Geschichten aus dem Polizei- und Kriminaldienst von 1988 bis 1996 ...

Zum Jahresende aufbauende Weihnachts- und Neujahrsgrüße .... Kraftfahrer in Verbindung mit Angriffen auf Polizeibeamte im Straßenverkehr, in: Poli-.
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Ernst Hunsicker

Geschichten aus dem Polizei- und Kriminaldienst von 1988 bis 1996

Authentisches in Wort und Bild – Teil 2

disserta Verlag

Hunsicker, Ernst: Geschichten aus dem Polizei- und Kriminaldienst von 1988 bis 1996: Authentisches in Wort und Bild – Teil 2. Hamburg, disserta Verlag, 2015 Buch-ISBN: 978-3-95425-736-2 PDF-eBook-ISBN: 978-3-95425-737-9 Druck/Herstellung: disserta Verlag, Hamburg, 2015 Covermotiv: pixabay.com

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Vorwort zu Teil 2 (Juni 1988 bis 1996) In Teil 11 habe ich die Stationen/Funktionen und Situationen/Erlebnisse aus den Jahren 1962 bis 1988 in vielen authentischen Geschichten festgehalten. Stationen: Hann. Münden (Polizeischule), Hannover (Bereitschaftspolizei), Lingen (Streifendienst), Osnabrück (Landeskriminalpolizeistelle, Ausbildung für den Kriminaldienst), Uelzen (Landespolizeischule; F IILehrgang), Osnabrück (Sachbearbeiter in verschiedenen Fachkommissariaten, Mitglied der 1. Mordkommission, Wachgruppenleiter), Hann. Münden (Landespolizeischule; Oberstufenlehrgang, F III-Lehrgang), Osnabrück („Führungsgehilfe K 1“ beim Leiter der Kriminalpolizei), Lingen (Leiter des 3. Fachkommissariats), Hann. Münden (Fachlehrer im F III-Lehrgang), Hann. Münden/Hannover/Wiesbaden usw. (1. Studienjahr für den höheren Polizeivollzugsdienst der Kriminalpolizei), Münster-Hiltrup (2. Studienjahr für den höheren Polizeivollzugsdienst der Kriminalpolizei), Hann. Münden (Fachlehrer/Lehrsaalleiter in F III-Lehrgängen), Bad Iburg (Stellvertr. Ausbildungsstättenleiter, Fachlehrer). Mein Vorhaben, die Stationen/Funktionen und Situationen/Erlebnisse aus meiner verbleibenden Dienstzeit (Juni 1988 bis Februar 2004) in Teil 2 unterzubringen, konnte ich nicht realisieren. Zum einen, weil ich ab 1988 viel mehr Material gesammelt habe als in der Zeit davor; zum anderen, weil mein Laptop ob der Fülle an Fotos und Bildern mehr und mehr „in die Knie ging“. Somit wird es einen Teil 2 (Juni 1988 bis 1996) und später – so Gott will – auch noch einen Teil 3 (1998 bis 2004)2 geben. Der jetzt vorliegende Teil 2 ist eine „Mixtur“ aus - dokumentierter Autobiographie, - (Fehl-)Entwicklungen in der (Kriminal-)Polizei mit Schwerpunkt Osnabrück, - lokaler sowie regionaler Polizeigeschichte und - ein bisschen Polizeikultur.

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Hunsicker, Ernst, Authentische Polizei- und Kriminalgeschichten – Teil 1, Stationen und Situationen mit Bildern aus einem langen Berufsleben (1962 bis 1988), GRIN Verlag 2008, 136 Seiten. 2 Hunsicker, Ernst, Authentische Polizei- und Kriminalgeschichten – Stationen und Situationen mit Bildern aus einem langen Berufsleben – Teil 3 (1997 bis 2004 und die Zeit danach), GRIN Verlag 2009, 204 Seiten, und Teil 4 – Nachträge von 1962 bis 2009, GRIN Verlag 2009, 53 Seiten.

