Hoffnung

Augen. Sie hatte vor, den weltbesten Gehirnchi- ... kennengelernt, als Tom beruflich in Deutschland ... Bei der Bank angekommen hob Lizzy das gesamte.
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Linda Stellari

Volvenia Saga Band 1

Das Menschenmädchen Fantasy

© 2012 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2012 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag, Berlin Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0371-2

AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com e Books sind nicht übe rtragbar! Es ve rstößt ge ge n das Urhebe rrecht, dieses We rk we ite rzuve rkaufe n ode r zu versche nke n! Alle Pe rsone n und Name n inne rhalb dieses Romans sind fre i e rfunde n. Ähnlichke ite n mit le be nde n Persone n sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Widmung:

Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die mich in der Entstehungsphase so liebevoll unterstützt und inspiriert haben, und auch all jenen, die sich gerne frei fühlen in ihren Gedanken, die grenzenlos sind. In Liebe an meine beiden Kinder.

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Die Macht… Und er sah ein gewaltiges Loch am Horizont. Die Macht strömte unaufhaltsam herab und das dunkle Wesen labte sich daran, gierig, voller Erwartung. Nun ließe es sich nicht mehr aufhalten. Der Tag war gekommen. AUSZUG AUS DEM DRITTEN BUCH MELMOR´S

Sie verletzt und sie heilt. Sie hinkt und sie eilt. Dem Alter schenkt sie Beständigkeit, die Jungen dehnen sie manchmal zu weit. Einen einzigen Augenblick sie manchmal nur währt, und dennoch ist sie so sehr begehrt. Das ewige Lächeln sie einigen schenkt, so manches Wesen sie auch schon gekränkt. Man muss sie loslassen, um sie zu behalten. Denn glücklich macht sie nur Seelengestalten. Du selbst bist im Begriff nach ihr zu handeln, 4

die Götter verdanken ihr ewiges Wandeln. ihre Abwesenheit bedeutet den Tod, ihre rettende Hand spürst du in der Not. AUSZUG AUS DER PRÜFUNG IM BERG YILDAR

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Hoffnung Die Sonne blinzelte ein wenig aus der sonst so dichten grauen Wolkendecke, als Sie vom St. George's Hospital nach Hause fuhren. Sie hatten eine kleine Wohnung am südlichen Rand Londons, nicht besonders groß, denn die Mieten in London waren astronomisch hoch. Aber die Wohnung war gut. Sie genügte voll und ganz den Bedürfnissen und Anforderungen der Webbers, denn die Mädchen waren ja beinah erwachsen und gingen ohnehin bald auf die Uni – so jedenfalls war der Plan gewesen. Der Plan der Eltern Tom und Jane, die gerne Pläne schmiedeten. Pläne machten das Leben irgendwie sicherer, hatten sie gedacht. Mit Plänen hat man die Zukunft besser im Griff. Ja, so hatten Sie tatsächlich einmal gedacht. Bis zu jenem Tag, als ihre älteste Tochter Michelle im Unterricht plötzlich bewusstlos zusammengebrochen war. Damals erst war allen bewusst geworden, wie sehr einen Pläne auch im Stich lassen konnten, ja, wie sehr Pläne einen in die Irre führen konnten, 6

wie sehr sie einem vorgaukelten, man habe eine rosige Zukunft vor sich. Wie sehr Pläne einen davon abhielten, das wahre Leben zu leben. Lizzy fühlte sich matt und elend nach dem Besuch bei Dr. Barnes. Ihr Kopf schmerzte pochend und ihre Kehle fühlte sich trocken und rau an. Sie hatte sich so sehr gehen lassen vor allen Anwesenden, vor ihren Eltern und vor allem vor ihrer Schwester. Sie war völlig außer sich gewesen und was hatte es genutzt? Nichts. Nur dass Michelle wieder ihr Lächeln aufgesetzt hatte, um Lizzy zu beruhigen, um ihr die Angst zu nehmen, die bitterkalt wie ein Eisdolch inmitten ihres Herzens steckte. Dr. Barnes hatte dann sofort angewiesen, dass Michelle noch ein paar Tage im Krankenhaus bleibe, denn er wollte sogleich mit der nächsten Stufe der Chemotherapie beginnen – keine Zeit verlieren, so hatte er gesagt. In wenigen Tagen dürften sie Michelle dann wieder abholen, geschwächt, ausgelaugt und leer. Kraftlos und blass, wie sie dann immer war, nach einer Chemobehandlung, und kaum fähig, zwei zusammenhängende Sätze zu sprechen. 7

