Gefährliche Verwandtschaft

das Ende der Ruriken-Dynastie . ... 8 Tatort: Hannover – Die Affäre Königsmarck . ... 13 Das Ende des Märchenkönigs – Wie Bayernkönig Ludwig II.
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Gefährliche Verwandtschaft

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Karin Feuerstein-Praßer

Gefährliche Verwandtschaft Streit und Intrigen am Hof

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Umschlaggestaltung: Stefan Schmid, Stuttgart unter Verwendung eines Ausschnitts aus folgender Abbildung: „Diner bei der Hochzeit Josephs II. mit Isabella von Parma“ (10. Oktober 1760), Gemälde von Martin van Meytens, 1763 (© akg) © 2012 Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart Alle Rechte vorbehalten Lektorat: Christina Knüllig, Hamburg Satz und Gestaltung: Satz & mehr, R. Günl, Besigheim Druck und Bindung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8062-2506-8 Besuchen Sie uns im Internet www.theiss.de

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Inhaltsverzeichnis Vorwort – „Das kommt in den besten Familien vor“ . . . . . . . . . . . . . .

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1 Hochzeiten und viele Todesfälle – Die Feindschaft der Merowingerköniginnen Brunhilde und Fredegunde . . . . . . . . . . . . . .

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2 Zwei Kronen für Eleonore von Aquitanien – Eine Scheidung verändert die Landkarte Europas . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 Zwischen Bibel und Schafott – Englands König Heinrich VIII. spaltet sich von Rom ab und begründet die Anglikanische Kirche. . .

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4 Blutroter Kreml – Ein tödlicher Familienstreit besiegelt das Ende der Ruriken-Dynastie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5 Die Tudors und die Stuarts – Wie die Hinrichtung Maria Stuarts den Weg für eine Vereinigung Englands und Schottlands vorbereitet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6 Die Pariser Bluthochzeit – Das Massaker an den französischen Hugenotten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7 Arsen im Spitzentüchlein – Ein Mordkomplott am Hof des Sonnenkönigs droht das Ansehen Ludwigs XIV. zu beschädigen . . . .

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8 Tatort: Hannover – Die Affäre Königsmarck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I N H A LT S V E R Z E I C H N I S

9 Versöhnlicher Ausklang – Eine preußische Prinzessin wird in Franken heimisch und macht Bayreuth zu dem, was es ist . . . . . . . .

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10 „Königin der Herzen anno 1795“ – Wie die Ehe Georgs IV. mit Caroline von Braunschweig beinahe die Revolution in England auslöst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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11 Kein Kind für den Kurfürsten – Wie Maria Leopoldine die Pläne ihres kaiserlichen Onkels durchkreuzt, Bayern auf „legalem Wege“ zu bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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12 Kaspar Hauser – Erbprinz oder dreister Betrüger? . . . . . . . . . . . . . .

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13 Das Ende des Märchenkönigs – Wie Bayernkönig Ludwig II. in den Selbstmord getrieben und dadurch unsterblich wurde . . . . .

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14 Rasputin & Co. – Geisterheiler am russischen Zarenhof . . . . . . . . . .

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15 „Herrliche Zeiten“ – Wilhelm II., die Sexskandale und das Ende des deutschen Kaiserreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort – „Das kommt in den besten Familien vor“ Dass Streit in den besten Familien vorkommt, ist eine Binsenweisheit. Da kann es passieren, dass die Beteiligten Jahre nicht mehr miteinander sprechen oder sich gegenseitig enterben, doch größere Dimensionen nehmen die Dinge im Normalfall selten an. Anders sieht es aus, wenn es sich bei den „besten Familien“ um Mitglieder eines Fürstenhauses handelt. In diesem Fall können Streit und Intrigen mitunter große politische Folgen haben. Bündnisse werden aufgekündigt und Kriege vom Zaun gebrochen. Nicht immer, aber auffallend oft heißt es in solchen Fällen cherchez la femme, was im Deutschen so viel heißt wie: Da steckt immer eine Frau dahinter. Das bedeutet keinesfalls, dass die Damen von Natur aus hinterhältiger wären als die Herren der Schöpfung. Da den meisten aber jahrhundertelang die direkte Beteiligung an politischen Entscheidungen versagt war, griffen sie schon gerne einmal zu Tricks und Intrigen. Das fing bereits im frühen Mittelalter an, zu einer Zeit also, in der man dem weiblichen Geschlecht noch nicht mal das eigenständige Denken zutraute. Körperlich und geistig dem Mann unterlegen, galten Frauen in den Augen der Kirchenväter bestenfalls als „notwendiges Übel“. Denn schließlich waren sie nötig, damit die Menschheit nicht ausstarb. Die Wirklichkeit indes sah anders aus: Schon damals wussten die Frauen genau, was sie wollten, und ersannen alle möglichen Mittel, ans Ziel ihrer Wünsche zu kommen. Selbst vor Mord und Todschlag schreckten die Damen

