Kommentar zu Peter Weibel und Siegfried Zielinski

Erster Entwurf (15. Dezember 2012). Kommentar zu Peter Weibel und Siegfried Zielinski: “Genealogie des ... manifestiert sich in Peter Weibels Beispielen als ein Problem der Zeit: die. Krümmung des Raumes durch ... Claude Monets “ersten impressionistischen Gemälde” Saint-Germain-l'Auxerrois von 1867 betrachten: Die ...
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Erster Entwurf (15. Dezember 2012) Kommentar zu Peter Weibel und Siegfried Zielinski: “Genealogie des Mediendenkens” von Konstantin Daniel Haensch

Die Ambivalenz des Mediendenkens über das technologische, ästhetische und mediale Bewegungsdispositiv, welches im Übergang des 19. zum 20. Jahrhunderts integraler Bestandteil dessen ist, was als “Moderne” gekennzeichnet wird, manifestiert sich in Peter Weibels Beispielen als ein Problem der Zeit: die Krümmung des Raumes durch Zeit wird zur Kränkung des Raumes: Die Bewegung tritt einen Siegeszug in der Ästhetik an, der bis heute anhält. Weibels “Chronokratie” (vgl. Weibel 2002) folgt Karl Marx’ “Ökonomie der Zeit”, die in ihrer Hyper-Form apodiktisch zu Dietmar Kampers “sterbender Zeit” wird. Die fehlende Zeit gerät paradoxerweise zur anthropologischen Konstante der Moderne, die eine historisch nicht vergleichbare zeitliche Expandierung des Lebens erzeugt hat. Dabei ist diese beschleunigte Zeit primär eine zwingende Folge der Technik, der Maschinen und Apparate: Kinematographen: bewegte Bilder; Audiotechnik: bewegte Schallwellen; Auto-Mobilität: bewegte Menschen qua Technik. Was bedeutet die beschleunigte Zeit für die Kunst? Weibel weist auf das Neue in Robert Musils “Der Mann ohne Eigenschaften” (1930) hin. Der “erste echte Roman der Moderne” (Weibel) eignet sich so, weil er als Panoptikum zwischen österreichischem Barock (mit seiner Kunst des Raumes) und urbaner, industrialisierter “Massengesellschaft” (die die Kunst der Zeit hervorbringt) die Veränderungen der Interims-Epoche alternierend und parallel artikuliert und so vergleichbar macht. Beispielsweise in der Bewegungsunschärfe, die das Individuelle und Räumliche in der Zeit auflösen: “Die Gesichter der Menschen hatten etwas von schwimmendem Schaum” (Musil 1930, S.129). Diese Wirkung lässt sich auch schon in der Kunst des Raumes bei Louis Jacques Mandé Daguerres Boulevard du Temple von 1838 oder später bei Claude Monets “ersten impressionistischen Gemälde” Saint-Germain-l'Auxerrois von 1867 betrachten: Die “Menschen [die] sich lebhaft bewegen” (ebd. S.114) bringen eine neue Ästhetik hervor, eine Ästhetik des fließenden Wiederholten, die vielleicht vorher nur in der Darstellung der Technik des Krieges bildlich Ausdruck gefunden hat (Baudrillard nennt die urbane Straße samt ihrer Automobile auch einen Kriegsschauplatz). Weibel positioniert sich gegen diese Form von Homogenisierung und verweist auf den Komponisten und Zeitgenossen Musils, Arnold Schönberg: Keine verwaschene, ungestalte Masse, sondern ganz im Gegenteil, die “angespannte Wahrnehmung des Einmaligen, Spezifischen”, die Suche nach einer “wiederholungslosen Geschichte« wie es Theodor W. Adorno fasst (vgl. Adorno 1955, S.152) macht Schönbergs Technik der Komposition mit zwölf Tönen zur perfekten Kunst der Zeit. Weibels Anti-Rhythmus, Anti-Melodie wird so zur Wiederentdeckung des kleinen, einzigartigen, spezifischen Raumes in der Zeit.