Gazprom setzt weiter auf Deutschland - GAZPROM Germania

20.11.2015 - SUPER Energie-Report. Der weltweit größte. Erdgas-Produzent will ... Auf. Deutsch: flüssiges Erdgas. In dem. Verfahren wird der fossile Brenn-.
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SUPER Energie-Report

Gazprom setzt weiter auf Deutschland Der weltweit größte

Erdgas-Produzent will

trotz der Sanktionen gegen Russland in Deutschland investieren – und plant sogar ein LNG-Terminal im Rostocker Hafen

FOTOS: rostock port/nordlicht, Nordstream/ddp, dpa Picture-Alliance/Igor Ageyenko, Uwe Toelle/SUPERillu

Rostock soll ein LNGDrehkreuz für die Schifffahrt in der Ostsee werden

W

issen Sie eigentlich, was LNG bedeutet? Die Abkürzung steht für englisch „liquefied natural gas“. Auf Deutsch: flüssiges Erdgas. In dem Verfahren wird der fossile Brennstoff auf minus 164 Grad abgekühlt, dadurch stark komprimiert, sodass er sich einfacher transportieren lässt. Japan beispielsweise, wo es keine Pipelines zum Festland gibt, wird per Schiff auf diese ­Weise seit Jahren versorgt. Produzentenländer wie Katar haben für den globalen Handel riesige Verladehäfen gebaut, in Europa steht in Rotterdam das größte Terminal. In Deutschland gibt es bisher noch keine LNG-Verladestation. Das soll sich bald ändern. Gazprom plant in Rostock ein Terminal-Projekt für einen zweistelligen Millionenbetrag. Mit den Stadtvätern und der Landesregierung in Schwerin ist sich der russische Erdgaskonzern längst einig. „Das Projekt zeigt, dass wir weiter auf den deutschen Markt setzen. Deutschland ist für uns ein wichtiger Handelspartner“, sagt Gazprom-Germania-Chef Vyacheslav Krupenkov. Das LNG-Terminal in Rostock ist aber nicht für die Versorgung des Industriekunden- oder Wärmemarktes gedacht. Dafür wurde gerade die Erweiterung der Pipeline Nord Stream durch die Ostsee in Kooperation mit der BASFTochter Wintershall, Eon, Shell OMV und Engie beschlossen. Es

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dient als Tankstelle für Schiffe, da sich Erdgas hervorragend für die Verbrennungsmotoren eignet und dazu eine glänzende Ökobilanz vorweist. Beispiel: Der in Rostock ansässige Kreuzfahrer Aida Cruises stellt gerade seine Flotte auf Flüssigerdgas um und senkt damit den Ausstoß von Schwefeloxiden und

Gas für Deutschland Die Nord-Stream-Pipeline verläuft durch die Ostsee und ist 1 224 Kilometer lang

Wyborg

(Russland)

Nord-StreamPipeline

Lubmin (Deutschland)

Rußpartikeln um 100 Prozent, den von Stickoxiden um 80 und den des CO2 um 20 Prozent. „Damit übernehmen wir als Marktführer in der Kreuzfahrt auch eine Vorreiterrolle im Klimaschutz, sagt Michael Thamm, Chef der CostaGruppe, zu der Aida Cruises gehört. Krupenkov spricht daher davon, dass Erdgas, egal ob auf der Straße für Autos oder in modernen Kraftwerken, „idealer Partner für die Energiewende“ sei. Doch in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland birgt das Zündstoff. Energieexperten wie Claudia Kempfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin beklagen eine zu große Abhängigkeit, da schon heute rund 40 Prozent des deutschen

Verbrauchs aus russischen Quellen gedeckt werden. Im Zuge der Ukraine-Krise hatte die EU deshalb angekündigt, verstärkt nach Alternativen zu suchen. Projekte wie der Asset-Tausch zwischen der BASF-Tochter Wintershall und Gazprom, wonach der weltgrößte Erdgasproduzent 50 Prozent am Joint-Venture Wingas übernehmen und die Ludwigs­ hafener im Gegenzug stärkeren Zugang zur Gasförderung in Sibirien erhalten sollten, wurden auf Eis gelegt. Inzwischen ist das Geschäft vollzogen und in den angespannten wirtschaftlichen Beziehungen setzt trotz einer Verlängerung der Sanktionen um sechs Monate allmählich Tauwetter ein. Bundes-

Arbeiten an der Nord Stream. Ein neuer Strang ist geplant

Erdgasförderung in Sibirien auf dem Kovykta-Gasfeld

wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) ist bereits zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin nach Moskau geflogen. Der Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses, Peter Ramsauer, auch. Und der drängte jetzt, genau wie Bay­ erns ehemaliger Ministerpräsident Edmund Stoiber (beide CSU), auf dem Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum in Sankt Petersburg auf eine Normalisierung der Beziehungen, da Deutschland auf Gas aus Sibirien angewiesen bleibe. Gazprom-Manager Krupenkov hört es gern. „Nach Deutschland“, sagt er, „liefern wir seit über 40 Jahren zuverlässig Erdgas. Für Gazprom ist Deutschland der größte ausländische Abnehmer. Nicht zuletzt war die Übernahme der Wingas ein positives Signal für uns alle, denn sie untermauert das Bekenntnis von Gazprom zu Deutschland als ihrem wichtigsten europäischen Markt.“ Thilo Boss

K A R S T E N H E U C H E R T, V N G - V O R S TA N D S C H E F

„Erdgas ist ein zukunftsweisendes Produkt“ P Herr Heuchert,

Sie sind Chef der Verbundnetz Gas (VNG). Hat Erdgas mit Blick auf den Klimaschutz als Energieträger ausgedient? Nein, ganz und gar nicht. Erdgas ist der umweltfreundlichste unter den konventionellen ­Energieträgern, zudem effizient und kostengünstig. Damit ist es ein zukunftsweisendes Produkt und kann entscheidend zum Erfolg der Energiewende beitragen. Wer in Deutschland die CO2-Emissionen kosten­ optimal reduzieren will, kommt an Erdgas nicht vorbei. P Rechnen Sie damit, dass Erdgas bald bei der ­Strom­erzeugung wieder eine ­größere Rolle spielt? Es ist auf jeden Fall wünschenswert, denn wir brauchen eine Alternative zu den schwankenden erneuerbaren Energien.

Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, brauchen wir einen Energieträger, der verlässlich Strom liefert. Insbesondere mit der Stilllegung von Braunkohlekapazitäten nach 2020 rechnen viele Experten damit, dass die Rolle von Erdgas in der Stromerzeugung wichtiger wird. P Brauchen wir eine Abwrack-

prämie für alte Heizungen? Sicherlich könnten ineffiziente Heizungen mit einer Abwrackprämie schneller ausgetauscht werden, etwa gegen effiziente und bewährte Erdgasbrennwertkessel. Sie zählen zu den preisgünstigsten, sparsamsten und technisch ausgereiftesten Heizsystemen. Bei einer möglichen Abwrackprämie kommt es aber auf die Umsetzung an. Eine Umlage zulasten der Endverbraucher und Erdgashändler wäre der falsche Weg.  Thilo Boss