Kundenrückgewinnungs- management - CRM-finder Schweiz

den hohen Return on Regain Management-Raten (Nutzen .... Management – m.a.W. die bekennende Einstellung zum. Thema KRM – von ..... nahme, Hamburg.
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2009/02

Kundenrückgewinnungsmanagement

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009 / 02 Detecon Consulting

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Inhaltsverzeichnis

Diese Studie ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Genehmigung der Detecon (Schweiz) AG reproduziert oder vervielfältigt werden. Veröffentlicht durch: Detecon (Schweiz) AG, Löwenstrasse 1, CH - 8001 Zurich.

Vorwort

5

Executive Summary

6

Methodologie

7

Schlüsselergebnisse

9

Handlungsempfehlungen

32

Fazit

43

Studienteilnehmer

44

Literatur

46

Autoren

48

Forschungspartner

50

3

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Vorwort Die Schnelllebigkeit von Produkten und Märkten sowie der zunehmende Wettbewerb auf nationalen und internationalen Märkten hat das Kundenbewusstsein – und somit das Kundenverhalten – derart verändert, dass es den Erfolg der Unternehmen aus mittel- bis langfristiger Perspektive entscheidend prägt und beeinflusst. Diesbezüglich standen bisher Strategien und Massnahmen zur Kundenakquisition und -bindung im Mittelpunkt der unternehmerischen Anstrengungen. Dadurch wurde oftmals ein durchaus lukratives Kundensegment vernachlässigt: das der abwanderungsgefährdeten und der abgewanderten Kunden. Einer amerikanischen Studie zufolge kann bereits eine fünfprozentige Verringerung der Kundenabwanderungsquote eine Steigerung des Unternehmensgewinns um bis zu 75% bewirken.1 Vor dem Hintergrund der Ergebnisse solcher wissenschaftlichen Erhebungen könnte vermutet werden, dass die Unternehmen das schlummernde Potential erkannt und ein professionelles Kundenrückgewinnungsmanagement (KRM) unlängst etabliert haben. Die Forschungspartner haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass das KRM in der Unternehmenspraxis bei weitem nicht flächendeckend implementiert ist. Vielmehr muss festgestellt werden, dass Unternehmen vergleichsweise gleichgültig auf Kundenabwanderungen reagieren und das vorhandene Geschäftspotential dieses Kundensegments noch brach liegt. Die vorliegende Studie hat sich entsprechend zum Ziel gesetzt, den aktuellen Entwicklungsstand des KRM bei Schweizer Dienstleistungsunternehmen zu erheben und zu analysieren, allfällige Best Practices zu ermitteln und auf dieser Basis Gestaltungs- und Handlungsempfehlungen für die künftige Entwicklung abzuleiten.

1

4



Vgl. Reichheld/Sasser (2003), S. 150ff.

5

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Executive Summary

Methodologie

Methodologie

Handlungsempfehlungen

Zwecks Erhebung des Status quo des KRM bei Schweizer Dienstleistungsunternehmen, wurden in den Monaten Juni bis Oktober 2008 Führungskräfte aus insgesamt 55 namhaften Unternehmen der Branchen Banken, Versicherungen, Krankenversicherungen, Telco, Handel/Retail und Travel/Transport befragt.

Basierend auf den Studienergebnissen sowie den Erfahrungen der Forschungspartner, lassen sich folgende Handlungsempfehlungen formulieren:

Schlüsselergebnisse

Empfehlung 2 Entwickeln Sie ein Konzept in dem die übergeordneten Ziele des KRM sowie die entsprechenden Umsetzungsstrategien verankert sind

Ziel der vorliegenden Studie ist es, den gegenwärtigen Stand (Status quo) des KRM von Schweizer Dienstleistern zu ermitteln und zu dokumentieren. Hierzu erfolgte sowohl im Forschungsdesign als auch in der Datenerhebung eine Fokussierung auf das Individualkundengeschäft, d.h. auf die Erbringung von «Business-to-Consumer»-Dienstleistungen. Aus den im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen ableiten, die es den Entscheidungsträgern in den untersuchten Unternehmen und Branchen ermöglichen soll, Massnahmen zur Verbesserung ihres KRM zu identifizieren, zu priorisieren und in konsistenter Art und Weise umzusetzen. Um einen eindeutigen Rahmen festzulegen, wird KRM im Sinne der Studie wie folgt definiert:

Aus der Umfrage lassen sich folgende neun Schlüsselergebnisse ableiten: Ergebnis 1 Kundenrückgewinnung wird für Schweizer Unternehmen zunehmend bedeutender Ergebnis 2 Trotz hoher Relevanz des KRM werden verhältnismässig geringe finanzielle Mittel investiert Ergebnis 3 Der niedrige Entwicklungsstand des Kundenrückgewinnungsmanagements ist durch eine zu starke Fokussierung auf die Kundenakquisition bedingt

Empfehlung 1 Lernen Sie von den Besten

Empfehlung 3 Etablieren Sie einen geschlossenen KRM-Regelkreis

Zwecks Erhebung des aktuellen Entwicklungsstands des KRM wurden in den Monaten Juni bis Oktober 2008 Führungskräfte aus insgesamt 55 namhaften Schweizer Unternehmen folgender Dienstleistungsbranchen befragt: _Banken (Privatbanken, Retailbanken und Kreditkartenherausgeber) _Versicherungen _Krankenversicherungen _Telco _Handel / Retail _Travel / Transport

«Kundenrückgewinnungsmanagement ist darauf ausgerichtet,

Empfehlung 4 Achten Sie bei der Kundenrückgewinnung auf das richtige Timing und fokussieren Sie sich nicht nur auf finanzielle Anreize

_abwanderungs- bzw. absprunggefährdete Kunden sowie Kunden, die die Geschäftsbeziehung schleichend kündigen, zu halten (Abwanderungsprävention) bzw.

Empfehlung 5 Etablieren Sie in ein Frühwarnsystem

_Kunden, die die Geschäftsbeziehung bereits abgebrochen haben, zurückzugewinnen (Kundenrückgewinnung).»

Ergebnis 4 Abwanderungsprävention und Kundenrückgewinnung zahlen sich aus Ergebnis 5 Die konzeptionelle Grundlage für ein professionelles KRM ist nicht oder nur ansatzweise vorhanden Ergebnis 6 Die Betrachtung abgewanderter Kunden ist zu wenig differenziert Ergebnis 7 Der Mitarbeiter ist ein zentrales Element der erfolgreichen Kundenrückgewinnung Ergebnis 8 Die Ergebnisse aus den Kundenrückgewinnungsaktivitäten werden unzureichend gemessen Ergebnis 9 Die erhobenen Abwanderungsgründe werden unternehmensintern nur unzureichend genutzt

6

7

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnisse Schlüsselergebnis 1: Kundenrückgewinnung wird für Schweizer Unternehmen zunehmend bedeutender

Die Financial Services-Unternehmen (bestehend aus den Branchen Banken und Versicherungen) machen anzahlmässig gut die Hälfte der Grundgesamtheit aus. Der Anteil der restlichen Branchen beträgt 11% respektive 16%. Die Repräsentativität der Branchensamples ist gewährleistet: so sind bspw. im Sample Telco alle relevanten Marktteilnehmer vertreten und im Sample Krankenversicherungen decken die Teilnehmer gesamthaft ca. 65% des Krankenversicherungsmarktes ab. Eine detaillierte Liste aller teilnehmenden Unternehmen ist im Kapitel «Studienteilnehmer» enthalten. Die Befragung wurde mit Hilfe eines elektronischen Fragebogens durchgeführt. Dieser enthielt 29 strukturierte Fragen zu folgenden Themenblöcken: _Aktuelle Bedeutung und Entwicklungsstand des KRM _KRM-Analyse _KRM-Aktivitäten _KRM-Controlling _Implementierung und Ausblick Die Antworten der teilnehmenden Unternehmen wurden vollumfänglich ausgewertet. Die aussagekräftigsten Resultate in Form von 9 Schlüsselergebnissen sollen folgend dargestellt und kommentiert werden.

In nahezu allen dienstleistungsorientierten Branchen herrscht ein hoher Konkurrenzdruck und die Märkte sind gesättigt (Verdrängungswettbewerb). Ein Wachstum der Kundenbasis wird hierbei nahezu ausschliesslich durch gezielte Abwerbung der Kunden von Mitbewerbern erzielt. Die verhältnismässig hohen Abwanderungsraten (vgl. Abbildung 02) belegen, dass bei einem signifikanten Anteil der befragten Unternehmen alle 5 Jahre nahezu 50%–100% der Kundenbasis verloren gehen.