Teil 2 enthält somit viele Presseberichte und Fotos nach dem Motto „Lasst Bilder sprechen!“ Die Geschichten aus dieser Epoche sind weniger lustig, dafür aber wohl wegen vieler Großereignisse noch interessanter als diejenigen aus Teil 1. Ernst Hunsicker (September 2008 bzw. August 2014)

Auszüge aus dem Vorwort zu Teil 1 (1962 bis Mai 1988) – GRIN Verlag – Ich war, das kann ich rückschauend schreiben, mit Leib und Seele Polizist und Kriminalist. Sicherlich gab es in über vier Jahrzehnten Dienst zum Wohle gesetzestreuer Bürgerinnen und Bürger auch Tiefen und persönliche Rückschläge. Doch die mehr oder weniger positiven oder auch erfreulichen Erlebnisse sind präsenter. Ich schreibe vordergründig über Stationen und Situationen aus meinem Berufsleben, die durch Bilder ergänzt werden. Menschliches und Privates kommen dabei nicht zu kurz. Ich habe mich dazu entschlossen, das – auch autobiographische – Gesamtwerk in Teil 1 (Jahre 1962 bis Mai 1988) und Teil 2 (Juni 1988 bis zur Pensionierung im Jahr 2004) aufzuteilen, da meine Rückkehr in die Kriminalpraxis im Jahr 1988 nach zehnjähriger „Abstinenz“ eine Zäsur ist. In Teil 2, an dem ich bereits arbeite, folgen noch viele interessante Geschichten, in denen auch (sehr) bekannte Persönlichkeiten eine Rolle spielen. Ernst Hunsicker (Juni 2008)

Inhaltsverzeichnis Seite Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Osnabrück von 1988 bis 1993 ………………………………………………........ 11 Einstellungs- und Gesinnungswandel………………………………... 12 Verantwortungsbereich……………………………………………..... 12 Pressesprecher………………………………………………………... 13 Führer der Kommission 4……………………………………………. 15 „Sie werden Luftbeobachter!“……………………………………….. 16 Stellvertretender KPI-Leiter: kein Tagesdienstjob…………………... 17 „Beauftragter für Sonderaufträge“………………………………….... 18 Kontaktpflege………………………………………………………… 23 Jahr 1988: eine neue Ära beginnt…………………………....…….. 29 Ereignisreicher Sommer………………………………….………….. 29 Tod einer Anhalterin…………………………………………………. 29 Raubmord in einer Wohnung………………………………………… 29 Horst Denningmann wechselt als Leiter von der PolizeiausBildungsstätte Bad Iburg zur Schutzpolizeiinspektion (SPI) Osnabrück……………………………………………………………. 30 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1988)…………………………………… 32 Jahr 1989: erste Selbstverwirklichungen…………………………. 33 Studie „Korrelation zwischen Betäubungsmittelkriminalität und Beschaffungskriminalität; Erhebung/Auswertung für den Bereich der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Osnabrück“……… 33 Ein klärendes Gespräch mit der Frauenberatungsstelle…………….. 38 Sprengstoffanschlag (PIRA) in Osnabrück…………………………... 39 Versetzung von Kriminaldirektor (KD) Horst Nestler………………. 41 Vager Verdacht: SEK Bielefeld im Anmarsch – Geiselnahme in Espelkamp (NRW) ………………………………….………….…. 42 Entführung („Verschleppung“) des Millionärs Karl Zünd in der Schweiz – Verhaftung des Haupttäters in Osnabrück……...… 45 Kommunale Kriminalprävention …………………………….……… 47 Gründung der „Ressortübergreifenden Präventionskommission Osnabrück“ (RePrOS)…………………….. 48 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1989)……………………………...…… 50

