In Concert: Die 66 wichtigsten Live-Alben aller Zeiten und ihre ...

1994 veröffentlicht) – Das Konzert auf französischem Boden,. Sinatra wird von Charles Aznavour eingeführt Frank Sinatra: Live From Las Vegas (1986, 2005 ...
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Günther Fischer · Manfred Prescher

In Concert Die 66 wichtigsten Live-Alben aller Zeiten und ihre Geschichte

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Der Konrad Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG. © 2015 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Lektorat: Michael Sailer, München Satz: Lohse Design, Heppenheim Einbandabbildungen: Married to the Sea, Leipzig, 2010. Fotos © Christian Hahn Einbandgestaltung: Christian Hahn, Frankfurt am Main Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-3146-5

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8062-3225-7 eBook (epub): 978-3-8062-3226-4

Inhalt 1957 1958 1962 1963 1963 1966 1968 1968 1968 1970 1970 1970 1971 1971 1971 1971 1971 1972 1972 1972 1973 1973 1973 1974 1974/1975 1976 1976 1976 1976 1976 1977

Frank Sinatra: ’57 In Concert 8 Ray Charles: At Newport 10 The Rat Pack: The Summit In Concert 12 James Brown: Live At The Apollo 14 Sam Cooke: One Night Stand – Live At The Harlem Square Club 16 Bob Dylan: Live 1966 „The Royal Albert Hall Concert“ (The Bootleg Series Vol. 4) 18 Johnny Cash: At Folsom Prison 20 Ten Years After: Undead 22 Caterina Valente: Live 1968 24 The Everly Brothers: Everly Brothers Show 26 The Who: Live At Leeds 28 Woodstock: Music from the Original Soundtrack and more 30 Elton John: 17-11-70 32 Crosby, Stills, Nash & Young: 4 Way Street 34 Emerson, Lake & Palmer: Pictures At An Exhibition 36 George Harrison & Friends: The Concert For Bangladesh 38 The Allman Brothers Band: At Fillmore East 40 Deep Purple: Made in Japan 42 The Band: Rock Of Ages – The Band In Concert 44 Neil Diamond: Hot August Night 46 Creedence Clearwater Revival: Live In Europe 48 Elvis Presley: Aloha From Hawaii Via Satellite 50 Yes: Yessongs 52 The Doors: Absolutely Live 54 Lou Reed: Rock ’n’ Roll Animal/Lou Reed Live 56 Dr. Feelgood: Stupidity 58 Henry Cow: Concerts 60 Peter Frampton: Frampton Comes Alive! 62 Lynyrd Skynyrd: One More (For) From The Road 64 Wings: Wings Over America 66 Jackson Browne: Running On Empty 68

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1978 1979 1979 1979 1980 1980 1980 1981 1982 1983 1983 1984 1984 1986 1986 1988 1988 1989 1991 1994 1994 1995 1995 1998 1998 1999 1999 2005 2009 2009 2010 2011 2011 2012 2013

Bob Marley: Babylon By Bus 70 Queen: Live Killers 72 Ramones: It’s Alive 74 Neil Young & Crazy Horse: Live Rust 76 Eagles: Eagles Live 78 Supertramp: Paris 80 The Kinks: One For The Road 82 Motörhead: No Sleep ’til Hammersmith 84 Simon & Garfunkel: The Concert In Central Park 86 Peter Gabriel: Plays Live 88 U2: Under A Blood Red Sky 90 Dire Straits: Alchemy. Dire Straits Live 92 Talking Heads: Stop Making Sense 94 Bruce Springsteen & The E Street Band: Live/1975 – 85 96 Sting: Bring On The Night 98 The Smiths: Rank 100 Tina Turner: Tina Live In Europe 102 Depeche Mode: 101 104 Eric Clapton: 24 Nights (Live From Royal Albert Hall) 106 Nirvana: Unplugged Live In New York 108 Van Morrison: A Night In San Francisco 110 Pink Floyd: Pulse 112 The Rolling Stones: Stripped 114 Bee Gees: One Night Only 116 Garth Brooks: Double Live 118 Metallica: S&M 120 The Clash: From Here To Eternity: Live 122 Kraftwerk: Minimum-Maximum 124 Leonard Cohen: Live In London 126 Die Fantastischen Vier: Heimspiel 128 The White Stripes: Under Great White Northern Lights 130 A-ha: Ending On A High Note: The Final Concert (Live At Oslo Spektrum: December 4, 2010) 132 Elvis Costello & The Imposters: The Return Of The Spectacular Spinning Songbook 134 Led Zeppelin: Celebration Day 136 Nick Cave & The Bad Seeds: Live From KCRW 138 Register 140

