Lernfeld 6: Logistische Prozesse planen, steuern und ... - Christiani

mangelnde Abstimmung zwischen Lieferant und Handel bezüglich unternehmensüber- greifender Werbemaßnahmen, Produktvorhaben und Entwicklungen im ...
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Lernfeld 6: Logistische Prozesse planen, steuern und kontrollieren 6.1

Lieferketten- und Qualitätsmanagement

PROBLEM

Freitag, 12:30 Uhr: Katja Müller nutzt ihre Mittagspause, um noch schnell in das Lebensmittelgeschäft um die Ecke zu springen. Überraschend haben sich Freunde angekündigt. Es soll ein gelungener Abend werden – mit einem guten Wein und einem leckeren Mehrgängemenü, natürlich selbst gekocht. Gerade gestern hat sie eine tolle Werbung gesehen, die richtig Lust gemacht hat auf italienisches Essen und als Höhepunkt ein original italienisches Tiramisu. Und da fängt das Problem schon an – denn Katja braucht dringend noch Mascarpone. Also schnell in die Frischeabteilung und zum Kühlregal. Aber verflixt – wo sonst die Mascarpone auf ihre Käufer wartet, nur gähnende Leere. Da haben sich wohl noch mehr durch den gelungenen Werbespot zu einem italienischen Abendessen inspirieren lassen. So ein Ärger. Und nebenan stapelt sich der Magerquark und quillt schon fast aus dem Regal. Diese oder eine ähnliche Situation haben Sie sicherlich auch schon erlebt – entweder als Konsument oder als Logistikverantwortlicher. Was hier in einer Verkaufsfiliale zu Kundenverärgerung und Umsatzeinbußen führt, stellt auch in den Zentrallägern und Distributionszentren des Handels ein Problem dar. Out-of-Stock-Situationen auf der einen Seite und Überbestände auf der anderen, mit all ihren unerfreulichen Nebenerscheinungen wie erhöhter Kapitalbindung, Minderlieferungen, erhöhter Retourenquote und Abschreibungen gehören noch nicht der Vergangenheit an. Als typische Ursachen dieser Missstände lassen sich folgende Faktoren identifizieren: 앫 mangelnde Abstimmung zwischen Lieferant und Handel bezüglich unternehmensübergreifender Werbemaßnahmen, Produktvorhaben und Entwicklungen im Gesamtmarkt, 앫 zu wenig Informationsaustausch bezüglich Abverkäufen, Beständen und Bestandsbewegungen, 앫 zu geringe Flexibilität in den Dispositions- und Bestellsystemen sowie der Ablauforganisation, 앫 zu geringe Prozesstransparenz bezüglich der Abläufe und Zeitbedarfe im jeweils anderen Unternehmen. 1. Beschreiben Sie einige Folgen von Fehlbeständen und Überbeständen. 2. Erläutern Sie einige Ursachen für diese Missstände. Machen Sie Vorschläge, wie Fehl- und Überbestände vermieden werden könnten. 3. Beschreiben Sie die Lieferkette Ihres Ausbildungsbetriebs vom Vorlieferanten bis zu den Kunden Ihrer Kunden. Gehen Sie dabei auf Schwachstellen ein.

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Lernfeld 6

Logistische Prozesse planen, steuern und kontrollieren

SACHDARSTELLUNG

6.1.1

Volkswirtschaftliche Wertschöpfungskette

In einer Volkswirtschaft werden Produktionsfaktoren (Input = Arbeit, Natur und Kapital) eingesetzt, um Konsumgüter (Output) herzustellen, die zur Bedürfnisbefriedigung dienen. Bevor ein Gut konsumiert werden kann, durchläuft es eine Kette von Wertschöpfungsprozessen (Herstellungs- und Verteilungsprozessen). Siehe hierzu auch LF1, Kap. Großhandelsbetriebe in der Wertschöpfungskette. Lieferkette von der Güterherstellung bis zur Güterverwendung Güterverteilung = Logistikprozesse

Güterherstellung = Produktionsprozesse

Güterverwendung = Konsumprozesse

Die Güterherstellung erfolgt durch Produktionsprozesse (Rohstoffgewinnung, Weiterverabeitung) in Urproduktionsbetrieben (z. B. Erdölförderung, Erzabbau, Land-, Viehwirtschaft), Industrie- und Handwerksbetrieben. Dabei werden die Güter in Umformungsprozessen qualitativ verändert. Die Güterverwendung kann in Haushalten, aber auch in Produktions-, Handels- und Dienstleistungsbetrieben erfolgen. Dabei werden die Güter durch Konsumprozesse (Gebrauch und Verbrauch) ebenfalls qualitativ verändert. Die Güterverteilung verknüpft die Güterherstellung mit der Güterverwendung. Logistiksysteme übernehmen die Bewegung (Güterfluss) und Lagerung der Güter. Dabei werden die Güter nicht qualitativ, sondern nur räumlich und zeitlich verändert (Raum- und Zeitüberbrückung). Solche logistischen Prozesse werden von speziellen Logistikunternehmen, aber auch von Produktions-, Handels- und Dienstleistungsbetrieben teilweise selbst durchgeführt. Beispiel: Logistikprozesse in der volkswirtschaftlichen Wertschöpfungskette Modell eines Wertschöpfungs-Prozesses Shell Ölförderung

