Kulturtechniken im Zierpflanzenbau

beispielsweise bei gealtertem geschäumtem Polystyrol (Styropor®) zu beobachten ist. Sprosswachstum. Das Sprosswachstum steigt mit dem Gehalt an leicht ...
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Zum Autor Andreas Bettin, geb. 1959. Prof. Dr., Fachgebiet Zierpflanzenbau an der Hochschule Osnabrück. Forschungsschwerpunkte: Kultursteuerung von Pflanzen mit Kältebedürfnis, Temperatur- und Lichtansprüche von Zierpflanzen.

Andreas Bettin

Kulturtechniken im Zierpflanzenbau 219 Abbildungen 49 Tabellen

4

Inhaltsverzeichnis Vorwort

8

Teil A Allgemeiner Teil

11

1

Einsatz der Wachstumsfaktoren 12

1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.2.1

Wasser 13 Wasser im Substrat 13 Wassergehalt der Luft 22 Sauerstoff 27 Messung und Bewertung des Sauerstoffgehaltes in der Wurzelumgebung 27 Wirkung des Sauerstoffs auf die Wurzel 28 Regulierung des Sauerstoffgehaltes im Wurzelbereich 29 Mineralstoffe 31 Nährstoffbedarf von Pflanzen 32 Formen der Nährstoffzufuhr bei Topfpflanzen in Torfsubstrat 32 Nährstoffversorgung von Schnittblumen mit kurzer Kulturzeit 43 Nährstoffversorgung von mehrjährig genutzten Schnittblumen sowie Grünpflanzen in Hydrokultur 49 Wirkung der Nährstoffversorgung auf Schaderreger 64 Kohlendioxid 66 Physikalische Eigenschaften des Kohlendioxids 66 Wirkungen des Kohlendioxids auf die Pflanze 67 Voraussetzungen zur optimalen Nutzung des Kohlendioxids 69 Verfahren der Kohlendioxiddüngung 70 Pflanzenschäden durch Kohlendioxid und andere Gase 72

1.2.2 1.2.3 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4

1.3.5 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5

1.5 Wachstumsfaktor Temperatur 74 1.5.1 Messung der Temperatur 74 1.5.2 Wirkung der Temperatur auf die Pflanze 75 1.5.3 Regelung der Temperatur 82 1.5.4 Möglichkeiten der Zufuhr von Wärmeenergie 83 1.5.5 Möglichkeiten zum Schutz vor Wärmeenergie 86 1.6 Strahlung 91 1.6.1 Messung der Strahlung 92 1.6.2 Wirkungen der Strahlung auf die Pflanze 96 1.6.3 Schäden durch Strahlung 98 1.6.4 Spektrale Wirkungen 100 1.6.5 Technische Möglichkeiten zur Optimierung des Lichtangebotes 104

2

Beeinflussung von vegetativer und generativer Phase 110

2.1

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3

Verzweigung und Streckungswachstum 110 Faktoren der Verzweigung 110 Maßnahmen zur Beeinflussung des Seitenknospenaustriebs 110 Faktoren des Streckungswachstums 113 Maßnahmen zur Beeinflussung des Streckungswachstums 114 Generative Entwicklung 121 Tageslänge 122 Lichtangebot 127 Temperatur 127

3

Vermehrung

2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4

140

3.1 Generative Vermehrung 140 3.1.1 Faktoren der Keimung 141 3.1.2 Lagerung von Saatgut und gesetzliche Regelungen 146 3.1.3 Aussaat 146 3.2 Vegetative Vermehrung 150

Inhaltsverzeichnis

3.2.1 Wichtige Vermehrungsmethoden 150 3.2.2 Faktoren der Bewurzelung 153 3.2.3 Übersicht über die Vermehrungsverfahren 158 3.2.4 Aspekte der Mutterpflanzenkultur 163 3.2.5 Lagerung von Stecklingen 165 3.2.6 Anzuchtsysteme 166 3.2.7 Praktische Aspekte der Stecklingsentnahme und des Steckens 166

