Handout_Geschlechtsspezifische Arbeit

bei dem die Teilnehmer/innen die Gelegenheit bekommen, über das eben Erlebte zu sprechen, Feedback zu bekommen oder zu geben sowie die daraus ...
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Geschlechtsbezogen methodisch arbeiten Geschlechtsbezogene Arbeit in Gruppen – sei es in pädagogischen Gruppen mit Kindern oder Jugendlichen, sei es in Lern- oder Ausbildungsgruppen – ist in erster Linie eine Haltungsfrage, erst in zweiter Linie eine Frage der Methodenwahl. Die Arbeitshaltung von Gruppenleiter/innen, Trainer/innen, Lehrenden ... lässt sich folgendermaßen kurz beschreiben: Geschlechtsbezogene Pädagogik bezieht bewusst die Frage nach dem Geschlecht der Mädchen und Buben, der Frauen und Männer und den daraus entstehenden Verhältnissen und Interaktionen zwischen den Gruppenmitgliedern in die Arbeit mit ein. Dies zugleich in Form einer fortgesetzten Selbstreflexion der eigenen Rolle als Gruppenleiter/in, Trainer/in, Pädagog/in auf das Gruppengeschehen hin. Geschlechtsbezogene Arbeit ist demnach als Weiterqualifizierung bestehender pädagogischer Konzepte und methodischen Repertoires zu verstehen. Von der Zielsetzung her versteht sich eine geschlechtsbezogene Pädagogik in erster Linie ressourcenorientiert: Mit dem bewussten Blick auf die Situation der Mädchen und Buben, Frauen und Männer sollen Stärken hervorgehoben und individuelles Handlungsrepertoire erweitert werden. Dazu hilft u.a. auch der kritisch-analysierende Blick auf einengende und rollenfixierende Mechanismen wie sie uns in unserem Alltag in Form von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen, Klischees und Geschlechtersterotypien fortgesetzt begegnen und demgemäß gerade auch in koedukativen Gruppen reproduziert werden. Geschlechtsbezogene Pädagogik will hier aktiv entgegenwirken, indem die Mädchen und Buben, Frauen und Männer für Geschlechterverhältnisse sensibilisiert werden und Gelegenheit erhalten, das eigene Denken und Tun neu auszurichten. Das methodische Repertoire einer geschlechtsbezogenen Pädagogik nützt bestehende Formen, misst sich aber inhaltlich wie strukturell an folgenden Fragestellungen: -

Erweiterung des Blicks: Hilft diese Methode dazu, meine Sicht auf das jeweils andere Geschlecht zu erweitern oder zu verändern? (oder: Verstärkt diese Methode Vorurteile und stereotype Festlegungen?)

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Anregung zum Experiment: Gibt mir diese Methode die Möglichkeit, mich bewusst in einer anderen Geschlechterrolle auszuprobieren und kennen zu lernen? (oder: Fördert diese Methode bekanntes Rollenverhalten?)

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Dekonstruktion: Ist die Methode geeignet, Geschlechterstereotype aufzuzeigen und kritisch zu hinterfragen? (oder: Bestätigt diese Methode das Bild von naturgegebener oder wesensgebundener Geschlechterdifferenz?)

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Einüben von Egalität und Kooperation: Bietet die Methode die Gelegenheit, Gleichberechtigung und Kooperation unter wie zwischen den Geschlechtern einzuüben und zu bestärken? (oder: Verstärkt diese Methode bestehende Macht- und Abhängigkeitsstrukturen zwischen den Geschlechtern?)

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Lust, Spaß und Spiel: Schafft die Methode einen Verständigungsraum, in dem die Geschlechterfrage aus ungewohnten, überraschenden und humorvollen Perspektiven bearbeitet werden kann? (oder: Schürt die Methode Ängste, die zu Widerstand und Abwehr führen?)

Karin Mayer, Otto Kromer – Firmstudientag Linz, 2014

Überblick über unterschiedliche Arten von Methoden in der Gruppenarbeit:

Reflexionsarbeit: Methoden regen Interaktionen und Erlebnisse an. Reflexion ist nötig, um diese Erlebnisse, Gedanken, Gefühle ... die durch methodisches Arbeiten entstehen, zu sichern und zu Erfahrungen zu verdichten. Methodisches Arbeiten ist also nicht Selbstzweck, sondern beinhaltet immer auch einen reflektierenden Abschluss, bei dem die Teilnehmer/innen die Gelegenheit bekommen, über das eben Erlebte zu sprechen, Feedback zu bekommen oder zu geben sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse bestehenden Erfahrungen zuordnen zu können. Reflexion kann einzeln, zu zweit oder im Plenum stattfinden, sollte aber immer allen Teilnehmer/innen die Gelegenheit (und Zeit!) geben, sich angemessen mitteilen zu können. Geäußerte Erlebnisse, Erkenntnisse, Erfahrungen ... sind an dieser Stelle nicht mehr diskutierbar, sondern werden von den jeweils anderen Gruppenmitgliedern gehört, ggfs. bestärkt oder weitergeführt.

Karin Mayer, Otto Kromer – Firmstudientag Linz, 2014