11%

Keine Erhebung

16,4%

0%–5%

5,5%

6%–10%

40%

11%–15%

0,0%

16%–20%

27,3%

21%–25%

3,6%

26%–30%

7,3%

+30%

0,0%

29% 11%

11%

Banken Versicherungen Krankenkassen Telco Handel/Retail Travel/Transport

16%

Abb. 01: Studienteilnehmer – Verteilung nach Branchen

8

22%

Abb. 02: Jährliche Kundenabwanderungsrate bei befragten Unternehmen (in % der Anzahl Nennungen)

9

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

In Ergänzung dazu zeigen die zwei bedeutendsten Abwanderungsgründe (vgl. Abbildung 03), dass in der Wahrnehmung der befragten Unternehmen insbesondere Mitbewerber als Hauptauslöser für die Kundenabwanderung gelten, während interne Ursachen (z.B. Mängel bei Produkten und Dienstleistungen, Probleme bei Prozessen usw.) als eher zweitrangig eingestuft werden. Interessant wäre an dieser Stelle ein Vergleich mit der Sichtweise der Kunden, die vermutlich unternehmensinterne Ursachen als bedeutendste Abwanderungsgründe aufführen würden.

Attraktivität der Wettbewerbsangebote (Preis, Qualität, Innovation)

2%

Direkte Abwerbung durch Mitbewerber

4%

Veränderte Lebenssituation der Kunden (Wohnortwechsel, finanzielle Engpässe usw.)

9%

Mängel bei Produkten und Diensleistungen

7%

Probleme bei Prozessen (Wartezeiten, Termineinhaltungen usw.)

11%

Probleme in der Interaktion mit Mitarbeitern (Freundlichkeit, Fach-Know how usw.)

20%

Lücken im Angebotsportfolio

27%

Veränderte Konsumgewohnheiten der Kunden

33%

Häufiger Wechsel des Kunden-Ansprechpartners/ -Beraters

40%

Fehlen eines dezidierten Kunden-Ansprechpartners

45%

Wunsch nach Abwechslung

62%

29%

69%

22%

40%

35%

27%

45%

42%

18%

35%

47%

35%

38%

16%

25%

16%

31%

15%

27%

44%

7%

22%

33%

2%

25%

35%

2%

16%

29%

4%

7%

2%

50% Hohe Bedeutung Mittlere Bedeutung Niedrige Bedeutung Keine Bedeutung Abb. 03: Abwanderungsgründe eingestuft nach Bedeutung

10

11

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Vor dem Hintergrund des bestehenden Verdrängungswettbewerbs geniesst das KRM branchenübergreifend erwartungsgemäss einen verhältnismässig hohen Stellenwert (auf einer Bedeutungs-Skala von 0 bis 100% erhält das KRM einen branchenweiten Durchschnittswert von 58,4%). Die bereits hohe Bedeutung des KRM wird vor der Erkenntnis, dass Investitionen in die Neukundenakquisition zunehmend an Wirkung verlieren, künftig sogar noch weiter zunehmen, wie in Abbildung 04 ersichtlich.

Bedeutung

Die signifikanten Kundenabwanderungsraten und die als hoch eingeschätzte Relevanz des KRM drängen die Frage auf, wie ausgereift das KRM in den Unternehmen tatsächlich ist und wie stark sich die Unternehmen hierbei finanziell engagieren.

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

58,4% 74,4%

52,5% 68,1%

55,0% 79,2%

67,8% 71,1%

73,3% 73,3%

46,7% 81,7%

63,3% 82,0%

Schweiz

Banken

Versicherungen

Krankenkassen

Telco

Handel/Retail

Travel/Transport

Heutige Bedeutung Zukünftige Bedeutung Abb. 04: Bedeutung des KRM (Durchschnittswert auf einer Skala von 0–100%)

12

13

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 2: Trotz hoher Relevanz des KRM werden verhältnismässig geringe finanzielle Mittel investiert Branchenübergreifend werden von den im Kundenmanagement verfügbaren Mitteln im Durchschnitt lediglich 10% in das KRM investiert, wogegen der Kundenakquisition 49% und der Kundenbindung 40% der Mittel zufliessen (vgl. Abbildung 05). Somit besteht aus Sicht der drei Säulen des Kundenmanagements insbesondere auf die Kundenakquisition eine überproportionale Fokussierung.

Aus Sicht der Branchen sind insbesondere die Telcos und die Krankenkassen auf die Kundenakquisition fokussiert. Dies widerspricht teilweise der hohen Bedeutung, die dem KRM in diesen Branchen zugeschrieben wird. Vor dem Hintergrund der starken Marktsättigung und der Analyse der in der Befragung erhobenen Abwanderungsgründe, ist zu vermuten, dass die Trennung zwischen Akquisition und Rückgewinnung in vielen Fällen nicht oder nur unscharf vorgenommen wird. Mit anderen Worten: abgewanderte Kunden werden im Rahmen der Kundenakquisition nicht als solche wiedererkannt bzw. identifiziert, sondern erfahrungsgemäss undifferenziert als Neukunden eingestuft.

Versicherungen

Banken

10,0%

11,4% 36,2%

48,3%

41,7% 52,4%

Krankenkassen 8,3% Gesamt

Telco 9,5%

23,9%

25,5%

10%

67,8%

Handel/Retail 6,0%

49%

65,0%

Travel/Transport 16,7% 40,8%

40% 41,7%

52,3% 42,5%

Kundenakquisition Kundenbindung Kundenrückgewinnung Abb. 05: Verteilung der Ausgaben auf die drei Säulen des Kundenmanagements

14

15

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 3: Der niedrige Entwicklungsstand des Kundenrückgewinnungsmanagements ist durch eine zu starke Fokussierung auf die Kundenakquisition bedingt

Von allen Themenstellungen sind lediglich die regelmässige Messung der Kundenzufriedenheit sowie die kontinuierliche Analyse der Abwanderungsgründe als Instrumente etabliert.2 Zwar finden bei einigen Unternehmen zusätzlich Gespräche mit abgewanderten Kunden statt und es werden vereinzelt gezielte KundenrückgewinnungsAktivitäten durchgeführt, doch eine umfassende KRM Konzeption oder die organisatorische Verankerung von weiteren Elementen sind verhältnismässig unterentwickelt. Interessant hierbei ist, dass die Unternehmen auf Grund der Analyse der Abwanderungsgründe und durch die Gespräche mit abgewanderten Kunden zunehmend die Erkenntnis gewinnen, dass auch unternehmensinterne Faktoren Auslöser für die Kundenabwanderung sind (vgl. Abbildung 03).

Die starke Fokussierung auf die Kundenakquisition hat dazu geführt, dass die Unternehmen einen geringen Entwicklungsstand des KRM aufweisen (vgl. Abbildung 06):

15%

Regelmässige Messung der Kundenzufriedenheit

Kontinuierliche Analyse der Abwanderungsgründe

Gespräche mit abgewanderten Kunden

13%

7%

22%

5%

Durchführung von gezielten Kundenrückgewinnungs-Aktivitäten Verankerung von KRMZielen im Zielsystem des Unternehmens

18%

13%

16%

KundenabwanderungsFrühwarnsystem

16%

49%

25%

16%

Segmentierung abgewanderter Kunden

Verankerung von KRMZielen im Zielsystem der Mitarbeiter

24%

45%

42%

22%

24%

35%

24%

38%

36%

Fehlende personelle Ressourcen

38%

55%

42%

15%

9%

2%

Angst, Fehler einzugestehen

5%

31%

42%

16%

18%

36%

2%

31%

33%

35%

20%

Kein oder mangelnder Kundenkontakt

15%

36%

33%

Fehlende Überzeugung hinsichtlich einer erfolgreichen Kundenrückgewinnung

31%

40%

40%

Fehlendes Informationssystem

27%

20%

51%

Fokus auf Neukundenakquisition und Kundenentwicklung

29%

18%

49%

36%

13%

27%

50%

50%

Voll ausgereift Teilweise implementiert In Entwicklung Nicht vorhanden

Hohe Relevanz Mittlere Relevanz Niedrige Relevanz Keine Relevanz

Abb. 06: Entwicklungsstand KRM-relevanter Themenstellungen

Abb. 07: Barrieren zur Implementierung des KRM 2

16

Die grösste Barriere zur Weiterentwicklung der KRMrelevanten Themenstellungen ist hierbei eindeutig die ausgeprägte Fokussierung auf die anderen beiden Säulen des Kundenmanagements: Die Neukundenakquisition und die Kundenentwicklung (vgl. Abbildung 07).