4

Handhabung und Aufbereitung von Pflanzen und Pflanzenteilen 173

4.1

Topfen, Ausstellen, Rücken und Sortieren 173 4.2 Färben von Pflanzen 180 4.3 Maßnahmen zur Erhöhung der Haltbarkeit von Pflanzen 181 4.3.1 Faktoren der Haltbarkeit von Topfpflanzen 181 4.3.2 Faktoren der Haltbarkeit von Schnittblumen 188

6.5.1 Nichtparasitäre Schäden 6.5.2 Schaderreger 210

7

Rosen

7.1 7.2

7.6 7.7 7.8 7.8.1 7.8.2

Botanische Grundlagen 211 Wirtschaftliche Bedeutung und Zuchtziele 212 Kulturverfahren bei Schnittrosen 214 Herkömmliches Schnittsystem 214 Japanisches System 215 Vergleich der beiden Schnittsysteme 216 Jungpflanzenmaterial 218 Einfluss der Wachstumsfaktoren auf Rosen 220 Düngung und Bewässerung 221 Pflege und Ernte 222 Schäden an Rosen 224 Physiologische Schäden 224 Schaderreger 224

8

Phalaenopsis

Botanische Grundlagen 226 Marktbedeutung und Formen 228 Kulturübersicht 228 Vermehrung 229 Weiterkultur 229 Düngung 236 Schäden an Phalaenopsis 237 Nichtparasitäre Schäden 237 Schaderreger 238

Alpenveilchen

7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.4 7.5

5

Vorbemerkungen

5.1 5.2 5.3

Bedeutung einzelner Arten und Sorten 198 Hinweise zur Nomenklatur 198 Hinweise zu den Kulturen 200

8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.7.1 8.7.2

6

Pelargonien

9

6.1 6.2

Botanische Grundlagen 202 Marktbedeutung und Zuchtziele bei einzelnen Formen 205 Jungpflanzenanzucht von hängenden und aufrecht wachsenden Pelargonien 205 Kultur der Fertigware 208 Schäden an Pelargonien 209

Teil B Beispielhafte Kulturen

6.3

6.4 6.5

197

198

202

209

9.1 9.2

211

226

239

Botanische Grundlagen 239 Marktbedeutung und Qualitätsmerkmale 240 9.3 Kulturübersicht 241 9.4 Vermehrung 241 9.5 Weiterkultur 242 9.6 Schäden an Cyclamen 244 9.6.1 Physiologische Schäden 244

5

6

Inhaltsverzeichnis

9.6.2 Schaderreger

244

13.3

10

Kissenprimeln

246

10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6 10.7

Botanische Grundlagen 246 Marktbedeutung und Zuchtziele 248 Kulturübersicht 250 Aussaat 250 Weiterkultur 250 Düngung 254 Schäden an Kissenprimeln 255

11

Topfazaleen

11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8 11.9 11.9.1 11.9.2

Botanische Grundlagen 256 Marktbedeutung und Sortiment 257 Kulturübersicht 258 Vermehrung 260 Rohwarephase 261 Treiberei 268 Düngung 269 Sonderformen 270 Schäden an Azaleen 272 Schaderreger 272 Schäden unbekannter Herkunft 272

14

Chrysanthemen

14.1 14.2 14.3 14.4 14.5 14.6 14.7

Botanische Grundlagen 304 Marktbedeutung und Sortiment 308 Mutterpflanzenhaltung 309 Übersicht Topfchrysanthemen 309 Übersicht Gartenchrysanthemen 311 Übersicht Schnittchrysanthemen 313 Schäden an Chrysanthemen 317

15

Weihnachtssterne

15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6 15.7 15.8

Botanische Grundlagen 319 Marktwirtschaftliche Bedeutung und Sortiment 321 Kulturübersicht 322 Vermehrung 322 Weitere Anzucht 323 Düngung 326 Sonderformen 326 Schäden an Weihnachtssternen 328

16

Begonien

16.1 16.2 16.3 16.4 16.5

Botanische Grundlagen 330 Kulturübersicht Eisbegonien 330 Kulturübersicht Knollenbegonien 331 Kulturübersicht Elatior-Begonien 333 Schäden an Begonien 335