BASF Kunststofferzeugung

Fischerwerke Dübelherstellung

Dübel

VOEST Stahlerzeugung

BESSEY Stahlverarbeitung

Meusel Schraubenherstellung Verbrauch

Schraube

FS-Karton Papier-/Kartonherstellung

Colordruck Beschrifteter Karton

Verpackung

Produktions- und Logistikprozesse Entsorgungsprozesse

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Konsumprozess

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Logistische Prozesse planen, steuern und kontrollieren

In einem einstufigen Logistikprozess erfolgt die Raum- und Zeitüberbrückung zwischen der Güterbereitstellung bzw. dem Lieferort (Quelle, Source) und der Güterverwendung bzw. dem Empfangsort (Senke) durch einen direkten, nicht unterbrochenen Güterfluss. In einem mehrstufigen Logistikprozess wird der Güterfluss zwischen Lieferort und Empfangsort mindestens einmal unterbrochen. An diesem Unterbrechungspunkt erfolgt eine Mengenänderung (Mengenüberbrückung), indem der Güterfluss entweder gebündelt (Zusammenfassung zu größeren Mengen) oder aufgesplittet (Auflösung in kleinere Mengen) wird. Siehe hierzu auch LF1, Kap. Funktionen des Groß- und Außenhandels. Beispiel: Wertschöpfungskette mit Bündelung und Aufsplittung des Güterflusses Beschaffungsmarkt

A Betriebe der Weiterverarbeitung (Industrie, Handwerk), B z. B. GetränkeC hersteller

Absatzmarkt

Absatzgroßhandel (z. B. Getränkegroßhandel)

Kauf von größeren Mengen

6.1.2

1 Einzelhandel 2 3 4 5 6 7 8

Verkauf von kleineren Mengen

Ziele, Aufgaben und Teilbereiche der Unternehmenslogistik

Der Begriff Logistik ist aus dem französischen Wort „loger“ abgeleitet. Zu Zeiten Napoleons umfasste Logistik den Transport, die Unterbringung und Versorgung der Truppen als auch den Transport, die Lagerung und Wartung aller militärischen Güter (Waffen-, Munitions-, Energie- und Lebensmittelnachschub). In Logistikprozessen greifen stets Bewegungs-, Lager- und Umschlagsprozesse1 ineinander. Diese Kernprozesse der Logistik werden von Verpackungsprozessen2 unterstützt. Diese Prozesse werden wiederum von Informationsprozessen begleitet, die sich aus der Erteilung, Weitergabe, Gegenzeichnung (Signierung) und Bearbeitung von Aufträgen ergeben. Merke: Logistische Prozesse umfassen die marktorientierte Planung, Steuerung, Durchführung und Kontrolle des gesamten Waren- und Informationsflusses 앫 innerhalb eines Unternehmens (innerbetriebliche Logistik), 앫 zwischen einem Unternehmen und seinen Lieferanten (Beschaffungslogistik), 앫 zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden (Distributionslogistik). In letzter Zeit beschäftigte sich die Logistik damit, Unternehmen zu Wertschöpfungsketten (Lieferketten) zusammenzuführen. Zukünftig integriert sie ganze Wertschöpfungsketten zu globalen Unternehmensnetzwerken. 1

2

Umschlagen bedeutet Handhaben von Gütern, z. B. Umladen in ein anderes Fahrzeug, Einordnen in ein Lagerregal, Sortieren, Sammeln, Aufteilen der Güter usw. Verpackungen haben Schutz-, Lager-, Transport- und Informationsfunktionen und ermöglichen erst die Bildung logistischer Einheiten (Lager-, Ladeeinheiten) als Voraussetzung für rationelle Transportketten.

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Ziele und Aufgaben der Logistik im Überblick

Ziele

Logistik-Hauptziel

Logistische Erfolgsfaktoren

Logistik-Einzelziele

Die vollständigen Artikel in vollständiger Menge und vollständiger Qualität über die vollständige Information zur richtigen Zeit am richtigen Ort

• Bedarfssicherheit • Bestandssicherheit • Prozesstransparenz • Prozesssicherheit • Prozessbeherrschung

• niedrige Bestände • kurze Durchlaufzeiten • Termintreue • hoher Lieferservice • Komplettlieferung • Erreichbarkeit

Durchgängiger Auftragsabwicklungsprozess

Aufgaben

Vertriebslogistik

Entwicklungslogistik

Funktionsübergreifende durchgängige(s) • Planung • Steuerung • Durchführung • Controlling der Materialflüsse mit allen Ressourcen in Unternehmen Logistikaufgabe

Beschaffungslogistik

Versandlogistik

Produktionslogistik

Entsorgungslogistik

Unternehmensübergreifender Aufbau von kooperativen Wertschöpfungsketten mit definierten Kunden-LieferantenVereinbarungen

Gemeinsame Wertschöpfungskette mit minimalen organisatorischen, funktionalen und informationellen Schnittstellen