Dies wird auch durch eine aktuelle Schweizer CRM-Untersuchung bestätigt, die aufgezeigt hat, dass insbesondere die Kundenzufriedenheitsmessung als CRM-Standardmassnahme bei den Schweizer Unternehmen vollumfänglich etabliert ist. Hannich et. al. (2008), S. 24.

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Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 4: Abwanderungsprävention und Kundenrückgewinnung zahlen sich aus

72,8% der befragten Unternehmen schätzen die Rückgewinnungskosten eines abgewanderten Kunden niedriger als die Kosten zur Gewinnung eines Neukunden ein. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen geben hierbei drei mal weniger für die Rückgewinnung als für die Akquisition eines Kunden aus. Bei weiteren 20% der Unternehmen macht dieses Verhältnis immer noch 1:2 aus. Diese positive Kostensituation spiegelt sich auch in den hohen Return on Regain Management-Raten (Nutzen der Rückgewinnung im Verhältnis zu den Rückgewinnungskosten) wider:

Der starke Fokus auf die Neukundenakquisition ist umso weniger nachvollziehbar, wenn man beim KRM die positiven Einschätzungen hinsichtlich Kosten- resp. Ausgabeneffizienz näher betrachtet. So beansprucht das KRM in einer Mehrzahl der Fälle geringere finanzielle Mittel als die Kundenakquisition (vgl. Abbildung 08).

5,5%

3,98

Schweiz

9,1%

Banken

10,9%

Versicherungen

2,95

3,66

7,3% Krankenkassen

3,06

47,3% Telco

20,0%

Weitere 1:3 1:2 1:1 2:1 3:1 Abb. 08: Kosten zur Rückgewinnung eines abgewanderten Kunden im Verhältnis zu den Kosten zur Akquisition eines Neukunden

18

3,17

Versand/Handel/Retail

Travel/Transport

6,62

6,74

Abb. 09: Durchschnittliche Return on Regain Management-Raten

19

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Hier sticht der sehr hohe Branchen-Durchschnittswert von 3,98 ins Auge, welcher aussagt, dass nach Einschätzung der Unternehmen mit einem investierten Franken durch das KRM rund vier Franken erwirtschaftet werden. Dieser Wert ist jedoch nicht nur auf die vergleichsweise höhere Bindungsdauer zurückgewonnener Kunden zurückzuführen, sondern ist auch durch eine hohe Erfolgsquote – d.h. durch eine hohe Kundenrückgewinnungs- und Kündigungsverhinderungsrate – begründet (vgl. Abbildung 10), die eine kostenoptimale Allokation der Mittel ermöglicht.

Sowohl die Rückgewinnungsrate (=Anzahl wiedergewonnener Kunden im Verhältnis zur Anzahl kontaktierter, abgesprungener Kunden) als auch die Kündigungsverhinderungsrate (=Anzahl erfolgreich gebundener Kunden im Verhältnis zur Anzahl kontaktierter absprunggefährderter Kunden) belegen mit einem Durchschnittsergebnis von 19,3% und 28,5%, dass sowohl die Kündigungsverhinderung als auch die Rückgewinnung sehr erfolgreiche Instrumente des Kundenmanagements sind. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit der Etablierung eines professionellen KRM.

19,3% 28,5%

22,0% 38,8%

9,2% 28,8%

11,7%

7,5%

Schweiz

Banken

Versicherungen

Krankenkassen

32,5% 30,0%

25,0% 32,5%

35,0% 25,0%

Telco

Handel/Retail

Travel/Transport

Rückgewinnungsrate Kündigungsverhinderungsrate

Abb. 10: Durchschnittliche Rückgewinnungsrate und Kündigungsverhinderungsrate

20

21

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 5: Die konzeptionelle Grundlage für ein professionelles KRM ist nicht oder nur ansatzweise vorhanden Grundlage eines professionellen KRM ist ein schriftliches Konzept, in dem die KRM-Strategie, die bedeutendsten Massnahmen sowie die Zuständigkeiten der Kundenrückgewinnung verankert sind. Die Befragung zeigt, dass bei 68% der befragten Unternehmen ein solches Konzept fehlt oder es sich erst in Bearbeitung befindet (vgl. Abbildung 11).

Zwei Branchen stechen bezüglich der konzeptionellen Grundlage jedoch positiv hervor: Bei den Telcos verfügen bereits ca. zwei Drittel der Unternehmen über schriftliche KRM-Konzepte während dies in der Branche Travel/ Transport immerhin noch 50% der Unternehmen sind. Deutlich verbesserungswürdig ist demgegenüber die Situation bei den Krankenkassen bei denen ca. zwei Drittel der Unternehmen über kein schriftliches Konzept verfügen. Auch Banken und Versicherungen weisen ein grosses Verbesserungspotential auf (50% der Unternehmen verfügen über kein Konzept). Die aktuelle Situation in der Finanzbranche verleiht diesem Thema nochmals zusätzliche Relevanz. Die Branche Handel/Retail scheint die Notwendigkeit eines Konzeptes als Grundlage für das KRM erkannt zu haben. Zwei Drittel dieser Unternehmen befinden sich in der Entwicklungsphase eines solchen.

Versicherungen

Banken

16,6%

25,0%

25,0%

33,3%

50,1%

50,0% Krankenkassen 22,2%

Schweiz

Telco

11,1%

16,7%

16,7% 66,7%

27,2%

30,9%

66,7% Handel/Retail

Travel/Transport 16,7% 33,3% 16,7%

50,0%

66,7%

41,8%

16,7%

Ja Nein In Bearbeitung Abb. 11: Vorhandensein eines schriftlichen Konzepts (in % der Nennungen)

22

23

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 6: Die Betrachtung abgewanderter Kunden ist zu wenig differenziert Nicht nur die konzeptionelle Grundlage fehlt, auch die Betrachtung der abgewanderten Kunden findet bei einem beträchtlichen Anteil der befragten Unternehmen zu wenig differenziert statt, was folgende Abbildung belegt:

21

Keine Segmentierung

29

Umsatz/Erlöse

17

Cross- und Up-SellingPotential

15

Bisherige Bindungsdauer

10

Customer Lifetime Value (CLV)

8

Referenzpotential

7

Transaktionsfrequenz

2

Erneuter Rückgewinnungsversuch

Anzahl der Anbieterwechsel

Weitere

Knapp 40% der Unternehmen nehmen keine Segmentierung ihrer abgewanderten Kunden vor. Bei den restlichen Unternehmen wird die Segmentierung grösstenteils lediglich auf Basis von Umsätzen und Erlösen vorgenommen. Ca. 20% der Unternehmen nehmen immerhin eine Segmentierung nach dem CLV (Customer Lifetime Value) vor, während knapp 31% der Unternehmen bei der Segmentierung sogar auf das Cross- und Up-Selling-Potential herunterbrechen. Die Verfeinerung und Weiterentwicklung der Segmentierungskriterien würde es den Unternehmen ermöglichen, die Kundenrückgewinnung dafür zu nutzen, sich einerseits auf Kunden mit hohem Kundenwert zu fokussieren (und somit den Erfolg der Kundenrückgewinnungsmassnahmen bzw. die RoRM-Rate zu steigern) und andererseits auch sich von unprofitablen Kunden zu verabschieden.

0

5

Abb. 12: Segmentierung abgewanderter Kunden (nach Anzahl Nennungen) 3

24



Vgl. Lucco (2008), S. 193ff.

25

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 7: Der Mitarbeiter ist ein zentrales Element der erfolgreichen Kundenrückgewinnung Ein weiterer «Hemmschuh» für die Entwicklung des KRM ist der Mangel an dedizierten personellen Ressourcen (vgl. Abbildung 07). Die Unternehmen haben hierbei jedoch erkannt, dass der Mitarbeiter ein zentrales Element des KRM ist (vgl. Abbildung 13). Im Rahmen der Abwanderungsprävention und der Kundenrückgewinnung wird branchenübergreifend insbesondere dem persönlichen Kontakt mit dem Kunden – sei es von Angesicht zu Angesicht oder via Telefon – eine hohe Bedeutung zugesprochen. Der Mitarbeiter steht somit im Mittelpunkt des KRM während andere Kanäle der Kundenansprache eine deutlich untergeordnete Rolle spielen. Trotz der hohen Relevanz von Mitarbeitenden attestieren die Unternehmen einen Mangel an personellen Ressourcen als eine der grössten Barrieren der Implementierung eines professionellen KRM. Dies entspricht auch den Erfahrungen der Forschungspartner, welche eine starke Bündelung der personellen Ressourcen in der Kundenakquisition häufig feststellen müssen.