13.3.1

256

12

Hortensien

12.1 12.2 12.3 12.4

12.9

Botanische Grundlagen 275 Marktübersicht und Sortiment Kulturübersicht 276 Mutterpflanzenhaltung und Vermehrung 277 Rohwarephase 278 Treiberei 284 Substrat und Düngung 285 Besonderheiten bei Schnitthortensien 288 Schäden an Hortensien 289

13

Tulpen

13.1 13.2

Botanische Grundlagen Marktbedeutung 292

12.5 12.6 12.7 12.8

13.4 13.5 13.6 13.6.1 13.6.2

Übersicht über die Freiland- und Kühlphase 294 Zwiebelproduktion, Blütenanlage, Kühlung 294 Kühlung im Teilbetrieb 296 Steuerung des Blühtermins durch Lagerund Anbautechniken 299 Treiberei 299 Ernte 300 Schäden an Tulpen 301 Physiologische Schäden 301 Schaderreger 303

275

291 291

276

13.3.2 13.3.3

304

319

330

Inhaltsverzeichnis

17

Fuchsien

17.1 17.2 17.3 17.4 17.5

Botanische Grundlagen 338 Marktbedeutung 340 Vermehrung 340 Weitere Kultur 340 Schäden an Fuchsien 343

338

18

Petunien

18.1 18.2 18.3

Botanische Grundlagen und züchterische Entwicklung 344 Kulturübersicht 345 Schäden an Petunien 347

19

Eriken

19.1

Botanische Grundlagen und züchterische Entwicklung 349

344

349

19.2 19.3 19.4 19.5 19.6 19.7 19.7.1 19.7.2

Marktbedeutung 349 Kulturübersicht 350 Vermehrung 350 Jungpflanzenanzucht unter Glas Freilandphase 353 Schäden an Eriken 355 Physiologische Schäden 355 Schaderreger 355

Register 356 Bildquellen 360

352

7

8

Vorwort In der Reihe „Handbuch des Erwerbsgärtners“ ist die letzte Auflage des Buches über Hauptkulturen im Zierpflanzenbau, herausgegeben von Prof. Dr. Karl Zimmer, im Jahr 1991 erschienen. Seither haben sich die Produktions- und Absatzbedingungen deutlich verändert. Ansteigende Energiekosten, Beschränkungen beim Einsatz von Bioregulatoren, neue Bedachungsmaterialien und Ähnliches gaben auf Produktionsseite Anreiz für neue Forschungsfragen. Mit der Spezialisierung der Betriebe ging eine zunehmende Mechanisierung einher. Diese Entwicklungen befinden sich nach wie vor im Fluss. Im ersten Teil dieses Buches soll grundlegend herausgearbeitet werden, mit welchem Faktoreinsatz bestimmte Produktionsziele – vom Sämling oder Steckling bis zur Fertigware – erreicht werden können. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund eines ressourcenschonenden Faktoreinsatzes. In den letzten beiden Jahrzehnten gewann nicht nur die Produktqualität zum Verkaufszeitpunkt, sondern auch während der Nacherntephase ein zunehmendes Gewicht. Dies ist im Wesentlichen auf längere Handelswege und den zunehmenden Druck des branchenfremden Handels zurückzuführen, der die Produkte vielfach nicht sachgerecht behandelt oder behandeln kann. Die gartenbauliche Produktion ist hier gefordert, Hilfestellungen zur Verbesserung der Situation zu geben. Im zweiten Teil werden exemplarisch Kulturtechniken bei Topfpflanzen unter Glas und im Freiland beschrieben, Schnittblumen mit kurzer und langer Kulturzeit werden ebenso besprochen, wie die Beeinflussung der Entwicklung durch Tageslänge, Temperaturführung, Assimilationsbelichtung, Mineralstoff- und Kohlendioxiddüngung sowie Bioregulatoren. Anliegen des vorliegenden Buches ist es, den Spagat zwischen gärtnerischen Grundlagen und technischen Entwicklungen zu nehmen. Nicht alle neuen Entwicklungen finden in Forschungseinrichtungen statt. Auch die gärtnerische Praxis selbst ist sehr innovativ. Ein Buch, das Wissenschaft und Praxis zu beschreiben versucht, stößt zwangsläufig auf Widersprüche. Es wird versucht, diese Widersprüche zu lösen und an einigen Stellen auch Denkanstöße zu geben. Da dieses Buch als Lehrbuch anwendungsbezogen sein soll und manche Entwicklungen nicht durch wissenschaftliche Literatur, sondern nur durch Beobachtung belegt sind, wurde auf das exakte Zitieren von Fachliteratur verzichtet. Stattdessen findet sich im Anschluss an jeden Abschnitt ein Ausschnitt weiterführender Literatur, der zur intensiveren Auseinandersetzung mit der Materie anregen soll. Auch der Autor