Lieferantenanbindung

Kundenanbindung

Teilbereiche der Logistik im Überblick (Logistikkreislauf)

Unternehmenslogistik Versorgungslogistik Beschaffungslogistik

Lagerlogistik

Distributionslogistik

Eingangslager

Zentrallager (Hauptlager)

Kommissionierlager (Anlieferungslager)

Waren Lieferant

Kunde

Auslieferungslager

Zwischenlager Aufbereitung Entsorgungslogistik

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Sammellager Recylinggüter Leergut, Retouren

Rückstände Abfalldeponie

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6.1.3

Warenwirtschaftssystem − interne Lieferkette im Griff

Jeder Großhändler betreibt Warenwirtschaft, indem er Waren beschafft, lagert und an seine Kunden weiterverkauft. Die Warenwirtschaft umfasst sowohl die physische Bewegung der Ware selbst (Warenfluss bzw. Warenprozess) als auch die Bearbeitung und Auswertung der dabei anfallenden Informationen (Datenfluss bzw. Informationsprozess). Erfolgt die Warenwirtschaft computergestützt, dann spricht man von einem Warenwirtschaftssystem.

Einkauf

Steuerung Warenwirtschaft

Zentraler Wareneingang

Verkauf Kunden A, B, C

DatenWarenwirtschaftssystem fluss

Warentransport Kunde C

Wareneingangsprüfung

Kunde B Kunde A

Warenfluss

Einlagerung Rechnungsregulierung

ggf. Auszeichnen

Warenverteilung Kommissioniren

ggf. Etiketten erstellen

Die herkömmliche Warenwirtschaft ist gekennzeichnet durch die weitgehend manuelle Datenerfassung und -auswertung. Die Datenerfassung ist dadurch fehlerhaft, ungenau, zeitintensiv und langsam. Werden Sortimentsentscheidungen auf der Grundlage solcher unvollständiger Informationen getroffen, dann sind Fehlentscheidungen unvermeidlich. Kurzfristige Auswertungen sind nur mit erheblichem Zeit- und Personalaufwand möglich. Zunehmende Kooperation und Globalisierung (Internationalisierung) lassen immer größere Betriebseinheiten entstehen, die mit herkömmlichen Methoden der Planung und Steuerung nicht mehr beherrschbar sind. Zudem zwingt der immer schärfere Wettbewerbsdruck zu artikelgenauer und möglichst zeitnaher Kontrolle der Umsätze und der Kalkulation. Merke: Ein Warenwirtschaftssystem beinhaltet die computergestützte Planung, Steuerung und Kontrolle der Waren-, lnformations- und Werteflüsse eines Unternehmens entlang der unternehmensinternen Wertschöpfungskette.

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Logistische Prozesse planen, steuern und kontrollieren

Warenwirtschaft – vom Kunden zum Kunden

Bestellung 2

Lieferant

3 Ware

Beschaffung

Lagerhaltung

Absatz

Disposition

Einplanung

Auftragsbearbeitung

Informationsfluss

Auftrag 1

Geschäftsleitung

Kunde

(Planung, Organisation, Kontrolle)

WarenEingangseinlager gang

Hauptlager

Kommissionslager

Versand

4 Ware

Materialfluss Geld Mitarbeiter, Staat, Kapitalgeber

Wareneinsatz Personalkosten Zinsen / Gewinn Wertefluss Ausgaben

Umsatzerlöse

Geld

Einnahmen

Rechnungswesen

In einem geschlossenen Warenwirtschaftssystem (ERP-System)1 werden die Daten dort erfasst, wo sie zuerst anfallen, und können dann über ein Netzwerk von allen Abteilungen (z. B. Einkauf, Lagerhaltung, Verkauf, Logistik, Rechnungswesen) abgerufen werden. Alle Daten werden nur einmal erfasst; alle Abteilungen arbeiten mit denselben artikelgenauen, laufend aktualisierten Daten (gemeinsame Datenbasis). Damit wird eine fehlerlose, medienbruchfreie und ununterbrochene Kommunikation auf und zwischen allen Prozessebenen im Unternehmen möglich. So kann der Einkäufer die Artikeldatei nutzen, um Bestellungen zu bearbeiten, der Verkaufsleiter analysiert die Aufträge anhand der Auftragseingangs- und Auftragsbestandslisten, um Daten für die Umsatzplanung zu erhalten; der Lohnbuchhalter greift auf die Auftragsdatei zurück, um die Provisionen der Vertreter zu berechnen. Das Warenwirtschaftssystem macht die Bedarfs- und Bestandssituation und die verfügbaren Lager-, Betriebsmittel- und Personalkapazitäten als Grundlage für eine wirklichkeitsnahe Planung sichtbar. Die Auftragsdurchlaufzeiten werden reduziert, die Termintreue gesteigert und Lagerbestände abgebaut. 1

ERP = Enterprise Resource Planning (Unternehmensressourcenplanung) ist eine integrierte Unternehmenssoftware (IUS)

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Vorteile der computergestützten Warenwirtschaft Rationalisierung

Rationalisierung der Arbeitsabläufe in den betrieblichen Aufgabenbereichen Einkauf, Lagerhaltung und Verkauf. Die Daten werden nur einmal erfasst, und zwar dort, wo sie zuerst anfallen, und sind dann von allen anderen Abteilungen abrufbar.