Seite Jahr 1990: „Lindwurm-Einsatz“ im Mittelpunkt………………… 51 Seminar „Verhaltenstraining zur Streß- und Konfliktbewältigung der Polizei …“…………………………………. 51 Sexualmord an der sechsjährigen Jessica R. ………………………… 52 Der „Lindwurm-Einsatz“……………………………………………. 54 Rückschau auf Einsatz „Lindwurm“………………………………… 54 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1990)…………………………………… 56 Jahr 1991: kaum was Besonderes los……………………………… 57 …aber nach wenigen Jahren bereits Präventionsexperte:……………. 57 Beschuldung von „DDR-Beamten“: abgelehnt……………………… 57 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1991)…………………………………… 58 90er Jahre: Immer wieder Tötungsdelikte!........................................... 60 Tod einer „Katzenoma“ und Geruchsspurenvergleich……………… 60 Jahr 1992: „Bewerbungs- und Klagejahr“……………………….. 61 Tagung der niederländisch-deutschen Koordinierungskommission… ………………………………………. 61 Dr. Mário Soares in Osnabrück……………………………………... 61 Geduld am Ende: Widerspruch und Klage wegen Nicht-Berücksichtigung……………………………………………… 63 Aber: Das Leben geht weiter – und der (angenehme) Dienst auch……………………………………. 66 Schießerei mit tödlichem Ausgang…………………………………… 67 Nächtlicher „SEK-Besuch“………………………………………….. 68 Vorbeugung und Aufklärung gegen Sexualstraftaten………………... 69 Einführung der gleitenden Arbeitszeit ……………………………….. 71 Großeinsatz gegen die „russische Mafia“…………………………… 71 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1992)…………………………………… 73 Jahr 1993: wieder im „Grenzland“………………………………... 75 Einrichtung der „Ermittlungsgruppe (EG) Straße“…………………. 76 „Runder Tisch Eversburg“(RTE): lokale Basisprävention………….. 77 Mitarbeit bei der „AKTION COURAGE“ (Forum „Miteinander leben“)…………………………………………...….... 81 Internationale Zusammenarbeit mit der italienischen (Kriminal-)Polizei………………………………….. 82

Seite Das „Monster von Florenz“: ungeklärte Mordserie………………… 83 Anerkennung als Pressesprecher der Kripo Osnabrück:…………….. 85 Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Lingen 1993/1994……………… 87 Jahr 1993……………………………………………………………. 87 „Ressortübergreifende Präventionskommission Lingen“……………. 90 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1993)…………………………………… 91 Jahr 1994…………………………………………………………….. 95 Beurteilungs(un)gerechtigkeit………………………………………... 95 „Kopieren kann doch wohl nicht Ihre Aufgabe sein!“……………….. 99 Schildbürgerstreich: Zivilfahrzeuge der Kripo erhalten Behördenkennzeichen………………………………... 99 Einmal und nie wieder: hitzefrei……………………………………... 101 Abschied aus Lingen…………………………………………………. 101 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1994)…………………………………… 102 Zentraler Kriminaldienst der Polizeiinspektion (PI) Osnabrück-Stadt (Z) von 1994 bis 1996…………………………… 103 Chaosjahr 1994……………………………………………………… 103 Wo ist der Revolver?............................................................................. 105 Mord unter Vietnamesen……………………………………………... 106 Polizeireform: jetzt Landeskriminalamt Niedersachsen……………... 107 Wieder einmal ein Verbrechen mit Bezug zu Osnabrück: …………… 107 Zweimal Einsatz nach dem „Anschlag Mykonos“ (Berlin)………….. 107 Zum Jahresende aufbauende Weihnachts- und Neujahrsgrüße (nicht nur von den Medien); Beispiele:……………………………… 109 Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 1994: katastrophal……………. 110 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1994)…………………………………… 110 Jahr 1995: das Ereignisjahr überhaupt…………………………… 111 Der Schockanrufer und Vergewaltiger……………………....………. 111 Zwei Fernsehauftritte in „Schreinemakers live“…………………….. 112 Vorausschau: Fernsehauftritt in „Fahndungsakte 7/97“ …...………. 115 Total abgezockt und dreist: die „Dynamit-Einbrecher“…………...... 116 Die (halb-)offenen Osnabrücker Drogenszenen („Osnabrücker Modell“)…………………………………………….. 118