Abwanderungsprävention

42%

Telefonischer Kontakt / Anruf

9%

E-Mail

44%

16%

5%

5%

47%

27%

76%

24%

SMS

9%

53%

29%

13%

Brief

5% 7%

15%

73%

Persönlicher Kontakt / Gespräch

Kundenrückgewinnung 60%

Persönlicher Kontakt / Gespräch

35%

Telefonischer Kontakt / Anruf

15%

Brief

9%

E-Mail

18%

42%

31%

9%

15%

9%

15%

36%

36%

18%

45%

2% 16%

SMS

7%

82% 50%

Hohe Bedeutung Mittlere Bedeutung Niedrige Bedeutung Keine Bedeutung Abb. 13: Relevanz der Kanäle für die Abwanderungsprävention und die Kundenrückgewinnung

26

27

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 8: Die Ergebnisse aus den Kundenrückgewinnungsaktivitäten werden unzureichend gemessen

Schweizweit führen 45,5% der Unternehmen gar keine Erfolgskontrolle durch, während 23,6% der Unternehmen immerhin jährliche Kontrollen durchführen. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch der Umstand erklären, weshalb die Unternehmen bspw. keine bzw. eine nur rudimentäre Kenntnis darüber haben, wie hoch die Bindungsdauer zurückgewonnener Kunden ist (vgl. Abbildung 15).

Auch die Erfolgsmessung der KundenrückgewinnungsAktivitäten weist bei den Unternehmen leider einen noch unzureichenden Entwicklungsstand auf. Viele Unternehmen kontrollieren den Erfolg des Rückgewinnungsmanagement gar nicht oder nur in viertel- bzw. halbjährlichem Abstand.

19%

Banken

Versicherungen

Krankenkassen

6% 6%

69%

17%

50%

11%

Zudem kann eine Folge der mangelnden Erfolgskontrolle sein, dass aufgrund solcher fehlender Kennzahlen auch keine Budget- oder Ressourcenverschiebung zugunsten des KRM stattfinden können.

18% 33%

56%

33% 11%

60% Telco

17%

Handel/Retail

17%

Travel/Transport

17%

Wöchentlich/täglich Monatlich Quartalsweise Halbjährlich Jährlich Keine Erfolgskontrolle Abb. 14: Periodizität der KRM-Erfolgskontrolle

28

67%

17%

17%

67%

33%

17%

11%

33%

Höhere Bindungsdauer Niedrigere Bindungsdauer Nahezu identische Bindungsdauer Nicht bekannt Abb. 15: Bindungsdauer zurückgewonnener Kunden im Vergleich zu Bestandskunden

29

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Schlüsselergebnis 9: Die erhobenen Abwanderungsgründe werden unternehmensintern nur unzureichend genutzt Die Ergebnisse des KRM werden nicht nur unzureichend gemessen, die unternehmensinterne Weiterverwertung der heute bereits gewonnenen Erkenntnisse ist zudem ausbaufähig. Obwohl eine Abwanderungsprävention nicht flächendeckend etabliert ist (lediglich 5% der befragten Unternehmen verfügen über ein voll ausgereiftes Frühwarnsystem), nutzen 28 Unternehmen die erhobenen Abwanderungsgründe immerhin zur Entwicklung von Präventionsmassnahmen. Weniger als die Hälfte der Unternehmen verwendet die gewonnenen Informationen zur Prozessoptimierung oder zur Verbesserung des Leistungsangebots (vgl. Abbildung 16). Die Unternehmen verzichten hiermit auf eine wertvolle Quelle, die unternehmensinternen Faktoren laufend zu verbessern und somit Abwanderungsauslöser zu eliminieren.

12

Keine Nutzung der Abwanderungsgründe

28

Entwicklung von Präventions-Massnahmen

27

Regelmässige quantitative Auswertungen

23

Prozessoptimierung

21

Verbesserung des Leistungsangebotes

Information über Wettbewerbsangebote/-situation

20

Gezielte Ansprache der verlorenen Kunden

20

14

Identifikation veränderter Bedürfnisse

12

Erstellung von Profilen abwanderungsgefährderter Kunden

9

Zur Neukundenakquisition

Weitere

1

Abb. 16: Nutzung der Abwanderungsgründe (nach Anzahl Nennungen)

30

31

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Handlungsempfehlungen Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die Unternehmen dem KRM eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung beimessen. Auf Grund einer zu starken Fokussierung auf die Neukundenakquisition ist das KRM jedoch nur ansatzweise entwickelt. Für ein erfolgreiches KRM ist jedoch eine ganze Reihe von Erfolgsfaktoren ausschlaggebend (vgl. Abbildung 17). Aus Sicht der Unternehmen sind für ein erfolgreiches KRM insbesondere die fachliche Konzeption sowie die Verankerung innerhalb der Organisation von sehr hoher Bedeutung. Im Rahmen der organisatorischen Verankerung steht hierbei ein motivierter Mitarbeiter, der die notwendigen kommunikativen und fachlichen Fähigkeiten besitzt, im Mittelpunkt. Letztlich ist auch das Commitment des Top Management – m.a.W. die bekennende Einstellung zum Thema KRM – von entscheidender Bedeutung. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse und aus Sicht des heutigen Entwicklungsstandes lässt sich eine Reihe von Handlungsempfehlungen ableiten, die den Unternehmen bei der Etablierung eines professionellen KRM als Richtlinie dienen sollen.

Organisation und Management des KRM

67%

Vorhandensein eines KRM-Konzepts

67%

Motivation der Mitarbeiter, welche in der Kundenrückgewinnung tätig sind

60%

Commitment/Unterstützung durch Top Management

58%

24%

29%

31%

47%

Genaue Selektion der Zielkunden

44%

Möglichst frühzeitige Ansprache der Zielkunden (Timing)

40%

Kundenindividuelle Anreize/Angebote zur Rückkehr

20%

9%

9%

4%

40%

13%

47%

7%

2%

15%

49%

44%

2%

16%

45%

33%

Ausgereifte IT-Unterstützung (DWH, IT-Tools, usw.)

4%

38%

53%

Fachliche und kommunikative Fähigkeiten der Mitarbeiter

Monetäres Anreizsystem für die Mitarbeiter, welche in der Kundenrückgewinnung tätig sind

29%

18%

29%

7%

50%

Hohe Relevanz Mittlere Relevanz Niedrige Relevanz Keine Relevanz Abb. 17: Bedeutung der KRM-Erfolgsfaktoren

32

33

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Handlungsempfehlung 1: Lernen Sie von den Besten Zur Entwicklung und Etablierung eines professionellen KRM bietet sich in einem ersten Schritt ein Benchmarking mit den in diesem Bereich führenden Unternehmen an. Zu diesem Zweck werden in der ntenstehenden Tabelle die Durchschnitts-Ergebnisse der zehn besten Unternehmen im Vergleich zu den Durchschnittswerten der restlichen Unternehmen des Befragungssamples aufgezeigt.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Top 10 Unternehmen im Vergleich zu den restlichen Unternehmen dem KRM tendenziell eine grössere Bedeutung beimessen und demgemäss deutlich mehr finanzielle Mittel investieren. Hierbei ist das KRM allgemein betrachtet weiter entwickelt und erzielt höhere Erfolgsraten (wie bspw. RoRM). Dieser Vergleich soll nur einen ersten Eindruck über die unterschiedlichen Entwicklungsstände vermitteln. Die folgenden Handlungsempfehlungen zeigen demgegenüber Ansätze zur Etablierung eines professionellen KRM auf.