Aktuelle, artikel- Bereitstellung aktueller, artikelgenauer Informationen über alle Warenbewegungen. Die Mitarbeiter haben jederzeit den Überblick über alle relevanten genaue Daten Daten, denn alle Daten werden in Echtzeit verarbeitet. Automatische Beleg- und Listenerzeugung

Automatische Erstellung von Belegen, Briefen (z. B. Ausgangsrechnungen, Lieferscheine, Packlisten, Warenbegleitpapiere), Auswertungslisten, Schaubildern (Tabellen, Diagramme usw.) und Bestellvorschlägen.

Entlastung

Entlastung aller Unternehmensbereiche einschließlich der Geschäftsführung. Die Daten können zu aussagekräftigen Kennzahlen verdichtet und in Listenform oder als Schaubilder übersichtlich aufbereitet werden, die Warenbewegungen können damit leicht gesteuert werden.

Risikosenkung

Verminderung des Planungsrisikos durch umfangreiche, vollständige Informationen und detaillierte Auswertungen vergangener Perioden.

6.1.4

Supply-Chain-Management − auch externe Lieferkette im Griff

Der Wettbewerb findet heute nicht nur zwischen einzelnen Unternehmen statt, sondern zunehmend zwischen kompletten unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsketten (Supply-Chains). Merkmale des Supply-Chain-Managements − SCM Die Supply-Chain (Liefer- bzw. Versorgungskette) umfasst neben den direkten Lieferanten und direkten Kunden auch die Lieferanten der Lieferanten und die Kunden der Kunden, also alle Erzeugungs- und Handelsstufen, die notwendig sind, um Kunden erfolgreich zu versorgen. Supply-Chain-Management

Absatz

Lieferant des Lieferanten

Beschaffung Produktion

Lieferant (intern/extern)

Absatz

Beschaffung Produktion

Absatz

Betrachtetes Unternehmen

Beschaffung Produktion

Absatz

Kunde (intern/extern)

Beschaffung

Kunde des Kunden

Unternehmensbezogene Wertschöpfungskette Value-Chain Unternehmensübergreifende Wertschöpfungskette Supply-Chain

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Merke: Das Supply-Chain-Management (SCM) umfasst die integrierte Planung, Steuerung, Kontrolle und Optimierung der Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der gesamten unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette. Während das Warenwirtschaftssystem die interne Lieferkette optimiert, dient das SupplyChain-Management der Optimierung und Einbettung aller Waren- und Informationsströme in die unternehmensübergreifenden Lieferketten im Sinne der Logistikziele (siehe Kap. Ziele, Aufgaben und Teilbereiche der Unternehmenslogistik). Für die Verarbeitung der unternehmensübergreifenden Informations- und Kommunikationsprozesse innerhalb der Supply-Chain wurden Electronic-Business-Lösungen entwickelt, die mit den vorhandenen Warenwirtschaftssystemen verknüpft werden können. Damit wird ein einfacher, schneller, vernetzter, ununterbrochener elektronischer Datenaustausch entlang der gesamten Lieferkette ermöglicht. Vorauslaufende und nachfolgende Informationsflüsse machen die Warenflüsse entlang der Versorgungskette transparent und unterstützen unternehmensübergreifende Planungs-, Abstimmungs- und Kontrollprozesse. Dabei ist eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit unverzichtbar. Merke: Unter E-Business (Electronic Business) wird die unternehmensübergreifende Gestaltung und Ab-wicklung aller Geschäftsprozesse über öffentliche und private Netze mithilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnik verstanden. Merkmale des Supply-Chain-Managements im Überblick Ausgangspunkt

Endkundenbedarf auf der Grundlage von Daten der Verkaufsstellen (Point-of-Sale-Daten)

Ziel

Optimale unternehmensübergreifende Gestaltung der Gesamtprozesse durch Zusammenarbeit aller Beteiligten (Logistikpartnerschaften)

Voraussetzung

Informationstechnische Verknüpfung der Beteiligten zur Sicherung eines durchgängigen Informationsflusses mithilfe von E-Business

Beispiel:

Supply-Chain-Management bei der TRIAL GmbH In der Supply-Chain haben die Lieferanten einen benutzerdefinierten Zugang auf das Warenwirtschaftssystem der TRIAL GmbH und somit auch Zugriff auf Daten mit einem langfristigen Planungshorizont, um die eigene Beschaffung von Zulieferprodukten effizient gestalten zu können. Alle Daten, die mit dem Geschäftsprozess zusammenhängen − Bestelldaten, Auftragserfassung, Faktura usw. −‚ werden nur noch einmal beim jeweiligen Geschäftspartner erfasst. Sie stehen anschließend elektronisch auf einer gemeinsamen Plattform zur Verfügung. Rechnungserstellung und -prüfung werden automatisiert und konzentriert. Alle Wareneingänge werden elektronisch auf einer Sammelrechnung erfasst und die zugehörige Rechnung wird am Monatsende gegengebucht. Durch ein gemeinsam entwickeltes Qualitätsmanagementsystem erübrigt sich die doppelte Qualitätsprüfung (Warenausgangsprüfung beim Lieferanten und Wareneingangsprüfung beim Kunden). Die Ware wird ausschließlich auf Identität geprüft. Sämtliche Artikelstämme werden auf Bestellmengen, Gebindeeinheiten und Anlieferhäufigkeit geprüft und aufeinander abgestimmt. Sicherheitsbestände liegen nur noch bei den Lieferanten vor. Dies setzt ein großes Vertrauen des Kunden voraus. Gleichzeitig wurde der Transportbedarf verringert. Transporte werden vermieden, Lagerbestände verringert, ohne die Versorgungssicherheit zu beeinträchtigen.

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Formen des Supply-Chain-Managements Verbreitete Formen des Supply-Chain-Managements im Überblick Continuous Replenishment (CRP)

Das Einzelhandelsunternehmen gewinnt die aktuellen Verkaufszahlen mittels Scannerkassen am Point of Sale und überträgt die Verantwortung für den Warennachschub (= Replenishment) vom Bestellwesen bis zur Lagerbestandsführung auf den Lieferanten (Großhändler oder Hersteller).

Quick Response (QR)

Partnerschaftliches und nachfragesynchrones Belieferungssystem (just in time) aller in einer Logistikkette beteiligten Unternehmen, das auf einem permanenten Informationsaustausch basiert. Ausgangspunkt ist eine artikelgenaue Erfassung der Abverkäufe am Point of Sale mittels Scannerkassen und Strichcodes beim Kunden. Alle Verkaufsdaten werden sofort an den Zentralcomputer des Kunden weitergeleitet, dort zusammengefasst und wöchentlich an die Lieferanten weitergeleitet.

Efficient Consumer Response (ECR)

Während sich Quick-Response-Systeme ausschließlich auf den Warennachschub beziehen, werden im ECR drei weitere wesentliche Bereiche eingeschlossen: optimale Sortimentsgestaltung (Category Management), abgestimmte Absatzförderung zwischen Handel und Hersteller und die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte. Dem Warennachschub liegt eine nachfrageorientierte Wiederauffüllung anhand aktueller oder prognostizierter Nachfragezahlen zugrunde. Liefermengen und -termine werden vom Lieferer festgelegt. Die Lieferanten übernehmen die bedarfsorientierte Versorgung der Regional- und Zentrallager sowie der Verkaufsstellen ihrer Kunden.

Vendor Managed Inventory (VMI)

Der Lieferant (Vendor) hat Zugriff (z. B. via Internet oder EDI) auf die Lagerbestandsinformationen, Abverkäufe und Bedarfsdaten des Kunden. Er übernimmt die Verantwortung für die Bestände seiner Produkte beim Kunden und sorgt für rechtzeitigen Nachschub.

Collaborative Planning, Forecasting und Replenishment (CFPR)

Im Unterschied zu VMI arbeitet CFPR nicht mit vergangenheitsbezogenen Daten. Lieferanten und Kunden erstellen gemeinsam (collaborative) aktuelle Bedarfsund Bestellprognosen, die regelmäßig aktualisiert werden. Aus diesen Prognosen werden dann die Bestellungen abgeleitet. Der Zeitraum für die gemeinsame Planung erstreckt sich in der Regel über drei Monate. Planungsfehler können somit noch frühzeitig identifiziert und korrigiert werden.

6.1.5

Qualitätsmanagement − Total Quality Management (TQM)

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Kunden entlang der gesamten Lieferkette setzt voraus, dass jeder Partner seine Prozesse beherrscht und sich alle aufeinander verlassen können. Lieferausfälle oder -verzögerungen beeinträchtigen die gesamte Lieferkette. Jeder Lieferant muss deshalb über ein Qualitäts- und Umweltmanagementsystem verfügen. So ist gewährleistet, dass er seine Strukturen, Prozesse und Produkte regelmäßig auditieren und zertifizieren lässt. Siehe hierzu LF1, Kap. Qualitätsmanagement – Qualität geht jeden an.

6.1.6

Chancen und Risiken von Logistikpartnerschaften

Das Supply-Chain-Management bereitet vielen Unternehmen Probleme im organisatorischen Bereich, denn die Aufbau- und Ablauforganisation müssen angepasst werden. Abteilungsegoismus und Widerstände gegen Veränderungen, Zurückhalten von Informationen an Lieferanten und Kunden, unzureichende Verfügbarkeit und Qualität von Daten