Vorwort

erwartet sich Anregungen: Er hat weiteres Bildmaterial unter der Adresse http://www.al.hs-osnabrueck.de/andreasbettin.html ins Netz eingestellt und freut sich über Fragen und Ideen. An dieser Stelle sei dem Verlag Eugen Ulmer, besonders dem Redaktionsteam Radebeul, Frau Dr. Angelika Jansen und Frau Birgit Schüller, für ihre Geduld und gute Zusammenarbeit herzlich gedankt, ebenso wie Herrn Prof. Dr. Zimmer, der das Manuskript kritisch sichtete und wertvolle Anregungen gab. Dank gebührt auch Herrn Lokau für die gelungene Umsetzung meiner Bildvorlagen. Schließlich danke ich meiner Frau Marina sowie meinen Kindern Felix und Steffen für Verständnis und Unterstützung. Osnabrück, im Sommer 2010 Andreas Bettin

9

10

11

Teil A Allgemeiner Teil

12

1

Einsatz der Wachstumsfaktoren

Wesentliches Ziel der Kultursteuerung im Zierpflanzenbau ist der Aufbau von Pflanzen, die einen ansprechenden Aufbau (Habitus) aufweisen. Bei Grünpflanzen und Schnittblumen wird außerdem oftmals eine hohe Pflanzenmasse angestrebt. Die botanische Literatur definiert: – „Wachstum“ in der Regel als „Zunahme der Pflanzenmasse“ durch Assimilation von Kohlendioxid. – „Differenzierung“ als Bildung neuer Organe aufgrund von Zellteilung. – Beide Wörter werden im Begriff „Entwicklung“ zusammengefasst. Bei der Entwicklung lässt sich unterscheiden zwischen: – vegetativer Entwicklung, d. h. der Entwicklung von Organen, die nicht der Fortpflanzung dienen (Abb. 1) sowie – generativer Entwicklung, d. h. der Ausbildung von Blüten. Wachstum und Differenzierung werden durch die Wachstumsfaktoren nicht immer gleichermaßen beeinflusst. Dies ist von Bedeutung, da die Verkaufsreife entweder durch die Pflanzenmasse, z. B. bei vielen Grünpflanzen, oder die Ausbildung von Blüten, z. B. bei blühenden Topfpflanzen, bestimmt werden kann. Im Folgenden wird der Einfluss Abb. 1 Pflanze B ist schwächer gewachsen, hat aber mehr Blätter ausgebildet als Pflanze A, Pflanze C ist stärker gewachsen als Pflanze A, weist aber weniger Blätter auf.

A

B

C

Wasser

der ökologischen Wachstumsfaktoren Wasser, Sauerstoff, Kohlendioxid, Licht und Temperatur auf die Entwicklung von Zierpflanzen dargestellt. Neben den hier gezeigten Abbildungen sind weitere Darstellungen über die Internetadresse http://www.al.hs-osnabrueck.de/andreasbettin.html einzusehen.

1.1

Wasser

Bei den Wirkungen des Wassers ist zwischen den Wirkungen des Wassers im Substrat und des Wassergehaltes der Luft zu unterscheiden.