Top 10 Unternehmen

Restliche Unternehmen

Durchschnittliche beigemessene Bedeutung des KRM auf einer Skala von 0–100%

Heute: 77% Zukünftig: 78%

Heute: 54% Zukünftig: 73,6%

Anteil der verfügbaren CRM-Mittel, welche in das KRM investiert werden

17,2%

8,8%

Anteil der Unternehmen die ein schriftliches KRM-Konzept besitzen

100%

11%

Anteil der Unternehmen die für die unterschiedlichen Segmente abgewanderter und/oder absprunggefährderter Kunden differenzierte Rückgewinnungsmassnahmen einsetzen

80%

38%

Anteil der Unternehmen die eine monatliche Erfolgskontrolle des KRM durchführen

70%

13%

Anteil der Unternehmen die ein teilweise oder voll implementiertes Kundenabwanderungsfrühwarnsystem besitzen

60%

13,3%

Durchschnittliche Rückgewinnungsrate (Anzahl wiedergewonnener Kunden im Verhältnis zur Anzahl kontaktierter abgewanderter Kunden)

23,8%

14,9% (wobei 62% der Unternehmen diese Kennzahl nicht erheben)

Durchschnittliche Kündigungsverhinderungsrate (Anzahl überzeugter Kunden im Verhältnis zur Anzahl kontaktierter absprunggefährderter Kunden)

30%

23,2% (wobei 84% der Unternehmen diese Kennzahl nicht erheben)

Durchschnittliche RoRM-Rate (Rückgewinnungsnutzen im Verhältnis zu Rückgewinnungskosten)

4,31

3,31

Handlungsempfehlung 2: Entwickeln Sie ein Konzept in dem die übergeordneten Ziele des KRM sowie die entsprechenden Umsetzungsstrategien verankert sind Das primäre Ziel des KRM ist die Rückgewinnung abgewanderter Kunden, wobei damit drei untergeordnete Zielkategorien verbunden sind, deren Zielerreichungsgrad in dem schriftlichen Konzept des Rückgewinnungsmanagements festzulegen sind: _Profitabilitätsziele: Das KRM verfolgt die Absicht, durch die Reaktivierung ehemaliger Kundenbeziehungen die Profitabilität des Unternehmens insgesamt zu steigern. Dabei wird an den Dimensionen der Erlöse oder der Kosten angesetzt. Auf der Erlösseite werden bei erfolgreicher Reaktivierung der Kundenbeziehung durch den Umsatzerhalt sowie durch die weiterführende Ausschöpfung von Crossund Up-Selling-Potentialen positive Effekte erzielt. Die Kostendimension wird durch die geringeren Rückgewinnungskosten die im Vergleich zu den Bearbeitungskosten einer Neukundenakquisition anfallen, positiv beeinflusst. _Kommunikationsziele: Die Vermeidung einer negativen Mund-zu-Mund-Propaganda stellt ein weiteres Ziel des KRM dar. Hierbei soll einerseits ein allfälliger Imageschaden abgewendet werden und zudem vermieden werden, dass Kunden die sich in der Beziehungsanbahnungsphase befinden, negativ beeinflusst werden. _Informationsziele: Das KRM verfolgt des Weiteren das Ziel, das eigene Verständnis zu Abwanderungsgründen und -prozessen zu verbessern. Das Wissen um produktsowie servicebezogene Abwanderungsgründe fliesst in das Qualitätsmanagement und die damit verbundene Weiterentwicklung des Kundenmanagements ein. Zudem werden weitere Informationen gewonnen, die in das Frühwarnsystem als Indikatoren einfliessen.

4

34



Die Operationalisierung der Ziele des Rückgewinnungsmanagements bildet die Basis, anhand derer die weitere Planung der Kundenrückgewinnungsstrategie erfolgt. Bei deren Festlegung gilt es zu entscheiden, wie die Ziele der Kundenrückgewinnung erreicht werden sollen. Es gibt vier grundlegende Ansatzpunkte für Rückgewinnungsstrategien:4 _Das Unternehmen kann grundsätzlich eine Anreizstrategie verfolgen, indem abgewanderten Kunden Anreize zur Wiederaufnahme der Kundenbeziehung offeriert werden. _Insbesondere bei finanziellen Verlusten auf Kundenseite, die durch Fehler des Unternehmens entstanden sind, erweist sich eine Kompensationsstrategie sinnvoll. _Bei der Dialogstrategie wird durch aktiven Dialog versucht, das verlorengegangene Vertrauen des Kunden wieder aufzubauen. _Letztlich ist auch eine Überzeugungsstrategie denkbar, bei der die abgewanderten Kunden hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit bestimmter Produkte überzeugt oder individuelle Anpassungen des Leistungsangebots vorgenommen werden. In dem KRM-Konzept gilt es daher festzulegen, ob grundsätzlich alle dargestellten Rückgewinnungsstrategien zum Einsatz kommen oder bestimmte strategische Grundrichtungen nicht verfolgt werden. Sind die Ziele sowie die darauf ausgerichteten Rückgewinnungsstrategien definiert, folgt die Definition der erforderlichen umsetzungsorientierten Teilprozesse.

Vgl. Michalski (2001), S. 188f.

35

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Handlungsempfehlung 3: Etablieren Sie einen geschlossenen KRM-Regelkreis

Mit der dargestellten Identifikations-, Analyse-, Durchführungs- und Kontrollphase werden grundsätzlich vier chronologisch aufeinander aufbauende Teilprozesse mit jeweils spezifischen Aufgabenpaketen unterschieden. Im Rahmen der Identifikationsphase werden die abgewanderten bzw. absprunggefährdeten Kunden identifiziert. Je nach Art der Geschäftsbeziehung stellt insbesondere die Identifikation absprunggefährderter Kunden respektive Kunden, die schleichend abwandern – da schwer messoder beobachtbar – eine Herausforderung dar. Zu diesem Zweck gilt es geeignete statistische Ansätze auszuwählen und deren Umsetzbarkeit im Unternehmen zu überprüfen. Sobald die Kunden identifiziert sind, schliesst sich

Zwecks Umsetzung der Strategien ist die Etablierung systematischer KRM-Teilprozesse bzw. eines KRM-Regelkreis erforderlich. Diese dienen der effektiven und effizienten Bearbeitung der vielfältigen Aufgaben, die mit dem Aufsetzen und der Durchführung der Kundenrückgewinnung verbunden sind.5 Das hier vorgestellte Modell basiert einerseits auf einer Reihe in der Literatur zugänglicher, idealtypischer Prozesse und andererseits auf den Erfahrungen, die Detecon in einer Reihe von KRM-Projekten gewonnen hat.

Identifikation abgewanderter/ absprunggefährdeter Kunden

Rückgewinnungsanalyse

KRM-Regelkreis

Controlling der Rückgewinnung

die Analysephase an, welche die Kundenwertanalyse, die Analyse der Abwanderungsgründe (inkl. der Einschätzung der Rückgewinnungswahrscheinlichkeit) und die darauf aufbauende Kundensegmentierung beinhaltet: _Die Kundenwertanalyse dient in einem ersten Schritt der Beantwortung der Frage, welche Kunden wiedergewonnen werden sollen und entscheidet somit, welche Kunden in das Rückgewinnungsprogramm aufgenommen oder auch ausgegrenzt6 werden. _In einem nächsten Schritt gilt es die zu Grunde liegenden Abwanderungsgründe zu analysieren. Dies können unternehmens-, wettbewerbs- und/oder kundeninduzierte Ursachen sein, die die Rückgewinnungswahrscheinlichkeit massgeblich beeinflussen. _Auf Basis der Kundenbewertung und der Analyse der Abwanderungsgründe wird dann die Segmentierung der Kunden vorgenommen, welche die Allokation der knappen betrieblichen Ressourcen optimieren und die Art der einsetzbaren Massnahmen mitbestimmen soll. Auf Basis der definierten Zielsegmente dient die Durchführungsphase der Planung und Durchführung der Kundenrückgewinnungsmassnahmen. Letztere gilt es möglichst segmentspezifisch auszugestalten, wobei in diesem Kontext auch die Wahl eines geeigneten Kontaktkanals eine zentrale Rolle spielt. Am Ende des Regelkreises steht die Kontrollphase. Hierbei soll der Erfolg der Rückgewinnungsmassnahmen bzw. der Erfüllungsgrad der vorab definierten Ziele gemessen werden. Hier geht es nicht zuletzt auch um die Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit der reetablierten Kundenbeziehung. Doch die Kontrollphase dient nicht nur der reinen Erfolgsmessung. Es sollen ebenso Informationen gewonnen werden, die der fortlaufenden Verbesserung der einzelnen Prozess-Elemente des Regelkreises dienen sollen (Closed-Loop).

Planung und Durchführung von Rückgewinnungsmassnahmen

Abb. 18: KRM-Regelkreis 5

36



Vgl. Michalski (2002), S. 182.

6



Hinsichtlich der anbieterseitigen Kündigung von Kundenbeziehungen vgl. Lucco (2008), S. 193ff.

