Funktionelle Magnetresonanztomographie des Truncus ... - AWS

... die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Ap- plikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ... Thomas J. Vogl. Direktor des Institutes für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Johann Wolfgang Goethe Universitätskliniken Frankfurt ...
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Funktionelle Magnetresonanztomographie des Truncus pulmonalis

Grundlagen der magnetresonanztomographischen Flussmessung zur Diagnostik der pulmonalen Hypertension

Nasreddin Abolmaali

Dresden 2006

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet unter: abrufbar.

Nasreddin Abolmaali Funktionelle Magnetresonanztomographie des Truncus pulmonalis 2006; Lehmanns Media - www.lehmanns.de • Berlin ISBN: 978-3-86541-644-5 Druck: AZ - Druck- und Datentechnik • Kempten Umschlaggestaltung: Susann Stefanizen • Dessau

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissenstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung des Beipackzettel der verwendeten Präparate und ggf. nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Autor oder dem Verlag mitzuteilen.

für Annette

Vorwort Dieses Buch ist entstanden aus dem umfangreichen Wissen, dass sich der Autor im Laufe von Jahren der intensiven Forschung auf dem Gebiet der magnetresonanztomographischen Flussmessung angeeignet hat. Der Leser wird kein Lehrbuch zu diesem Thema vorfinden, sondern eine detaillierte Einführung in die Grundlagen der speziellen Anwendung dieser Technik auf die pulmonale Zirkulation. Trotzdem sind die ermittelten Ergebnisse aus Phantomversuchen enthalten, die die für die Lungenstrombahn optimierte Sequenztechnik näher evaluierten und verifizierten. Das sich daran anschließende elegante experimentelle Design zur Quantifizierung des Lungengefäßhochdruckes ist in seiner Anwendung bisher einzigartig. Das Modell bildet die Folgen einer akuten und durch erhöhten Widerstand bedingten pulmonalen Hypertension reproduzierbar und reversibel ab und bietet sich damit für die Evaluation der möglichen Applikation im Patienten an. Die Idee und Durchführung dieser Untersuchungen ist vor allem durch die Integration von Fachleuten auf ihren Gebieten in eine Forschergruppe ermöglicht worden und stellt ein hervorragendes Beispiel von besonderer Teamfähigkeit und interdisziplinärer Tätigkeit dar. Die Anwendung der Ergebnisse auf Patienten war nach der statistischen Auswertung dann nur noch ein vergleichsweise kleiner Schritt. Zur Validierung der Ergebnisse wurden aber zunächst umfangreiche Normwertuntersuchungen durchgeführt, die auch eine Anwendung in der pädiatrischen Kardiologie möglich machte. Die entwickelte Messtechnik wurde dann an Patienten mit kongenitalen Vitien, vor allem dem Ventrikelseptumdefekt, an Patienten mit primär pulmonaler Hypertension und an Patienten mit den sekundären Formen der pulmonalen Hypertension angewandt. Dabei zeigte sich, dass das Verfahren nicht nur zur Primärdiagnostik einsetzbar ist, sondern und vor allem auch zur Therapiekontrolle und zur Verlaufsbeurteilung. Wir wünschen der magnetresonanztomographischen Technik zur Flussmessung in Zukunft eine breite Anwendung in der radiologischen und klinischen Praxis. Die Fusion von morphologischer und funktioneller Information ist hier mit der Anwendung einer bildgebenden Modalität möglich geworden.

Thomas J. Vogl Direktor des Institutes für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Johann Wolfgang Goethe Universitätskliniken Frankfurt

