Lokales - Axel Bertrand

kognito«, ruft sie ihrem Begleiter zu und lacht. Sie steht vor dem Grabstein von Dr. Johann Friedrich Bode, der den Titel »Geheimer Medizinalrat« trug. Dass alle ...
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Lokales

Mittwoch, 19. Oktober 2016 - 244 - Seite

Der Hundert-Prozent-Kandidat

Guten Morgen, liebe Leser! Neulich auf dem Alten Friedhof in Bad Nauheim. Ein Paar schlendert an den Grabstelen vorbei, die Frau bleibt stehen. »Guck mal, die liegen hier alle inkognito«, ruft sie ihrem Begleiter zu und lacht. Sie steht vor dem Grabstein von Dr. Johann Friedrich Bode, der den Titel »Geheimer Medizinalrat« trug. Dass alle Toten hier inkognito liegen, ist übertrieben. Aber gleich um die Ecke gibt es einen Geheimen Bergrat und weiter oben immerhin noch einen Großherzoglichen Polizeirat. Nur der Nachtwächter war im Nebenberuf weder Großherzoglicher, noch Geheimer Borstenviehaufsichtsrat, sondern ganz einfach Schweinehirt. Daneben liegen die Gattin eines Wirtes, ein Postexpeditor sowie Söder, Gradierer und Wagner. Aber woher kommt der Titel »Geheimrat«? Welches Geheimnis verbirgt sich dahinter? Ganz einfach: Das ist ein nichtakademischer Titel, der zurückgeht auf die Ratskollegien (»Regierungen«) im Heiligen Römischen Reich. Der Gemeinderat und der »Magist-Rat« tagten früher und tagen heute noch geheim, wobei »geheim« im Sinne von »vertraut« zu verstehen ist: Geheimräte oder auch Geheime Räte waren die ins Vertrauen gezogenen Ratgeber ihres Herrn. Spitzenbeamte hießen Wirkliche Geheime Räte und durften sich Exzellenz nennen.Vor Haarausfall waren sie trotzdem nicht gefeit, wie der Begriff »Geheimratsecken« verrät. Diese Form des Haarausfalls gilt als Zeichen von Alterswürde und Weisheit, kann allerdings von ihren Trägern gleich welchen Ranges oder Berufsstandes – seien sie Medizinalrat, Bergrat oder gar Wagner – nicht geheimgehalten werden. (jw/Foto: Wagner)

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Axel Bertrand hat’s eilig. Der Wahl zum SPD-Vorsitzenden in Bad Nauheim folgte bald der Einzug ins Parlament, wo er sofort Fraktionschef wurde. Kaum hatte sich der Wirtschaftswissenschaftler in der Stadtverordnetenversammlung etabliert, wird er mit einem Hundert-ProzentVotum der Mitglieder zum Bürgermeisterkandidaten gekürt. Die WZ sprach mit ihm über Duftmarken,VW-Bullis und Straßenbeiträge. Von Bernd Klühs Herr Bertrand, Sie sind erst seit wenigen Monaten SPD-Fraktionschef und konnten noch keine politischen »Duftmarken« setzen. Warum halten Sie die Zeit jetzt schon reif für eine Bürgermeisterkandidatur? Axel Bertrand: Die politische Duftmarke ergibt sich ja aus den Themen. Wir haben alle fünf Jahre Kommunalwahl, alle sechs Jahre Bürgermeisterwahl. Nachdem ich 2011 nach Bad Nauheim gezogen bin, habe ich mich direkt in der SPD engagiert. Im Hintergrund war ich seit dieser Zeit tätig, auch im Vorstand. Das mit der Duftmarke ist etwas, was nach außen wirkt, aber parteiintern bin ich schon wesentlich länger engagiert. Und deswegen kommt jetzt die Kandidatur.

1 Unterirdisch

Heute vor zehn Jahren berichtete die WZ über die Unterschriftenaktion gegen den Bau einer unterirdischen Therme. Bürgermeister Witzel betonte damals, das Bad müsse wieder zu einer Attraktion werden.

2 Selbstironisch

Das Bildungsforum zeigt heute, 20 Uhr, im Kinocenter Friedberg die Doku »Titos Brille« über das Leben der Schauspielerin Adriana Altaras, deren Eltern nach dem Krieg in Gießen ein neues Leben begannen.

3 Tierisch

Einen kurzweiligen Vortrag über den Feldhamster, gefährdeter Nager und Wildtier des Jahres, hält der Biologe Tobias Reiners heute Abend, 20 Uhr, bei den Naturfreunden im Bürgerhaus Ober-Mockstadt.

Taschendieb in der Bar Bad Nauheim (pob). Eine 39-jährige Friedbergerin ist in der Nacht zum Sonntag in einer Bar in der Hauptstraße bestohlen worden. Aus ihrer Handtasche, die an einem Handlauf an der Theke hing, entnahm ein Unbekannter Portemonnaie und Handy im Wert von 200 Euro. Bargeld, Ausweise und Kundenkarten sind weg. Hinweise nimmt die Polizei Friedberg unter Tel. 0 60 31/60 10 entgegen.