37

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Handlungsempfehlung 4: Achten Sie bei der Kundenrückgewinnung auf das richtige Timing und fokussieren Sie sich nicht nur auf finanzielle Anreize Zwecks Entwicklung einer passenden Timing-Strategie stehen prinzipiell zwei Zeitpunkte zur Rückgewinnung eines Kunden zur Auswahl:7 _Ansprache des Kunden unmittelbar nach der Kündigung (Variante A) _Ansprache des ehemaligen Kunden nach einer längeren Zeitspanne (Variante B) In der KRM-Fachliteratur wird vielfach die Auffassung vertreten, dass Variante A der erfolgversprechendste Ansatz ist.8 Dabei wird argumentiert, dass mit zunehmender Zeitspanne zwischen Beziehungsabbruch und der Kundenansprache durch das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich der Kunde langfristiger an den Mitbewerber bindet.9 Der gleichen Ansicht scheinen auch die befragten Unternehmen zu sein, die in einer möglichst frühzeitigen Ansprache abgewanderter Kunden einen wichtigen Erfolgsfaktor sehen (vgl. Abbildung 17). Welche der beiden Varianten letztendlich am erfolgreichsten ist, hängt von einer Reihe von Faktoren ab wie bspw. die Art der Dienstleistung, die branchenübliche Nutzungsdauer der Dienstleistungen oder Produkte, vertragliche Usanzen o. ä. Im Zusammenhang mit Bankkunden hat eine Studie bspw. aufgezeigt, dass eine höhere Wiederaufnahmebereitschaft bei einer späteren Rückgewinnung besteht.10 Ein ähnliches Ergebnis hat eine Studie bei Versandhandel-Kunden ergeben.11 Es besteht somit keine Patentlösung hinsichtlich des Timings, sondern jedes Unternehmen muss seine eigene Timing-Strategie entwickeln und fortlaufend verfeinern. Auch bei der Schaffung von Anreizen, die den Kunden dazu bewegen sollen zum Unternehmen zurückzukehren, ist kein idealtypischer Lösungsweg vorgegeben. Bei der Kombination finanzieller und immaterieller Anreize überwiegen in der Praxis oftmals die finanziellen Anreize, was auch die vorliegende Befragung bestätigt (vgl. Abbildung 19).

Die Gefahr einer zu starken Fokussierung auf finanzielle Anreize besteht jedoch darin, dass bei Bekanntwerden solcher Anreize bzw. Angebote auch andere Kunden zu einer Kündigung stimuliert werden könnten, um ebenfalls in den Genuss eines solchen Rückgewinnungsangebotes zu kommen. So hat bspw. im Mobilfunkmarkt dieses Phänomen durch die Subventionierung von Endgeräten bereits weite Verbreitung gefunden.12 Zudem zeigen die Einschätzungen der Studienteilnehmer, dass die Bindung durch materielle Anreize nur bis zum nächsten besseren Angebot durch einen Mitbewerber besteht (vgl. Abbildung 03). Die optimale Kombination finanzieller und immaterieller Anreize sollte demgemäss jeweils von den vorliegenden Kündigungsgründen sowie dem Kundenwert abhängig gemacht werden. Während die Kündigungsgründe v. a. die Art und Eignung der einsetzbaren Massnahmen bestimmen, wird der zu investierende Rückgewinnungsaufwand durch den Kundenwert bestimmt.13

Abwanderungsprävention 42%

Preisnachlass

Zusätzliche, kostenlose Leistungen

16%

9%

20%

22%

15%

9%

29%

42%

33%

Entschuldigung

15%

45%

25%

Alternative Angebote

Zusätzliche Informationen (Nutzen der bisherigen Leistung hervorheben)

35%

25%

44%

13%

20%

27%

15%

Kundenrückgewinnung 44%

Preisnachlass

Zusätzliche, kostenlose Leistungen

15%

Entschuldigung

Zusätzliche Informationen (Nutzen der bisherigen Leistung hervorheben)

40%

31%

Alternative Angebote

13%

9%

27%

13%

31%

29%

24%

16%

18%

36%

27%

42%

15%

22%

27%

22%

50%

Hohe Bedeutung Mittlere Bedeutung Niedrige Bedeutung Keine Bedeutung Abb. 19: Bedeutung einzelner Anreize bei der Abwanderungsprävention und bei Kundenrückgewinnung 7

38

9

Vgl. Sauerbrey/Henning (2000): S. 33. Vgl. Homburg/Schäfer (2000), S. 2 f.; Sauerbrey/Henning (2000), S.33. Vgl. Schäfer/Karlshaus/Sieben (2000), S. 64. 10 Vgl. Michalski (2001), S. 151 f. 8

11

Vgl. Rutsatz (2004), S. 217. Vgl. Stauss (2000), S. 460 f. Vgl. Büttgen (2003), S. 70.

12 13

39

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Exkurs – «Es liegt nicht immer am Preis» Die Ergebnisse der KRM Studie zeigen ein Ergebnis, dass viele Unternehmensverantwortliche von ihren Verkäufern nicht mehr hören können: «Wir waren zu teuer.» An der Spitze der Abwanderungsgründe stehen gleich drei exogene Faktoren, die ein Unternehmen kaum beeinflussen kann: die Attraktivität der Konkurrenzangebote, die direkte Kundenabwerbung durch Wettbewerber und veränderte Lebenssituationen der Kunden, die das eigene Angebot obsolet machen. Erst dann folgen mit Mängeln im Angebot und in Prozessen hausgemachte Gründe. Dies ist in gewisser Weise auch bequem, denn man kann ja sowieso kaum etwas machen und hat so auch keinen Druck, im eigenen Unternehmen etwas zu verbessern. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass genauere Analysen von Verkaufserfolg und -misserfolg meist ein ganz anderes Bild ergeben (Rackham, 1989; Canada, 2002). Die zwei zentralen Misserfolgsfaktoren sind dort a) Angebote, die nicht die Kundenbedürfnisse berücksichtigen und b) die unzureichende Fähigkeit, den Wert des eigenen Angebotes für den Kunden zu kommunizieren. «Objektive» Qualität ist keine Kategorie in der Kunden denken, sondern die Kunden betrachten die Lösung ihrer Probleme und nur wenn diese mit dem Angebot erreicht wird, entsteht auch eine entsprechende Preisbereitschaft. Ebenso bedeutend ist es, den Kunden zu verdeutlichen, welchen Wert die Produkte und Dienstleistungen schaffen werden, schaffen oder in diesem Zusammenhang geschaffen haben. Nachhaltig erfolgreiche Unternehmen verlagern die Diskussion von der Preis- auf die Wertebene. Auch die vorliegenden Studienergebnisse zeigen einen gewissen Widerspruch in den Antworten. Nach den Gründen befragt, warum eine Kundenrückgewinnung nicht gelingt, wird ein Vertrauensverlust gegenüber dem Ansprechpartner an erster Stelle genannt, der sicher nicht durch niedrigere Preise der Konkurrenz oder andere exogene Faktoren zu erklären ist. Man sollte also nicht zu schnell aufgeben und die Gründe für Kundenabwanderungen genau analysieren, um daraus zu lernen – wenn notwendig mit externer Hilfe. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen deutlich, dass Kundenverluste schonungslos zu analysieren sind. Daraus zu lernen kann die Basis eines Wettbewerbsvorteils sein, denn die Mehrheit der Konkurrenzunternehmen sind noch nicht so weit.

Handlungsempfehlung 5: Etablieren Sie ein Frühwarnsystem Die vorliegende Studie belegt mittels der erhobenen durchschnittlichen Kündigungsverhinderungsrate von 28,5%, dass sich der Aufbau eines Frühwarnsystems lohnt. Die Erfolgsaussichten einen absprunggefährdeten Kunden zurückzugewinnen bzw. zu binden, sind nicht nur vergleichsweise höher. Ein absprunggefährdeter Kunde erfordert bei der Rückgewinnung zudem einen wesentlich geringeren Aufwand. Voraussetzung für ein erfolgreiches Frühwarnsystem ist eine umfassende Kundensicht über alle Produktbereiche, alle Vertriebswege und alle Betreuungskanäle des eigenen Unternehmens. Hierzu müssen sämtliche Transaktionen jedes Kunden in einem zentralen Datenspeicher bzw. in einem Datawarehouse zusammengeführt werden. Die so gesammelten und historisierten Informationen dienen dem Unternehmen, sich ein klares Bild von den persönlichen Eigenschaften und den Veränderungen im Transaktionsverhalten der Kündiger – insbesondere unmittelbar vor der Kündigung – zu machen sowie die entsprechenden Entwicklungen im Zeitablauf zu verfolgen und auszuwerten.14 Mittels Data Mining-Tools werden interpretierbare Verknüpfungsmuster zwischen Eigenschaften wie Alter, Geschlecht, Lebensphase, Einkommenskategorie oder Kundenverhalten herausgearbeitet, die einen möglichen Einfluss auf das Kündigungsverhalten hatten. Hierbei werden Korrelationen hergestellt, die den Unternehmen ermöglichen persönliche Eigenschaften und Verhaltensmuster herauszufiltern, deren Auftreten auf eine hohe Kündigungswahrscheinlichkeit deuten.