Seite Die „3. Celler Geiselnahme“: unblutiges Ende in Osnabrück – und: „Spitzbuben brauchen keine Quittung“…………..……………. 123 Bewerbung als LKA-Chef in Mecklenburg-Vorpommern……………. 128 Wieder eine Bewerbungsabfuhr……………………………………… 130 Unheimliche Wohnungseinbrecher…………………………………... 133 Punkertreffen in Osnabrück: „Chaostage“? ………………………… 134 Treffen der „Kripo-Pensionäre“…………………………………….. 136 Arbeitsgruppe „Kriminalprävention“………………………….......... 136 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1995)…………………………………… 139 Jahr 1996……………………………………………………………. 144 Kurdisches Newroz-Fest: Verbot auf Weisung des Innenministeriums………………………………………………...…. 144 Gründung des „Präventionsvereins Osnabrück e.V.“. (PrävOS)…… 146 Schon wieder IRA/PIRA-Anschlag in Osnabrück (28.06.1996)……... 149 Eine originelle „Danksagung“ der BAO/Soko „Quebec“……………. 154 Prominenter Besuch: Jörg van Essen, Stellvertr. Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion………………………. 159 INSIDER-Serie „Kriminaldirektor Ernst Hunsicker antwortet:“……. 160 Was „Sittenstrolche“ sich so alles einfallen lassen!............................. 162 Beurteilungsstress in eigener Sache…………………………………. 164 Die Osnabrücker Polizei wird vom Ausländerbeirat gelobt: ….…….. 165 Werbung für den „Präventionsverein Osnabrück e.V. …“…………... 166 Jetzt Einsatz nach konkreten Hinweisen auf PKK-Aktivitäten: …….. 167 Vorträge/Referate, Teilnahme an Veranstaltungen und eigene Veröffentlichungen (1996)…………………………………… 170 Personenregister (Polizei)………………………………………….. 173 Personenregister (außerhalb Polizei)……………………………… 174 Ortsregister…………………………………………………………. 176 Anhang Autobiografien sowie Fach- und Sachbücher von/mit Ernst Hunsicker ………………………………….….…… 177

Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Osnabrück von 1988 bis 1993

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 2. Juni 1988

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Einstellungs- und Gesinnungswandel Bis zu meinem Wechsel zur Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Osnabrück habe ich mich bei der Ausübung meiner Tätigkeiten mehr als „Werkzeug“ gesehen, will sagen, ich war weitgehend fremdbestimmt und habe mich primär an Vorgaben und Aufträgen orientiert. Das hing aber auch von der Art meiner Funktionen ab, die nicht so ganz viele persönliche Gestaltungsmöglichkeiten zuließen. Mit meiner Versetzung zur KPI Osnabrück hatte ich die Vorstellung, das „Werkzeug“ selbst in die Hand zu nehmen und in dem mir zustehenden Rahmen gestaltend zu wirken. Selbstverständlich nicht als Einzelkämpfer, sondern mit Wissen meines Inspektionsleiters und mit Unterstützung meiner Kollegen/innen sowie in Zusammenarbeit mit der Schutzpolizei und mit Externen. Mein Bestreben war es auch, meine sicherlich als Fachlehrer erworbenen theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Kriminalisten tun sich gerade mit dem Gefahrenabwehrrecht schwer, das sich ja während meiner Lehrerzeit nach und nach zu meinem Spezialgebiet entwickelt hatte. Es war also mein Vorhaben, was in Bewegung zu setzen. Verantwortungsbereich Vom 1. August 1988 bis zum 31.10.1993 war ich stellvertretender Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück mit einer örtlichen Zuständigkeit für die Stadt Osnabrück und den Landkreis Osnabrück. Neben der originär zuständigen Kriminalpolizeiinspektion existierten noch drei nachgeordnete Kriminalkommissariate im Landkreis Osnabrück (Bramsche, Dissen und Melle), die aber als solche eigenständige Dienststellen waren. Neben dem Inspektionsleiter war ich nicht nur für die Kriminalitätskontrolle (Verhütung und Verfolgung von Straftaten), sondern auch für rund 160 Beamte/innen, 40 Angestellte und 10 Lohnempfänger (Zivilkraftfahrer) mitverantwortlich. Um den Kontakt zur Basis zu halten, habe ich es nicht nur als meine Pflicht angesehen, Kolleginnen und Kollegen an ihrem Arbeitsplatz zum Geburtstag persönlich zu gratulieren. Das hing auch damit zusammen, dass ich viele Kolleginnen und Kollegen seit Jahren oder auch bereits seit Jahrzehnten aufgrund meiner früheren Tätigkeiten in Osnabrück kannte. Für mich war es deshalb auch selbstverständlich, mich mit diesen „Altgedienten“ weiterhin zu duzen, was auch nie Probleme verursacht hat. Es soll 12