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sowie mangelnde Abstimmung der Ziele in den einzelnen Funktionsbereichen innerhalb und zwischen den Unternehmen behindern oft die Umsetzung. Aufgrund dieser Probleme gliedern viele Unternehmen immer mehr Aufgaben entlang der Supply-Chain in Form von Logistikpartnerschaften aus (Outsourcing bzw. Offshoring1). Dabei übernimmt ein Unternehmen bestimmte Prozesse (z. B. Lagerlogistik), damit sich ein anderes auf seine Kernkompetenzen (z. B. Kundenakquise) konzentrieren kann. Mit der Verringerung der Leistungstiefe sind Chancen und Risiken verbunden. Wettbewerbs- und Kostenvorteile gehen schnell durch mögliche Reibungsverluste verloren, die sich aus dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Unternehmenskulturen, Wertesysteme, Informations- und Kommunikationssysteme der Beteiligten ergeben. Chancen und Risiken von Logistikpartnerschaften Chancen

앫 Konzentration auf das Wesentliche, d. h. auf die Kernbereiche des Unternehmens 앫 Einbringung neuer Kompetenzen 앫 Verbesserung der Leistungsqualität und Lieferschnelligkeit durch kompetente

Logistikpartner (fremdes Know-how) 앫 Verringerung der Kapitalbindung und Freisetzung von Geldmitteln für

Investitionen auf anderen Gebieten 앫 Senkung von Verwaltungskosten (z. B. Personalkosten), Fixkosten werden in

variable Kosten umgewandelt, dadurch ist eine genauere Kalkulation möglich 앫 Steigerung der Flexibilität, da Partnerschaften problemlos wieder aufgelöst oder

gewechselt werden können Risiken

앫 Direkter Kundenkontakt geht z. T. verloren 앫 Eigenes Know-how wird abgebaut, dadurch verstärkte Abhängigkeiten von

Dienstleistern, Insolvenzisiko des Partners 앫 Höherer Abstimmungsaufwand zwischen den Kooperationspartnern, Verhand-

lungen statt Anweisungen (Zeitverlust), mangelnde Einflussnahme auf interne Prozesse des Partners 앫 Langfristige vertragliche Bindungen, vernetzte IuK-Systeme können nicht einfach wieder gelöst werden 앫 Reibungsverluste durch unterschiedliche Unternehmenskulturen, Wertesysteme (Leitbilder) und Unternehmensziele, ggf. Imageverluste und verstärkter Publicrelationsaufwand

6.1.7

Internationales Lieferkettenmanagement

Internationale Wertschöpfungsketten Ein Konsum- oder auch ein Produktionsgut besteht in der Regel aus vielen Einzelteilen, die produziert, eingekauft, zusammengebaut, transportiert und gelagert werden müssen. Jede dieser Aktivitäten verursacht einerseits Kosten, im Wesentlichen Arbeits- und Kapitalkosten, andererseits werden durch diese unternehmerischen Aktivitäten Werte geschaffen bzw. vorhandene Werte erhöht. Jedes Unternehmen, das positiv, d. h. im Sinne der Zielsetzung, in diesen Leistungsprozess eingreift, erhöht den Wert des Produktes, wirkt also wertschöpfend. Volkswirtschaftlich betrachtet, ist diese Wertschöpfung (Mehrwert) der Betrag, den ein Unternehmen zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt (siehe LF7, Kap. Stetiges Wirtschaftswachstum – nicht unter 3 %). 1

Outsourcing: von Outside Resource Using (Nutzung von Quellen außerhalb des Unternehmens). Offshoring: Auslagerung ganzer Unternehmensteile nach Übersee (ins billigere Ausland).

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Werden diese Werte in verschiedenen Ländern geschaffen, nehmen in der Regel auch verschiedene, rechtlich selbstständige Unternehmen aus mehreren Ländern am Wertschöpfungsprozess teil. Ausgehend von einem bzw. mehreren Materialien, die in verschiedenen Ländern bezogen werden, durchlaufen Stoffe/Artikel verschiedene Fertigungsstufen in mehreren Unternehmen und Ländern bis hin zum fertigen Produkt. In diesem Fall spricht man von einem internationalen vertikalen Wertschöpfungsprozess bzw. einer internationalen vertikalen Wertschöpfungskette. Ziel einer Wertschöpfungskette ist die kosten- und nutzenmäßige Optimierung des Wertschöpfungsprozesses. Zu diesem Zweck werden überbetriebliche Wertschöpfungspartnerschaften gegründet (siehe Schaubild im LF6, Kap. Volkswirtschaftliche Wertschöpfungskette). Viele Wertschöpfungsprozesse, die bisher im eigenen Unternehmen erledigt wurden, werden zunehmend auf andere, häufig ausländische Unternehmen übertragen. Beurteilung der Auslagerung von Unternehmensprozessen durch die Bildung von internationalen Wertschöpfungsketten Vorteile

앫 Geringere Kosten (z. B. geringere Arbeitskosten, weniger behördliche Vorschriften

in anderen Ländern) 앫 Steigerung der Qualität (Konzentration auf Kernkompetenzen, z. B. werden

internationale Transporte auf spezialisierte Unternehmen übertragen, die darin mehr Kompetenzen und Erfahrung haben) 앫 Senkung der Risiken durch Übertragung bestimmter Wertschöpfungsprozesse (z. B. Transport- und Zahlungsrisiken) Nachteile