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Inhaltsverzeichnis Vorwort.......................................................................................................................7 1. Einleitung .............................................................................................................14 1.1. Allgemeiner Teil ..............................................................................................14 1.2. Spezieller Teil und Zielsetzung .......................................................................15 2. Grundlagen der Fluiddynamik und der Druckabschätzung.............................19 2.1. Nicht visköse Strömung ..................................................................................19 2.2. Bernoulli-Gleichung.........................................................................................20 2.3. Venturi-Effekt ..................................................................................................21 2.4. Visköse Strömung...........................................................................................21 2.5. Gesetz von Hagen und Poiseuille ...................................................................23 2.6. Navier-Stokes-Gleichung ................................................................................23 2.7. Reynolds-Zahl.................................................................................................24 2.8. Widerstandsbestimmung in Fluiden ................................................................24 2.9. Wood-Einheit ..................................................................................................25 2.10. Zusammenfassung .......................................................................................26 3. Geschichte der magnetresonanztomographischen Flussmessung ...............27 3.1. Voraussetzungen ............................................................................................27 3.2. Darstellung und Quantifizierung von Fluss .....................................................27 3.3. Anwendung der MRT und der MRTvenc am Menschen .................................27 3.4. Ausblick ..........................................................................................................28 4. Grundlagen der magnetresonanztomographischen Flussmessung (MRTvenc) ............................................................................................................30 4.1. Einführung ......................................................................................................30 4.2. Prinzip der MRTvenc ......................................................................................31 4.3. Sequenzdiagramm..........................................................................................31 4.4. Phasenwinkel..................................................................................................32 4.5. Phasenbild ......................................................................................................35 4.6. Geschwindigkeitsinformation ..........................................................................35 4.7. VENC (= Velocity ENCoding)..........................................................................36 4.8. Darstellung von Fluss im MRT........................................................................37 5. Gerätetechnik und Sequenzparameter zur MRTvenc.......................................40 5.1. Hauptmagnetfeld B0 ........................................................................................40 9

5.2. Gradientensystem .......................................................................................... 40 5.3. Spulen ............................................................................................................ 43 5.4. EKG................................................................................................................ 44 5.5. Der magneto-hämodynamische Effekt ........................................................... 45 5.6. Patientenpositionierung.................................................................................. 46 5.7. Schichtpositionierung ..................................................................................... 47 5.8. Mess-Sequenz ............................................................................................... 48 5.9. Räumliche Auflösung ..................................................................................... 50 5.10. Zeitliche Auflösung ....................................................................................... 51 5.11. Messzeit ....................................................................................................... 53 5.12. VENC ........................................................................................................... 55 5.13. Andere technische Parameter ...................................................................... 56 5.14. Kontrastmittel (KM)....................................................................................... 57 5.15. Phantommessungen .................................................................................... 57 5.16. MRTvenc des Menschen.............................................................................. 58 5.17. Routineindikationen für die MRTvenc........................................................... 59 5.18. Physiologie und Pathophysiologie................................................................ 59 6. Optimierung der MRTvenc des Truncus pulmonalis ....................................... 61 7. Auswertung der Datensätze............................................................................... 65 7.1. Grundlagen .................................................................................................... 65 7.2. Darstellung der Ergebnisse ............................................................................ 66 7.3. Beispieltabelle ................................................................................................ 74 7.4. Vierdimensionale Darstellung der Flussdynamik............................................ 76 8. Fehlerquellen und Auswirkungen ..................................................................... 80 8.1. EKG................................................................................................................ 80 8.2. Patientenpositionierung.................................................................................. 81 8.3. Schichtpositionierung ..................................................................................... 82 8.4. Zu klein gewähltes FOV ................................................................................. 82 8.5. Zu niedrige Ortsauflösung .............................................................................. 83 8.6. Bewegte Gefäßwandabschnitte und ROI ....................................................... 84 8.7. Zu niedrige zeitliche Auflösung ...................................................................... 84 8.8. Messzeit ......................................................................................................... 85 8.9. Fehleinstellung des VENC ............................................................................. 85 8.10. Effektive TE-Zeit........................................................................................... 87 10