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Vorwort

Sie halten ein ganz besonderes Buch in Händen. Eines voller Alben, die man einmal im Leben gehört haben sollte. Eines voller Platten, die Sie zu musikalischen Entdeckungsreisen ermuntern. Es ist ein Buch voller Live-Alben – wofür es gute Gründe gibt. LiveAufnahmen stellen oft auch die Essenz eines Musikerlebens dar: Die Künstler präsentieren sich auf dem Höhepunkt ihres Schaffens und beweisen ihre Fähigkeiten auf der Bühne. Existiert eine Band länger, kann durch Live-Alben aus unterschiedlichen Epochen ihre musikalische Entwicklung verfolgt werden. Beispiele dafür sind Led Zeppelin mit „The Song Remains The Same“ von 1976 und „Celebration Day“, das kraftvolle Reunion-Konzert von 2012. Oder die Rolling Stones: Ihre drei Live-Alben „Get Yer Ya Ya's Out“, „Stripped“ und „Shine A Light“ fangen über 40 Jahre Band- und Musikgeschichte ein. Manche der im Buch vorgestellten Aufnahmen sind quasi historische Dokumente. Ein Beispiel dafür ist James Browns „Live At The Apollo“ – es war die Geburtsstunde des Funk. Den Wert der Live-Alben haben auch viele Musiker und Bands selbst erkannt: Nicht gerade selten veröffentlichen sie inzwischen oft jahrzehntelang zurückliegende Live-Aufnahmen. Wir stellen die Alben nicht allein unter musikalischen Gesichtspunkten vor, sondern beziehen immer den historischen Kontext mit ein. Wir tauchen ein in die Entstehungsphase sowie in die Rezeption bei der Veröffentlichung. Und wir erklären, warum diese Alben bis heute relevant sind. Ein Buch, das orientiert, neugierig macht und – mit Tipps zum Weiterhören – eine Basis bietet, auf der Sie aufbauen können. Also: Lesen Sie, staunen Sie und lassen Sie sich überraschen! Wir wünschen viel Spaß dabei! Günther Fischer · Manfred Prescher

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1957

Frank Sinatra: ’57 In Concert (Artanis Records)

Sechs Jahrzehnte umspannte die Karriere des Francis Albert Sinatra aus Hoboken/New Jersey, der am 12. Dezember 2015 100 Jahre alt geworden wäre. Der erfolgreichste Künstler des 20. Jahrhunderts hatte seine musikalisch beste, weil virilste und stimmlich perfekteste Phase nach seinem Comeback in den mittleren und späten 50er-Jahren. Das belegt neben einer enormen Reihe von Studio-LPs auch der Mitschnitt eines Konzerts, das im Juni 1957 in Seattle stattfand. Beinahe hätten Sinatra-Fans auf die Aufnahme dieses besonderen Abends verzichten müssen: Franks Tochter Tina entschloss sich erst im April 1999, ein knappes Jahr nach dem Tod des Sängers, diese Show auf CD herauszubringen. Und die Disc hat es in sich: Sie besteht aus 24 Karat Gold und ist klanglich so brillant, dass der Zuhörer das Gefühl hat, unmittelbarer Teil dieses atemberaubenden Abends zu sein. „I saw