ja Beamte bei der Polizei gegeben haben, die nach dem Aufstieg in eine höhere Laufbahn frühere „Duz-Kollegen/innen“ von heute auf morgen gesiezt haben und auch verlangten, mit „Sie“ angesprochen zu werden. Pressesprecher Als stellvertretendem Inspektionsleiter oblag mir auch die Pressearbeit für die Kriminalpolizei im Zuständigkeitsbereich der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück. Im Laufe der Jahre haben sich aus dieser Tätigkeit viele Kontakte zu allen möglichen Medien und Medienvertretern ergeben, immer wieder verbunden mit Statements und Erklärungen – auch in Pressekonferenzen – und mit vielen Auftritten hinter Mikrophonen und vor Kameras. Eine höchst interessante und wichtige Tätigkeit, um die (kriminal)polizeiliche Arbeit „zu verkaufen“. Trotz der sich zunehmend entwickelnden Medienvielfalt und der daraus resultierenden Konkurrenz, ausgelöst durch die privaten Funk- und TV-Sender, hatte ich immer ein ungetrübtes Verhältnis zu den Medienvertretern/innen allgemein. Ein paar schriftlich niedergelegte Beispiele für die gute Zusammenarbeit mit den Medien:

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Auf Einzelheiten dieser Medienarbeit ist nachfolgend immer wieder einzugehen. 14

Führer der Kommission 4 Mit der Aufnahme dieser neuen Tätigkeit bei der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück wurde ich auch Führer der Kommission 4 („Landeseinsatzorganisation Leine“, kurz: „LEO Leine“). Diese Kommission bestand aus einer Führungsgruppe, einer Fahndungskommission und einer Ermittlungskommission, die bei Großeinsätzen (Demonstrationen wie zum Beispiel aus Anlass der Castortransporte nach Gorleben, „Aktion Lindwurm“) gefordert war. Somit hatte ich eine zusätzliche Verantwortung für etwa 120 Polizeibeschäftigte (Beamte Kriminal- und Schutzpolizei, Verwaltungsbeamte, Tarifpersonal), die aus dem gesamten Regierungsbezirk Weser-Ems kamen. Neben den Einsätzen wurden pro Jahr drei bis vier Ausbildungsveranstaltungen erwartet. Hinzu kamen turnusgemäße Besprechungen beim „Polizeiplanungs- und Führungsstab Niedersachsen“ (PPFN) in Hannover, an der alle Abteilungsführer der Schutzpolizei und alle Kommissionsführer der Kriminalpolizei teilzunehmen hatten. Nach etwa 4½ Jahren als Kommissionsführer habe ich die Kripo-Chefin bei der Bezirksregierung Weser-Ems in Schriftform darum gebeten, mich von dieser Funktion zu entbinden. In der ihr eigenen freundlichen Art hat sie mir am 18.01.1993 schriftlich mitgeteilt, dass sie meinem Wunsch gegenwärtig noch nicht wegen der bevorstehenden Polizeireform und der damit einhergehenden personellen Veränderungen entsprechen könne. Bis zum 31.10.1993 war ich Führer der Kommission 4 im Nebenamt. Innerhalb der „LEO Leine“ gab es Sonderaufträge: - So war ich Leiter einer Arbeitsgruppe, die eine Kurzanzeige (durchnummerierte Trennblatt-Vordrucke mit Aufklebern), die insbesondere bei Großeinsätzen Verwendung findet, konzipiert hat. Diese Kurzanzeige hat sich bis heute – in modifizierter Form – gehalten. - Weiter gehörte ich einer Arbeitsgruppe „Flucht“ an, die ein Merkblatt „Anhalten flüchtiger Kraftfahrzeugführer“ (später als PolN 3013 polizeiintern veröffentlicht) entworfen hat.4

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Vordruck Nr. 301 der Polizei des Landes Niedersachsen. Veröffentlichung dazu: Hunsicker, Ernst, Schußwaffengebrauch gegen flüchtende Kraftfahrer in Verbindung mit Angriffen auf Polizeibeamte im Straßenverkehr, in: Polizei Verkehr + Technik 1/93, S. 1 ff. und 2/93, S. 38 ff. 15 4

