natürlich insgesamt. Zudem sind wir nicht nur führend bei LED, sondern bieten komplette

Lichtquellen an, also inklusive Steuer­ elektronik und Optik. Auch das unter­ scheidet uns von dem einen oder anderen Wettbewerber. Die Photonen sollen ja nicht nur erzeugt werden, sondern auch genau dort ankommen, wo es gewünscht ist. Das ist beispielsweise für unsere Entertainment-Tochter Clay Paky essenziell. Unser größter Vorteil ist jedoch, dass wir durch unser Systemverständnis für viele Kunden der „preferred supplier“ sind. Diese Kunden sprechen uns also als Erste an, wenn sie eine Lösung für eine neue Problemstellung suchen. Dieser Dialog ist Gold wert! OSRAM ist mittlerweile in

vielen neuen Feldern aktiv – Pflanzenlicht, Sensorlicht für Autonomes Fahren, Infra­ rot-Lebensmittelscan. Zu Ih­ rem Amtsantritt sagten Sie: ­„ Innovationsgeist braucht auch den Mut zum Scheitern.“ Hand aufs Herz: Wie oft ist OSRAM seitdem gescheitert? Es gab schon einige Ansätze, die wir wieder aufgegeben haben. Aber ich sagte auch: „Fail fast, fail cheap.“ Wenn jede dritte Innovation richtig

Abgesehen davon, dass dieser Anteil keine Steuerungsgröße ist, fühle ich mich damit sehr wohl: Die kurzen Lebenszyklen der Consumer-Electronic-Branche bringen uns ein hohes Innovationstempo, die längeren Produktzyklen der Autobranche bedeuten längerfristig planbare Einnahmen. Mit LeddarTech haben wir uns jüngst an einem Unternehmen für laserbasierte Umgebungserkennung beteiligt, um unsere Systemkompetenz beim autonomen Fahren auszubauen. Aber wir investieren natürlich auch außerhalb der Autobranche. M i t d e m Ve rka u f vo n L ­ EDVANCE ist auch ein Teil des lukrativen Ersatzteilge­ schäfts entfallen – welche neuen Geschäfte werden das künftig kompensieren? Wir entwickeln im Innovationsbereich nicht mehr nur neue Technologien, sondern auch künftige Geschäfts­modelle. Da stehen servicebasierte Modelle ganz oben. Dazu passt auch die Übernahme von Digital ­Lumens, dem Anbieter für Gebäudetechnik-Software. Der hat sich vom Hardware-Verkäufer erfolgreich zum Anbieter einer Plattform mit kontinuierlich fließenden Service­ erlösen gewandelt. Der Mehrwert für den Kunden kommt durch erhobene

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Daten und deren intelligente Auswertung zustande. Solche Plattformen werden künftig zu unserem Geschäft gehören, inklusive der Erfassung und Analyse von Daten. Unser Vorteil ist, dass Lichtquellen im Internet der Dinge ein riesiges Netzwerk bieten können: Es gibt weltweit mehr als 300 Millionen Straßenleuchten und ein Vielfaches an Lichtquellen in Innenräumen. Wir können also mit Sensoren das Netzwerk für die intelligente Navigation zum nächsten freien Parkplatz oder zum richtigen Konferenzraum liefern – und aus den dabei anfallenden Daten wieder weitere Dienste entwickeln.

Und was wird „das nächste große Ding“ in der Licht­ industrie? Es wird eine Vielzahl neuer Produkte und Innovationen geben. Ein Feld, das noch in den Kinderschuhen steckt, aber gewaltiges Potenzial hat, möchte ich prominent nennen: die Digitalisierung beim Anbau von Pflanzen, also Horticulture-Anwendungen. Ich mag dieses Beispiel: Es zeigt, wie wir mit intelligentem Licht die Ressourcen schonen und damit unseren gesellschaftlichen Beitrag für ein besseres Leben leisten. ( S I E H E S E I T E 2 2 )  

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01 – Unterwegs in ­ ingapur: raus aus dem S stillen Kämmerlein, rein in eine neue Wagniskultur.

Dr. Stefan Kampmann Der Diplom-Physiker ist seit Juli 2016 Chief Technology Officer (CTO) der OSRAM Licht AG.