8.11. Signal-zu-Rausch Verhältnis (S/N) ...............................................................87 8.12. Zusammenfassung .......................................................................................88 9. Validierung der MRTvenc im Phantom ............................................................89 10. Validierung der MRTvenc am Probanden........................................................90 11. Verfahren zur Fluss- und Strömungsmessung ..............................................93 11.1. Röntgenkymographische Flussmessung ......................................................93 11.2. Venenverschlussplethysmographie ..............................................................94 11.3. Heißfilm Anemometrie ..................................................................................95 11.4. Elektromagnetische Flussmessung ..............................................................95 11.5. Thermoelektrische Methoden .......................................................................95 11.6. Ultraschallflussmessung ...............................................................................96 11.7. MRTvenc ......................................................................................................97 12. Verfahren zur Druckmessung ..........................................................................99 12.1. Druckmessung nach Riva-Rocci ...................................................................99 12.2. Invasive Druckmessung................................................................................99 13. Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie..............................................100 13.1. Anatomie ....................................................................................................100 13.2. Pathoanatomie ..........................................................................................102 13.3. Physiologie .................................................................................................103 13.3.1. Physiologie des Blutes .........................................................................103 13.3.2. Physiologie der Gefäße........................................................................105 13.4. Lungenkreislauf. ..........................................................................................108 13.5. Pharmakologische Beeinflussung der Lungengefäße.................................111 13.6. Pathophysiologie der pulmonalen Hypertension ........................................114 14. Klinischer Hintergrund....................................................................................117 14.1. Einleitung ....................................................................................................117 14.2. Klinische Symptome ...................................................................................117 14.3. Definition.....................................................................................................118 14.4. Diagnostik ...................................................................................................118 14.4.1. EKG......................................................................................................118 14.4.2. Röntgenthoraxaufnahme in zwei Ebenen.............................................119 14.4.3. Echokardiographie ...............................................................................120 14.4.4. Computertomographie..........................................................................121 14.4.5. Herzkatheter.........................................................................................121 11

14.4.6. Ergänzende Verfahren......................................................................... 122 14.5. Einteilung der pulmonalen Hypertension.................................................... 122 14.5.1. Einteilung nach dem Schweregrad ...................................................... 122 14.5.2. Klassifikationen.................................................................................... 123 14.5.3. Erste WHO-Klassifikation .................................................................... 123 14.5.4. Evian-Klassifikation (1998) .................................................................. 124 14.5.5. Venedig-Klassifikation (2003) .............................................................. 125 14.6. Therapiekonzepte der PH .......................................................................... 126 14.7. Prognose der PH........................................................................................ 130 15. Normwerterstellung ........................................................................................ 131 15.1. Literaturübersicht........................................................................................ 131 15.2. Einleitung ................................................................................................... 133 15.3. Material und Methoden............................................................................... 133 15.3.1. Probanden ........................................................................................... 133 15.3.2. Magnetresonanztomographie .............................................................. 134 15.3.3. Statistische Analyse............................................................................. 134 15.4. Ergebnisse ................................................................................................. 136 15.5. Klinische Wertung ...................................................................................... 141 15.6. Diskussion .................................................................................................. 141 16. Tierversuch zur Quantifizierung einer experimentell induzierten pulmonalarteriellen Hypertension............................................................................ 143 16.1. Literaturübersicht........................................................................................ 143 16.1.1. Magnetresonanztomographische Druckquantifizierung ....................... 143 16.1.2. Modell zur pulmonalen Hypertension................................................... 153 16.2. Einleitung ................................................................................................... 153 16.3. Material und Methoden............................................................................... 154 16.3.1. Tiermodell ............................................................................................ 154 16.3.2. Sedierung ............................................................................................ 154 16.3.3. Operative Präparation.......................................................................... 155 16.3.4. MRT..................................................................................................... 156 16.3.5. Induktion der pulmonalen Hypertension (PH) ...................................... 157 16.3.6. Invasive Druckmessung....................................................................... 159 16.3.7. Statistische Analyse............................................................................. 159 16.4. Ergebnisse.............................................................................................. 159 12

16.4.1. Invasive Druckmessung .......................................................................160 16.4.2. MRTvenc..............................................................................................161 16.5. Diskussion ..................................................................................................168 17. Durch erhöhten Widerstand bedingte pulmonal-arterielle Hypertension...175 17.1. Einleitung ....................................................................................................175 17.2. Patienten und Probanden ...........................................................................177 17.3. Messtechnik................................................................................................177 17.4. Ergebnisse..................................................................................................177 17.5. Diskussion ..................................................................................................182 18. Fluss bedingte pulmonal-arterielle Hypertension am Beispiel des Ventrikel Septum-Defektes (VSD) ohne Shuntumkehr...........................................184 18.1. Einleitung ....................................................................................................184 18.2. Patienten.....................................................................................................188 18.3. Material und Methoden ...............................................................................188 18.4. Ergebnisse..................................................................................................189 18.5. Diskussion ..................................................................................................190 19. Veränderungen der Flusskurve des TP unter Dobutamin ...........................193 19.1. Einleitung ....................................................................................................193 19.2. Fallbeschreibung ........................................................................................194 19.3. Diskussion ..................................................................................................196 20. Zusammenfassung..........................................................................................198 21. Literatur............................................................................................................205 Anhang ...................................................................................................................218 A) Abbildungsverzeichnis.....................................................................................218 B) Tabellenverzeichnis ........................................................................................224 C) Begriffsdefinitionen .........................................................................................226 D) Formelsammlung ............................................................................................233 Danksagung...........................................................................................................239 Stichwortverzeichnis ............................................................................................242