앫 Größere Abhängigkeit von anderen Unternehmen 앫 Andere Länder, andere Sitten: Gebräuche, Mentalitäten, Verständigungs-

probleme, kulturelle Differenzen könnten auftreten 앫 Rechtliche Probleme beim Durchsetzen von Reklamationen in anderen Ländern

Logistische Ketten Internationale Logistik beschäftigt sich mit der Beschaffung von Material/Gütern von ausländischen Lieferanten (internationale Beschaffungslogistik im Rahmen des Global Sourcing) und dem Absatz von Material/Gütern an ausländische Kunden (internationale Distributionslogistik). Daneben sorgt die Logistik für die Entsorgung der Rückstände. Aufgabenbereiche der internationalen Logistik Internationale Beschaffungslogistik

앫 Planung: Mengen-, Zeit- und Preisplanung (Einkauf durch den Logistiker),

Internationale Distributionslogistik

앫 Planung: Mengen- und Zeitplanung, Planung des Ausfuhrvorgangs

Planung des Einfuhrvorgangs (Einfuhrkontrolle, Einfuhranmeldung usw.), Transportwegeplanung 앫 Steuerung: Überwachung der Liefertermine, Preis- und Rechnungskontrolle, Überwachung der Lagerbewegungen 앫 Physische Behandlung: Physischer Transport der Waren, Einlagerung, Entsorgung der Rückstände, Ausfüllen und Abgabe der Zollpapiere, Zahlung der Eingangsabgaben, Zolllager für die importierten Waren (Ausfuhrkontrolle, Ausfuhranmeldung), Planung der Transportwege 앫 Steuerung: Überwachung der Liefertermine an Kunden, Überwachung

der Lagerbewegungen 앫 Physische Behandlung: Entnahme der Waren aus dem Lager, Kommissio-

nierung, Transport vom Händler zum ausländischen Kunden, Entsorgung der Rückstände, Ausfüllen und Abgabe der Zollpapiere bei der Ausfuhr

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Elektronische Chips folgen der Sonne auf ihrem Weg Die Firma Bosch GmbH löst ein schier unlösbares Problem, indem sie in Australien Chips für elektronische Bauteile produzieren lässt, die jeden Tag just in time bei den großen Automobilherstellern in Deutschland benötigt werden. Dies funktioniert folgendermaßen: Das Transportunternehmen Schenker transportiert jeden Tag eine Palette mit vier Tonnen Fracht vom Bosch-Werk in Melbourne mit dem Lkw zur Fracht-Linienmaschine der Quantas Airline, die die Palette um 17:00 Uhr Ortszeit in Australien (zehn Stunden vor unserer Zeit) nach London fliegt. Dort wird die Fracht auf ein anderes Flugzeug umgeladen. Um 5:00 Uhr deutscher Ortszeit am nächsten Tag landet dieses Flugzeug dann in Frankfurt; die Ware geht ins BoschLager. Von dort erfolgt die Zulieferung just in time zu den großen Produktionsstätten der deutschen Automobilhersteller. Trotz der riesigen Entfernung sprechen die Daten für sich: In den vergangenen Jahren gab es nur zweimal eine Verspätung und die Frachtkosten für die Palette betragen etwa 3 000,00 australische Dollar, dies entspricht dem Preis eines Business-Class-Tickets in der Kabine. Ein Schiffscontainer wäre sechs Wochen unterwegs und müsste dann noch mit dem Lastwagen vom Hafen Hamburg nach Frankfurt gefahren werden.

Wie kommt Bosch auf den Produktionsstandort Australien? Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen sind es Kostengründe; für das Gehalt eines deutschen Entwicklungsingenieurs bekommt man in Australien zwei Ingenieure mit denselben Qualitäten. Bosch hat aus diesem Grund bei Melbourne ein weltweites Kompetenzzentrum für Karosserie-Elektronik aufgebaut. Andererseits wollte man einen zweiten Produktionsstandort neben der Fabrik in Reutlingen aufbauen, um bei Katastrophen oder bei Streiks einen unabhängigen und sicheren Zweitstandort zu haben. Bei Bosch in Deutschland war dieser Produktionsstandort anfangs verständlicherweise nicht leicht zu vermitteln. „Viel zu weit entfernt“, lauteten die Kommentare. Doch das Projekt passte in die neue BoschStrategie der Globalisierung: Nicht nur der Produktabsatz, sondern auch die Produktion und die Entwicklung von Produkten werden weltweit durchgeführt. Wenn die Ingenieure in Reutlingen abends ihren Computer abschalten, beginnen in Melbourne die australischen Ingenieure und arbeiten an denselben Projekten weiter. Bosch Australien ist zum Entwicklungszentrum für die Autosicherheits- und Zentralverriegelungstechnik geworden.