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you’ve been waiting for … the star of our show … Frank Sinatra, Ladies and Gentlemen!“, ruft der Ansager ins Publikum, während sich die von Nelson Riddle geführte Big Band schwungvoll eingroovt. Und dann schlendert Dean Martin auf die Bühne. Dann kommt Frank Sinatra völlig entspannt, singt über die Frau, die ihn frisch hält: „You Make Me Feel So Young“ gibt die Richtung vor – „Ol’ Blue Eye“ zelebriert ein schwungvolles, leichtes Konzert. Riddle trägt ihn durch „It Happened In Monterey“ von Mabel Wayne und Billy Rose, durch die Cole-Porter-Klassiker „At Long Last Love“, „I Get A Kick Out Of You“, „Just One Of Those Things“ und „I’ve Got You Under My Skin“. Sinatra interpretiert auch Stücke von George Gershwin und dem genialen Duo Sammy Kahn und Jimmy van Heusen. Klare Höhepunkte des Konzerts sind die verhalten instrumentierten „Glad To Be Unhappy“ und „My Funny Valentine“, beide von Richard Rodgers und Lorenz Hart geschrieben. In der Mitte spricht Sinatra zum Publikum, cool, überraschenderweise etwas heiser und in bester Rat-Pack-Manier. Es fallen Sätze wie „I’d like to do a couple of a … I’d like to go to a bar“, und angeblich ist auch der Sheriff hinter ihm her. Aber der muss warten, denn erst kommt das sanfte Pianointro des elegischen „When Your Lover Has Gone“ von Enir A. Swan, zu dem Sinatra anfangs noch witzelt, dann aber unglaublich schön singt. Als er sich zum großen Finale aufschwingt und sich mit „Oh! Look At Me Now“ von Joe Bushkin und John DeVries musikalisch auf die Schulter klopft, wissen die, die dabei waren, und die, welche die CD hören, mp dass dieser Abend magisch war. ZUM WEITERHÖREN

Frank Sinatra: Live In Australia With The Red Norvo Quintet (1959; 1997 veröffentlicht) – Ein intimer Mix aus zwei Shows auf dem fünften Kontinent Sinatra & Sextet Live In Paris (1962, 1994 veröffentlicht) – Das Konzert auf französischem Boden, Sinatra wird von Charles Aznavour eingeführt Frank Sinatra: Live From Las Vegas (1986, 2005 veröffentlicht) – Launiges Spätwerk mit „The Girls I Never Kissed“ von Leiber & Stoller

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1958

Ray Charles: At Newport (Atlantic)

Schon in den 50er-Jahren wollte Ray Charles unbedingt Jazzmusiker werden. Er sah sich weniger als R&B-Star, als der er mit Hits wie „Mess Around“ und „Hallelujah I Love Her So“ vom Atlantic-Label aufgebaut wurde. Als er am 5. Juli 1958 auf dem Newport Jazz Festival auf Rhode Island auftritt, signalisiert Charles bereits, in welche Richtung sich seine Karriere spätestens ab 1960 mit dem Wechsel zur Plattenfirma ABC wenden wird: Der im Alter von sieben Jahren erblindete Musiker aus Albany in Georgia verschreibt sich swingendem Jazz in größerer Besetzung – auch wenn er sich mit opulentem Soul und groovenden Versionen von Countryhits immer wieder in den Charts zeigt. Bei Ray Charles wird der Stilmix zum Konzept, das er im Gegensatz etwa zum Bluesmusiker Muddy Waters, der 1960 auf dem berühmten Jazzfestival auftritt, in Newport mutig erweitert: zwei Trompeter, zwei Saxofonisten, Bass und Schlagzeug, dazu Ray Charles, der singt, Klavier und Altsaxofon spielt, die Background-Voices der Raelettes um Rays Geliebte Marjorie Hendricks – das sind die Zutaten für einen Auftritt, der Gospel, Blues, Bebop und Swing perfekt verbindet. Abgemischt von Tom Dowd (Aretha Franklin, Eric Clapton) präsentiert Ray Charles nicht nur seinen Hit „I Got A Woman“ und den Bluesstandard „Night Time Is The Right Time“ in flirrenden, improvisierten Versionen, sondern als Höhepunkt auch den „Blues Waltz“ des Jazzschlagzeugers Max Roach. Ray Charles’ Auftritt zeigt einen virtuosen Instrumentalisten und ernstzunehmenden Bandleader. Der einzige Wermutstropfen des Albums ist – wie bei Konzertveröffentlichungen in den 50er- und 60erJahren üblich –, dass der Auftritt weder in seiner vollen Länge noch in der tatsächlichen Reihenfolge wiedergegeben wird. Die zeitlichen Begrenzungen des LP-Formats führen dazu, dass der umwerfende „Swanee River Rock“ fehlt. Charles’ Interpretation der bereits 1851 von Stephen Foster geschriebenen Hymne des US-Bundesstaats Florida