Das Frühwarnsystem muss idealerweise in der Lage sein, geringste Abwanderungstendenzen innerhalb des Lebenszyklus einer Kundenbeziehung zu erkennen. Solche typische Aktivitäten, Transaktionsmuster oder Verhaltensweisen, die auf eine mögliche Kundenabwanderung hindeuten, sind:15 _Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt (Schulabschluss, Karriereabschnitt usw.) _Veränderung der Lebensumstände (Jobwechsel, Umzug, Heirat usw.) _Sich verlangsamendes Transaktionsverhalten (Inaktivität, rückläufiges Transaktionsvolumen usw.) _Abnehmende Kommunikationsintensität _Herannahender Vertragsablauf _Abnehmende Kundenzufriedenheit _Häufung von Problemen und Beschwerden

Frank M. Hannich, Mireille Troesch-Jacot

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW

14

40

Vgl. Barth/Kaletsch (2001), S. 133. Vgl. Stadelmann/Wolter (2003), S. 27.

15

41

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Fazit Eine Reihe der genannten Indikatoren werden bereits heute von den befragten Unternehmen punktuell erfasst (vgl. Abbildung 20).

20

Keine Identifikation abgesprunggefährdeter Kunden

22

Einreichung von Beschwerden

21

Teilkündigung von Verträgen

19

Reduktion von Transaktionen

13

Veränderte Lebenssituation der Kunden

9

Veränderung des Kundenbetreuers

Weitere

Die Studie zeigt auf, dass KRM bei den befragten Unternehmen einen hohen Stellenwert besitzt, dass jedoch auf Grund einer einseitigen Fokussierung auf die Neukundenakquisition, verhältnismässig geringe finanzielle Mittel in das KRM fliessen. Demgemäss ist ein professionelles Management der Kundenrückgewinnung nur punktuell etabliert, so dass aktuell ein enormes Optimierungspotenzial über alle Phasen der Kundenrückgewinnung vorhanden ist. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird eine Reihe von Handlungsempfehlungen formuliert, deren Befolgung eine gezielte Weiterentwicklung des KRM ermöglichen soll. Viel bedeutender ist jedoch eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie, auf die insbesondere im Rahmen des Exkurses hingewiesen wird: Die mangelhafte Identifikation der wahren Abwanderungsursachen. Dies will nicht heissen, dass die Identifikation exogener Faktoren, wie bspw. die niedrigen Preise der Konkurrenz oder die direkte Abwerbung durch Mitbewerber auf eine fehlerhafte Erhebung zurückzuführen sind, sondern dass die Unternehmen noch keinen Weg gefunden haben die wahren Ursachen zu identifizieren. Die wahren Gründe für die Abwanderung von Kunden liegen schwerpunktmässig – getarnt hinter rationalen Argumenten – in der Qualität der Interaktion bzw. im emotionalen Bereich. Eine aktuelle Umfrage bei 1.000 Kunden in Deutschland, hat folgende Hauptursachen zur Beendigung der Kundenbeziehung identifiziert:16 _32% Unfreundlichkeit und mangelnde Höflichkeit der Verkäufer und Berater _30,4% Inkompetenz, Unwissenheit oder Unkenntnis der Materie _27,4% zu lange Wartezeiten – am Telefon oder vor Ort _24,6% allgemeine Ignoranz und Desinteresse am Kunden _11,0% das deutliche Ausstrahlen von schlechter Laune und Lustlosigkeit _6,7% arrogante Behandlung, von oben herab Diese Ergebnisse belegen, dass die wahren Ursachen der Kundenabwanderung auf eine mangelhafte Kundeninteraktion17 zurückzuführen und somit unternehmensinterner Natur sind. Das KRM sollte demgemäss nebst der Rückgewinnung ausgewählter Kunden auch dem Ziel dienen, die wahren Abwanderungsgründe zu identifizieren, um so wertvolle Impulse für die fortlaufende Verbesserung des Kundenmanagements zu geben.

Ausschlaggebend für die Qualität respektive den Reifegrad eines Frühwarnsystems ist, dass nicht nur unmittelbar bevorstehende oder bereits erfolgte Vertragskündigungen, sondern auch «schleichende» Kündigungen erfasst werden, beispielsweise bei der Verlagerung bestimmter Aktivitäten zur Konkurrenz oder bei deutlich abnehmender Transaktions- oder Kontaktintensität. Erfolgsvoraussetzung hierfür ist, dass ein Frühwarnsystem sämtliche Aktivitäten und Produkte des Kunden über alle Kontaktkanäle und Vertriebswege berücksichtigt.

4

Abb. 20: Messgrössen absprunggefährderter Kunden (nach Anzahl Nennungen) 16

42

17

Vgl. Schüller (2007), S. 59f. Vgl. Tüscher (2007), S. 69ff.

43

Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Studienteilnehmer Banken

Handel/Retail

Aduno Gruppe

GE Money Bank

Coop

Migros

AIG Private Bank

Graubündner Kantonalbank

Globus

Ticketcorner

Bank Baloise

Neue Aargauer Bank

Manor

Waser Group

Bank Wegelin

PostFinance

Travel/Transport

Banque Cantonale Vaudoise

Schwyzer Kantonalbank

Hotelplan

SBB

Basler Kantonalbank

St. Galler Kantonalbank

Kuoni

Swiss

Berner Kantonalbank

Swisscard AECS

Post

Weisse Arena Gruppe

Dresdner Bank

Zuger Kantonalbank

Versicherungen Allianz Suisse

PAX Versicherung

Axa Winterthur

SUVA

Basler Versicherung

SwissLife

Generali Schweiz

Touring Club Schweiz

Mobiliar Versicherung

Vaudoise Assurances

Pavenstedt Versicherung

Zürich Versicherung

Krankenkassen Atupri

ÖKK

Concordia

Provita

CSS

SWICA

Helsana

Visana

KPT/CPT

Telekommunikation

44

Cablecom

Swisscom

Orange

Tele2

Sunrise

Telecom Liechtenstein

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Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Literatur _Barth, W./Kaletsch, U. (2001): Churn-Management im Retail Banking – Vorgehensweise, Methoden und Implikationen für das Customer Relationship Management, in: Moormann, J./Roßbach, P. (Hrsg.): Customer Relationship in Banken, Frankfurt a.M., S. 131–151. _Bruhn, M./Michalski, S. (2001): Rückgewinnungsmanagement: Ergebnisse einer explorativen Studie zum Stand des Rückgewinnungsmanagement bei Banken und Versicherungen, in: Die Unternehmung, 55. Jg., Nr. 2, S. 423–437. _Bruhn, M./Michalski, S. (2003): Gefährdete Kundenbeziehungen und abgewanderte Kunden als Zielgruppen der Kundenbindung, in: Bruhn, M./Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 4. Auflage, Wiesbaden, S. 245–268. _Büttgen, M. (2003): Recovery-Managementsystematische Kundenrückgewinnung und Abwanderungsprävention zur Sicherung des Unternehmenserfolges, in: Die Betriebswirtschaft, 63. Jg., Nr. 1, S. 60–76. _Canada, Dick (2002): The 24 sales traps and how to avoid them: recognizing the pitfalls that mislead even the best performers, New York. _Hannich, F./Rüeger, B./Jenni, C. (2008): Swiss CRM 2008 – Einsatz und Trends in Schweizer Unternehmen, Winterthur. _Homburg, C./Fürst, A./Sieben, F. (2003): Willkommen zurück, in: Harvard Business Manager, Dezember 2003, S. 57–67. _Homburg, C./Sieben, F./Stock, R. (2004): Einflussgrössen des Kundenrückgewinnungserfolgs: Theoretische Betrachtung und empirische Befunde im Dienstleistungsbereich, in: Marketing ZfP, 26. Jg., Nr. 1, S. 25–41. _Griffin, J./Lowenstein, M. (2001): Customer Winback – How to recapture lost customers and keep them loyal, San Francisco. _Lucco, Andreas (2008): Anbieterseitige Kündigung von Kundenbeziehungen, Basel.