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VORWORT

nicht zurück. Ein schlagendes Beispiel weiblichen Durchsetzungsvermögens ist der Streit der Merowingerköniginnen Brunhilde und Fredegunde, der letztlich sogar die ganze Dynastie in den Abgrund riss. Aber nicht immer hatte ein Familienkrach derart nachteilige Folgen. Es kann wie bei Eleonore, der Erbin von Aquitanien, auch anders kommen. Als diese beschlossen hatte, sich von ihrem Mann Ludwig VII. von Frankreich zu trennen, um den späteren englischen König Heinrich II. aus dem Hause Anjou-Plantagenet zu heiraten, sollte sich die komplette europäische Machtkonstellation zugunsten Englands verschieben. Das reiche südfranzösische Aquitanien gehörte jetzt plötzlich zum Inselreich. Glück im Unglück hatte auch die preußische Prinzessin Wilhelmine, bekannt als Lieblingsschwester Friedrichs des Großen. Um einen langwierigen Familienkrieg am Hohenzollernhof zu beenden, heiratete sie auf Wunsch ihres Vaters Friedrich Wilhelm I. den eher bedeutungslosen Erbprinzen von Bayreuth. Zunächst fiel es ihr schwer, sich in der fränkischen Provinz einzuleben. Als sie jedoch wenige Jahre später an der Seite ihres Gemahls zur Markgräfin aufstieg, bot sich der kunstsinnigen Wilhelmine ein reiches Betätigungsfeld. Noch heute sind die Bayreuther stolz auf die prachtvollen Bauten, die ihre Landesherrin einst errichten ließ, vor allem auf das berühmte Opernhaus, das zu den schönsten Hoftheatern Deutschlands gehört. Weil die Erbfolge und der Zugang zur Macht in den „besten Familien“ die größte Quelle der Zwietracht bildeten, wurden gelegentlich krasse Methoden ersonnen, Nebenbuhler aus dem Feld zu räumen. Bis heute geheimnisvoll ist die Identität des jungen Mannes, der 1826 in Nürnberg auftauchte und sagte, er hieße Kaspar Hauser. War er womöglich der Erbprinz von Baden, den die ehrgeizige Witwe des Großherzogs kurz nach der Geburt beiseitegeschafft hatte, um ihren eigenen Söhnen den Weg zum Thron zu ebnen? Kränkung, Neid und politischer Ehrgeiz konnten als Motivation sehr viel bewirken. War das auch hier der Fall? Doch auch die Herren bei Hofe scheuten keineswegs vor üblen Tricks zurück. Ein Opfer solcher Machenschaften wurde Bayernkönig Ludwig II., den Minister und Verwandtschaft kurzerhand zum bauwütigen Geisteskranken erklärten, in geradezu krimineller Weise entmündigen und absetzen ließen. Dass er durch seinen tragischen Tod im Starnberger See gleichsam „unsterblich“ wurde, konnten damals weder die Wittelsbacher noch die bayerischen Untertanen ahnen.

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VORWORT

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Mit einem „blauen Auge“ kam Deutschlands letzter Kaiser Wilhelm II. davon, als durch eine Intrige bekannt wurde, dass sich sein Beraterstab weitgehend aus Homosexuellen zusammensetzte. Um nicht selbst in den Verdacht zu geraten, homophile Neigungen zu haben, ließ Wilhelm damals sogar seinen besten Freund Philipp von Eulenburg auf unschöne Weise fallen. Der Skandal geriet allmählich in Vergessenheit, doch das Imageproblem blieb. Wilhelms Thron begann schon Jahre vor dem Untergang der Hohenzollernmonarchie bedenklich zu wackeln. Wer die Intrige gegen den Kaiser angezettelt hat? Möglicherweise seine eigene Schwester. So etwas soll vorkommen …

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1 Hochzeiten und viele Todesfälle – Die Feindschaft der Merowingerköniginnen Brunhilde und Fredegunde Im Mittelalter galten Frauen sowohl körperlich als auch geistig als das „schwache Geschlecht“. Die Merowingerköniginnen Brunhilde und Fredegunde allerdings beweisen, dass die Theorie das eine, die Praxis das andere ist. Sie legen ein erstaunliches Durchsetzungsvermögen an den Tag. Über Jahrzehnte waren sie einflussreiche Akteure in einem endlosen Familiendrama, das schließlich im blutigen Showdown um die Macht im Frankenreich eskalierte und den Niedergang der Dynastie der Merowinger herbeiführen sollte.