Und so sollte es enden? Ein inoperabler Tumor zwischen den beiden Gehirnhälften, noch höchstens zehn Monate, mit viel Glück ein Jahr zu leben, und diese kostbare Zeit dann auch noch damit verschwenden, sich zu quälen und zu leiden? Nein, es musste einen anderen Weg geben, dessen war sich Lizzy sicher. Es musste eine Lösung geben. Bestimmt gab es auf diesem Planeten irgendwo noch einen hochkarätigen Gehirnchirurgen, der sich an diesen komplizierten Eingriff heranwagte. Man musste ihn nur finden und davon überzeugen können, es zu tun. Lizzy war ohne Zögern bereit, dafür ihre gesamten Ersparnisse, die ursprünglich einmal für das College gedacht waren, zu opfern. Was sollte sie schon mit einer Zukunft auf der Uni, oder überhaupt mit einer Zukunft, in der es ihre Schwester Michelle nicht gab? So weit durfte es gar nicht erst kommen. Zuhause fühlte Sie sich plötzlich voller Energie, jetzt, da sie wieder eine Aufgabe hatte, ein Ziel vor Augen. Sie hatte vor, den weltbesten Gehirnchi8

rurgen ausfindig zu machen und ihn zu bitten, Michelle zu operieren! Nur, wo sollte sie anfangen zu suchen? Sie konnte ja schlecht eine Zeitungsanzeige schalten „Todkranker Patient sucht lebensrettenden Hirnspezialisten!“ Keiner würde es lesen, niemanden würde es interessieren. Sie musste schon einen anderen Weg gehen, einen konkreteren Weg. Klar! Das Internet, was sonst! Im Zeitalter von Suchmaschinen gab es keine Grenzen mehr, keine Geheimnisse. Jeder Mensch war dort auf die eine oder andere Art gespeichert oder gelistet. Lizzy ging zu ihrem schon ziemlich veralteten und verstaubten Computer, der in der Ecke ihres Zimmers stand. Auf dem Weg dorthin lief sie am Spiegel vorbei und verharrte einen Augenblick, denn sie hatte das Gefühl, ein Gespenst blicke ihr entgegen. Sie erkannte sich kaum wieder. Das Leiden ihrer Schwester hatte auch sie gezeichnet, wie alle in der Familie. Sie betrachtete ihre etwas zerzausten kastanienbraunen, leicht gewellten Haare, die ihr in diesem Augenblick wie ein ungezähmter Haufen Stroh vorkamen. Sie hatte ihren Haaren schon lan9

ge keine große Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Sie wurden gewaschen und gekämmt, wie es sich gehörte, aber geliebt und gepflegt wurden sie nicht, nicht mehr. Ihre tief braunen Augen, weich umrandet von dunklen „Schlaflosigkeits-Schatten“, drückten den fressenden Schmerz aus, der von ihr Besitz ergriffen hatte. Einzig und alleine ihre vollen Lippen gaben ihrem Gesicht jetzt noch etwas Ästethisches, etwas Weibliches. Der Rest bedurfte einer Generalüberholung, die längst überfällig war, nur eben jetzt gerade völlig nebensächlich erschien. Als Lizzy so vor dem Spiegel stand und ihr Gesicht als Ganzes betrachtete, fiel ihr auf, dass Sie ein kleines, wenn auch kaum wahrnehmbares Lächeln auf den Lippen hatte. Da war sie wieder, die Hoffnung. Ein Funken davon war noch übrig, der den Krieg in ihrem Inneren überlebt hatte. Ein Funken Hoffnung, aus dem sie nun mit aller Kraft ein ganzes Feuer entfachen wollte. Und da fiel ihr auch wieder ein, was sie eigentlich machen wollte. Sie ging zum Computer, schaltete ihn ein und begann zu googeln – ja, jetzt war es Zeit zu googeln.

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Bereits nach einer halben Stunde Recherche hatte sie eine Handvoll namhafter Gehirnchirurgen herausgefiltert, die sich in der Vergangenheit bereits an Operationen gewagt hatten, die von anderen Chirurgen als „völlig inoperabel“ eingestuft worden waren. Einer dieser Chirurgen lebte und arbeitete in Israel, zwei andere in Asien und einer in Australien. Alles Länder, beziehungsweise Kontinente, die für Lizzy unerreichbar schienen und deshalb nicht infrage kamen. Der letzte Chirurg auf Lizzys Liste war ein gewisser Dr. Mollenkamp, der in München lebte. Hier war sogar die Adresse der Klinik verzeichnet, in der er zuletzt gearbeitet hatte. Er schien eine Koryphäe seines Fachs zu sein, aber seit kurzem befand er sich wohl im Ruhestand. Na toll. Das ist ja bestens. Da finde ich endlich einen Chirurgen, der einen derartigen Eingriff vornehmen kann, und dann praktiziert er nicht mehr, dachte Lizzy verzweifelt. Das Glück war wirklich nicht auf ihrer Seite. Aber dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Na klar, wieso war sie denn nicht gleich darauf gekommen? München! In München lebte ihr Onkel Johnny. Naja, genau genommen war er gar 11