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Zeitreise zum BEYOND

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Zwilling Ein Zwiegespräch zur Zukunft

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War die Zukunft einmal wichtiger als heute? Zumindest durfte der Zukunft selten zuvor mehr gehuldigt worden sein. Doch zu welchem Nutzen? OSRAM-Innovationschef Thorsten Müller und Zukunftsforscher Bruno Gransche haben über Sinn und Unsinn sowie die Perspektiven für das Jahr 2030 debattiert.

Dr. Bruno Gransche Der studierte Philosoph arbeitet seit 2017 am Forschungskolleg „Zukunft menschlich gestalten“ der Universität Siegen.

rung. „Häufig haben Unternehmen den Modus Operandi: Technik sucht Problem“, sagt Thorsten Müller. „Oft gestaltet man Technik, weil man es kann. Nicht weil man einen bestimmten Nutzen davon hätte. Denken Sie mal an den Eject-Knopf auf der Fernbedienung eines CD -Players. Auf der Fernbedienung ist das eine Absurdität“, ergänzt Gransche. „Es passiert, dass wir mit unserer Innovationshypothese zum Kunden gehen, zum Beispiel mit Technik für vorausschauende Wartung. Und der Kunde ist auch gleich hellauf begeistert. Und mit der Zeit stellen wir fest: Das Problem liegt eigentlich ganz woanders. Daher ist es wichtig, gemeinsam – im Dialog mit dem Kunden – dessen wirkliche Bedürfnisse zu erkennen“, berichtet Müller aus seinen Erfahrungen. Ein Versprechen, das jeder Innovation immanent zu sein scheint, ist der Zeitgewinn. Das sieht Gransche jedoch als „die Jahrhundertlüge der Technik“. Denn der Zeitgewinn werde durch gegenläufige Effekte, sogenannte „Rebound-Effekte“, wieder abgefangen. Schlauere Produkte durch Fachkräftemangel Die beiden Experten sind sich einig: Wie die Welt 2030 aussieht, kann letztlich niemand vorhersehen. „Aber wir sollten trotzdem unsere Fantasie bemühen, denn das inspiriert aus meiner Sicht“, so Müller. „Es ist wichtig, konsistente

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Dr. Thorsten Müller Der promovierte Physiker leitet seit 2016 die Innovation bei OSRAM.

Technik sucht Problem Wer über die Zukunft nachdenkt, dem kommen Bilder aus Science-Fiction-Filmen in den Sinn: fliegende Autos, gebeamte Menschen oder kuriose Hightech-­ Maschinen. Eines haben die meisten Zukunftsfantasien gemein: Sie sind technisch geprägt. Und so haben auch die Erwartungen für unser Leben in einer smarten Welt – so vage sie auch sein mögen – fast immer mit Technik zu tun. „Das große Potenzial der Technik liegt darin, als Person mehr Dinge besser selbständig zu können als ohne die Technik“, erklärt Bruno Gransche von der Universität Siegen. „Ein Vorteil von Technik ist, dass sie gleichzeitig weniger und mehr liefert, als man vorhatte.“ Für die Anbieter von Technik liegt genau hinter diesem Prinzip die große gedankliche Herausforde-

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Bei aller Planung – Fortschritt braucht auch Genie und Glück – oder sogar Chaos.

BEYOND

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Szenarien zu entwerfen. Wir haben für die Entwicklung von vernetzten Gebäuden oder dem Auto­nomen Fahren verschiedene, selbständige Szenarien entworfen. Davon wird sicher keines exakt so eintreffen, aber idealerweise werden dadurch einige Entwicklungen vorausgesagt. Außer­ dem haben wir jetzt Frühindika­toren, die wir beobachten müssen“, sagt OSRAMs oberster Innovator. „Wenn man sich Entwicklungen wie die City-­Maut in London oder das drohende Diesel-Fahrverbot in Stuttgart ansieht, ist es nicht unwahrscheinlich, dass irgendwann Verbrennungsmotoren in der Innenstadt verboten werden. Das löst Folgeentwicklungen aus, etwa zu Sharing-Economy und Autonomem Fahren. Zugleich muss man darauf achten, ob sich lokale Ökosysteme ausprägen und dann etwa ein für Stuttgart entwickeltes autonomes Elektroauto nicht in London fahren kann.“ Auch demo­graphische Entwicklungen können in dem Zusammenhang zu neuen Herausforderungen führen. „Wir stehen bei der Entwicklung unserer Produkte mittlerweile auch vor dem Problem, dass diese nicht mehr ausschließlich von qualifizierten Handwerkern installiert werden. Daher muss das Produkt sich selbst konfigurieren können. Es muss wissen: Was bin ich, wo bin ich, und wie binde ich mich hier ein?“, erzählt Müller. Heilung durch Schlamperei Bei aller Planung – Fortschritt braucht auch Genie und Chaos. „Es gibt viel Technik, die keiner vorausgesehen