Merowingerkönig Chlodwig, der Gründer des Frankenreichs Um 500 n. Chr. hatte der germanische Stamm der Franken unter seinem ebenso machthungrigen wie skrupellosen König Chlodwig (um 466–511) ein Reich geschaffen, das unter Karl dem Großen (768–814) schließlich gleichbedeutend mit Europa wurde. Ist jedoch heutzutage von Europa die Rede, dann ist schnell von den gemeinsamen geistigen und kulturellen Werten die Rede, die wenn nicht in der Spätantike, dann spätestens im frühen Mittelalter geprägt wurden. Doch der „Weg nach Europa“ war weniger von edlen Gedanken und christlichen Werken gepflastert als von einem

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erbarmungslosen Kampf „aller gegen alle“. Mord und Totschlag waren bei den Merowingern ebenso an der Tagesordnung wie Hass und Intrigen – woran die königlichen Gemahlinnen nicht selten einen erheblichen Anteil hatten. In der Nibelungensage wurde diese finstere Epoche literarisch verarbeitet; sie geht mit einem dramatischen Showdown, dem blutigen Untergang des Burgunderreichs zu Ende. In die Sage von Siegfried, seinen Gefährten und Feinden fließen mehrere historische Ereignisse ein, darunter der Tod des Hunnenkönigs Attila (453) sowie der Mord an dem fränkischen König Sigibert, der 575 wohl auf Betreiben seiner Schwägerin Fredegunde ermordet wurde. Hier nun nimmt die Geschichte der verfeindeten Königinnen Krimhild und Brunhild ihren historischen Ausgang. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches, das sich einst von Spanien bis nach Kleinasien, von Nordafrika bis nach Britannien erstreckt hatte, war die alte Ordnung zusammengebrochen. Die Wirren der Völkerwanderungszeit setzten ein. Überall waren Menschen in Bewegung, und in Westeuropa wurden die spätrömischen Werte von den Nachfahren germanischer Stämme neu aufgenommen und interpretiert. Das bestehende Machtvakuum konnte Frankenkönig Chlodwig aus dem Geschlecht der Merowinger schließlich zu seinem Vorteil nutzen. Die geografischen Wurzeln seiner Dynastie liegen im heutigen Belgien, in der Gegend um Tournai. Nachdem es Chlodwig erst einmal gelungen war, andere Kleinkönige auszuschalten, und bei dieser Gelegenheit die halbe Verwandtschaft ermordete, konnte er im Kerngebiet des früheren Gallien das Frankenreich gründen und es anschließend immer weiter ausdehnen. Die Merowinger führten ihren Ursprung auf göttliche Abstammung zurück, von der sie ein besonderes Geblütsrecht ableiteten, ein Charisma, das sie mit einer ganz speziellen Fähigkeit zum Herrschen – und vor allem zum Kriegführen – ausstattete. Hoheitszeichen der Merowingerkönige war ihr langes gelocktes Haar, nach germanischer Auffassung ein Beweis von Würde und Lebenskraft. Das blieb es auch, nachdem sich Chlodwig um 496 entschlossen hatte, seinem heidnischen Glauben abzuschwören und sich in Reims taufen ließ. Das bedeutete freilich nicht, dass er damit auch die christlichen Tugenden der Vergebung und Nächstenliebe übernahm, im Gegenteil – auch nach seiner Taufe regierte das Schwert. Der Übertritt zum Christentum war nichts weiter als politisches Kalkül. In seinem Herr-

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DRUM PRÜFE, WER SICH EWIG BINDET