nicht ihr richtiger Onkel, zumindest nicht ihr leiblicher, aber er war so etwas wie ein Onkel für Lizzy und Michelle, seit sie denken konnten. Er war der beste Freund ihres Vaters Tom. Die beiden hatten sich vor über zwanzig Jahren kennengelernt, als Tom beruflich in Deutschland zu tun hatte. Eines Tages war er in seiner Firma Onkel Johnny begegnet, naja eigentlich hieß er ja „Johann“, aber alle nannten ihn einfach Johnny. Die Chemie zwischen ihnen hatte von Anfang an gestimmt und ab diesem Moment waren sie Freunde, bis heute. Sie sahen sich mindestens einmal im Jahr. Entweder reiste Onkel Johnny im Sommer zu den Webbers nach London, oder aber Tom flog, meist kurz vor Weihnachten, für ein paar Tage nach München. Manchmal nahm er auch eins der Mädchen mit. Sie alle hatten Onkel Johnny unheimlich gerne. Er war ein angenehmer Mann, Ende Vierzig, roch immer ein wenig nach Tabak, da er ab und zu mal ein Pfeifchen rauchte. Er hatte lichtes hellbraunes Haar, war stabil gebaut und hatte ein seliges Lachen, das einen veranlasste, einfach mitzulachen, 12

sobald man es vernahm. Er hatte ein ruhiges besonnenes Wesen und war gerne auch mal für einen Scherz zu haben. Er mochte Kinder sehr gerne. Lizzy hatte sich immer gefragt, weshalb er nie eigene Kinder hatte. Vielleicht hatte er sich auch einfach nie richtig verliebt und so nie die Gelegenheit gehabt, selbst eine Familie zu gründen. Und Lizzy hatte ihn nie darauf angesprochen, sie hatte das Thema als zu privat angesehen. Onkel Johnny war die Lösung, das war nun Lizzys einziger Gedanke! Sie werde einfach nach München zu Onkel Johnny fliegen - er wird sie sicherlich aufnehmen - und dann versuchen, diesen Dr. Mollenkamp ausfindig zu machen. Das muss einfach klappen, dachte sie. Sie werde die Reise natürlich heimlich vorbereiten müssen und dürfte ihren Eltern nichts von ihrem Vorhaben erzählen, denn diese ließen sie ganz sicher nicht mitten im Schuljahr eine möglicherweise mehrwöchige Reise unternehmen. Sie werde ganz sicher mindestens dieses Schuljahr wiederholen müssen. Aber das war ihr in diesem Augenblick völlig gleich. Es war ein in Kauf zu nehmen13

des Opfer für das, was sie möglicherweise erreichen konnte. Und falls es ihr gelang, den Arzt tatsächlich zu finden, könnten ihre Eltern ihr auch nicht mehr böse sein. Das war es auf jeden Fall wert! Dann fiel ihr plötzlich ein Punkt ein, den sie nicht bedacht hatte. Dr. Mollenkamp befand sich laut eines Berichts der Münchner Klinik bereits seit über einem Jahr im Ruhestand. Das bedeutete nicht zwangsläufig, dass er sich auch in München aufhielt. Er konnte genauso gut auf einer Weltreise sein, oder sich in Dubai die Sonne auf den MedizinerBauch scheinen lassen. Wenn Lizzy Pech hatte, dann wäre ihre Reise nach München völlig umsonst und der gute Doktor genoss womöglich seine wohlverdiente Pension am anderen Ende der Welt und segelte fröhlich dem Horizont entgegen. Dennoch war sie entschlossener denn je. Sie musste diese Chance einfach nutzen. Sie konnte nun ohnehin nicht mehr ruhig bleiben, jetzt wo sie herausgefunden hatte, dass es noch einen kleinen winzigen Hoffnungsschimmer gab. Nur ein Funken. Mehr war es nicht. Aber er war es wert, dafür zu kämpfen. 14

Allein unterwegs Gleich am nächsten Morgen, kurz vor Beginn des Unterrichts, ging Lizzy zu ihrer Bank. Sie hatte das Sparbuch die halbe Nacht lang gesucht und es schließlich in ihrem alten Tagebuch versteckt gefunden. Das Geld war eigentlich für die Uni gedacht – aber das war nun alles nicht mehr wichtig. Die Uni musste warten. Es gab Wichtigeres als das. Dem Geld wurde nun ein neuer Zweck zugedacht. Bei der Bank angekommen hob Lizzy das gesamte Geld ab. Das war nur deshalb möglich, weil das Sparbuch auf ihren Namen lief. Da sie erst siebzehn war, schaute der Mann am Bankschalter sie ganz besonders lange und misstrauisch an. Er forderte sogar noch den Personalausweis, willigte dann aber letztendlich ein, als Lizzy ihm erzählte, dass sie sich schon so sehr auf ihr neues Auto freue - ihr erstes eigenes Auto - das sie und ihr Dad heute kaufen wollen. Lizzy verstaute das

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