hat. Nehmen Sie das Beispiel Penicillin, das nur entdeckt wurde, weil jemand eine schmutzige Petrischale über den Sommer im Labor vergessen hatte“, erinnert Gransche an die Entdeckung des Antibiotikums. Die Wünsche von Kunden abzufragen helfe nur bedingt. „Die visionären Ideen findet man bei Nutzern eher weniger. Wenn man früher die Leute gefragt hätte, was sie sich zur Mobilität wünschen, hätten sie gesagt: ‚Schnellere Pferde‘.“ Andererseits gehe mit dem technischen Fortschritt auch oft der Verlust von persönlichen Fähigkeiten einher. „Man kann den Menschen mit bequemer Technik hervorragend Fähigkeiten aberziehen. Das ist gar kein Problem, solange wir uns dessen bewusst sind und das wollen. Ich weiß zum Beispiel nicht, wie man ein Pferdefuhrwerk lenkt. Dafür kann ich noch eine Gangschaltung im Auto bedienen, die in Amerika wiederum schon eine probate Diebstahlsicherung wäre.“ Die Vermittlung der Chancen und Risiken bleibt auf dem Weg in die Zukunft häufig auf der Strecke. Das sehen wir exemplarisch in Deutschland, wo die „Schizophrenie des Fortschritts“ sich besonders gut zeigt: Der Fortschrittslust steht eine nicht geringere Angst gegenüber. „Wir müssen aufzeigen, dass die Vorteile des technischen Fortschritts dessen Nachteile überwiegen. Dabei sind drei Aspekte ganz wichtig: Verständlichkeit, Transparenz und Freiwilligkeit“, sagt Müller. „Die Gefahr lauert in dem Komfortversprechen vieler Technik. Manche Konzerne traten mit dem Versprechen

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OSRAM Lichtwelt

Seit Ende Oktober präsentiert OSRAM seine Unternehmensgeschichte und seine Produkte in der neu gestalteten „World of Light“. Mit dabei ist auch ein Lichtkino, in dem die Bühnenscheinwerfer von Clay Paky in Aktion zu sehen sind.

Den Zwilling programmieren Gerade deswegen sehen Müller und Gransche die immer weitere Erfassung von Daten des Einzelnen in der Zukunft durchaus kritisch. „Die riesige Herausforderung besteht in der immer komplexeren Rolle des Verbrauchers. Er wird zunehmend überfordert. Ich bin skeptisch, ob es da eine Lösung gibt. Es besteht ein sehr großes Fremdbestimmungspotenzial“, blickt Gransche auf die fortschreitende digitale Vermessung des Einzelnen und den Aufstieg der

Künstlichen Intelligenz. In dem Zusammenhang wird die Vision für 2030 doch recht konkret. „Ich werde irgendwo mit meinem digitalen Datenzwilling in der Zukunft zusammenleben. Die intelligenten Systeme, also das Haus, das Auto, das Hotel, das Fitnessstudio, der Arbeitsplatz, werden sich auf diesen digitalen Zwilling einstellen. Der basiert auf meinen vergangenen Präferenzen. Ich würde mich sehr freuen, dass die Systeme es noch zulassen, dass ich es mir anders überlegen kann“, formuliert Gransche seinen Wunsch für die Zukunft. Für Innovationschef Müller erfasst die Technik zunehmend einen ganz entscheidenden Aspekt des modernen Indivi­duums: „Es geht um Selbstbestimmung. Mir ist wichtig, dass ich in die Antwort des Systems auf mich noch selbst eingreifen kann“, sagt Müller. „Wenn mir beispielsweise am Arbeitsplatz eine früher bevorzugte Lichtstimmung im Augenblick nicht gefällt, möchte ich diese ändern können.“ Indes bieten Künstliche Intelligenz und Big Data auch große Chancen. Wenn es darum geht, in komplexen Systemen mit überbordendem Datenaufkommen Muster zu erkennen, Entscheidungen zu treffen und aus diesen weiter zu lernen. „Hier stehen wir erst am Anfang“, räsoniert Müller. „Die zunehmende Rechenleistung und Vernetzung eröffnen uns Möglichkeiten, von denen wir vor einigen Jahren noch nicht einmal zu träumen wagten. Bei der Erhebung und Übermittlung der Daten kommt Licht zukünftig eine zentrale Rolle zu.“ 