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ist leider nur auf der CD-Ausgabe von „At Newport“ zu finden. Wer will, kann zwei Versionen des Songs vergleichen: Im Oktober 1958 veröffentlichte ihn Charles in einer sehr Pop-orientierten Variante auf dem Album „Yes Indeed!“, genau einen Monat später erschien „At Newport“, damals freilich noch ohne dieses treibende Big-Band-Meisterwerk. Ray Charles’ Liveplatte steht nicht nur in einer Reihe hervorragender Konzertmitschnitte des Künstlers, sie ist auch ein Höhepunkt unter den vielen Werken, die in Newport entstanden: Duke Ellington, Nina Simone, Miles Davis, Dave Brubeck, Ella Fitzgerald und viele andere setzmp ten auf diesem Festival Ausrufezeichen. ZUM WEITERHÖREN

Ray Charles: Live In Concert (1965, 2011; Reissue des vollständigen Konzerts) – Die Big Band ist auf 16 Mann angewachsen und swingt durch Soul, Jazz, Blues und Country Otis Redding: Live In Europe (1967) – Aufgenommen mit Booker T & The MG’s als Begleitband, verbindet Redding Soul und Rock

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1962

The Rat Pack: The Summit In Concert (Artanis Records)

Der Name „Rat Pack“ geht auf Lauren Bacall zurück. Die Schauspielerin erfand das signifikante Kürzel für die trinkfeste, „the Summit“ genannte Truppe um ihren Gatten Humphrey Bogart. Zu Bogeys Kumpels gehörte auch Frank Sinatra, der diese Bezeichnung 1957, nach dem Tod des Mimen, übernahm – ein neues „Rat Pack“ war geboren. Sinatra verlegte das bis dahin private Geplänkel in gediegene Clubs und zelebrierte umwerfend schwungvolle Abende voller Lausbubenscherze und politischer Unkorrektheiten. Im Mittelpunkt des Ganzen standen neben Frank Sinatra die Crooner Dean Martin und Sammy Davis Jr. – und was die Drei abzogen, lässt am besten der Mittschnitt einer Show erahnen, die 1962 in Chicago stattfand und von Franks Tochter Tina 1999 auf CD veröffentlicht wurde. An dieser Stelle sei vor anderen Tonträgern gewarnt, die mit dem Begriff „Rat Pack“ werben: Diese sind in der Regel Mogelpackungen.