1.1.1

Wasser im Substrat

Der jährliche Wasserbedarf von Topfpflanzenbeständen unter Glas liegt häufig bei etwa 500 l/m² Gewächshausfläche, der Tagesbedarf kann dabei je nach Einstrahlung und Temperatur zwischen 0 und etwa 10 l/m² schwanken. Pflanzen sind grundsätzlich nicht auf ein Substrat angewiesen, solange die Versorgung der Wurzel mit Wasser, Sauerstoff und Mineralstoffen sichergestellt ist. Das Substrat stellt aber einen Speicher für Wasser und Mineralstoffe dar. 1.1.1.1 Messung der Substratfeuchtigkeit Bei der Entscheidung, ob den Pflanzen Wasser zugeführt werden muss, wird der Wasservorrat im Substrat bewertet. Dies erfolgt zumeist nach dem optischen Eindruck oder durch das Anheben der Pflanzen. Bei Topfpflanzenkulturen in Torfsubstrat kann die Messung der Bodenfeuchte auch mittels Tensiometer erfolgen. Hierbei erfassen geeichte poröse Keramikkerzen den Sog (Unterdruck), der von der Umgebung der Kerzen auf einen Messbehälter ausgeübt wird. Er wird als „Saugspannung“ in der Einheit Hektopascal (hPa) angegeben. Da es sich um einen Unterdruck handelt, erhält der Zahlenwert ein negatives Vorzeichen. Eine Bewässerung erfolgt üblicherweise bei einer Saugspannung von –90 bis –100 hPa. 1.1.1.2 Wirkungen der Substratfeuchtigkeit und des Anzuchtverfahrens auf das Pflanzenwachstum Pflanzen haben aufgrund der Stomataöffnung tagsüber einen wesentlich höheren Wasserbedarf als nachts. Während des Tages wird die Verdunstung vor allem durch die Einstrahlung bestimmt. Um die Blatttemperatur bei hoher Einstrahlung nicht zu stark ansteigen zu lassen, transpirieren die meisten Zierpflanzen sehr stark und sind sogar in der Lage, die Blatttemperatur unter die Lufttemperatur abzusenken. Hieraus folgt, dass Bewässerungsvorgänge vor Einbruch der Dunkelheit zumeist unnötig sind. Die Pflanzen werden in der Nachtphase nur wenig Wasser verbrauchen, sofern nicht nachts belichtet wird.

13

14

Einsatz der Wachstumsfaktoren

Wurzelwachstum Die Substratfeuchtigkeit ist entscheidend für das Richtungswachstum der Wurzeln. Bei Bewässerungsverfahren über den Topfboden finden sich stets mehr Wurzeln in der unteren als in der oberen Topfhälfte, da der obere Teil des Topfballens oftmals leicht austrocknet. Erfolgt die Wassergabe von oben, ist die vertikale Wurzelverteilung in einem Topfballen gleichmäßiger. Das Sprosswachstum wird durch die Richtung der Wasserzufuhr nicht beeinflusst. Bei Schnittblumen im gewachsenen Boden kann durch sparsame, dem Bedarf angepasste Wasserversorgung mittels Tropfbewässerung die Wurzeltiefe vermindert werden. Wurzeln finden sich nur dort, wo der Boden hinreichend feucht ist. Wurzeln wachsen bei Feuchtigkeit unter dem Topfboden auch nach unten heraus und haften an Nadelfolie oder Bändchengewebe fest, über die sie Wasser und Dünger aus der Bewässerungsmatte entnehmen. Um bei Jungpflanzen das Abreißen von Wurzeln bei der Entnahme aus den Anzuchtplatten zu vermeiden, erfolgt die Anzucht häufig auf Drahtrosten. Durch die trockene Luft unterhalb des Ballens wird hier das Herauswachsen der Wurzel aus der Anzuchtplatte unterbunden, stattdessen verzweigt sich die Wurzel im Ballen (Stutzen der Wurzel durch Luftkontakt = air pruning). Außer durch die Richtung der Wassergabe lässt sich das Wurzelwachstum auch über den Abstand des Substrates zum Anzuchtsystem (siehe Kap. 3.2.6) beeinflussen. Das Pikieren der Pflanzen wird einfacher, wenn die Wurzeln im Ballen keinen Kontakt zum Kulturgefäß aufweisen und senkrecht nach unten wachsen. Abstand der Wurzeln zum Kulturgefäß (Abb. 74 Mitte und unten, Seite 167) unterstützt dieses Ziel und wirkt außerdem der Drehwurzelbildung entgegen. Unerwünscht dagegen ist das Haften der Wurzeln am Gefäß, wie es beispielsweise bei gealtertem geschäumtem Polystyrol (Styropor®) zu beobachten ist. Sprosswachstum Das Sprosswachstum steigt mit dem Gehalt an leicht pflanzenverfügbarem Wasser. Dies ist unter anderem auf die stärkere Einlagerung von Wasser in Vakuolen zurückzuführen. Damit nimmt auch das Verhältnis Frischmasse zu Trockenmasse zu; das Pflanzengewebe ist dann häufig etwas weniger stabil. Begrenzend auf das Wachstum wirken sich unter Umständen lediglich Sauerstoffmangel aus, der sich bei Wassersättigung je nach Substrat einstellen kann (siehe Kap. 1.2.2), sowie der Ausfall durch Pflanzenkrankheiten. Bodenbürtige Schaderreger werden nämlich häufig durch eine hohe Substratfeuchte gefördert. Die Pflanzenentwicklung, die bei vielen blühenden Topfpflanzen maßgebend für die Verkaufsreife ist, wird dagegen in einem weiten Bereich kaum beeinflusst.