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schaftsgebiet, dem früheren Gallien, hatte die Christianisierung bereits im 2. Jahrhundert eingesetzt, und der neue Glaube war damals in allen Schichten der gallo-römischen Bevölkerung verbreitet. Und weil deshalb in Chlodwigs Reich mehr christliche Untertanen lebten als heidnische Franken, die Wotan & Co verehrten, war dieser Schritt nur opportun. Schließlich sollte die Kluft zwischen Herrscher und Beherrschten möglichst gering sein. Wie es scheint, hat der christliche Gott dem Frankenkönig tatsächlich Glück gebracht, denn zuletzt beherrschte Chlodwig ein Reich, das sich vom Rhein bis zum Atlantik erstreckte, vom Ärmelkanal bis zur Garonne. 511 verstarb Chlodwig im Alter von etwa 45 Jahren. Seine Söhne erbten nach fränkischer Sitte das Reich, um es unter sich aufzuteilen. Dass diese Teilung nicht ohne Probleme ablief, versteht sich von selbst – zumal beide eine gewisse Machtgier von ihrem Vater geerbt hatten.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet … Es kam, wie es kommen musste: Chlodwigs Nachfahren waren nicht in der Lage, die Herrschaft gemeinsam auszuüben. Erbitterte Streitigkeiten führten schließlich zu einer Dreiteilung des Frankenreichs, das sich 50 Jahre nach Chlodwigs Tod noch erheblich vergrößert hatte. Diese Teilung wurde für die Zukunft maßgeblich: im Osten Austrien (Ostreich) mit der Champagne, dem Maas- und Moselland und der Hauptstadt Reims, im Westen Neustrien (Westreich) zwischen Schelde und Loire mit der Hauptstadt Soissons und schließlich Burgund mit dem Zentrum Orléans. Im Jahr 561 wurde Chlodwigs Enkel Sigibert I. König von Austrien, sein Bruder Chilperich I. herrschte über Neustrien, während Gunthramm Burgund erhielt. Auch wenn sich die Merowinger schon längst zum Christentum bekannten, hatten die meisten von ihnen für eheliche Treue nicht allzu viel übrig. Sie führten ein ausschweifendes Liebesleben. Nur König Sigibert stand wie ein Fels in der Brandung inmitten des sinnlichen Treibens und der zahllosen Leidenschaften. Und doch war ausgerechnet er es, der mit seiner standesgemäßen Hochzeit 566 einen jahrelangen Bruderkrieg auslöste, der den Niedergang des Merowingergeschlechts einleiten sollte.

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Sigibert hatte sich nämlich für eine junge Spanierin aus dem Reich der Westgoten entschieden, die dreiundzwanzigjährige Tochter des Königs Athanagild, der in Toledo residierte. Prinzessin Brunhilde war nach dem Urteil des Chronisten Gregor von Tours „eine Jungfrau von feiner Bildung, schön von Angesicht, züchtig und wohlgefällig in ihrem Benehmen, klugen Geistes und anmutig im Gespräch“. Um diese wunderbare Frau für sich zu gewinnen, schickte Sigibert eine Gesandtschaft nach Spanien, die bei Athanagild in seinem Namen um die Hand der Tochter anhalten sollte. Der königliche Vater war hocherfreut über den fränkischen Heiratsantrag und schickte Brunhilde gleich „mit reichen Geschenken“ ins austrische Reims zu ihrem künftigen Gatten. Dort heirateten die beiden „unter unendlichem Jubel und großen Lustbarkeiten“, so Gregor von Tours in seiner Chronik. Das Glück schien perfekt und hätte womöglich bis an ihr seliges Ende gedauert, wäre da nicht ein neidischer Bruder gewesen. Chilperich, König von Neustrien, saß daheim in Soissons und platzte fast vor Neid. Sein Verhältnis zu Sigibert war ohnehin nicht das beste, und jetzt hatte der ältere Bruder auch noch eine Frau geheiratet, von der er selbst nur zu träumen wagte! Nun war zwar auch Chilperich keineswegs ledig geblieben, aber mit einer blaublütigen Prinzessin konnte er sich leider nicht schmücken. Seiner ersten Gemahlin Audovera war er rasch überdrüssig geworden und hatte deshalb dafür gesorgt, dass sie den Rest ihres Lebens hinter Klostermauern verbrachte. Die christlichen Frauenklöster waren mittlerweile zu beliebten „Entsorgungsstationen“ für missliebige Ehefrauen geworden. Sehr praktisch! Endlich wieder frei, holte sich Chilperich die propere Magd Fredegunde ins Ehebett. Aber was war eine Magd im Vergleich zu einer Prinzessin! Nun kam Chilperich zu Ohren, dass Athanagild noch eine weitere Tochter hatte, die stille und bescheidene Galswintha. Darum machte er sich unverzüglich selbst auf den Weg nach Toledo, um beim König der Westgoten vorzusprechen. Doch der war diesmal über den Heiratsantrag überhaupt nicht erfreut, denn Chilperichs schlechter Ruf war ihm bis nach Spanien vorausgeheilt. Athanagild hegte berechtigte Zweifel daran, ob der windige Merowinger, Weiberheld und Trunkenbold, der er war, tatsächlich der richtige Gemahl für seine empfindsame Galswintha sein würde. Erst nachdem Chilperich bei seinem Leben geschworen hatte, alle anderen Frauen zu verlassen und überhaupt sämtlichen Lastern

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