Leidgenossen zwischen Krummer Lanke, Reichstag und ... - Buch.de

und ´n bissken Leier. Ick meene, wenn die vom Reichstach Untahaltung brauchen, wenn se mal nüscht zu tun ham.“ „Das fängt ja gut an! Unterhalten Sie die ...
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Thomas Schmidt

Leidgenossen zwischen Krummer Lanke, Reichstag und Gedächtniskirche Berlinische Kurzgeschichten und Reime

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© 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Fotolia, 34173172 -Berlin Skyline © JiSIGN Printed in Germany Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-8459-1034-5 ISBN 978-3-8459-1035-2 ISBN 978-3-8459-1036-9 ISBN 978-3-8459-1037-6 Mini-Buch ohne ISBN

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„Die echte Satire ist blutreinigend: und wer gesundes Blut hat, der hat auch einen starken Teint. Was darf Satire? Alles.“ Kurt Tucholsky

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Einleitung Nicht etwa stumme Komparsen haben das Zepter in der Hand, sondern die Unvollkommenen und Querulanten unserer Zeit - sie gestalten die Szene. Die Rede ist von einem Bäcker der besonderen Art oder von frustrierten Gastronomen, die ihre Abneigung gegen Hunde am Gast auslassen. Viele Köche verderben den Brei, doch ein Einziger kann die Suppe einer ganzen Kompanie versalzen. Was das Leben der Obdachlosen unter der Brücke betrifft, ist es nicht ohne - Hunger, Schmutz und Einsamkeit würzen zwar das „freie Leben“, machen es aber nicht schmackhaft. Dann ist vom Alltag in deutschen Büros die Rede und zu guter Letzt vom Kampf um einen Job. Wo gejobbt wird, mobbt man niemand kann in Frieden leben, wenn´s dem Mitstreiter nicht gefällt. Heutzutage behandelt man den Mob wie einen Mopp - oft kann er sich seiner Angreifer kaum erwehren. Und wer seinen Job behalten will und sensibel ist, tut gut daran, etwas gegen Depressionen zu 5

schlucken. Dass Arbeit das Leben süß macht, trifft eben nur in seltenen Fällen zu. Dann ist von einer Jöre die Rede - sie sieht allet janz locka. Ort der Handlung: Schule, Elternhaus, Grunewald, Raucherecke. Besondere Merkmale: jroße Schnauze. Zum deutschen Recht: Wer die Musik bestellt, muss sie berappen, koste es, was es wolle. Standhafte Mandanten betreten die Bühne. Sie prozessieren gegeneinander und machen sich das Leben zur Sau. Schlagwort: Laub. Mit Verlaub ist´s ´ne Lappalie, aber nicht für jene alten Männer, die trotz Gebrechen immer noch kräftig genug sind, die Äxte zu schwingen. Gegen wen? Nur so viel: Kurz vor dem Ableben kommen die gegnerischen Parteien zur Besinnung. Wie verhält es sich mit der Arbeit der Justiz in Deutschland? Sie könnte volksnäher arbeiten, wäre die Kriminalität nicht so hoch. Und unsere Politiker oder Volksvertreter? Agieren sie volksnah oder nahe am Verzweifeln? Vielleicht ist es eher der Selbsterhaltungstrieb, der die Politiker mit sich selbst beschäftigen lässt. 6

Oft machen sie sich zu Kabarettisten. Hier dominiert die Glosse mit ihrer sprachlichen Zweideutigkeit. Politiker haben nie Ruhe vor sich selbst ständig begegnen sie sich in Büchern, im Fernsehen oder live und bei jeder Gelegenheit hält man ihnen den Spiegel vor. Ungerecht ist, dass sie kostenlos über sich lachen dürfen.

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I. Zwischen Gaumen und Zeigefinger II. Obdachloses III. Arbeit, Mobbing und Moral IV. Strafrechtliches V. Politisches Übersicht zu den einzelnen Überschriften

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I. Zwischen Gaumen und Zeigefinger In der Reichstagsküche „Schön, dass Sie da sind! Ich suche nämlich einen Chefkoch für unsere Reichstagsküche er muss alles können!“ „Trifft sich jut - ick kann Blockflöte spielen und ´n bissken Leier. Ick meene, wenn die vom Reichstach Untahaltung brauchen, wenn se mal nüscht zu tun ham.“ „Das fängt ja gut an! Unterhalten Sie die Leute gefälligst mit Ihren Kochkünsten! Können Sie überhaupt kochen?“ „Und wie - zum Beispiel während der Nachrichten in der Presse! Ach so - Se sind beim Essen! Da jibt´s die untaschiedlichsten Jerichte. Man nehme …“ „Das mit der Zwiebel und dem Lorbeerblatt ist ´n alter Hut. Gleich ´ne Frage: Wie wird dieses Blatt verwendet?“ „Man würzt de Zwiewel!“ „Sie sind ja drollig! Kennen Sie die Muskatnuss?“ 9