 Das Schaufenster Geburtstage/Ehejubiläen

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Meinungstreff

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Infothek/Sudoku

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Ihr Draht zu uns 0 60 32/9 42-5 31 [email protected]

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SPD-Kandidat Axel Bertrand will Bad Nauheims Straßen nicht verrotten lassen, er plädiert deshalb für wiederkehrende Straßenbeiträge. (Foto: nic) begleiten können: Wie ich meine Zeit verbringe und mit wem. Zu den Sachfragen: Mit dem Thema Therme-Zukunft dürften Sie kaum punkten können. Sie unterstützen als SPD-Fraktionsvorsitzender die Position von CDU und UWG, können bei diesem wichtigen Projekt also keine inhaltliche Alternative zu deren Kandidaten bieten. Bertrand: Es geht mir nicht darum, mich von Kandidaten zu unterscheiden. Es geht mir darum, einfach umzusetzen, was gut für Bad Nauheim ist. Im Internet ist nachzulesen, warum die Anbindung der Therme an den Sprudelhof notwendig ist, warum das vorgelegte Papier der Koalition ein gangbarer Weg dorthin ist. Dabei steht außer Frage, dass für die städtische Spielstätte zeitgleich eine Lösung gefunden werden muss.

Den Namen Axel Bertrand kennen bislang nur wenige Bad Nauheimer Wähler. Wie wollen Sie sich in den Monaten bis zum Urnengang bekannt machen – per klassischem Wahlkampf oder eher mithilfe der sozialen Internet-Netzwerke? Bertrand: Sowohl als auch. Zusammen mit einem Team habe ich die Kampagne durchgeplant. Das wird sowohl online als auch offline funktionieren. Teilweise sieht man es schon über die Homepage. Wir haben einen neuen Whats-App-Channel installiert. Jeder, der Mein VW-Bulli damit erreicht wird, erDann müsste die neue wird im Wahlkampf reicht auch mich. Ganz Spielstätte auch mal in wichtig im Wahlkampf: auftauchen der Kostenkalkulation Dialog, alles was Dialog auftauchen. Axel Bertrand ermöglicht. Natürlich Bertrand: Wir fangen ja wird es nicht ohne Pressenicht von null an. Da hat arbeit, ohne Plakate gehen. Standardwahlkampf brauchen wir, weil die Welt nicht aus- es ja schon Ideen gegeben, sind aber mangels Aktualität oder Notwendigkeit wieder verschließlich online stattfindet. worfen worden. Ich kann mir vorstellen, dass … und weil die älteren Leute im Gegensatz eine solche Investition geschultert werden zu den jüngeren zur Wahl gehen. kann. Zurzeit haben wir einen guten FinanzBertrand: Es gibt ja noch ein Bindeglied, die haushalt und niedrige Zinsen. Zudem erwarVereinsarbeit, die Multiplikatoren, die wir ten wir Zuflüsse durch den Grundstücksveransprechen möchten, mit denen ich bereits kauf in Bad Nauheim Süd. als Ortsvereinsvorsitzender der SPD im GeSie suchen also Gemeinsamkeiten mit anspräch bin. Ich beschäftige mich mit den deren Parteien bei diesem Großprojekt? Sorgen, Wünschen und Nöten der Leute, die Bertrand: Wenn ich viel von dem, was ich für hier ehrenamtlich tätig sind. richtig halte, in dem Therme-Kompromiss Bei der Bürgermeisterwahl geht es um wiederfinde, sehe ich ganz eindeutig den Personen. Werden die Bürger im Wahl- Weg, sich zugunsten einer breiten Mehrheit kampf Persönliches von Ihnen erfahren, anzuschließen. Jetzt gibt es eine breite Mehrüber ihre Familie, ihre Hobbys? Im Inter- heit, hoffentlich wird die Entscheidung nicht net habe ich gelesen, dass Sie ein VW-Bul- immer wieder angezweifelt. li-Fan sind und Blasinstrumente spielen. Große Bedeutung für die Bürger wird in Bertrand (lacht): Sachthemen werden natürden kommenden Jahren das Thema Stralich im Vordergrund stehen, aber es sind ßenbeiträge haben. Wie wird sich ein BürMenschen, die die Politik machen. Ich kann germeister Bertrand entscheiden: Untergut verstehen, wenn die Leute wissen wollen, stützen Sie die Haltung des derzeitigen wer der Kandidat denn nun ist. Mein VWRathauschefs Häuser, der die Beiträge verBulli wird im Wahlkampf auftauchen, die hindern möchte, oder wollen Sie diesen fiZeit, um auf ordentlichem Niveau Musik zu nanziellen Obolus der Bürger, um bei der machen, habe ich im Moment leider nicht. Es Straßeninstandsetzung voranzukommen? wird sicherlich nicht die seitenfüllende Homestory geben, aber ich bin offen für Bertrand: Das ist ein ganz schwieriges TheKommunikation. Im Internet wird man mich ma. Die Stadt ist in eine Zwangslage ge-



Dinge, die ich im Wetteraukreis heute wissen muss:

Redaktion E-Mail:

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drückt worden, die nicht hätte sein müssen. Es war klar, dass die Kommunalaufsicht den Erlass des Innenministers umsetzt. Vor diesem Hintergrund zu taktieren und zu überlegen, dass man sie einführt und wieder abschafft, bevor sie wirksam wird, halte ich für einen ganz großen Fehler und macht die Situation, die auf uns zukommt, umso schwieriger. Wünschenswert ist, dass wir die Beiträge gar nicht brauchen, weil wir die Haushaltsdefizite abbauen können. Das ist laut Kämmerei aber erst 2020 der Fall. Wobei der Bürgermeister inzwischen schon von Ende 2018 spricht. Bertrand: Wir müssen mal sehen, wie sich Investitionsvorhaben auswirken, vor allem die Therme. Wenn wir auf Straßenbeiträge zunächst nicht verzichten können, favorisiere ich die wiederkehrenden. Als darüber diskutiert wurde, hat das Parlament diese Variante nicht beschlossen, warum auch immer. Wenn man aber jetzt erkennt, dass es wirklich notwendig ist, um die Straßen nicht verrotten zu lassen, ist das die beste Lösung. Und den Mehraufwand an Verwaltungsarbeit werden Sie dann in Kauf nehmen? Bertrand: Der Mehraufwand ist zu schultern. Das sagen Experten, die mit einer solchen Lösung in der Praxis arbeiten. Wiederkehrende Beiträge sind gerechter und für die Betroffenen bezahlbar, weil sie pro Jahr einen überschaubaren Betrag überweisen müssen. Wenn wir das schon brauchen, dann so.

Zur Person Der 42-jährige Axel Bertrand lebt in Scheidung und hat eine neue Lebenspartnerin. Er ist Vater eines Sohnes. Der Wirtschaftswissenschaftler hat verschiedene berufliche Stationen hinter sich, arbeitet zurzeit als selbstständiger Finanzmakler und Unternehmensberater. Er trat 2005 der SPD bei und lebt seit 2009 in Bad Nauheim. Nach anderen Vorstandstätigkeiten übernahm er im Sommer 2015 den Ortsvereinsvorsitz der Bad Nauheimer Sozialdemokraten. Seit der letzten Kommunalwahl hat Bertrand ein Stadtverordnetenmandat und den Fraktionsvorsitz inne. Bei einer Mitgliederversammlung Anfang Oktober wählten ihn 100 Prozent der Anwesenden zum Kandidaten für die Bürgermeister-Direktwahl im Mai 2017. (bk/Foto: nic)

Keine Bürgermeister im Nebenjob Kleine Kommunen machen keine Anstalten, ehrenamtliche Rathauschefs einzusetzen Wetteraukreis (hed/pm). Kommunen mit halb »zurzeit kein Beratungsbedarf über dieweniger als 5000 Einwohnern können seit ses Thema besteht«. Wie seine drei Kollegen Neuestem aus Spargründen auch von einem sprach er sich laut Hahn aber persönlich daehrenamtlichen Bürgermeister regiert wer- für aus, dass auch in einer kleinen Gemeinde den. Das hatte der hessische Landtag auf der Bürgermeister hauptamtlich arbeiten Initiative der CDU vor knapp einem Jahr be- sollte, da er auch Tätigkeiten als Abteilungsschlossen. In den vier potenziell beleiter und Sachbearbeiter durchtroffenen Wetterauer Kommunen führen müsse – und somit sogar gibt es bislang aber kein Interesse Personalkosten eingespart werden an einem Rathauschef im Nebenjob. könnten. Das hat eine Umfrage des FDPÄhnlich argumentierte Freddy Landtagsabgeordneten Jörg-Uwe Kammer, parteiloser Bürgermeister Hahn ergeben. in Hirzenhain (2828 Einwohner). Er Bürgermeister Carsten Krätwies auf 60-Stunden-Wochen hin, schmer (SPD) aus Glauburg (3032 die ein ehrenamtlich tätiger BürgerEinwohner) wies in einem Schreimeister nebenbei gar nicht erbrinben an Hahn darauf hin, dass seine gen könne. Rudolf Kessler (CDU) Amtszeit erst 2022 ende und des- Manfred Wetz aus Kefenrod (2726 Einwohner)

machte deutlich, dass über das Thema bisher nicht beraten worden sei und er vonseiten der Fraktionen derzeit auch keinerlei Diskussionsbedarf erkennen könne. Bürgermeister Manfred Wetz (parteilos) aus Rockenberg (4361) wies ebenfalls darauf hin, dass in der Gemeindevertretung über dieses Thema nicht gesprochen worden sei. Die Gemeinde Bromskirchen (1830 Einwohner) im Landkreis Waldeck-Frankenberg wird ab 2017 als erste in Hessen von einem ehrenamtlichen Bürgermeister geleitet. Die Union erhofft sich Einsparungen von der neuen Regelung. Die FDP spricht sich laut Hahn dagegen für den Erhalt des Hauptamts aus. Bei Bürgermeister könne man viele Aufgaben bündeln. Hahn: »Nur so scheint mir eine geordnete Verwaltung möglich.« (Archivfoto)