Merkblatt „Flucht“ (Auszug) „Sie werden Luftbeobachter!“ Am Rande einer Dienstbesprechung teilte mir die Leiterin der Kriminalpolizei im Regierungsbezirk Weser-Ems (Sitz Oldenburg) mit, dass es für meine Funktion als Führer der Kommission 4 („LEO Leine“) von Vorteil wäre, wenn ich als Luftbeobachter ausgebildet würde. Ich äußerte erhebliche Bedenken ob meiner Flugtauglichkeit in Hubschraubern. Aus meiner Kindheit war mir noch im Gedächtnis, dass ich während der Fahrt wegen großer Übelkeit aus einem Kinderkarussell gesprungen war und mir dabei tüchtig die Knie aufgeschlagen hatte. Danach wagte ich mich nie wieder in ein Karussell. Und nun sollte ich in Hubschraubern als Luftbeobachter mitfliegen? Wirklich zufällig besuchten wir, d.h., die Kripo-Chefin mit Stab und Inspektionsleitern, am gleichen Tage die Hubschrauberstaffel in Rastede bei Oldenburg. Ich machte meine Einwillig von einem Probeflug abhängig. Zusammen mit der Besatzung kam ich in den „Genuss“ eines Rundfluges, der uns auch über das Zwischenahner Meer führte. Da ich diesen Flug ohne Brechreiz überstanden hatte, gab ich mein Einverständnis, und ich war nach Teilnahme an einem Kurzlehrgang ausgebildeter Luftbeobachter. In der Folgezeit bin ich häufig in Hubschraubern mitgeflogen, weil auch immer wieder Trainingseinheiten auf dem Programm standen. Auf diese Weise habe ich beispielsweise alle Ostfriesischen Inseln von oben gesehen. 16

Wegen des bevorstehenden „Lindwurm-Einsatzes“, auf den ich noch zurückkomme, bin ich auch alle in Frage kommenden Eisenbahnstrecken innerhalb des Landes Niedersachsen abgeflogen. Als es um das Abfliegen der Emslandstrecke ging, lies sich die Besatzung dazu hinreißen, die Ems ein Stück im „Kippflug“ zu steuern, d.h., die Maschine kippte dem kurvenreichen Flussverlauf folgend laufend nach links und rechts ab. Als wir uns über den Kühltürmen des KKW Lingen befanden und von oben in die Türme blickten, verfärbte sich das Gesicht einer neben mir sitzenden Kriminaloberrätin und es bildeten sich kleine Schweißperlen auf ihrer Stirn. Ich fühlte mich bei dieser „Kipperei“ auch nicht gerade wohl. Stellvertretender KPI-Leiter: kein Tagesdienstjob Schon kurz nach meinem Dienstantritt bei der KPI Osnabrück wurde mir klar, dass es sich um keinen Tagesdienstjob handelt. Über besondere Vorkommnisse und Ereignisse wurde ich außerhalb der Dienstzeit – also während der Nacht, an Wochenenden, an Feiertagen, manchmal auch im Urlaub – immer wieder telefonisch informiert; häufig verbunden mit (Eil)Fahrten mit meinem privaten Pkw zur Dienststelle oder direkt an Tat- oder Ereignisorte. Mir ging es bei dieser Basisarbeit nicht darum, mich großartig in die Ermittlungen des Kriminaldauerdienstes (KDD) oder der Fachkommissariate (FK) einzumischen, sondern ich sah meine Aufgabe vorrangig darin, den Ermittlern weitgehend „den Rücken freizuhalten“ und ihnen so Lästiges abzunehmen, d.h., die Verantwortung für Einsätze zu übernehmen (insbesondere in Verbindung mit der Anforderung und dem Einsatz von Spezialkräften wie SEK und MEK), mich um Personal und Material zu kümmern, die mündlichen und schriftlichen Berichtspflichten wahrzunehmen (z.B. Fernschreib-Meldung über „Wichtige Ereignisse“, Verlaufsberichte) und – als Pressesprecher – die Medien zu informieren.

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