„Kennen is zu vill jesacht!“ „Und wo gehört Majoran hin?“ „Zu ALDI - steht offe Vapackung.“ „Sprechen Sie leise - wo wir unseree Gewürze einkaufen, muss nicht jeder wissen! Ich nahm an, Sie wüssten wenigsten, wo man dieses Gewürz verwendet. Sie haben von nichts Ahnung, obwohl Sie gar nicht so aussehen. Ich zeig Ihnen mal Ihren Arbeitsplatz - kommen Sie!“ „Toll diese Küche - wat man hier allet vaanstalten kann!“ „Wir veranstalten nichts, wir kochen für tausend Leute!“ „Aha! Und wat is det für ´n langes Ding mit den Löchan?“ „O je, eine Kelle!“ „Schön det so wat existiert! Da kann man die vom Reichtstag zur Räson bringen, wenn se bei der Essenausjabe drängeln.“ „Hören Se auf, rumzublödeln! “ „Tschuldjung! Und mit der Kelle wird vorher allet umjerührt.“ „Blödsinn - dafür gibt´s Rührlöffel!“ 10

„Jut, wenn nüscht umjerührt wird. Denn hat man nich so vill Stress. Außadem kommt allet beim Kochen durcheinanda, wie inne Polletik. Ick wollte nich vom Thema abschweifen - ick meene durch det Brodeln. In da Polletik brodelts ja imma, ooch zum Schein. De Leute solln ja denken, det sich wat tut. Wie wärs denn ma mit Weißen Bohnen für ´n Reichstag? Da täte sich wat - würde zum Beispiel de Atmosphäre ´n bissken offlockan.“ „Ich komme mir vor, als wäre ich Sie!“ „Se wolln damit saren, det Dummheit ansteckend is! Lassen Se uns ruhig noch ´n bissken diskutiern. Vielleicht wissen wa nachher, ob´s stümmt. Wobei ick jleich bei meinem Leibjericht wäre. Dit is Jrützwurscht mit Sauakraut!“ „Das ist mir zu blöd! Im Reichstag wird es dieses Gericht nie geben!“ „Tote Oma kricht nur der Pöbel, ick weeß! Denn rühern wa allet durcheinanda, denn merkt keena, off wat er sich einlässt.“ „Durch das Rühren entsteht ein unappetietlicher Fraß - das Auge ist nämlich mit!“ 11

„Versteh ick - dauat lange, bis de Poletika denn wieda klarkieken! Ick finde sowieso, det die alle zu vill essen!“ „Letzte Frage: Haben Sie überhaupt schon mal etwas angerichtet?“ „Mit mir kriejen Se nie Probleme - richte nie wat an!“ „Kann ich mir vorstellen und ich sehe schwarz für Sie. Mal sehen, ob Sie höflich sein können. In jedem der Gefäße, die Sie hier sehen, befinden sich Gerichte für den gleichen oder darauf folgenden Tag. Jemand will morgens wissen, was es mittags zu essen gibt. Ihre Reaktion!“ „Ick zeije mit da Kelle off det jeweilige Jericht.“ „Das ist unhöflich - Sie müssen Rede und Antwort stehen! Noch mal von vorn: Jemand will dienstags wissen, was es am Mittwoch gibt.“ „Ick weeß nich, ob die Kelle lang jenug is! Also nehme ick den Schruppa.“

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In einem Weinkeller von Rummelsburg Gläser klingen in Gewölben, wo man Weine kaut und sich mit pro mille fachzusimpeln traut. Ein „Monsieur“ mit Lulle und sehr albern buntem Schal kippte 1000 Weine schon und reiste überall. Er sprudelt auf die Mannschaft ein in des Kellers Gruft gepeitscht vor langer Weile man sogleich den Ausgang sucht. „Oh Monsieur nun sagen Sie, wer sind sie überhaupt?! Alles, was Sie sagten, ist gar witzig - mit Verlaub!“ „Bin Pinot Blanc!“, radebrecht´s aus jenem Mund, der sich dann noch ausgibt für den Bischoff von Burgund. Auf dem Kopf ´ne Zipfelmütze setzt er noch eins drauf: „Gut verrührter Burgunder beschwipst den Kunden auch!“ 13

Geraten in Ekstase meldet sich ein Herr mit Hut: „Ein Bischoff mit ´ner Zippelmütze - oh, wie weh das tut! Sie sind enttarnt als Panscher-Ede, Rummelsburg, Berlin. Sich mit uns hier anzulegen hat sehr wenig Sinn. Sie kippen Alk in Wein hinein, ganz nach Ihrem Spleen bald kippt man den Ede aus Rummelsburg, Berlin.

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Bachforelle Emma „Forelle blau, bitte, Herr Ober!“ „Darfs auch Müllerin sein?“ „Nein, ,blau` ist ja in diesem Fall kein Zustand, sondern ein Gericht, also machen Sie sich keine Sorgen!“ „Wie Sie meinen! Bei Forelle Müllerin hätten Sie eine Panierung um den Fisch herum – einigen Kunden ist Forelle blau zu fade.“ „So? Vielleicht liegt´s dann an Ihrem Koch oder an Ihrer Köchin. Übrigens, meine Frau Mama versteht viel von solchen Gerichten also weiß ich über die Müllerinnen-Art Bescheid!“ „Ja natürlich, die ältere Generation ist auch mit der Kochlektüre vertraut oder benötigt sie gar nicht mehr. Wir bieten als Beilage zur Forelle Butterkartoffeln oder Kartoffelsalat in bayrischer Manier, und wenn Sie möchten, bringe ich Ihnen nur die Beilage!“ „Also ohne Fisch? Herr Ober, ich muss schon sagen, Sie sind geschäftsschädigend - wir sind ja unter uns. Wenn das Ihr Chef mitbekommt, 15