Klimawandel: Eine Herausforderung für die ... AWS

Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, Deutschland, Fachbuch. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. ... Diplomica Verlag GmbH http://www.diplomica.de, Hamburg 2008. Printed in Germany ...... Abbildung 29: Klimaschutz-Marketing am Bahnhof Freiburg im Breisgau..............121. Abbildung 30: Möglichkeiten zur ...
208KB Größe 5 Downloads 90 Ansichten
Andrea Nolte Jennifer Oppel

KLIMAWANDEL: Eine Herausforderung für die Wirtschaft

Handlungsoptionen für Industrieunternehmen in Deutschland

Diplomica Verlag

Andrea Nolte/Jennifer Oppel Klimawandel: Eine Herausforderung für die Wirtschaft Handlungsoptionen für Industrieunternehmen in Deutschland ISBN: 978-3-8366-1638-6 Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008 Zugl. Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, Deutschland, Fachbuch

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen. © Diplomica Verlag GmbH http://www.diplomica.de, Hamburg 2008 Printed in Germany

Vorwort Klimawandel ist derzeit eins der wichtigsten Themen im Bereich des globalen Wandels. Die Beschäftigung mit diesem Themenbereich macht deutlich, dass in Deutschland – insbesondere nach der Veröffentlichung des vom ehemaligen WeltbankChefökonom Nicholas Stern im Herbst 2006 geschriebenen Stern-Reviews – das Thema Klimawandel nicht mehr aus der öffentlichen Diskussion wegzudenken ist. Deutschland nimmt dabei im Rahmen der Klimapolitik, der technischen Entwicklungen sowie des Engagements der Unternehmen, Verbände und Privatpersonen weltweit eine Vorreiterrolle ein. Es gilt, auf umweltpolitischer Seite Rahmenbedingungen zu schaffen und fortzuentwickeln. Unternehmen müssen sich entsprechend informieren und positionieren, um den Herausforderungen des Klimawandels entgegen zu treten. Diese Studie leistet einen Beitrag dazu, den Unternehmen Reaktionsmöglichkeiten näher zu bringen und erklärt detailliert die Handlungsoptionen Energie, umweltorientierte Produktentwicklung (ökologische Produktentwicklung) sowie Umwelt-(Öko)-Marketing.

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................1 Abbildungsverzeichnis .............................................................................................3 Tabellenverzeichnis ..................................................................................................5 1 Einleitung ........................................................................................................6 1.1 Problemstellung...........................................................................................7 1.2 Zielsetzung ..................................................................................................9 1.3 Gliederung .................................................................................................10 1.4 Einschränkungen.......................................................................................11 2 Internationale Klimapolitik ...........................................................................12 2.1 Geschichte der internationalen Klimapolitik ...............................................12 2.2 Strategien einzelner Staaten .....................................................................22 2.2.1 USA......................................................................................................22 2.2.2 EU ........................................................................................................23 2.2.3 Schwellenländer ...................................................................................23 2.2.4 Entwicklungsländer ..............................................................................24 2.2.5 Ausblick ................................................................................................25 3 Klimapolitik in Deutschland.........................................................................28 3.1 Instrumentarien der Umweltschutzpolitik ...................................................29 3.1.1 Ordnungsrechtliche und ökonomische umweltpolitische Instrumente .29 3.2 Klimaschutzmaßnahmen ...........................................................................33 3.2.1 Maßnahmen zur Emissionsreduktion ...................................................35 3.2.2 Energiepolitik in Deutschland ...............................................................38 3.2.3 Ausbau erneuerbarer Energien ............................................................41 3.2.4 Klimaschutzvereinbarungen mit der deutschen Wirtschaft...................45 4 Strategische Analyse der Veränderungen..................................................47 4.1 Veränderte externe Faktoren – Makroumwelt ...........................................48 4.1.1 Ökologische Umwelt.............................................................................48 4.1.2 Politisch-rechtliche Umwelt...................................................................49 4.1.3 Ökonomische Umwelt ..........................................................................50 4.1.4 Technologische Umwelt .......................................................................53 4.1.5 Gesellschaftliche Umwelt .....................................................................53 4.2 Veränderte externe Faktoren – Branchenumwelt ......................................54 4.3 Chancen und Risiken ................................................................................55 4.3.1 Gewinner- und Verliererbranchen ........................................................55 4.3.2 Energie .................................................................................................57 4.3.3 Versicherungsbranche / Finanzwirtschaft.............................................58 4.3.4 Land- und Forstwirtschaft .....................................................................59 4.4 Strategieentscheidung...............................................................................60 4.4.1 Basisstrategien.....................................................................................61 4.4.2 Wettbewerbsstrategien.........................................................................62 4.4.3 Risikostrategien....................................................................................64

