Guter Rat ist (oft) teuer

20.10.2010 - Diskutieren über Service: Stephan Bazsler (SynerMed), Unternehmensberater Gustav Waigl,. Matthias Birkner (Geschäftsführer Tenne), Franz ...
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Thema: Service Initiative

Guter Rat ist (oft) teuer Guter Service hat drei Säulen: Es braucht dafür kompetente Mitarbeiter, Know-how und viel Zeit. Faktoren, die allesamt viel Geld kosten. Letztes Update am 20.10.2010, 20:08 • • • •

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Diskutieren über Service: Stephan Bazsler (SynerMed), Unternehmensberater Gustav Waigl, Matthias Birkner (Geschäftsführer Tenne), Franz Floss (Geschäftsführer Verein für Konsumenteninformation) und Hemma Massera (Generaldirektion Generali Versicherung) – von links. Drei Vertreter namhafter Firmen, der Chef des VKI und ein Unternehmensberater diskutieren über Service und warum sich die Österreicher damit schwer tun. KURIER: Was ist für Sie persönlich guter Service? Stephan Baszler: Service ist für mich Zuhören. Bedürfnisse erfragen, sicherstellen dass man diese richtig verstanden hat und sie dann befriedigen. Gustav Waigl: Für mich ist Service ein Gefühl. Ich habe ein schlechtes Gefühl wenn ich schlechten Service erhalte, ein gutes, wenn ich guten Service bekomme. Daher ist Service für mich ganz eng mit menschlicher Qualität verbunden. Matthias Birkner: Als Kunde ist es für mich am wichtigsten, dass meine Erwartungen

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übererfüllt werden. Der Kunde hat heute die Möglichkeit alles zu vergleichen. Der Unterschied liegt nur mehr im Service, dort muss ich einen Mehrwert für den Kunden schaffen. Franz Floss: Die Informationen zu bekommen, die ich brauche, um ein Produkt zu kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Hemma Massera: Service ist für mich wenn jemand bereit ist, sich auf meine Situation einzustellen und mich dort abzuholen, wo ich bin. Floss: Unsere Erfahrung ist aber leider: Wenn Service persönlich ist, ist er teuer. Kann es sich ein Unternehmen leisten, auf guten Service zu verzichten? Birkner: Die Geiz-ist-geil-Mentalität funktioniert hier nicht. Im Personalbereich kann man zwar einsparen, aber es stellt sich die Frage, ob man nicht an der falschen Stelle spart. Wie ist das im Versicherungsgeschäft? Massera: Wir haben mit unseren Kunden langfristige Beziehungen. Daher investieren wir viel in Kundenbetreuung. Das heißt, Kundenservice darf auch viel kosten? Massera: Es muss sogar viel kosten. Das ist unser Kapital. Guter Service ist die Voraussetzung dafür, dass der Kunde bei uns bleibt. Was erwartet der Kunde heute? Hat sich das im Vergleich zu früher geändert? Floss: Wenn Sie in ein Geschäft gehen, dann legen Sie Wert auf persönliche Betreuung. Die bekommt man oft nicht mehr. Wir betrachten auch medizinische Leistung als Serviceleistung. Ärzte sehen das aber oft anders. Baszler: Ich stimme Ihnen vollkommen zu. Aber man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Früher war man der Meinung: Nur ein volles Wartezimmer ist ein gutes Wartezimmer. Das ist komplett falsch. Ist der Konsumenten heute anspruchsvoller als früher? Waigl: In den vergangenen Jahrzehnten ist der Konsument mündiger geworden und hat höhere Ansprüche. Das hat zwei Seiten: Ich kann einerseits Massen nicht ohne Standards abwickeln, andererseits brauche ich individuelle Lösungen. Das ist der schwierige BalanceAkt. Birkner: Wer kein Service bietet wird sterben. Der Kunde hat ein Recht auf Service, weil er uns die Lebensberechtigung gibt. Das Wichtigste ist, dass der Kunde begeistert ist, nicht nur zufrieden. Herr Floss, kann der Kunde Service einfordern? Floss: Kann er, aber ob er den bekommt, ist eine andere Frage. Wir sprechen hier von hochpreisigen Produkten und Leistungen. Service muss aber auch dort sein, wo die Masse ist. Da ist er aber nicht. Wie macht man seine Mitarbeiter serviceorientiert? Waigl: Ich muss schon beim Recruiting damit anfangen. Es geht nicht nur um Fachwissen. Und ich muss konsequent mit den Leuten arbeiten, also Trainings machen und einen Geist schaffen. Birkner: Man muss das als Führungskraft vorleben. Floss: Guter Service braucht drei Dinge und die kosten alle Geld: Erstens braucht es Wissen, zweitens Zeit, um auf den Kunden einzugehen und drittens Softskills. Floss: In der Realität ist es leider so, dass das Service zurückgefahren wurde. Auf