46

_Rackham, Neil (1989): Major Account Sales Strategy, New York. _Reichert, S. (2004): Kundenrückgewinnungsmanagement – Eine vergleichende empirische Bestandesaufnahme, Hamburg. _Reichheld, F./Sasser, E. (2003): Zero-Migration: Dienstleister im Sog der Qualitätsrevolution, in: Bruhn, M./ Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 4. Auflage, Wiesbaden, S. 147–161. _Rutsatz, U. (2004): Kundenrückgewinnung durch Direktmarketing – Das Beispiel des Versandhandels, Wiesbaden. _Sauerbrey, C./Henning, R. (2000): Kunden-Rückgewinnung: erfolgreiches Dienstleistungsmanagement für Dienstleister, München. _Schäfer, H./Karlshaus, J.-T./Sieben, F. (2000): Profitabilität durch systematisches Rückgewinnen von Kunden, in: Absatzwirtschaft, 43. Jg., Nr. 12, S. 56–65. _Schöler, A. (2003): Kundenrückgewinnungsmanagement, Diskussionsbeitrag der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt, Nr. 162, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Ingolstadt. _Schüller, A.M. (2007): Come back! Wie Sie verlorene Kunden zurückgewinnen, Zürich. _Sieben, F. (2002): Rückgewinnung verlorener Kunden: Erfolgsfaktoren und Profitabilitätspotenziale, Wiesbaden. _Stadelmann, M./Wolter, S. (2003): Alarmsystem warnt vor Abwanderung. in: Computerworld, Nr. 5/2003, S. 26–28. _Stauss, B. (2000): Rückgewinnungsmanagement: Verlorene Kunden als Zielgruppe, in: Bruhn, M./Stauss, B. (Hrsg.): Dienstleistungsmanagement Jahrbuch, Wiesbaden, S. 449–471.

_Michalski, S. (2002): Kundenabwanderungs- und Kundenrückgewinnungsprozesse: Eine theoretische und empirische Untersuchung am Beispiel von Banken, Wiesbaden.

_Stauss, B./Friege, C. (2003): Kundenwertorientiertes Rückgewinnungsmanagement, in: Günter, B./Helm, S. (Hrsg.): Kundenwert: Grundlagen – Innovative Konzepte – Praktische Umsetzungen, 2. Auflage, Wiesbaden, S. 523–544.

_Michalski, S. (2004): Kündigungspräventionsmanagement, in: Hippner, H./Wilde, K. (Hrsg.): Grundlagen des CRM – Konzepte und Gestaltung, Wiesbaden, S. 495–516.

_Tüscher, P. (2007): Organisatorische Verankerung von CRM als kundenorientierte Unternehmensstrategie, Winterthur

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Kundenrückgewinnungsmanagement – Status Quo in der Schweizer Unternehmenspraxis Studie 2009/02

Autoren Dr. Sven Wolter

Detecon (Schweiz) AG Partner und Group Head Nach dem Studium und Promotion der Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen, war Sven Wolter mehrere Jahre als Managementberater und Projektleiter bei verschiedenen Beratungsunternehmen tätig. Seit 2005 verantwortet er bei der Detecon (Schweiz) AG als Group Head den Bereich ICT Management. Hierbei verfolgt er einen ganzheitlichen Beratungsansatz der strategische Management-Beratung, Organisations- und Prozessberatung sowie eine ausgeprägte Technologie-Expertise vereint. Nebenamtlich ist er seit 2002 als Dozent im Master-Programm CRM (MAS CRM) an der ZHAW tätig und zeichnet als Autor und Co-Autor verschiedener Fachpublikationen zum Thema CRM verantwortlich. [email protected]

Peter Tüscher

Detecon (Schweiz) AG Team Head CRM Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen, war Peter Tüscher mehrere Jahre in Marketing- und Servicefunktionen von Telekommunikations- und IT-Unternehmen tätig. Mit einem abgeschlossenen Master of Advanced Studies in CRM an der ZHAW verantwortet er seit 2007 bei der Detecon (Schweiz) den Bereich CRM als Team Head. Schwerpunkte der Beratungstätigkeit sind kundenorientierte Strategien und Prozesse sowie die Bereiche Retention und Loyalty, Kampagnenmanagement, Kundensegmentierung und Kundenwertsteigerung für Telekommunikationsunternehmen und Finanzdienstleister. [email protected]

Dr. Andreas Lucco Detecon (Schweiz) AG Projektleiter CRM

Auf der Grundlage eines betriebswissenschaftlichen Studiums promovierte Andreas Lucco an der Universität Basel zur Thematik «Kündigung von Kundenbeziehungen aus Anbietersicht (Exit management)». Sein Beratungsschwerpunkt umfasst die Bereiche Marktforschung, Marketing und Kommunikation sowie CRM. Seit 2008 arbeitet er als Consultant im ICT Management bei der Detecon (Schweiz) AG. Ferner ist Lucco seit 2004 als Dozent für Marketing tätig u.a. an der SAWI in Zürich und an der Universität Basel. [email protected]

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Heiko Reimers

Detecon (Schweiz) AG Projektleiter CRM Seit dem BWL Studium mit Schwerpunkt Dienstleistungs-Marketing und Management beschäftigt sich Heiko Reimers mit den Themen CRM und Customer Experience. 1999 baute er die Business Unit CRM bei einer Unternehmensberatung auf und leitete Projekte im öffentlichen Sektor und bei Banken und Versicherungen. Als ehemaliger Produkt- und Kundenmanager bei einer Versicherung kennt er die Herausforderungen, Wirkungen und Risiken des Kundenmanagements auf eine Organisation. Von 2002 bis 2005 war er als nebenberuflicher Dozent im Masterstudiengang CRM an der Zürcher Hochschule Winterthur (ZHAW) tätig. [email protected]

Dr. Frank M. Hannich

Zürcher Hochschule f. angewandte Wissenschaften (ZHAW) – Zentrum für Marketing Management (ZMM) Frank Hannich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Marketing Management der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Er ist Studiengangsleiter des Master-Programm CRM (MAS CRM 6) sowie Projektleiter in diversen CRM-Projekten, wie bspw. die Studienreihe «Swiss CRM». [email protected]

Prof. Mireille Troesch-Jacot

Dozentin für Marketing und Leiterin des Zentrums für Marketing Management (ZMM) an der ZHAW in Winterthur. Ihre berufliche Tätigkeit nach dem Studium übte sie auf der Generaldirektion der SRG im strategischen Bereich, im Ausland in der Reederei-Industrie und im Bereich Marktbearbeitung und Kommunikation in verschiedenen Dienstleistungsunternehmen aus. Heute ist sie neben ihrer Leitungsfunktion und den Lehraktivitäten in Forschungsund Dienstleistungsprojekten des ZMM für private und öffentliche Auftraggeber engagiert. Sie ist Initiantin des akkreditierten Master of Advanced Studies in CRM (bereits in der 7. Durchführung) und leitet den berufsbegleitenden konsekutiven Master Business Administration mit einem Major in Marketing. Mireille Troesch studierte Betriebswirtschaft an der HSG und an der Ecole des Hautes Etudes Commerciales der Universität Lausanne. [email protected]

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Forschungspartner Die Detecon (Schweiz) AG ist Tochtergesellschaft der Detecon International GmbH, mit 900 Beratern eines der weltweit führenden unabhängigen Beratungsunternehmen für integrierte Management- und Technologieberatung. Der Leistungsschwerpunkt von Detecon liegt in innovativen Beratungs- und Umsetzungslösungen, die sich aus dem Einsatz moderner Informations- und Telekommunikationstechnologien ergeben. Das Leistungsspektrum reicht von analytischen und strategischen Themenstellungen über Organisations- und Prozessberatung bis hin zur Unterstützung bei Planung und Aufbau technischer Infrastrukturen. Mit den beiden Zentralen in Bonn und Eschborn, sieben weiteren nationalen und zwölf internationalen Standorten sowie rund 40 Projektbüros sind die Berater auf nahezu allen Kontinenten vertreten.

Das Zentrum für Marketing Management (ZMM) der ZHAW School of Management and Law ist darauf ausgerichtet, wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen rund um das Marketing miteinander zu verknüpfen. Die Aktivitäten des ZMM decken das aktuelle Spektrum des modernen Marketings in Lehre, Weiterbildung, Forschung und Entwicklung sowie der Beratung ab. Schwerpunkte der Arbeit in Akademie und Praxis liegen dabei in den Bereichen CRM, Communities, Branding und interaktive Kommunikation, Marktforschung (qualitativ/ quantitativ) sowie Marketing in der NPO. Das ZMM arbeitet mit Grossunternehmen, kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) und Privatpersonen, aber auch mit Partnerschulen auf nationaler und internationaler Ebene zusammen.

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