Wasser

Durch trockene Kultur, d. h. leichten Trockenstress durch Starten des Gießvorganges bei Saugspannungen von –150 bis –200 hPa, wachsen kleinere Pflanzen heran; die Kulturzeit bleibt weitgehend unbeeinflusst. Die Wirkung von Hemmstoffen kann dadurch unterstützt oder sogar ersetzt werden. Der Effekt ist bei hoher Sonneneinstrahlung im Sommer, also bei hohem Wasserbedarf, größer als unter Schwachlichtbedingungen. Erfolgt die Bewässerung bei hohen Saugspannungen über den Topfboden, so birgt dies bei der verbreiteten Anzucht in Torfsubstrat die Gefahr, dass stark ausgetrocknete Töpfe beim Bewässerungsvorgang nicht genügend Wasser aufnehmen können und sich der Pflanzenbestand ungleichmäßiger entwickelt. Um diesem Nachteil entgegenzuwirken, ist es möglich, Torf-Ton-Gemische zu verwenden oder dem Torfsubstrat bzw. dem Gießwasser Netzmittel (Tenside) hinzuzusetzen. Kriterien für die Auswahl sind neben dem Preis die Pflanzenverträglichkeit und die biologische Abbaubarkeit. Die Reaktionen der Pflanzen auf extremen Trockenstress sind unterschiedlich. Vor allem einkeimblättrige Pflanzen reagieren auf starken Wassermangel mit Nekrosen an den Blattspitzen, ähnlich wie bei hohem Salzgehalt im Substrat sowie Bor- und Fluorüberschuss. Zweikeimblättrige Pflanzen zeigen bei starkem Wassermangel neben Welkesymptomen auch Chlorosen und Blattfall. 1.1.1.3 Bewässerungssysteme Zierpflanzen können mittels Wasserzufuhr über den Spross von oben (Überkopfbewässerung) oder direkt auf das Substrat bewässert werden. Ebenso ist eine Wasserzufuhr von unten über Löcher im Topfboden möglich. Das Wasser wird hierbei durch das trockene Substrat aufgesaugt. Eine trockene Kulturweise lässt sich leichter bei Bewässerung von oben erreichen, da hierbei die Wassermenge pro Topf leichter begrenzt werden kann. Bei Bewässerungsverfahren über den Topfboden saugt sich dagegen der Substratballen auch bei kurzen Bewässerungszeiten bis zur Wassersättigung voll und braucht dann eine längere Zeitspanne, bis neues Wasser benötigt wird. Auswahlkriterien von Bewässerungsverfahren sind: – Kosten, – Arbeitsaufwand für die Durchführung des Bewässerungsvorganges, – innerbetrieblicher Transport (Eignung von Bewässerungseinheiten als Transportsystem, Befahrbarkeit), – Aufwand zur Errichtung bzw. zur Anpassung des Bewässerungssystems an neue Pflanzenabstände, verschiedene Topfgrößen, – gleichmäßige Ausbringung, – Störungsanfälligkeit, – Vermeidung von Wasser- und Nährstoffverlusten, – keine Verbreitung von Schaderregern.

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