5

Handlungsoption Energie ............................................................................66 5.1 Die Bedeutung der Energiekosten für Unternehmen .................................66 5.2 Hemmnisse ...............................................................................................69 5.3 Energiemanagement in Industrieunternehmen..........................................72 5.3.1 Energiemanagement in der Aufbauorganisation ..................................75 5.3.2 Energiemanagement in der Ablauforganisation....................................77 5.3.3 Verhaltensabhängige Energieeinsparung ............................................79 5.3.4 Lastmanagement..................................................................................80 5.3.5 Energie-Contracting .............................................................................80 5.3.6 Fuhrparkmanagement / Logistik ...........................................................83 5.3.7 Optimaler Ersatzzeitpunkt von Anlagen ...............................................85 5.4 Technische Emissionsminderungspotenziale............................................87 5.4.1 Austausch fossiler Energieträger..........................................................87 5.4.2 Nutzung regenerativer Energien...........................................................88 5.4.3 Kraft-Wärme-(Kälte-)Kopplung .............................................................94 5.4.4 Wärmepumpe / Wärmetauscher...........................................................97 5.4.5 Steigerung der Energieeffizienz von Anlagen ......................................98 5.4.6 Gebäudeoptimierung am Beispiel Beleuchtung....................................99 5.4.7 CO2-Abscheidung und -Speicherung .................................................103 6 Handlungsoption umweltorientierte Produktentwicklung ......................106 6.1 Top-Runner-Ansatz und EuP-Richtlinie...................................................107 6.2 CO2-Fußabdruck (Carbon Footprint) .......................................................108 6.3 Minimierung des CO2-Fußabdrucks in den Produktlebensphasen ..........109 6.4 Praktische Umsetzung im Entwicklungsprozess......................................112 6.4.1 Ideen-Delphi .......................................................................................114 6.4.2 Morphologischer Kasten.....................................................................115 6.4.3 Kumulierter Energieaufwand (KEA)....................................................116 6.4.4 Öko-FMEA..........................................................................................117 6.4.5 MIPS Analyse.....................................................................................119 7 Handlungsoption Umwelt-(Klimaschutz-) Marketing ...............................120 7.1 Umweltorientiertes Marketing ..................................................................120 7.2 Klimaschutz-Marketing ............................................................................121 7.3 Strategisches Umwelt-Marketing .............................................................122 7.3.1 Marketingforschung............................................................................123 7.3.2 Marketingkonzept ...............................................................................125 7.3.3 Marktsegmentierung...........................................................................126 7.3.4 Positionierung/Timing.........................................................................129 7.4 Operatives Umwelt-Marketing .................................................................130 7.4.1 Produktpolitik......................................................................................130 7.4.2 Kommunikationspolitik........................................................................131 7.4.3 Distributionspolitik ..............................................................................135 7.4.4 Kontrahierungspolitik..........................................................................136

7.5

Praktische Anwendungsmöglichkeiten des ‚Klimaschutz-Marketings’ .....137 7.5.1 Positive Imagewirkung der Nutzung regenerativer Energien..............138 7.5.2 CO2-Reduktion als Marketinginstrument ............................................138 7.5.3 Klimazertifikate ...................................................................................140 7.5.4 Carbon Disclosure Project..................................................................141 7.5.5 Energieverbrauchsetikett....................................................................142 8 Zusammenfassung .....................................................................................143 9 Fazit .............................................................................................................145 Literaturverzeichnis ..............................................................................................146 Anhang ...................................................................................................................159

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen BHKW CCS CDP CDM CSR EG EU FMEA GDP GHD IPP JI KEA KMU KWK MIPS PR SKE UMS UN UNEP USA USD WKA

Blockheizkraftwerk Carbon Dioxide Capture and Storage Carbon Disclosure Project Clean Development Mechanism Corporate Social Responsibility Europäische Gemeinschaft European Union Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse Gross Domestic Product Gewerbe, Handel, Dienstleistungen Integrierte Produktpolitik Joint Implementation Kumulierter Energieaufwand Klein- und mittelständische Industrieunternehmen Kraft-Wärme-Kopplung Materialinput pro Serviceeinheit Public Relations (= Öffentlichkeitsarbeit) Steinkohleeinheit Umweltmanagementsystem United Nations United Nations Environmental Programme United States of America US Dollar Windkraftanlage