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pánta rhei Heraklit (550-480 v. Chr.) (1)

1. Einleitung 1.1. Allgemeiner Teil Flussmessungen können im erweiterten Si nne aufgefasst werden als Unter suchung und Beurteilung von Bewegung. Die W ahrnehmung der Geschwindigkeit bewegter Körper ist eine Anforderung, die eng mi t Leben an sich verbunden ist. Die Umsetzung dieser Information ist beispielsweise für den Erfolg jedes Jägers essenziell. Die Natur hat verschiedenste Systeme zur Perzeption von Geschwindigkeit hervorgebracht. Fledermäuse orten Position und Be wegungsrichtung des Opfers mittels Ultraschall, Haie setzen Strömungen, die die fliehende Beute im Wa sser verursacht in Orts- und Geschwindigkeitsinformation um (Rheotaxis) und verschiedene Vögel sind in der Lage, unter der Wasseroberfläche schwimmende Fische (d.h. die Ortsinformation ist durch die Lichtbrechung verändert) im Flug zu fangen. Analysiert man nicht nur Geschwindigk eit und Beschleunigung eines einz elnen Objektes im Raum, sondern Bewegung in Mate rie, so stößt man auf ein Gebiet der Physik, nämlich der Mechani k deformierbarer Körper. Generell befasst si ch diese Disziplin mit der Betrachtung von Flüssigkei ten bzw. Stoffen die Fließeigensc haften haben, der Spezialfall „Wasser“ brachte di e ersten Erkenntnisse zu diesem Thema hervor. Die ersten allgemein bekannten Werke auf diesem Gebiet sind Wasserleitungen zur Bewässerung von Feldern, später auch zur Versorgung von Städten (z.B. Wasserversorgung der Stadt J erusalem mit dem Siloa-Tunnel, erbaut 700 v. Chr. (2)). Der römische Architekt Vitruvius Po llio forderte in seinem zehnbändigen Werk „De architectura“ 25 v. Chr. ein minimales Gefälle von 0.5% für Wasserleitungen (3). Erste systematische Analysen von - auch turbulenten - Wasserströmungen werden Leonardo da Vinci (1452-1515) zugeschrieben. Während die grundlegenden Gesetze der Fluiddynamik zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert etabliert wurden, nähert man sich heute dem chaoti schen Charakter von Strömungen durc h komplexe Simulationsprogramme (z.B. Fluent®, Darmstadt ). Auch Künstler haben sich mit dem Thema „Fluss“ beschäftigt (Abb. 1).

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Abb. 1: M.C. Escher’s „Waterfall“ © 2005. The M.C. Escher Company-Holland. All rights reserved. www.mcescher.com. Erstellt 1961. Zur Quantifizierung strömender Flüssigk eiten (meist durch Messung der Flussgeschwindigkeit oder des Volumenstromes) steht heute in der nicht-medizinisc hen Anwendung eine Vielzahl technischer Lösungen zur Verfügung um spezifische Anforderungen zu erfüllen (v on einfachen Messuhr en im Haushalt bis zu Drosselgeräten nach dem Bernoulli-Prinzip). 1.2. Spezieller Teil und Zielsetzung Zur Flussmessung in menschlichen Gefäßen stehen prinzipiell drei Verfahren zur Verfügung: 1. die Katheter basierte invasiv e Messung; hier dient das Fi ck’sche Prinzip zur Abschätzung von Volumenströmen,

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