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an, die Welt zu verbessern. Letztlich liefern sie mittlerweile Bequemlichkeitstechnik für Privilegierte“, mahnt Gransche. „Ich würde mir wünschen, dass man sich mit den großen Visionen zurückbesinnt auf Verbesserungen für die Mehrheit der globalen Gesellschaft. Denn Kunde sein muss man sich leisten können. Und wiederum können wir es uns als Gesellschaft nicht leisten, nur auf Kunden zu achten.“ Unterstellt man, dass es wirklich zu einer immer stärkeren Vernetzung weltweit und der großen Lebensbereiche kommt, so sieht Müller den Schlüssel für Wohlbefinden in einer digitalen Zukunft, in der Bildung und einem kreativen Umgang mit Technik: „Ich glaube, was das Thema Technik bei uns wieder anregen sollte, ist die Neugier, der Wunsch, sich mehr Wissen anzueignen.“ Voraussetzung dafür ist natürlich der gleiche Zugang zu Bildung – eines der großen politischen Versprechen des vergangenen Jahrhunderts, das immer noch nicht vollständig eingelöst ist.

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„Mehr Lebensqualität für alle“

CEO

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Dr. Olaf Berlien, CEO von OSRAM, über technologischen Fortschritt, neue Perspektiven und den gesellschaftlichen Beitrag von Licht.

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Herr Dr. Berlien können Sie uns in einem Satz sagen, wofür OSRAM heute steht? Wir stehen für eines der spannendsten Produkte überhaupt: Licht! Denn Licht ist Leben. Licht mit seinen faszinierenden und nahezu grenzenlosen Anwendungs- und Einsatzmöglichkeiten. Und die wollen und werden wir natürlich nutzen – vom Autonomen Fahren, über Smart Home und City, Industrie 4.0 bis zur digitalen Kommunikation. Hat das dann wirklich noch etwas mit Licht zu tun?

Das behaupten viele von sich. War­ um sollte das ausgerechnet OSRAM können? Wir stellen seit über 100 Jahren unter Beweis, dass wir die treibende Kraft gesellschaftlicher Veränderungen sind. 1902 komponierte Paul Lincke das Lied „Glühwürmchen“, eine Ode an die Glühlampe, die in Berlin jedes Kind mitsingen konnte. Warum? Weil die Lampen ein neues ­Lebensgefühl zum Ausdruck brachten. Elektrische Beleuchtung machte Städte damals sicherer, sie gab den Menschen neue Bildungschancen, weil sie abends noch lesen konnten, sie steigerte die Produktivität in Fabriken – kurzum: Sie versprach mehr Lebensqualität für alle. Und genau dieses Versprechen lösen wir weiter ein. Heute ermög­ lichen wir Handyentsperrungen mit Iris-Erkennung, digitale Navigations- und Lokalisierungslösungen, die Kunden des Einzelhandels maßgeschneiderte Angebote auf ihr Handy senden.

01 – Optimistisch in die Zukunft: Geschäfts- und Kapitalmarktentwicklung von OSRAM stimmen.

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Sind Sie dann überhaupt noch in der Lichtbranche tätig? Wie gesagt können wir mit Licht heute schon weit mehr als nur Beleuchtung. Wir wachsen immer stärker zusammen mit anderen Industrien, wie zum Beispiel der Automobil- oder der Softwarebranche. Die Lichtbranche in ihrer früheren Prägung gibt es heute eigentlich nicht mehr. Das ist aber kein Grund zur Sorge, denn aus unserer Innovationskraft entstehen faszinierende neue Chancen. Ist das nicht ein bisschen zu viel der „kreativen Zerstörung“? Das Erfolgsgeheimnis der Digitalisierung ist die Entschlossenheit und die Radikalität der Unternehmen, mit denen sie technologischen Fortschritt in neue Geschäftsmodelle übersetzen und zum wirtschaftlichen Erfolg führen. Mit dieser Entschlossenheit haben wir uns 2016 von unserem traditionellen Geschäft getrennt – immerhin eine Unternehmung mit zwei Milliarden Euro Umsatz. Mit dieser Entschlossenheit werden wir auch als Hightech-Unternehmen in neue Dimensionen vorstoßen. Aber, und das ist mir wichtig, wir haben uns damit keineswegs unserer Traditionen und Stärken entledigt. Nur wenige haben unser Wissen über Licht und d ­ eren Möglichkeiten. Und das gepaart mit unserer ­Innovationsstärke und unserem Innovationswillen ist eine starke Kombination.