Chemische Abkürzungen CH4 CO2 FKW H-FKW N2O SF6

Methan Kohlendioxid Fluorierte Fluorkohlenwasserstoffe Wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe Distickstoffoxid Schwefelhexafluorid

Institutionen AGBM BMU COP DIW EPA INC

ad hoc Gruppe Berliner Mandat Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Conference of the Parties Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. Environmental Protection Agency Intergovernmental Negotiations Committee

1

IPCC KomPass UNCED UNFCCC UNO UNO-GV WMO

Intergovernmental Panel on Climate Change Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung United Nations Conference on Environment and Development United Nations Framework Convention on Climate Change United Nations Organisation Generalversammlung der Vereinten Nationen World Meteorological Organisation

Rechtsnormen BImSchG BImSchV EBPG EEG EnEV EnWG EuP KWKG

Bundesimmissionsschutzgesetz Bundesimmisionsschutzverordnung Energiebetriebe-Produkte-Gesetz Erneuerbare-Energien-Gesetz Energieeinsparverordnung Energiewirtschaftsgesetz Richtlinie für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz

2

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Prognostizierte Temperaturänderungen bis 2100................................7 Abbildung 2: Überblick Aufbau des Buchs..............................................................10 Abbildung 3: Darstellung der flexiblen Mechanismen und des Emissionshandels .............................................................................17 Abbildung 4: CO2-Emissionen der EU-Staaten 2005 im Vergleich zu 1990 ...........21 Abbildung 5: Steuerung des Emissionsausstoßes durch Abgaben bzw. Subventionen.....................................................................................32 Abbildung 6: Zieldreieck der Energiepolitik.............................................................40 Abbildung 7: Entwicklung der regenerativen Energien in Deutschland seit 1990 ...........................................................................................42 Abbildung 8: Ebenen und Elemente der Umfeldanalyse ........................................47 Abbildung 9: Gewinner- und Verliererbranchen des Klimawandels........................56 Abbildung 10: Strategische Grundsatzentscheidungen im Umweltmanagement .....................................................................................61 Abbildung 11: Energiefluss in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 ..........................................................................................68 Abbildung 12: Endenergieverbrauch für die Sektoren Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie ..........................................................68 Abbildung 13: Gründe für die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen ..........72 Abbildung 14: Teilziele des Energiemanagements...................................................74 Abbildung 15: Eingliederung des Energiemanagements in eine Linienorganisation 76 Abbildung 16: Eingliederung des Energiemanagement in Form der StabLinienorganisation .............................................................................76 Abbildung 17: Eingliederung des Energiemanagements in eine funktionale Organisation ......................................................................................77 Abbildung 18: Kostenstruktur beim Energieeinspar-Contracting ..............................82 Abbildung 19: Optimaler Ersatzzeitpunkt einer Altanlage.........................................85 Abbildung 20: Optimum der Gesamtkosten als Ergebnis des Substitutionsverhältnisses zwischen Energieversorgung und Energieeffizienz .................................................................................86 Abbildung 21: Spezifische CO2-Emissionen [g/MJ] für verschiedene fossile Energieträger.....................................................................................88 Abbildung 22: Vergleich der Wirkungsgrade getrennter Energieerzeugung sowie Kraft-Wärme-Kopplung bei gleicher erzeugter Menge an elektrischer Energie und nutzbarer Wärme...........................................................95 Abbildung 23: Vergleich zwischen konventioneller Glühlampe und Energiesparlampe ...........................................................................101 Abbildung 24: Meilensteine der modernen Beleuchtung ........................................103 3

Abbildung 25: Darstellung des Produktlebenslaufs mit den wichtigsten Stoff- und Energieströmen ...............................................................................109 Abbildung 26: Phasen der Produktentwicklung ......................................................113 Abbildung 27: Anwendungsbeispiel Morphologischer Kasten ................................116 Abbildung 28: Öko-FMEA.......................................................................................118 Abbildung 29: Klimaschutz-Marketing am Bahnhof Freiburg im Breisgau ..............121 Abbildung 30: Möglichkeiten zur Datenerhebung ...................................................124 Abbildung 31: CO2-Label des britischen Carbon Trust ...........................................142 Abbildung 32: Klima-Vignette .................................................................................144

4

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6:

Wichtigste Stationen der internationalen Klimapolitik............................ 21 Ökonomische Auswirkung des Klimawandels in Deutschland für das verarbeitende Gewerbe ........................................................................ 52 Abhängigkeit der Organisationsstrukturen von der Größe und der Energieintensität eines Unternehmens ................................................. 75 Lampeneigenschaften im Überblick .................................................... 102 Schonung der Energieressourcen durch Sekundärherstellung ........... 110 Gebräuchliche Umweltzeichen der Unterhaltungselektronik, Informations- und Kommunikationstechnik ......................................... 133