Werden nun alle logistischen Tätigkeiten, die im Rahmen der internationalen Beschaffungs- oder Distributionslogistik anfallen, nach der Idee eines „Fließsystems“ optimiert, spricht man von einer „internationalen logistischen Kette“. Merkmale einer logistischen Kette sind u. a. 앫 die Vermeidung unnötiger Transportbewegungen, 앫 die Minimierung/Vermeidung von Lager- und Liegezeiten, 앫 die Gestaltung optimaler Verpackungseinheiten für Transport- und Lagerung, 앫 ein umfassender Informationsfluss für alle Beteiligten (Kunde weiß z. B. bei einem kombinierten Transport jederzeit über den Ort Bescheid, an dem sich die Waren gerade befinden), 앫 die Verbesserung der Logistikqualität (Kennzahlen: Falscheingaben/Auftrag, Zahl nicht bevorrateter Artikel, Terminüberschreitungen je 100 Sendungen, Anzahl der Falschkommissionierungen, schadhafte Sendungen je 100 Sendungen usw.), 앫 die Verkürzung der Liefertermine, 앫 eine Kostensenkung bei den logistischen Prozessen (Kennzahlen: EUR/Tonne, EUR/ Sendung, EUR/Palette usw.).

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Internationale logistische Kette

Globale Lieferanten

Beschaffungsmarkt Beschaffungslogistik

Informationsfluss

Beschaffung

Absatz

Beschaffungslager

Absatzlager

Unternehmen innerbetriebliche Logistik

Globale Kunden

Absatzmarkt Distributionslogistik

Unter logistischer Kette versteht man den, durch Informationen gesteuerten, Material-, Güterund Dienstleistungsfluss vom Beschaffungsmarkt über die Bereiche des Unternehmens bis hin zum Absatzmarkt.

Beschränkt man sich bei der Gestaltung dieses Fließsystems auf die Transportleistungen im internationalen Warenverkehr, handelt es sich um eine internationale Transportkette. Unter einer Transportkette versteht man folglich die optimale Aneinanderreihung von Transportmitteln (Lkw, Schiff, Flugzeug usw.), um einen reibungslosen Warenfluss zu ermöglichen. Sowohl bei der Transportkette, wie auch bei der logistischen Kette handelt es sich um einen Teilprozess einer internationalen Wertschöpfungskette. Supply-Chain-Management Der Zwang zur ständigen Kostensenkung und die zunehmende Komplexität der Wertschöpfungsprozesse führen, wie bereits erwähnt, dazu, dass Unternehmen sich zusehends auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Unternehmensprozesse werden zusehens auf andere Unternehmen, u. a. auch auf Logistikunternehmen, übertragen. Dies führt einerseits zu einer Reduzierung des Wertschöpfungsanteils des betroffenen Industrie- oder Handelsunternehmens, andererseits muss eine sehr starke Partnerschaft zwischen dem auslagernden Unternehmen und z. B. dem Logistikpartner stattfinden. Das Denken in Funktionen wird abgelöst durch ein Prozessdenken, bei dem alle Beteiligten Verantwortung übernehmen müssen. Durch die Auslagerung von Wertschöpfungsanteilen auf andere Unternehmen wird der Aufwand zur Planung und Steuerung der nun komplexer werdenden Wertschöpfungsketten immer größer. Neue Konzepte sind notwendig. Der Wertschöpfungsprozess von der Beschaffung über die Produktion bis hin zum Absatz muss über die vielen beteiligten Unternehmen hinweg geplant und gesteuert werden (Supply-Chain-Denken). Unter Supply-Chain-Management (SCM) versteht man die optimale Gestaltung einer nationalen oder internationalen Wertschöpfungskette, an der mehrere Unternehmen (Logistiker, Handels-, Dienstleistungs- und oder Produktionsbetriebe) beteiligt sind (siehe Kap. Volkswirtschaftliche Wertschöpfungskette).

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Voraussetzungen einer erfolgreichen SCM-Lösung: 앫 Zu Beginn der Zusammenarbeit müssen die Wirkungszusammenhänge und Schnittstellen mit allen beteiligten Unternehmen analysiert und optimiert werden. 앫 Dazu müssen Arbeitsgruppen mit Mitarbeitern aller beteiligter Unternehmen rechtzeitig vor dem Start der SCM-Lösung eingerichtet werden. Unterschiedliche Prozessabläufe, unterschiedliche Software usw. müssen angepasst werden. Eine einheitliche Sprache muss festgelegt werden. 앫 Sämtliche Informationen für die Planung und Steuerung des Prozesses müssen allen beteiligten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, d. h., Prozesse müssen für alle Beteiligten transparent und übersichtlich gestaltet werden (unternehmensübergreifendes Informationssystem). 앫 Ein unternehmensübergreifendes Prozesskosten- und Controllingsystem sollte eingeführt werden. 앫 Ein Unternehmen übernimmt die Systemführerschaft in der Prozesskette. Ziele des Supply-Chain-Managements im Überblick: 앫 Wertschöpfungsprozesse beschleunigen (keine Schnittstellen, Anpassung der Abläufe). 앫 Selbstregelung (Unternehmenspartner erkennen Fehler selbst und stellen sie ab). 앫 Wertschöpfungsprozesse werden übersichtlicher und durchsichtiger für alle Beteiligten. 앫 Qualitätssteigerung (einheitliche Abläufe, vollständiger Informationsfluss usw.). 앫 Vermeidung von Paralleltätigkeiten, Reduzierung der Fehlerpotenziale. 앫 Kostensenkungen in den Wertschöpfungsketten.

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