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CEO

Immer weniger mit sichtbarem Licht. Großes ­Potenzial liegt im Einsatz von nicht sichtbarem Licht, also im infraroten oder ultravioletten Bereich. Wir entwickeln immer neue Einsatzmöglichkeiten entlang der großen digitalen Trends von heute, machen Licht intelligent und gehen weit über Beleuchtung hinaus. Somit erleichtern wir Mobilität, erhöhen Sicherheit, schaffen Verbindung und stärken Wohlbefinden und Gesundheit. Wir können das Leben der Menschen in fast allen Bereichen verbessern.

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Sie sagen, OSRAM sei auf dem Weg zu Hightech – was muss sich noch ändern? Wir haben in den vergangenen Jahren schon viel erreicht: Wir haben Prozesse vereinfacht, sind deutlich schneller und näher an den Kunden und am Markt. Wir müssen aber noch viel mehr den Willen und den Mut zur Veränderung haben. Ich hatte ja eben auf die Entschlossenheit erfolgreicher Unternehmungen der Digitalisierung hingewiesen. Dafür werden wir noch mehr Komplexität abbauen, um noch schneller zu werden. Umgekehrt gefragt: Was muss bleiben? Was darf sich auf keinen Fall ändern? Wir sollten uns gleichzeitig auf unsere Stärken besinnen und das, was uns widerstands- und anpassungsfähig gemacht hat. Zukunft ist und bleibt Herkunft. Und diese Herkunft ist eine Kultur, deren Antrieb Leidenschaft ist. Leidenschaft für Verantwortung, für Innovation, aber auch für Leistung. Können Sie uns sagen, wofür OSRAM mittelfristig, also in fünf Jahren, steht? In den kommenden Jahren werden wir uns weiter vom Komponenten- zum Lösungs- und Serviceanbieter entwickeln. Die Basis dafür sind unsere LED. Damit positionieren wir uns als Anbieter von Sicherheits- und Vernetzungslösungen im Automobil. Trends von Fahrassistenzsystemen bis hin zum Autonomen Fahren sorgen dafür, dass neben Beleuchtung auch Sensorik schon heute eine wichtige Rolle für OSRAM spielt. Wir werden in der digitalen Fabrik von morgen mittels Licht Informationen übertragen. Wir werden auch mit Software-Plattformen künftig eine bessere Nutzung von Räumen ermöglichen. Und das sind nur ein paar Beispiele, aber sie zeigen sehr gut, wohin die Reise geht. Wie müssen wir uns dann die Produkte vorstellen?

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Stellen Sie sich einfach unsere Produkte von heute vor, ergänzt um Intelligenz. Also eine Leuchte, die ergänzt ist um eine kleine Box, die als Informationsknotenpunkt für Gebäude­ management fungiert. Stellen Sie sich einen Autoscheinwerfer vor, in den Infrarot-Dioden integriert sind, die das Auge des Autos sind und mit der Automobilsteuerung kommunizieren. Stellen Sie sich noch kleinere LED vor, auf die noch mehr Intelligenz gepackt ist.

Wie setzt der Vorstand das um? Für uns liegt ganz klar der Fokus auf Stärkung, nicht auf Kontrolle von Mitarbeitern. Das bedeutet: Wir wollen bewusst mutige Schritte und fördern eine Wagniskultur, die Scheitern und Lernen ermöglicht. Dass dies nur auf der Basis von Offenheit und Respekt möglich ist, nun ja, das versteht sich wohl von selbst. Gut, das ist die Kultur. Was macht Sie so sicher, dass Sie die richtige Strate­ gie haben? Die Strategie stimmt. Das bestätigen uns Kapital­m arkt und unsere Geschäftsentwicklung. Wir haben 2015 mit unserer Innovationsund Wachstum­sinitiative „Diamond“ genau den richtigen Weg eingeschlagen, mit dem wir unsere Stärken stärken und Schwächen strukturiert und entschlossen angehen. 

Dr. Olaf Berlien Seit 2015 leitet der promovierte Betriebswirt als CEO die OSRAM Licht AG.

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Datum der Veröffentlichung 30. November 2017

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