5

1

Einleitung

Menschliche Aktivitäten haben schon immer die Umwelt verändert, angefangen bei der Rodung der Wälder zum Gewinn von Siedlungsland, der Einleitung von Abwasser in Gewässer bis hin zur Deponierung von radioaktivem Abfall. Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung nahmen diese Aktivitäten zu, und die Auswirkungen wurden erkennbar. Eine Folge der Industrialisierung ist u.a. die steigende Emission von Treibhausgasen, die die Erwärmung der Erdoberfläche verursachen. Zu den Treibhausgasen zählen gemäß der internationalen Vereinbarung von Kyoto Kohlendioxid (CO2), Distickstoffoxid (N2O), Methan (CH4), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW), fluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6). Die atmosphärische Konzentration dieser Treibhausgase wird durch menschliche Aktivitäten im Vergleich zu den natürlich vorkommenden Volumina erheblich erhöht. Lange wurden die mit den Klimaveränderungen verknüpften wissenschaftlichen Fragen nicht vorrangig behandelt. Erst seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde den Aussagen der Klimatologen Beachtung geschenkt, die auf eine zunehmende Erwärmung des Planeten hinweisen. Heute ist die Tatsache, dass es einen Klimawandel gibt und dass dieser anthropogen verursacht wird, weithin akzeptiert. Lediglich über die Sensitivität des Klimas gegenüber steigenden Treibhausgaskonzentrationen und damit das Ausmaß des Temperaturanstiegs und der Auswirkungen sind die Klimaexperten verschiedener Meinungen.1 Die in Abbildung 1 eingezeichneten SRES-Hüllkurven beziehen sich auf die im Special Report on Emission Szenarios der zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe über den Klimawandel (Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)) berechneten sechs Emissionsszenarien. Diese prognostizieren eine Erhöhung der mittleren globalen Erdoberflächentemperatur bis zum Jahr 2100 zwischen 1,4 °C und 5,8 °C bezogen auf 1990.2

1 2

Vgl. Latif 2007, S. 154ff. IPPC 2001. S. 10. 6

Abbildung 1: Prognostizierte Temperaturänderungen bis 2100 – Resultate aus verschiedenen Klimamodellen (aus: verändert nach IPCC 2001 in: Umweltbundesamt 2005, S. 13)

Obwohl die globale Jahresdurchschnittstemperatur während der vergangenen 100 Jahre nur um 0,6°C angestiegen ist, sind bereits heute zahlreiche Auswirkungen des Klimawandels spürbar: Gletscher sowie das arktische und antarktische Eis schmelzen ab, Permafrostböden tauen auf, der Meeresspiegel steigt, Vegetationsperioden verlängern sich, Tier- und Pflanzenarten verändern ihr Verbreitungsgebiet und Extremwetterereignisse nehmen zu. Weitere Beispiele für mögliche Auswirkungen sind in Anhang I aufgeführt. Allerdings geben diese Veränderungen laut Aussagen der meisten Wissenschaftler lediglich einen Vorgeschmack auf die Auswirkungen des zukünftigen Klimawandels.3 Als Reaktion auf den Klimawandel sind national wie international klimapolitische Aktivitäten in Gang gekommen. So finden beispielsweise regelmäßige internationale Klimaschutztreffen statt. Der IPCC sowie andere Arbeits-/Beratergruppen wurden gegründet und internationale Klimaschutzabkommen unterschrieben, beispielsweise das Kyoto-Protokoll.

1.1

Problemstellung

Die Kernaussage des vom ehemaligen Chefökonom der Weltbank Nicholas Stern veröffentlichen Stern Reviews - The Economics of Climate Change - lautet wie folgt: “The benefits of strong, early action on climate change outweigh the costs.“4 Diese

3 4

Vgl. Rahmstorf / Schellnhuber 2007, S. 54ff. Stern 2006, S. 1 „Die Vorteile einer starken und frühzeitigen Handlung gegen den Klimawandel überwiegen die Kosten.“ 7