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serviceorientierte Mitarbeiter legt man weniger wert. Warum können sich Firmen das leisten? Floss: Die Leute haben keine Zeit mehr für das persönliche Gespräch, weil ihnen auch das Unternehmen keine Zeit mehr gibt. Baszler: Ich glaube nicht, dass das vor 20 Jahren so viel besser war. Floss: Aber der Servicebedarf der Menschen ist gestiegen. Massera: Ich glaube, man versucht sich auf den Servicebedarf des Kunden einzustellen, auch im Billigsegment. Floss: Das glaube ich auch, aber der Konsument hat weniger Zeit und es ist schwierig, dass er genau an die Infos kommt, die er braucht. Birkner: Ich glaube, dass es in einigen Bereich schlechter geworden ist. Ich sehe in Zukunft eine Zweiteilung der Gesellschaft - die die zahlen, kriegen guten Service. Die anderen nicht. Da will ich nicht hin. Man hat das Gefühl, dass die Österreicher den Servicegedanken weniger in sich tragen als Menschen in anderen Ländern. Wie sehen Sie das? Floss: Ich glaube, das kann man nicht vergleichen. Massera: Die Österreicher werden viel schlechter geredet als sie sind. Wer einmal in Frankreich an der Kassa steht und nicht perfekt französisch spricht, erfährt, was unfreundlich ist. Und es ist in Österreich regional unterschiedlich. Ich habe das Gefühl, dass die Leute außerhalb Wiens freundlicher sind. Birkner: Sie sprechen mir aus der Seele. Ich bin ein Steirer. Man merkt große Unterschiede. Aber ich habe erkannt: auch ich als Kunde kann das Service beeinflussen. So wie ich an den Verkäufer herangehe, so kommt die Antwort auch zurück. Baszler: Ich glaube, das kann man nicht über einen Kamm scheren. Im Tourismus ist Österreich sicher sehr gut. Im medizinischen Bereich ist uns Amerika voraus. Waigl: Unabhängig von der Technologie ist die Einstellung jedes einzelnen Menschen im Unternehmen wichtig. Der Österreicher raunzt vielleicht mehr als andere, ist traditionell und spricht gerne über alte Zeiten. Aber ich glaube, es kommt auf jeden persönlich an. Die Teilnehmer am runden Tisch Fünf Service-Experten aus Praxis und Theorie diskutierten zum Thema Service. Worüber sich alle einig waren: Guter Service braucht gut geschulte Mitarbeiter und ist deshalb kostenintensiv. Mit ein Grund, warum Service immer mehr zum Luxusgut wird. Hemma Massera leitet seit drei Jahren die Abteilung Betriebliche Personenversicherung in der Generaldirektion der Generali Versicherung. Stephan Baszler ist Partner bei der Gesundheitsmanagementfirma SynerMed. Gustav Waigl ist Unternehmensberater, Trainer und berät Firmen als Service-Coach. Matthias Birkner ist Geschäftsführer von Tenne, einem Fliesen-Bad Profi mit Sitz in Vösendorf bei Wien. Franz Floss ist Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation (führt laufend Produkttests durch).