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An diesem Abend macht Dean Martin den Anfang, er lässt die Band das Intro in die Länge ziehen, um dann das Publikum zu fragen: „Wie lange geht das schon so?“ Dino dichtet Songs um, aus „When you’re smiling / The whole world smiles with you“ wird beispielsweise „When you’re drinking / You get stinking“. Das Thema passt natürlich an den Beginn der Show, der Ansager behauptet schließlich, der Entertainer komme „direct from the bar“. Etwas später stoßen Sinatra und Davis Jr. dazu, Sammy imitiert die beiden Kollegen sowie andere Künstler – und die Scherze werden immer ausgelassener. Man hält dem Publikum den Spiegel vor. Schließlich war der farbige, dem jüdischen Glauben angehörige Davis seit seiner Hochzeit mit der schwedischen Schauspielerin Mai Britt Opfer einer Hetzkampagne. Im „Summit“, wie die Treffen der Giganten genannt wurden, machte man Witze über alles, über Religionen, Frauen, „Rassen“ – Sinatra: „Halt den Mund, Sam, und setz dich im Bus nach hinten!“ Davis: „Jüdische Leute sitzen im Bus nicht hinten!“ Sinatra: „Jüdische Leute besitzen den Bus.“ Musikalisch ist das, was geboten wird, allerfeinster Swing und perfekt interpretiert – egal, wie weit man sich vom Originaltext eines Liedes im Laufe des Klamauks entfernt. Kurze Darbietungen bekannter Songs – „You are too beautiful for one man alone / So I brought along my brother“ – führen zu wunderbaren gemeinsamen Liedern wie „The Birth Of The Blues“ und zu dem von Sammy Davis Jr. und Sinatra in perfekter Eintracht vorgetragenen „Me And My Shadow“. Drei Sänger, drei Freunde und drei begnadete Komödianten trafen sich, auch wenn längst nicht mehr alle Jokes zünden, in Chicago zu einem wahrhaft mp denkwürdigen Event. ZUM WEITERHÖREN

Dean Martin: Live In Las Vegas (1967, 2005 veröffentlicht) – Dino singt und swingt entspannt u. a. „It Was A Very Good Year“ Sammy Davis Jr.: In Person ’77 (1977) – Große Kunst: Im Opernhaus von Sidney zeigt Sammy Davis sein ganzes Können – besonders beim „Sinatra Medley“

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1963

James Brown: Live At The Apollo (King)

Welch ein Monument. Als „Live At The Apollo“ im Januar 1963 veröffentlicht wurde, stieß es, was den kommerziellen Erfolg angeht, in neue Dimensionen vor: Es war das erste Album eines afroamerikanischen Künstlers, das sich über eine Million Mal verkaufte, und die erste Liveplatte überhaupt, die in den USA diese magische Grenze durchbrach – obwohl „Apollo“ beim von dem sehr geschäftstüchtigen Syd Nathan geführten Indie-Label „King“ erschien. Interessanterweise stürzten sich die R&B- und Soul-Radiostationen nicht auf einen einzelnen Titel, sondern spielten praktisch das komplette Album. Auch das war bei den auf Hitsingles spezialisierten US-Sendern ein Novum. Der Auftritt, den James Joseph Brown Jr. am 24. Oktober 1962 als Frontmann einer 14-köpfigen Bigband zelebrierte, gehört selbst für das legendäre Apollo-Theater im New Yorker Harlem zum Besten, was dort je zu sehen und hören war. Immerhin spielten hier, an der West 125th Street 254, unter anderem Billie Holiday, Duke Ellington, Louis Armstrong und Marvin Gaye. Aber keiner brachte den Saal so zum Kochen wie der „Godfather of Soul“ – 1968 belegte ein weiterer Mitschnitt eines Auftritts im „Apollo“ das noch einmal deutlich. Kein Wunder, dass Browns Leichnam nach seinem Tod im Dezember 2006 an diesem denkwürdigen Ort aufgebahrt wurde. Mit „Live At The Apollo“ schwimmt sich James Brown endgültig frei. Er, der mit seinen Famous Flames in den 50er-Jahren als R&B- und Doo-Wop-Künstler erfolgreich war, erfindet sich neu, wird zum Teil der aufbegehrenden Bürgerbewegung und tatsächlich zum absoluten Superstar. Maßgeblichen Anteil am Aufstieg haben die energiegeladenen Songs dieser Platte, die zwischen Soul, Blues und Jazz luftig zu schwingen versteht. James Brown ist live so beeindruckend, dass die Power auch von der Stereoanlage aus auf den Zuhörer überspringt. Manche Lieder, etwa „Please, Please, Please“ und „Try Me“, waren vorher schon Hits, werden aber in einen neuen Kontext gesetzt – sie sind nun Teil

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