Meinung ist weithin akzeptiert und wird insbesondere von der Bundesregierung in ihren Maßnahmenplänen zum Klimaschutz aufgegriffen. Diese treffen zwar auch den deutschen Bundesbürger, vor allem aber die in Deutschland operierenden Wirtschaftsunternehmen. Dabei gehören Wirtschaftsunternehmen zu denjenigen, die durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt werden, denen sich aber auch Möglichkeiten, beispielsweise zur Kosteneinsparung, bieten. Besonders Industrieunternehmen haben in Deutschland eine besondere Bedeutung für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Günther Verheugen (Kommissar der Europäischen Union (EU) für Unternehmen und Industrie) sagte gegenüber der Zeitschrift Capital im Sommer 2007 zum Thema ‚Ökologische Industriepolitik’: „Der scheinbare Gegensatz zwischen Wachstumspolitik und hohen Umweltstandards ist eines der großen Missverständnisse unserer Zeit. Ich bin entschieden für eine Neuorientierung: Wir sollten Wachstum und Beschäftigung stärker mit den Herausforderungen des Klimawandels verknüpfen.“5 Unabhängig davon, ob getroffene Maßnahmen aus klimapolitischen Vorgaben oder Druck innerhalb der Branche erzwungen werden oder aus Eigenmotivation entstehen, stellt sich die Frage, welchen Beitrag Industrieunternehmen aktiv zum Klimaschutz leisten können. Die zentralen Fragen der vorliegenden Studie lauten deshalb:

5



Welche internationalen Bemühungen um den Klimaschutz gibt es?



Was ist der derzeitige nationale Rahmen der Klimapolitik in Deutschland?



Wie hat sich das Umfeld der Unternehmen als Folge der Klimaänderungen gewandelt?



Wie kann sich ein Unternehmen strategisch unter dem Aspekt des Klimaschutzes positionieren?



Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus dem Klimawandel für Unternehmen?



Wie können Unternehmen auf die nationalen Gesetzesvorgaben reagieren?



Durch welche Handlungen können Industrieunternehmen auf das Thema Klimaschutz reagieren und Wettbewerbsvorteile aufbauen und sichern?



Was ist zukünftig hinsichtlich des Klimaschutzes auf politischer Ebene zu erwarten?

Mühlenberger 2007, S. 37. 8

1.2

Zielsetzung

Der wissenschaftliche Beitrag dieser Studie besteht nicht in einer erneuten Zusammenfassung der Problematik ‚Auswirkungen des Klimawandels’, denn es existiert bereits eine Vielzahl von wissenschaftlichen Beiträgen zu diesem Thema. Dieses Papier gibt einen Einblick in die für Unternehmen relevanten Bereiche des Klimawandels. Diese benötigen Basiswissen im Bereich der internationalen sowie der nationalen Klimapolitik. Dabei wurde die aktuelle Literatur recherchiert und daraus die aus unserer Sicht wichtige Informationen sowie Handlungs-/Reaktionsmöglichkeiten ausgewählt, die für deutsche Unternehmen, die sich noch nicht im Speziellen mit Klimaschutz beschäftigt haben, wichtig sind. Weiterhin wird ein Ausblick auf die sich für die Zukunft abzeichnende Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen gegeben. „87% der großen, global agierenden Unternehmen betrachten den Klimawandel als wirtschaftliches Risiko im Sinne von möglichen Produktionsunterbrechungen, steigenden Kosten als Folge staatlicher Eingriffe oder drohenden Wettbewerbs- und Imageproblemen.“6 Im Rahmen dieser Studie wird Organisationen bewusst gemacht, dass eine Positionierung ihrerseits in Hinblick auf den Klimawandel nötig ist, um die gefürchteten Risiken überschaubar zu machen. Aus dem Einblick in die Veränderungen der Unternehmensumwelt lässt sich ableiten, welche Strategien im Betrieb entwickelt und verfolgt werden können, um die unternehmensspezifischen Chancen und Risiken hinsichtlich des Klimawandels zu erkennen und zu nutzen. Der Kernbereich der Studie liegt in der Darstellung von Handlungsmöglichkeiten, die für die meisten deutschen Arbeitsstätten umsetzbar sind. Dabei wird in den einzelnen Kapiteln jeweils die Information dargestellt, die für Unternehmen zur Entscheidungsfindung benötigt wird. Dieses Buch spricht generell von Unternehmen in Deutschland. Diese Generalisierung verhindert es, Aussagen über die internen Einflüsse, z.B. Stärken und Schwächen eines spezifischen Betriebes, abzugeben. Dies ist auch so gewollt, da den Firmen in Deutschland lediglich Denkanstöße für den Bereich Klimaschutz vermittelt werden sollen. Die Umsetzung bleibt abhängig von der individuell gewählten Unternehmensstrategie.

6

Berenberg Bank – HWWI 2007, S. 46. 9